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Vorwort von Jim Koch, Samuel Adams Boston Brauerei

Es macht Spaß, Brauer zu sein. Ein Teil des Spaßes besteht darin, ein unbekanntes Bier zu trinken und sich zu fragen, wohin es einen führen kann. Als ich 1985 Samuel Adams Boston Lager zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorstellte, waren alle großen amerikanischen Brauereien bestrebt, ihre Biere so leicht wie möglich zu machen. Es war damals ein Kalorien-Zähl-Wettbewerb auf niedrigstem Niveau. Der Geschmack war irrelevant, solange das Bier weniger als 100 Kalorien hatte! Das war eine schwierige Herausforderung, mit der auch wir damals gespielt hatten. Am Ende sahen wir jedoch darin keine Mission, die uns wirklich faszinierte. Meine Neugier zielte eher auf das andere Ende des Bierspektrums ab, auf die mysteriöse, dunkle Seite des Bieres. Und das bedeutete dunkle Lagerbiere (und Ales).

Es war ein aufregender Moment, als ich meinen ersten Samuel Adams Doppelbock braute. Als ich ihn jedoch zum zweiten Mal braute, kam mir der Gedanke: „Nun, wenn wir einen Doppelbock brauen können, warum nicht auch einen Tripelbock. Also haben wir es gemacht, und das war der Anfang einer Reise in die untersten Regionen des Brauens – zu den extremen Bieren. Erst kam der Tripelbock, dann das Millennium und schließlich Utopias! (Technisch ist Utopias ein Ale, also ein Obergäriges. Jedoch bedeutet „Lager“ auch ein gut gereiftes Bier; und Utopias ist ein Verschnitt aus verschiedenen extremen Bieren, wobei einige mehr als 20 Jahre alt sind.)

Dunkle Biere, insbesondere Lagerbiere, sind gerade deshalb verführerisch, weil es dort drinnen so dunkel ist und man oft nicht genau sehen kann, wohin man geht oder wo man endet. Extreme Biere sind für mich als Brauer immer ein spannender Pfad der Liebe.

Aufgrund der international explodierenden Craft-Brewing-Bewegung ist es unmöglich den Überblick zu behalten, wer was braut. Wir verdanken es Horst Dornbusch und Thomas Kraus-Weyermann, dass wir jetzt die Möglichkeit haben, auf der ganzen Welt über dunkle Lagerbiere zu lernen und, was noch wichtiger ist, Einblicke in und ein Verständnis für die Zusammenhänge dieser dunklen Juwelen des Brauens zu gewinnen.

Was sie geschaffen haben, wird meines Erachtens die Bibel der dunklen Lagerbierherstellung werden. Ich denke, die wahre Genialität dieses Buches liegt in seiner Fähigkeit, die Informationen sowohl für professionelle Brauer als auch für neue Biertrinker klar und überzeugend darzustellen. Es liefert die Grundlagen: die Wurzeln dunkler Lagerbiere, die grundlegende Biochemie, die Zutaten und Rezepte … aber dann hebt es wie eine Rakete ins Unbekannte ab und erforscht das weltweite Spektrum klassischer und experimenteller dunkler Lagerbiere.

Wir bei Samuel Adams fühlen uns geehrt, dass wir eingeladen wurden, Rezepte für dieses Buch beizusteuern. Es hat uns großen Spaß gemacht und ich denke, dass es eine großartige Möglichkeit für unsere Brauer war, neue dunkle Lagerbierrezepte zu kreieren und damit das Thema des Buches in den richtigen Rahmen zu rücken.

Es ist heute fast gang und gäbe geworden, ein umfassendes Buch über ein Thema mit dem Wort „Bibel“ zu belegen. Damit ist das Wort fast zu einem Klischee geworden. Im Falle dieses Buches haben wir es jedoch wirklich mit einer Bibel über dunkle Lagerbiere zu tun, denn es befasst sich mit dem Ursprung dieser Biere und den Brauanleitungen; und erzählt dann die Geschichten der Entwicklung dieser Biere in verschiedenen Regionen. Damit entfacht es Leidenschaft und gibt uns Hoffnung und Vertrauen für die Zukunft.

