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1.1.2.1.1Die Wechselwirkung zwischen Kohlenstoff- und Stickstoffaktivität

Kohlenstoff und Stickstoff beeinflussen sich gegenseitig, es gilt:

aCFe = f (aCatm , aNFe)

und

aNFe= f (aNatm, aCFe)

Mit den von Kunze angegebenen Parametern können die Stickstoff- und Kohlenstoffgleichgewichtsgehalte von Carbonitrieratmosphären bestimmt werden, /Kun90/, /Kun96/.

Der Carbonitrierpegel

In Analogie zum Aufkohlen kann beim Carbonitrieren ein C-Pegel CPcarb sowie ein N-Pegel NPcarb vorgegeben werden. Dabei entspricht im Prinzip der C-Pegel beim Carbonitrieren dem beim Aufkohlen, jedoch mit einer Korrektur unter Berücksichtigung der Stickstoffaktivität. Der N-Pegel entspricht dem Randstickstoffgehalt unter Berücksichtigung der Kohlenstoffaktivität. Mit einer carbonitrierten Folie aus Reineisen kann die Summe der aufgenommenen Menge Kohlenstoff und Stickstoff, im einfachsten Fall durch Wägen, ermittelt werden.

Der Zusammenhang zwischen Kohlenstoffgehalt und Kohlenstoffpegel kann wie folgt angegeben werden:


entsprechend ergibt sich für den Stickstoffpegel NPcarb:


Der C-Pegel CP wird, wie im Abschnitt 1.1.1.2.3 beschrieben, bestimmt. Der Stickstoffpegel NP ergibt sich aus der Beziehung:


Für einen Carbonitrierprozess bei 850 °C mit einem Endogas, zusammengesetzt aus 20 Vol-% CO und 40 Vol-% H2, einer 5 %-igen Zugabe von Ammoniak sowie einem Ziel-Randkohlenstoffgehalt von 0,7 Masse-% und einem Ziel-Stickstoffgehalt von 0,3 Masse-% in Eisen ergeben sich folgende Kennwerte der Atmosphäre:

CP = 0,7/0,99 = 0,71

und

NP = 0,3/0,64 = 0,47

Dies lässt sich in eine Nitrierkennzahl umrechnen:

Unter der Annahme, dass der Ammoniak sich vollständig spaltet, ergeben sich die entsprechenden Partialdrücke:


oder 1611 ppm NH3 im Gasauslass bei Normaldruck.

1.1.2.1.2Anwendung des Carbonitrierens

Die industrielle Anwendung unterscheidet nach der Temperatur ein Carbonitrieren oberhalb Ac3 und ein Carbonitrieren unterhalb Ac3 des Ausgangszustands.

Das Carbonitrieren oberhalb Ac3 wird üblicherweise im gleichen Temperaturbereich durchgeführt wie das Aufkohlen, wobei die Zugabe des Stickstoffspenders entweder über die gesamte Prozessdauer oder aber erst gegen Prozessende erfolgt. In den meisten Anwendungsfällen ist es das Ziel, die Härtbarkeit der Randschicht zu erhöhen. Der Stickstoff wirkt dann wie ein die Härtbarkeit steigerndes Legierungselement. Der nach dem Härten vorliegende Martensit im Rand ist mit Stickstoff angereichert, was sowohl die Anlassbeständigkeit als auch das Verschleißverhalten verbessert. Der Aufbau des Kerngefüges wird bestimmt durch Härtetemperatur, Härtbarkeit und Werkstückquerschnitt. Weil Stickstoff auf den Austenit stabilisierend wirkt, können in der Einsatzhärtungsschicht aber höhere Anteile von Restaustenit vorliegen.

Das Carbonitrieren unterhalb Ac3 wird üblicherweise bei Temperaturen bis herab zu rd. 780 °C durchgeführt. Hiermit werden höhere Stickstoffgehalte in der Randschicht erzielt, vgl. Bild 1-48, und es kann – bei einer weiteren Temperaturabsenkung bis in den Bereich von 650 °C - sogar zur Ausbildung einer Verbindungsschicht kommen. Das nicht mit Stickstoff angereicherte Kerngefüge wird jedoch nur unvollständig austenitisiert und besteht nach dem Härten aus Martensit und Ferrit. Es ist somit „unterhärtet“.

