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1.1.1.2.2Prozesskontrolle

Im Unterschied zum Gasaufkohlen bei Normaldruck ist eine Simulation des Niederdruckaufkohlens nicht Stand der Technik. Stattdessen wird der Prozessverlauf experimentell festgelegt. Die Treffsicherheit vorhandener Simulationsprogramme hängt von der Qualität der verfügbaren Eingangsdaten, beispielsweise für den Kohlenstoff-Massenstrom während der Aufkohlungsabschnitte ab. Gegenwärtig sind die Abhängigkeiten des Massenstroms von Gasart, Temperatur, Stahlsorte und Randkohlenstoffgehalt sowie die genauen Zusammenhänge und die Kinetik von Bildung und Wiederauflösung der Carbide nicht hinreichend bekannt.

Bild 1-25:Niederdruckaufkohlen des Stahls 20MnCr5 in der Thermowaage /Ste06-1/, /Ste12/

Vielfach wird daher mit angepassten/gefitteten Daten mit entsprechender Unsicherheit gearbeitet /Alt98/. Üblicherweise werden die erforderlichen Daten aus Versuchen abgeleitet. Durch Integration über die Zeit berechnete Kohlenstoff-Massenströme hängen dann signifikant von der Dauer der Aufkohlungsabschnitte ab. Allein dies kann zu deutlichen Abweichungen führen. Ein anderer Weg, Daten für die Massenstromwerte zu ermitteln, ist das Messen mit der Thermowaage. Hierbei können die Abhängigkeiten genauer erfasst werden. Ein Beispiel zeigt Bild 1-25. Hier wurde die spezifische Gewichtsänderung einer Probe aus dem Stahl 20MnCr5 während eines 8-minütigen Aufkohlens bei 1050 °C in Propan gemessen.

Die Wechselwirkung zwischen dem bereits aufgebauten Kohlenstoffprofil und dem Aufkohlungsschritt, der auf einen Diffusionsschritt folgt, muss berücksichtig werden, siehe hierzu Bild 1-26. Dabei sind zwei Abhängigkeiten zu beachten:

- Ab dem zweiten Aufkohlungsschritt liegt ein höherer Randkohlenstoffgehalt vor, daher wird der Sättigungskohlenstoffgehalt früher erreicht.

- Abhängig vom vorliegenden C-Profil und dem geringeren C-Gradienten ändert sich die Diffusionsgeschwindigkeit.

Bild 1-26:Kohlenstoffmassenstrom und Randkohlenstoffgehalt während eines Mehrstufenaufkohlens /Ste06-1/

1.1.1.2.3Prozesstypische Erscheinungen

Ruß- und Teerausscheidungen

Bei zu hoher Kohlenstoffverfügbarkeit im Ofen kann Ruß entstehen. Aus diesem Grund muss die Begasungsrate der Chargenoberfläche angepasst werden. Zusätzlich können sich langkettige Kohlenwasserstoffe, z. B. Teer, durch komplexe Polymerisationsvorgänge bilden. Ruß und Teer werden vielfach in kalten Anlagenbereichen gefunden, besonders bei kontinuierlich arbeitenden Anlagen. Die Erscheinungen können durch niedrige Prozessdrucke und angepasste Begasungsraten minimiert werden. Ruß und Teer müssen manuell entfernt werden.

Randschichteffekte

Beim Niederdruckaufkohlen ist im Regelfall im Ofenraum kein Sauerstoff vorhanden, so dass eine Randschichtoxidation ausbleibt. Wenn jedoch eine Randoxidation beobachtet wird, rührt dies von Sauerstoff in porösen Ofenbauelementen her und/oder von dem auf der Oberfläche des Behandlungsgutes adhäriertem Sauerstoff. Wegen der fehlenden Randoxidation kann das Niederdruck-Aufkohlen im Vergleich zum normalen Gasaufkohlen als schädigungsfrei bezeichnet werden. Verfahrensbedingt ist jedoch mit anderen schädlichen Veränderungen der Randschicht zu rechnen:

- Effusion von Legierungselementen, insbesondere von Mangan, wodurch die Härtbarkeit der Randschicht verringert wird oder Effusion von Stickstoff, was zu einer Kornvergröberung führt, vgl. Bild 1-27

- Bildung von Carbiden auf den Korngrenzen bei nicht optimalen Behandlungsparametern, siehe Bild 1-28

- Angriff der Korngrenzen während des Aufkohlens, was als „thermisches Ätzen“ bezeichnet wird und als eine Kerbwirkung anzusehen ist /Cla03/. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand wird das „thermische Ätzen“ durch Carbidbildung während des Aufkohlens sowie Auflösen der Carbide während der Diffusion und Element-effusion hervorgerufen. In Bild 1-29 ist der Effekt deutlich zu sehen /Stn06/, /Ste06-2/, /Ste12/.

Bild 1-27:Grobkornbildung durch Stickstoffeffusion aus dem Randbereich

Bild 1-28:Randschichtschädigung durch Carbidbildung an den Korngrenzen

Bild 1-29:Randschichtschädigung durch thermisches Ätzen (Rückstreu-REM)

1.1.1.3Das Reaktionsmedium Plasma für Diffusionsbehandlungen

Ein Gasgemisch aus neutralen und angeregten Atomen bzw. Molekülen, positiven Ionen und freien Elektronen wird als Plasma bezeichnet. Das Plasma für Diffusionsprozesse entsteht, wenn in einem druckdichten, mit Gas gefüllten Behälter bei einem Druck zwischen 0,1 mbar und 30 mbar zwischen zwei im Behälter vorhandenen Elektroden eine Spannung angelegt wird. Die in jedem Gas vorhandenen wenigen positiven Ionen werden in Richtung Kathode beschleunigt. Beim Auftreffen werden Elektronen aus der Kathode herausgeschlagen und nehmen aus dem angelegten elektrischen Feld kinetische Energie auf. Damit werden weitere Atome und Moleküle angeregt und ionisiert und es fließt ein Strom. So entstehen im Niederdruckbereich die verschiedensten Formen von Gasentladungen, deren Strom-Spannungs-Kennlinie als Beispiel für das Edelgas Neon bei einem Druck von 1,33 mbar in Bild 1-30 dargestellt ist.

Charakteristische Daten von Niederdruckplasmen sind niedrige Ionisationsgrade von weniger als 10-4, d. h. unter 104 Gasteilchen befindet sich ein Gas-Ion, Entladungsspannungen von 150 V bis 5000 V, eine Stromdichte von ca. 1 mA/cm2, Leistungsdichten von 0,01 W/cm2 bis 10 W/cm2, Elektronendichten von 109 cm-3 bis 1012 cm-3 und eine mittlere Elektronenenergie zwischen 0,1 eV und 20 eV. Es herrscht kein thermisches Gleichgewicht zwischen Elektronen, Ionen und Neutralteilchen.

Bild 1-30:Strom-Spannungs-Kennlinie einer Gasentladung in Neon /Flü56/ bei p = 1,333 mbar, F = 1 cm2

Bild 1-31:Typischer Spannungsverlauf im Behandlungsraum bei Plasma- Diffusionsprozessen /Koh63/

Der Arbeitsbereich beim Plasmaaufkohlen liegt im Bild 1-30 zwischen den Punkten F und G, im Bereich der anomalen Glimmentladung. Die normale Glimmentladung ist für das Plasma nicht brauchbar, weil sich bei dieser Entladungsform der Glimmsaum nur lokal ausbildet und dadurch eine sehr unterschiedliche Stromdichte-Verteilung auf der Kathodenoberfläche vorliegt, wodurch das Aufkohlen ungleichmäßig wird.

