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Gesundheitliche Auswirkungen von Blei sind:

Störung der Biosynthese von Hämoglobin, Anämie, Blutdruckanstieg, Nierenschäden, Fehl- und Frühgeburten, Schäden des Nervensystems, Hirnschäden, verminderte Fruchtbarkeit bei Männern durch Schädigung der Spermien.

Bei chronischer Einwirkung üben selbst geringe Dosen eine schädigende Wirkung auf das Nerven- und Blutbildungssystem sowie auf die Nieren aus. Blei gelangt über die Plazenta in den Fötus und kann massive Schäden im Nervensystem und im Gehirn des Ungeborenen verursachen. Bei Kindern sind Intelligenzdefizite und psychomotorische Störungen bei einem Bleigehalt im Blut von 100 bis 300 Mikrogramm pro Liter bekannt. Von verminderter Lernfähigkeit und von Aggressionen, impulsivem Verhalten und Hyperaktivität durch Bleibelastungen wird berichtet.

3.3.3 Luftschadstoffe/Feinstaub

Gemäß der Definition des Vereins Deutscher Ingenieure ist ein Luftschadstoff

„eine Beimengung der Luft, die sowohl die menschliche Gesundheit als auch die Biosphäre gefährden kann. Die Herkunft eines Luftschadstoffes kann sowohl natürlich (z. B. Schwefeldioxid, SO2, aus Vulkanen) als auch anthropogen (vom Menschen verursacht) bedingt sein.“ 3.3.3/1 VDI

Zu den wichtigsten vom Menschen verursachten Schadstoffen in der Luft zählen: Stickoxide (NOx), Kohlenstoffdioxide (CO2), Feinstaub und Rauch.

Zum Beispiel: Feinstaub

Feinstaub besteht aus Partikeln mit einem Durchmesser von maximal 100 Nanometern. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist 100.000 bis 200.000 Nanometer dick. Das Bundesumweltamt/UBA informiert:

„Feinstaub ist ein Teil des Schwebstaubs. Als Schwebstaub oder englisch „Particulate Matter“ (PM) bezeichnet man Teilchen in der Luft, die nicht sofort zu Boden sinken, sondern eine gewisse Zeit in der Atmosphäre verweilen. Je nach Korngröße der Staubpartikel wird der Schwebstaub in verschiedene Fraktionen unterteilt. […] Die kleinsten von ihnen, mit einem aerodynamischen Durchmesser von weniger als 0,1 Mikrometer (das sind 100 Milliardstel Meter), sind die ultrafeinen Partikel. Feinstaub ist mit bloßem Auge nicht wahrzunehmen. Lediglich während bestimmter Wetterlagen kann man Feinstaub in Form einer „Dunstglocke“ sehen.“ 3.3.3/2 UBA

Weiter informiert das UBA, dass der Feinstaub in der Außenluft sowohl global als auch in Deutschland der Risikofaktor sei, dem nach heutigem Kenntnisstand die höchste Krankheitslast zugeschrieben werden könne.

„Bereits vorhandene Berechnungen des Umweltbundesamtes zeigen zum Beispiel für das Jahr 2015 eine Krankheitslast von circa 41.500 attributablen Todesfällen und etwa 406.500 verlorenen Lebensjahren.“ 3.3.3/3 UMID

Europäische Grenzwerte oder WHO-Richtwerte?

2013 wurde eine Studie internationaler Autoren (Frankreich, Italien, Irland, Schweden, Österreich, Spanien) zu gesundheitlichen Auswirkungen der städtischen Luftverschmutzung in Europa veröffentlicht. In den 25 untersuchten Städten war die größte gesundheitliche Belastung auf die Auswirkungen der chronischen Belastung mit Feinstaub-PM 2,5 (PM = „Particulate Matter“) zurückzuführen.


Die Autoren errechneten, dass eine Absenkung des Feinstaub-PM 2,5-EU-Jahresmittelwertes auf 10 μg/m3 (das ist der WHO-Richtwert) bei der Hälfte der Städte die Lebenserwartung der damals 30jährigen Personen um durchschnittlich mehr als 6 Monate erhöhen würde, bzw. je nach Stadt bis zu 22 Monate. Das entspricht insgesamt 19.000 verzögerten Todesfällen.

Der damit verbundene monetäre Gewinn würde sich auf etwa 31 Mrd. € jährlich belaufen, einschließlich Einsparungen bei den Gesundheitsausgaben, Fehlzeiten und immateriellen Kosten wie Wohlbefinden, Lebenserwartung und Lebensqualität. 3.3.3/4 Pascala et al.


