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Читать книгу: «Deportiert auf Lebenszeit», страница 3

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Blunt wußte nicht, ob er lachen sollte oder ärgerlich sein über diese Zurückweisung. Er fühlte, daß er sich in einer ziemlich unbequemen Lage befand und entschloß sich deshalb zu lachen. »Sie sind ein Sprühteufel. Was muß ich thun, damit Sie mich lieben?«

Sie machte ihm einen Knicks. »Das ist Ihre Sache,« sagte sie. Und da der Kopf von Mr. Frere gerade in der Kajütsthür erschien, so ging Blunt davon, ganz verwirrt und doch nicht unwillig.

»Sie ist ein Prachtmädchen, bei Jingo,« sagte er und drückte sich seine Mütze fest. »Ich will mich hängen lassen, wenn sie nicht verliebt in mich ist.«

Und dann fing er an zu pfeifen und das Deck entlang zu schreiten. Hin und wieder blickte er auf den Mann, der seine Stelle eingenommen hatte, freilich nicht mit freundlichen Augen. Aber eine Art von Scham hielt ihn zurück, und er blieb in der Entfernung.

Maurice Frere’s Gruß war sehr kurz.

»Nun, Sara,« sagte er »Sind Sie noch übler Laune?«

Sie runzelte die Stirn.

»Warum schlugen Sie den Mann? Er that kein Unrecht.«

»Er war, wo er nicht hingehörte. Was hatte er dahin zu kommen ? Man muß die Schufte niederhalten, mein Kind.«

»Oder Sie werden Ihnen über den Kopf wachsen? Glauben Sie , daß ein Mann ein Schiff einnehmen kann, Maurice?«

»Nein, aber hundert können es.«

»Unsinn! Was können Sie gegen die Soldaten thun? Da sind fünfzig Soldaten.«

»Ja. – aber —«

»Was ?«

»Nichts. Es ist gegen die Gesetze und ich will es nicht sagen.«

»Nicht nach den »königlichen Befehlen,« wie Kapitain Vickers zu sagen pflegt.«

Frere lachte über ihr Nachahmen des pathetischen Kapitains.

»Sie sind ein sonderbares Mädchen. Ich kann nicht klug aus Ihnen werden. Kommen Sie,« und er nahm ihre Hand, »sagen Sie, was Sie wirklich sind?«

»Wollen Sie mir versprechen, es nicht weiter zu sagen?«

»Natürlich.«

»Auf ihr Wort?«

»Auf mein Wort.«

» Nun denn, – aber Sie werden es weiter sagen?«

»Gewiß nicht! Schnell, sagen Sie.«

»Kammerjungfer in der Familie eines Herrn, der über See geht.«

»Sara, können Sie nicht ernsthaft sein?«

»Ich bin ernsthaft. Das war die Anfrage, die ich beantwortete.«

»Aber ich meine, was Sie gewesen sind. Sie waren nicht immer eine Kammerjungfer.«

Sie zog ihren Shawl dichter um ihre Schultern und fröstelte.

»Die Menschen sind natürlich keine geborenen Kammerjungfern.«

»Nun, wer sind Sie denn? Haben Sie keine Freunde? Was sind Sie denn gewesen?«

Sie blickte den jungen Mann in’s Gesicht, das in diesem Augenblick vielleicht einen weniger harten Ausdruck hatte, als gewöhnlich und trat ihm näher.

»Maurice, lieben Sie mich?«

Er hob eine ihrer kleinen Hände, die auf der Reeling lagen, in die Höhe und küßte sie unter dem Schutze der Finsterniß.

»Sie wissen, daß ich Sie liebe,« sagte er. »Sie mögen eine Kammerjungfer gewesen sein oder was Sie wollen, aber Sie sind das liebreizendste Weib, das ich je gesehen.«

Sie lächelte über seine Heftigkeit. »Also, wenn Sie mich lieben, was hat es dann auf sich?«

»Wenn Sie mich liebten, würden Sie es mir sagen,« sagte er mit einem Eifer, der ihn selbst überraschte.

»Aber ich habe Ihnen nichts zu sagen und ich liebe Sie – noch nicht!«

Er ließ ihre Hand mit ungeduldiger Geberde fallen und in dem Augenblick kam Blunt, der sich nicht länger halten konnte, herbei.

»Eine schöne Nacht, Mr. Frere ?«

»Ja, ziemlich schön.«

»Noch kein Zeichen von Wind?«

»Nein, noch nicht.«

Grade in diesem Augenblick schien ein lichter Schein aus dem tief violetten Streifen der über dem Horizont hing, hervorzubrechen.

»Hallo,« rief Frere, »sahen Sie das?«

Alle hatten es gesehen, aber warteten vergeblich auf eine Wiederholung.

Blunt rieb sich die Augen.

»Ich sah es deutlich,« sagte er, »ein Blitz.«

Sie strengten ihre Augen an, um die Dunkelheit zu durchdringen.

»Best sah etwas Aehnliches vor dem Essen. Es muß ein Gewitter in der Luft sein.«

Da schien ein lichter Streifen plötzlich in die Höhe zu fahren, dann sank er wieder hinab.

Jetzt war keine Täuschung mehr möglich und ein einstimmiger Ruf ertönte von dem Deck. Aus dem düsteren Horizont schoß eine Flammensäule auf, welche die Nacht einen Augenblick völlig erhellte. Dann sank sie wieder und ließ nur einen rothen Schein auf dem Wasser zurück.

»Ein Schiff brennt!« rief Frere.

Drittes Capitel.
Die Einförmigkeit wird unterbrochen

Sie blickten wieder hin; der kleine Funke brannte fort und unmittelbar darüber aus der Dunkelheit brach ein feuerrother Fleck hervor, der wie ein glühender Stern am Himmel stand.

Die Soldaten und Matrosen auf dem Vorderkastell hatten es auch bemerkt und sogleich war das ganze Schiff lebendig.

Mrs. Vickers mit er kleinen Sylvia, die ach an der Mutter Kleid festhielt, erschien, um diese neue Aufregung zu genießen und beim Anblick ihrer Herrin zog sich die bescheidene Kammerjungfer schnell von Frere’s Seite zurück. Sie hätte es kaum nöthig gehabt, denn Niemand achtete auf sie. Blunt hatte in seinem Amtseifer fast schon ihre Gegenwart vergessen und Frere selbst war in ernster Unterhaltung mit Vickers begriffen.

»Ein Boot nehmen,« sagte dieser Herr. »Gewiß, unter allen Umständen. Das heißt, wenn der Kapitain nichts dagegen hat und wenn es nicht den königlichen Verordnungen zuwider ist —«

»Kapitain, wollen Sie mir ein Boot geben? Wir könnten vielleicht Einige von den armen Teufeln retten,« rief Frere und sein Mut wuchs bei der Aussicht auf diese aufregende Fahrt.

»Boot«t« sagte Blunt, – »das Schiff ist zwölf Meilen entfernt und es ist kein Windhauch in der Luft!«

»Aber wir können sie doch nicht braten lassen, wie Kastanien!« rief der Andere, als die Gluth am Himmel sich immer mehr ausbreitete und tiefer und tiefer wurde.

»Was nützt ein Boot?« sagte Pine. »Das Langboot hält nur dreißig Mann und das dort ist ein großes Schiff.«

»Nun so nehmt zwei, drei Boote,« Beim Himmel, Ihr werdet sie doch nicht lebendig verbrennen lassen, ohne einen Finger zu rühren.«

»Sie haben ihre eignen Boote,« sagte Blunt, dessen Ruhe einen starken Gegensatz zu dem Ungestüm des jungen Offiziers bildete; »wenn das Feuer um sich greift, so werden sie sich in die Boote retten, darauf können Sie sich verlassen. In der Zwischenzeit wollen wir ihnen zeigen, daß Jemand in der Nähe ist.« Während er noch sprach, schoß ein blaues Licht zischend in die Luft.

»Da, das werden sie sehen, glaube ich,« sagte er, als die bleiche Flamme auffuhr und für einen Augenblick die Sterne verschwinden ließ, damit sie dann an dem wiederum verdunkelten Himmel nur um so lichter erschienen.

»Mr. Best, lassen Sie die Ouarterboote hinab und bemannen Sie dieselben! Mr. Frere, Sie können in dem Einen mitgehen und einen oder zwei Freiwillige von Ihren Graujacken unten mitnehmen. Ich brauche alle Hände, die ich missen kann, um das Langboot und den Kutter zu bemannen, im Fall wir dieselben nöthig haben. Schnell daran, Kinder, flink!« Als die ersten acht Mann, welche das Deck erreichten, sich theils nach dem Steuerbordboot, theils nach dem Backbordboot wandten, lief Frere hinab in das Zwischendeck.

Mrs. Vickers war natürlich im Wege und schrie ein wenig auf, als Blunt ohne Weiteres mit kaum verständlicher Entschuldigung an ihr vorübereilte; aber ihr Mädchen stand aufrecht und bewegungslos an der Ouarterreeling und als der Kapitain eine Sekunde still stand, um sich umzublicken, sah er ihre dunkeln Augen nicht ohne Bewunderung auf sich gerichtet. Er war über zweiundvierzig stark und grauhaarig aber er erröthete wie ein Mädchen unter diesem bewundernden Blicke. Doch sagte er nur für sich: »Das Mädchen ist ein Staatsmädchen!« und fluchte ein wenig dabei.

Frere war an der Wache vorüber in’s Zwischendeck hinab geeilt. Auf seinen Wink wurde die Thür des Gefängnisses geöffnet. Die Luft war heiß und jener eigenthümliche, entsetzliche Geruch von zu eng eingeschlossenen Menschen erfüllte den ganzen Raum. Es war grade, als ob man in einen angefüllten Stall käme.

Sein Blick lief die doppelte Reihe der Kojen entlang, welche an der Seite des Schiffes befestigt waren und hielt bei der vorderen an. Es schien hier etwas vorgefallen zu sein, denn statt der sechs Paar Füße, welche heraushängen sollten, sah man nur vier Paar bei dem schwachen Licht der Kugellampe.

»Was ist hier geschehen?« fragte er die Wache.

»Ein Gefangener ist krank. Wer Doktor hat ihn in’s Hospital geschickt.«

»Aber es fehlen zwei?«

Der Andre kam Hinter den Kojen vor. Es war Rufus Dawes. Er hielt sich etwas zur Seite und grüßte.

»Ich fühlte mich krank, Herr, und versuchte, das Fenster zu öffnen.«

Die Köpfe erhoben sich alle und Augen und Ohren strebten zu sehen und zu hören, was vorfiel.

Maurice Frere stampfte ungeduldig mit dem Fuß.

»Krank, weshalb seid Ihr krank? Ich werde Euch zu thun geben, damit Ihr die Krankheit ausschwitzt. Steht hier auf dieser Seite zurück.«

Rufus Dawes gehorchte staunend. Er schien bedrückt und leidend zu sein, strich wiederholt mit der Hand über die Stirn, als ob er einen Schmerz bannen wollte.

»Welcher von Euch Burschen kann ein Ruder führen ?« fuhr Frere fort.

»Verdammt, ich brauche nicht fünfzig. Drei ist genug. Heran, schnell!«

Die schwere Thür schlug wieder zu und im nächsten Augenblick waren die vier Freiwilligen auf Deck. Die rothe Gluth verwandelte sich jetzt in gelb und breitete sich weiter über den Himmel aus.«

»Zwei in jedem Boot!« rief Blunt. »Ich werde jede Stunde ein blaues Licht für Sie abbrennen, Mr. Best und nehmen Sie sich in Acht, daß Ihr Boot nicht sinkt. Fort, Burschen!«

Als der zweite Gefangene in Frere’s Boot zum Ruder griff, stieß er einen schwachen Schrei aus, fiel vornüber, erholte sich aber wieder. Sara Purfoy, welche über die Reeling sah bemerkte es.

»Was ist’s mit dem Mann?« fragte sie. »Ist er krank?«

Pine war in ihrer Nähe, hörte sie und blickte hinab. »Das ist der große Bursche aus Nr. 10. Hier Frere!«

Aber Frere hörte ihn nicht. Er blickte nur nach dem Feuerzeichen, das in der Entfernung noch hell schimmerte.

« »Fort, Kinder!« schrie er. Und unter dem Hurrah des Schiffsvolkes schossen die beiden Boote aus dem fahlen blauen Licht hinaus in die Dunkelheit. Sara Purfoy blickte Pine an, wie um eine Erklärung fragend. Aber er wandte sich kurz ab. Einen Augenblick zögerte das Mädchen, dann aber, ehe er sich wieder umkehrte, warf sie einen schnellen Blick um sich schlüpfte die Leiter hinab und ging in das Zwischendeck. Die eisenbeschlagene Eichenthür der Barrikade, die mit Schießlöchern und mit starken Fallthüren für besondere Gelegenheiten versehen war und welche die Soldaten von den Gefangenen trennte, lag zu ihrer Linken. Die Wache an der Thür sah sie fragend an. Sie legte ihre kleine Hand auf seine große, rauhe Hand – eine Wache ist auch menschlich – und sah ihn mit ihren großen, braunen Augen an.

»Zum Hospital,« sagte sie. »Der Doktor schickt mich.« Und ehe er noch antworten konnte, war sie schon in der Luke verschwunden und ging um den Bretterverschlag herum, hinter welchem der kranke Mann lag.

Viertes Capitel.
Das Hospital

Das Hospital war nichts mehr oder weniger als ein Theil des unteren Decks und war von dem Platz abgenommen, der eigentlich den Soldaten zukam. Es ging bis an die Sternfenster und war, so zu sagen, eine künstliche Sternkajüte. Allerhöchstens konnte es ein Dutzend Menschen aufnehmen.

Obgleich es hier nicht so heiß war, wie in dem Gefängnis, so war die Atmosphäre doch ungesund und dick und das Mädchen, das still stand, um der summenden Unterhaltung der Soldaten in ihren Kajüten zu lauschen, fühlte sich ganz schwindlig und übel. Doch nahm sie sich zusammen und reichte ihre Hand einem Manne hin, der schnell bei dem unsichern Lichte und durch die unheimlichen Schatten, welche die hin- und herschwingende Laterne warf, auf sie zuschritt. Es war der junge Soldat, welcher an demselben Tage bei den Gefangenen Wache gestanden hatte.

»Nun, Fräulein,« sagte er. »Hier bin ich und warte auf Sie.«

Sie sind ein guter Junge, Miles, aber ich bin doch des Wartens werth?«

Miles grinste von einem Ohr zum andern.

»Gewiß sind Sie das ,« sagte er. Sara Purfoy runzelte die Stirn, dann lachte sie.

»Kommen Sie her, Miles, ich habe etwas für Sie.«

Miles kam näher und grinste noch mehr. Sie nahm etwas aus ihrer Tasche. Wenn Mrs. Vickers es gesehen hätte, würde sie sehr ungehalten gewesen sein, denn es war nichts Geringeres als des Kapitains Branntweinflasche.

»Trinken Sie. Es ist derselbe, den sie oben trinken, es wird Ihnen nichts schaden.«

Der Bursche ließ sich nicht nöthigen. Er trank die Hälfte auf einen Zug, holte dann tief Athem und starrte sie an.

»Das ist vorzüglich.«

»So. Das glaube ich.« Sie hatte ihm mit unverhaltenem Ekel zugesehen, als er trank.

»Branntwein ist das Einzige, wovon Ihr Männer etwas versteht.«

Miles, seinen Athem anhaltend, kam ihr einen Schritt näher. »So,« sagte er mit einem lachenden Blick in seinen kleinen Schweinsaugen, – »so ? Aber ich verstehe noch etwas mehr, Fräulein.«

Sein Ton schien sie aus ihren Gedanken zu wecken und sie an etwas fast Vergessenes zu erinnern. Sie lachte so laut und fröhlich, wie sie an diesem Ort zu lachen wagte und legte ihre Hand auf des Sprechers Arm.

Der Knabe erröthete heftig, – er war fast noch ein Knabe, einer von diesen schlecht berathenen Burschen, welche den Pflug verlassen um eines Schillings täglich, der Muskete und des »Pompes« und ruhmreichen Kriegswerks willen.

»Das ist nahe genug, Miles. Sie sind nur ein gewöhnlicher Soldat und müssen nicht mit mir liebeln.«

»Nicht mit Ihnen liebeln? Und wozu sollte ich Sie denn hier treffen ?«

Sie lachte auf.

»Was für ein praktischer Mensch. Wenn ich Ihnen nun etwas zu sagen hätte?«

Miles verzehrte sie fast mit seinen Blicken.

»Es ist schwer, einen Soldaten zu heirathen,« sagte Miles. »Aber Sie könnten auch noch schlechter ankommen und ich will für Sie arbeiten wie ein Sklave.«

Sie sah ihn neugierig und mit Wohlgefallen an. Es schien als ob sie, wenn auch ihre Zeit nur gemessen war, als Versuchung nicht widerstehen konnte, ihr eignes Lob anzuhören.

»Ich weiß, Sie stehen weit über mir, Fräulein Sara. Sie sind eine Dame, aber ich liebe Sie und Sie machen mich ganz wild mit Ihrem Spiel.«

»Thue ich das?«

»Ja, das thun Sie. Warum fingen Sie mit mir an und dann geben Sie sich wieder mit den Andern ab ?«

»Was für Andern?«

»Nun mit denen in der Kajüte und mit dem Pastor und dem – Frere. Ich sehe Sie spät Abends mit ihm auf dem Deck gehen. Ich möchte ihm lieber eine Kugel durch den rothen Kopf jagen, als Sie mit ihm gehen sehen.«

»Still, Miles, lieber Miles, sie werden Dich hören.«

Ihr Gesicht glühte und ihre Nasenlöcher öffneten sich weiter. Schön war sie, aber sie hatte in diesem Augenblick einen wahren Tigerblick.

Ermuthigt durch ihre Worte legte Miles den Arm um sie, gerade wie Blunt gethan, aber sie wurde nicht so böse darüber. Miles hatte ihr noch etwas versprochen.

»Still,« flüsterte sie mit wohl gespielter Ueberraschung – »ich höre ein Geräusch!«

Der Soldat fuhr auf und sie strich ihr Kleid zurecht.

»Es ist Niemand da!« rief er.

»Nicht. Dann irrte ich mich.«

»Jetzt komm her, Miles.«

Miles gehorchte.

»Wer ist in dem Hospital?«

»Ich weiß nicht.«

»Ich will hinein gehen.«

Miles kratzte sich den Kopf und lachte.

»Sie können nicht.«

»Warum nicht? Du hast mich doch früher hinein gelassen?«

»Es ist gegen des Doktors Befehl. Er hat mir ganz besonders gesagt, Niemand als ihn allein hinein zu lassen.«

»Unsinn.«

»Es ist kein Unsinn. Es ist ein Gefangener heute Abend hinein gebracht und Niemand soll zu ihm.«

»Ein Gefangener?« Sie wurde immer dringender. »Was fehlt ihm ?« »Ich weiß nicht. Aber er soll ganz ruhig gehalten werden, bis der alte Pine wieder herunter kommt.«

Sie nahm jetzt eine hochmüthige Miene an.

»Miles, laß mich hinein.«

»Bitten Sie mich nicht darum, Fräulein. Es ist gegen die Befehle und – «

»Gegen die Befehle? Was und Du wolltest gewisse Leute sogar niederschießen ?«

Der gequälte Miles wurde böse.

»Wollte ich? So, – gut, ob oder ob nicht, – Sie gehen nicht hinein.« Sie wandte sich wie zum Gehen.

»Sehr gut. Das ist also der Dank dafür, daß ich meine Zeit hier mit Dir verschwende. Ich werde wieder aus Deck gehen.«

Miles wurde unruhig.

»Da sind genug angenehme Leute.« Miles ging ihr einen Schritt nach. »Mr. Frere läßt mich gleich hinein, wenn ich ihn bitte.«

Miles stieß zwischen seinen Zähnen einen Fluch aus.

»Der verdammte Frere! Gehen Sie hinein, wenn Sie mögen,« sagte er. »Ich will Sie nicht aushalten, aber denken Sie daran, was ich für Sie thue.«

Sie wandte ich am Fuß der Treppe um und kam zurück.

»Du bist ein guter Schelm. Ich wußte wohl, daß Du es mir nicht abschlagen würdest.« Und dem armen Tropf zulächelnd, den sie so bethörte, ging sie in die Kajüte.

Es war keine Laterne darin und durch die halb zugesetzten Sternfenster drang nur ein sehr schwaches Licht. Das einförmige Anschlagen des Wassers an das Schiff, das sanft auf den langsamen Wellen hin- und hergeschaukelt wurde, gab einen recht melancholischen Ton und das schwere Athmen des kranken Mannes schien den ganzen Raum mit seinem Geräusch zu erfüllen. Das leise Geräusch des Oeffnens der Thür schien ihn zu erwecken. Er erhob sich, stützte sich auf seinen Ellenbogen und begann zu murmeln. Sara stand in der Thür still, um zu lauschen, aber sie konnte nichts von dem undeutlichen Murmeln verstehen. Ihren Arm erhebend, der, seines weißen Aermels wegen, leicht zu sehen – war, winkte sie Miles. »Die Laterne,« flüsterte sie. »Bringen Sie die Laterne.« Er nahm sie von dem Haken ab, an dem sie hing, und brachte sie ihr. In dem Augenblick richtete sich der kranke Mann auf und wandte sich gegen das Licht. »Sara,« rief er in scharfem Ton, »Sara!« Mit seinem schwachen Arm griff er in die Luft, als ob er sie fassen wollte.

Das Mädchen sprang wie ein Panther aus der Kajüte, riß ihrem Liebhaber die Laterne aus der Hand und war sogleich wieder neben dem Lager des Kranken. Der Gefangene war ein junger Mann von etwa vierundzwanzig Jahren. Seine Hände, krampfhaft gefaltet, waren wohlgeformt und klein und das unrasierte Kinn zeigte den Ansatz zu einem starken Barte. Seine wilden, schwarzen Augen blitzten im Feuer des Deliriums und während er nach Luft schnappte, stand der Schweiß in hellen Tropfen auf seiner bleichen Stirn.

Der Anblick des Mannes war erschreckend genug und Miles zog sich fluchend zurück und war nicht sehr erstaunt, daß Mrs. Vickers Mädchen ganz starr vor Entsetzen war.

Mit offenem Munde und todtenbleichem Gesicht stand sie mit der Laterne in der Hand mitten in der Kajüte, wie versteinert und starrte auf den Mann im Bett.

»Ja, das ist ein Anblick,« sagte Miles endlich. »Kommen Sie fort, Fräulein und machen sie die Thür zu. Er redet irre, sage ich Ihnen.«

Der Ton einer Stimme rief sie wieder zu sich.

Sie ließ die Laterne fallen und stürzte zu dem Lager.

»Du Narr! Er erstickt ja. Kannst Du das nicht sehen. Bringe Wasser herbei! Wasser! gib mir Wasser!«

Und die Arme um des Mannes Hals schlingend, legte sie seinen Kopf an ihre Brust und schaukelte ihn ganz außer sich hin und her.

Zum Gehorsam gezwungen durch ihre Stimme, tauchte Miles einen Becher in ein kleines, von ihr unbemerkt gebliebenes Faß in der Ecke der Kajüte und gab ihn ihr. Ohne zu danken, hielt sie den Becher an die heißen Lippen des Gefangenen. Er trank gierig und schloß dann seine Augen mit einem dankbaren Seufzer.

Da hörten die scharfen Ohren von Miles das Geräusch des Gewehr Präsentierens. »Da kommt der Doctor, Fräulein,« rief er. Ich höre wie die Wache präsentiert. Schnell fort!«

Sie ergriff die Laterne, öffnete sie und löschte sie schnell aus.

»Sage, sie ging aus,« sagte sie in befehlendem Tone flüsternd zu ihm, »und halte Deinen Mund. Laß mich nur machen.« Sie beugte sich über den Gefangenen, um seine Kissen zu ordnen und glitt aus der Kajüte, gerade als Pine den Gang herabkam.

»Hallo,« schrie er, als er ein wenig stolperte, »wo ist das Licht?«

»Hier, Herr,« rief Miles und machte sich mit der Laterne zu thun. »Alles in Ordnung, Herr, sie ging nur aus.«

»Ging aus! Wozu hast Du sie ausgehen lassen, Du Esel,« brummte Pine ganz ohne Verdacht. »Das ist Euch Schafsköpfen recht ähnlich. Wozu dient ein Licht, wenn man es ausgehen läßt, – was?«

Und während er mit ausgestreckten Armen seinen Weg im Dunkeln suchte, schlüpfte Sara Purfoy unbemerkt an ihm vorüber und gelangte glücklich auf das Deck.

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Дата выхода на Литрес:
10 декабря 2019
Объем:
700 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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