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4.

Lie­be Si­gno­ra! sag­te der alte Graf, ent­schul­di­gen Sie, dass ich Ihren Herrn Bru­der nicht zu­vor­kom­men­der emp­fan­gen konn­te. Ich hat­te ver­bo­ten mich zu stö­ren, weil mich die­sen Mor­gen et­was Un­ge­wöhn­li­ches in An­spruch nahm; man hat in­des­sen mein Ge­heiß zu gut be­folgt, in­dem man mir von der An­kunft ei­nes Gas­tes nichts sag­te, den ich in mei­nem und mei­ner Fa­mi­lie Na­men in die­sem Hau­se will­kom­men hei­ße. Sein Sie über­zeugt, mein Herr i füg­te er zu An­zo­le­to ge­wen­det hin­zu, dass ich einen so na­hen Ver­wand­ten un­se­rer ge­lieb­ten Por­po­ri­na mit Freu­den bei mir sehe. Ich er­su­che Sie da­her, hier zu ver­wei­len und so lang es Ih­nen an­ge­nehm ist, bei uns zu blei­ben. Ich kann mir leicht den­ken, dass Sie nach ei­ner lan­gen Tren­nung sich viel ein­an­der zu sa­gen ha­ben, und sehr froh sind, mit­ein­an­der zu sein. Ich hof­fe, dass Sie sich un­be­denk­lich und ohne sich Rück­sich­ten auf­zu­le­gen, dem Ge­nus­se ei­nes Glückes über­las­sen wer­den, wor­an ich den größ­ten An­teil neh­me.

Es war ganz ge­gen sei­ne Ge­wohn­heit, dass der alte Chris­ti­an einen Frem­den mit sol­cher Leich­tig­keit an­re­de­te. Aber vor der sanf­ten Con­sue­lo war sei­ne Schüch­tern­heit schon lan­ge ge­wi­chen, und auf sei­nem Ge­sich­te schi­en an die­sem Tage ein hel­ler­er Le­bens­strahl als ge­wöhn­lich zu glän­zen, ähn­lich de­nen wel­che die Son­ne bei ih­rem Schei­den über den Ho­ri­zont aus­sen­det.

An­zo­le­to ver­stumm­te vor dem Aus­druck von Ma­je­stät, wo­mit Gerad­sinn und See­len­ru­he das Ant­litz ei­nes ehr­wür­di­gen Grei­ses schmücken. Er ver­stand es wohl, den Rücken vor großen Her­ren tief zu krüm­men, wäh­rend er sie in­ner­lich hass­te und ver­höhn­te. Er hat­te sie zu ver­ach­ten nur zu viel Ur­sach in der schö­nen Welt ge­fun­den, in wel­cher er seit ei­ni­ger Zeit leb­te. Aber noch nie hat­te er eine sol­che Wür­de und eine so herz­li­che Höf­lich­keit wie bei dem al­ten Schloss­herrn von Rie­sen­burg ge­fun­den.

Er ver­wi­ckel­te sich in sei­nem Dank und fühl­te sich fast be­schämt, einen so vä­ter­li­chen Empfang durch eine Lüge er­schli­chen zu ha­ben. Be­son­ders war ihm ban­ge, dass Con­sue­lo ihn ent­lar­ven und dem al­ten Gra­fen sa­gen möch­te, dass er nicht ihr Bru­der wäre. Er fühl­te, dass es ihm in die­sem Au­gen­blick un­mög­lich ge­wor­den wäre, ihr mit Frech­heit zu ver­gel­ten und einen Ra­che­ver­such zu ma­chen.

– Die Güte des Herrn Gra­fen rührt mich un­end­lich, ant­wor­te­te Con­sue­lo nach ei­nem au­gen­blick­li­chen Be­sin­nen; al­lein mein Bru­der, der sie ganz zu schät­zen weiß, wird nicht so glück­lich sein, Ge­brauch da­von zu ma­chen. Es ru­fen ihn drin­gen­de Ge­schäf­te nach Prag, und er hat eben jetzt Ab­schied von mir ge­nom­men …

– Nicht mög­lich! Sie ha­ben sich kaum einen Au­gen­blick ge­se­hen, sag­te der Graf.

– Er hat meh­re Stun­den war­ten müs­sen, bis ich kam, ver­setz­te sie, und jetzt sind sei­ne Au­gen­bli­cke ge­zählt. Er weiß es wohl, sag­te sie, ih­ren vor­geb­li­chen Bru­der mit be­deu­tungs­vol­lem Bli­cke an­se­hend, dass er kei­ne Mi­nu­te län­ger hier blei­ben darf.

Als An­zo­le­to ihre be­harr­li­che Käl­te sah, fand er die gan­ze Dreis­tig­keit, die ihm ei­gen war, und alle Ge­wandt­heit wie­der, sei­ne Rol­le fort zu spie­len.

