Читать книгу: «Gender@Wissen», страница 7

Шрифт:

Differenzen, oder: Zur Genealogie der Identität. Gender Trouble

Judith Butler, deren Studie Gender Trouble die Geschlechterforschung der 1990er-Jahre maßgeblich geprägt hat, kritisiert Irigarays ,monolithische und monologische männ­liche Ökonomie‘ nicht zuletzt dafür, dass sie die kulturelle und historische Spezifizität geschlechtlicher Unterdrückungsmechanismen nicht erfassen kann.43 An die Stelle solcher ,totalisierenden feministischen‘ Gesten soll eine Analyse treten, die danach fragt, wie einander überlagernde Differenzkategorien (neben gender z. B. race und class) soziale Prozesse des Ausschlusses, der Diskriminierung und Hierarchisierung organisieren.44 Butler rekurriert hier auf die Kritik an den universalisierenden Konzepten des mainstream-Feminismus, die schon seit den 1970er-Jahren von schwarzen, lesbischen und anderen minorisierten Frauen geäußert worden war. Nicht als Erste, aber mit nachhaltigerem Erfolg als ihre Vorgängerinnen, ruft Butler dazu auf, die Kategorie „Frauen“, die die feministische Theorie zu lange vorausgesetzt hat, kritisch auf ihre Entstehung und Funktionsweise hin zu befragen. Im Rekurs auf Michel Foucault verwendet Butler für dieses Projekt den Begriff der Genealogie, der ein Gegenmodell zu hegemonialen Formen der Geschichtsschreibung bezeichnet. ,Genealogie‘ geht nicht von einer ursprünglichen Identität (z. B. einem geschichtsmächtigen Subjekt oder auch einem abstrakten Funktionsprinzip à la Hegelschem Weltgeist aus), sondern befragt die ,verstreuten‘ Ereignisse und Praktiken, Diskurse und institutionellen Bedingungen, durch die Identitätsformationen entstehen.45 Im Hintergrund dieses Konzepts deutet sich das Modell von Macht an, das Foucault in Der Wille zum Wissen ausformuliert hat: Herrschaftsbeziehungen sind nicht die Folge einer zentralen, gesetzgebenden Autorität, sondern das – veränderliche, notwendig instabile – Resultat andauernder, vielschichtiger und plural gerichteter Kraftvektoren.46 Diese ,produktive‘ Macht ,jenseits‘ der Identität aber strukturiert laut Foucault das gesamte soziale Feld; auch Subjektivitäten sind als ihr Effekt zu beschreiben.

Butler verknüpft diese foucaultschen Theoreme mit den Modellen der Psychoanalyse und Dekonstruktion, um die von ihr angestrebte ,radikale Kritik der Kategorien [<< 66] der Identität‘ zu entwerfen.47 So gerät gender als ein soziosymbolischer Apparat der Produktion von Subjektivität in den Blick.48 Butler zufolge wird er maßgeblich – aber, siehe die foucaultsche Komplexitätsvorgabe, nicht allein – von den institutionalisierten Mächten des ,Phallogozentrismus‘ und der ,Zwangsheterosexualität‘ strukturiert. Die Argumentationsbewegung, mit der Butler die Identität des Geschlechts zersetzt, ist eine doppelte: Erstens problematisiert sie die Voraussetzung notwendiger Kohärenz zwischen den verschiedenen Dimensionen des Geschlechts. Nach den Vorgaben hegemonialer Norm / alität folgt aus sex (dem ,biologischen‘ Geschlecht) notwendig (ein entsprechendes, sprich: identisches) gender, und aus diesen beiden notwendig das Begehren nach einem Objekt entgegengesetzten Geschlechts. Sexualität wird hier also als zentraler Bestandteil des Geschlechts reflektiert. Potentiell ,subversiver‘ Gender Trouble beginnt, wo die ,metaphysische‘ Dreieinigkeit des Geschlechts aufgelöst wird. Zweitens aber greift Butler die Geste der Fundierung an, die sex als ,natürliche‘ Grundlage des Geschlechts voraussetzt: Im Rekurs auf feministische Forschungen zur Wissenschaftsgeschichte fragt sie, ob die ,natürliche Zweigeschlechtlichkeit‘ nicht als ebenso kulturell produzierte zu denken ist wie gender – womit die Unterscheidung zwischen sex und gender potentiell kollabiert. Die Kategorie des Geschlechts insgesamt erweist sich dann als performativ, d. h.: sie erzeugt erst die Identität, die sie vorgibt zu ,sein‘.49

