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Horst Buchwald

Killt Spanien den Euro?

Impressum

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Killt Spanien den Euro?

Horst Buchwald

Published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

Copyright © 2013 Horst Buchwald

ISBN 978-3-8442-5505-8

Über den Autor

Horst Buchwald ist Wirtschaftsjournalist und hat veröffentlicht in: Wirtschaftswoche, Handelsblatt, Focus, Capital sowie verschiedenen Tageszeitungen wie Tagesspiegel und Berliner Zeitung. Er war Redakteur der Telebörse und ist Autor des Buches „Aktienprofi mit PC und Internet“. Mit Beiträgen auf www.finanzkrisen-news.de hält er Sie regelmäßig über Euro-Rettung sowie andere weltwirtschaftliche Entwicklungen auf dem Laufenden.

Table of Contents

Title Page

Impressum

Über den Autor

Zur Einstimmung

Der Auftakt: 100 Milliarden für Banken und Sparkassen

Teil 1

Franco setzt auf Autarkie und scheitert

Ein kleines Wirtschaftswunder

Die Ölkrise setzt Franco unter Druck

Nach Francos Tod

Der achtjährige Leidensweg zur EG-Mitgliedschaft

Die Wirtschaftspolitik der Regierung Gonzalez

Das INI-Krankenhaus für schwache Unternehmen

Die Ölkrise und die Folgen

Die Spanier und der EG-Beitritt

Schneller Reichtum

Das Konfliktpotential steigt

Wie Immobilienspekulanten reich werden

„Die Konsum-Fiesta ist zu Ende“

Spanien – eine „große Macht des Südens“?

Die EG-Integration erlebt ihre erste Krise

Das Referendum in Frankreich

Das Referendum in Dänemark

Wer waren die Sieger und Verlierer in Maastricht?

Die Kluft zwischen Nord und Süd öffnet sich

Der EG-Gipfel von Edinburgh 1992

Die Erosion der spanischen Europa-Euphorie

1993: Wahljahr, Krise und der Vertrag von Maastricht

1994: Korruption wird zum Modewort

Rückschritt bei den Konvergenzkriterien

1995: Das Ende naht

Die Bilanz der Regierung Gonzalez

1996/1997 – nach dem Wahlsieg von Aznar

„Es gibt nichts Vergleichbares“

1998–1999: „Jetzt befinden wir uns, wo wir immer sein wollten“

2000: Spanien unter den stärksten Mächten?

Die Regierungskonferenz von Nizza

Die Bilanz der Kritiker

Und wie beurteilten die Akteure diesen Gipfel?

Aznar bleibt größter Profiteur der EU-Strukturhilfen

EU-Gipfel von Lissabon – unrealistische Zielsetzung

Warum ist die EU nicht wie geplant vorangekommen?

Aznar und die Segnungen der Liberalisierung

Die soziale Kostümierung wird abgestreift

2001–2002: Wesentliche Probleme sind in Spanien ungelöst

Wachstum und Innovation – die Position Spaniens

Großzügige Steuerregeln

Spanien und die Ost-Erweiterung

Der Kampf um die Direktbeihilfen

„Der Schiffbruch Aznars“

„Spanien geht es gut“, wiederholte Aznar unermüdlich. Tatsächlich?

War Aznar nicht doch erfolgreich?