– Ei, wer­de dar­aus was will, in Teu­fels – woll­t’ ich sa­gen Got­tes Na­men! ent­geg­ne­te er, aber ich wer­de mich von mei­ner teu­ren Schwes­ter nicht so ge­schwind tren­nen, als ihre Klug­heit und Vor­sicht es ver­lan­gen. Es gibt kein wich­ti­ges Ge­schäft auf der Welt, das einen Au­gen­blick des Glückes auf­wö­ge, und da es der Herr Graf mir gü­tigst er­laubt, so neh­me ich es dank­bar an: ich blei­be. Mei­ne Ge­schäf­te in Prag wer­den ein we­nig spä­ter be­sorgt, das ist al­les.

– So re­det ein leicht­sin­ni­ger jun­ger Mensch, ant­wor­te­te Con­sue­lo ge­kränkt. Es gibt Ge­schäf­te, bei de­nen die Ehre lau­ter re­det als der Vor­teil …

– Nein, so re­det ein Bru­der, ver­setz­te An­zo­le­to, und du re­dest im­mer, wie eine Kö­ni­gin, mein gu­tes Schwes­ter­chen!

– So re­det ein ein bra­ver jun­ger Mensch, setz­te der alte Graf hin­zu, in­dem er An­zo­le­to die Hand reich­te. Ich kann mir kein Ge­schäft den­ken, das sich nicht auf den an­de­ren Tag ver­schie­ben lie­ße. Es ist wahr, man hat mir im­mer den Vor­wurf ge­macht, dass ich zu trä­ge sei, aber ich habe doch im­mer ge­fun­den, dass man mit der Eile nicht so gut fährt als mit der Be­däch­tig­keit.

Zum Exem­pel, lie­be Por­po­ri­na! seit Ta­gen, ich könn­te bei­nah sa­gen, seit Wo­chen habe ich eine Bit­te an Sie, und bis jetzt habe ich da­mit ge­zö­gert. Und ich glau­be, ich habe wohl dar­an ge­tan, und es ist ge­ra­de jetzt der rech­te Au­gen­blick ge­kom­men. Wol­len Sie mir ein Stünd­chen zu ei­ner Un­ter­re­dung schen­ken, um die ich Sie eben zu bit­ten im Be­griff war, als ich er­fuhr, dass Ihr Herr Bru­der an­ge­kom­men sei? Es ist mir, als ob die­ses glück­li­che Er­eig­nis recht zur güns­ti­gen Zeit ein­ge­trof­fen wäre, und viel­leicht wäre er kei­ne über­flüs­si­ge Per­son bei der Un­ter­re­dung die ich Ih­nen an­tra­ge.

– Ich bin je­der­zeit zu Ihrem Be­feh­le, Herr Graf! ent­geg­ne­te Con­sue­lo. Was mei­nen Bru­der be­trifft, so ist er ein Kind und ich las­se ihn nie mei­ne per­sön­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten ohne Un­ter­schied wis­sen …

– Das weiß ich wohl, fiel An­zo­le­to keck ein, al­lein da der Herr Graf mir ein Recht dazu gibt, so be­darf ich doch kei­ner an­de­ren Er­laub­nis als der sei­ni­gen, um in sein Ver­trau­en ge­zo­gen zu wer­den.

– Sie wer­den mir er­lau­ben zu be­ur­tei­len, was Ih­nen und mir zu­kommt, ant­wor­te­te Con­sue­lo stolz. Herr Graf! ich bin be­reit, Ih­nen in Ihr Zim­mer zu fol­gen und ehr­furchts­voll zu hö­ren was Sie mir zu sa­gen ha­ben.

– Sie ge­hen sehr hart mit die­sem lie­ben jun­gen Mann um, der ein so of­fe­nes und hei­te­res We­sen hat, sag­te der Graf lä­chelnd.

Dann wen­de­te er sich zu An­zo­le­to.

– Ver­lie­ren Sie die Ge­duld nicht, mein Kind! sag­te er. Sie wer­den schon an die Rei­he kom­men. Was ich Ih­rer Schwes­ter zu sa­gen habe, kann Ih­nen nicht ver­bor­gen blei­ben, und bald, hof­fe ich, wird sie mir ge­stat­ten, Sie, wie Sie sich aus­drück­ten, in das Ver­trau­en zu zie­hen.

An­zo­le­to hat­te die Un­ver­schämt­heit, auf die ge­fäl­li­ge und ver­trau­li­che Ma­nier des Grei­ses ein­zu­ge­hen, in­dem er des­sen Hand in den sei­ni­gen be­hielt, als ob er sich an ihn hän­gen und ihm das Ge­heim­nis, von wel­chem Con­sue­lo ihn aus­schloss, ab­lo­cken woll­te. Er be­saß nicht ge­nug Schick­lich­keits­ge­fühl, um ein­zu­se­hen, dass er we­nigs­tens den Saal hät­te ver­las­sen müs­sen, da­mit der Graf sich nicht selbst hin­weg zu be­mü­hen brauch­te.

Als er sich al­lein sah, stampf­te er vor In­grimm mit dem Fu­ßes er fürch­te­te, dass die­ses Mäd­chen, das sich so be­herr­schen ge­lernt hat­te, alle sei­ne Plä­ne ver­ei­teln und ihn trotz sei­ner Ver­schla­gen­heit aus dem Sat­tel he­ben könn­te. Er hat­te große Lust, durch das Haus zu schlei­chen und an al­len Tü­ren zu hor­chen. Er ver­ließ in die­ser Ab­sicht wirk­lich den Saal, lief ei­ni­ge Au­gen­bli­cke im Gar­ten um­her, und stahl sich dann in die Kor­ri­do­re, in­dem er, wenn ein Die­ner kam, sich stell­te, als ob er die schö­ne Archi­tek­tur des Schlos­ses be­wun­der­te.

