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Nach dem besagten Zeitraum verlässt Neve den Klassenraum. Sie ist nicht im Geringsten überrascht, dass sich Sam nicht vor der Tür befindet. Zielstrebig geht sie auf die Damentoiletten zu, weil sie ihre Schülerin nur dort vermutet. Mit einem lauten Knall öffnet sie die Tür. Sie sieht Sam bei offenem Fenster auf der Fensterbank sitzen und rauchen.

»Hat ihnen schon jemand gesagt, dass Rauchen ungesund ist?«, fragt sie eiskalt. Erschrocken über das plötzliche Erscheinen ihrer Lehrerin, verschluckt sich Sam an dem eben geholten Lungenzug.

»Ja, aber der ist schon tot. Lungenkrebs«, lacht sie ironisch, beginnt aber schwer zu husten. Neve geht zu ihr hin, reißt ihr die Zigarette aus der Hand und schmeißt sie aus dem Fenster. Zuerst blickt Sam der Zigarette hinterher, wirft dann aber einen wütenden Blick zu ihrer Lehrerin.

»Sag mal, haben sie dir ins Gehirn geschissen?? Was zum Teufel glaubst du eigentlich wer du bist??«, faucht sie aggressiv.

»Ich an ihrer Stelle würde aufpassen was sie zu mir sagen! Sie haben keine Ahnung mit wem sie sich hier anlegen!«, entgegnet ihr Neve sauer, die sie daraufhin flüchtig von oben bis unten mustert. Ehe Neve sich versieht, schlingt Sam einen Arm um ihre Hüfte und zieht sie zu sich an die Fensterbank.

»Nimm sofort deine Finger weg!!«, keift Neve rasend. Sie duzt Sam das erste Mal, woraufhin die nur achtlos grinst.

»Du handelst dir unheimlichen Ärger ein, wenn du nicht sofort deine Finger von mir nimmst!« Neve wird immer angriffslustiger, als sie Sams Hand auf ihrem Po spürt.

Plötzlich schiebt Sam blitzschnell eine Hand in Neves Nacken, zieht sie zu sich heran und küsst sie auffordernd. Provokant und mit einem hinterlistigen Funkeln in ihren Augen, schaut sie ihrer Lehrerein währenddessen direkt in die Augen. Von einer Sekunde zur anderen reißt sich Neve von ihr los. Ohne darüber nachzudenken, dass sie sich damit beträchtlichen Ärger einfangen kann, holt sie aus und verpasst ihrer Schülerin eine schallende Ohrfeige, die in der Toilette beängstigend widerhallt.

Mit einer Hand an der Wange, dreht Sam ihren Kopf zu Neve zurück. Im ersten Moment schaut sie sie mit dieser unglaublich brutalen Aggressivität in den Augen an, lächelt dann aber schwach. Mit der Zungenspitze gleitet sie spielerisch über ihre Lippen.

»Wusste ich es doch«, lacht sie. Sie scheint von irgendetwas überzeugt zu sein.

»Du stehst auf Frauen. Dein Blick vorhin auf dem Parkplatz, als du mich das erste Mal angesehen hast, hat dich verraten.«

»Du bist doch krank«, zischt Neve.

»Nein, nur ehrlich. Aber so wie du dich verhältst, scheinst du damit nicht öffentlich umzugehen, um deinen Schein zu wahren. Schade eigentlich, denn dein Blick hat mir verraten, dass dir gefällt was vor dir steht«, lacht Sam stichelnd. Als sie sich allerdings die Frechheit herausnimmt und ihre Hand auf Neves Po legt, vergisst diese fast wer sie ist. Blitzschnell greift sie nach der Hand, dreht das Handgelenk brutal nach außen und zieht Sam gleichzeitig von der Fensterbank.

Mit einem lauten Schmerzensschrei, hockt Sam auf den Knien und blickt Neve von unten herab wütend an. Ihre Augen sind von einem Moment zum anderen so dunkel und hasserfüllt geworden, dass Neve nicht nachvollziehen kann, wie jemand von einer Sekunde zur anderen so schnell und so brutal umschalten kann.

»Du bist tot, das schwöre ich dir!! Du bist tot!!«, brüllt Sam mit dieser, zu einer Frau nicht passenden Brutalität. Neve ist für ihren Geschmack eindeutig zu weit gegangen.

»Halt die Klappe! Ich lasse mich von dir doch nicht verarschen! Du bist doch selbst für das verantwortlich was du machst. Also mache mich nicht für deine Entscheidungen und die daraus resultierenden Ergebnisse verantwortlich!«, faucht Neve sauer und lässt Sams Handgelenk los. Die hält sich schmerzend die Hand und blickt Neve von unten herab wutentbrannt an.

Langsam steht Sam vom Boden auf und lässt ihre Lehrerin nicht aus den Augen. Sie geht an ihr vorbei, schiebt ihre offenen Haare zur Seite und gibt somit den Blick auf eine Tätowierung im Nacken frei, die aus einer römischen Fünf und einem schwarzen Rottweiler besteht. Dieser sieht mit seinen gefletschten Zähnen äußerst brutal und gefährlich aus.

»Wenn du damit etwas anfangen kannst, würde ich an deiner Stelle in nächster Zeit aufpassen was du machst! Ansonsten könnte es sein, dass dir zufällig ein kleines Missgeschick passiert!«, raunt sie.

»Du drohst mir?«, lacht Neve unbeeindruckt von dem was ihre Schülerin gesagt hat. Wieso sollte sie sich auch einschüchtern lassen? Sam ist nichts anderes, als einer dieser hoffnungslosen Fälle, die in der heutigen Zeit verzweifelt versuchen Aufmerksamkeit zu erlangen. Egal, was es am Ende kostet.

»Ich warne dich! Niemand, wirklich niemand geht so mit mir um, ohne dafür die Quittung zu bekommen!« Sam öffnet die Tür zum Schulflur und dreht sich zu Neve um.

»Ich würde verdammt vorsichtig sein, Sam. Du hast nämlich nicht die geringste Ahnung wen du vor dir hast«, entgegnet ihr Neve, als sie neben ihr an der Tür steht.

»Du weißt nicht wer ich bin, stimmt´s?«, lacht Sam.

Neve macht einen Schritt an sie heran, ganz darauf bedacht ihr nicht zu nahe zu kommen. Ein geheimnisvolles Schmunzeln umgibt ihre zierlichen Lippen.

»Dafür, dass du zu den Five Dogs gehörst, hältst du dich aber ganz schön zurück mit deiner Brutalität, für die ihr ja so bekannt seid«, spricht sie leise. Offensichtlich will sie niemanden hören lassen, dass sie wirklich etwas mit dieser Tätowierung anfangen kann.

»Du kennst uns? Kompliment«, lächelt Sam erstaunt, wird dann aber wieder frech.

»Wenn du uns kennst, woher nimmst du dir dann den Mut, so mit mir umzugehen?«

»Ich habe dir schon in der Klasse gesagt, dass du für mich nur eine pubertierende Göre bist. Daran ändert auch deine Tätowierung nichts, mit der du meinst, etwas beweisen zu wollen.«

Mit einem Stoß gegen die Schulter, schubst Neve ihre Schülerin in den mittlerweile gefüllten Schulflur. Sie will dieses Theater endlich beenden.

Kaum hat Sam ihr Gleichgewicht wieder gefunden, dreht sie sich blitzschnell um, baut sich vor Neve auf und blickt ihr direkt in die Augen. Bei dieser schnellen Drehung weht der Duft eines Männerparfüms in Neves Nase. Ungewollt prescht eine Gänsehaut über ihren Körper. Sie hat das Gefühl knallrot zu werden. Ihre Wangen werden heiß. Sicherlich gleicht sie in diesem Augenblick einem frisch gekochten Hummer. Die Haut kribbelt vor lauter Aufregung.

Erschrocken über diese körperliche Reaktion, blickt Neve flüchtig an Sam vorbei. Noch nie hatte ein Parfüm solch eine Wirkung auf sie.

Sam, die gerade mal fünf Zentimeter kleiner ist, als Neve, sieht die rötliche Farbe auf der zarten Hautihrer Lehrerin und lächelt verschmitzt. Arrogant spricht sie sich dieses Ergebnis selbst zu. Langsam hebt sie einen Arm und will Neve erneut ihre Hand in den Nacken schieben, als diese ihren Arm brutal festhält. Sie will sich kein weiteres Mal von ihr berühren lassen.

Etwas überrascht, blickt Sam auf Neves Hand. Ein Lächeln brennt sich auf ihren Lippen fest. Blitzschnell greift sie nach Neves Ärmel und zieht ihn herunter. Als sie die Gänsehaut auf dem Arm sieht, blickt sie Neve in die Augen. Mit einem Ruck reißt sie sich von ihrer Hand.

»Danke für das Kompliment. Ich weiß, dass ich verdammt gut rieche«, grinst sie unverschämt, greift ihr in den Nacken und zieht sie an sich. Es fehlen nur Millimeter die sich ihre Lippen voneinander trennen. Es vergehen nur zwei Sekunden, in denen Neve einen völligen Black Out hat und überhaupt nicht auf diese Situation reagiert. Sam beobachtet sie ganz genau. Sie sieht den erschrockenen Gesichtsausdruck. Sie spürt Neves Atem auf ihren Lippen. Ein selbstgerechtes Grinsen festigt sich auf ihrem Gesicht. Sie weiß, dass sie Neve mit dieser unvollendeten Berührung durcheinander bringt.

Erschrocken darüber, dass sie für zwei Sekunden unfähig war zu reagieren, will sich Neve von Sams Hand reißen, als diese sie von alleine loslässt. Kokett dreht sie sich um. Mit purer Absicht peitscht sie ihre Haare provokant in Neves Gesicht, um sie erneut ihr Parfüm einatmen zu lassen.

»Bis morgen Ms. Stewart und immer schön sauber bleiben!«, lacht Sam. Sie verlässt die Toilette und liest auf dem Weg zum Ausgang, Laura auf.

Auf dem Weg zu ihrem Wagen, muss Neve an Sams Pick Up vorbei. Argwöhnischen wirft sie einen Blick auf dieses schwarze Monster. Sie fragt sich, wie so ein junges Mädel an so einen Wagen kommt, beantwortet sich die Frage aber selbst, weil sie weiß, in welcher Gang Sam ist. Von daher tauscht sie die Auto-Frage gegen die, weshalb Sam bei den Five Dogs ist und wie sie da hineingekommen ist.

Mit diesen Gedanken beschäftigt, nimmt sie im letzten Moment einen aufheulenden Motor wahr. Sams Chevy macht plötzlich einen kleinen Satz nach vorne und bremst mit der Stoßstange direkt vor ihren Beinen ab. Reflexartig macht Neve einen großen Sprung zur Seite. Wütend blickt sie zur Windschutzscheibe des Chevy. Laura kann sich vor Lachen kaum halten. Sam schmunzelt leicht. Sie schiebt eine schwarze Sonnenbrille etwas die Nase herunter, schaut Neve über den Rand direkt an und grinst unverschämt.

»Bleiben Sie mir treu, Ms. Stewart«, trällert sie durch das offene Fahrerfenster. Demonstrativ gibt sie Gas. Neve springt zur Seite und blickt dem Chevy wütend hinterher. Mit quietschenden Reifen fährt der Wagen vom Parkplatz und macht seinen Pferdestärken alle Ehre.

Gegen späten Nachmittag fährt Neve zu ihrem Hauptjob und durchquert dabei mehrere Straßen, bei denen sie aus beruflichen Gründen weiß, dass dieses Viertel den Five Dogs gehört. Zu wissen, dass eine junge pubertierende Göre zu dieser Gang gehört und dieses Viertel praktisch mit ihrem Leben verteidigt, wird Neve für einen kurzen Moment anders. Sie weiß selbst, dass nur die Mutigsten und Härtesten auf diesen Straßen überleben können. Aber auch so ein junges Ding wie Sam?

Hektisch blickt sie sich um und sieht Sams Pick Up am Straßenrand parken. Ihre Aufmerksamkeit fällt auf einen Basketballplatz, der mit einigen jungen Leuten gefüllt ist.

Neugierig parkt Neve ihren Wagen hinter dem Chevy und wirft ihre Augen zum Platz. Schon nach wenigen Momenten macht sie Sam ausfindig. Sie sitzt auf einer mit Graffiti übersäten Bank und lässt sich von Laura einen Zopf flechten.

Wenige Augenblicke später ist sie fertig. Erstaunt zieht Neve eine Augenbraue hoch. Laura schiebt von hinten ihre Hand in Sams Top und danach in ihren BH. Regungslos lässt sich Sam das gefallen. Laura beugt sich etwas herunter, flüstert ihr etwas ins Ohr und greift dann nach einer ihrer Hände. Bestimmend zieht sie ihre Freundin von der Bank und schleift sie hinter sich her, bis beide an einem Baum ankommen.

Als Neve beobachtet, dass Laura sie küsst, weiten sich ihre Augen. Ihr Blick haftet sich an die beiden Frauen, die in ihren Handlungen stürmischer werden. Neve weiß worauf das hinausläuft. Sie schluckt schwer.

Erschrocken über diesen Anblick, beobachtet sie, wie Lauras Hände unter Sams Top wandern und deren Brüste massieren. Hektisch fummelt Sam an Lauras Hose herum. Fast zerreißt sie den Reißverschluss.

»Verdammt, sucht euch ein Zimmer«, schimpft Neve.

Sams Hand verschwindet in Lauras Hose. An der Reaktion der jungen Frau, weiß Neve, was Sam dort sucht und erfolgreich fündig wird.

Plötzlich schreckt Neve in ihrem Sitz hoch, als sie sehen kann, wie drei junge Typen den Platz verlassen und direkt auf ihren Wagen zusteuern. Ohne sich anmerken zu lassen, dass sie den Platz beobachtet, greift sie hektisch nach ihrem Handy. Planlos tippt sie darauf herum, nur um für die Jungs beschäftigt genug auszusehen.

»Tja, da haben Frauen es echt leichter«, lacht einer der Typen. Aus dem Augenwinkel kann Neve sehen, dass ein anderer den Kopf schüttelt, als die drei an ihrem Wagen vorbeilaufen.

»Ist ja auch kein Wunder, dass Sam auf Frauen steht. Nachdem Leon und Jonathan sie damals vergewaltigt haben, kann ich es schon verstehen, dass sie nie wieder einen Typen an sich ranlässt«, murmelt einer der Typen. Neves Augen weiten sich geschockt. Vergewaltigt? Sam wurde vergewaltigt??

»Wenn wir damals gewusst hätten was die beiden vorhatten, wäre das mit Sicherheit nicht passiert«, verstummen langsam die Stimmen der jungen Kerle, als sie sich immer weiter von Neves Wagen entfernen.

Geschockt sitzt Neve erstarrt auf dem Ledersitz. Fassungslos blickt sie mit großen Augen auf das Handydisplay. Vergewaltigt!! Vergewaltigt!! Vergewaltigt!! Immer wieder schießt dieses eine Wort durch ihren Kopf. Sie hatte schon oft genug mit diesem Thema zu tun. Aber nun zu wissen, dass eine Schülerin von ihr, dass Sam, ebenfalls vergewaltigt wurde, bringt sie völlig aus der Fassung. Wie muss sie gelitten haben? Dabei und danach? Wie muss sie sich gefühlt haben, als die Männer sie wie ein Stück Vieh behandelt haben und einer nach dem anderen über sie hergefallen ist? Wie hat sie das alles verarbeitet? Hat sie diese Dreckskerle angezeigt? Wie zum Teufel konnte das nur passieren?

Die Antwort liegt eigentlich klar auf der Hand. Sam ist in einer Gang! In der falschen Gang! Da nimmt keine andere Gang Rücksicht drauf, sondern nimmt sich das, was man kriegen kann. Und wenn es gegen den Willen einer Frau ist. Egal! Es wird sich einfach genommen und damit basta!

Noch immer in den schockierenden Gedanken steckend, blickt Neve mit mattem Blick auf den Basketballplatz und ist über sich selbst überrascht. Denn dort ist ein Spiel schon voll im Gange. Wie lange muss sie in ihren Gedanken versunken gewesen sein, dass sie das nicht mitbekommen hat?

Ihr ist es eigentlich egal, denn der Tatsache, dass so ein junges Mädchen vergewaltigt wurde, gebührt unendlich viel Zeit.

Neve wandert mit ihrem Blick über den Platz und verfolgt das Spiel, bei dem sie erstaunt feststellen muss, dass Sam richtig gut ist. Sie spielt absolut präzise und in keinster Weise wahllos. Sie scheint ihre Schritte vorher genau zu überlegen, bevor sie ihren Körper bewegt. Alles ist bis ins kleinste Detail bedacht. Auch der Sprung und Wurf zum Korb, ist exakt geplant. Dass aber ein junger Mann von der gegnerischen Mannschaft, ebenfalls hochspringt und sie im Sprung direkt vor dem Korb so heftig anrempelt, dass sie wie ein Sack Kartoffeln auf den Beton prallt, war mit Sicherheit nicht von ihr geplant.

Aber anstatt sich vor Schmerzen auf dem Boden zu winden, ist Sam sofort wieder auf den Beinen. Lautstark brüllend geht sie sofort auf den Typen los. Blitzschnell herrscht eine brennende Stimmung auf dem Platz, die Neve bis zu ihrem Wagen spüren kann. Kopfschüttelnd, weil sie nicht fassen kann, dass Sam so unglaublich aggressiv ist, sieht sie mit an, wie sie einem ihrer Kollegen den Ball aus den Händen reißt und dem Typen mit einem brüllenden Kommentar direkt in den Magen schmettert.

Das Spiel geht weiter. Neve weiß, dass Sam diese Aktion in keinster Weise ungesühnt auf sich sitzen lassen wird. Ihre Rache stellt sie unter Beweis, als der gegnerische Typ zum Korb hochspringt und den Ball versenken will. Sam springt ebenfalls hoch. Bevor der Kerl den Ball aber zum Korb bewegen kann, holt sie mit einem Arm aus und schmettert ihren Ellenbogen direkt in das Gesicht ihres Gegners. Dieser knallt gleich darauf mit einer blutenden Nase auf den Boden. Sam reißt ihre Arme hoch. Sie deutet somit an, dass sie keinerlei Schuld an seinem kleinen Unfall hat. Und doch verrät ihr boshaftes Grinsen alles. Sie beugt sich zu dem Typen herunter, holt mit einer Faust aus und schlägt ihm diese mitten ins Gesicht. Fast wie eine Verrückte, rast ihre steinerne Faust immer wieder auf den jungen Kerl. Sams Kollegen und Laura stehen neben ihr. Amüsiert beobachten sie dieses kleine Spektakel. Noch nicht einmal die Kollegen von diesem Spinner kommen ihm zur Hilfe. Sie stehen regungslos daneben und sehen zu, wie Sam ihm ein neues Gesicht verpasst.

Kein Wunder, dass Sam bei den Five Dogs ist. Wer wegen eines unfairen Basketballspiels so dermaßen ausrastet, hat nichts in einer anderen Gang verloren. Denn dafür sind die Five Dogs bekannt. Auch wenn Neve sich bisher noch nicht so dermaßen mit dieser Bande beschäftigt hat, weiß sie, dass die Five Dogs unglaublich brutal, aggressiv und unberechenbar sind. In dem einen Moment lächeln sie einem vertraut ins Gesicht, aber man muss sich nicht einmal umdrehen, um gleich darauf eben dieses Gesicht von einer Kugel zerfetzt zu bekommen. Denn das ist ihnen vollkommen egal.

Es gehen auch viele Morde auf deren Konto. Bei dem Gedanken, dass Sam eventuell auch schon einen Menschen getötet haben könnte, läuft Neve ein eiskalter Schauer über den Rücken.

Irgendwie ängstlich, weil Neve diesen Gedanken in ihrem Kopf nicht weiter reifen lassen will, dreht sie den Zündschlüssel ihres Wagens. Sie nimmt den Blick von dieser Brutalität ab, die Sam an den Tag legt. Sie weiß, dass nicht mehr viel von dem Gesicht des Typen übrig bleiben wird.

Im Stadtteil Soma angekommen, biegt sie in die Bryant Street und hält vor dem San Francisco Police Department. Schwer atmend, weil sie das Gefühl hat, dass Zementblöcke an ihrem Körper hängen, steigt sie aus und hievt sich die wenigen Stufen zur Eingangstür hoch. Die Bilder von Sam brennen noch immer in ihrem Kopf. Sie bemerkt zuerst gar nicht, dass ein Polizist das Department verlässt, sie nickend anlächelt und eine Hand auffallend weit ausstreckt. Neve blickt kurz darauf und schlägt dann ohne Worte ein.

»Viel Spaß heute«, lächelt der Polizist. Neve nickt nur und betritt das Department. Direkt nach der Eingangstür befindet sich auf der linken Seite ein großer Tresen. An der gegenüberliegenden Wand steht eine Reihe von Stühlen, die wie jeden Tag bis zum erbrechen überfüllt sind. Landstreicher, Penner, Prostituierte, Drogenhändler, Geschäftsleute. Hier tummelt sich täglich alles was auf zwei Beinen läuft und auch nur annähernd Dreck am Stecken hat.

Neve klopft einmal auf den Tresen, betritt den hinteren Teil des Departments und lässt sich wie ein Sack auf einen Stuhl an einem der vielen Schreibtische fallen. Sie zerfließt regelrecht in dem Stuhl. Schnaufend legt sie den Kopf in den Nacken.

»Na du, wie war dein Tag bis jetzt?«, fragt eine Männerstimme. Neve hebt den Kopf und blickt in das recht junge Gesicht ihres Kollegen, der sie erwartungsvoll anschaut. Er versteckt dabei das halbe Gesicht hinter einer Kaffeetasse.

»Ist noch was da?«, fragt Neve, ohne die gestellte Frage des Mannes beantwortet zu haben und macht eine Kinnbewegung auf die Tasse.

»Klar, wenn du auf die Suppe von heute Morgen stehst.« Leicht angewidert, rümpft Neve die Nase, hievt sich aber trotzdem aus dem Stuhl und kommt zwei Minuten später zum Tisch zurück, um erneut in den Stuhl zu versinken. Sie trinkt einen großen Schluck Kaffee und schüttelt sich angewidert.

»Schönen Dank auch«, murmelt sie angeekelt.

»Ich vergesse doch immer wieder wie anstrengend so eine Schule sein kann. Zwei Stunden Unterricht ist schlimmer als eine Zwölf-Stunden-Schicht«, flucht sie. Aus einer geöffneten Schublade holt sie eine Waffe und das dazugehörige Waffenholster heraus, befestigt alles mit schnellen Griffen an ihrer Hose und klemmt sich die Polizeimarke an den vorderen Bund. Sie atmet tief durch und blickt zu ihrem Kollegen.

»Und Jake, was liegt heute an?« Ihr Kollege schüttelt flüchtig den Kopf.

»Nichts Besonderes, nur den Bericht von unserem Fall am Samstag beenden und dann haben wir noch ein Treffen mit J.R.« Neve lehnt sich in den Stuhl zurück und grinst spitzbübisch.

»Ach, versucht der Hahn mal wieder ein Korn zu finden?«, kichert sie frech und trinkt einen weiteren Schluck von diesem misslungenen Experiment, das sich Kaffee schimpft.

Gegen Mitternacht lenkt Jake seinen Wagen aus der Bryan Street unter die Unterführung des James Lick Freeway, der am Ende in die Oakland Bay Bridge mündet. Irgendwie recht gelangweilt folgt Neve ihm mit ihrem Wagen. Ihre Wege werden sich nach diesem Meeting für den heutigen Tag trennen.

Sie steigt aus, geht zu Jake, der gemütlich in seinem Auto sitzen bleibt und klopft an das Fahrerfenster. Gleich nachdem es ein Stück weit geöffnet ist, hält sie ihm eine Hand entgegen.

»Heute bist du dran.« Ohne zu zögern, holt Jake sein Portemonnaie und drückt Neve fünfzig Dollar in die Hand. Währenddessen tastet sie die Gegend mit ihrem Blick ab, bis sie eine flüchtige Kopfbewegung nach vorne macht.

»Da ist er«, murmelt sie, woraufhin Jake zu einem der Stützpfeiler blickt. Dort versteckt sich ein kleiner schmächtiger Mann.

Mit schweren Schritten, weil ihr Akku für heute mehr als leer ist, schleift sich Neve zu ihm. Schon auf dem halben Weg bekommt sie einen Brechreiz, als ihr klar wird welcher Gestank ihr von J.R. gleich entgegenkommen wird. Er ist ein Penner von der Straße, der seine Fühler in sämtliche Richtungen ausgestreckt hat. Und genau aus dem Grund ist er sehr nützlich und hilfreich für die Polizei.

»Was hast du für uns?«, fragt Neve, als sie J.R. mit sicherem Abstand gegenübersteht. Hektisch blickt sich der Mann um. Er schaut sogar völlig nervös zum Beton des Freeway hoch, der über ihren Köpfen rauscht.

»In zwei Tagen treffen sich die Outer Sunsets mit den Five Dogs in der Chestnut Street, nahe dem Jack Early Park, um Waffen gegen Drogen zu tauschen«, berichtet er hektisch. Bei den Worten Five Dogs fängt Neves Herz zu rasen an. Sofort hat sie Sams Gesicht vor Augen. Innerhalb einer Sekunde betet sie, dass sie sie dort nicht antreffen wird. Denn das würde ihr den ganzen Abend vermiesen.

»Weißt du wie viele dabei sein werden?«, fragt Neve, ohne sich die Nervosität, die gerade in ihrem Körper tobt, anmerken zu lassen.

»Ich denke mal, dass es der normale Standard sein wird. Vier von beiden Seiten.« Neve bedankt sich nickend und hält J.R. den fünfzig Dollarschein entgegen. Als er sich diesen schnappen will, zieht sie ihn zurück.

»Was genau weißt du über die Five Dogs?«, fragt sie ohne vorher überlegt zu haben. Nervös dribbelt J.R. von einem Fuß auf den anderen. Hecktisch blickt er sich um.

»Die Five Dogs? Denen möchte ich nachts ohne Panzerschutz nicht begegnen!«

»Das weiß ich selbst. Erzähle mir etwas was ich noch nicht weiß«, flucht Neve.

»Ok.« Noch immer nervös, blickt sich J.R. sich erneut um, als wenn er das Gefühl hätte, dass die Luft mit Wanzen versehen wäre.

»Vom Marina Boulevard bis zum Alemany Boulevard und bis zur Küste, beherrschen die Five Dogs einen großen nördlichen Teil von San Francisco. Ihr Anführer heißt, glaube ich, Matt. Ich denke mal, dass er in zwei Tagen die Übergabe auch selbst führen wird. Solche großen Geschäfte wickelt er gerne eigenhändig ab, weil er in der Hinsicht kaum Vertrauen in die Fähigkeiten seiner Leute hat. Der Einzigen der er das noch zutrauen würde, wäre eine gewisse Sam. Sie ist seine rechte Hand und schon von Jugendbeinen an mit dabei. Die Five Dogs schrecken vor nichts zurück, wenn es darum geht, ihren Teil von Frisco zu schützen. Was aber im Gegensatz zu anderen Gangs von Frisco an den Five Dogs interessant ist, ist die Tatsache, dass sehr viele von ihnen eigentlich ein völlig seriöses Leben führen. Sie gehen tagsüber normalen Jobs nach, bezahlen Rechnungen und Steuern und tauchen erst abends in das Gangleben ein. Und genau das ist das Unberechenbare an ihnen. In der einen Sekunde sitzen sie in ihren Büros und unterhalten sich mit ihren Arbeitskollegen über die neusten Börsenzahlen und in der Mittagspause pusten sie einem das Gehirn weg, wenn ihnen einer von einer anderen Gang über den Weg läuft. Deshalb sind sie so gefürchtet, weil man bei ihnen nie weiß, was in ihren kranken Köpfen abgeht und was als nächstes passiert.« Innerlich schüttelt Neve wütend den Kopf, lässt sich nach außen hin aber nichts anmerken.

»Weißt du ob sie irgendwelche Spielzeuge haben, oder spezialisieren sie sich nur auf Drogen und Waffen?« J.R.s Augen beginnen zu leuchten. Ein kleines Lächeln huscht über seine gerissenen und spröden Lippen.

»Klar spielen die Five Dogs. Sie klauen teure, schnelle oder getunte Autos und verkaufen sie, nachdem sie Friscos Straßen unsicher gemacht haben und illegale Straßenrennen mit den Perlen gefahren sind«, grinst er. Wahrscheinlich sieht er sich gerade hinter dem Steuer eines getunten Hondas sitzen. Aber mit den fünfzig Dollar, die Neve ihm dann doch endlich reicht, wird er nicht weit kommen.

Noch entkräfteter als zuvor, schleift sie sich zu Jake zurück, während J.R. wieder in der Dunkelheit und dem Gestank der Straße verschwindet. Sie berichtet ihrem Kollegen von den neuen Informationen. Die Dinge über die Five Dogs, lässt sie mit Absicht außen vor, weil sie diese nur für sich braucht. Sie muss genau wissen mit wem sie es zu tun hat und wie sie Sam im Zaum halten kann.

»Wollen wir noch auf ein Bier irgendwo hinfahren?«, fragt Jake. Erschöpft schaut Neves ihn an.

»Sorry, aber ich habe noch eine Verabredung. Morgen können wir gerne eine Runde machen. Bis morgen und schlaf später schön«, verabschiedet sie sich von ihm und geht zum Wagen zurück. Der Wind trägt ihr nur ein kurzes »Du auch, bis morgen!« von ihrem Kollegen hinterher.

Gähnend steuert Neve ihren Wagen in die 11th Street und parkt vor dem Cream Club. Lustlos steigt sie aus, betritt den Club und sieht Jessica auch schon an einem der Tische im hinteren Teil sitzen.

»Einen doppelten Espresso und ein Bier bitte«, bestellt sie am Tresen auf dem Weg zum Tisch. Dann lässt sich auf einen der Stühle fallen. Sie blickt zu der farbigen Frau hinüber und lächelt vertraut.

»Hi«, begrüßt sie sie und drückt ihr einen Kuss auf die Wange.

»Du siehst müde aus.« Besorgt streicht Jessica ihrer Freundin über den Kopf.

»War ein langer Tag heute. Ich mache ja im Moment wieder Vertretung in der Schule«, klärt Neve sie auf. Nickend bedankt sich bei der Bedienung, die ihr den rettenden Espresso hinstellt. Ohne zu zögern inhaliert sie diesen.

In dem Moment, in dem sie die kleine Tasse auf den Tisch zurückstellt, fällt plötzlich jemand neben ihnen auf den freien Stuhl. Neve dreht sich um. Für einen Moment bleibt ihr die Luft weg, als Sam sie mit einem allessagenden Blick frech angrinst. Sie zieht eine Augenbraue kokett hoch. Dieser Hohn, der Bände spricht, frisst sich bis in die kleinste Ecke ihres zarten Gesichts.

»Du weißt schon, dass dies hier ein lesbischer Club ist?«, fragt sie spottend und wartet keine Antwort von Neve ab.

»Ich wusste, dass du in denselben Kreisen verkehrst wie ich. Also brauchst du nicht weiter deinen toughen Schein zu wahren, denn dafür ist es jetzt eh zu spät«, lacht Sam unverschämt. Sie blickt zu Jessica, reicht ihr die Hand und stellt sich namentlich vor, was diese ihr etwas überrumpelt gleichmacht. Dann nimmt sie Neves Bierflasche, setzt diese an und trinkt einen großen Schluck.

»Hast du schon mal was von Benehmen, Anstand und Fragen gehört?«, faucht Neve gereizt.

»Natürlich habe ich das. Aber ich dachte mir, dass du sicher nichts dagegen hast, weil du mir eh nichts abschlagen kannst«, grinst Sam frech und zwinkert Neve ebenso zu. Sie blickt flüchtig zu Jessica. Fragend schaut sie Neve an, als sie eine weisende Kopfbewegung zu deren Freundin macht.

»Deine Perle?« Wütend funkelt Neve Sam an und streckt sich in ihrer sitzenden Haltung.

»Ich wüsste nicht was dich das angeht«, antwortet sie fauchend.

»Also nicht«, lacht Sam.

»Sehr schön, dann kann ich ja doch alles von dir für mich beanspruchen. Ich hatte schon für einen kurzen Moment Panik dich teilen zu müssen«, grinst sie noch immer keck und zwinkert Neve gehässig zu.

Als Neve einen passenden Spruch ablassen will, sieht sie im hinteren Teil des Clubs jemanden, bei dem sie weiß, dass sie Sam auf der Stelle wie eine lästige Zecke loswerden kann.

»Ich an deiner Stelle würde lieber zu deiner Perle gehen, denn die vernascht gerade eine andere«, reißt sie Sams Aufmerksamkeit von sich. Sam dreht sich auf dem Stuhl etwas um und sieht, wie Laura im Hals einer anderen Frau herumstochert. Sie fängt zu lachen an und schaut Neve fragend an.

»Du glaubst, dass wir beide zusammen sind?«, lacht sie und schüttelt den Kopf.

»Bestimmt nicht. Wir vögeln zwar oft miteinander, aber ich würde niemals eine Beziehung mit ihr führen. Laura ist gar nicht fähig zu so etwas. Die treibt es mit jeder, die nicht schnell genug auf den Bäumen ist. Ich hingegen, bin da eher etwas monogam eingestellt. Ich halte mich lieber nur an eine Frau«, lächelt Sam und zwinkert Neve erneut zu. Dieses Mal wirkt es aber vertrauensvoller.

Sam schnappt sich erneut ihre Bierflasche und trinkt wieder einen großen Schluck. Als Neve sie dafür anschnauzen will, klingelt Sams Handy. Sie zieht es flink aus der Hose und nimmt das Gespräch mit einem kurzen »Ja?« an. Sie horcht angestrengt. Dann blickt sie auf ihre dicke Sportuhr. Genervt verdreht sie die Augen.

»Heute noch? Kann der sich nicht eine andere aussuchen? Es sind doch genug zur Auswahl da«, grummelt sie wütend. Offensichtlich geschlagen, legt sie den Kopf in den Nacken. Sie springt vom Sessel hoch, läuft zum Tresen und bittet die Bedienung, mit kurzen Handzeichen, um Stift und Papier.

»Ja ja, immer ich. - Wo und wann? - Nein, nicht A.J., ich nehme Laura mit.« Neve beobachtet Sam, wie sie etwas auf das Papier schreibt und das Gespräch mit einem kurzen »Ja ok, ciao.« beendet. Dann dreht sie sich zur Seite, legt zwei Finger an ihre Lippen und pfeift schrill durch den Club.

Wie auf Befehl, reißt sich Laura von der fremden Frau los. Wie ein räudiger Hund läuft sie auf Sam zu, die mit dem Zettel in der Luft herumwedelt. Sie liest sich das Geschriebene durch. Wortlos nickt sie. Gleich danach stehen beide bei Neve und Jessica am Tisch. Laura ist sichtlich sarkastisch erfreut, Neve in dieser Räumlichkeit zu sehen. Ihr Blick wandert dann zu Jessica. Scheinbar beeindruckt, zieht sie die Augenbrauen hoch. Sie hatte schon immer eine Schwäche für farbige Frauen.

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9783847632771
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