Teil 2 2004–2008: Wie Zapatero Spanien in die Krise steuerte

Zur Einstimmung

Das Damoklesschwert der Osterweiterung

Die Folgen der Osterweiterung – ein Schock für Spanien

2006: Wie E.on in Spanien scheiterte

2007: Weit weg von der Wettbewerbsfähigkeit

2008–2010: Absinken in die Rezession

Zapateros Spielchen mit Konjunkturprogrammen

Teil 3 Mai 2010 bis Februar 2013: Austeritätspolitik – die falsche Medizin

Widersprüchlicher Reformkurs

Die PP verschärft den Spar- und Reformkurs

Streitpunkt direkte Bankenhilfe

Der Teufelskreis

Zunehmende Kapitalflucht

Spanien ist nicht der „vierte Rettungsfall“

Streitpunkt Hilfsprogramm

Deutschland winkt das Hilfsprogramm durch

„Spanien ist zahlungsfähig“

„Nichts wird geschehen“

Hohe Zinsen schmerzen

Radikalsparplan würgt die Wirtschaft ab

Anteil fauler Kredite nimmt zu

Unterstützung per Notenpresse

Europa muß die Opfer anerkennen

Das Haushaltsdefizit wird größer

Klare ökonomische Strategie

Spaniens Banken haben ihre Lage nicht verbessert

Kaum noch Vertrauen in die EU-Elite

Militärische Antwort ist möglich

Regierung plündert heimlich Sozialversicherungfonds

Selbstmorde rütteln das Land auf

Gab es in der PP schwarze Kassen?

Wird die Korruption vertuscht?

Warum Ana Mato nicht an Rücktritt denkt

Ist Spaniens Königstochter auch korrupt?

Nach zwei Jahren Sparpolitik: keine Trendwende in Sicht

Welche Aussichten hat Spanien?

Teil 4 Warum Spanien auf den Euro-Austritt zusteuert

Die Suche nach einem neuen Wachstumspfad

Sprengstoff Nr. 1: die private Verschuldung

Sprengstoff Nr. 2: die Verschuldung im Ausland

Der Bankenrettungsplan

Anhang 1: Die Bedeutung der Innovation für die Wettbewerbsfähigkeit

Anhang 2: Auswirkungen der Kohäsionspolitik auf Spanien

Anhang 3: Worum ging es bei den Maastricht-Verträgen?

Anhang 4: Das Schäuble/Lamers-Papier: ein Kern im Kern und die deutsche Hegemonie

Anhang 5: Anmerkungen zu einer Studie der Deutschen Bank „Die Erfolgsgeschichte geht weiter?“

Zunehmender Kapitalstock

Immobilienboom – kein Grund zur Besorgnis?

Anhang 6: So entstand die Immobilienblase

Aznars Beitrag zum Immobiliencrash

Betrügereien und Korruption rund um Luxusimmobilien

Anhang 7: Wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt gekillt wurde

Spanien gegen Deutschland Teil 1

Worum wurde eigentlich gestritten – der Pakt enthält doch eindeutige Regeln?

Die Mängelliste des Stabilitätspaktes

Das Spiel der Deutschen mit den Schwächen des SWP

Deutschland bricht sein Versprechen

Spanien gegen Deutschland Teil 2

Gegen wen ist bisher ein solches Verfahren eingeleitet worden?

Größter Schuldner Europas, noch vor Italien

Hatte Kanzler Schröder also doch Recht?

Zur Einstimmung

Die Eurozone gerät in immer kürzeren Zeitabschnitten unter stärkeren Druck. Warum? Weil sich die Europäische Kommission und der Europäische Rat – kurz: die Euro-Elite – immer nur durchwursteln und kein Problem lösen. Dadurch wird die Zahl der Kandidaten für den Rettungsschirm immer länger: Gegenwärtig stehen Griechenland, Zypern, Italien, Portugal und Spanien auf der Liste. Seit Beginn des Jahres rückt auch Frankreich immer häufiger ins Blickfeld. Der Eurozonen-Ballon ist bis zum Bersten aufgepumpt. Wann platzt er? Wenn außer Griechenland noch ein weiteres südeuropäisches Land vor der Pleite steht. Wer könnte das sein? Wer killt den Euro? „Mit Spanien wird sich das Schicksal Europas entscheiden“, schrieb der Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman 2008 in einem Artikel der Tageszeitung „El Pais“, der wenige Tage vor dem EU-Gipfel am 28./29. Juni erschien. Für diese Einschätzung gibt es überzeugende Gründe. In diesem Buch werden sie offengelegt.