Butler-Exegetinnen haben nicht zuletzt darüber gestritten, wie radikal die hier formulierte Auflösung der ,natürlichen‘ Grundlage von Identität zu lesen ist. Auch im Hinblick auf die Produktion von Identität selbst aber sind zwei – komplementäre – Lektüren möglich: Einerseits insistiert Butler, u. a. mit Lacan, darauf, dass Identität immer phantasmatisch ist; die Performanz des Geschlechts führt notwendig zu Effekten ,komödiantischen Scheiterns‘.50 Andererseits beschreibt sie, im Anschluss nicht zuletzt an den freudschen Begriff der Identifizierung, die Zwangsmechanismen, die die Kohärenz und Kontinuität einer Person effektiv herstellen.51 Die Zielrichtung von Gender Trouble jedoch ist eindeutig: Als Gegenentwurf zu den ,­Identitätspolitiken‘, die feste Einheiten voraussetzen, schlägt Butler vor, gerade die Inkohärenzen und Uneindeutigkeiten unserer Selbstwahrnehmungen und Zugehörigkeiten politisch produktiv [<< 67] zu machen. Auf der kollektiven Ebene kann dies eine Koalitionspolitik bedeuten, die auf der Akzeptanz von Divergenzen und Brüchen beruht, auf der individuellen – aber nicht weniger politischen – Ebene theatralische Inszenierungen von Geschlechts,identität‘ (z. B. durch Praktiken des drag), die deren Grundlosigkeit und Inkohärenz sichtbar machen.52

Butlers Gender Trouble ist – nicht zuletzt in Deutschland – kontrovers diskutiert worden: Ihre Auflösung der (,natürlichen‘ und vermeintlich auch körperlichen Fundamente von) Identität wurde von vielen Autorinnen als Bedrohung feministischer und anderer fortschrittlicher Politik wahrgenommen. Eine für unseren Zusammenhang zentrale Linie der Debatte ist in dem Band Der Streit um Differenz dokumentiert. Seyla Benhabib plädiert hier für das Festhalten an einem Identitätsideal (im Sinne von Kontinuität und Kohärenz), weil nur dieses ihrer Ansicht nach politische Handlungsfähigkeit ermöglicht. Im Anschluss an die besprochene philosophische Tradition von Hegel bis zur Kritischen Theorie werden „Autonomie und […] Ich-Identität“ noch einmal eng verknüpft und mit dem zeitgenössischen Begriff der „Handlungsfähigkeit“ zu einer Trias zusammengebunden, die als „regulatives Prinzip“ nachgerade angesichts der Zerbrechlichkeit des „Selbstgefühl[s] von Frauen“ unverzichtbar sei.53 In mancher Hinsicht allerdings modifiziert Benhabib das ,alte‘ Konzept der Identität auch. Im Rekurs auf – maßgeblich von Paul Ricœur inspirierte – neuere Erzähltheorien schlägt sie vor, „Kohärenz“ als „narrative Einheit“ zu verstehen: „Ich-Identität“ ist nicht nach dem Modell physikalischer Gleichheit, sondern als Leistung des Zusammenfügens jener (vielfältigen) Geschichten zu verstehen, in die wir verstrickt sind.54 Außerdem visiert sie im Hinblick auf die Identitätskritik der Kritischen wie feministischen Theo­rie ein Subjektkonzept an, in dem „autonome[…] Individualität“ mit „fließenden Ich-Grenzen“ vereinbar und ohne „Angst vor der Andersheit“ möglich ist.55