Also, liebe Leser, zapfen Sie sich ein feines, dunkles Lagerbier, nehmen Sie sich einen Stuhl und schließen Sie sich unserer Reise an, die in der Spätrenaissance beginnt und noch kein absehbares Ende hat. Lesen Sie weiter! Brauen Sie weiter!

Jim Koch Gründer und Geschäftsführer Samuel Adams Boston Brauerei

Vorwort von Dr. Martina Gastl, Technische Universität München

Der überwiegende Teil des Biermarkts im 20. Jahrhundert schien vom Einheitsbier der großen Konzerne dominiert. Demzufolge basierten die klassischen am Markt befindlichen Biersorten auf nur wenigen Malzsorten wie Pilsener Malz, Dunkles Gerstenmalz, Helles Karamellmalz, Helles Weizenmalz und ggf. Röstmalz. Auch das Potenzial des Hopfens wurde zumeist auf seine rein bitternde Wirkung reduziert. Demzufolge wurden die Biere immer einheitlicher und büßten an Geschmacksvielfalt und individuellem Charakter ein.

Als Mitte der 80er Jahre die Craft-Bier-Bewegung aufkam und die Brauer die enorme Aroma- und Geschmacksvielfalt der Rohstoffe Hopfen, Malz und Hefe wiederentdeckten und auch die vielfältigen Technologien im Heiß- und Kaltbereich aktiv einsetzten, erlebte die Aroma- und Geschmacksvielfalt des Bieres ein spektakuläres Comeback. So vielfältig die Welt der Zutaten ist, so vielfältig sind auch die kreierten Sorten.

Den Aufbruch in eine neue Ära der kreativen Biervielfalt spiegelt auch die Brauliteratur der letzten Jahre wieder. Obwohl inzwischen zahlreiche Rezeptesammlungen bestehen, ist es doch eine Seltenheit auf ein Buch zu stoßen, dass sich explizit mit dunklen Lagerbieren und dunklen Malzen beschäftigt. Aufgrund der facettenreichen Darstellung dieses Bierstiles sticht dieses Buch in einzigartiger Weise aus der bestehenden Literatur hervor!

Mit der aufgezeigten beeindruckenden Vielfalt, der dahinterstehenden Historie sowie den möglichen Herstellungsprozessen sind mit Sicherheit auch wahre Bierkenner und Liebhaber dieser Biersorte nur auszugsweise vertraut.

Doch der Reichtum dieser Thematik wird dem Leser schnell bewusst. Kurzweilig dokumentieren die Autoren die faszinierende und weitgehend unbekannte Geschichte der dunklen Lagerbiere und beschäftigen sich intensiv und mit Liebe fürs Detail mit den abwechslungsreichen Rohstoffen und Brauverfahren dieses Bierstils, ausgeschmückt mit ansprechenden Illustrationen.

Einzigartig ist auch die Rezeptesammlung, die dem Brauer mehr als 40 einzigartige, ideenreiche und erprobte Rezepte für die Herstellung eigener Variationen zur Hand gibt. Das Buch lebt von der praktischen Expertise und jahrzehntelangen Erfahrung der beiden Autoren Thomas Kraus-Weyermann und Horst Dornbusch in Mälzerei und Brauerei.

Sicher wird dieses Buch die klassische Brauliteratur wertvoll und ergänzen und in zahlreichen Bibliotheken Einzug finden – auch an der TUM-Weihenstephan.

Dr.-Ing. Martina Gastl Technische Universität München (TUM) Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie – AG Rohstofforientierte Brau- und Getränketechnologie (Arbeitsgruppenleitung)

Vorwort von Dr. Josef Fontaine, Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin

Dunkle Biere haben eine große Tradition. Sie sind die „Hidden Champions“ in der Welt der Biere. Mit ihrem kräftigen, malzbetonten Aroma und den dunklen Farbnuancen waren sie lange Zeit weit verbreitet. Heute wird der Biermarkt in Deutschland aber mehr von Pilsner, Export, Hellen und Weizenbieren bestimmt. Die dunklen Biere dagegen sind ein wenig ins Hintertreffen geraten und werden meist als Spezialität von kleinen regionalen Brauereien angeboten. Zwar gibt es bei uns einige wenige überregional erfolgreiche Biere dieses Typs, wie beispielsweise das Schwarzbier. Generell fristen die dunklen Lager aber eher ein Nischendasein. Völlig zu Unrecht, wie auch ich finde!

Die Craft-Brewer weltweit haben in den vergangenen Jahren die Biervielfalt wiederentdeckt. Allerdings stehen bei vielen modernen Craft-Bieren die Hopfenaromen im Vordergrund. Bei den dunklen Lagerbieren kommt es aber eher auf die Malzkomposition und das Sudverfahren an. Es handelt sich bei dunklen Lagerbieren also um einen Biertyp, bei dem es noch viel zu entdecken bzw. wiederzuentdecken gibt. In den zahlreichen internationalen Brauerkursen, die die VLB Berlin anbietet, sind dunkle Lagerbiere auch immer wieder ein Thema. So gehört das „VLB Dunkel“ oder der „Dunkle Winterbock“ zu den Standardbieren unserer Studienbrauerei. Rezeptentwicklung ist natürlich auch ein Schwerpunkt in unseren Brauerkursen. Dabei müssen die angehenden Braumeister und Braumeisterinnen ein Rezept in allen Details planen. Das heißt, der Biertyp mit Aromaprofil wird festgelegt, dazu die passende Malzkomposition, die Hopfengabe und der Hefestamm ausgewählt. Anschließend werden die erforderlichen Prozessparameter für Sudhaus und Gärung/Reifung definiert. Dann muss das Ganze in unserer Studienbrauerei in die Praxis umgesetzt werden. In die abschließende Bewertung der Arbeit fließt auch ein, ob das gebraute Bier den Vorgaben des Rezepts entspricht und nicht ein Ergebnis von zufälligen Faktoren ist. Bei diesen Brauversuchen entscheiden sich immer wieder einzelne Gruppen für ein dunkles Lagerbier. Neben dem Verständnis über den Einsatz von Spezialmalzen bietet dieser Biertyp auch eine gute Gelegenheit, das heutzutage nur noch selten benutzte Dekoktionsverfahren einzusetzen. Das gibt den angehenden Braumeistern ein gutes Gefühl für die Bandbreite des Bierbrauens, die über Rohstoffauswahl, Brauverfahren und Gärführung beeinflusst werden kann. Die Resultate dieser Brauversuche sind immer wieder erfreulich und wohlschmeckend!

Wir sehen an diesem Beispiel, dass die dunklen Lagerbiere nach wie vor sowohl für Brauer als auch für Biergenießer attraktiv sind. Ich freue mich daher sehr, dass die beiden ausgewiesenen Bierexperten Horst Dornbusch und Thomas Kraus-Weyermann mit diesem besonderen Buch den Fokus auf diesen unterschätzten Biertyp richten, der zweifellos ein wenig mehr Aufmerksamkeit verdient hat, als ihm in der jüngeren Vergangenheit entgegengebracht worden ist.

Ich drücke die Daumen, dass dieses Buch viele Brauer weltweit zu mehr „Mut zur natürlichen Farbe“ im Bier inspiriert!

Dr. Josef Fontaine Geschäftsführer Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin (VLB) e.V. fontaine@vlb-berlin.org

Vorwort von Garrett Oliver, Brooklyn Brewery

Selbst im dunklen Zeitalter des amerikanischen Bieres wussten wir immer, wonach wir suchten und wo wir es finden konnten. In den frühen 1980er Jahren, während der rauen Punkrock-Ära von New Yorks East Village, gab es ein verborgenes Biergeheimnis. East 6th Street, zwischen 1st und 2nd Avenue, wurde als „Little India“ oder „Curry Row“ bekannt, denn der gesamte Block bestand aus einer nahezu monokulturellen, indischen Gastronomie. Eigentlich gab es zwei Geheimnisse. Das erste war, dass viele der Restaurants überhaupt nicht „indisch“, sondern pakistanisch waren und daher von muslimischen Familien geführt wurden. Infolgedessen waren fast alle diese Restaurants BYOB-Betriebe (Bring Your Own Beer bzw. Bringe dein eigenes Bier), denn die Inhaber schenkten keinen Alkohol aus.

Das Problem war … was sollte man bringen? Sicherlich nicht die nichtssagenden, langweiligen amerikanischen Pilsner-Lagerbiere von gestern. Wir reden hier von einer Zeit lange vor der Craft-Beer-Revolution. Aber schon damals wussten wir, was „dunkel“ bedeutet. Und wir wussten, was hinter einem Etikett mit dem Suffix „-ator“ steckte. Denn an beiden Enden der Curry Row befanden sich die ersten New Yorker Bierspezialitätengeschäfte, und deren bedeutendste Ware war dunkles Lagerbier. Unsere Favoriten von damals hallen immer noch in meiner Erinnerung wider: Aass Bock aus Norwegen mit seiner tiefen, rötlichen Farbe, seiner rassigen Bittere und seinem lebendigen Toffeegeschmack. Das Spaten-Logo des berühmten Optimators tauchte in denselben Regalen auf und wir nahmen die Flaschen mit in die Restaurants und an warmen Tagen saßen wir damit manchmal auch auf den Treppen fremder Häuser. Um die Ecke schenkte McSorley’s Old Ale House kleine Becher mit schaumigem McSorley’s Dark Lager aus, was angeblich ein Bier mit dem echten Namen „Prior's Double Dark“ war, also ein Bier, welches zumindest davon träumen ließ, dass es bayerische Wurzeln habe.

Als ich schließlich zum ersten Mal in München ankam, arbeitete ich mich durch jedes Dunkel und Bockbier, das ich finden konnte, und entschied mich schließlich für das wundersame Gleichgewicht der Biere, das unter dem Augustiner Dach serviert wurde. Von dort stürzte ich mich in die Wildnis der kommunistischen Tschechoslowakei und entdeckte, was auch immer der Kommunismus dort ruiniert hatte, dass er den dunklen Lagerbieren von Prag nichts anhaben konnte. Viele Jahre später, als mir Prinz Luitpold von Bayern, der selbst ein Braumeister war und der damals mehr dunkle Lagerbiere produzierte als jeder andere in Bayern, eine Audienz gewährte, hörte ich Geschichten von Fürsten, Adligen und Geistlichen. Ab dem 16. Jahrhundert, sagte der Prinz wehmütig, kamen sie alle zu Hunderten auf diese Burg und tranken den ganzen Tag lang dunkle Lagerbiere.

Im Laufe der Jahre habe ich viele solcher Biere selbst gebraut und Mälzer (von denen einer sehr intensiv mit diesem Buch verknüpft ist) dazu ermutigt, aromatische Gersten zu mälzen, die für die Herstellung dunkler Biere geeignet sind. Ich liebe die moderne Bierkultur – wir können jetzt mehr wundervolle Biere trinken als je zuvor. Trotzdem denke ich, dass einige der jüngeren Leute heutzutage etwas verpassen. Hopfen ist natürlich wunderbar, aber wenn ich mich erinnere, war Malz damals das Objekt meiner ersten Bierromanze; und dieses Malz war in üppige Rot- und Brauntöne gehüllt. Sie hatten nicht nur Aromen von Karamell, sondern auch von Kaffee, Melasse, Honig, dunklem Brot, Schokolade und getrockneten Früchten, die selten übermäßig süß waren und die am besten von einem blumigen Hauch aus den Hopfengärten gekrönt wurden.

Gibt es einen feineren Bierstil? Darüber könnten wir durchaus diskutieren. Aber sollten Sie mich an einem kühlen Herbsttag in einer Brauerei oder Bierhalle mit einem Glas Dunkelbier in der Hand antreffen, werden Sie mich nie von einem anderen Bier überzeugen. Gehen Sie am besten gleich zur Bar und holen Sie sich eins für sich selbst. Ob Sie nun nur das Beste dieser Biere finden möchten, ob Sie über deren Geschichte lernen möchten oder ob Sie selbst eine würdige Version brauen möchten, dies ist das Buch, auf das Sie gewartet haben. Auf diesen gründlich recherchierten Seiten, die von meinen alten Freunden Horst und Thomas geschrieben wurden, finden Sie nur Dunkelheit auf dem Weg nach vorn. Seien Sie guten Mutes – denn alles geht aufwärts!

Garrett Oliver Braumeister, Brooklyn Brewery Autor, The Brewmaster’s Table Herausgeber, The Oxford Companion to Beer (mit Horst Dornbusch als Mitherausgeber)

Vorab einige Begriffserklärungen

Die ursprüngliche Version dieses Buches wurde im Jahre 2018 auf Englisch von der Master Brewers Association of the Americas (MBAA) in Minneapolis, Minnesota, USA, unter dem Titel Dark Lagers – History, Mystery, Brewing Techniques, Recipes veröffentlicht. Bücher, die sich ausschließlich mit der Herstellung dunkler Lagerbiere befassen, sind nicht nur selten, sie gab es damals nicht, in keiner Sprache. Die Autoren hofften daher, diese gähnende Lücke in der internationalen Fachliteratur mit dem vorliegenden Werk zu stopfen.

Alle hier wiedergegebenen Rezepte wurden von den Autoren speziell für dieses Buch konzipiert und getestet. Die im Kapitel 7 aufgeführten Rezepte sind für dunkle Lagerbiere, die allgemein als Klassiker der Kategorie angesehen werden (siehe dazu auch Kapitel 4), gedacht. Zu diesen Archetypen der Bierstile gehören u.a. das bayerische Dunkel, das thüringische Schwarzbier, das böhmische Dunkel (Tmavý Ležák) sowie die bayerischen Starkbiere Dunkelbock und Dunkeldoppelbock. Diese Traditionsbiere haben den Test der Zeit überstanden. Die hier aufgeführten Rezepte sind Rekonstruktionen dieser historischen Modelle, aber mit leichten Abwandlungen, die es Brauern erlauben, diese Biere auch in zeitgenössischen Sudhäusern mit modernen Rohstoffen herzustellen.

Die Rezepte in Kapitel 8 sind dagegen eher „innovativ“. Sie wurden zwar auf der Basis klassischer Sude konzipiert, weichen aber dennoch wesentlich von diesen ab. Ein typisches Beispiel ist ein bayerisch-inspiriertes Dunkel mit einem Zusatz von ungemälzter Gerstenrohfrucht, also von Röstgerste, welche in Deutschland gegen das Reinheitsgebot verstößt, jedoch anderswo auf der Welt durchaus erlaubt ist. Schließlich sind die Rezepte in Kapitel 9 „experimentell“, da sie im Sinne des modernen Craft-Brau-Experimentierens das Konzept dunkler Lagerbiere in sehr kreative, vielleicht sogar abenteuerliche Richtungen weiterführt. Ein Beispiel ist ein dunkles Lagerbier, welches sowohl im Maischebottich als auch in der Sudpfanne mit einem Zusatz von entfettetem Bio-Kakaopulver, sowie in der Sudpfanne und im Gärtank mit etwas natürlichem Vanilleextrakt abgerundet wurde. Diese Zutaten lenken ein Dunkel in ganz neue geschmackliche Bahnen.

Natürlich sind die Trennlinien zwischen diesen drei Rezeptgruppen überwiegend subjektiv, weshalb jeder Leser diese Biere ganz legitim auch anders klassifizieren kann. Nur ein Ziel sollte dabei nicht aus den Augen verloren werden: Bei allen diesen Rezepten geht es weniger um deren Kategorisierung in der Bierstil-„Taxonomie“ als darum, interessante und leckere Biere zu brauen.

Ein Wort zum Reinheitsgebot

Während alle klassischen Rezepte in Kapitel 7 den Grundsätzen des Reinheitsgebots entsprechen, verstoßen selbstverständlich viele der „innovativen“ Rezepte in Kapitel 8 und besonders der „experimentellen“ Rezepte in Kapitel 9 gegen diese deutsche Zutatenverordnung für Bier. Nach deutschem Recht dürfen alle im Inland gebraute, untergärige Biere – also Lagerbiere – nur aus Wasser, Gerstenmalz, Hopfen und Hefe bestehen. Das Bundesgesetz ist für obergärige Biere, also für „Ales“, etwas weniger restriktiv (mit Ausnahme von Bayern und Baden-Württemberg, wo nach den jeweiligen Landesgesetzen das deutsche Reinheitsgebot gleichermaßen für unter- und obergärige Biere gilt). Wenn es sich um ein Weizenbier handelt, gilt jedoch in allen Ländern, dass mindestens die Hälfte der Maische aus Weizenmalz bestehen muss. Der Rest muss Gerstenmalz sein. Andere in Deutschland (außerhalb Bayerns und Baden-Württembergs) hergestellte obergärige Nicht-Weißbiere – wie zum Beispiel Altbier und Kölsch – dürfen ebenfalls eine nicht spezifizierte Menge an Weizenmalz sowie eine begrenzte Anzahl von klar definierten Zusatzstoffen wie zum Beispiel Invertzuckersirup enthalten. Darüber hinaus dürfen Biere mit Dinkel-, Hafer- oder Roggenmalz nur obergärig gebraut werden. Allerdings sind Zutaten wie Kaffee, Kakao, Vanille, Früchte, ungemälzte Getreiderohfrüchte für alle deutschen Biere, ob ober- oder untergärig, grundsätzlich verboten, obwohl viele dieser Zutaten bis zur Spätrenaissance auch in Deutschland in Bieren verwendet wurden. Selbst Gruit (ein Bouquet aus Kräutern und Gewürzen), welches von der Frühzeit bis ins Mittelalter eine Standardgeschmacksbeigabe zu Bier war, ist heute nicht mehr gestattet.

Daher dürfen vergorene Getränke auf Getreidebasis, die außerhalb der strengen Bestimmungen des Reinheitsgebots hergestellt werden, in Deutschland nicht als „Bier“ bezeichnet werden, es sei denn, sie werden dank eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs von 1987 für den Export gebraut oder sie werden aus dem EU-Ausland nach Deutschland eingeführt. Da dieses Buch sich international orientiert und da viele Craft-Brauer auch in Deutschland alkoholische Getränke auf Getreidebasis herstellen, die technisch in Deutschland nicht als „Biere“ gelten, wurden diese internationalen „Bier“-Sorten hier in die Kapitel 8 und 9 aufgenommen.

Definitionen

Da die erste Version dieses Buches auf Englisch primär für nordamerikanische Brauer verfasst wurde, wurden ursprünglich auch alle Mengen in den Rezepten in amerikanischen Maßeinheiten berechnet und ausgedrückt. Diese wurden für die deutsche Version ins Dezimalsystem übertragen. Auch beziehen sich einige Begriffe und Definitionen – wie zum Beispiel die Ermittlung der Extrakteffizienz eines Sudhauses oder die Berechnung der Bierfarbe – zum Teil auf die in Nordamerika geläufige Braupraxis. Auch diese Elemente wurden an das Vorverständnis der deutschen Brauer angepasst. Dazu folgende Erklärungen:

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9783418009278
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