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Читать книгу: «Eine Teufelsaustreibung und andere Geschichten», страница 14

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VI

Platow reiste aus Tula ab, die Waffenschmiede aber, drei Mann, die allerkunstfertigsten – einer von ihnen schieläugig und linkshändig, trägt auf der Backe ein Muttermal, und an den Schläfen sind ihm die Haare schon in seiner Lehrzeit ausgerissen worden – verabschiedeten sich von ihren Kameraden und Familienangehörigen, und ohne irgend wem irgend etwas zu sagen, nahmen sie eine Tasche, legten da hinein, was zu essen nötig ist, und verschwanden aus der Stadt.

Man hatte nur bemerkt, daß sie nicht nach dem Moskauer Stadttor gingen, vielmehr auf die entgegengesetzte Kiewer Seite, und man glaubte, sie seien nach Kiew gegangen: die verstorbenen Wundertäter anzubeten oder sich dort mit irgend einem von den noch lebenden heiligen Männern zu beraten, die es immer im Überfluß in Kiew gab.

Das war alles nur der Wahrheit nahe, nicht aber die Wahrheit selber. Weder die Zeit noch die Entfernung erlaubten es den Tulaer Meistern, in drei Wochen zu Fuß nach Kiew zu ziehen, und dazu noch eine für die englische Nation beschämende Arbeit zu verrichten. Eher hätten sie noch nach Moskau beten gehen können, wohin es im ganzen zweimal 90 Werst sind, und heilige Wundertäter gibt es auch dort zu verehren nicht weniger. Nach der anderen Seite – bis Orjol, sind es ebensolche zweimal 90 Werst, und über Orjol hinaus bis Kiew sind es wiederum noch gute 500 Werst. Einen solchen Weg wirst du nicht rasch zurücklegen, und wenn du ihn zurückgelegt hast, wirst du nicht so rasch ausruhen – lange noch werden dir die Beine steif sein und die Hände zittern.

Einigen kam es sogar so vor, als ob die Meister sich vor Platow nur gebrüstet hätten, nachher aber, nachdem sie sich die Sache überlegt hatten, bange geworden und ganz davongelaufen wären, sowohl die goldene Tabaksdose mit sich fortnehmend, wie den Brillanten und den englischen stählernen Floh im Futteral, der ihnen soviel Aufregung verursacht hatte.

Indes war eine solche Annahme gleichfalls völlig unbegründet und kunstfertiger Leute, auf denen nunmehr die Hoffnung der Nation beruhte, unwürdig.