Aber zu drei ver­schie­de­nen Ma­len sah er in klei­ner Ent­fer­nung eine schwarz ge­klei­de­te, selt­sam erns­te Ge­stalt vor­über­ge­hen, de­ren Auf­merk­sam­keit er nicht eben gern auf sich len­ken woll­te: es war Al­bert, der ihn nicht zu be­mer­ken schi­en, und der ihn den­noch nicht aus dem Auge ließ. An­zo­le­to sah, dass die­ser Mann um einen Kopf grö­ßer war als er, sah die Schön­heit sei­nes erns­ten Ge­sich­tes und ge­stand sich, dass er kei­nen so ver­ächt­li­chen Ne­ben­buh­ler hät­te, als er sich den ver­rück­ten Gra­fen von Rie­sen­burg An­fangs vor­ge­stellt hat­te.

Er sah sich end­lich ge­nö­tigt, in den Saal zu­rück­zu­keh­ren, setz­te sich an das Kla­vier mit den Fin­gern zer­streut über die Tas­ten ir­rend und sei­ne schö­ne Stim­me in die­sem schal­len­den Rau­me ver­su­chend.

– Mei­ne Toch­ter! hob Graf Chris­ti­an an, nach­dem er Con­sue­lo in sein Ka­bi­net ge­führt und ihr einen großen rot­samt­nen Lehn­stuhl mit Gold­fran­zen zu­recht ge­rückt hat­te, wäh­rend er sich auf einen Feld­stuhl ne­ben ihr nie­der­ließ; ich habe mir et­was von Ih­nen aus­zu­bit­ten und doch weiß ich nicht mit wel­chem Rech­te ich es tun kann, ehe Sie nicht die Ab­sicht ken­nen, die ich da­bei habe. Darf ich mir schmei­cheln, dass mei­ne wei­ßen Haa­re, die Lie­be und Ach­tung, die ich für Sie hege, die Freund­schaft mei­nes edel­mü­ti­gen Por­po­ra, Ihres Ad­op­tiv­va­ters, Ih­nen hin­läng­li­ches Ver­trau­en zu mir ein­flö­ßen, um mir, wenn ich Sie dar­um bit­te, Ihr Herz rück­halt­los zu öff­nen?

Gerührt und doch zu­gleich ein we­nig er­schreckt von die­ser Ein­lei­tung führ­te Con­sue­lo die Hand des Grei­ses an ihre Lip­pen und ant­wor­te­te ihm mit Herz­lich­keit:

– Ja, Herr Graf! ich ach­te Sie und lie­be Sie ganz so als wenn ich die Ehre hät­te, dass Sie mein Va­ter wä­ren, und ich kann alle Ihre Fra­gen furcht­los und rück­halt­los be­ant­wor­ten, so­weit die­sel­ben mich per­sön­lich be­tref­fen.

– Fra­gen an­de­rer Art wer­de ich Ih­nen nicht vor­le­gen, mei­ne lie­be Toch­ter! und ich dan­ke Ih­nen für die­ses Ver­spre­chen. Sie wer­den mich nicht für fä­hig hal­ten, es zu miss­brau­chen, wie ich Sie nicht für fä­hig hal­te, ihm un­ge­treu zu wer­den.

– Ge­wiss nicht, Herr Graf! Be­lie­ben Sie nur mich zu fra­gen.

– Nun denn, mein Kind! sag­te der Greis mit ei­ner Art un­schul­di­ger und zu­tun­li­cher Neu­gier, wie hei­ßen Sie ei­gent­lich?

– Ich habe kei­nen Na­men, ant­wor­te­te Con­sue­lo ohne Sto­cken; mei­ne Mut­ter hieß nur Ro­sa­mun­de. Ich bin ge­tauft Ma­ria zum Tros­te; mei­nen Va­ter habe ich nicht ge­kannt.

– Aber Sie wis­sen sei­nen Na­men?

– Nein, gnä­di­ger Herr! ich habe nie­mals von ihm re­den hö­ren.

– Hat Meis­ter Por­po­ra Sie ad­op­tiert? Hat er auf Sie sei­nen Na­men in ge­setz­li­cher Form über­tra­gen?

– Nein, gnä­di­ger Herr! das ist un­ter Künst­lern nicht der Brauch und auch nicht nö­tig. Mein ed­ler Leh­rer ist arm und hat mir nichts zu ver­ma­chen. Was sei­nen Na­men be­trifft, so ist es bei mei­ner Stel­lung in der Welt gleich­gül­tig, ob ich ihn in Fol­ge ei­ner Förm­lich­keit oder nur durch den Ge­brauch füh­re. Wenn ich ihn durch ei­ni­ges Ta­lent recht­fer­ti­ge, so ist er wohl er­wor­ben; wo nicht, so wäre mir eine Ehre un­ver­dient zu Teil ge­wor­den.