Bild 1-49:Wirkung des Stickstoffs auf die Härtbarkeit am Beispiel der Stirnabschreckproben des unlegierten Einsatzstahls C15 /Mei82/

Für die Aufkohlungstiefe nach dem Carbonitrieren gilt das Gleiche wie für das Aufkohlen. Nach Ende der Behandlungsdauer wird zum Härten meist direkt abgeschreckt. Es ist davon auszugehen, dass wegen der die Härtbarkeit steigernden Wirkung des Stickstoffs etwas höhere Einsatzhärtungstiefen erreicht werden, in Bild 1-49 ist dies am Beispiel von aufgekohlten und carbonitrierten Stirnabschreckproben zu sehen.

Eine Besonderheit carbonitrierter Randschichten ist das gelegentliche Auftreten von Poren. Dies wird zurückgeführt auf eine Übersättigung des Austenits mit Kohlenstoff und Stickstoff und eine Rekombination von Stickstoffatomen zu Molekülen an Störstellen im Gefüge. Die Porenbildung soll bei mit Silizium beruhigten Stählen weniger deutlich auftreten als bei Stählen, die mit Aluminium beruhigt wurden. In Bild 1-50 ist das Zusammenwirken von Temperatur, CO2-Gehalt und Ammoniakzugabe auf die Porenbildung dargestellt.

Bild 1-50:Grenzen der Porenbildung in Abhängigkeit von Temperatur, CO2-Gehalt und Ammoniakzugabe /Dav78/

1.1.2.1.3Anlagen- und Chargeneinfluss beim Carbonitrieren

Der Ammoniakzerfall beim Carbonitrieren findet nicht nur an der Chargenoberfläche, sondern auch am Chargiergestell und den heißen Ofenkomponenten statt. Neue Anlagen haben sehr aktive Ofenwandungen, die noch nicht gesättigt sind und zu einem sehr hohen Ammoniakzerfall führen. Das bewirkt, dass eine konstante Ammoniakzugabe zur Atmosphäre – wie es beispielsweise bei Zugabe von 2 Vol-%, 3 Vol-% oder 5 Vol.-% zur Atmosphäre, entsprechend dem Stand der Technik, der Fall ist – zu unterschiedlichen Stickstoffgehalten in der Randschicht führt, vgl. Bild 1-51.

Bei dem Beispiel handelt es sich um ein Carbonitrieren in einer Glockenofenanlage. Der identische Prozess wurde einmal in einer alten, gesättigten Retorte und einmal in einer neuen Retorte durchgeführt. Man erkennt, dass in der neuen Retorte keine Randstickstoffgehalte über 0,3 Masse-% erzielt werden konnten, während in der alten Retorte bei geringeren Ammoniakzugaben bereits 0,6 Masse-% erreicht wurden.

Bild 1-51:Einfluss der Ofenauskleidung auf den Ammoniakzerfall und die Stickstoffaufnahme /Bis10/

Wenn nun statt einer konstanten Ammoniakzugabe der Restammoniakgehalt geregelt wird, ergibt sich ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Restammoniakgehalt im Abgas und dem Randstickstoffgehalt, siehe Bild 1-52. Dies ist die Basis für ein geregeltes Carbonitrieren. Bei neuen Öfen muss die Ofenauskleidung zunächst formiert werden, was einen höheren Gasbedarf erfordert oder es sollten Prozesse gefahren werden, bei denen nur geringe Randstickstoffgehalte notwendig sind.

Das Kohlenstoffangebot sollte so eingestellt werden, dass sich ein Randkohlenstoffgehalt von 0,6 Masse-% bis höchstens 0,7 Masse-% ergibt, um den Anteil an Restaustenit nach dem Härten möglichst gering zu halten.