VII

Die Tulaer, gescheite Leute und erfahren in Metallarbeiten, sind gleichfalls berühmt als erstklassige Kenner in der Religion. Ihres Ruhmes in dieser Hinsicht ist sowohl die heimische Erde voll wie sogar der heilige Athos: sie sind nicht nur Meister im Singen mit Variationen, sie wissen vielmehr auch, wie das Bild »Der abendliche Klang« gemalt wird. Und wenn jemand von ihnen sich größere Opfer auferlegt und ins Mönchstum übertritt, so werden aus ihnen die allerbesten Klosterökonomen und gehen aus ihnen die allerfähigsten Gabeneinsammler hervor. Auf dem heiligen Athos aber weiß man, daß die Tulaer – das allergewinnbringendste Volk sind, und wenn sie nicht wären, so hätten die dunklen Winkel Rußlands wahrscheinlich nicht sehr viele Heiligtümer des fernen Ostens gesehen, und der Athos hätte viele nützliche Darbringungen russischer Freigebigkeit und Frömmigkeit entbehren müssen. Jetzt aber fahren die Tulaer vom Athos Heiligtümer in unserm ganzen Vaterlande umher und sammeln meisterhaft milde Gaben auch dort, wo eigentlich gar nichts zu holen ist. Der Tulaer ist erfüllt von kirchlicher Frömmigkeit und dabei ein großer Praktiker in dieser Sache, und deshalb begingen auch die drei Meister, die es auf sich genommen hatten, Platow zu unterstützen und mit ihm ganz Rußland, durchaus keinen Fehler, als sie sich nicht nach Moskau, vielmehr nach dem Süden aufmachten. Sie gingen aber nicht nach Kiew, vielmehr nach Mzensk, einer Kreisstadt im Orlowschen Gouvernement, in der ein altes steingemeißeltes Heiligenbild des heiligen Nikolai steht, das in den allerältesten Zeiten auf einem großen, gleichfalls steinernen Kreuz auf dem Fluß Suscha dahergeschwommen kam. Dies Heiligenbild ist von strengem und schrecklichem Aussehen, der Heilige ist auf ihm in Lebensgröße dargestellt, ganz angetan mit einem vergoldeten Silbergewand, dunkel von Angesicht, und in einer Hand hält er einen Tempel, in der andern – das Schwert, das Zeichen des Sieges. Und grade in diesem »Zeichen des Sieges« war auch der Sinn der Sache beschlossen: der heilige Nikolai ist überhaupt der Beschützer in Handels- und Kriegsangelegenheiten, und der Nikolai von Mzensk ganz im Besondern, und grade vor ihm sich zu verneigen, waren auch die Tulaer gekommen. Sie ließen einen Bittgottesdienst unmittelbar beim Heiligenbilde halten, dann beim steinernen Kreuz, endlich kehrten sie bei Nacht nach Hause zurück, und ohne irgendwem irgend etwas zu sagen, machten sie sich in furchtbarer Heimlichkeit ans Werk. Sie gingen alle drei in ein und dasselbe Häuschen zum Linkser, schlossen die Türen und die Fensterläden, entzündeten vor dem Heiligenbild des Nikolai das Lämpchen und begannen zu arbeiten.

Einen Tag, zwei, drei sitzen sie und gehen nicht aus, immer klopfen sie nur mit den Hämmerchen. Sie schmieden irgend etwas, was sie aber schmieden – ist unbekannt.

Alle sind neugierig, aber niemand kann etwas erfahren, weil die Arbeitenden gar nichts erzählen und sich nach außen nicht zeigen. Verschiedene Leute gingen zum Häuschen, klopften unter mannigfachen Vorwänden an die Türe, um Feuer oder um Salz zu bitten. Die drei Meister öffneten aber auf gar keine Bitte, und sogar womit sie sich nährten – war unbekannt. Man versuchte sie zu erschrecken: man tat so, als brenne in der Nachbarschaft ein Haus – ob sie nicht vor Schrecken herausspringen würden, und es sich dann offenbaren werde, was von ihnen geschmiedet sei. Nichts aber verführte diese schlauen Meister: einmal nur streckte sich der Linkser bis zur Schulter aus dem Fenster heraus und schrie:

»Brennt ihr nur für euch, wir aber haben keine Zeit« – und wiederum verbarg er seinen zerrupften Kopf, warf den Laden zu und machte sich an seine Arbeit.

Nur durch die kleinen Spalten war zu sehen, wie im Innern des Hauses das Feuerchen leuchtete, es war auch zu hören, daß feine Hämmerchen auf feinen Amboßen pochten.

Mit einem Worte, die ganze Sache ward in so furchtbarem Geheimnis ausgeführt, daß es unmöglich war, irgend etwas zu erfahren, und dabei zog sie sich hin bis gerade zur Rückkehr des Kosaken Platow vom stillen Don zum Kaiser; und in dieser ganzen Zeit sahen und sprachen die Meister niemanden.