Spanien ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone. Das Land steckt seit fünf Jahren in einer Rezession – die Aussichten: negativ. Es gibt zwei Hauptprobleme: die außerordentlich hohe private Verschuldung als Folge des Immobiliencrashs von 2008 sowie eine Wirtschaftsstruktur, die, wenn man globale Maßstäbe anlegt, meilenweit entfernt ist von jeglicher Wettbewerbsfähigkeit. Haben die Spanier eine Chance, da wieder rauszukommen? Wohl kaum, denn: Über viele Jahre hinweg werden die Wachstumsraten negativ sein oder nur knapp im Plus liegen. Warum? Weil erstens der radikale Sparkurs das Wachstum erstickt (die überaus lange Zeit der Rezession ist ein klarer Beleg) und weil es zweitens keinen überzeugenden Plan zum Aufbau einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft gibt. Damit steht fest: Aus eigener Kraft kann Spanien sich nicht von den schweren Lasten befreien. Also unter den Rettungsschirm?

Nein, wollen sie nicht. Regierungschef Rajoy und seine Ministerriege sowie die gesamte spanische Elite wehren sich mit Händen und Füßen. Warum nur? Ganz klar: Sie können nicht zulassen, daß die Troika ständig im Land herumschnüffelt und kontrolliert, ob ihre Auflagen eingehalten werden – letztlich also bestimmt, wo es langgeht und somit die Regierung entmündigt. Nein, das lassen die stolzen Spanier nicht zu. Keine Chance! So wird in der Öffentlichkeit argumentiert. In den Hinterstübchen aber werden noch ganz andere Befürchtungen geäußert. Worum geht es? Nun, die spanische Elite, insbesondere aber die Politiker der großen Parteien PP und PSOE – und jetzt auch noch das Königshaus – sind ins Visier der Staatsanwälte geraten. Sie alle haben sich während vieler Jahre in einem kaum noch zu entwirrenden Korruptionsnetz vernetzt und verstrickt. Was passiert, wenn die Troika ihre Nase dort hineinsteckt – kaum auszudenken!

Die Spanier wollen also eine Rettung nach ihrem Gusto. Kein Rettungsschirm, nur scheinbare Auflagen, keine Kontrollen, aber viele Milliarden. Bisher sieht es ganz danach aus, als kämen sie damit durch. Denn es heißt wie bei den Banken: „Too big to fail.“ Anders gesagt: Läßt man Spanien in die Pleite rauschen, zerbricht das Euro-System. Also, sagen die EU-Regierungschefs – natürlich inoffiziell –, dann pumpen wir eben solange Steuergelder ins Land, bis es gerettet ist. Um welche Summen geht es wohl? Wie immer gehen die Meinungen dazu auseinander, aber man muß nicht lange spekulieren: Es sind so viele Billionen, daß die Rettungsschirme gesprengt würden. Wie will die EU-Elite da wieder rauskommen? Sie, lieber Leser, kennen das schon: Das Spiel heißt „Durchwursteln, um Zeit zu gewinnen“. Und was erreicht sie damit? Gar nichts.

Was wird jetzt gemacht? Ich nenne es: Agenda 2010 auf Spanisch. Das heißt: Löhne und Gehälter kappen, Rentenalter rauf, weniger Moos für Arbeitslose, im Staat und den Kommunen Stellen kürzen, eine effektivere Verwaltung schaffen und privatisieren. Dieses Programm greift in Spanien viel tiefer in soziale und ökonomische Zusammenhänge ein und es stößt auf heftigeren Widerstand als in Deutschland. Wenn Deutschland damit erfolgreich war, schafft das Spanien auch? Unwahrscheinlich. Denn damals gab es keine weltweite Finanzkrise und keine Eurokrise. Mehr noch: Damals gab es keine nervösen Finanzmärkte und keine antieuropäischen Rating-Agenturen. Das gesamte globale Umfeld hat sich verändert und die Bedingungen für eine konjunkturelle Erholung haben sich enorm verschlechtert. Vor allem aber: Das Problem der Deutschen in den 90ern war ein völlig anderes als das der Spanier. In der Kritik stand ein „zu fetter Sozialstaat“ (wurde mit der Agenda 2010 behoben), hinzu kam die enorme wirtschaftliche Belastung durch die deutsche Einheit. Dennoch waren die deutschen Unternehmen weitgehend wettbewerbsfähig, schließlich war das Land damals Exportweltmeister.

„Mit Spanien wird sich das Schicksal Europas entscheiden.“ Warum? Weil die Euroblase platzt, wenn Spanien folgende Bedingungen nicht erfüllt: 1. Ohne Wachstum kann es die Staatsschulden nicht an die Gläubiger zurückzahlen. Wie viel Wachstum ist notwendig? Mindestens 3 Prozent über viele Jahre hinweg, weil sonst die Arbeitslosigkeit zu hoch bleibt und damit Problem 2 nicht gelöst wird – die private Verschuldung. Ohne starken Abbau der privaten Verschuldung geraten die spanischen Banken plus ausländischen Gläubiger in Gefahr. Die Konjunktur muß also anhaltend brummen. Genau dies kann man ausschließen, denn dem Land fehlen auf absehbare Zeit die dafür notwendigen Wachstumstreiber.

Tabelle 1: Wachstumsraten des Bruttoinlandprodukts (BIP) Spaniens von 2001 bis 2010


Jahr 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
BIP in % z. Vj. 3,5 2,7 3,0 3,1 3,5 3,9 3,6 0,9 -3,7 -0,1

Quelle: Germany Trade & Invest 2011

Das waren noch Zeiten mit hohen Wachstumsraten, aber auch Einbrüchen. Und es war ein kurzes, nicht nachhaltiges Strohfeuer. Leitlinie: Betonieren wir die Meeresküste von der Costa de la Luz bis nach Barcelona mit Hotels, Villen und Autobahnen. Bauboom nannte sich das. Es boomte auf Pump – bis die Immobilienblase platzte und bei den Banken ein riesiges Schuldenloch hinterließ. Seitdem steht dem Land das Wasser bis zum Hals. Die EU-Kommission glaubt, mit 100 Milliarden Euro die Banken retten zu können. Doch das wird nicht reichen. Mehr dazu steht in Teil 4.

Positiv gestimmte Ökonomen sehen dennoch einen Lichtblick: Spaniens Export legt leicht zu. Doch das ist kein Programm, um das Wachstum auf drei Prozent zu hebeln. Die Wahrscheinlichkeit, daß es auch in den nächsten 30 Jahren nicht gelingt, ist sehr hoch. Warum? Fragen wir einmal: Welches sind die künftigen Wachstumstreiber? (S. Anhang Nr. 1) Ergebnis: Spanische Unternehmen spielen in den Zukunftsindustrien kaum eine Rolle. Was da ist: Tourismus, Textil und ein wenig neue Energien reicht nicht bzw. stößt schon jetzt – wie der Tourismus – an Wachstumsgrenzen.

Killt Spanien den Euro?

Der Auftakt: 100 Milliarden für Banken und Sparkassen

Spanien geriet in einem einmalig rasanten Tempo in den engeren Problemkreis. Und das ging so:

14. Juni 2012: Die Ratingagenturen machen unmissverständlich klar, daß sie den Fall Spanien ziemlich kritisch beurteilen. Den Anlaß dafür lieferte die EU-Kommission. Sie hatte nur wenige Tage zuvor den spanischen Banken 100 Milliarden Euro für die Sanierung in Aussicht gestellt. Daraufhin stufte die Ratingagentur Moody’s Spanien von der Note A3 auf Baa3 herunter. Eine ziemlich unangenehme Positionierung, weil die Iberer damit nicht mehr weit entfernt von der Position der Griechen waren. Das traf die stolzen Spanier ins Mark. Kann es sein, daß die Moody-Analysten übertreiben? Keineswegs, mit der Begründung, die Sanierungssumme werde Spaniens Schuldenlast weiter erhöhen, liegt die Agentur keineswegs falsch.

21. Juni 2012: Wenige Tage später schon hat das Folgen. An diesem Tag bot die spanische Regierung Staatsanleihen zum Kauf an, um sich refinanzieren zu können. Ergebnis: Für zweijährige Anleihen stieg die Rendite von rund 2 auf gut 4,7 Prozent, bei den dreijährigen von rund 4,9 auf fast 5,5 Prozent. Und bei den fünfjährigen Anleihen waren Risikoaufschläge über 6 Prozent notwendig. Das war der höchste Stand seit 15 Jahren.

Was bedeuten diese außergewöhnlichen Renditen? Angenommen, sie würden über viele Monate derart hoch bleiben, dann würden die Märkte prüfen, ob Madrid das noch bezahlen kann. Kämen sie zu einem negativen Ergebnis, würden die Investoren kaum noch Anleihen kaufen und die erworbenen verkaufen. Sie wären alle Risiken los, aber die spanische Regierung hätte massive Probleme. Welche? Ohne Refinanzierungsquelle kann ein hoch verschuldeter Staat seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Konkret: Er könnte seine Angestellten nicht entlohnen und müßte seine Gläubiger um Zahlungsaufschub bitten – oder die Pleite beichten. Für solche Fälle hat die EU den Rettungsschirm erfunden. Doch die stolzen Spanier wollen die damit verbundenen harten Sparauflagen und Dauerkontrollen durch die Troika unbedingt vermeiden. Haben sie noch eine Chance?

Jene 100 Milliarden Euro sind für die Banken vorgesehen. Die Spanier haben also ein Bankenproblem. Doch kann, indem die Banken gerettet werden, ein Staatsverschuldungsproblem verhindert werden? Die Realität ist wieder mal vertrackter.

Einigen Banken – genauer: einigen Sparkassen – droht die Pleite, weil sie als Folge der Immobilienblase, die 2007 explodierte, faule Kredite in ihren Büchern haben. Wie hoch diese Summe ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Klar ist, der spanische Staat kann diese Summe nicht aufbringen. Warum nicht? Weil die Schuldenlast des Staates, der Privathaushalte sowie der Banken und Unternehmen schon jetzt bedrohlich ist. Dies deswegen, weil die Wirtschaft des Landes von Fachleuten als nicht wettbewerbsfähig eingeschätzt wird. Wie wird das begründet? Die bisherigen Wachstumsträger waren vor allem die Bauindustrie sowie der private Konsum. Hinzu kam noch der Tourismus. Weil die Bauunternehmen entweder pleite sind oder kaum noch Bauaufträge haben und der Konsum wegen der hohen Arbeitslosigkeit von etwa 25 Prozent eingebrochen ist, sind die Aussichten, daß Spanien sich mit eigenen Mitteln aus der Schuldenkrise herauswirtschaften kann, ziemlich düster. Anders formuliert: Das Land steckt in einer tiefen Strukturkrise. Es sind umfassende Reformen notwendig – doch bis die umgesetzt werden und wirken, vergehen viele Jahre.

Die Meßlatte für Wettbewerbsfähigkeit wird ja nicht mehr in Europa gesetzt, sondern in den dynamischen asiatischen Ländern wie zum Beispiel China, Südkorea und Indien. Sie dominieren in den Sektoren Textil, Maschinenbau, Sonnen- und Windenergie, Software – und zwar darum, weil sie enorm produktiv sind und zu Billiglöhnen herstellen. Spanien spielt auf diesen Gebieten kaum noch eine Rolle. Und wenn es um das digitale Zeitalter geht, beherrschen die Amerikaner so gut wie allein das Feld – sie heißen Google, Apple, Amazon und Facebook. Außerdem sind die USA führend in Biotechnologie, Nanotech und Raumfahrt.

Was muß passieren, damit ein Land wie Spanien hier mitreden kann – in Form von Produkten und Humankapital? Ohne ins Detail zu gehen, kann man mit einer Gegenfrage antworten: Wie lange haben die oben genannten asiatischen Länder gebraucht, um den gegenwärtigen Status zu erreichen? Mindestens 20 Jahre. Und sie sind immer noch erheblich von jenem Status entfernt, den die USA und auch Deutschland derzeit erreicht haben.

An diesem Punkt stellt sich eine weitere Frage: Wie ist es möglich, daß dieses Land, das jahrelang als Musterknabe der EG gelobt wurde, derart abstürzen konnte? Spanien war über viele Jahre hinweg der größte Nutznießer der EU-Strukturfonds. Viele Milliarden flossen ins Land. Wo sind sie geblieben? Sind die Spanier allein schuld am Desaster? Welchen Anteil hat die EU? Starten wir einen Rückblick.

Der Fall Griechenland zeigt, daß die Hellenen gemogelt und getäuscht haben und die EU-Politiker über viele Jahre hinweg beide Augen zudrückten. Doch schon 1986, als die Hellenen der EG beitraten, gab es keine Zweifel: Das Land war noch nicht reif für den Beitritt. Wie war das mit Spanien? Auch die Iberer wurden 1986 EG-Mitglied. Erfüllten sie die Beitrittsbedingungen?

Dieses Buch hat vier Teile. Der erste Teil enthält die Vorgeschichte zur Krise in Spanien. Dabei stehen folgende Fragen im Vordergrund: Wie hat sich das Land nach dem Tod des Diktators Franco entwickelt? Welche Folgen hatte der EG-Beitritt? Wie nutzte Spanien die Kohäsions- und Strukturmittel? Bilanz der Regierungschefs Gonzalez und Aznar. Bedeutung der Korruption. Teil 2 beschreibt, wie die Regierung Zapatero das Land in die Krise steuerte. Weitere Stichworte: der Backstein-Boom, knallharte Verhandlungen um Strukturfondsmittel, grobe Versäumnisse beim Aufbau einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Beginn der Austeritätspolitik. Teil 3 zeigt, in welch atemberaubendem Tempo die Austeritätspolitik das Land noch tiefer in die Rezession treibt. In Teil 4 dreht sich alles um die Frage, ob Spanien zum Euro-Austritt gezwungen ist. Dazu werden die außerordentlich gefährliche Verschuldungslawine analysiert sowie die Chancen auf Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Schließlich gibt es noch sieben Hintergrundtexte. Diese Anhänge sollen Ihnen einen tieferen Einblick in das komplizierte und keineswegs transparente Konstrukt Europäische Kommission ermöglichen. Die Themen: Bedeutung der Innovation für die Wettbewerbsfähigkeit; wie funktionieren die Struktur- und der Kohäsionsfonds; was versteht man unter den Maastricht-Kriterien? Hier finden Sie auch eine Antwort auf die Frage, wie der Immobilienboom entstand und wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt zur Farce wurde. Aufschlußreich ist auch eine Analyse der Deutschen Bank. Die Autoren schätzen die Wettbewerbsfähigkeit Spaniens falsch ein und übersehen auch die klaren Signale, daß die Immobilienblase platzen wird. Zu den aufsehenerregendsten Statements aus deutscher Feder zum Thema Europa der zwei Geschwindigkeiten zählt sicher das Schäuble/Lamers-Papier. Es ist wegen der Entwicklung der EU aktueller denn je.

„Killt Spanien den Euro?“ ist – das wird aus den Beiträgen im Anhang deutlich – auch eine Geschichte der EU – mit folgendem Ergebnis: Neben den wenigen unbestreitbar positiven Seiten (Frieden, stabile Preise) überwiegen klar die negativen Punkte. Dazu gehört die gewaltige Verschuldungslawine der Staaten, die Nichteinhaltung der Maastricht-Kriterien, die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der meisten EU-Mitgliedsländer, die grandiose Verschwendung von Steuergeldern im Agrarbereich sowie den Struktur- und Kohäsionsfonds, die ungleichen Entwicklungen von Nord- und Südeuropa. Daß die Spanier in eine äußerst mißliche Lage geraten sind, kann man nicht allein ihnen in die Schuhe schieben. Das völlig überforderte und ineffiziente EU-Management in Form der EU-Kommissionen sowie die Weichspüler- und Durchwurstelpolitik des jeweiligen EU-Rats (also der EU-Regierungschefs) waren und sind entscheidend an dem Murks beteiligt, der sich EU nennt. Insofern klärt Sie dieses Buch auch darüber auf, warum die Euro-Retter scheitern.

399
477,84 ₽
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0+
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230 стр. 1 иллюстрация
ISBN:
9783844255058
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
Формат скачивания:
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