Butler akzeptiert den von Benhabib behaupteten Zusammenhang zwischen Handlungsfähigkeit und Identität nicht: Schon in Gender Trouble hatte sie betont, dass die performative Konstruktion des Geschlechts nicht im Gegensatz zu politischer agency [<< 68] steht. Dekonstruktion der Identität ist ihr zufolge nicht die Dekonstruktion der Politik, sondern die Voraussetzung neuer Politikformen.56 In ihrer Antwort auf Benhabibs Vorwürfe akzentuiert Butler dann, dass es ihr nicht um eine Verabschiedung des Subjektbegriffs zu tun ist – auch wenn ihre dekonstruktivistische Rhetorik das zuweilen nahelegen mag.57 Vielmehr sei das Subjekt als „die stets vorhandene Möglichkeit eines bestimmten Prozesses der Umdeutung (resignifying process)“ zu verstehen.58 Was genau damit gemeint ist, hat Butler in späteren Publikationen – insbesondere Excitable ­Speech (1997) – ausgeführt. Hier steht nicht länger das – oft als Kostümspiel missverstandene – Konzept theatralischer Geschlechtsperformanz im Zentrum ihrer Ausführungen, sondern ein linguistisch-rhetorisches Modell der Performativität. Im Anschluss an J. L. Austin wie Derrida betont Butler, dass Sprechakte in der Regel nicht vollständig erfolgreich sind. Dieser Umstand aber macht auch hegemoniale Regimes der Macht ,verletzlich‘; in den ,Lücken‘ ihres Funktionierens kann das marginalisierte Subjekt als kritischer Agent Handlungsfähigkeit erlangen. Im Rekurs auf Gayatri Spivak (und in der Sprache der Rhetorik) beschreibt Butler diesen Prozess des ,Zurücksprechens‘ als ,Katachrese‘, d. h. metaphorische Ersetzung einer fehlenden ‚wörtlichen‘ Bedeutung bzw. ‚missbräuchliche‘, d. h. umdeutende Verwendung von (hegemonialen, ausgrenzenden) Identitätskonzepten.59

Identität, ,postdekonstruktiv‘? Reformulierungen und Perspektiven

Nicht allein die von Butler genutzte Rhetorik bietet Möglichkeiten identitätskritischer Reformulierung von Subjektivität. So lässt sich z. B. auch Benhabibs Modell der Erzählung über ihre Vorgabe hinaus diesbezüglich weiterdenken:60 Literaturwissenschaftlerinnen wissen, dass Erzählungen nur streng normativen Ästhetiken zufolge [<< 69] allein im Zeichen der Kohärenz stehen. Ergänzend zu ihren Leistungen identitätsstiftender Verknüpfung lassen sich auch die offenen Fäden und Mehrdeutigkeiten von Erzählungen akzentuieren – ganz besonders im Hinblick auf die Erzählexperimente post / moderner Literatur. Entscheidend aber ist die Frage, ob bzw. in welchem Maße das Subjekt der Theorie (und politischen Praxis) weiterhin als kohärentes und kontinuierliches gedacht werden muss.61 Inwieweit stimmt es, dass Handlungsfähigkeit Kohärenz erfordert, inwieweit ist diese Annahme einfach der philosophischen Tradition verpflichtet, die beide verbindet? Und, andersherum gefragt: Inwieweit muss das Kohärenzparadigma relativiert werden, damit wir die Komplexität unserer Selbstwahrnehmungen und Zugehörigkeiten gedanklich fassen können?

• Letztere Überlegung bildet den Ausgangspunkt zahlreicher neuerer Überlegungen zu ,Identitäten‘. Ein Großteil von ihnen ist nicht im Rahmen der Geschlechterforschung selbst, sondern in angrenzenden Feldern entwickelt worden, doch – wie z. B. Butlers Bezugnahme auf Spivaks postkoloniale Theorie zeigt – auf vielfältige Weise in Dialog mit dieser getreten und für sie produktiv gemacht worden. Im gegebenen Rahmen kann nur schlagwortartig auf einzelne dieser Überlegungen verwiesen werden:

• Im Rahmen der queer studies ist Butlers Kritik der Kohärenz von ,Geschlechts-identität‘ z. B. von Eve K. Sedgwick ausgeweitet worden. Sie differenziert die Trias von sex, gender und Begehren noch einmal, indem sie u. a. zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung unterscheidet und die ,sexuelle Orientierung‘ einer Person in Fragen der Objektwahl, der Vorliebe für bestimmte Praktiken und Phantasien aufspaltet. Der Begriff queer, der in der Moderne nicht zuletzt als Gegenbegriff zu ,normal‘ funktioniert hat, bezeichnet das Feld der bei Sedgwick schier unendlichen Möglichkeiten, dass sich im Spiel dieser zahlreichen Ebenen Dissonanzen und Inkohärenzen einschleichen.62 Neben dieser Multiplikation von Identitätsfacetten akzentuiert der Begriff, der etymologisch zunächst Bewegungen des Durchquerens bezeichnet, auch die Beweglichkeit und Prozessualität von Identität.63

