Читать книгу: «Utz wider die Alben», страница 3
Jetzt bin ich im Vorteil, du Dreckskerl. Voller Wucht trete ich ihm unter das Kinn, dass sein Kopf nach hinten geschleudert wird. Er fällt zu Boden. Ich trete immer und immer wieder zu. Kopf, Rücken, Bauch, gleich wie er liegt oder was ich treffe. Die Wut muss raus.
Der glatte Untergrund tut ein Übriges und langsam rutscht und windet sich Alamon näher an den Abgrund. Nur noch einen Dreher mehr und er ist gewesen.
„Töte mich nur, Irandina. Das macht gar nichts. Du wirst es sehen. Mich wirst du nicht los.“
Er ist kaum zu verstehen, so sehr blutet er aus dem Mund, aber sogar jetzt bringt er noch sein zynisches Lächeln zustande. Das reicht! Ein letzter Tritt.
„Bis bald, Irandina!“
Ein vernehmliches Krachen beendet seinen Sturz in die Tiefe. Vor Schmerz die Hände auf den Bauch gepresst, trete ich vorsichtig nach vorn und blicke auf das Ergebnis meiner Raserei hinab. Auf dem abschüssigen und vereisten Hang ist Alamon noch ein gutes Stück weiter gerutscht, eine deutliche Blutspur hinter sich lassend. Bar jeglicher Reinheit schießt Alamons schwarze Seele in den Himmel. Auch in unserer Höhle hat man den Aufprall gehört und schon bald ist die Leiche von den anderen umringt.
Mühsam klettere ich wieder hinunter zu den übrigen Alben. Alle sehen mich an.
„Mag den jemand essen?“
Kopfschütteln erhalte ich als Antwort.
„Der ist bestimmt giftig.“, meint Morlogane. „Ein Wunder, dass er nicht an seinem eigenen Gift verreckt ist.“
Mit einer unterstützenden Armbewegung hebe ich den toten Körper mit meinen Gedanken hoch, lasse ihn durch die Luft fliegen und weit draußen, weil ich ihn nicht mehr sehen kann, stürzt er ins Meer. Ich hätte ihn am liebsten noch weiter weg geschafft.
„Nun, ich denke, ich werde jetzt hier das Kommando übernehmen.“
„Da hast du wohl falsch gedacht, Irandina. Das wird Guggeri machen.“, bekomme ich von Elrone zu hören. Überrascht blicke ich die Beiden an. Wie sie sich an ihn heran drängt. Die sind sich wohl mehr als einig.
„Bilde dir keine Schwachheiten ein. Nur weil du Alamon erledigt hast, bist du nicht automatisch unsere Führerin. Hättest du ihn nicht von den Felsen gestoßen, hätten wir schon für sein Ableben gesorgt. Du hast uns Arbeit abgenommen. Danke dir. Das war´s. Jetzt gehen wir alle erst einmal hinein und beratschlagen uns. Wir sind nicht von Alamons Schlag und bilden uns nicht ein, die Weisheit gepachtet zu haben. Auch wenn wir uns alle so ungeheuer mögen, müssen wir gemeinsam überleben. Das sollte Grund genug sein, unsere Abneigung gegen einander zu überwinden.“
Das war Guggeris Antrittsrede auf die keinerlei Widerspruch folgt. Warum auch. Irgendwo haben sie leider Recht und außerdem: Sie sind zu Zweit.
Ich taumele und erkenne neben mir wieder Irandina. Tief, sehr tief atme ich durch. Ich bin so erschöpft, dass ich mich nieder knien muss. Ich spüre Trost auf mich wirken. Gilbret ist tatsächlich unsichtbar bei mir. Danke.
„Das war der erste Teil meiner Geschichte. Du darfst nun aufwachen, doch schon morgen werden wir uns wieder sehen.“
* * * * *
„Muss es denn so schnell weiter gehen, Irandina? Ich bin noch völlig erschöpft und die Niederschrift hat mich zusätzlich noch angegriffen. Deine Geschichte ist fürchterlich.“
„Es tut mir wirklich aufrichtig leid, dass ich dich so quälen muss, doch ich tue es nicht aus eigenem Willen. Ich wurde dazu bestimmt, dir von damals zu erzählen. Ich kann nichts dafür, außer dass ich Albin wurde. Wenn ich nun fortfahren darf?“
„So sei es!“, seufze ich ergeben und erwarte wieder den Wechseln in Irandinas damaligen Körper. Doch dem ist nicht so.