Ähnlich wie beim Nitrieren oder Nitrocarburieren beeinflussen die im Stahl vorhandenen nitridbildenden Legierungselemente die Konzentration und den Tiefenverlauf des Stickstoffs. Dabei bewirkt das Aufsticken, auch wenn es erst gegen Ende des Prozesses vorgenommen wird, eine größere Aufkohlungstiefe. Durch die Eindiffusion des Stickstoffs wird die Kohlenstoffaktivität erhöht, was zu einer stärkeren Diffusion des Kohlenstoffs in das Werkstückinnere führt.

Bild 1-52:Abhängigkeit der Stickstoffaufnahme beim Carbonitrieren vom Restammoniakgehalt /Bis10/

1.1.2.2Niederdruckcarbonitrieren

Im Unterschied zum konventionellen Gascarbonitrieren ist es beim Niederdruck-Carbonitrieren zweckmäßig, den zusätzlichen Stickstoffspender Ammoniakgas nicht schon von Beginn des Aufkohlens an in den Ofen einzuführen, sondern erst in der Schlussphase, siehe hierzu die schematische Darstellung des Prozessablaufs in Bild 1-53.

Bild 1-53:Prozessablauf beim Niederdruckcarbonitrieren, schematisch

Die Zugabemenge von Ammoniak sollte so eingestellt werden, dass am Prozessende ein Randstickstoffgehalt von 0,25 bis 0,40 Masse-% erreicht wird. Höhere Stickstoffkonzentrationen führen zu einer Porenbildung in der Carbonitrierschicht, s. Bild 1-50. Durch Variation von Begasungsmenge und Aufstickungsdauer lässt sich das Stickstoff-Konzentrationsprofil in gewissen Grenzen beeinflussen /Akh77/, /Alt03/.

1.1.3Sonderverfahren
1.1.3.1Aufkohlen austenitischer Stähle bei Niedrigtemperatur

Die Korrosionsbeständigkeit austenitischer Stähle beruht auf dem hohen Anteil substitutionell gelöster Chromatome in einer Menge von mehr als 12 Masse-%. Dadurch kann an der Oberfläche von Werkstücken aus austenitischen rostfreien Stählen eine sehr dünne, thermodynamisch sehr stabile, passivierende Chromoxidschicht entstehen, die sich korrosionsbeständig verhält. /Spi10/. Beim Aufkohlen bei den üblichen Temperaturen werden die Chromatome jedoch zu Chromcarbid abgebunden. Dies erhöht zwar die Randschichthärte und die Verschleißbeständigkeit, führt andererseits aber zur lokalen Chromverarmung im äußeren Bereich der Werkstückrandschicht und somit zur Depassivierung der Werkstückoberfläche. Durch Behandeln bei niedrigen Temperaturen kann dagegen das Ausscheiden von Chromcarbiden unterdrückt bzw. so weit gehemmt werden, dass die Fähigkeit zur Passivierung erhalten bleibt. Nach einer temperaturabhängigen Inkubationszeit werden aber dann auch Chromcarbide ausgeschieden, nach Bild 1-54 erfolgt dies oberhalb der Linien für Plasmaaufkohlen bzw. Plasmanitrieren.

Bild 1-54:Grenztemperaturen für das Plasmanitrieren und Plasmaaufkohlen des Stahls X2CrNiMo17-12-2 /Bel01/, /Spi10/

Als Ergebnis dieser Variante des Aufkohlens stellen sich eine höhere Härte und damit ein höherer Verschleißwiderstand ein, jedoch bleibt der Korrosionswiderstand erhalten. Alternativ zum Aufkohlen kann ein Carbonitrieren, Nitrocarburieren bzw. Nitrieren in diesem Temperaturbereich – bevorzugt zwischen 350 °C und 450 °C - erfolgen.

Während sich bei hohen Aufkohlungstemperaturen bei diesen Stählen eine vorhandene Passivschicht als unproblematisch erweist, muss bei niedrigen Temperaturen die Werkstückoberfläche gezielt aktiviert werden. Häufig ist dies ein Voroxidieren, ein Strahlen als mechanisches Entpassivieren oder ein Beizen in sauren Medien zum chemischen Entpassivieren. Alternativ kommen auch Verfahren mit einer Plasmaunterstützung in Frage, bei denen die Passivschicht durch Sputtern mit Wasserstoff oder Argon entfernt wird /Spi10/.