• Im Rahmen der postcolonial studies ist z. B. von Homi Bhabha die Performativität kollektiver, maßgeblich nationaler und kultureller Identitätsbildung verfolgt worden. [<< 70] Bhabha akzentuiert hier insbesondere das Moment der notwendigen ,Hybridität‘, d. h. das konflikthafte Ineinander von gegensätzlichen Elementen in ,Identitäts‘-Formationen.64 In der kontroversen Diskussion um die Nützlichkeit dieses Begriffes ist u. a. darauf verwiesen worden, dass die Produktion von ,Hybriditäten‘ noch kein Garant für ,Subversion‘, sondern auch als aktuelle Strategie der Herrschaftssicherung im Raum der Globalisierung zu begreifen ist.65 Darüberhinaus wird der Begriff von seiner problematischen Geschichte belastet: In den Rassetheorien des 19. Jahrhunderts bezeichnet Hybridität das – in der Regel als unfruchtbar imaginierte – Produkt der Verbindung zweier ,Rassen‘.66 Eine Alternative kann möglicherweise der religionshistorische Begriff des ,Synkretismus‘ bilden. Mit seinen Konnotationen der ,Verschmelzung‘ scheint er allerdings wieder in Richtung einer Zielvorgabe von Kohärenz zu führen,67 der gegenüber Bhabha gerade die Irreduzibilität von Differenz in der ,Identität‘ zu akzentuieren sucht: Jeglicher Versuch, unsere kollektiven Formationen als einheitlich zu begreifen, erweist sich als Gewalt gegenüber denen, die nicht der (in Deutschland z. B. weißen, christlichen) Norm entsprechen.

• Das bedeutet nicht, dass in den neueren Reformulierungen von ,Identität‘ allein das Moment der Differenz maßgeblich wäre. Im Rahmen der politischen Theorie z. B. hat Chantal Mouffe eine Verknüpfung beider Aspekte vorgeschlagen: Das Funktionieren eines Gemeinwesens erfordert, wie sie betont, Momente einer kollektiven Identität im Sinne von gemeinsamer Identifikation und Konsens (z. B. hinsichtlich der Gültigkeit von ethisch-politischen Grundsätzen moderner Demokratie).68 Das muss jedoch nicht heißen, dass das Gemeinwesen als homogener oder konfliktfreier Raum zu denken wäre. Im Gegenteil: Die Artikulation konfligierender Interessen sozialer Gruppen ist ein essentieller Bestandteil des von ihr – und Ernesto Laclau – imaginierten (radikal)demokratischen Prozesses.69 [<< 71]

Fragen lässt sich, inwieweit der Identitätsbegriff noch eine sinnvolle Bezeichnung solcher Rekonzeptualisierungen von Subjektivität und Gesellschaft darstellt. Zu konstatieren ist, dass er in der gegenwärtigen Diskussion nicht nur zur Beschreibung der – relativ – effektiven Schließungsprozesse genutzt wird, mit denen hegemoniale Diskurse Kohärenz und Kontinuität erzeugen, sondern darüber hinaus auch zur Markierung von diversen Spielarten der ,Nicht-Identität‘.70 Vielleicht wird dieser – in Butlers Sinne resignifizierende – Gebrauch im Laufe der Zeit dazu beitragen, Identität neu zu definieren, d. h. ihre etymologische Verknüpfung mit Einheits- oder wenigstens Kohärenzvorstellungen zu relativieren. Zu verweisen ist aber auch auf Alternativbegriffe, z. B. den der ,Positionalität‘, der in der gender-Theorie entwickelt wurde und die Vielschichtigkeit wie Veränderlichkeit von Subjektivität und sozialer Zugehörigkeit akzentuiert: In Leslie Adelsons Definition bezeichnet Positionalität das Set spezifischer sozialer und diskursiver Beziehungen, durch das die (verkörperte) agency eines Subjekts zu einem gegebenen Zeitpunkt konstituiert wird.71 Wie dieses – im Rekurs auf die Metaphorik des Raums gewonnene – Konzept für die world-wide-web-Gesellschaft des 21. Jahrhunderts ggf. zu reformulieren wäre, ist eine, soweit ich sehe, derzeit noch offene Frage. Untersuchungen zu Internet-Inszenierungen von geschlechtlicher und ethnischer Zugehörigkeit haben allerdings gezeigt, dass die soziosymbolischen ,Platzzuschreibungen‘ der europäischen Moderne auch unter den Vorzeichen der Virtualität auf komplexe Weise ,weiterspuken‘.72