Der Graf schwieg ei­ni­ge Au­gen­bli­cke, dann er­griff er Con­sue­lo’s Hand.

– Die edle Of­fen­heit, mit wel­cher Sie mir ant­wor­ten, sag­te er, stellt Sie in mei­nen Au­gen nur noch hö­her. Glau­ben Sie nicht, dass ich Ih­nen die­se Fra­gen vor­ge­legt habe, um Sie nach dem Aus­fall Ih­rer Ant­wor­ten mehr oder min­der hoch zu schät­zen. Ich woll­te nur se­hen, ob es Ih­nen ir­gend un­an­ge­nehm wäre, mir die Wahr­heit zu sa­gen, und ich er­ken­ne nun, dass dies nicht der Fall ist. Ich bin Ih­nen da­für un­end­lich ver­bun­den, und ich fin­de, dass Ihr Cha­rak­ter Sie mehr adelt als es bei uns Ge­burt und Ti­tel tun.

Con­sue­lo muss­te lä­cheln über die Treu­her­zig­keit mit wel­cher der alte Edel­mann ihr ein Ge­ständ­nis, das ihr so leicht fiel, so hoch an­rech­ne­te. In sei­nem Er­stau­nen dar­über lag umso mehr ein Über­rest von hart­nä­cki­gem Vor­ur­teil, je edel­mü­ti­ger Chris­ti­an sich des­sen er­weh­ren woll­te. Es war au­gen­schein­lich, dass er mit sei­nem Vor­ur­teil kämpf­te und es be­meis­tern woll­te.

– Nun­mehr, hob er wie­der an, will ich eine Fra­ge von noch zar­te­rer Na­tur an Sie rich­ten, mein lie­bes Kind! und ich be­darf al­ler Ih­rer Nach­sicht um des­we­gen Ent­schul­di­gung bei Ih­nen zu fin­den.

– Fürch­ten Sie nichts, gnä­di­ger Herr! sag­te sie, ich wer­de stets mit der näm­li­chen Un­be­fan­gen­heit ant­wor­ten.

– Wohl­an, lie­bes Kind! Sie sind nicht ver­hei­ra­tet?

– Nein, gnä­di­ger Herr, so viel ich weiß.

– Und … auch nicht Wit­we? Sie ha­ben kei­ne Kin­der?

– Ich bin nicht Wit­we und habe kei­ne Kin­der, ant­wor­te­te Con­sue­lo, die sich kaum des La­chens ent­hal­ten konn­te, denn sie be­griff nicht wo hin­aus der Graf woll­te.

– End­lich nun, fuhr er fort, Sie ha­ben nie­man­den Ihr Wort ver­pfän­det, Sie sind gänz­lich frei?

– Ver­zei­hen Sie, gnä­di­ger Herr! ich hat­te al­ler­dings mein Wort mit Ge­neh­mi­gung und so­gar auf Ge­heiß mei­ner ster­ben­den Mut­ter, ei­nem jun­gen Men­schen ver­pfän­det, den ich von Kind­heit an lieb­te, und des­sen Ver­lob­te ich bis zu dem Au­gen­bli­cke war, wo ich Ve­ne­dig ver­ließ.

– Also Sie sind ge­bun­den? frag­te der Graf mit ei­nem selt­sa­men Ge­misch von Be­dau­ern und Zufrie­den­heit.

– Nein, gnä­di­ger Herr! ich bin voll­kom­men frei, ent­geg­ne­te Con­sue­lo. Der, den ich lieb­te, hat mir auf un­wür­di­ge Wei­se die Treue ge­bro­chen und ich habe ihm auf im­mer ent­sagt.

– Also, Sie ha­ben ihn ge­liebt? frag­te der Graf nach ei­ner Pau­se.

– Von gan­zer See­le, ja­wohl.

– Und … Sie lie­ben ihn viel­leicht noch?

– Nein, gnä­di­ger Herr! es ist nicht mehr mög­lich.

– Sie wür­den ihn nicht gern wie­der­sehn?

– Sein An­blick wäre eine Fol­ter für mich.

– Und Sie ha­ben ihm nie er­laubt … Er hat sich nie un­ter­stan­den … Aber Sie wer­den sa­gen, dass ich be­lei­di­gend wer­de, dass ich zu viel wis­sen will.