Die mit Plasmaunterstützung aufgekohlten Randschichten sind zwar mit 10 µm bis 30 µm relativ dünn, besitzen aber eine hohe Härte, enthalten Massenanteile Kohlenstoff bis 4 % und besitzen hohe Druckeigenspannungen. Die erforderliche Behandlungsdauer erreicht eine Größenordnung von bis zu 100 Stunden.

Bei gleichzeitiger Eindiffusion von Kohlenstoff und Stickstoff wird die Kohlenstoffaktivität erhöht. Dies führt zu einer „Bergauf“-Diffusion, so dass eine äußere stickstoffreiche Schicht mit einer darunter liegenden kohlenstoffreichen Schicht entsteht, vergleiche Bild 1-55.

Bild 1-55:Konzentrationsprofile nach Nitrieren, Nitrocarburieren und Aufkohlen unterhalb von 400 °C beim Stahl X2CrNiMo17-12-2 /Mün09/

Im folgenden Beispiel wurden austenitische Stähle sowie ein ferritisch-austenitischer Duplexstahl 1.4462 mit und ohne Plasmaunterstützung niederdruckaufgekohlt. An diesem Stahl kann man den Einfluss der durchgeführten Wärmebehandlung auf die beiden Phasen Ferrit und Austenit erkennen. Das Plasmaaufkohlen erfolgte nach dem Vorsputtern bei einem Druck von 9 mbar in Methan mit Argon- und Wasserstoff-Anteilen. Das Niederdruckaufkohlen wurde bei einem Druck unterhalb von 10 mbar mit organischen Kohlenstoffspendern bei 350 °C bis 450 °C durchgeführt, um Ausscheidung von Chromcarbiden zu unterdrücken. Für eine ausreichende Schichtdicke war für beide Verfahren eine Aufkohlungsdauer von 24 h notwendig.

Die Versuche zum Plasmaaufkohlen haben gezeigt, dass ein Gemisch aus Argon, Wasserstoff und Methan zu den besten Ergebnissen führt, wobei nicht ein höherer Anteil an Methan im Reaktionsraum, sondern ein höherer Anteil an Wasserstoff und Argon zu dickeren und gleichmäßigeren Diffusionsschichten führt. Hierdurch kann auch während des Aufkohlens eine zusätzliche Sputterwirkung erzielt werden, was den Kohlenstoffeintrag erhöht.

Behandlungen mit Ethin (C2H2) ergeben im Vergleich zu Propan (C3H8) deutlich dikkere und gleichmäßigere Diffusionsschichten für alle untersuchten austenitischen Werkstoffe. Dies beruht darauf, dass Ethin schon bei Temperaturen von ca. 300 °C thermodynamisch instabil ist und vollständig in C und H zerfällt, wodurch prozentual im Vergleich zu Propan mehr atomarer Kohlenstoff in der Atmosphäre vorhanden ist.

In Tabelle 1-9 sind die charakteristischen Prozessparameter des Aufkohlens im Niederdruckbereich mit und ohne Plasmaunterstützung gegenübergestellt.

Tabelle 1-9:Verfahrensparameter zum Niederdruckaufkohlen von austenitischen Stählen


Bild 1-56 zeigt die Randschicht des plasmaaufgekohlten austenitischen Stahls X2CrNiMo18-14-3. Im randnahen Bereich ist eine Schicht zu sehen, in der die Korngrenzen nicht mehr erkennbar sind.

Das Ätzverhalten dieser äußeren Randbereiche weist auf eine Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit hin. Die Diffusionsschicht ist sehr gleichmäßig mit einer Dikke von 24 µm bis 30 µm und ohne Carbidausscheidungen ausgebildet /HoF94/.

