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Читать книгу: «Lowlife», страница 5

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Den Sommer über wurden wir damit beschäftigt, das krumme und schiefe Dreckloch von Keller, in ein etwas weniger krummes und schiefes Dreckloch von Keller zu verwandeln. Wir ließen dafür das Projekt im zweiten Stock erst einmal ruhen… Nicht ahnend was mich als nächstes erwartete war ich fast dankbar dafür. Dort oben hatten sich massenhaft negative Energien gesammelt und die Luft raunte nach immer neuen Entladungen schal und dick wie die Eier eines Pubertierenden.

Wir nahmen uns Raum für Raum vor und schleiften all die irrationalen, verstaubten Gerätschaften und den Unrat von einem in den anderen… Die ganze Heizung unsicher auf einer Palette stehend, den Kompressor in Einzelteilen… Motor und Kessel… Regale und genug Kleinkram für einen gut sortierten Heimwerkerbasar. Alles wurde herausgezerrt und anderswo aufgetürmt. Zwischendurch stürmte mal einer in die Werkstatt, sah nach dem Rechten, schob eine eilige Reparatur ein und musste dabei aufpassen, dass derjenige nicht über die Sachen stolperte, welche notdürftig in alle zur Verfügung stehenden Ecken geräumt worden waren und bis in die Arbeitsplätze hinausragten.

Pünktlich zur Beendigung der Vorarbeiten, brachen die heißesten Tage des Jahres an… Im Schwimmbad amüsierte sich mit Sicherheit jeder halbwegs freie Mensch, egal ob im Schul- oder Rentenalter. Bei uns hingegen zog man es vor, im Dreck zu baden sowie, eine Staublunge zu bekommen… Wenn ich mir die Nase putzte, kam jedes Mal eine schleimige, schwarzgraue Masse heraus, die man gut als Mörtel hätte verwenden können… Die größte Plackerei verursachten mit Abstand die Ausschachtungsarbeiten… Schwielen, verdampfender Schweiß und Agonie bei dreißig Grad im Schatten. Schweres Gerät wurde herbeigeschafft. Wir schufteten zu viert auf vier Quadratmeter Raum im Heizungskeller, dann auf sechs im Lager… Und hoben Pflastersteine, Beton, und Bauschutt aus, deformierte Ziegel und Steine so groß wie ein Pferdekopf… Es hätte mich nicht gewundert, wenn man auf ein Bombe gestoßen wäre… Oh wären sie doch nur!… Der Boden wehrte sich, als hätte er denken und fühlen können und hegte den Wunsch, uns zerbrechen zu sehen. Ich operierte an zwei Fronten. Mit einer quietschenden, alten Schubkarre raste ich zwischen der Kellertür und einem Bauschuttcontainer hin und her, wo ich die schier endlosen Mengen Schutt und Erde ablud, während die Kollegen im Schweiße ihres Angesichts immer mehr totes Material aus dem Verschlag herausholten und in eine zweite, schon bereit stehende Schubkarre schaufelten… Abends fühlte ich mich so, als hätte ich genug Material abtransportiert, um ein neues Haus damit aufzuschütten… Alex bediente eine riesige, prähistorische Aushebemaschine, die von einem Motor angetrieben wurde, der einem glatt das Trommelfell zerpflücken wollte. Nicht genug, fabrizierte das Gerät eine solche Menge Qualm, dass es vor der geöffneten Tür zum Hof, dem einzigen Luftloch, aussah als stünde der ganze Keller in Flammen… Drinnen tränten einem die Augen und man rang mit dem Schwindel sowie dem Gefühl, einfach umkippen zu wollen… Der arme Kerl hob sich fast einen Bruch mit dem verdammten Ding. Er vermochte für fünf Sekunden damit auf den leblosen Boden einhämmern. Dann stand er kurz vor einem Bandscheibenvorfall und musste erst einmal fünf Minuten Pause einlegen, bevor er sein verzweifeltes Werk von Neuem beginnen konnte. Neben all dem stand auch noch das Wiesel, gab Befehle und packte hin und wieder dazwischen… Sofern es nicht mehr zu leugnen war, dass einer seiner Ackergäule zusammenzubrechen drohte… Immerhin brachte er uns hin und wieder kalte Getränke… Man musste es ihm hoch anrechnen.