Für die praktische Anwendung ist es wichtig, den Übergang von der anomalen Glimmentladung zur Bogenentladung, rechts von Punkt G, zu vermeiden, weil sich in der Bogenentladung die gesamte Plasmaenergie in einem relativ kleinen Brennfleck vereinigt, was einen Kurzschluss bewirkt. Dadurch wird die Werkstückoberfläche an dieser Stelle so stark überhitzt, dass Aufschmelzungen entstehen können. Die zum Erzeugen eines Plasmas benutzten Plasmageneratoren erkennen das Umschlagen der anomalen Glimmentladung in die Bogenentladung und schalten dann kurzfristig die Entladung aus. Auch die heute gebräuchliche gepulste Betriebsart der Plasmageneratoren bewährt sich stabilitätsfördernd für die anomale Glimmentladung.

Im Potentialverlauf zwischen den beiden Elektroden fallen rd. 80 % der Spannung kurz vor der Kathode ab, siehe Bild 1-31. Dieser Bereich wird als Kathodenfall oder Glimmsaum bezeichnet. Hier werden fast die gesamten für den Stromtransport verantwortlichen Ladungsträger erzeugt. Durch die hohe Zahl der An- und Abregungsprozesse wird der Kathodenfall durch sehr intensive Leuchterscheinungen von der übrigen Entladung optisch abgetrennt. Im Kathodenfall bilden sich so bezeichnete positive und negative Raumladungszonen. Der Glimmsaum schmiegt sich normalerweise der Geometrie eines im Plasma befindlichen, mit der Kathode kontaktierten Werkstücks an, siehe Bild 1-32. Die Breite des Glimmsaums der anomalen Glimmentladung ist direkt proportional zur Ladung der Ionen, der Entladungsspannung und der Temperatur und umgekehrt proportional zur Stromdichte, der Masse der Ionen (Gasart) und dem Druck.

Bild 1-32:Einfluss des Gasdrucks auf den Glimmsaum /Ede89/

Je nach der Werkstückgeometrie und den Anforderungen muss ein zweckentsprechender Druck oder die Gaszusammensetzung festgelegt werden, so führt z. B. die Zugabe von Argon zu einem dünneren Glimmsaum. Dabei muss darauf geachtet werden, dass sich in keinem Spalt oder keiner Bohrung eine so bezeichnete Hohlkathode – Bild 1-32 Mitte - ausbildet, da diese zu einem Überhitzen oder einem Aufschmelzen der Werkstückrandschicht führen kann. Dies wird dadurch bewirkt, dass die positiven Ionen des Glimmsaums beidseitig nur noch ein negatives Potential sehen. Durch Einstellen einer Breite des Glimmsaums von weniger als der Hälfte des Durchmessers einer kritischen Bohrung lässt sich dieser Effekt unterdrücken Mel93/, /Alt94/.

Um eine Entladung zu starten, muss eine Mindestspannung, die so bezeichnete Zündspannung, angelegt werden. Die Höhe der Zündspannung hängt ab von der Gasart, der Frequenz, der Ofengeometrie, dem Elektrodenmaterial, der magnetischen Flussdichte und dem als Paschengesetz bekannten Produkt aus Entladungsdruck und Elektrodenabstand. Unmittelbar nach dem Zünden kann die Spannung wieder deutlich abgesenkt werden. Als Beispiel für ein Plasma mit einem Stickstoff-Wasserstoff-Gemisch sind in Tabelle 1-5 Werte für Zünd-und Brennspannungen und Ionisationsenergien angegeben und Bild 1-33 zeigt die Abhängigkeit der Zündspannung zum Plasmazünden vom Druck und vom Abstand Kathode - Anode.

Tabelle 1-5:Zünd-, Brennspannungen und Ionisationsenergien /Grä00/



Bild 1-33:Zündspannung Uz zum Plasmazünden in Abhängigkeit vom Druck p und dem Abstand Kathode – Anode /Grä00/

1.1.1.4Plasma-Aufkohlen
1.1.1.4.1Verfahrenstechnik

Zum Plasmaaufkohlen werden Vakuumöfen benutzt /Hom84/, /Yon77/. Zusätzlich wird zwischen dem Werkstückträger und der metallischen Innenwand des Ofens durch einen Plasmagenerator eine Glimmentladung erzeugt. Damit wird der Zerfall der als Kohlenstoffspender benutzten Kohlenwasserstoffe, meist Methan oder Propan, intensiviert.