Bild 1-56:Randschicht einer plasmaaufgekohlten Probe aus dem austenitischen Stahl X2CrNiMo18-14-3 im Lichtmikroskop /Gün01/

Bild 1-57:Lichtmikroskopische Aufnahme des plasmaaufgekohlten semi-austenitischen Stahls X2CrNiMoN22-5-3 /Gün01/

Der semi-austenitische Duplexstahl X2CrNiMoN22-5-3 unterscheidet sich dagegen deutlich von dem austenitischen Werkstoff, siehe Bild 1-57. Hier liegen stark geätzte, schwarze Bereiche neben scheinbar unbeeinflussten Bereichen vor. Aufgrund der höheren Diffusionsgeschwindigkeit des eindiffundierenden Kohlenstoffs im Ferrit bildet sich in den beiden Phasen Austenit und Ferrit eine ungleichmäßige Diffusionsschicht aus. Die Dicke der Diffusionsschicht im Ferrit wird so durch die Diffusionsgeschwindigkeit selbst bestimmt. Die Diffusionsgeschwindigkeit im Austenit wird zusätzlich durch die höhere Kohlenstoffkonzentration im benachbarten Ferrit beeinflusst. Im Ferrit erhält man hierdurch immer dickere Diffusionsschichten. Nach einem Aufkohlen ohne Plasmaunterstützung liegt ein ähnlich aussehendes Gefüge vor und wegen der schwierigeren Depassivierung sind die Schichten meist dünner /HoF94/.

1.1.3.2Aufkohlen bei hoher Temperatur – Hochtemperaturaufkohlen

Die Aufkohlungsgeschwindigkeit wird bei ausreichendem Kohlenstoffangebot durch die Diffusionsgeschwindigkeit bestimmt und nimmt mit der Temperatur zu. In Bild 1-58 ist der Zusammenhang zwischen der Temperatur, dem C-Pegel und der Aufkohlungstiefe At0,35 dargestellt. Daraus ist ersichtlich, dass z. B. bei einer Aufkohlungstemperatur von 950 °C rd. 20 Stunden lang aufgekohlt werden muss, um beim Stahl 16MnCr5 eine Aufkohlungstiefe von 2,0 mm zu erhalten. Wird die Temperatur auf 1050 °C erhöht, ist dagegen nur eine Dauer von 10 h erforderlich. Das bedeutet eine 50 % kürzere Aufkohlungsdauer. Damit wird deutlich, dass es zweckmäßig sein kann, höhere Aufkohlungstemperaturen zu wählen, um große Aufkohlungstiefen in wirtschaftlich vertretbarer Zeit zu erreichen /Cha85/, /HoF98/, /Lie10/.

Bild 1-58:Zusammenhang zwischen Aufkohlungstiefe, Aufkohlungstemperatur und Aufkohlungsdauer am Beispiel des Stahls C15 und einem C-Pegel von 1,0 % C /Lie10/

Die Wahl einer hohen Aufkohlungstemperatur stößt jedoch in der industriellen Praxis an Grenzen. Zum einen muss bei großer Aufkohlungstiefe, d. h. bei entsprechend langer Aufkohlungsdauer, mit Kornwachstum gerechnet werden. Dies erfordert die Verwendung von mikrolegierten Feinkornstählen, die speziell Titan oder Niob enthalten, wodurch das Kornwachstum behindert wird.

Alternativ dazu lässt sich eine Kornvergröberung begrenzt auch durch ein so bezeichnetes Rückfeinen wieder reduzieren. Dazu wird nach dem Aufkohlen entweder bis auf Raumtemperatur abgekühlt oder auf eine Temperatur von ca. 600 °C bis 650 °C abgekühlt, ausreichend lange auf dieser Temperatur gehalten und anschließend wieder auf Härtetemperatur erwärmt und gehärtet, /Hip01/, /Cla01/, /Hör72/.

Zum anderen reduzieren höhere Temperaturen die Lebensdauer bestimmter Ofenbauteile. In Anlagen zum Gasaufkohlen bei Normaldruck hat sich daher in der Praxis eine Aufkohlungstemperatur von 980 °C bis maximal 1000 °C bewährt. Wichtig ist es, zu beachten, dass mit höherer Temperatur auch das Lösungsvermögen des Austenits zunimmt, so dass es zweckdienlich ist, dies mit einem höheren C-Pegel zu nutzen. Noch höhere Temperaturen können beim Niederdruckaufkohlen in Vakuumöfen angewendet werden.