VIII

Platow fuhr sehr rasch und mit »Zeremonie«: selber saß er im Wagen, auf dem Bock aber befanden sich zwei Kosaken mit Knuten zu beiden Seiten des Fuhrmanns und schlugen ihn erbarmungslos, damit er galoppieren lasse. Wenn aber einer der Kosaken einschlafen wollte, so stieß ihn Platow selber aus dem Wagen heraus mit dem Fuß, und noch böser jagten sie dahin. Die Maßnahmen zur Ermunterung wirkten derart erfolgreich, daß man auf keiner Station die Pferde anhalten konnte, sie vielmehr hundert Sprünge an dem Anhaltsorte vorbeigaloppierten. Dann »wirkte« wiederum der Kosak auf den Fuhrmann in umgekehrter Richtung, und sie kehrten zur Auffahrt zurück.

So kamen sie auch in Tula an – sie flogen um hundert Galoppsprünge an dem Moskauer Schlagbaum vorüber, darauf aber wirkte der Kosak auf den Fuhrmann nach der entgegengesetzten Richtung ein, und sie begannen dann bei dem Haustor frische Pferde anzuspannen.

Platow stieg gar nicht aus, er befahl nur einem Kurier, möglichst rasch die Handwerker zu ihm zu führen, denen er den Floh hinterlassen hatte.

Der Kurier kam herbeigelaufen: sie möchten möglichst rasch kommen und seinem Herrn die Arbeit bringen, durch die sie die Engländer zuschanden machen sollten; und kaum war dieser Kurier fortgelaufen, als Platow ihm noch neue Boten nachsandte, damit es möglichst rasch gehe.

Alle seine Leute hatte er ausgeschickt und begann bereits einfache Leute aus dem neugierigen Publikum auszusenden, ja sogar selber streckt er vor Ungeduld seinen Fuß aus dem Wagen und selber will er vor Ungeduld hinlaufen und mit den Zähnen knirscht er nur so – immer scheint es ihm noch nicht rasch genug.

So ward in damaliger Zeit alles genau und rasch verlangt, damit auch keine Minute für den Nutzen Rußlands verloren gehe.

IX

Die Tulaer Meister, die ein erstaunliches Werk verrichtet hatten, beendeten in dieser Zeit grade nur eben ihre Arbeit. Die Boten kamen keuchend zu ihnen gelaufen, die einfachen Leute aber aus dem neugierigen Publikum kamen überhaupt nicht bis ans Ziel, weil sie aus Ungewohntheit unterwegs ihre Beine verloren hatten und hingestürzt waren, und dann auch aus Furcht, um Platow nicht vor die Augen zu treten, sich nach Hause geschlichen, ja, und wo es sich grade traf, sich versteckt hatten.

Als aber die Kuriere herbeigaloppiert kamen, fingen sie sogleich zu schreien an, und wie sie sahen, daß die Meister nicht öffneten, begannen sie sofort ohne Zeremonie die Riegel an den Läden abzureißen; die Bolzen saßen aber so fest, daß sie nicht im Geringsten nachgaben; sie rissen an den Türen, die Türen waren aber von innen zugeriegelt mit eichenen Riegeln. Da nahmen die Boten einen Balken von der Straße, stemmten ihn nach Art der Feuerwehrleute unter den Dachsattel und schoben das Dach von dem kleinen Hause auf einmal weg. Sie nahmen das Dach ab und selber stürzten sie sogleich zu Boden, weil von den Meistern im engen Häuschen von der ununterbrochenen Arbeit in der Luft eine solche »Schweißspirale« entstanden war, daß der Ungewohnte, der aus der frischen Luft kommt, kein einziges Mal atmen kann.