Das vorläufige Ende vom Lied war ebenso lachhaft grotesk wie zum Verzweifeln… Eine vom Leben schlecht geschriebene Tragödie ohne Zuschauer und inszeniert durch einen Irren… Ein Fahrmischer rollte vor, um die ausgeschachteten Räume mit Beton aufzugießen. Alle Augen waren auf die graue Pampe gerichtet… Zähflüssig gluckernd, immer weiter und weiter aufsteigend lief es ein… Sobald das Zeug ausgehärtet war, bestätigte sich, was die Kollegen und ich insgeheim schon vermutet hatten… Vielleicht fünf bis zehn Zentimeter Raumgewinn… Das Wiesel hatte die Männer zu viel Beton eingießen lassen… Immer rein! Man hatte es ja bezahlt… Schließlich kamen noch die Fliesen dazu sowie die eigens vorgenommene Verkleidung der gewölbten Decke des Heizungskellers… Wobei wir jede der verwendeten Rigipsplatten gefühlte hundert Mal anpassen mussten, aufgrund der schiefen Wände und der Unzahl von Rohren für Wasser, Heizung und Druckluft, die ein kupfernes Labyrinth unter der Decke und an den Wänden bildeten… Der gewonnene Raum war auf zwei Zentimeter in der Horizontalen gesunken… Blut, Schweiß und Tränen, gemarterte Knochen! Für Nichts!

Der Spaß sollte noch eine Weile dauern… Die Luft noch muffig vom trocknenden Beton, legten wir auch im Lager Schrägstrich Umkleideraum Schrägstrich geräumte Müllhalde los. Über dem Grund wölbte sich die brüchig aussehende Decke, deren maroden Farbschichten ich zusammen mit dem Gesellen, bewehrt mit Spachteln, Besen und Eimern, zu Leibe rückte… Unsere Stimmen hallten durchs Gemäuer, solange, bis man eine angemessenere Aufgabe für ihn fand. Über Kopf kratzte ich im Alleingang die vermurksten Malerarbeiten aus Jahrzehnten ab… Stundenlang ging das. Immer ältere Schichten kamen zum Vorschein… Sollte das ganze Haus etwas aus Farbe bestehen? Endlich glaubte man, noch die letzten lockeren Reste abgekratzt zu haben. Doch später beim Streichen lösten sich noch immer alte Schichten von Putz und Farbe ab und blieben an meiner Rolle kleben, so dass ich wieder und wieder überollen musste. Berührte ich dabei die Fläche, auf welcher der neue Anstrich scheinbar gehalten hatte… Ratsch! Platsch!… Da rieselte mir das Zeug auch schon wieder ins Gesicht… Nicht anders war es beim Streichen der Wände. Hier löste sich der Putz, bröckelte ab und gab die sandige Unterhaut des alten Fachwerkgemäuers frei, die wie das Wundwasser einer Schürfwunde heraustrieb. Es war wie immer, egal was man anfasste, ein verzweifelter Kampf mit dem undankbaren Material.

Nebenbei lief schemenhaft der Werkstattbetrieb, sowie der Pannenhilfs- und Abschleppdienst. Die Auftragslage hatte mit dem Beginn des Sommers stagniert. Die paar Kunden, die noch zu uns kamen, mussten aber bedient werden und wenn ein Anruf vom Autoclub reinkam, sprang ohnehin sofort alles auf wie von Hornissen gestochen, schmiss Säge, Hammer, Bohrmaschine oder Pinsel aus der Hand, setzte sich hektisch in Bewegung, zog sich die Uniform vom Automobilclub an, sprang in ein Gefährt und setzte donnernd auf die Straße… Oder eilte, sich die Klamotten abklopfend, rüber zu den Kunden in die Werkstatt… Vorbildlich, wie an unsrer Arbeitskraft kein halber Cent verschwendet wurde.

Die Renovierungsarbeiten währten fast das gesamte erste Jahr meiner Ausbildung. Der Herbst klopfte schon an die Tür und so wurde es endlich Zeit, die Heizung wieder anzuschließen.

Wir zerrten das veraltete Monstrum auf der Palette zum ursprünglichen Ort zurück, nutzten dabei jeden Zentimeter unseres begrenzten Raumes zum Rangieren… Vor… Zurück… Wieder und wieder… Sicherlich war es die klügste Vorgehensweise, das Ungetüm zuletzt, aber mit der geballten Überzeugungskraft unserer Flüche und unseres wimmerndem Zorns, in Position zu bringen… Überall lag schon wieder Werkzeug und Unrat auf dem bisschen Boden, der noch nicht von den Regalen eingenommen war, und alle paar Minuten sprang der verfluchte Kompressor an, kompromisslos seinen Lärm ausspuckend, die Druckluftanlage einer zumeist leeren Werkstatt versorgend.