– Ich ver­ste­he Sie, gnä­di­ger Herr! und da ich, wie ich sehe, hier­her ge­ru­fen bin, um zu beich­ten, so will ich, weil ich Ihre Ach­tung nicht er­lis­ten will, Sie in den Stand set­zen bis auf ein Jota zu wis­sen, ob ich sie ver­die­ne oder nicht. Er hat sich man­cher­lei er­laubt, aber er hat sich nicht des Ge­rings­ten un­ter­stan­den, was nicht ich ihm er­laubt hat­te. Also, wir ha­ben oft aus dem­sel­ben Be­cher ge­trun­ken, auf der­sel­ben Bank ge­ruht. Er hat in mei­nem Zim­mer ge­schla­fen, wäh­rend ich mein Ge­bet sag­te. Er hat mich ge­pflegt, wäh­rend ich krank war. Ich nahm mich nicht ängst­lich vor ihm in Acht. Wir wa­ren stets mit­ein­an­der al­lein, wir lieb­ten uns, wir soll­ten uns hei­ra­ten, wir wach­ten über un­se­re Ehre. Ich hat­te mei­ner Mut­ter ge­schwo­ren, ein ehr­li­ches Mäd­chen zu blei­ben, wie man es nennt. Ich habe Wort ge­hal­ten, ach, war nur eine zu ehr­li­che See­le, denn ich habe ei­nem Men­schen ge­glaubt, der mich be­trog und habe mein Ver­trau­en, mei­ne Lie­be, mei­ne Ach­tung ei­nem ge­schenkt, der nichts von dem al­len ver­dien­te. Als er auf­hö­ren woll­te, mein Bru­der zu sein, ohne zu­vor mein Mann zu wer­den, fing ich an, mich vor ihm zu hü­ten. Und ich fand Ur­sach mich des­we­gen glück­lich zu prei­sen, da ich mich bald von sei­ner Un­treue über­zeu­gen muss­te. Es steht die­sem ehr­lo­sen Men­schen frei, sich des Ge­gen­teils zu rüh­men; für ein ar­mes Mäd­chen wie ich bin, ist das kein großes Un­glück. Wenn ich nur rein sin­ge, so ist es gut, mehr for­dert man nicht von mir. Wenn ich nur mit rei­nem Ge­wis­sen das Cru­zi­fix küs­sen kann, wor­auf ich mei­ner Mut­ter ge­schwo­ren habe, keusch zu blei­ben, so küm­me­re ich mich nicht sehr um das, was man von mir denkt. Ich habe kei­ne Fa­mi­lie, die sich mei­ner schä­men könn­te, kei­ne Brü­der, kei­ne Vet­tern, die sich für mich schla­gen müss­ten …

– Kei­ne Brü­der? Aber doch einen.

Con­sue­lo war im Be­griff dem al­ten Gra­fen un­ter dem Sie­gel der Ver­schwie­gen­heit die gan­ze Wahr­heit zu ver­trau­en. Aber es kam ihr wie eine Feig­heit vor, ge­gen den der ihr feig ge­droht hat­te, Hil­fe au­ßer sich zu su­chen. Sie glaub­te, selbst müss­te sie die Fes­tig­keit ha­ben, sich ge­gen An­zo­le­to zur Weh­re zu set­zen und sei­ne An­grif­fe zu­rück­zu­schla­gen. Au­ßer­dem konn­te ihr ed­les Herz den Ge­dan­ken nicht er­tra­gen, dass der den sie so fromm ge­liebt hat­te, auf ihre Ver­an­las­sung von ih­rem Wirt aus dem Hau­se ge­jagt wer­den soll­te. Wie höf­lich auch Graf Chris­ti­an es ein­zu­rich­ten ge­wusst hät­te, ihm den Weg zu wei­sen, wie sehr es An­zo­le­to auch ver­dien­te, sie konn­te es nicht über sich ge­win­nen, ihm eine so große De­mü­ti­gung zu be­rei­ten. Sie ant­wor­te­te da­her dem Grei­se, dass sie die­sen jun­gen Men­schen als einen Toll­kopf be­trach­te­te und nicht an­ders ge­wohnt wäre, dann ihn als ein blo­ßes Kind zu be­han­deln.

– Aber er ist doch wohl kein mau­vais su­jet? sag­te der Graf.

– Vi­el­leicht auch das, ent­geg­ne­te sie. Ich ste­he in gar kei­nem Ver­hält­nis zu ihm, un­se­re Den­kungs­art, un­ser gan­zes We­sen ist durch­aus ver­schie­den. Ew. Gna­den konn­ten be­mer­ken, dass mir nicht viel dar­an lag, ihn hier zu be­hal­ten.

– Es hängt ganz von Ihrem Wun­sche ab, lie­bes Kind! ich glau­be, dass Sie sehr ein­sich­tig sind. Und nun, da Sie mir al­les und je­des mit so ed­ler Of­fen­heit ver­traut ha­ben …

– Ver­zei­hen Sie, gnä­di­ger Herr! sag­te Con­sue­lo, al­les was mich per­sön­lich be­trifft, habe ich Ih­nen nicht ge­sagt, denn sie frag­ten nicht nach al­lem. Ich weiß nicht, was Sie be­wegt, heut so großen An­teil an mei­nen Ver­hält­nis­sen zu neh­men. Ich ver­mu­te, dass je­mand hier sich mehr oder we­ni­ger un­güns­tig über mich ge­äu­ßert hat, und dass Sie zu wis­sen wün­schen, ob mei­ne Ge­gen­wart Ihr Haus nicht ver­unehrt. Bis­her, da Sie mich im­mer nur ober­fläch­lich über mich selbst be­frag­ten, hät­te es mir un­be­schei­den ge­schie­nen und mir in mei­ner Stel­lung nicht ge­zie­mend, wenn ich ohne Ihre Auf­for­de­rung Sie von mei­nen An­ge­le­gen­hei­ten un­ter­hal­ten hät­te, aber jetzt da es den An­schein hat, dass Sie mich auf den Grund ken­nen wol­len, muss ich Ih­nen einen Um­stand mit­tei­len, der mir viel­leicht in Ihren Au­gen scha­det. Es ist nicht bloß eine Mög­lich­keit, wie Sie es öf­ter ge­äu­ßert ha­ben (und ob­wohl es in Wahr­heit ge­gen mei­ne Nei­gung ist) dass ich mich auf das Thea­ter be­gä­be, nein! es ist eine Tat­sa­che, dass ich in Ve­ne­dig in der letz­ten Sai­son de­bü­tiert habe, un­ter mei­nem Na­men Con­sue­lo. Man gab mir dort den Bein­amen die Zin­ga­rel­la, und ganz Ve­ne­dig kennt mein Ge­sicht und mei­ne Stim­me …