Die Boten schreien:

»Was macht ihr denn, ihr, so und so, ihr Pack, daß ihr uns auch noch mit einer solchen ‚Spirale‘ zu betäuben wagt! Habt ihr etwa keinen Gott mehr?«

Die aber antworten:

»Wir sind ja sogleich fertig. Wir schlagen soeben noch das letzte Nägelchen ein, und wenn wir es eingeschlagen haben, dann werden wir unsere Arbeit selber hinaustragen.«

Die Boten aber sprechen:

»Er wird uns bis dahin lebendig auffressen und nichts zum Gedächtnis der Seele zurücklassen.«

Die Meister aber sagen:

»Er wird nicht Zeit haben, euch zu verschlucken, weil, bis ihr gesprochen habt, bei uns auch schon dieser letzte Nagel eingeschlagen ist. Lauft und sagt, daß wir die Sache sogleich bringen.«

Die Boten liefen, waren aber nicht überzeugt – sie glaubten, daß die Meister sie betrügen würden; und deshalb liefen sie zwar so rasch sie konnten, sie schauten sich aber ständig um; die Meister kamen aber hinter ihnen her und eilten so sehr, daß sie sich sogar nicht völlig angekleidet hatten, wie es sich gehört, um vor einer wichtigen Persönlichkeit zu erscheinen, sie schlossen vielmehr noch im Gehen die Haken an ihren Röcken. Zwei von ihnen trugen überhaupt nichts in Händen, der dritte aber, der Linkser, hielt im grünen Futteral die zarische Schatulle mit dem englischen stählernen Floh.

X

Die Boten laufen zu Platow und sprechen:

»Da sind sie jetzt selber hier!«

Platow spricht sogleich zu den Meistern:

»Ist es fertig?«

»Alles«, antworten sie, »ist fertig!«

»Gebt her!«

Sie gaben es.

Die Equipage war aber bereits angespannt, und Fuhrmann und Vorreiter an ihrem Platz. Die Kosaken setzten sich sogleich schon neben den Fuhrmann und erhoben die Nagaiken über ihn, und so ausholend halten sie sie auch.

Platow riß das grüne Futteral ab, öffnete die Schatulle, nahm aus der Watte die goldene Tabaksdose heraus, aus der Tabaksdose die brillantene Nuß – und sieht: der englische Floh liegt dort wie er war, aber außer ihm ist nichts weiter da.

Platow spricht:

»Was ist denn das? Wo ist denn eure Arbeit, mit der ihr den Kaiser erfreuen wolltet?«

Die Waffenschmiede antworten:

»Da ist auch unsere Arbeit!«

Platow spricht:

»Worin ist sie denn beschlossen?«

Die Waffenschmiede antworten:

»Wozu das erklären? Alles ist hier vor Eurem Blick – schaut nur selber zu!«

Platow zuckt die Achseln und schreit:

»Wo ist aber der Schlüssel zum Floh?«

»Aber da« – antworten sie – »wo der Floh ist, da ist auch der Schlüssel, in derselben Nuß!«

Platow wollte den Schlüssel fassen, die Finger waren aber bei ihm zu kurz und zu dick; er bemühte sich lange Zeit – konnte aber auf keine Weise weder den Floh erfassen, noch das Schlüsselchen zu dem Uhrwerk in seinem Bauch. Plötzlich erzürnte er sich und begann zu schimpfen auf kosakische Art.

Er schrie:

»Was habt ihr denn, ihr Halunken, gar nichts getan, ja dazu noch am Ende gar die ganze Sache verdorben! Ich werde euch den Kopf abreißen!«

Die Tulaer geben ihm zur Antwort:

»Ganz umsonst beleidigen Sie uns so – wir müssen von Ihnen, als dem Abgesandten des Kaisers, alle Beleidigungen erdulden. Deswegen aber, weil Sie an uns zweifelten und glaubten, daß wir sogar den kaiserlichen Namen zu betrügen fähig seien – werden wir Ihnen jetzt das Geheimnis unserer Arbeit nicht eröffnen. Geruhen Sie doch dieses Ding zum Kaiser zu bringen – er wird erkennen, was für Leute er an uns hat, und ob er sich unserer zu schämen braucht!«

Platow schrie:

»Nun, so lügt ihr denn, ihr Schufte! Ich werde mich aber von euch nicht so trennen, vielmehr wird einer von euch mit mir nach Petersburg fahren, und ich werde schon von ihm herausbekommen, was eure Schlauheiten sind!«

Damit streckte er die Hand aus, faßte mit seinen kurzen Fingern den schieläugigen Linkser am Kragen, so daß bei ihm alle Haken vom Rock abflogen, und stieß ihn zu sich in den Wagen, zu seinen Füßen.