Die Zahl der Menschen, die aufgrund der Feinstaubbelastung nicht versterben, sondern über Jahre- oder Jahrzehnte chronisch krank sind, übertrifft vermutlich mehrfach die Zahl der Verstorbenen.

Im Vergleich: WHO-Richtwerte und EU-Grenzwerte


WHOEU: Air Quality Directive
PM 2,5 Feinstaubpartikel (aerodynamischer Durchmesser kleiner als 2,5 μm)10 μg/m3 Jahresmittelwert.25 μg/m3 24-h-Maximum (max. 3 Überschreitungen)25 μg/m3 Jahresmittelwert
PM 10 Feinstaubpartikel (aerodynamischer Durchmesser kleiner als 10 μm)20 μg/m3 Jahresmittelwert.50 μg/m3 Tagesmittelwert(max. 3 Überschreitungen)40 μg/m3 Jahresmittelwert50 μg/m3 Tagesmittelwert(max. 35 Überschreitungen)

Durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern während der Silvesterfeiern entstehen ca. 15 Prozent der Menge an Feinstaub, die vom Verkehr und der Industrie während des gesamten Jahres ausgestoßen werden.

Das Positionspapier der DGP

Atmen: Luftschadstoffe und Gesundheit war das Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V./DGP überschrieben, das im November 2018 veröffentlicht wurde. 3.3.3/5 DGP Experten vom Helmholtz Zentrum München, von der Charité – Universitätsmedizin Berlin, der Universität Bielefeld und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf fassten, unter der Federführung des Helmholtz Zentrums München, den aktuellen Stand der epidemiologischen Studien zu den Gesundheitseffekten von Luftschadstoffen zusammen – unter Berücksichtigung der Evidenz } Siehe Kapitel 30.1 aus experimentellen bzw. kontrollierten Studien.

Das Dokument informiert über folgende Luftschadstoffe: Stickoxide (NOX, NO2), Ozon (O3), Feinstaub (unter besonderer Berücksichtigung der Größenfraktionen PM10 und PM2.5), Kohlenstoffmonoxid (CO) und Schwefeldioxid (SO2).

Anhand einer Vielzahl von Studien zeigen die Autoren, dass durch chronische Mikroentzündungen auf den Oberflächen, die sie durchlässiger machen für schädliche Umweltfaktoren, nicht nur die Lunge geschädigt wird – auch Herzinfarkt und Schlaganfall, Diabetes Typ-2 und Schwangerschafts-Diabetes, Demenz und weitere Erkrankungen gehen auf dieses Konto. Besonders betroffen sind vulnerable Gruppen: Ältere oder chronisch/multisystemisch erkrankte Menschen sowie kleine Kinder.

Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO ist Luftverschmutzung der wichtigste umweltbedingte Risikofaktor für Erkrankungen – und das, obwohl der Schadstoffausstoß in den letzten Jahrzehnten bereits stark gesenkt wurde. Die gesundheitlichen Auswirkungen sind jedoch nach wie vor hoch, so dass das Positionspapier sich vor allem mit der Fragestellung der Gesundheitsgefährdung bei geringerer Schadstoffbelastung befasste. Das Autorenteam betonte (auf Seite 9 des Dokuments):

„Negative Gesundheitseffekte treten auch unterhalb der derzeit in Deutschland gültigen europäischen Grenzwerte auf. Bisher konnte für die wissenschaftlich gut untersuchten Schadstoffe keine Wirkungsschwelle identifiziert werden, unterhalb derer die Gefährdung der Gesundheit ausgeschlossen ist.“

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin forderte von der Politik, der Industrie und der Bevölkerung ein Umdenken und stellte vier Forderungen zu Maßnahmen zur Luftreinhaltung auf (auf Seite 7 des Dokumentes), von denen viele, so die Autoren, zu erheblichen Co-Benefits durch die gleichzeitige Reduktion von Klimagasen, Lärm, Landverbrauch und innerstädtischer Aufheizung führen würden. Der Schirmherr der Veranstaltung, bei der das Positionspapier vorgestellt wurde, Michael Hennrich (MdB), betonte in seiner Eröffnung die Bedeutung der DGP-Initiative für Deutschland und Europa:

„Umweltschadstoffe verursachten allein in Europa jährlich Kosten von 280 Milliarden Euro, 5,2 Millionen Lebensjahre gingen verloren. Gesunde Luft für alle sei ein zentrales Ziel. Hierfür gelte es, vom isolierten Betrachten einzelner Luftschadstoffe und Maßnahmen wegzukommen und stattdessen die Zusammenhänge in den Fokus zu nehmen.