– Halt, halt ein­mal! rief der Graf, ganz be­täubt von die­ser neu­en Ent­de­ckung. Wie? Sie sind je­nes Wun­der, von dem so viel We­sens vo­ri­ges Jahr in Ve­ne­dig ge­macht wur­de, von dem die Zei­tun­gen mehr­mals mit so über­schweng­li­chen Lo­bes­er­he­bun­gen re­de­ten? Die schöns­te Stim­me, das schöns­te Ta­lent, das seit Men­schen­ge­den­ken auf­ge­taucht …

– Auf dem Thea­ter San Sa­mu­el, gnä­di­ger Herr! Jene Lo­bes­er­he­bun­gen wa­ren ohne Zwei­fel sehr über­trie­ben. Aber un­be­streit­bar ist, dass ich die näm­li­che Con­sue­lo bin, dass ich in ver­schie­de­nen Opern ge­sun­gen habe, dass ich mit ei­nem Wor­te Schau­spie­le­rin, oder, wie man sich höf­li­cher aus­drückt, Sän­ge­rin bin. Se­hen Sie nun, ob ich es wert bin, dass Sie mir Ihr Wohl­wol­len er­hal­ten.

– Das sind ja wun­der­ba­re Sa­chen, das ist doch ein ganz när­ri­sches Ge­schick! sag­te der alte Graf in sei­ne Ge­dan­ken ver­tieft. Weiß denn das al­les … weiß es noch sonst je­mand hier, mein Kind?

– Ich habe un­ge­fähr das­sel­be Ihrem Herrn Sohn, ge­sagt, gnä­di­ger Herr! ob­gleich nicht mit al­len den Ein­zel­hei­ten, wel­che Sie so eben ver­nom­men ha­ben.

– Also Al­bert weiß von Ih­rer Her­kunft, Ih­rer frü­he­ren Lie­be, Ihrem Stan­de?

– Ja, gnä­di­ger Herr!

– Es ist gut, lie­be Si­gno­ra! ich kann Ih­nen nicht ge­nug dan­ken für die be­wun­derns­wür­di­ge Recht­schaf­fen­heit Ihres Be­neh­mens ge­gen uns, und ge­wiss, Sie wer­den es nicht zu be­reu­en ha­ben. Nun­mehr, Con­sue­lo (ja, ich er­in­ne­re mich, dass dies der Name ist, den Ih­nen Al­bert von An­fang an gab, wenn er Spa­nisch mit Ih­nen sprach), er­lau­ben Sie mir, mich ein we­nig zu sam­meln. Ich bin sehr be­wegt. Wir ha­ben uns noch viel zu sa­gen, mein Kind! und Sie müs­sen es mir schon zu Gute hal­ten, wenn ich mich An­ge­sichts ei­nes wich­ti­gen Vor­ha­bens ein we­nig be­klom­men füh­le. Ich bit­te Sie herz­lich mich hier ei­ni­ge Mi­nu­ten zu er­war­ten.

Er ging hin­aus und Con­sue­lo, die ihm mit den Au­gen folg­te, sah durch die Glas­schei­ben der ver­gol­de­ten Tür, dass er in sei­ne Ka­pel­le trat, und an­däch­tig nie­der­knie­te.

Leb­haft auf­ge­regt er­schöpf­te sie sich in Ver­mu­tun­gen, was für ein Ge­spräch es sein könn­te, das sich mit sol­cher Fei­er­lich­keit an­kün­dig­te. An­zo­le­to, hat­te sie An­fangs ge­glaubt, hät­te des War­tens über­drüs­sig, das was er ihr droh­te, schon aus­ge­führt ge­habt, hät­te etwa ge­gen Hans oder den Ka­plan ge­plau­dert und sich in sol­cher Wei­se über sie ge­äu­ßert, dass ih­ren Wir­ten ernst­li­che Be­den­ken ih­ret­we­gen auf­ge­stie­gen wä­ren.

Al­lein Graf Chris­ti­an war kei­ner Ver­stel­lung fä­hig und aus sei­nem bis­he­ri­gen Be­neh­men so wie aus al­lem was er ge­sagt hat­te, ließ sich eher eine Ver­dopp­lung sei­nes Wohl­wol­lens als eine Hin­nei­gung zum Miss­trau­en ent­neh­men. Ihre frei­mü­ti­gen Ant­wor­ten hat­ten ihn üb­ri­gens, so schi­en es, wie un­er­war­te­te Of­fen­ba­run­gen ge­trof­fen, und son­der­lich die letz­te wie ein Don­ner­schlag. Jetzt be­te­te er, bat Gott um Licht oder Stär­ke zur Auf­füh­rung ei­nes wich­ti­gen Vor­ha­bens.