Wie eingangs angedeutet, kann die Frage nach den Perspektiven von ,Identität(en)‘ seit der Jahrtausendwende gegensätzliche Antworten provozieren. Im Zuge der europäischen Einigung und der vielbeschworenen Globalisierung scheinen kollektive Identitäten in ihrer klassischen modernen Form, der (ethnisch definierten) Nation, kaum noch eine Zukunft zu haben. Allerdings haben gerade diese im Zuge des Auseinanderfallens des alten Osteuropa nach 1989 neue tödliche Konjunkturen erlebt; und die Ereignisse nach dem 11. September 2001 haben gezeigt, dass die moderne Diskursstrategie der Behauptung grundsätzlicher ,kultureller‘ Gegensätze (zwischen z. B. ,westlichem Liberalismus‘ und ,islamischem Fundamentalismus‘) im 21. Jahrhundert weiterhin effektiv funktioniert. Im theoretischen Feld differenzieren sich diese Bewegungen aus. Die weitverbreitete Abkehr von postmodernen Differenzparadigmen [<< 72] hat zu einer Renaissance universalistischer Paradigmen menschlicher Gemeinsamkeit geführt, die (z. B. in der kognitiven und Evolutionstheorie, aber auch in linkspolitischen Entwürfen wie denen Alain Badious) streckenweise Gefahr laufen, die ungebrochene Wirkmächtigkeit soziosymbolischer Differenzierungsprozesse qua Geschlecht oder race aus dem Blick zu verlieren.73 Unter Berücksichtigung ebendieser Wirkmächtigkeit sind alternative Universalismusentwürfe allerdings auch dezidiert als Kontrapunkt zu den ethnischen Schließungen des 21. Jahrhunderts entworfen worden.74 In den affect studies, die zu einem einflussreichen Paradigma der gender- und queer-Theorie geworden sind, hat sich die teilanaloge Abwendung von postmoderner Diskurstheorie demgegenüber als Weiterentwicklung dezidiert identitätskritischer Paradigmen im Zeichen von Prozess und Fluidität artikuliert, sei es im (antihumanistischen) Zeichen Deleuzianischer assemblage, sei es in dem phänomenologischer Kategorien z. B. der Orientierung.75 Zugleich verweisen Vermittlungsversuche (z. B. zwischen assemblage und dem – als statisch kritisierten – Konzept der Intersektionalität 76) auf die vielleicht zunehmende Bereitschaft, sich den Komplexitäten andauernder (Dis-)Identifizierungsprozesse zu stellen. Zu solchen Vermittlungen hat nicht zuletzt die transgender-Theorie mit vielschichtigen Konzeptualisierungen geschlechtlicher Identifizierung zwischen medizinischer, rechtlicher und sozialer Regulierung, subjektivem Erleben und politischer Artikulationsstrategie beigetragen.77 Im Zeichen solcher Komplexität kann die Geschlechterforschung weiterhin eine Menge produktiver Arbeit an der Identität – und ihrer andauernden Wirkmächtigkeit in hegemonialen, noch immer diskriminierenden und ausschließenden ebenso wie ermächtigenden alternativen Artikulationen – leisten. [<< 73]

Bibliographie

Ahmed, Sara, 2006: Queer Phenomenology. Orientations, Objects, Others. Durham.

Adelson, Leslie, 1993: Making Bodies, Making History. Feminism and German Identity. Lincoln.

Adorno, Theodor W. / Frenkel-Brunswik, Else / Levinson, Daniel J. / Sanford, R. Nevitt, 1950: The Authoritarian Personality. New York.

Adorno, Theodor W. / Horkheimer, Max, 1987: Dialektik der Aufklärung. In: ders.: Gesammelte Schriften. Bd. 5. Hg. v. Gunzelin Schmid Noerr. Frankfurt / M.

Alcoff, Linda, 1988: Cultural Feminism versus Poststructuralism. The Identity Crisis in Feminist Theory. In: Signs 13.3, S. 405 – 436.

Assmann, Aleida / Friese, Heidrun (Hg.), 21999: Identitäten. Erinnerung, Geschichte, Identität. Frankfurt / M.

Assmann, Jan, 21999: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. München.

Badiou, Alain, 2003: Saint Paul. The Foundation of Universalism. Palo Alto.

Balme, Christopher B., 1995: Theater im postkolonialen Zeitalter. Studien zum Theatersynkretismus im englischsprachigen Raum. Tübingen.

Beauvoir, Simone de, o. J.: Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau. Übers. v. Eva Rechel-Mertens u. Fritz Montfort. Gütersloh.

Benhabib, Seyla, 1993: Feminismus und Postmoderne. Ein prekäres Bündnis. In: dies. / Judith Butler / Drucilla Cornell / Nancy Fraser: Der Streit um Differenz. Feminismus und Postmoderne in der Gegenwart. Frankfurt / M., S. 9 – 30.

