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154 Heinrich Thomann (1814–1883) von Biberstein, Kanton Aargau. Er wanderte 1836 in die USA aus.

155 Jakob Rippstein von Kienberg, Kanton Solothurn. Er beantragte am 15. März 1841 im Alter von 28 Jahren einen Reisepass für Amerika. Register für deutsche und französische Pässe, Passkontrolle 1822–1848, 117, Nr. 2614, Staatsarchiv des Kantons Solothurn.

156 Manuskript 47/2. – Satz leicht korrigiert.

157 Manuskript 47/2.

158 Schütz lebte seit Frühling 1845 auf seiner eigenen Farm. An der Stelle, wo er sich ein Haus baute, entwickelte sich später der Ort St. Jacob. Abbott, New Worlds to Seek, 235.

159 Manuskript 49/4.

160 Manuskript 50/1.

161 Manuskript 50/1.

162 Manuskript 50/2.

163 Manuskript 50/2.

164 Böschenstein war etwas enttäuscht, da er beabsichtigte, seinen Laden im Mai nach Highland zu verlegen, und gehofft hatte, Lienhard werde ihn dorthin begleiten. Manuskript 50/4. – Eggen erwähnt, dass Böschenstein 1846 nach Highland zog und sich dort ein Haus baute. Eggen, Chronicles of Early Highland, 153.

165 Manuskript 50/4.

166 Manuskript 50/4.

167 Manuskript 51/1.

168 Manuskript 51/1. – Lienhard und Schütz blieben in Freundschaft verbunden. Als Pate von Lienhards erstem Sohn Caspar Arnold (1852–1863) verzeichnet das Taufregister von Kilchberg, Kanton Zürich, einen Friedrich Schütz von Knonau, sesshaft in Zürich Aussersihl, möglicherweise ein Verwandter von Jakob Schütz. Jakob Schütz selbst wurde Pate von Lienhards zweitem, ebenfalls noch in Kilchberg geborenem Sohn John Henry (1853–1933), dessen Taufe am 29. Januar 1854 stattfand, wenige Monate vor der endgültigen Auswanderung der Familie in die USA. Pfarrbuch 1838–1863 von Kilchberg, Kanton Zürich, Nr. 74 und Nr. 84.

Heinrich Lienhard

Erinnerungen 1846–1849


California Trail April bis Oktober 1846

Reisevorbereitungen in St. Louis1

In St. Louis angekommen, waren wier nur mit dem Herbeischaffen der nöthigen Gegenständen beschäftigt, wier mussten vor Allem ein starker Wagen und wenigstens zwei Gespann Ochsen haben. Den Erstern kauften wier ohne Bogen und Blache für $ 50.–, es war ein guter Wagen, der sich im ganzen trefflich bewährte. Mit den Ochsen, zwei Gespanne zu je $ 25.00, welche Ripstein auf der Illinoisseite kaufte, hatte der Irrthum darin bestanden, dass das eine Gespann zu schwerfällig und zu alt für eine so lange und beschwehrliche Reise war; wier waren daher auf allgemeines Rathen genöthigt, in Independence sie gegen ein viel jüngeres, aber auch viel billigeres Gespann auszutauschen. Damit die Wagendeichsel verstärkt würde, liessen wier über dieselbe der ganzen Länge nach eine starke Eisenstange befestigen, welchem Umstande wier zu verdanken hatten, dass die Deichsel noch theilweise aushielt. Natürlich wurde unser Wagen auch mit Bogen und einer geölten, darüber gespannten Blache2 versehen.