Professor Klaus Rabe, Präsident der DGP, kritisierte die bislang eher schwache Lobby für Umweltmedizin und wies auf die vielfältigen gesundheitlichen Folgen von erhöhter Luftschadstoffbelastung hin. In der Diskussion käme zudem der Aspekt der Prävention bislang zu kurz.“ 3.3.3/6 Helmholtz

Pollen, Klima und Luftschadstoffe

Unter der Überschrift Klimawandel beeinflusst Pollenflugzeit verwies Prof. Traidl-Hoffmann, die Direktorin der Hochschulambulanz für Umweltmedizin am Universitätsklinikum Augsburg, in einem Interview auf weitere Zusammenhänge zwischen Umweltschadstoffen, Klimawandel und steigender Allergiehäufigkeit.

„Erstens beeinflusst der Klimawandel die Pollenflugzeit. Pollen wie die Hasel fliegen deshalb früher im Jahr, andere über einen längeren Zeitraum. Zweitens produzieren einige Pflanzenarten bei höherem CO2-Gehalt der Luft deutlich mehr Pollen. Und drittens steigern Umweltschadstoffe wie Ozon selbst die Allergenität der Pollen.“

Prof. Traidl-Hoffmann weist darauf hin, dass verschiedene Effekte sich gegenseitig verstärken.

„In mehreren Versuchen konnten wir zeigen, dass Umweltschadstoffe, wie Ozon, Feinstaub oder Stickoxide, den Pollen selbst verändern. Allergieauslösende Proteine und andere proentzündliche Substanzen werden vermehrt darin produziert und sogar neuartige Allergene gebildet. Pollen beherbergen außerdem ein spezifisches Mikrobiom auf ihrer Oberfläche, also ein eigenes Ökosystem aus Mikroorganismen. Auch das Mikrobiom wird durch Umweltschadstoffe negativ beeinflusst. Die Summe dieser Faktoren bewirkt letztlich eine erhöhte Pollenallergenität.

Andererseits wissen wir, dass die Umweltschadstoffe nicht nur auf die Pollen wirken, sondern auch auf uns selbst, den Menschen. Sie machen zum Beispiel die Lunge empfänglicher für allergische Reaktionen wie das allergische Asthma.“ 3.3.3/7 Helmholtz-Gemeinschaft 2021

In der Live-Sendung ARD alpha-demokratie plädierte die Professorin dafür, die individuelle Belastung durch Luftschadstoffe messbar zu machen. Notwendig sei der Einsatz intelligenterer Kraftstoffe und neuer Technologien, z. B. persönliche Apps für Radler, die anzeigen, wo die Luftbelastung gerade besonders hoch ist. Des Weiteren müsse, wie bereits im Koalitionsvertrag festgeschrieben, die Prävention von Krankheiten gefördert und die Wissenschaftskommunikation verbessert werden. 3.3.3/8 ARD

3.3.4 Elektromagnetische Felder/„Elektrosmog“

Was versteht man unter EMF?

Die Gesamtheit unterschiedlicher elektromagnetischer Felder/EMF wird umgangssprachlich als „Elektrosmog“ bezeichnet. Häufige Quellen elektromagnetischer Felder (EMF) sind z. B.:

 Hochfrequente elektromagnetische Strahlung oder kurz Hochfrequenz (3 MHz bis 300 GHz).

 Niederfrequente elektrische und magnetische Felder im sogenannten ELF-Bereich (3 Hz bis 3 kHz).

 Strahlung im VLF Bereich (very low frequencies: im Allgemeinen von 3 kHz bis 3 MHz), werden durch Oberschwingungen und Verzerrungen von Spannung und Strom verursacht.

Technische Quellen der EMF sind allgegenwärtig, z. B.:

 Rundfunk- und Fernsehantennen, WLAN-Access Points (auch z. B. in öffentlichen Verkehrsmitteln), WLAN-Router und WLAN-Clients (z. B. Computer, Tablets, Fernseher), Schnurlos- und Mobiltelefone einschließlich ihrer Mobilfunkbasisstationen, Bluetooth-Geräte, intelligente Zähler („smart meter“) und Baby-Monitore, die hochfrequente Strahlen aussenden.