Benhabib, Seyla, 1995: Selbst im Kontext. Kommunikative Ethik im Spannungsfeld von Feminismus, Kommunitarismus und Postmoderne. Übers. v. Isabella König. Frankfurt / M.

Bhabha, Homi K., 1994: The Location of Culture. New York.

Bossinade, Johanna, 2000: Poststrukturalistische Literaturtheorie. Stuttgart.

Butler, Judith, 1990: Gender Trouble. Feminism and the Subversion of Identity. New York (dt. Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt / M. 1991).

Butler, Judith, 1993: Bodies that matter. New York.

Butler, Judith, 1993: Kontingente Grundlagen. Der Feminismus und die Frage der ,Postmoderne‘. In: Seyla Benhabib / Judith Butler / Drucilla Cornell / Nancy Fraser: Der Streit um Differenz. Feminismus und Postmoderne in der Gegenwart. Frankfurt / M., S. 31 – 58.

Butler, Judith, 1995: Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts, übers. v. Karin Wördemann. Berlin.

Butler, Judith, 1997: Excitable Speech. A Politics of the Performative. New York.

Butler, Judith, 2004: Precarious Life. The Power of Mourning and Violence. London, New York.

Butler, Judith, 2005: Giving an Account of Oneself. New York.

Cixous, Hélène, 1977: Weiblichkeit in der Schrift. Die unendliche Zirkulation des Begehrens. Berlin.

Derrida, Jacques, 1988: Randgänge der Philosophie. Hg. v. Peter Engelmann. Wien, S. 29 – 52.

Ecker, Gisela (Hg.), 1985: Feminist Aesthetics. Boston. [<< 74]

Erikson, Erik H., 1966: Identität und Lebenszyklus. Frankfurt / M.

Foucault, Michel, 31989: Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit. Übers. v. Ulrich Raulff u. Walter Seitter. Bd. 1. Frankfurt / M.

Foucault, Michel, 1987: Von der Subversion des Wissens. Hg. u. übers. v. Walter Seitter. Frankfurt / M.

Fraser, Nancy, 1993: Falsche Gegensätze. In: Seyla Benhabib / Judith Butler / Drucilla Cornell / Nancy Fraser: Der Streit um Differenz. Feminismus und Postmoderne in der Gegenwart. Frankfurt / M., S. 59 – 79.

Freud, Sigmund, 1992: Das Ich und das Es. Metapsychologische Schriften. Frankfurt / M.

Friese, Heidrun, 21999: Identität. Begehren, Name und Differenz. In: Aleida Assmann / dies. (Hg.): Identitäten. Erinnerung, Geschichte, Identität. Frankfurt / M., S. 24 – 43.

Fuss, Diana J., 1989: Essentially Speaking. New York.

Gallese, Vittorio, 2008: Empathy, Embodied Simulation, and the Brain. Commentary on Aragno and Zepf / Hartmann. In: Journal of the American Psychoanalytic Association 56, S. 769 – 781.

Griffith, Melanie, 1995: Feminism and the Self. The Web of Identity. London.

Hardt, Michael / Negri, Antonio, 2000: Empire. Cambridge, Mass.

Hegel, G. W. F., 71969: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse. Hg. v. Friedhelm Nicolin u. Otto Pöggeler. Hamburg.

Heinrichs, Gesa, 2001: Bildung, Identität, Geschlecht. Eine (postfeministische) Einführung. Königstein.

Honegger, Claudia, 1991: Die Ordnung der Geschlechter. Die Wissenschaften vom Menschen und das Weib 1750 – 1850. Frankfurt / M.

Hutto, Daniel D. (Hg.), 2007: Narrative and Understanding Persons. Cambridge.

Irigaray, Luce, 1977: Ce sexe qui n’en est pas un. Paris (dt. Das Geschlecht, das nicht eins ist. Berlin 1979).

Irigaray, Luce, 1980: Speculum. Spiegel des anderen Geschlechts. Übers. v. Xenia Rajewsky u. a. Frankfurt / M.

Kamper, Dietmar, 1980: Die Auflösung der Ich-Identität. In: Friedrich Kittler (Hg.): Die Austreibung des Geistes aus den Geisteswissenschaften. München, S. 79 – 86.

Kristeva, Julia, 1980: Das Subjekt im Prozeß. Die poetische Sprache. In: Jean-Michel Benoist (Hg.): Identität. Ein interdisziplinäres Seminar unter Leitung von Claude Lévi-Strauss. Stuttgart, S. 187 – 221.