Bild 1-34:Schema einer gepulsten Entladung

Vorzugsweise arbeitet der Generator pulsierend, d. h. abwechselnd werden Entladungsphasen von Phasen ohne Entladung abgelöst, vgl. Bild 1-34. Die Stromdichte während eines Pulses ergibt sich aus der Arbeitsspannung und der Leitfähigkeit der verwendeten Gasmischung, die durch den Druck im Reaktionsraum und dem Partialdruck der Gase bestimmt wird. Über das so bezeichnete Tastverhältnis tv kann die für die Energiebilanz wirksam werdende mittlere Stromdichte gesenkt werden. Das Tastverhältnis tv ergibt sich aus:


ton ist die Pulsdauer, toff die Pausendauer. Mit dem Tastverhältnis wird der Energieeintrag durch das Plasma auf die Werkstücke gesteuert und damit der Wärmehaushalt beeinflusst.

Die Wirkung der verschiedenen Prozessgrößen auf die Stromdichte ist in nachstehender Tabelle 1-6 zu sehen.

Tabelle 1-6:Wirkung der Prozessparameter auf die Stromdichte


Faktoren, welche die mittlere Stromdichte absenken: Faktoren, welche die mittlere Stromdichte erhöhen:
steigender Wasserstoffanteil steigende Spannung
steigender Methananteil steigender Druck
sinkendes Tastverhältnis steigendes Tastverhältnis

Als Vorteil gegenüber dem Niederdruckaufkohlen erweist sich, dass Werkstückbereiche, die nicht aufgekohlt werden sollen, auf einfache Weise durch metallisches Abdecken gegen eine Kohlenstoffaufnahme geschützt werden können, sofern Methan und nicht Propan als Kohlenstoffspender benutzt wird /Col76/. In manchen Anwendungsfällen kann dies durch entsprechendes Gestalten der Werkstück-Aufnahmevorrichtung erreicht werden.

Bild 1-35:Einfluss des Prozessgasdrucks auf das Aufkohlen von Bohrungen /HoF94/

Im Unterschied zum Niederdruckaufkohlen erweist sich der Druck im Behandlungsraum maßgebend für die Aufkohlungsbedingungen in engen Bohrungen, Spalten und Zwischenräumen, da der Druck maßgeblich die Glimmsaumbreite bestimmt /Mel93/, /Alt94/. Dies wird in Bild 1-35 deutlich, in dem Härteprofile in einer Bohrung nach dem Aufkohlen bei unterschiedlichen Drucken wiedergegeben sind. Ein höherer Prozessgasdruck führt dazu, dass Spalte und Bohrungen besser beglimmt werden, was eine höhere Kohlenstoffübertragung ermöglicht.

Für das Plasmaaufkohlen gelten die gleichen grundsätzlichen Zusammenhänge, wie unter 1.1.1.3 für das Niederdruckaufkohlen dargestellt. Zu den Parametern des Niederdruckaufkohlens kommen jedoch Plasmaparameter hinzu. Maßgebend für den Massenstrom des Kohlenstoffs in die Werkstückrandschicht sind die Prozessparameter:

• Verwendeter Kohlenstoffspender

• Druck im Behandlungsraum

• Plasmastromdichte am Werkstück

• Entladungs-Spannung

• Verhältnis von Plasma-Puls zu Pause

• Verhältnis der Periodendauer Aufkohlungs- zu Diffusionsphasen

Bei Verwendung von Methan basiert die Kohlenstoffübertragung auf der Dissoziation von CH3+- sowie CH4+-Ionen und CH3-Radikalen und deren Beschleunigung in Richtung Werkstückoberfläche aufgrund des angelegten elektrischen Feldes, vergleiche Bild 1-36.

Dies kann als weitgehend temperaturunabhängig angesehen werden, da die Ionen und Radikale durch die anomale Glimmentladung erzeugt werden. Je nach Art des verwendeten Kohlenstoffspenders wird der Prozess zusätzlich durch Pyrolyse- und/oder Polymerisationsvorgänge beeinflusst.

Bild 1-36:Kohlenstoff-Übertragung beim Plasmaaufkohlen mit Methan /Ede89/

In Bild 1-37 sind schematisch die in der Aufkohlungsatmosphäre ablaufenden Vorgänge schematisch dargestellt.

Bild 1-37:Schematische Darstellung der Vorgänge in der Atmosphäre beim Plasmaaufkohlen /HoF94/

Während beim Niederdruckaufkohlen als Prozessgase Methan oder Propan zum Einsatz kommen, ist die Verwendung von Methan jedoch aufgrund seiner thermischen Stabilität unzweckmäßig. Wie in Bild 1-19 dargestellt ist, dissoziiert Methan bei einem Druck unterhalb von 10 mbar bzw. bei Temperaturen unterhalb von 1000 °C nicht oder nur wenig. Dies wird aber durch die Plasmaunterstützung geändert. Wird dagegen Propan verwendet, kommt zum Zerfall infolge der Plasmaanregung, ein thermischer Zerfall hinzu. Ein Oberflächenschutz gegen Aufkohlen durch Masken ist dann schwer möglich.


Bild 1-38:Typischer Prozess-Ablauf beim Plasmaaufkohlen /Ker00/

Durch das Plasmaaufkohlen kann insbesondere bei komplexer Werkstückgeometrie auch bei thermisch zerfallenden Aufkohlungsmitteln, wie z. B. Propan, die Gleichmäßigkeit der Aufkohlung weiter verbessert werden. Bild 1-39 gibt den Blick in den Ofenraum beim Plasmaaufkohlen wieder.

Bild 1-39:Blick in den Ofenraum beim Plasmaaufkohlen

1.1.1.4.2Einfluss von Plasmastrom- bzw. Plasmaleistungsdichte auf die Aufkohlungsergebnisse

Auch beim Plasmaaufkohlen entstehen bei zu hohem Kohlenstoffangebot Carbidausscheidungen. In Bild 1-40 ist der Zusammenhang zwischen der Plasmastromdichte und dem Randkohlenstoffgehalt bzw. der Aufkohlungstiefe dargestellt. Daraus wird deutlich, dass der Randkohlenstoffgehalt deutlich zunimmt, die Aufkohlungstiefe dagegen langsamer wächst als nach der Zunahme des Randkohlenstoffgehaltes zu erwarten wäre /Rem94/.

Bild 1-40:Einfluss der Plasmastromdichte auf Randkohlenstoffgehalt und Aufkohlungstiefe /Rem94/

Mit höherer Plasmastromdichte bzw. -leistungsdichte ist der Kohlenstoffmassenstrom größer. Somit hat die Plasmastromdichte eine ähnliche Wirkung wie die Begasungsrate beim Aufkohlen ohne Plasmaunterstützung. Daher kann beim Plasmaaufkohlen mit geringeren Begasungsraten gearbeitet werden als beim Niederdruckaufkohlen. Vergleiche hierzu die Bilder 1-41 und 1-42.

Bild 1-41:Zusammenhang zwischen Stromdichte und mittlerem Kohlenstoff-massenstrom bei unterschiedlichem Gasdurchfluss beim Aufkohlen des Stahls 16MnCr5 /Cla00/

Bild 1-42:Einfluss von Begasungsrate und Plasmastromdichte auf den mittleren Kohlenstoffmassenstrom am Beispiel des Stahls 16MnCr5 /Cla00/

Ein höherer Kohlenstoff-Massenstrom wirkt sich besonders dann positiv aus, wenn Werkstücke mit komplizierter Geometrie aufgekohlt werden sollen. Im Bild 1-43 wird dies an den Kohlenstoffprofilen in Sacklochbohrungen deutlich /Hof94/.

Bild 1-43:Einfluss unterschiedlicher Stromdichte auf die Kohlenstoffprofile in Bohrungen beim Aufkohlen mit Propan /HoF94/

Der Kohlenstoff-Massenstrom verringert sich, wenn das Puls-Pause-Verhältnis vergrößert wird, siehe hierzu 1-44.


Bild 1-44:Einfluss des Puls-Pausenverhältnisses auf den Kohlenstoffmassenstrom am Beispiel des Stahls 16MnCr5 /Cla00/

1.1.1.5Gegenüberstellung der unterschiedlichen Aufkohlungsverfahren

Jedes der bis hier beschriebenen Aufkohlungsverfahren weist im Hinblick auf die verschiedenen möglichen Anwendungsfälle spezifische Vorteile auf. Für die Auswahl sind daneben auch immer wirtschaftliche Gründe oder die Verfügbarkeit zu berücksichtigen. In der Tabelle 1-7 sind die wesentlichen Unterschiede der einzelnen Verfahrensgruppen gegenübergestellt. Sie geben Hinweise zum Bewerten der Gas-, Niederdruck- und Plasma-Aufkohlungsprozesse.

Tabelle 1-7:Gegenüberstellung der Verfahren zum Gasaufkohlen


1.1.2Carbonitrieren

Das Carbonitrieren ist eine Variante des Einsatzhärtens, bei der die Werkstückrandschicht vor dem Härten mit Kohlenstoff und Stickstoff angereichert wird. Dies kann sowohl gleichzeitig als auch nacheinander vorgenommen werden. Der Prozess läuft prinzipiell in den gleichen Schritten ab wie das Aufkohlen, vgl. Kapitel 1.1.1, allerdings muss berücksichtigt werden, dass eine Wechselwirkung zwischen Kohlenstoff und Stickstoff besteht und sich die Kohlenstoff- und Stickstoffaktivität gegenseitig beeinflussen.

Durch Carbonitrieren kann

- die Härtbarkeit der aufgekohlten Randschicht

- die Stabilität des Restaustenits

- die Anlassbeständigkeit der einsatzgehärteten Randschicht

- das Verschleißverhalten der einsatzgehärteten Randschicht

erhöht werden /Bri54/.

Das Carbonitrieren kann bei Normaldruck- oder im Niederdruckbereich durchgeführt werden.

1.1.2.1Carbonitrieren bei Normaldruck

Als Stickstoffspender wird beim Gascarbonitrieren gasförmiges Ammoniak benutzt, das dem Aufkohlungsmittel zugegeben wird. Ammoniak zerfällt in Stickstoff und Wasserstoff, gemäß


Der aus dem Ammoniakzerfall frei werdende Wasserstoff beeinflusst die anderen thermokinetischen Reaktionen des Kohlenstoffspenders. Die Beteiligung an der heterogenen Wassergasreaktion führt dadurch zu einem niedrigeren CO2-Gehalt und einem höheren Wasserdampfgehalt in der Ofenatmosphäre. Auch der CO-Gehalt verringert sich. Nach Untersuchungen von Chatterjee-Fischer und Schaaber /Cha69/ erniedrigt eine Ammoniakzugabe von z. B. 10 Vol-% - bezogen auf die dem Ofen zugeführte Gesamtgasmenge - den CO2-Gehalt von 1,0 Vol-% auf 0,645 Vol-% und den CO-Gehalt von 21,6 Vol-% auf 17,2 Vol-% bei einem vorgegebenen C-Pegel und einer Temperatur von 930 °C. Demgegenüber ist der Einfluss unterschiedlicher Ammoniakzugaben auf den Wasserdampfgehalt bzw. den Taupunkt deutlich geringer /Cha69/.

Durch die beschriebene Änderung der Zusammensetzung der Ofenatmosphäre wird ein höherer C-Pegel vorgetäuscht. Im Bild 1-45 ist dies nach den Ergebnissen von Salonen und Sulonen /Sal70/ am Beispiel eines 5 %-igen Ammoniakanteils bei Temperaturen von 850 °C, 875 °C, 900 °C und 925 °C dargestellt. Aus den Ergebnissen ist abzuleiten, dass sich beim Carbonitrieren der C-Pegel und die Nitrierwirkung über einen Nitrierpegel gegenseitig beeinflussen. Eine Änderung des Nitrierpegels über die Menge der Ammoniakzugabe bewirkt eine Änderung des C-Pegels und umgekehrt.

Ähnliche Ergebnisse sind in Bild 1-46 zu sehen. Dort sind für 850 °C, 925 °C und 950 °C die Auswirkungen eines Ammoniakanteils von 0 Vol-% bis 15 Vol-% auf den C-Pegel einer mit einer Sauerstoffsonde geregelten Atmosphäre dargestellt /Dav78/.

Bild 1-45:Einfluss der Ammoniakzugabe beim Carbonitrieren auf den Kohlendioxidgehalt /Cha69/

Bild 1-46:Einfluss der Ammoniakzugabe auf den C-Pegel einer CO2- und einer mit Sauerstoffsonde geregelten Atmosphäre /Dav78/

Zum Regeln der aufkohlenden Wirkung einer Carbonitrieratmosphäre müssen die Sollwerte für einen vorgegebenen C-Pegel entsprechend korrigiert werden. Die dafür erforderlichen Korrekturwerte sollten in dem jeweils benutzten Ofen ermittelt werden, da der Ammoniakzerfall auch vom Anlagenzustand abhängt. Die Korrektur kann, wenn ein Restgas-Ammoniak-Analysator vorhanden ist, über die Prozessregelung erfolgen /HoF88/, /Win11/.

Tabelle 1-8 zeigt den Einfluss der Ammoniakzugabe auf den CO- und H2-Gehalt sowie den tatsächlichen C-Pegel, wenn ein C-Pegelwert von 1,0 % eingehalten werden soll und die Wechselwirkung der Ofenatmosphäre mit dem Ammoniak nicht berücksichtigt wird.

Tabelle 1-8:Wirkung einer Ammoniakzugabe auf den tatsächlichen C-Pegel bei einer Atmosphärenregelung mit der Sauerstoffsonde


Die beim Carbonitrieren aufgenommenen Mengen an Kohlenstoff und Stickstoff lassen sich mit der Folienmethode nachweisen. In Bild 1-47 sind die Stickstoffgehalte von Reineisenfolien nach einem Carbonitrieren bei 780 °C, 850 °C und 930 °C wiedergegeben /Cha69/.

Bild 1-47:Stickstoffgehalte von Reineisenfolien in Abhängigkeit von der Carbonitriertemperatur und der Ammoniakzugabe /Cha69/

Das zusätzliche Anreichern der Randschicht mit Stickstoff verändert das Umwandlungsverhalten: Durch die Stickstoffaufnahme wird der Existenzbereich des Austenits erweitert und wie aus Bild 1-48 zu entnehmen ist, die Ac3-Temperatur deutlich erniedrigt.

Bild 1-48:Einfluss des Stickstoffs auf das Austenitgebiet /Pre66-1/

Das bewirkt bei untereutektoidischen Stählen, dass auch bei einer Temperatur unterhalb von Ac3 der Ausgangszusammensetzung, nach entsprechendem Anreichern der Randschicht mit Stickstoff, das zu Beginn des Carbonitrierens zunächst noch aus Ferrit und Austenit bestehende Gefüge, vollständig austenitisch wird. Dadurch nimmt dessen Lösungsvermögen für Kohlenstoff zu. Der nicht vom Stickstoff erreichte Randschichtbereich eines Werkstücks bleibt dagegen zweiphasig und besteht aus Ferrit und Austenit.

Auch die Lage der Acm-Linie im Fe-C-Zustands-Schaubild wird durch die Stickstoffaufnahme beeinflusst und zu höheren Kohlenstoffgehalten verschoben. Dies ermöglicht es, einen höheren C-Pegel vorzugeben bzw. das Risiko eines Überkohlens zu verringern, vgl. Bild 1-48.

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9783816900467
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