 Beleuchtungsmittel (z. B. Energiesparlampen), Elektrische (Haushalts-)Geräte wie Induktionsherde, medizinische Geräte z. B. in Ambulanzen und Krankenhäusern, smarte Klimaanlagen, smarte Autos.

 Infrastrukturen zur Bereitstellung von Elektrizität, Hochspannungsleitungen.

Möglicherweise krebsverursachend

Die Internationale Agentur für Krebsforschung/IARC schätzt hochfrequente elektromagnetische Felder (RF-EMF) als möglicherweise beim Menschen Krebs verursachend (Gruppe 2B) ein.

„Aufgrund der weit verbreiteten Nutzung von schnurlosen Telefonen (Mobil- und Schnurlostelefone) war eine Bewertung der wissenschaftlichen Evidenz zum Hirntumorrisiko notwendig. So wertete die International Agency for Research on Cancer (IARC) bei der WHO im Mai 2011 die damals veröffentlichten Studien aus. Das wissenschaftliche Gremium kam zu dem Schluss, dass hochfrequente (HF) Strahlung von Mobiltelefonen und anderen Geräten, einschließlich Schnurlostelefonen, die ähnliche nichtionisierende elektromagnetische Feldstrahlung (EMF) im Frequenzbereich von 30 kHz-300 GHz aussenden, eine Gruppe 2B, d.h. ein „mögliches“ Humankarzinogen ist. Die Entscheidung der IARC zu Mobiltelefonen basierte hauptsächlich auf Fall-Kontroll-Studien am Menschen durch die Hardell-Gruppe aus Schweden und die IARC Interphone-Studie. Diese Studien lieferten unterstützende Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Hirntumore, d.h. Gliome und Akustikusneurinome [gutartiger Tumor des Ohres, die Autorin].“ [Ü.d.A.] [Wissenschaftliche Belege in der angegebenen Quelle] 3.3.4/1 Carlberg, Hardell

2017 lässt die Meta-Analyse der oben zitierten schwedischen Wissenschaftler Carlberg und Hardell keinen Zweifel über die Korrelation von Mobiltelefonnutzung und dem Risiko der Entstehung von Gehirnkrebs:

Die Meta-Analyse ergab OR = 1,90, 95 % CI = 1,31–2,76. Die Ergebnisse sind konsistent mit einem statistisch signifikant erhöhten Risiko für Gliome. [Ü.d.A.] 3.3.4/2 Carlberg, Hardell


Dennoch geht die Weltgesundheitsorganisation WHO weiterhin davon aus, dass die vorliegenden Beweise nicht ausreichen, um eine quantitative Senkung der Grenzwerte zu rechtfertigen.Hochfrequenzstrahlung (HF) in Zusammenhang mit Mobiltelefonnutzung wird auch vom Bundesamt für Strahlenschutz/BfS nicht als Karzinogen der Kategorie 1 eingestuft.

Zum Thema „Einstufung hochfrequenter elektromagnetischer Felder durch die IARC“ informiert das Bundesamt für Strahlenschutz/BfS (Stand 25.04.2020):

„Nach Einschätzung der IARC gibt es nach gegenwärtigem Kenntnisstand begrenzte Hinweise auf eine krebserregende Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf den Menschen. Die Hinweise konnten in den vom BfS im Rahmen seines Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms und danach initiierten Studien nicht bestätigt werden. Das BfS hat daher festgestellt, dass nach dem wissenschaftlichen Kenntnisstand keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch hochfrequente Felder – etwa aus dem Mobilfunk – zu erwarten sind, wenn die Grenzwerte eingehalten werden.“ 3.3.4/3 BfS


Diese Argumentation beruht auf Studien, die lediglich sogenannte thermische (wärmebezogene) – nicht aber biologische EMF-Wirkungen als relevant einschätzen.

Nicht untersucht, bzw. als relevant erachtet werden biologische Faktoren wie: Veränderung des Herzrhythmus, der Gen-Expression, im Stoffwechsel, in der Entwicklung der Stammzellen, DNA-Schäden, erhöhte Anzahl freier Radikale, Lern- und Gedächtnisdefizite, beeinträchtigte Spermienfunktion und -qualität.