Kristeva, Julia, 1978: Die Revolution der poetischen Sprache. Übers. v. Reinold Werner. Frankfurt / M.

Kristeva, Julia, 1990: Fremde sind wir uns selbst. Übers. v. Xenia Rajewski. Frankfurt / M.

Lacan, Jacques, 1975, 1980: Schriften I–III. Hg. u. übers. v. Norbert Haas u. a. Olten.

Laclau, Ernesto / Mouffe, Chantal, 1991: Hegemonie und radikale Demokratie. Zur Dekonstruktion des Marxismus. Hg. u. übers. v. Michael Hintz u. Gerd Vorwallner. Wien.

Lauretis, Teresa de, 1986: Technologies of Gender. Essays on Theory, Film, and Fiction. Bloomington.

Lindhoff, Lena, 1995: Einführung in die feministische Literaturtheorie. Stuttgart.

Mouffe, Chantal, 1995: Democratic Politics and the Question of Identity. In: John Rajchman (Hg.): The Identity in Question. New York, S. 33 – 45.

Nakamura, Lisa, 2000: Race in / for Cyberspace. Identity Tourism and Racial Passing on the Internet. In: David Bell / Barbara M. Kennedy (Hg.): The Cybercultures Reader. New York 2000, S. 712 – 720. [<< 75]

Osinski, Jutta, 1998: Einführung in die feministische Literaturwissenschaft. Berlin.

Puar, Jasbir, 2005: Queer Times, Queer Assemblages. In: Social Text 23.3/4, S. 121 – 139.

Puar, Jasbir, 2012: „I would rather be a cyborg than a goddess“. Becoming-Intersectional in Assemblage Theory. In: philoSOPHIA 2.1, S. 49 – 66.

Rajchman, John (Hg.), 1995: The Identity in Question. New York, NY.

Ricœur, Paul, 1996 [1990]: Das Selbst als ein Anderer. München.

Sedgwick, Eve Kosofsky, 1993: Tendencies. Durham, NC.

Spade, Dean, 2003: Resisting Medicine, Re / modeling Gender. In: Berkeley Women’s Law Journal 15, S. 15 – 37.

Stefan, Verena, 121978: Häutungen. München.

Straub, Jürgen / Renn, Joachim (Hg.), 2002: Transitorische Identität. Der Prozesscharakter des modernen Selbst. Frankfurt / M.

Taylor, Charles, 1994: Quellen des Selbst. Die Entstehung der neuzeitlichen Identität. Frankfurt / M.

Warner, Michael (Hg.), 1993: Fear of a Queer Planet. Queer Politics and Social Theory. Minneapolis.

Warner, Michael, 2000: The Trouble with Normal. Sex, Politics, and the Ethics of Queer Life. Cambridge, Mass.

Weber, Samuel, 1990: Rückkehr zu Freud. Jacques Lacans Ent-stellung der Psychoanalyse. Wien.

Weir, Alison, 1996: Sacrificial Logics. Feminist Theory and the Critique of Identity. New York.

Young, Robert J. C., 1995: Colonial Desire. Hybridity in Theory, Culture and Race. London.

Zima, Peter V., 2000: Theorie des Subjekts. Subjektivität und Identität zwischen Moderne und Postmoderne. Tübingen. [<< 76]

1 Bd. 10, 2., neubearb. Aufl., Mannheim u. a. 1987, S. 163.

2 G. Heinrichs, Bildung, Identität, Geschlecht. Eine (postfeministische) Einführung, Königstein 2001, S. 21 (im Rekurs auf zahlreiche andere AutorInnen).

3 A. Assmann / H. Friese, Einleitung, in: dies. (Hg.), Identitäten. Erinnerung, Geschichte, Identität, Frankfurt / M. 21999, S. 11 – 23, hier S. 11.

4 Vgl. ebd., S. 13.

5 Vgl. z. B. C. Honegger, Die Ordnung der Geschlechter. Die Wissenschaften vom Menschen und das Weib 1750 – 1850, Frankfurt / M. 1991.

6 Vgl. H. Friese, Identität. Begehren, Name und Differenz, in: Assmann / Friese (Hg.), Identitäten, S. 24 – 43, hier S. 32.

7 S. Beauvoir, Das andere Geschlecht, Gütersloh o. J., S. 11.

8 G. W. F. Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse; hg. v. F. Nicolin u. O. Pöggeler, Hamburg 71969, S. 125.