Während Alex und das Wiesel die Heizung anschlossen, war ich damit beschäftigt, ein wenig Ordnung in das Chaos um uns herum zu bringen. Zwischendurch ließ man mich immer wieder losflitzen, um weiteres Werkzeug herbeizuholen und meinen Händen entreißen zu lassen… Dann hockte ich mich zurück auf den Boden und sortierte Materialien… Stur blickte ich vor meine Füße, in dem Versuch, mich nicht von den lautstarken Agitationen gegen die Heizung verstören zu lassen… Unmöglich… Man konnte förmlich spüren wie die Luft sich mit Kampfeszorn anreicherte… Zum Schluss mussten die Beiden das Abzugsrohr anbringen, das aus mehreren scharfkantigen Blechzylindern bestand und Heizung und Schornstein miteinander verbinden sollte… Nachdem sie das Rohr mehrmals verschoben, verdreht, zusammen und auseinandergebaut, mit Hämmern zurechtgedengelt und einzelne Glieder gekürzt hatten, passte es nach wie vor nicht wie es sollte. Das Wiesel steigerte verbissen die Arbeitswut, brüllte uns Anweisungen zu, die wir panisch befolgten und behämmerte, schäumend und mit aller und Kraft, die in ihm steckte, das Material. Halb mit dem Aufräumen fertig geworden sprang ich hin und her, ließ mich anweisen, dem Spinner und meinem Leidensgenossen zu helfen und betrachtete eine zunehmende Deformierung des Bleches. Beklemmt aber nicht ohne Faszination, sah ich mit an, wie sie mit vereinten Kräften zwei Hälften verbinden wollten… Man stieß mich beiseite… Gleich würde der Wutanfall folgen… Also robbte ich auf dem Hosenboden sitzend rückwärts und begann die vorige Arbeit fortzusetzen, nur um den Augenblick darauf ein metallisch schabendes Geräusch zu hören… Ich blickte auf… Die beiden Elemente waren ineinander gefahren und das Wiesel, welches im selben Moment dabei war, mit den blanken Fingern die beiden aufeinander stehenden Kanten derselben zusammen zu pressen, stieß ein erleichtertes Stöhnen aus… Wir warteten regungslos… Sein Gesicht verfärbte sich, die Lippen bildeten eine Sichel, die Muskulatur um die Augen verkrampfte… Wir warteten… Aus dem Moment bedeutungsvoller Stille erwuchs plötzlich eine Gotteserkenntnis, an der uns das Wiesel durch einen erschütternden Schrei teilhaben ließ… »OOHH GOTT!…« Dann mit gesteigerter Vehemenz noch einmal… »OOOOHH GOOTT!!!« Mit rotem Kopf und einem irren Glänzen in den Augen wand es sich zu uns herüber, hielt uns anklagend seine blutenden, geklemmten Finger entgegen und schüttelte sie, dass Tropfen von der roten Suppe in die Luft spritzten… Nun… Wie sollte man reagieren?.. Die Furcht massakriert zu werden war auf dem Höhepunkt, kippte aber schließlich über als das Wiesel nicht uns an die Gurgel ging, sondern nach dem Heizungsrohr in Alex gelähmten Händen langte, es an sich riss, zu Boden warf und fünf sechs Mal mit tyrannischer Gewalt darauf ein prügelte.

Mein Kollege drehte sich, während es von den Schlägen nur so schepperte, zu mir um, unsere ungläubigen Blicke trafen aufeinander und wir konzentrierten zugleich einiges Beherrschungsvermögen drauf, ein aufkeimendes Lachen zu unterdrücken… Ruhig bleiben… Kein Benzin ins Feuer werfen… Nach der Entladung gelang es den Beiden, ihre Arbeit zu beenden, das Abzugsrohr passte endlich korrekt an seinen Platz. Das Schönste daran, der lieblichste Streich wohlwollenden Schicksals, war jedoch, dass sich der Schwerverletzte nach getaner Arbeit verzog und für den Rest des Tages nicht wiederkehrte.

Waren wir im Heizungskeller, ohne Schaden nehmen zu müssen, noch einmal davongekommen, häuften sich in der darauffolgenden Zeit Situationen, die nicht mehr gut ausgingen… Das Wiesel beherrschte die Gemüter peitschenschwingend, mit blankem Terror. So ließ es jeden von uns immerzu rotieren und keine Minute verging ohne sein Beisein. Der Druck war bald kaum noch auszuhalten und musste das Gefüge der Firma auseinanderreißen, bildete ich mir ein… Wenn nicht… Ein Ventil.