1.1.3.3Aufkohlen in sauerstofffreien Atmosphären

Aufkohlen in sauerstofffreien Atmosphären hat den Vorteil, dass damit eine Eindiffusion von Sauerstoff unter Bildung der so bezeichneten „inneren“ Oxidation oder Randoxidation unterbleibt. Praktisch gelingt dies z. B. in einer Atmosphäre aus reinem Propan. In solchen Atmosphären ist ein herkömmliches Regeln über den C-Pegel nicht möglich. Stattdessen wird der Prozess durch periodisch aufeinanderfolgende Schritte von Aufkohlen und Diffusionsglühen gesteuert, um ein Überkohlen der Werkstückrandschicht und/oder eine Rußbildung im Ofen oder an der Werkstückoberfläche zu vermeiden /Zim92/.

1.1.3.4Aufkohlen mit hohen Randkohlenstoffgehalten – Excess Carburizing

Wird mit einem Kohlenstoffangebot aufgekohlt, bei dem das Lösungsvermögen des Austenits bei der jeweiligen Temperatur überschritten wird, entstehen in der Werkstückrandschicht bei Stählen mit Carbid bildenden Legierungselementen wie Chrom oder Molybdän entsprechende Carbide. Durch solche Gefüge kann das Verschleißverhalten bei starker Abrasion verbessert werden. Bei derartiger Beanspruchung wird vom so bezeichneten „excess carburizing“ Gebrauch gemacht. Auch bei diesem Verfahren ist ein herkömmliches Regeln über den C-Pegel nicht möglich, /Nak92/, /Wan86/, /Zim92/.

1.1.4Härten, Anlassen, Tiefkühlen

Die gewünschten Gebrauchseigenschaften erhalten aufgekohlte oder carbonitrierte Werkstücke erst durch Härten und nachfolgendes Anlassen.

Das Härten kann in unterschiedlicher Weise durchgeführt werden und sich direkt oder nach einem zwischengeschobenen Bearbeiten, z. B. Richten oder Zerspanen, an das Aufkohlen anschließen. Nach dem Carbonitrieren wird aber meist direkt gehärtet.

Entsprechend dem Kohlenstoff-Konzentrationsprofil unterscheidet sich das Umwandlungsverhalten innerhalb der aufgekohlten Randschicht gegenüber dem nicht aufgekohlten Kernbereich des Werkstücks. Dies erfordert eigentlich graduell abgestufte, unterschiedliche Temperaturen, von denen aus zum Härten abgeschreckt wird. Der höhere Randkohlenstoffgehalt benötigt nämlich eine niedrigere Temperatur als der im Kohlenstoffgehalt unveränderte Kern. Zu beachten ist auch, dass im Kern die Austenitumwandlung bei höherer Temperatur beginnt und endet als im Rand. Außerdem besitzt die aufgekohlte Randschicht gegenüber dem Kern eine höhere Härtbarkeit. Die in den Bildern 1-59 und 1-60 als Beispiel wiedergegebenen ZTU-Schaubilder für den Kern und den beispielsweise auf einen Kohlenstoffgehalt von 1,0 Masse-% aufgekohlten Bereich der Randschicht des Stahls 16MnCr5 lassen dies deutlich erkennen.

Bild 1-59:ZTU-Schaubild für kontinuierliches Abkühlen des Stahls 16MnCr5 /Orl73/

Daraus ergibt sich die Möglichkeit, zum Härten von einer an den Rand- oder Kern-kohlenstoffgehalt angepassten Temperatur abzuschrecken. Für den Rand genügen z. B. bei den Einsatzstählen Temperaturen zwischen 780 °C und 860 °C, für den Kern sind dagegen 800 °C bis 900 °C notwendig. Die erforderliche Abkühlgeschwindigkeit hängt davon ab, welche Gefügezustände in Rand und Kern erreicht werden sollen und richtet sich nach der Werkstückabmessung und der Härtbarkeit des verwendeten Stahls.

Bild 1-60:ZTU-Schaubild für kontinuierliches Abkühlen des auf 1,0 Masse-% Kohlenstoff aufgekohlten Stahls 16MnCr5 /Orl73/

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9783816900467
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