Will er mich auf­fo­dern, mit mei­nem Bru­der ab­zu­rei­sen? Will er mir Geld an­bie­ten? frag­te sie sich. O, woll­te doch Gott mich nur vor ei­ner sol­chen Krän­kung be­wah­ren! Aber nein! die­ser Mann ist zu fein­füh­lend, zu gut, als dass er nur dar­an den­ken könn­te, mir eine De­mü­ti­gung zu be­rei­ten.

Was woll­te er mir denn aber zu­vor sa­gen, und was will er mir jetzt sa­gen? Ge­wiss hat mein lan­ger Spa­zier­gang mit sei­nem Soh­ne ihm Be­sorg­nis­se er­regt, und er will mich zur Rede set­zen. Ich habe das viel­leicht ver­dient, und ich wer­de sei­ne Ver­wei­se still­schwei­gend hin­neh­men, denn ich dürf­te ja nicht mit Auf­rich­tig­keit die Fra­gen be­ant­wor­ten, die er mir in Be­treff Al­ber­t’s vor­le­gen könn­te.

O, das ist ein sau­rer Tag! und muss ich vie­le sol­che über­ste­hen, so wer­de ich die Pal­me des Ge­san­ges An­zo­le­to’s nei­di­schen Maitres­sen nicht mehr strei­tig ma­chen kön­nen. Wie mir die Brust brennt und die Keh­le tro­cken ist!

Graf Chris­ti­an kam bald zu ihr zu­rück. Er war ru­hig und die Bläs­se sei­nes Ge­sich­tes ver­riet einen Sieg, den er im Hin­blick auf ein ed­les Ziel über sich da­von­ge­tra­gen hat­te.

– Mei­ne Toch­ter, sag­te er zu Con­sue­lo, sich wie­der an ihre Sei­te set­zend, nach­dem er sie ge­nö­tigt hat­te, den präch­ti­gen Lehn­stuhl, den sie ihm ein­räu­men woll­te, zu be­hal­ten, und auf wel­chem sie wi­der Wil­len mit furcht­sa­mer Mie­ne thron­te, es ist Zeit, dass ich Ihre Of­fen­heit mit glei­cher Of­fen­heit er­wied­re. Con­sue­lo, mein Sohn liebt Sie.

Con­sue­lo wur­de ab­wech­selnd rot und blass. Sie ver­such­te, eine Ant­wort her­vor­zu­brin­gen. Chris­ti­an un­ter­brach sie.

– Dies ist nicht eine Fra­ge, die ich Ih­nen vor­le­ge, sag­te er; ich wür­de dazu kein recht ha­ben, und Sie viel­leicht kei­nes, dar­auf zu ant­wor­ten; denn ich weiß, dass Sie Al­ber­t’s Hoff­nun­gen auf kei­ne Wei­se be­güns­tigt ha­ben. Er hat mir al­les ge­sagt, und ich glau­be ihm, denn er log nie, eben­so­we­nig als ich.

– Und ich, sag­te Con­sue­lo, die Au­gen mit dem Aus­dru­cke des reins­ten Selbst­ge­füh­les gen Him­mel he­bend. Graf Al­bert muss Ih­nen in die­sem Fal­le ge­sagt ha­ben, gnä­di­ger Herr! …

– Dass Sie je­den Ge­dan­ken an eine Ver­bin­dung mit ihm zu­rück­ge­wie­sen ha­ben.

– Ich konn­te nicht an­ders. Die Sit­ten, die An­sich­ten der Welt sind mir nicht fremd; ich wuss­te, dass ich nicht dazu ge­macht bin, des Gra­fen Al­bert Frau zu wer­den, und zwar aus der ein­fa­chen Ur­sa­che, weil ich mich vor Gott nicht ge­rin­ger schät­ze als ir­gend einen Men­schen auf der Welt und das­sel­be vor den Men­schen nicht der Gunst und Gna­de Je­man­des, wer es auch sei, ver­dan­ken will.

– Ich ken­ne Ihren ge­rech­ten Stolz, Con­sue­lo! Ich wür­de ihn über­trie­ben fin­den, wenn Al­bert nur von sich al­lein ab­hin­ge, aber in dem Glau­ben, worin Sie stan­den, dass ich eine sol­che Ver­bin­dung nicht bil­li­gen wür­de, ha­ben Sie ihm nicht an­ders ant­wor­ten kön­nen, als Sie ta­ten.

– Jetzt, gnä­di­ger Herr! sprach Con­sue­lo und stand auf, ver­ste­he ich al­les Üb­ri­ge, und bit­te Sie, mir die De­mü­ti­gung, die ich schon fürch­te­te, zu er­spa­ren. Ich will Ihr Haus ver­las­sen, wie ich es denn schon ver­las­sen ha­ben wür­de, wenn ich nicht ge­fürch­tet hät­te, des Gra­fen Al­bert Ver­nunft und Le­ben in Ge­fahr zu brin­gen, da ich mehr Ein­fluss auf ihn habe als mir lieb ist. Sie wis­sen nun, was ich Ih­nen zu ent­de­cken kein recht hat­te, und kön­nen über ihn wa­chen, kön­nen ver­hü­ten, dass die­se Tren­nung schlim­me Fol­gen habe, kön­nen die Sor­ge für ihn wie­der in Ihre Hän­de neh­men, die Ih­nen mehr zu­kommt als mir. Wenn ich sie mir un­be­schei­dent­lich an­ge­maßt habe, so ist das ein Fehl­tritt, den mir Gott ver­zei­hen wird, denn Er weiß es, wie rein das Ge­fühl war, das mich da­bei lei­te­te.

– Auch ich weiß es, ant­wor­te­te der Graf, und zu mei­nem Ge­wis­sen sprach Gott wie Al­bert zu mei­nem Her­zen ge­spro­chen hat­te. Blei­ben Sie sit­zen, Con­sue­lo! und ver­dam­men Sie mei­ne Ab­sicht nicht so vor­ei­lig. Nicht um Sie mein Haus ver­las­sen zu hei­ßen, son­dern um Sie fle­hent­lich zu bit­ten, Ihr Le­ben lang dar­in zu blei­ben, habe ich die­se Un­ter­re­dung ge­wünscht.

– Mein Le­ben lang! wie­der­hol­te Con­sue­lo, und sank auf ih­ren Sitz zu­rück, ge­teilt zwi­schen der Ge­nug­tu­ung wel­che sie in der Aner­ken­nung die ihr zu Teil ward, fand, und dem Schreck, wel­chen ihr ein sol­ches Aner­bie­ten ver­ur­sach­te. Mein Le­ben lang! Ew. Gna­den be­den­ken nicht, was Sie mir die Ehre er­zei­gen da zu sa­gen.

– Ich habe es reif­lich be­dacht, mei­ne Toch­ter! ant­wor­te­te der Graf mit schwer­mü­ti­gem Lä­cheln und ich füh­le voll­kom­men, dass es mir nicht leid sein kann. Mein Sohn liebt Sie bis zum Ver­ge­hen, Sie ha­ben über sei­ne See­le alle Ge­walt. Sie ha­ben ihn mir wie­der­ge­ge­ben, Sie wa­ren es, die ihn such­te an ei­nem ver­bor­ge­nen Orte, den er mir nicht nen­nen will, aber wo­hin nie­mand, sag­te er mir, als eine Mut­ter oder eine Hei­li­ge drin­gen konn­te. Sie ha­ben Ihr Le­ben dar­an ge­wagt, um aus der Ein­sam­keit und aus dem Wahn­sinn, worin er sich ver­zehr­te, ihn zu rei­ßen. Ih­nen ver­dan­ken wir es, dass er uns nicht mehr durch sein Ver­schwin­den in so schreck­li­che Un­ru­he ver­setzt.

Mit ei­nem Wort, durch Sie hat er Be­sin­nung, Frie­den und Ge­sund­heit wie­der­ge­won­nen. Denn man darf es sich nicht ver­heh­len, mein ar­mes Kind war wirk­lich ver­rückt, und es ist ge­wiss, dass er es nicht mehr ist. Wir ha­ben fast die gan­ze Nacht un­un­ter­bro­chen mit­ein­an­der ge­plau­dert und er hat mich einen Ver­stand se­hen las­sen, an den der mei­ni­ge nicht reicht. Ich wuss­te, dass Sie heu­te Mor­gen mit ihm aus­ge­hen wür­den. Ich hat­te ihm also mei­ne Ein­wil­li­gung ge­ge­ben, Ih­nen das vor­zu­stel­len was Sie nicht hö­ren woll­ten …

Sie hat­ten Furcht vor mir, lie­be Con­sue­lo! Sie glaub­ten, der alte Ru­dol­stadt wäre so ein­ge­ros­tet in sei­nem Adels­vor­ur­tei­le, dass er sich schä­men wür­de, Ih­nen sei­nen Sohn zu ver­dan­ken. Nun, dar­in irr­ten Sie. Der alte Ru­dol­stadt be­saß ohne Zwei­fel Stolz und auch Vor­ur­tei­le; be­sitzt sie viel­leicht noch, er will sich nicht vor Ih­nen schmin­ken, aber er ent­sagt den­sel­ben, und in der Freu­dig­keit sei­nes un­be­grenz­ten Dank­ge­füh­les weiß er sich Der er­kennt­lich zu be­wei­sen, die sein letz­tes, ein­zi­ges Kind ihm wie­der­ge­schenkt hat.

Bei die­sen Wor­ten nahm Graf Chris­ti­an Con­sue­lo’s bei­de Hän­de in die sei­ni­gen und be­deck­te sie mit Küs­sen und be­netz­te sie mit Trä­nen.

94,80 ₽
Возрастное ограничение:
18+
Объем:
3441 стр. 2 иллюстрации
ISBN:
9783962816148
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
Формат скачивания:
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