»Sitze hier« – spricht er – »bis nach Petersburg, wie ein Pudel. Du wirst mir alle verantworten. Ihr aber«, spricht er zu den Boten, »jetzt heida! Sperrt nicht das Maul auf, damit ich übermorgen in Petersburg beim Zaren bin!«

Die Meister wagten nur für ihren Kameraden einzutreten: »Wie denn, Sie werden ihn von uns so ohne ein ‚Tugament‘ wegführen? Ihm wird es unmöglich sein, zurückzukommen!« Platow aber zeigte ihnen statt der Antwort nur die Faust, eine so furchtbare – sie ist rotbraun, ganz mit Narben bedeckt, und irgendwie zusammengewachsen – und drohend spricht er: »Da habt ihr das ‚Tugament‘!« Den Kosaken aber schrie er zu:

»Heida, Kinder!«

Die Kosaken, die Fuhrleute und die Pferde – alles begann gleichzeitig zu arbeiten, und man entführte den Linkser ohne Dokument; und einen Tag später, wie Platow befohlen hatte, fuhr man auch schon beim Palast des Zaren vor, und sogar galoppierend, wie es sich gehörte, fuhren sie bei den Säulen vorbei.

Platow stand auf, hing die Orden an und ging zum Kaiser, befahl aber den ihn begleitenden Kosaken, den schieläugigen Linkser beim Eingang zu bewachen.

XI

Platow fürchtete sich, dem Kaiser vor Augen zu treten, weil Nikolai Pawlowitsch alles bemerkte und im Gedächtnis behielt; nichts pflegte er zu vergessen. Platow wußte, daß er ihn unbedingt nach dem Floh fragen werde. Und wenn er auch keinen Feind auf der ganzen Welt fürchtete, so fürchtete er sich in diesem Falle doch: er ging ins Schloß mit der kleinen Schatulle und stellte sie ganz leise im Saal hinter den Ofen.

Nachdem er die Schatulle verborgen hatte, ging Platow zum Kaiser ins Kabinett und begann rasch zu berichten, was die Kosaken am stillen Don für Gespräche unter einander führen. Er beschloß so: hiermit den Kaiser zu beschäftigen und dann, wenn der Kaiser sich selber entsinnen und von dem Floh beginnen werde, werde es nötig sein, ihn herzugeben und Rede zu stehen; wenn er aber davon nicht anfange, dann zu schweigen, die Schatulle dem Kammerdiener zu verstecken befehlen und den Tulaer Linkser auf unbestimmte Zeit in eine Festungskasematte zu stecken, damit er dort sitze bis zu der Zeit, daß man seiner bedürfen werde.

Kaiser Nikolai Pawlowitsch hatte aber gar nichts vergessen, und kaum hatte Platow seinen Bericht über die Gespräche der Kosaken untereinander geendet, so fragte er ihn auch schon sogleich:

»Aber wie denn, wie haben meine Tulaer Meister sich gerechtfertigt gegenüber dem englischen ‚Nymphusorium‘?«

Platow antwortete in der Weise, wie ihm die Sache zu sein schien.

»Das ‚Nymphusorium‘« – spricht er – »Eure Majestät, ist immer noch auf der Welt, und ich habe es zurückgebracht, die Tulaer Meister haben aber nichts Erstaunliches zu tun vermocht.«

Der Kaiser antwortet:

»Du bist ein tapferer Greis, doch das, was du mir da vorbringst, kann nicht so sein.«

Platow begann ihn zu überzeugen und erzählte, wie die ganze Sache verlief, und als er bis dahin gelangt war, daß die Tulaer ihn baten, den Floh dem Kaiser zu zeigen, da klopfte ihm Nikolai Pawlowitsch auf die Schulter und sagte:

»Bring her. Ich weiß, daß die Meinigen mich nicht betrügen können. Da ist irgend etwas über das Verstehen hinaus geschehen!«

XII

Man brachte die Schatulle hinter dem Ofen hervor, nahm von ihr die Decke, enthüllte die goldene Tabaksdose und die brillantene Nuß – in ihr aber liegt der Floh, wie er vordem gewesen war und wie er früher gelegen hatte.

Der Kaiser schaute hin und sprach:

»Das ist eine List!« – Aber von seinem Glauben an die russischen Meister verlor er gar nichts. Er befahl, seine Lieblingstochter Alexandra Nikolajewna zu rufen und sagte ihr:

»An deinen Händen hast du feine Finger! Nimm das kleine Schlüsselchen und ziehe rasch in diesem ‚Nymphusorium‘ die Bauchmaschine auf!«

Die Prinzessin begann mit dem Schlüsselchen zu drehen, und der Floh bewegte sogleich seinen Schnurrbart, aber mit den Füßen rührte er sich nicht. Alexandra Nikolajewna zog das ganze Uhrwerk auf, aber das »Nymphusorium« tanzte trotzdem kein »Dansé« und ließ keine einzige »Variation« los wie vordem.

Platow ward ganz grün und schrie:

»Ach, das sind hündische Schelme! Jetzt verstehe ich, weshalb sie mir dort nichts sagen wollten. Es ist noch gut, daß ich einen Dummkopf von ihnen mit mir nahm!«

Mit diesen Worten lief er zur Auffahrt, packte den Linkser an den Haaren und begann ihn dahin und dorthin zu zausen, so, daß die Haarbüschel nur so flogen. Jener aber, als Platow aufhörte, ihn zu schlagen, machte sich nur zurecht und spricht:

»Man hat mir so schon in der Lehre alle Schopfhaare ausgerissen, ich weiß nur nicht wegen welcher Notwendigkeit man eine solche Wiederholung vornimmt?«

»Das ist deshalb« – spricht Platow – »weil ich auf euch hoffte und mich verpflichtete. Ihr aber habt diese seltene Sache verdorben!«

Der Linkser antwortet:

»Gar sehr sind wir zufrieden, daß du dich für uns verpflichtetest, verdorben haben wir aber gar nichts: Nehmt und schaut durch das allerstärkste ‚Winzigglas‘.«

Platow lief zurück, um von dem ‚Winzigschauer‘ zu erzählen, dem Linkser aber drohte er nur:

»Ich werde dir« – spricht er – »du … so und so … noch etwas geben …«

Und er befiehlt seinen Leuten, dem Linkser noch stärker die Ellenbogen zurückzubinden, selber aber steigt er die Stufen hinauf, keucht und spricht sein Gebet: »Gesegnete Mutter des gesegneten Königs, Allerreinste und Reine …« usw., wie es sich gehört. Die zarischen Hofdiener, die auf den Stufen stehen, wenden sich alle von ihm ab und denken: Platow ist hineingefallen, und sogleich wird man ihn aus dem Schloß wegjagen – denn sie konnten ihn nicht ausstehen wegen seiner Tapferkeit.

XIII

Als Platow dem Kaiser die Worte des Linksers hinterbrachte, spricht der sogleich mit Freuden:

»Ich weiß, daß meine Russen mich nicht betrügen werden« – und befahl, den »Winzigschauer« auf einem Kissen zu reichen.

In einem Augenblick ward der ‚Winzigschauer‘ gebracht, und der Kaiser nahm den Floh und legte ihn unter das Glas: zuerst mit dem Rücken nach oben, dann mit der Seite, dann mit dem Bäuchelchen – mit einem Worte, man drehte ihn nach allen Seiten, sah aber garnichts. Der Kaiser verlor aber auch da nicht seinen Glauben, er sagte nur:

»Man führe jenen Waffenschmied, der sich unten befindet, sogleich hierher zu mir.«

Platow berichtet:

»Man müßte ihn umkleiden – er ward genommen wie er war und ist jetzt gar sehr in schlechtem Aussehen.«

Der Kaiser aber antwortet:

»Das tut nichts, man bringe ihn so, wie er ist.«

Platow spricht:

»Nun gehe jetzt selber, du, so und so, vor den Augen des Kaisers zu antworten.«

Der Linkser aber sagt:

»Was ist denn dabei, ich werde gehen, und werde auch antworten!«

Er kommt so, wie er war: in abgetretenen Stiefeln, ein Hosenbein im Stiefel, das andere baumelt herum, sein breiter Rock ist ältlich, die Haken schließen nicht, sie fehlen sogar, und der Kragen ist zerrissen; er geniert sich aber garnicht.

»Wie denn« – denkt er – »wenn es dem Zaren gefällig ist, mich zu sehen – so muß ich eben kommen; wenn ich aber kein ‚Tugament‘ habe – so bin ich daran unschuldig und werde erzählen, wie sich die Sache zutrug.«

Als der Linkser eintrat und sich verneigte, spricht der Kaiser sogleich schon zu ihm:

»Was bedeutet das denn, Brüderchen, daß wir so und so zuschauten und den Floh unter den ‚Winzigschauer‘ legten, aber nichts Bemerkenswertes erschauten.«

Der Linkser aber antwortet:

»Haben Sie, Euer Majestät, denn richtig zu schauen geruht?«

Die Höflinge geben ihm ein Zeichen: »Du sprichst nicht so, wie ’s sich gehört!« Er aber versteht nicht, wie es nötig ist auf Höflingsart mit Schmeichelei oder mit List, er antwortet vielmehr ganz einfach. Der Kaiser spricht:

»Hört doch auf, ihn zu schulmeistern – er soll antworten, wie er es versteht.«

Und sogleich erklärte er ihm:

»Wir,« spricht er, »haben ihn so hingelegt« – und er legte den Floh unter den Winzigschauer. »Schau nur selber«; spricht er – »es ist nichts zu sehen.«

Der Linkser antwortet:

»Euer Majestät, so ist es auch gar nicht möglich, irgend etwas zu sehen, weil nämlich unsere Arbeit gegenüber einem solchen Maßstab bei weitem geheimnisvoller ist.«

Der Kaiser fragte:

»Wie soll man dann aber?«

»Man muß« – spricht er – »nur sein einzelnes Füßchen unter den ganzen ‚Winzigschauer‘ führen und im einzelnen auf jedes Ferschen schauen, womit er auftritt.«

»Erbarme dich, sag’ einmal« – spricht der Kaiser – »dies ist schon allzufein.«

»Aber was soll man denn machen« – antwortet der Linkser – »wenn man nur so unsere Arbeit bemerken kann: dann wird sich auch das ganze Staunen offenbaren.«

Sie legten den Floh so hin, wie der Linkser gesagt hatte, und als der Kaiser nur eben in das obere Glas schaute, so strahlte er auch nur so – er nahm den Linkser, so wie er war, unfrisiert und ungewaschen, voll Staub – umarmte ihn und küßte ihn, darauf aber wandte er sich an alle Hofleute und sagte:

»Seht ihr, ich wußte besser als ihr alle, daß meine Russen nicht versagen werden. Schaut bitte hin, die Schelme haben dem englischen Floh Hufeisen angeschmiedet!«

Возрастное ограничение:
12+
Дата выхода на Литрес:
13 октября 2017
Объем:
230 стр. 1 иллюстрация
Переводчик:
Правообладатель:
Public Domain

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