Ein Wissenschaftskrimi – der „Wiener Fälschungsskandal“

Die sogenannte REFLEX-Studie war ein von der Europäischen Union gefördertes Projekt, das von der Stiftung für Verhalten und Umwelt durchgeführt wurde. Untersucht wurden mögliche Schädigungen des Erbguts durch hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF). Die von 2000 bis 2004 durchgeführte Studie zeigte, dass Mobilfunkstrahlung in isolierten menschlichen Zellen die Gene schädigen könne. 3.3.4/4 REFLEX

Die Studie war über Jahre dem Vorwurf der Fälschung ausgesetzt, das führte zu einem Rechtsstreit vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Bremen. Auf der Webseite der Interessenvertretung diagnose:funk, die über gesundheits- und umweltschädigende Wirkungen elektromagnetischer Felder informiert, wird die ausgelöste Kontroverse geschildert:

„Die Reflexstudie ist gefälscht – Handystrahlung löst keine Tumore aus!“ – konsterniert lasen wir 2008 im Spiegel, der Süddeutschen, in nahezu der gesamten Presse diese Meldung. Politiker beteten diese Entwarnung beruhigt hoch und runter. Schnell wussten wir aber aus Berichten der beteiligten Wissenschaftler, dass die Studien sauber durchgeführt wurden. Aber die Deutungshoheit hatten damals die Mobilfunkindustrie und Medien, die nicht richtig hingeschaut haben. Dass daraus ein Wissenschaftskrimi wurde, mit Rufmord, Prozessen, Zerstörung von Existenzen, der zwar gleich als Skandal entlarvt, aber erst 2020 juristisch abgeschlossen werden wird, ahnten wir nicht. [...]

Im Dezember 2020 fiel das endgültige Urteil: Die Fälschungsbehauptungen gegenüber der REFLEX-Studie dürfen nicht mehr wiederholt werden. Anders gesagt: Die Ergebnisse der REFLEX-Studie von 2004, dass die Mobilfunkstrahlung ein gentoxisches Potential [auf isolierte menschliche Zellen] hat, sind richtig. [...] Das wurde inzwischen direkt und indirekt durch weitere groß angelegte Studien bestätigt, zuletzt durch die NTP-, Ramazzini-, die AUVA-Studien und viele Einzelstudien, bestätigt in vielen Reviews.“ [Ergänzung durch die Autorin; Studien sind im Originaltext verlinkt] 3.3.4/5 diagnose:funk

Nationale und internationale Appelle

Es gibt eine lange Reihe nationaler und internationaler Appelle, initiiert v.a. von Ärzten und Wissenschaftlern, die ein Umdenken im allzu sorglosen Umgang mit EMF forderten und fordern, z. B. Scientists call for Protection from Non-ionizing Electromagnetic Field Exposure. (Stand März 2018: 237 Wissenschaftler aus 41 Nationen hatten unterzeichnet.) Die Wissenschaftler erklärten unmissverständlich:

„Zahlreiche aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen haben gezeigt, dass elektromagnetische Felder lebende Organismen bereits bei Werten beeinflussen, die weit unterhalb der meisten internationalen und nationalen Richtlinien liegen“. [Ü.d.A.] 3.3.4/6 International appeal


⇒ Weitere InformationenLyon, Bordeaux, Marseille: Die Bürgermeister von 11 Großstädten fordern ein Moratorium für 5GOriginalartikel (französich) Lyon, Bordeaux, Marseille : les maires de 11 grandes villes demandent un moratoire sur la 5G. 08.10.2020. 3.3.4/7 lejddDer Große Rat des Kantons Genf fordert Moratorium für die 5G- (und 4G+-)Technologie in der gesamten Schweiz von der Bundesversammlung. Eingereicht: 3.3.2020. 3.3.4/8 diagnose:funkProf. J. C. Lin zur NTP-Studie: Eindeutige Beweise für das Krebsrisiko der Mobilfunkstrahlung. Ein ehemaliges ICNIRP-Mitglied (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection/ICNIRP), fordert Revision der Mobilfunk-Grenzwerte. 4.9.2018. 3.3.4/9 diagnose:funkDiagnose: Funk„Das Ziel von diagnose:funk ist, über gesundheits- und umweltschädigende Wirkungen elektromagnetischer Felder, wie sie durch Handys, Smartphones, Mobilfunkantennen, WLAN, DECT und weitere Elektrosmogquellen verursacht werden, sowie über die psycho-sozialen Auswirkungen digitaler Medien aufzuklären.“ Zitat aus der Webseite. 3.3.4/10 diagnose:funkKomptenzinitiative„Die Kompetenzinitiative zum Schutz von Mensch, Umwelt und Demokratie e.V. ist eine internationale, interdisziplinäre und überparteiliche Fachvereinigung insbesondere von Wissenschaftlern, Ärzten, Juristen und Technikern. Sie engagiert sich für einen zeitgemäßen Gesundheits- und Umweltschutz vor allem auf dem Gebiet des Mobil- und Kommunikationsfunks.“ Zitat aus der Webseite. 3.3.4/11 KompetenzinitiativeWirkungen des Mobil- und KommunikationsfunksEine Schriftenreihe der Kompetenzinitiative zum Schutz von Mensch, Umwelt und Demokratie e.V. Herausgeber: Prof. Dr. rer. nat. Klaus Buchner et al. Heft 11. Elektrohypersensibilität Risiko für Individuum und Gesellschaft. Mit Beiträgen von Franz Adlkofer, Christine Aschermann, Frank Berner, Bernd Irmfrid Budzinski, EUROPAEM Arbeitsgruppe EMF, Karl Hecht, Lebrecht von Klitzing, Wilfried Kühling, Peter Ludwig, Werner Thiede. Saarbrücken, 1. Auflage August 2018. 3.3.4/12 diagnose.funk

Was erwartet uns in naher Zukunft?

Die 5. Mobilfunkgeneration/5G soll schon bald „das smarte Internet der Dinge“ ermöglichen: wie z. B. autonomes Fahren, digitale Industrie, digitale Landwirtschaft und digitale Logistik. Die flächendeckende Infrastruktur mit vollständiger Abdeckung auch des ländlichen Raums soll durch Millionen neuer 5G-Basisstationen auf der Erde und durch ein Netzwerk aus Kleinsatelliten erreicht werden. Der Satelliten-Schwarm wird die Erde in 1.000 km Höhe umkreisen.


Menschen, Tiere und Pflanzen werden sich somit schon bald global und unausweichlich in einem Strahlenmeer befinden.

3.4 Die Summenbelastung – ein Menschheitsexperiment


Ein melting pot an StressfaktorenWir haben gesehen, dass sowohl wahrnehmbare wie auch nicht wahrnehmbare Faktoren unsere Gesundheit beeinflussen, bzw. schädigen. Das Ausmaß dieser synergistisch wirkenden Einflüsse wird unterschätzt und führt zu einer unangemessenen Sorglosigkeit.

Es gibt mehrere Gründe für diese Sorglosigkeit:

 Es handelt sich vorwiegend um allmähliche Veränderungen.

 Es geht immer um mehrere Faktoren, die systemisch zusammenwirken.

 Viele Faktoren liegen unter der Wahrnehmungs-Schwelle.

Reizüberflutung, Ereignisdichte, Innenweltverschmutzung

Reizüberflutung und Ereignisdichte üben permanent Einfluss auf unseren Organismus aus. Auch in Phasen ohne akute Belastung kehren wir kaum mehr auf ein normales Ruhe- und damit Regenerationsniveau zurück. Diese eher wahrnehmbaren Einflüsse wurden in Kapitel 3.1 beschrieben, sie sind Thema vieler Forschungsarbeiten. Viel weniger untersucht sind die Wirkungen von Umweltschadstoffen, Strahlung und Partikeln, die als „Innenweltverschmutzung“ unabhängig von wahrnehmbaren Stressoren schon allein und erst recht in Kombination nachhaltige körperliche und psychische Veränderungen nach sich ziehen können.


Die kollektive, multifaktorielle GrundbelastungJeder Einzelne ist heute mehr oder weniger diesem Grundrauschen von wahrnehmbaren und unterschwelligen Stressfaktoren ausgesetzt. Die Synergie dieser Faktoren fördert subklinische Entzündungen und damit chronisch-entzündliche Erkrankungen.Chronisch entzündliche Erkrankungen sind in den vergangenen fünf Jahrzehnten um das zehn- bis 15-fache angestiegen.

Zu den chronisch-entzündlichen Krankheitsbildern zählen z. B. Asthma, Typ 1 Diabetes, Multiple Sklerose und die diversen Formen von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED). Dieser Anstieg ist nicht durch genetische Faktoren erklärbar. Es sind primär Umwelteinflüsse, die zur Entstehung chronisch-entzündlicher Erkrankungen führen, zunehmend auch bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.


Das bedeutet, dass Merkmale, die vorindustriell eine Variante des menschlichen Lebens darstellten, z. B. eine genetisch bedingte Minderleistung der Entgiftung, der Entzündungs- oder der Stress-Antwort, unter den heutigen Lebensbedingungen zu einem Krankheitsgenerator werden.

Antwort auf Zellgefahren

In Kapitel 27.3 wird die von Prof. Robert K. Naviaux erforschte „Antwort auf Zellgefahren“ (Englisch: Cell-Danger-Response/CDR) beschrieben. Die CDR ist eine archaische und universelle Antwort auf Bedrohung, Stress oder Verletzungen.


Leben auf SparflammeProf. Naviaux fasst zusammen, dass Mitochondrien durch chronische Stressbelastungen mit der Zeit ihre natürliche Fähigkeit zur Homöostase und zur Selbstregulation verlieren. Die synergistische Summenbelastung führt zur Entstehung unterschiedlichster Stressoren-bedingter Erkrankungen, weil der Organismus nicht mehr regeneriert.

Die Antwort auf Zellgefahren, Cell-Danger-Response/CDR

„Wenn die CDR ausgelöst wird, werden die Prioritäten eines mehrzelligen Organismus zurückgesetzt, um das Überleben zu optimieren. Die CDR ist so grundlegend für das Überleben aller Lebewesen, dass die gleichen Kernverteidigungen von Stoffwechsel, Entzündung, Immunität, Mikrobiom, Gehirnfunktion, Schlafmuster und Verhaltensänderungen durch viele verschiedene Arten von Bedrohungen aktiviert werden. Das können vielfältige Bedrohungen sein wie eine Infektion, Vergiftung, physische oder psychische Traumata, die immer das gleiche stereotype Krankheitsverhalten auslösen. Diese stereotype Reaktion auf Gefahr umfasst Rückzug aus sozialem Kontakt, Aktivierung der angeborenen Immunität, verminderte Verständigung, unterbrochener Schlaf, Kopf-, Muskel- und Bauchschmerzen, Veränderungen im Darmmikrobiom und erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Berührung, Klang und Licht, die viele Menschen erleben, wenn sie die Grippe haben, oder sich von einer schweren Verletzung erholen.

Es ist die CDR, die diese bekannten Zeichen und Symptome produziert. Auf zellulärer Ebene kann die Reaktion auf die Zellgefahr erst ausgeschaltet werden, wenn die Zelle das endgültige „alles in Ordnung“ Signal empfängt. Bis dahin bleibt die CDR in einer sich wiederholenden Schleife stecken, die weitere Heilung blockiert, um die wahrgenommene Gefahr auszumerzen. Dies kann zu Langzeitleiden, Behinderungen und chronischen Krankheiten führen. Nur wenn eine Zelle Sicherheit wahrnimmt, kann sie vollständig heilen.“ [Ü.d.A.] [Quellenverweise im Original] 3.4/1 Naviaux


Abb. 3.4/1 Schutz und Schadfaktoren

3.4.1 Cocktail-Effekte


Kombinationseffekte sind real. Sie relativieren jegliche Aussagen über „unbedenkliche“ Grenzwerte.

Fukushima: Systemische Effekte

Im März 2011 wurde Japan von einem Erdbeben mit darauffolgendem Tsunami getroffen. Die Kühlung im Atomkraftwerk fiel aus und es kam zum Super-GAU. Das Risiko eines Erdbebens war berechnet worden, ebenso das Risiko eines Tsunami. Das Auftreten beider Faktoren gleichzeitig und die systemischen Folgen – dafür waren die Vorsorgemaßnahmen nicht ausgerichtet.


Der Fukushima-Effekt im ImmunsystemDerzeit werden Grenzwerte z. B. von Schadsubstanzen linear berechnet, d.h. es wird erforscht, welche Folgen eine Substanz im Organismus erzeugt. Systemische, kumulative, synergistische Effekte werden ausgeblendet.

Wirkformen von Substanzen, Gasen, Strahlung

Synergistische Wirkung:

Die Wirkung der Noxen ist unterschiedlich, sie wirken interaktiv und verstärken einander: Die potenzielle Schädigung „im Team“ ist stärker.

Antagonistische Wirkung:

Noxen wirken gegenläufig, sie schwächen einander: Die potenzielle Schädigung ist geringer.

Additive, kumulative Wirkung:

Die Wirkung der Noxen ist identisch und summiert sich.

Unabhängige Wirkung:

Die Wirkung der Noxen ist unterschiedlich, aber es kommt nicht zu Wechselwirkungen.

Pestizid-Cocktail

Eine der wenigen Studien, die die sogenannten „Cocktail-Wirkungen“ von Chemikalien erforschten, wurde von einem französischen Autorenteam 2018 veröffentlicht. Dabei wurden zehn trächtige Ratten einer Mischung aus acht Pestiziden ausgesetzt, denen Menschen in der Bretagne üblicherweise ausgesetzt sind. Die Metabolomik-Analyse zeigte mehrere Unterschiede zwischen den Muttertieren der Versuchsgruppe gegenüber der unbelasteten Vergleichsgruppe, insbesondere im Plasma, in der Leber und im Gehirn. Die modifizierten Metaboliten waren am TCA-Zyklus, an der Energieproduktion und -speicherung, am Lipid- und Kohlenhydratstoffwechsel sowie am Aminosäuren-Stoffwechsel beteiligt. Die Autoren vermuten, dass die Pestizidmischung oxidativen Stress induzieren kann, der mit mitochondrialen Funktionsstörungen und der Beeinträchtigung des Glukose- und Lipidstoffwechsels einhergeht – auch wenn keine einzelne Chemikalie in Konzentrationen vorhanden war, die als „toxisch“ definiert ist. 3.4.1/1 Bonvallot et al.

Cocktail Studie

Eine weitere „Cocktail-Studie“, die im August 2020 als Preprint veröffentlicht wurde, untersuchte die Auswirkungen einer Mischung von sechs Pestizidwirkstoffen, die jeweils in der gesetzlich zulässigen Tagesdosis an Ratten verabreicht wurden. Offensichtliche Veränderungen wie z. B. beim Körpergewicht konnten nicht festgestellt werden. Veränderungen zeigten sich aber in der Zusammensetzung des Mikrobioms sowie bei der Expression von 257 Genen. Bei der Methylierung von Genen zeigte sich ein Unterschied zu unbehandelten Ratten von 10 %. 3.4.1/2 Mesnage et al.

Joghurtbecher und Co.

2019 wurde in der Zeitschrift Environmental Science & Technology eine Laborstudie der Forschungsgruppe PlastX unter der Leitung des Instituts für sozial-ökologische Forschung veröffentlicht. Die Untersuchung von 34 Alltagsprodukten aus acht verschiedenen Kunststofftypen wie Joghurtbecher, Trink- und Shampoo-Flaschen ergab, dass drei Viertel der Produkte schädliche Chemikalien enthielten. Je nach Typ und Anwendung werden dem Basismaterial auf Erdölbasis Zusatzstoffe wie Weichmacher, Stabilisatoren oder Farbstoffe zugesetzt, während des Produktionsprozesses entstehen zudem zahlreiche Neben- oder Abbauprodukte.

„In dem komplexen Herstellungsprozess von Kunststoffen entsteht ein regelrechter Cocktail an Substanzen, von denen wir einen Großteil überhaupt nicht kennen“,

sagte die Leiterin der Forschungsgruppe PlastX, Carolin Völker.


Von 1.400 Substanzen konnten im Labor nur 260 identifiziert werden. Die Autorengruppe konnte, außer für Bisphenol A, dessen schädliche Wirkung belegt ist, keine Aussagen über potenzielle Gesundheitsrisiken für Verwender der Kunststoffprodukte machen.

„Etwas mehr als 80 Prozent aller nachgewiesenen Substanzen konnten wir mithilfe chemischer Analysen nicht identifizieren“, sagt Zimmermann. „Das heißt, wir wissen zum Großteil nicht, womit wir es in den Kunststoffprodukten zu tun haben. Und wenn wir die Chemikalien nicht kennen, können wir auch nicht bestimmen, ob sie sicher für Mensch und Umwelt sind“. 3.4.1/3 Zimmermann et al.

Arzneimittel-Rückstände im Wasser


Laut der OECD-Studie Pharmaceutical Residues in Freshwater von 2019 wurden über 150 pharmazeutische Spurenstoffe in Wasser nachgewiesen. Deutschland nimmt dabei neben den USA, Frankreich, Spanien und Großbritannien einen Spitzenplatz ein.

Jährlich gelangen Hunderte Tonnen von Medikamenten in die Umwelt. Es gibt mehr als 4.000 arzneiliche Wirkstoffe, bei den meisten (bei Humanarzneimitteln: 88 %) sind die Auswirkungen auf die Umwelt nicht erforscht. Stoffgemische aus Arzneimittelrückständen und anderen Mikroverunreinigungen haben komplexe Wirkungsweisen. Unser Trinkwasser gilt für Menschen als sicher – aber schon sehr geringe Konzentrationen dieser Substanzen (im Nanogrammbereich) können fatale Folgen für Wasserlebewesen haben. Informationen über Herbizid-Rückstände im Grundwasser finden Sie auf den Webseiten des Umweltbundesamtes.

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9783754949412
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