Sie berichtet:
„Selbst als Albin musste ich zugeben, dass es unter der Führung von Guggeri und Elrone durchaus angenehmer war, soweit man überhaupt von angenehmem Leben auf dieser Eisinsel reden kann. Wir konnten miteinander auskommen, was bei Alben außergewöhnlich ist.
Wir begannen, die Insel zu erforschen. Nicht nur geistig. Wir wanderten überall hin. Wir lernten, unsere Augen derart abzudunkeln, dass wir schadlos so lange es uns beliebte auf die weiße Fläche schauen konnten, ohne zu erblinden. Wir lernten, unsere Körper mit unserer Macht vor jeglichen Witterungseinflüssen zu schützen. Wir fanden tatsächlich Tiere, die auf der Insel lebten und konnten uns von ihnen und Kräutern und kümmerlichen kleinen Beeren leidlich ernähren. Hinzu kam der eine oder andere Weißbärenschinken, wenn tatsächlich mal einer zu uns geschwommen kam. Und natürlich sehr viel Fisch. Jedes Mal, wenn ein Wal oder ein Fisch sich an der Oberfläche zeigte, konnten wir ihn gemeinsam packen und an Land schaffen. Hauptsache, wir konnten ihn sehen, denn daran ließ sich nichts ändern. Sichtkontakt gehörte unabdingbar zum Einsatz unserer Macht. Ein kleiner Wal brachte natürlich das Meiste ein. Mir fiel es besonders schwer, mit den kurzen Tagen und den verdammt langen Nächten zurecht zu kommen.
Zu meinem größten Bedauern hatte Alamons Überfall eine zunehmend unübersehbare Spur hinterlassen. Ich trug ein Kind im Bauch und Ka-Ra auch. Keine Ahnung, wer wann mit ihr zusammen war. Es ging völlig unauffällig von Statten. Sie war es sichtlich zufrieden und strahlte, bis sie die Leibesfrucht verlor. Das machte sie gefährlich für unsere Zwangsgemeinschaft. Ich weiß bis heute nicht, was schlimmer in ihr tobte. War es besonders schlechte Laune oder unglaubliche sexuelle Gier. Keiner der Männer war vor ihr sicher. Jeder musste herhalten, damit sie vielleicht nochmal ein Kind im Bauch haben könnte. Oftmals ging das nicht ohne Schlägerei ab. Mit ihrer kräftigen Statur konnte sie einem Mann sehr wohl größere Schwierigkeiten bereiten. Der schwächliche Lunarus war immer wieder ein willkommenes Opfer für sie.
Ich hätte ihr gerne meine Last abgegeben, hätte ich gekonnt. Mir war der dicke Bauch und alles was dazu gehört zuwider. Übelkeit, Unwohlsein, Schmerzen überall und vor allem die körperliche Unförmigkeit hasste ich. Sehr oft stritt Ka-Ra mit mir, weil sie mir das Kind missgönnte. Schlägereien gab es häufig zwischen uns. Ein Wunder, dass nicht auch ich das Kind verlor.
Es ist nicht mehr lange hin bis zur Niederkunft und ich marschiere mit Ka-Ra über ein Schneefeld. Wir waren auf der Jagd und ich hatte eines dieser Geweih tragenden großen Tiere erlegt. Ka-Ra hatte kein Glück gehabt und ließ mich aus Wut dann auch die Beute allein transportieren. Natürlich war ich deswegen auch deutlich langsamer als sie.“
Unvermittelt befinde ich mich wieder im Körper von Irandina und gehe Ka-Ra hinterher, die heftigst auf mich einredet. „Jetzt beweg dich ein bisschen schneller, mit deinem dicken Bauch. An dem kleinen Tierchen kann es ja nicht liegen. Du trägst es ja nicht auf deinen Schultern. Oder glaubst du, du bekämest eine Sonderbehandlung, weil du die Erste bist, die ein Kind bekommen wird?“
„Lass mich doch in Ruhe. Ich hab mich nicht darum gerissen. Ich kann nichts dafür, dass du, warum auch immer, dein Kind verloren hast.“ Ich bin bestimmt genau so übellaunig wie Ka-Ra, nur aus anderen Gründen. Ich fühle mich miserabel. Alles ist mir zu viel.