9 Beauvoir, Das andere Geschlecht, S. 12.

10 Ebd., S. 11.

11 Ebd., S. 9 f.

12 Ebd., S. 19, 8.

13 Ebd., S. 344.

14 Ebd., S. 57, 59.

15 Ebd., vgl. S. 70 ff.

16 Ebd., S. 25.

17 Ebd., S. 70.

18 Ebd., S. 13.

19 Ebd.

20 Zit. n. J. Osinski, Einführung in die feministische Literaturwissenschaft, Berlin 1998, S. 28.

21 T. W. Adorno / M. Horkheimer, Dialektik der Aufklärung, in: dies., Gesammelte Schriften 5, hg. v. G. Schmid Noerr, Frankfurt / M. 1987, S. 56.

22 Vgl. z. B. ebd., S. 52.

23 Ebd., z. B. S. 102.

24 T. W. Adorno / E. Frenkel-Brunswik / D. J. Levinson / R. Nevitt Sanford, The Authoritarian Personality, New York 1950, hier S. 759, 762, 781; vgl. auch Adorno / Horkheimer, Dialektik der Aufklärung, S. 229.

25 E. H. Erikson, Identität und Lebenszyklus. Drei Aufsätze, übers. v. K. Hügel, Frankfurt / M. 1966, S. 18.

26 S. Freud, Das Ich und das Es. Metapsychologische Schriften, Frankfurt / M. 1992, S. 268.

27 Heinrichs, Bildung, S. 22.

28 Für einen Überblick vgl. Osinski, Einführung, S. 25 ff.

29 Vgl. z. B. L. Alcoff, Cultural Feminism versus Poststructuralism. The Identity Crisis in Feminist Theory, in: Signs 13.3 (1988), S. 405 – 436.

30 Für einen Überblick vgl. z. B. Heinrichs, Bildung, S. 93 ff.

31 Vgl. z. B. Osinski, Einführung, S. 71 ff. Die deutsche Debatte ist dokumentiert in: G. Ecker (Hg.), Feminist Aesthetics, Boston 1985.

32 V. Stefan, Häutungen, München 121978.

33 Kristevas Schriften werden im Folgenden aus raumökonomischen Gründen nicht besprochen; für einen Überblick vgl. z. B. L. Lindhoff, Einführung in die feministische Literaturtheorie, Stuttgart 1995, S. 110 ff.

34 Vgl. (auch allg. zur Einführung) S. Weber, Rückkehr zu Freud. Jacques Lacans Entstellung der Psychoanalyse, Wien 1990; J. Bossinade, Poststrukturalistische Literaturtheorie, Stuttgart 2000.

35 Vgl. J. Butler, Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts, übers. v. K. ­Wördemann, Berlin 1995, S. 91 ff.

36 J. Derrida, Die différance, in: ders.: Randgänge der Philosophie, Wien 1988, S. 29 – 52. Vgl. (auch zum Folgenden) z. B. Lindhoff, Einführung, S. 97 ff.; Bossinade, Literaturtheorie, v. a. S. 78 ff.

37 H. Cixous, Die unendliche Zirkulation des Begehrens. Weiblichkeit in der Schrift, übers. v. E. Meyer u. J. Kranz, Berlin 1977.

38 Lindhoff, Einführung, S. 125. Für eine Zusammenfassung vgl. ebd., S. 122 ff.; Bossinade, Literaturtheorie, S. 74 ff.

39 L. Irigaray, Speculum. Spiegel des anderen Geschlechts, übers. v. X. Rajewsky u. a., Frankfurt / M. 1980, S. 31 f.

40 L. Irigaray, Ce sexe qui n’en est pas un, Paris 1977.

41 Vgl. D. J. Fuss, Essentially Speaking, New York 1989.

42 Heinrichs, Bildung, S. 86.

43 J. Butler, Gender Trouble. Feminism and the Subversion of Identity, New York 1990, S. 13.

44 Ebd., S. 13 f.

45 Ebd., ix; vgl. M. Foucault, Von der Subversion des Wissens, hg. u. übers. v. W. Seitter, Frankfurt / M. 1987, S. 69 ff.

46 Vgl. ders., Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit, Bd. 1, übers. v. U. Raulff u. W. Seitter, Frankfurt / M. 31989, S. 113 f.

47 Butler, Gender Trouble, S. ix.

48 Eine diesbezüglich ähnliche Argumentation, die einige von Butlers Thesen vorwegnimmt, findet sich schon bei T. de Lauretis, Technologies of Gender. Essays on Theory, Film, and Fiction, Bloomington 1986.

2 009,98 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Объем:
920 стр. 1 иллюстрация
ISBN:
9783846339268
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают