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Eine Anmerkung zum Aufbau dieses Buches

Der erste Teil »Lektionen in der Wildnis« gibt den später dargestellten spirituellen Informationen einen sehr menschlichen Rahmen. Er enthält einige wichtige Episoden und spirituelle Lektionen aus Kieshas Kindheit und Jugend. »Wildnis« ist hier sowohl wörtlich als auch symbolisch gemeint – es geht hier nicht nur um die Natur, sondern auch um jene Bereiche des Lebens, die schwierig sind und deren Sinn sich uns nicht so leicht erschließt. Der zweite Teil »Erinnern, wer wir sind« konzentriert sich mehr auf die inneren Aspekte der Botschaft, die Little Grandmother verbreiten möchte – jene Dinge, an die sich die Menschen erinnern und mit denen sie im Einklang sein müssen, um sich zu einem höheren Bewusstsein aufzuschwingen. Der dritte Teil »Visionen der Gegenwart und der Zukunft« befasst sich mit esoterischen und prophetischen Informationen und Lehren, die Little Grandmother direkt empfangen hat. Sie teilt diese Dinge aus ihrem eigenen Herzen heraus mit und möchte deutlich machen, dass sie nicht für irgendein indigenes Volk oder eine Gruppe spricht. Sie versucht nicht, indigene Lehren oder indianische Traditionen zu vermitteln, sondern berichtet nur von dem, was Spirit ihr direkt eingegeben hat, damit sie es weitergibt.

Jennifer Ferraro

Teil 1 Lektionen in der Wildnis

Der Anfang der Reise:
das Herz als Grundlage und als Weg

Lieber Leser, liebe Leserin,

ich schreibe dieses Buch, um der Menschheit zu helfen, sich mit dem Herzen zu verbinden, denn das Herz ist die eigentliche Grundlage allen Wissens, aller Inspiration und allen göttlichen Verstehens. Bei meinen Reisen in alle Welt habe ich überall mit Menschen gesprochen, und viele haben mich gefragt, ob ich über all die Dinge, von denen ich spreche, ein Buch schreiben könnte. Nach einer Menge schwerer Arbeit (und ich hatte gedacht, öffentlich zu reden wäre schwer!) übergebe ich dir, mein lieber Bruder, meine liebe Schwester, dieses Buch mit Liebe und Dankbarkeit. Es wurde für dich geschrieben, um dir zu helfen, zu erkennen, wie göttlich, majestätisch und machtvoll du bist. Du bist die Antwort auf deine eigenen Gebete. Du bist ein Funke des Schöpfers, und du kannst die Welt verändern, indem du in Liebe lebst, indem du dich daran erinnerst, dass dein eigenes höheres Selbst, dein großes ICH BIN, sich entschieden hat, zu genau dieser Zeit um einer bestimmten Aufgabe willen hierher auf die Erde zu kommen.

Auf der Welt gibt es viele großartige Bücher und Autoren, die über die anstehenden Veränderungen auf diesem Planeten Theorien und Spekulationen entwickelt haben. Es ist leicht, sich von dem, was über die Zukunft geschrieben und gesagt wird, ängstigen zu lassen. Deshalb möchte ich folgenden einfachen Rat geben: Alles, was dir nicht größeren Frieden, Inspiration und ein Gefühl liebevoller Dankbarkeit für dieses Leben schenkt, kannst du getrost beiseitelegen. Du brauchst es nicht!

Was du wissen musst, ist bereits in dir, in deinem Herzen. Was auf der Ebene des Verstands wirkt, kann nur den Verstand heilen – es hilft uns nicht, in unser Herz zu kommen. Nur das Erwachen des Herzens und die Verwirklichung dessen, was wir wirklich sind, wird unsere Art zu leben und unsere Zukunft verändern. Und das ist genau das, wozu uns viele indigene Ältesten und Weisheitshüter auffordern, ebenso wie die vielen Lichtwesen, die hier sind, uns beobachten und uns helfen. Wir sind aufgefordert, anzufangen, vom Herzen her zu leben und uns daran zu erinnern, wie göttlich, wundervoll und groß wir tatsächlich sind. Klingt einfach, oder? Es ist nicht so schwer, wie es uns unser Verstand weismachen will.

Wir sind menschliche Herzen, wir pulsieren mit lebendigen Emotionen und Gefühlen. Wir verbinden und lieben uns nicht durch gemeinsame Ideen über Dinge, sondern durch gemeinsame Gefühle. Deswegen gebe ich dir, lieber Bruder, liebe Schwester, auf diesen Seiten nicht nur die Informationen und die Lehren weiter, die ich von meinen Geisthelfern und Lehrern erhalten habe, sondern erzähle auch einiges von meiner persönlichen Reise. Mögen diese persönlichen Geschichten dein Herz berühren. Ohne sie würde die Botschaft, die ich dir mitteilen möchte, vielleicht zu weltfremd oder seltsam erscheinen. Ich bin ein einfacher Mensch, deshalb ist dieses Buch so einfach wie möglich geschrieben. Von Herz zu Herz teile ich mit dir, was ich durch Spirit als wahr erfahren habe. Das Wichtigste ist, auf der Herzebene in Verbindung zu gehen, denn dort kommen wir zusammen und können einander als ein anderes »Ich selbst« erkennen. Wir sind eines Herzens und können einander viel tiefer verstehen und lieben, als wir ahnen.

Wir sind wahrhaft Götter und Göttinnen. Wir sind alle spirituell ebenbürtig. Vor Spirit ist niemandes Reise bedeutender als die eines anderen. Ob du Hausfrau oder Hausmann bist, ob du Tischler, Autorin, Geschäftsmann oder Verkäuferin bist – du hast es in dir, die Welt zu verändern. Du hast alle Weisheit und göttliche Liebe des Schöpfers in dir, und es ist Zeit, dein wahres Wesen zu leben. Es ist Zeit, uns an das zu erinnern, was wir wissen und vergessen haben: dass wir Liebe sind, dass diese Schöpfung die eigentliche Essenz der Liebe ist. Dies wissend, können und werden wir unsere Welt verändern.

Ich schwöre, dass alles, was ich in diesem Buch berichte, meiner Erfahrung entspricht. Dabei ist nicht so wichtig, ob du selbst an solche Dinge wie Sternenwesen, Geisthelfer oder Prophezeiungen über Umwälzungen auf der Erde glaubst. Vertraue auf dein Herz; es weiß, was für dich wirklich ist. Nutze diese Worte, wie es dir entspricht. Erinnere dich an dein Herz, um zu wissen: Die Liebe ist wirklich die Antwort auf alle Fragen. Das ist das Allerwichtigste. Dein Herz wird dir eine kosmische Dimension des Seins zeigen, die wir uns noch überhaupt nicht vorstellen können und die wir doch alle bald erleben werden.

Wenn du in deinem Herzen bist, wirst du mit dem Herzen von Mutter Erde verbunden sein, und sie wird dich schützen und deine Schwingung der Liebe und Dankbarkeit spüren. Mit jedem Gedanken, Gefühl und Atemzug wählen wir, was uns in nächster Zukunft widerfahren wird.

Im gegenwärtigen Zeitfenster ist es ganz besonders wichtig, dies zu verstehen und anzufangen, sich zu erinnern. Wie mir gezeigt wurde, stehen der Erde immense Veränderungen bevor, nach denen die Menschheit nie wieder dieselbe sein wird. Wir sind im Begriff, uns auf ein spirituelles Abenteuer einzulassen, das noch niemand im Universum erlebt hat, auf einen Entwicklungssprung, wie es ihn im Kosmos noch nie gab. Evolution gab es schon immer, doch nie so schnell, wie die Kinder des Planeten Erde es gerade erleben. Wie sich das alles genau abspielen wird, ist noch unklar, aber vielen von uns werden Dinge und Informationen übermittelt, mit denen sie diesen Prozess unterstützen können, und genau das tue ich auch mit diesem Buch.

Auf den folgenden Seiten beschreibe ich meine Erfahrungen mit Sternenwesen, Lichtwesen, meinen Geistführern, den Ahnen und Mutter Erde und was sie mich gelehrt haben. Ich stelle dar, was ich auf diesem Planeten an Bewusstseinserweiterung für möglich halt, und berichte von den Veränderungen auf der Erde, die bereits im Gange sind oder höchstwahrscheinlich kommen werden. Aber vor allem möchte ich mitteilen, wie du diesen Bewusstseinswandel unterstützen und dich vorbereiten kannst, dich mit Mutter Erde auf eine höhere Ebene des Seins zu begeben. Möge dieses Buch dein Herz bewegen und dich dazu inspirieren, wach zu werden für das Mysterium und die wundervolle Chance, die vor uns liegt.

Welch erstaunliche Zeit, um auf der Erde zu leben! All unsere Seelen haben sich entschieden, hier zu dieser Zeit geboren zu werden. Wir haben uns entschieden, hierher zu kommen, um dieses kosmische Ereignis, auf welches das ganze Universum schaut, zu bezeugen und aus erster Hand mitzuerleben. Wir sind die »stärksten der starken Seelen«, die je auf diesem Planeten waren – und es gibt nichts zu fürchten, wenn wir in unserem Herzen bleiben und uns auf die Liebe einschwingen. Unsere Liebesschwingung kann uns mit höheren Dimensionen der Wirklichkeit verbinden, die parallel zu unserer dreidimensionalen Wirklichkeit existieren und von denen uns Führung, Wissen und Weisheit zufließen, um die Weiterentwicklung der Menschheit zu fördern. Mutter Erde ist dabei, sich von der Negativität und den Giften zu befreien, die sie umbringen, damit sie neu geboren werden kann.

Wenn wir uns daran erinnern, werden wir nicht nur Zerstörung um uns herum sehen. Vielmehr werden Licht und Liebe uns zu etwas Schönerem führen, als wir uns vorstellen können. Wir wissen, wie das geht, und wir werden es gemeinsam vollbringen. Wir werden uns daran erinnern, woher wir stammen und was wir einst wussten – und dann werden wir selbst darüber hinauswachsen.

Lasst uns unsere Herzen versammeln und die Liebesschwingung auf diesem Planeten vergrößern. Lasst uns zusammenkommen als ein Stamm, als Kinder von Mutter Erde. Lasst uns zu einem einzigen Herzen verschmelzen, voller Liebe für unsere liebe Mutter Erde und diese kostbare Schöpfung. Lasst uns einander versprechen, diese Erde niemals aufzugeben, uns niemals der Angst und Verzweiflung hinzugeben – und einander niemals aufzugeben. Liebe ist die tiefgründigste, weitreichendste und am wenigsten verstandene Energie auf der Erde. Durch sie werden wir ein Paradies erschaffen, wie es noch nie auf Erden gesehen wurde. Wir werden zu einer höheren Dimension des Seins aufsteigen und zu den göttlichen Wesen werden, die wir sind.

Ich bin so dankbar, mit dir und euch hier auf diesem schönen Planeten zu sein, auf dieser erstaunlichen gemeinsamen Reise. Mögen wir uns immer daran erinnern, wer wir sind und dass wir eines Herzens sind. Mögen wir gemeinsam eine neue Erde und eine neue Menschheit erschaffen und wissen, dass es nach jedem Tod eine Wiedergeburt gibt, so wie der Regenbogen dem Unwetter folgt. Mögen wir all das sehen und in unseren Herzen fühlen und uns nicht fürchten, vorwärtszutreten, Hand in Hand, in das Große, das uns erwartet.

In Liebe und Dankbarkeit

Little Grandmother

Mit den Tieren reden

Seit ich mich erinnern kann, sind die Tiere meine besten Freunde gewesen, Freunde, mit denen ich echte Gespräche führte. Seit ich ein Kind war, konnte ich Tiere auf eine besondere Art spüren und mit ihnen reden. In meiner Familie wurde nie offen darüber gesprochen, es war einfach so. Wir nahmen es hin, und es war in unserer kleinen Gemeinde auch anderen bekannt. Mein Vater war Farmer und Mitarbeiter auf einer Ranch, daher hatte ich das Glück, auf dem Land und mit vielen Nutztieren aufzuwachsen, ganz zu schweigen von all den Wildtieren in den Bergen Colorados.

Ich erinnere mich, wie mir als Kind zum ersten Mal bewusst wurde, dass ich in einem Tier die Lebensenergie spürte. Es machte einen tiefen, unvergesslichen Eindruck auf mich. Es wurde damals schon früh dunkel, es muss Anfang Februar gewesen sein, denn um unser kleines Farmhaus lag noch viel Schnee. Meine Schwester Kelsy und ich standen in der Küche, unsere selbst genähten Nachthemden schlotterten uns um die Knie, und unsere nackten Füße pressten sich auf den kalten Linoleumboden. Wir waren sicher nicht älter als vier oder fünf, und wir warteten auf unseren Vater, der gleich mit den Kälbchen durch die Tür kommen würde. Meine Mutter heizte den Ofen an und bereitete hastig alles für die kleinen Kälber vor. Ich begriff nicht ganz, was vor sich ging, aber ich spürte, dass Eile und Angst in der Luft lagen, während meine Mutter Wasser heiß machte. Kelsy und ich standen Hand in Hand da, mit festem Blick auf die Hintertür, als diese plötzlich aufflog und die kalte Nachtluft hereinzog. Auf jeder Schulter ein Kalb, drängte sich mein Vater durch die Tür. Die Kälbchen bewegten sich nicht, und ich begriff die Aufregung. Sie waren fast erfroren.

Meine Mutter öffnete die Ofentür, und mein Vater legte die Kälbchen davor, damit sie sich aufwärmen konnten. Ich sah zu, wie das Eis auf der Nase eines der Kälbchen schmolz. Tränen stiegen mir in die Augen. Ich konnte es nicht ertragen, zuzusehen, wie die Kälbchen starben. Ich kniete mich auf den Rand meines Nachthemds und legte meine Hand auf den Kopf des Kälbchens. In jener eiskalten Schneenacht spürte ich zum ersten Mal, wie sich Lebensenergie anfühlt. Ich erinnere mich noch ganz genau an dieses warme Kribbeln, ähnlich dem Gefühl von eingeschlafenen Händen, aber zusammen mit einem elektrischen Summen. Zuerst dachte ich, ich spürte einfach nur, wie das Kälbchen wärmer wurde, aber da war noch etwas anderes. Ich konnte spüren, wie das Leben in den Körper des Tieres zurückkehrte. Ich konnte es fühlen, schmecken, hören – ich wusste, das Kälbchen würde am Leben bleiben, bevor es auch nur das geringste Geräusch oder die kleinste Bewegung machte. Ich sprang auf, und Kelsy und ich machten uns daran, Milch aufzuwärmen. Meine Eltern hatten zunächst noch Zweifel, aber schon bald standen beide Kälbchen auf den Beinen, schwankten zitternd unter dem Gewicht ihrer kleinen Körper und saugten gierig die angebotene Milch auf.

Manchem mag es merkwürdig erscheinen, dass ein Kind Lebensenergie spürt oder so viele Sinneseindrücke gleichzeitig wahrnimmt: Geschmack, Klang, Struktur, manchmal sogar Zahlen. Aber vielleicht ist es auch nicht merkwürdig, schließlich hat mich meine Mutter in unserer Scheune mitten zwischen Kühen und Kälbern zur Welt gebracht. Während eines Schneesturms hatte meine hochschwangere Mutter versucht, meinem Vater dabei zu helfen, einer jungen, unerfahrenen Kuh das Kälbchen herauszuziehen. Sie rutschte aus, fiel hin und bekam Wehen. Vielleicht war das der Grund, warum ich mich schon als Kleinkind am liebsten bei den Kälbern und Lämmern im Stall aufhielt.

Ich wusste, was Tiere fühlen und was sie brauchen, ich erfuhr es durch Geschmack, Struktur, Farbe und Gefühl. Ich konnte mich auf die Gefühle eines Tieres einschwingen, es beruhigen und wortlos mit ihm reden. Ich konnte spüren, wenn ein Tier in der Nähe war, selbst wenn ich es nicht sah. Manchmal lernte ich das auf die harte Art. Bei einem der ersten Male, wo ich den Hilfeschrei eines Tieres hörte, saßen wir gerade mit der ganzen Familie vor dem Fernseher. Plötzlich bekam ich in der Brust ein Gefühl totaler Panik und hatte Angst, die Lämmer würden von wilden Hunden angegriffen. Ich dachte einen Augenblick lang darüber nach und lauschte, ob ich hinter dem Haus etwas hörte. Ich redete mir meine Gefühle aus und sah weiter fern.

Auf einmal hörte ich eine Stimme so laut rufen: »Geh!«, dass ich aufsprang. Ich sah die anderen an, aber offensichtlich hatte niemand von ihnen die Aufforderung gehört. Ich beschloss, einfach mal nach draußen zu gehen und nach den Lämmern zu sehen, um mich zu beruhigen. Doch als ich die Türe aufmachte, erwartete mich ein entsetzlicher Anblick. Mein Magen krampfte sich zusammen und meine Knie wurden weich, denn unser Lieblingslamm Abby hing im Maul eines wilden Hundes, und sein weißes Fellchen war voller Blut. Ich schrie nach meinem Vater und rannte los, um Abby zu helfen. Der Hund ließ das Lamm fallen. Abby hatte Bisswunden an der Kehle und am ganzen Körper. Wochen-, ja monatelang saßen meine Geschwister und ich bei dem Lämmchen und pflegten es wieder gesund, und ich schwor mir, hinzuhören, falls ich je wieder ein Tier rufen hören sollte.

Meine Freunde amüsieren sich oft darüber, wie ich Tiere, lange bevor man sie sieht, spüren kann. Wenn wir über die Landstraße fahren, merke ich schon weit im Voraus, dass da Wapiti-Hirsche auf der Straße stehen oder dass dort im Busch ein Bär, ein Kaninchen oder ein Waschbär sitzt. Jedes Tier hat für mich einen eigenen Geschmack, eine eigene Struktur und ein eigenes Gefühl. Es ist eine Mischung von Empfindungen, die nicht leicht zu beschreiben ist. Wenn beispielsweise eine Eule in der Nähe ist, schmecke ich bittere Schokolade, spüre ein dunkles Violett und fühle etwas Samtiges. So erkenne ich auch, welches Geschlecht das Tier hat, wie weit es entfernt ist und – wenn ich mich genau konzentriere – wie es sich fühlt und was es kommuniziert. Ein Wapiti-Hirsch hingegen schmeckt in meinem Mund nach Rinde oder trockenem Gras. Vielleicht gibt es eine wissenschaftliche Begründung dafür, wie das funktioniert. Ich weiß nur, dass diese Mischung aus Empfindungen mir mitteilt, welches Tier wo ist und was es mit ihm auf sich hat.

Wenn ich nachts unterwegs bin, schalte ich immer mein »Viecher-Radar« ein, wie ich es scherzhaft nenne. Sitzt eine andere Person am Steuer, bitte ich sie vielleicht plötzlich, langsam zu fahren, weil ich weiß, dass hinter der übernächsten Kurve Hirsche auf der Straße sind. Diese Fähigkeit ist vor allem auf der Strecke zwischen Santa Fe und Colorado oft sehr nützlich, denn in den San Antonio Mountains kreuzen nachts des Öfteren Hirsche die Fahrbahn, und es kommt immer wieder zu Unfällen.

Damals wussten zwar meine Familie und die Nachbarschaft um meine Fähigkeiten und baten mich um Hilfe, wenn ihre Tiere etwas brauchten, aber es wurde nicht als etwas Besonderes angesehen. Es war mir auch peinlich. In der kleinen, konservativen Mormonen-Gemeinde, in der ich aufwuchs, war es unmöglich, über solche Dinge zu sprechen. Ich fühlte mich immer sehr anders als die anderen und wusste, man hielt mich für einen verrückten Wildfang, der lieber mit Tieren redete als mit Menschen. Der Glaube der Mormonen lässt keinen Spielraum für irgendetwas, das von den eigenen Überzeugungen abweicht – um es einmal milde auszudrücken. Also schwieg ich über meine Erfahrungen mit der Natur oder später mit Geistwesen und den Stimmen, die zu mir sprachen. Aus Angst, für verrückt gehalten zu werden, behielt ich den größten Teil dessen, was ich erlebte, für mich. Ich war schon Ende zwanzig, als ich zum ersten Mal mit einem Menschen über diese Dinge redete.

Die Tiere sind meine Familie

Ich zog mich oft alleine an einen besonderen Platz zurück, wo ein kleines Stück vom Ort entfernt unter riesigen Pappeln zwei Flüsse zusammentreffen und warmes Wasser aus der Erde tritt. Kein Mensch konnte mich dort finden, und ich fühlte mich dort sicher. Ich hockte in diesem wundervollen Hain aus Pappelbäumen, am Rande des weiten Tals erhoben sich die Berge, und ich fühlte mich geschützt. Dort wurden die Bäume, Pflanzen und Tiere wahrhaft meine Familie.

Auf 2500 Metern Höhe sind die Winter in Colorado sehr, sehr kalt. Ich hatte nur selten mehr dabei als eine Jacke, einen Rucksack, eine alte Kaffeedose, in der ich Wasser kochte, und ein paar Lebensmittel, die ich auf dem Weg zur Tür einsackte – meistens ein paar Kartoffeln, eine Orange, eine Dose Bohnen. Ich hielt mich an einen alten Campingtrick, den mir mein Vater beigebracht hatte: Ich fachte ein Feuer an, ließ es eine Weile brennen und stopfte dann die Steine, die die Feuergrube eingefasst hatten, unter meine Kleidung. Dann schlief ich auf der Stelle, wo das Feuer gewesen war, um nicht zu erfrieren. Wenn es nicht allzu kalt war, bedeckte ich mich auch mit Erde und Laub. Ich vergrub mich in der Erde, als wäre sie meine Decke – was sie ja auch war.

Auch die Wapiti-Hirsche halfen mir. An diesem besonderen Ort lebte eine Herde von achtzehn oder neunzehn Tieren. Von meinem kleinen Hain aus konnte ich über den Fluss hinweg beobachten, wie sie sich nachts in das lange, weiche Gras betteten. Wenn ich mich langsam in ihrem Tempo bewegte, ließen sie mich an sich heran, und ich konnte zwischen ihren Kälbern schlafen. Tiere sprechen nicht nur durch ihre Gefühle, sondern auch durch ihre Körper. Ich sah genau auf ihre Ohren: Waren sie steil aufgestellt oder entspannt? Stampften die Muttertiere auf den Boden oder bewegten sie sich gemächlich? Wenn mich ein Muttertier anschnaubte, zog ich mich ein Stück zurück und setzte mich abwartend hin. Doch am wichtigsten war der Ausdruck ihrer Augen. Ich beobachtete die Augen der Muttertiere, achtete darauf, wann sie wachsam waren und wann der glasige Ausdruck von Angst und Schrecken wieder einem ruhigen, schläfrigen Blick wich. Ich wartete auf diese Veränderung, bevor ich versuchte, mich in den Kreis hineinzubegeben. Die Wapiti haben immer ihre Jungen in der Mitte, und die Körper der erwachsenen Tiere halten sie von außen warm. Sie ließen mich in der Mitte liegen und hielten mich so mit ihren Jungen am Leben. Bis zu diesem Tag gehören diese Wapiti und ihre Jungen, die inzwischen ausgewachsen sind, zu meiner Familie. Auch als Erwachsene bin ich noch ein paarmal zu ihnen zurückgekehrt, um nach ihnen zu sehen und sie zu besuchen. Meistens scheuen sie jetzt vor mir zurück, aber manchmal lässt mich eines der älteren Muttertiere herankommen, und wir nähern uns einander in der alten, vertrauten, subtilen Sprache, die wir vor langer Zeit miteinander sprachen.

1 339,67 ₽
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9783867287272
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