„Willst du damit sagen, ich sei etwa selbst schuld, dass mein Kind abgegangen ist? Hältst du mich für krank, für unfähig, Kinder zu bekommen? Willst du das damit sagen?“
Abrupt ist Ka-Ra stehen geblieben und dreht sich zu mir um. Jetzt geht das wieder los. Den Ärger brauch ich genauso wenig, wie das Kind im Bauch.
„Ich will gar nichts damit sagen. Ich wollte nicht die Erste sein. Ich wollte nicht mal ein Kind austragen müssen. Jetzt ist es halt einmal so. Was kann ich tun?“, brumme ich mürrisch und bekomme sofort zu spüren, dass ich mal wieder das Falsche gesagt habe. Eigentlich sagt man bei Ka-Ra immer das Falsche.
„Dem kann sicher Abhilfe geschaffen werden, verfluchtes Zierpüppchen.“, keift sie los.
Hat sie eben noch mit auf die Hüften gestützten Händen drohend vor mir gestanden, gehen jetzt etwa 170 Pfund Weib auf mich los. Ihre Masse und ihre Größe von fast sechs Fuß geben ihr jede Menge körperlicher Vorteile. Zudem nimmt mir mein dicker Bauch auch meine Wendigkeit. Also werde ich zunächst erst einmal einfach von ihr umgerannt und ich stürze rücklings in den Schnee. Sie ist sofort über mir und drückt mir ihre voluminösen Brüste unter dem Umhang voll auf das Gesicht. Ich bekomme keine Luft und reiße sie an den langen Haaren, die ich zu packen bekomme. Mit ganzem Körper und vollem Gewicht presst sie mich in den Schnee. Leider ist sie an Kopf und Haar derart schmerzunempfindlich, dass mein Reißen keinerlei Wirkung zeigt. Sie bekommt meine Arme gepackt und drückt sie auf den Boden. Sie stemmt sich darauf hoch und hebt den Kopf ganz weit nach hinten. Ihren Kopfstoß sehe ich schon kommen. Ich reiße mein linkes Bein hoch und treffe sie heftigst zwischen ihren Beinen. Mit einem schmerzhaften Aufschrei fällt sie von mir herab.
Tränen stehen in ihren Augen, als sie sich aufrappelt, um wieder auf mich los zu gehen. Mit einem Sprung will sie sich erneut auf mich werfen, um mir Luft und Kind aus dem Leib zu pressen. Überrascht müssen wir beide erkennen, dass sie in geringem Abstand über mir zur Seite geschleudert wird. Schneller als man diesem massigen Weib zugetraut hätte ist sie wieder auf den Beinen, um mir einen heftigen Tritt zu versetzen. Eine unsichtbare Wand behütet mich, Ka-Ra stolpert und stürzt wieder in den Schnee.
„Ach, hat dir der alte Alamon den Trick verraten oder hast du es selbst heraus gefunden? Die Dame kann sich jetzt auch abschirmen.“, schnaubt sie um Luft ringend.
„Denk doch, was du willst und lass mich in Ruhe.“
Ich setze mich auf und lasse sie nicht erkennen, dass ich selbst überrascht bin. Nur langsam füllen sich meine Lungen wieder mit frischer Luft. Ich fühle mich, als hätte mich ein göttlicher Hammer getroffen. Alamon hatte keine Gelegenheit, mir irgendetwas zu verraten. Der hätte doch niemals einem von uns etwas über seine Fähigkeiten preis gegeben. Und bis zu diesem Moment kannte ich diese Fähigkeit selbst an mir noch nicht. Ich kann es mir auch zu diesem Zeitpunkt nicht erklären. Vielleicht eine instinktive Geistesreaktion, schließlich war ich noch recht benommen. Ich stehe auf, hebe den Geweihträger wieder hoch und setze meinen Marsch schweigend fort, als sei nichts geschehen. Ka-Ra stapft hinter mir her, ohne mich erneut anzugreifen.