Im Affekt kam es zu einigen heftigen Auseinandersetzungen zwischen Alex, dem Wiesel und seinem Hausdrachen… Sie machten den armen Hund regelrecht zur Sau. Trotz all dem, versuchte er immer wieder vernünftig gegen die ihm vorgeworfenen Unzulänglichkeiten zu argumentieren. Es entging mir und Christoph nicht, wie sie Alex beinahe täglich nach Feierabend ins Büro riefen, um mit ihm zu diskutieren… Christophs Versuche die Vorgänge auszuleuchten, hatten sich auf eine halbe Stunde gemeinsamer Zeit im Pausenraum zu beschränken und wurden nur ausweichend beantwortet… Alex meinte daraufhin stets, er habe das höllische Arbeitsklima angesprochen, worauf es nur zu noch mehr Gekeife und wirren Belehrungen gekommen wäre.

Da kam das bevorstehende Ende von Christophs Ausbildung dem abgebrochenen Despoten gerade Recht… Hockte wahrscheinlich tagelang in seinem Wieselbau herum und geilte sich an seinem Vorhaben auf… Es musste ja so kommen. Sie feuerten Alex kurz vor Weihnachten. Zwei Gesellen wollte die Firma nicht aushalten.

Gerne hätte ich wissen wollen, wie sie die Entlassung begründeten… Dachte, dass dabei ein Arbeitsvertrag, der bis in den letzten Buchstaben der hintersten Klausel menschenunwürdig war, eine tragende Rolle spielte. Alex wollte jedenfalls noch bis zum Ende der Kündigungsfrist weiterarbeiten, entschied gegen die Einreichung einer Krankmeldung. Sie schickten ihn weg… Seltsam aber… Was passte denn schon ins Bild?… Ich stellte mir vor, wie er wohl mehr als froh gewesen sein mochte, endlich dieser Knochenmühle entkommen zu sein… Stellte mir vor wie er erhobenen Hauptes vom Hof gegangen sein musste… Sah ihn aber nie mehr wieder und dachte bange an die Zeit, die mir in dieser Firma noch bevorstehen sollte.

Was verbirgt sich hinter Neujahrsfeiern, außer dem Wunsch die Vergangenheit zu begraben?… Zu verschütten! Haha!… Wer klopft sich nicht selbst auf die Schulter und sagt… Es ist überstanden?… Und vielleicht… Harren wir dem was da kommt… Und gackert sardonisch und trunken vor sich hin… Geblendet von den Explosionen am Firmament… Instabile Feuerblumen, deren einziger Zweck es ist, groß tönend und rapide vor der Kälte des ewigen Nachthimmels zu vergehen.

Wer arbeiten geht muss auch Feiern, für Ablenkung sorgen, sich mal den Kopf freisaufen oder so was in der Richtung… Das Jahr geht zu Ende, dass Neue kann bestenfalls nicht schlimmer werden… Mit diesem Trugschluss konditionierte ich mich selbst… Ausgefeilte Pläne oder fernere Organisationen waren ausgeschlossen. Wegfahren war ausgeschlossen. Urlaub zwischen den Jahren ebenso ausgeschlossen… Ein fürchterliches Besäufnis, mit anschließenden Entgleisungen geradezu psychotischer Art, war jedoch durchaus möglich.

Ich drückte eine Zigarette im Blumenbeet neben der Einfahrt zur Garage aus… Einen Aschenbecher dort aufzustellen, bevor die Jungs und die Schnalle kommen würden, kam mir in den Sinn, während ich den erdigen Stumpen drinnen in die Mülltone warf. Wieder in meinem Zimmer begutachtete ich die im Voraus besorgten und säuberlich bereit gestellten Alkoholika… Irgendwie freute ich mich darauf… Es machte aber zugleich etwas nervös… Es würde das erste Mal sein, dass wir in größerem Kreis bei mir zu Hause Silvester feierten… Die Male, die es davor gegeben hatte, waren wir maximal drei oder vier Leute gewesen, von denen keiner über Nacht blieb… Am nächsten Morgen erhob ich mich dann und frühstückte Wodka-Cola, bevor ich, gemäß dem Ordnungssinn der verehrten Nachbarschaft, das Chaos auf der Straße zu beseitigen hatte… Selbst an Neujahr waren die nicht totzukriegen… Verfluchte Sesselfurzer… Den höllischen Kater mit dem Frühstück nur halbwegs übertüncht schleppte ich mich durch die ganze Nachbarschaft. Zuerst mit Besen und Kehrblech… Dann auf dem Rücken eine große Leiter tragend, die ich brauchte, um auf eine Zeile von aneinandergereihten Garagen zu klettern, auf der einige Feuerwerkskörper aus der vergangenen Nacht lagen. Diese giftig signalroten Fremdkörper mussten ein schier beleidigender Anblick für meine liebe Nachbarin gewesen sein, deren prüfende Blicke aus dem Dachfenster des Nachts mich dummerweise zwischen den Jungs ausgemacht hatten, beobachtend wie wir Böller auf die Garagen hinauf schleuderten und die sich des Morgens wiederholten, um den Grad der Verwüstung auszumessen und darüber die Strafe der Übeltäter zu beschließen, die das Wohl des ganzen Viertels geschändet hatten… Ein saukomisches Bild muss das abgegeben haben… Ich stellte die Leiter an, kraxelte noch wacklig in den Beinen mit Eimer und Kehrblech bewaffnet auf die Garagen und spielte vor den Augen aller, die zivilisiert besprengten Räume vor der eigenen Haustür fröhlich pfeifend kehrenden, Schaulustigen das Dienstmädchen und Ärgerte mich tot… Fühlte mich abgemurkst… Alles wegen zwei Feuerwerkskörpern und obwohl nicht eine der Garagen der Nachbarin, die mich auf offener Straße mit Geifer bespuckt hatte, selbst gehörte.

Es hat etwas unbefriedigend Masochistisches, den Gastgeber auf einer Hausparty spielen zu wollen… Bald darauf, auf das bevorstehende Gelage, würde ich mir darüber im Klaren sein.

Kaum dass der Aschenbecher bereitstand, hörte ich Stimmen aus einiger Entfernung und bewegte mich darauf zu. Ein paar Typen und ein einziges Mädel kamen eng aneinander gedrängt aus dem Dunkel und traten in den Schein der Laternen ein… Begrüßungen… Hinterher öffnete ich die Tür und sah zu, wie alles herein trottete… Das Mädchen ganz zuletzt.

»Hier feiern wir?«, fragte sie, mein Zimmer mit ihren Schritten abmessend und die zusammengewürfelte Einrichtung betrachtend, während alle anderen ihre angetrauten Plätze einnahmen.

»Dieser Raum ist so gut wie schalldicht… Und sowieso sind meine Alten nicht zu Haus… Wir können so lange machen wie wir wollen«, gab ich großspurig zurück und setzte mich auf meinen ausgebeulten Fernsehsessel.

Die ersten Biere wurden aus den Kästen geholt, der Fernseher flimmerte im Hintergrund… Seichte Unterhaltung vor dem großen Spektakel. Darauf beflissen sich einen anzutrinken, saßen mit mir nunmehr sechs Leute im Raum. Marie hatte sich neben Sascha, Marcel und Dennis auf das Sofa hinter den kniehohen Tisch mit seiner verkratzten Glasplatte gequetscht, ein weiterer Gast auf einem der dem Esszimmer meiner Alten entwendeten Stühle, die zu beiden Enden des Tisches standen.

Nach etwa einer Stunde des Biertrinkens, gab man sich ein einen Ruck und fing an die Longdrinkgläser zu befüllen. Die Party war definitiv am Laufen… Die Abstände, in denen man zum Rauchen vor die Tür ging, verkürzten sich… Man trank und lachte, unterhielt sich und wurde zusehends betrunkener.

Das Konzept, innerhalb der geschlossenen Gruppe vor die Tür zu gehen, hatte bald an Bedeutung verloren. Ich war Sascha gefolgt, der sich zwischendurch immer wieder zwecks Telefonats ausklinkte und verweilte mit ihm unter dem Schein der Lampe vor der Garage… Drinnen blieb der Rest sich selbst überlassen… »Hey sag mal… Wann kommt eigentlich der Macker?«

»Ist doch sein Geburtstag heute«, erinnerte mich Sascha… »Der ist noch mit Mama und Papa und seinen Schwestern unterwegs… Lässt es locker angehen.«

»Wir haben schon bald zwölf… Wann kommt er denn? Hast du mit ihm telefoniert?«, fragte ich, ihm damit den Hintergrund seiner mysteriösen Telefonate zu entlocken suchend.

»Ja auch…« Er nahm einen letzten Zug von der Zigarette und wollte sie schon von sich werfen, worauf ich ihn mit einem Kopfzeig auf den Aschenbecher aufmerksam machte. Er drückte sie an mir vorbeigehend, hastig stochernd darin aus und verschwand nach drinnen… Was wollte er mir verschweigen? Sollte es nur ihn betreffen? Meine Gedanken kreisten orientierungslos um die Situation herum. Ich versuchte mich an sein Verhalten bisher zu erinnern. Er hatte schnell viel getrunken… Quatsch… Hatte nichts zu bedeuten, das… Unser aller Vorhaben beschränkte sich schließlich auf ein Besäufnis.

Später, nachdem wir unsere paar Raketen, von der kalt glänzenden Straße aus, in den diffusen Nachthimmel geschossen hatten, das kurzweilige Lichterspektakel billig, bunt und diffus in der Schwärze aufgeglänzt hatte und im Rauch vergangen war, saßen wir sehr bald wieder um den Tisch herum und ein Würfelbecher und ein Set Karten wechselte die immer fahriger zugreifenden Hände. Sascha goss sich nach… Verschwand auf Toilette… Kam wieder… Sein Telefon klingelte… Er türmte und nahm den Drink mit nach draußen… Stürzte wenig später wieder herein… Goss sich wieder nach und fing an unartikulierte Halbsätze in die Gesichter seiner Nachbarn zu gröhlen. Derweil versuchte ich mich selbst mit immer größeren Schwierigkeiten, in die zerstreuten Gespräche zu integrieren… Marie sah amüsiert in die Runde, und schien ihren Spaß an dem Aufruhr zu haben, den sie mit hellem Klang in der Stimme kommentierte… Hin und wieder auch ironisch mahnend, wenn jemand gröberen Blödsinn veranstaltete… Jemand anderes riss das Fenster auf und bat darum, eine Zigarette davor rauchen zu dürfen… Ich ließ gewähren und suchte nach der Flasche Schnaps, die ich vor einiger Zeit beiseitegestellt hatte, annehmend, man würde sich noch daran erinnern, dass sie für meinem persönlichen Bedarf bestimmt sein sollte… Ich fand sie leer unter dem Tisch liegend vor… Mit rapidem Schwung öffnete sich die Zimmertür, schlug von der Wand ein Stück zurück, und wurde nur aufgehalten von einer gleichzeitig zum Selbstschutz und zur Begrüßung vorgehaltenen Hand… Somit alle Aufmerksamkeit auf seine Ankunft lenkend, betrat endlich Macker, leicht schwankend und der Versammlung feierliche Blicke zuwerfend, den Raum und ließ sich beglückwünschen… Ihm folgte ein vom Suff bereits so eingenommenes Mädchen, dass es nicht einmal die Anwesenden bemerkte, als es wie etwas wirbelloses erschlaffend an ihm vorbei stolperte und in unmittelbarer Nähe des Fernsehers zu Boden ging… Hilflos angesichts des allgemeinen Getümmels, stand ich als letzter auf und sprach meine Glückwünsche aus… In der Hand, die ich nicht drückte, hielt er eine Literflasche Rum… Es würde wohl noch eine Weile so weitergehen… Ich nahm dem Geburtstagskind den Rum ab… »Ist ja schön, dass du auch an deinen Gastgeber gedacht hast…« Und beugte mich damit zum Tisch herüber… »Hast sicher nichts dagegen, wenn ich den mal probiere…« Drehte den Verschluss herunter und schenkte mir ein.

»Wer isn die Schnapsleiche die du da mitangeschleppt hast?«

»Die?… Die is in Ordnung… Lass die sich mal erholen.«

Mit zunehmendem Rausch und wachsendem Chaos erfuhr auch der Ärger eine Steigerung… Ein paar Gläser waren umgefallen, zwei dabei zu Bruch gegangen und Marcel war ungeschickt in die Kabel der Musikanlage gestiegen und hatte sie dabei herausgerissen… Vor dem Fenster sammelten sich die Zigaretten… Die Kellertür donnerte in einem fort, von Saschas anhaltenden Ausflügen ins Freie… Irgendwann war ich so weit… Was sollte es?… War ja auf meinem eigenen Mist gewachsen… Aber… Alles war so surreal, wie ein Traum der schön begonnen hatte und in einem unkontrollierbaren Desaster, gleich einem zügellosen Albtraum, enden würde… Wie war es mir anfangs nur gelungen, mich auf den Gedanken einzulassen, man könnte auch als Gastgeber auf einer Hausparty Spaß haben?… Man müsste einfach loslassen… Scheiß doch drauf.

Sascha, gerade hatte er sich noch lautstark mit Marie unterhalten, sauste von seinem Platz in die Höhe und machte mit voller Schlagseite einen Satz auf mich zu. Er ging neben mir in die Hocke, legte einen Arm um meine Schulter, stützte sich mit der Faust des anderen auf den Boden und seine Lippen näherten sich verschwörerisch gespitzt meinem Ohr.

»Ich hätt schon Bock jezz einn surauchn… Du?…« Warum jetzt?… Er musste unsere letzte Eskapade schon verdrängt haben… Oder er hatte, ähnlich wie ich einen devianten Spaß daran empfunden… »Awer ichchch habmein Zeuch suhause jelassn…«

Zu der Zeit verbargen wir geradezu paranoid, dass wir gelegentlich gern mal einen durchzogen… Ein paar der Jungs wussten Bescheid… Aber die Mädels… Wir hielten das für eine sensible Angelegenheit.

»Und jetzt? Ich hab meins im Zimmer versteckt… Das kann ich unmöglich jetzt herbeiholen…«

»Hassrecht… Nichjezz… Wo Marie da is…«

Im nächsten Augenblick klingelte sein Telefon, er stand auf, spuckte ein angenervt fragendes »Hallo?!« in den Hörer und machte sich daran, das Zimmer zu verlassen.

Es überkam mich mit gebieterischer Gewalt, den Spekulationen über den Grund seiner Gespräche zu entrinnen, die schon in aller Munde waren und um die Frage kreisten, ob er denn ein Mädchen hätte, von dem man nichts wisse… Was eine nicht zu unterschätzende Bedrohung darstellen konnte… Ich erhob mich… Die Garagentür wurde derart aufgerissen, dass ich dachte sie würde aus den Angeln fliegen… Ich würde es für mich selbst herausfinden… Und setzte ihm hinterher.

Die Tür war weit geöfffnet aber man sah niemanden davorstehen. Gellende Laute schlugen sich von der mittlerweile beruhigten Straße kommend ums Haus. Die Entfernung und ungefähre Richtung bedeuteten, dass er gerannt sein musste. Nach einigen Schritten sah ich ihn weiter die Straße herunter, auf dem Bürgersteig vor dem Garten eines Nachbarhauses. Vermutlich hatte er von etwas unerfreulichem Wind bekommen… Warum sonst würde er so herumschreien?… Aber was?… Im Herannähern beobachtete ich, wie er auf und ab ging, dabei das Handy ans Ohr gepresst und mit der Zigarette in der freien Hand herumwirbelte.

»Mann du weißt doch was ich meine!…« Seine Stimme war plötzlich wieder klar geworden. Die Worte stampften als fest geschlossene Laute in der Kälte… »Versuch nicht dich rauszureden!…« Als er mich herannahen sah hielt er beschwichtigend die Hand aus.

»Na, dass du Scheiße gelabert hast!«

Ich wartete darauf, dass er auflegen würde und mich darüber aufklären, mit wem er auf der anderen Seite des Äthers argumentierte.

»So ein dreckiger Dummschwätzer! Der plappert alles Mögliche aus… Kann einfach seinen Rand nicht halten!«

»War das etwa der mit dem komischen Namen? Der vom Handball? Der blonde mit dem Entenarsch, der Schrumpfnudel und dem Wasserkopf?…« Sascha nickte… »Wie heißt er noch gleich?… Munkel?«

»Ja! Scheiße nochmal! Warum haben wir nur ausgerechnet dem was zu Rauchen besorgt?«

Offenbar hatte der Dummschwätzer einem der anderen Jungs aus dem Handballverein vertrauliche Informationen über unseren gelegentlichen Zeitvertreib weitergegeben… An einen, der eine ebenso große Traschtrine war… Nun erschien Saschas Sorge berechtigt, das Gerede könne sich wie ein Lauffeuer verbreiten. Wer hatte schon Lust von seinen Vereinskollegen, zu einem Gespräch über die Gefahren des Drogenkonsums einberufen, geschweige denn abschätzig als verkorkster Kiffer belächelt zu werden… Aber hatte es wirklich etwas mit mir zu tun?… War es gleichwohl ein Belang meines Ansehens?… Musste es wohl… Tatsächlich schien die Meinung anderer Leute über uns eine gewisse Wichtigkeit zu haben… Die Freuden des wohlbehüteten Zusammenlebens mit der Gemeinschaft. Freuden der Koexistenz mit Gaffern und Schwätzern.

Wir gingen wieder rein, aber von da an lag der Eklat, die drohende Entlarvung wie ein Schatten über unseren Gemütern… Wir beschlossen, uns richtig volllaufen zu lassen, angesichts dieses drohenden Debakels… Bald folgte ein weiterer Anruf… Sascha hatte sich in den Kopf gesetzt, den Dummschwätzer durch Drohungen zum Schweigen zu bringen… Zu jenem Zeitpunkt, da schon alles ausgesprochen war?

Ich folgte ihm wieder nach draußen, um das Gespräch zu verfolgen und versuchte, schon ziemlich besoffen, durch mein Zureden die Situation zu entschärfen. Stattdessen… Brachte ich es nur zu unüberlegtem Gestammel, mit dem ich ihn in seinen Plänen bekräftigte.

»Hey Sascha… Sascha! Sascha hör mir zu… Wir schnappen uns den nomma… Awer nich jezz… Jezz wolln wir doch feiern…« Drohend wiederholte er einen Teil meiner Worte ins Telefon… »Ey du weißt irgendwann treffe ich dich noch mal auf der Straße«, warnte er noch und legte auf… Dann sah er mich mit seinem vor Wut bebenden Gesicht an.

»Mann Sascha lassas sein. Wir lassn uns doch wegn dem Wichser nich den ganzen Awend verderwen. Ffffrüheroderscchpäter schnappen wir uns den nommal… Wartssnurab.«

Währenddessen hatten ein paar der anderen noch das letzte bisschen Wind bekommen, indem sie uns gefolgt waren und das seltsame Spektakel aus sicherer Ferne betrachtet hatten. Sie schleiften uns wieder mit rein. Die Party musste am Leben erhalten werden.

Zu allem Übel hatte Marie, die Nichtraucherin war und an unseren wunderlichen Aktivitäten scheinbar nur oberflächlich interessiert, sich dazu entschlossen, ihre unbeaufsichtigte Zeit zu nutzen, indem sie ein wenig mein Zimmer erkundete. Gerade wieder zur Tür herein, sah man sie in meinem Drogenversteck herumkramen.

»Na was haben wir denn hier?«, sagte sie, sich zu uns umdrehend und hielt ein Plastikbeutelchen Gras, dass sie provokativ, zwischen dem von sich gestreckten Daumen und Zeigefinger, baumeln ließ… Die Angst aufgrund dieses Fundes für das Mädchen nicht mehr als Sexualpartner in Frage zu kommen, war genauso bescheuert wie uneinsichtig um meine sowieso bescheidenen Chancen, doch sie übermannte mich mit absoluter Gewalt… Sie schien in ähnlichem Maße auch Sascha übermannt zu haben, denn er machte auf den Fersen kehrt verließ fluchtartig das Haus.

Ich steigerte mich schließlich in eine sonderbare Wutfantasie hinein, versuchte tunlichst allen Beobachtern meines betrunkenen Wahns klarzumachen wie egal mir doch sei, dass die Party derart aus dem Ruder gelaufen war, bemühte mich um eine Rechtfertigung für das Kiffen und begann damit, nur noch im Flüsterton zu sprechen… Solange bis ich mich gar nicht mehr darum zu bemühen brauchte, wurde meine Stimme doch irgendwann von selbst heiser… Dermaßen geblendet, bekam ich es zuerst nicht mit, dass ich wie ein plappernder Irrer einen Monolog hielt, gegenüber Leuten, die sich größte Mühe geben mussten, sich vor Lachen nicht zu bepissen und es mich nicht bemerken zu lassen.

Es verbleiben nur noch ein oder zwei Stunden bis zum Sonnenaufgang. Irgendetwas geschah, dass die letzten kümmerlichen Barrieren der Beherrschung in meinem Kopf niederrissen. Ich stand von meinem Platz auf, gab noch irgendetwas wütendes und dummes von mir, dann ging ich schnell in eine Abwärtsbewegung und schlug mit der rechten Faust auf den Boden. Kurz fuhr ein heftiger Schmerz durch meinen Arm. Erschrocken fluchte ich und betrachtete meine Hand. Der Schreck und der Schmerz holten mich wieder ein paar Schritte an die Realität heran. Mit voller Kraft hatte ich auf die harten Fliesen, die nur von einem dünnen Teppich bedeckt waren, geschlagen.

194,70 ₽
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720 стр.
ISBN:
9783750211179
Издатель:
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