In der Höhle angekommen sind inzwischen wohl bekannte Geräusche zu vernehmen. Guggeri und Elrone treiben es häufig, manchmal auch mehrmals täglich miteinander. Entweder haben die dabei so viel Spaß oder Elrone will unbedingt auch ein Kind. Ihr Stöhnen versetzt Ka-Ra auch wieder in Stimmung. Lunarus wird kurzerhand gepackt und nach draußen geschleppt. Erstaunlicher Weise kommt nach geraumer Zeit nicht Ka-Ra zuerst wieder in die Höhle. Von dem spitzen Stein, den Lunarus uns zeigt, tropft Blut und er spricht: „Ab jetzt nur noch, wenn ich es will.“ Dabei atmet er schwer.
Neugierig gehe ich hinaus und finde Ka-Ra mit eingeschlagenem Schädel und heftig blutendem Unterleib. Unser kleiner Schwächling hat sich offensichtlich mächtig ausgetobt. Die Tote folgt Alamon in die eisige See und ich verlasse Irandinas Körper.
Ich bin so erschöpft, als hätte ich soeben selbst mit dem starken Weib gekämpft. Ich bin eine Zwergin und verfüge über weitaus mehr Körperkraft als Irandina, doch bis zu diesem Augenblick war ich die Albin und hatte nicht meine eigene persönliche Stärke. Ich fühle mich, als hätte ich einen ganzen Tag mit einer sehr schweren großen Axt geübt. Mitfühlend blickt mich die ehemalige Albin an.
„Kann ich fortfahren, Waltruda?“
„Ja, es muss gehen.“
Und so berichtet sie weiter: „Es kam der Tag, an dem sich das Kind seinen Weg bahnte. Das tat verdammt weh und ich schrie, als würde ich gefoltert. Erst als das Kind draußen war, fühlte ich mich wieder zufrieden mit mir. Schon beim ersten Anblick des Knaben kam mir der Gedanke, dieses Wesen bereits zu kennen. Und ich war nicht die Einzige mit diesem Eindruck.
Grima machte die dumme Bemerkung: „Dem armen Kind hat sein Vater aber mächtig einen Stempel aufgedrückt. Man kann es nicht vergleichen, denn die Götter erschufen uns in erwachsener Gestalt, doch so müsste ein kleiner Alamon wohl aussehen.“
Ich hatte gute Lust, ihr an die Gurgel zu gehen, aber unsere beiden Führer stellten sich schnell dazwischen. Im Moment waren die beiden sehr darum bemüht, dass es keine weiteren Auseinandersetzungen gab. Wir halten es nicht für gut, wenn wir uns gegenseitig umbringen, meinten sie, ohne es aber in irgendeiner Weise begründen zu können. Ich fluchte zu den Göttern, welch übles Spiel sie nun mit mir treiben würden. Ein innerer Zwang brachte mich dazu, das Kind, trotz meiner Abneigung, zu säugen und groß zu ziehen. Ich packte es in schwarze Tücher, denn sein Körper war gleich den unseren und verlangte, nicht nur wegen der Kälte, bedeckt zu werden. Es schlief viel, doch wenn es die Augen offen hatte verstärkte sich die Erinnerung an Alamon deutlich. Mit der Zeit kam dann noch dieses unverschämt zynische Grinsen hinzu. Vor allem dann, wenn ich es trug und nährte.
Die Zeit ging dahin und ich ertrug alles, was mir die Götter auferlegt hatten. Jeder Versuch, das Kind zu erschlagen, blieb schon im Ansatz stecken. Ich konnte es einfach nicht. Inzwischen kann das Kleine schon leidlich laufen und beginnt zu reden. Es ist jetzt gerade mal ein paar Monate alt. Ich fand noch keinen Namen für den Knaben.
Ich bin gerade dabei, einen Fisch mit dem Messer auszunehmen. Mein Junge sitzt auf einem Stein, mir gegenüber. Ich muss ihn anblicken und sehe, wie er mich sehr angestrengt ebenfalls ansieht. Schon wieder dieses Grinsen.“
Ich sehe wieder durch Irandinas Augen das Kind und höre: „Sagte ich dir nicht, du wirst mich nicht los, Irandina. Da bin ich wieder.“
Eine kindliche Stimme mit dem schmierigen Tonfall von Alamon. Ein Aufschrei des Entsetzens kommt über meine Lippen, der die anderen alarmiert. Mit zufriedenem Nicken nahm das Kind dies zur Kenntnis.
„Da bin ich wieder, meine lieben Gefolgsleute. Ich hoffe, ihr habt mich nicht allzu sehr vermisst. Offensichtlich ist euch die Zeit nicht lang geworden. Ihr kommt schon ganz gut zurecht, wie ich sehe. Auf Ka-Ra müssen wir auch nicht mehr allzu lange warten. Morlogane darf das Monsterweib austragen. Nun besorgt mir ein großes Gewand, denn es wird nicht mehr lange dauern. Ich spüre es. Also bewegt euch.“
Zwilter, der immer noch nicht bei einer Frau gelegen hat, bringt das Gewünschte und reicht es dem kleinen Kind. Ohne einen Dank greifen die kleinen Hände danach und mit den Worten: „Wartet hier!“ verschwindet es in der Höhle, schleift den Umhang hinter sich her. Nur am schmerzvollen Stöhnen vermögen wir zu erahnen, was dort gerade vor sich geht. Der kindliche Ton wird deutlich erwachsener und dunkler und schon bald steht wieder der alte Alamon vor uns.
„Offensichtlich hat keiner von euch verstanden, was die Götter uns in ihrer Strafe mit androhten. Ihr Frauen werdet unsere eigenen Seelen wieder gebären. Darum wusste ich, dass ich wieder kehren werde. Zu Ka-Ras Pech war ich allerdings nicht damit einverstanden, sie als Mutter zu haben. Deswegen habe ich mich in ihrem Leib selbst getötet. Da warst du mir im zweiten Anlauf schon deutlich lieber, beste Irandina. Irgendwie musste ich mich doch für den Mord rächen. Töten darf ich dich leider nicht oder besser gesagt, ich werde dich nicht töten. Es wird mir deutlich mehr Vergnügen bereiten, dich zu quälen und glaube mir, ich habe die Macht dazu. Ich habe viel gelernt in deinem Bauch, ohne dass du etwas davon mitgekriegt hast. Jetzt hört, was mir inzwischen widerfahren ist.
Nachdem Irandina sich meiner entledigt hatte, fand ich mich umgehend in einem Seelenkäfig in zeitlosem Raum wieder. Um mich herum war nichts. Ich konnte nicht von der Stelle oder sonst irgendwie aktiv werden. Irgendwann packte man meine Seele und schleuderte sie wieder hierher auf die Erde. Ich konnte noch kurz erkennen, in welchen Mutterleib ich komme, dann war zunächst nichts mehr. Es dauert, bis ein Geist im Mutterleib erwacht. Wissend wer mich erwartet, habe ich alles daran gesetzt, mich zu töten, wollt ich doch Irandina als mich liebende Mutter.“
Äußerst verletzend, diese Bemerkung.
Er fährt fort: „Als ich erneut einen irdischen Leib verließ, wurde ich merkwürdiger Dinge ansichtig. Weit im Süden der Welt erheben sich merkwürdige Geschöpfe, die Feuer speien können. Manche sind sogar des Fliegens mächtig. Offensichtlich ist den Göttern die Natur aus den Fingern geglitten und sie macht nun, was ihr gefällt. Ich denke, das wird noch einen Spaß geben. Dann fühlte ich mich eingefangen und fand mich erneut in jenem Seelenkäfig wieder. Doch diesmal stellte sich Hermes vor mich hin und lachte über mich. Vor Wut begann ich in dem Käfig zu rasen, was ihn nur noch mehr erheiterte. >Du kommst hier nicht raus<, rief er. >Auch darf ich dir von den Göttern nunmehr erklären, dass du zwar etwas gesehen hast, was auf der Erde irgendwann einmal geschieht, doch wird dich diese Erfahrung ein Stück deiner Lebensmacht kosten.
Wisse, du wahnsinniger Alb, jedes Mal, wenn sich einer von euch das Leben selbst nimmt, so wird er eines irdischen zukünftigen Ereignisses ansichtig. Doch für den Mutwillen des Selbstmordes wird mit Lebensmacht bezahlt. Irgendwann ist diese Macht dann aufgebraucht und eure schwarze Seele wird auf ewig in solchem Käfig schmoren. So ist eure Zeit auf Erden also nicht gänzlich unbegrenzt. Werdet ihr von einem Alb getötet oder sterbt ihr, weil der Körper alt geworden und verbraucht ist, so kehrt ihr zurück auf diese Insel in den nächsten freien Kindeskörper, der geboren wird. Ihr seht nichts von der Welt, doch kostet dies auch nichts von der Lebenskraft.<
Erneut lacht er höhnisch über mich. Dann packt mich eine universelle Kraft und ich lande im Kinde Irandinas.
Nachdem nun mein Geist erwachte, übte ich mich in meinen Kräften und lernte Vieles dazu. Zuletzt vermochte ich schon in ihrem Leib für meinen Schutz zu sorgen. Deswegen konnte Ka-Ra es nicht gelingen, mich aus diesem Körper zu vertreiben.“
Zufrieden blickt Alamon um sich.
„Ich denke, es spricht nun nichts dagegen, wenn ich hier wieder die Führung übernehme. Nicht wahr, Guggeri? Elrone?“
Betreten blicken die beiden zu Boden und ich darf wieder in meinen Körper zurück kehren.
„Das Weitere werde ich dir nur noch erzählen, Waltruda.“, sagt Irandina, nachdem ich wieder klar im Kopfe wurde. „Alamon wurde ein wahrer Meister darin, uns zu quälen. Ganz besonders natürlich mich. Wie er vorher sagte, bekam Morlogane bald ein Kind, aus dem dann nach wenigen Monaten Ka-Ra wurde. Ich musste ihm öfter als mir lieb war zu Willen sein und bekam viele Kinder, die seelenlos waren. Ihr Körper wurden auf die schon gewohnte Weise im Meer entsorgt, wo sie Futter für die Haie wurden. Der Grund dafür wurde uns erst viel später bekannt. Nach dem Urteil der Götter und der Unterscheidung zwischen Mann und Frau hat es alle Verstandeswesen in ihrer Entwicklung so weit zurück gesetzt, dass vieles völlig neu gelernt werden musste. Das war nötig, dass sich ein Gewissen ausbilden konnte. Erst danach waren die Götter in der Lage nach den Taten zu richten und die missratenen Seelen, wie sie es nannten, zu uns zu schicken. So dauerte es lange Zeit, dass du für die Zahl der Jahre keinen Namen hast.
Zwilter, der überhaupt nichts mit Frauen zu schaffen haben mag, wurde gezwungen, mit Grima Kinder zu zeugen, bis endlich eine neue Seele erschien. Sie nannte sich Kain und war ein Mensch. Danach häuften sich unsere Niederkünfte und immer mehr böse Seelen trafen bei uns ein. Nun ließ Alamon von mir ab, hatte er noch genügend neue Opfer und wir, die ersten Alben, wurden so etwas wie eine Oberschicht. Jeder neue Geist, wir nennen sie Verbannte, wurde genötigt, mindestens einmal Selbstmord zu begehen, damit wir erfahren konnten, was auf der Erde geschieht. Und schon wieder einmal unterlag Alamon einem Trugschluss. Die neuen Alben wurden bezüglich eines Selbstmordes anders beurteilt als wir. Bei ihnen war alles abhängig von der Schwere ihrer Verfehlung. Es gab sogar den einen oder anderen, der viel zu kurz bei uns war, um sich selbst zu töten. Und wenn einer der wiedergeborenen Verbannten etwas sehen konnte, fehlte meist der Verstand, das Gesehene so zu berichten, dass wir etwas damit anfangen konnten.“
Die Albin bricht an dieser Stelle ihr Erzählung ab und kann nur noch sagen: „Leb wohl, Waltruda. Ich spüre einen neuen Körper mich rufen. Ich darf mich bessern. Ich freue mich.“
Zusehends verschwommener wird ihr Bild, bis ich sie nicht mehr erkennen kann. Ihre letzten Worte verhallen wie aus weiter Ferne.
Ich hätte noch so viele Fragen, doch ich erwache.