Wier waren im ganzen fünf Männer, wovon ich der Jüngste war, welche in demselben Wagen die Reise zusammen machen wollten. Mit Thomen und Ripstein war ein Deutscher Lotringer namens Zins3 von Galena gekommen, welcher hinter Galena, nicht weit von dem früher erwähnten schwäbischen Gemüsegärtner ein Junggesellen-Leben geführt hatte und daher mit verschiedenem Kochgeschirr versehen war, welches er offerirte, zum Gebrauch auf der Reise hergeben zu wollen, wenn wier dieses nach unserer Ankunft in Californien ihm als sein Eigenthum überlassen wollten. Wier waren natürlich damit gern einverstanden, da wier sonst zu diesem Zwecke Kochgeschirr hätten kaufen müssen. Zins war nur klein, aber doch nach Verhältniss seiner Grösse fest4. Sein erstes Erscheinen machte bei mir nicht den besten Eindruck. Sein Gesicht war Gross und überaus roth, die kleinen, blinzelnden Augen waren sehr nahe beieinander, zwischen welchen eine überaus grosse und lange rothe Nase bis über seinen weiten Mund herab reichte. Seine Haare waren dicht und schwarz, ohne Lockig zu sein. Seine Beine5 waren bedeutend nach Aussen gebogen, hingegen stellte er seine Fussspitzen nach einwärts. Seine Sprache war etwas langsam, und sein Wesen zeugte von einem guten Theil Annmassung. Er hatte ein paar sehr verschiedene Seiten. Er konnte recht lustig sein, Spässe machen und sang gern, wobei er aber keine besonders schöne Stimme entwickelte. Er war Gescheit im einrichten zur Bequämlichkeit, und wenn er wollte, konnte er auch Angenehm und Unterhaltend sein. Aber er war leicht Böse über Dinge, die von Andern kaum beachtet wurden, und er liess sich oft von heftigen Anfällen des Jähzorns zu Handlungen hinreissen, welche er vielleicht späther wieder bereute, und solche Menschen können dann Gefährlich werden in ihren Handlungen, und [dies] hätte gerade für ihn und Andere, mit denen er in Berührung kam, böse Folgen haben können.6

Der Fünfte von unserer Gesellschaft hiess Valentin Diel, ein Darmstädter, aber [er] war schon seit ein paar Jahren in America und hatte in St. Louis bis dahin Cigaren gemacht. Er war nur um ein oder zwei Jahre älter als ich und beinahe ebenso gross. Aber er hatte ein gefährlicher Leistenbruch, so dass man hätte glauben sollen, er wäre zu starken körperlichen Anstrengungen nicht fähig, was sich jedoch bei ihm nicht ganz bestähtigte. Diel sah einem Hanoveraner viel ähnlich, darum hiessen wier ihn auch oft spassweise den «Blattdeutschen»7 oder «Weissen Dicken». Er war im Allgemeinen friedfertiger Natur und lachte gern über Alles mit, auch hatte er manchmal recht drollige Einfälle. Doch konnte er auch zur Abwechslung zeigen, dass er der Falschheit nicht ganz fremd war.

Ausflug zum Arsenal

Befor ich hier weiter fortfahre, habe ich noch etwas nachzuholen, welches weiter oben am richtigen Platz gewesen wäre. Als ich das Erstemal in St. Louis war, um zu sehen, ob sich keine Gelegenheit finden liesse, um nach California zu kommen, kam es mir plötzlich in den Sinn, einmal mit einem der Omnibusse nach dem Arsirnal8 hinunter zu fahren, von welchem ich öfters gehört, es aber früher nie besucht hatte. Mein Ziel war bald erreicht, und ich trat durch das Portal in die Landschaftsgarten änlichen Anlagen des die Gebäude umgebenden Lokales. Grosse, regelmässig aufgepeigte Haufen von Kanonenkugeln und ein paar kleine Kanonen zogen meine erste Aufmerksammkeit auf sich, welche ich mir ein wenig ansah. Neben der Einfahrt waren ein oder zwei Mann als Wache aufgestellt, weiter drin standen einige Soldaten, sich miteinander unterhaltend, und jetzt sah ich ein grosser, aufrechter, schon ein wenig grauer Feldweibel oder Wachtmeister auf mich zuschreiten, welcher mich ohne Umstände sogleich auf deutsch anredete: «Wie gefällt es Ihnen hier, junger Freund? Nicht wahr, es ist recht schön hier?» und dergleichen, welches ich, wie es sich versteht, bejahend beantwortete. «Ich stelle mir vor», fuhr er fort, «Sie haben Lust, in den Dienst zu tretten, nicht wahr? Wier können gerade einige kräftigen jungen Männer, wie Sie sind, gebrauchen; Sie gefallen mir recht gut, und da finden Sie gerade die beste Gelegenheit!» Meine Antwort, dass ich nicht gekommen sei, in den Militärdienst9 zu tretten, wollte der stramme Graubart nicht glauben. «Ei was da», meinte er, «warum sollten Sie denn hieher gekommen [sein], als um Dienst zu nehmen! Das ist das Allerbeste, was ein junger Mann thun kann. Hier bekommt man eilf Dollars Lohn per Monat, man hat guten Unterhalt, billige und gute Kleidung, und wenn man krank wird, hat man die beste Pflege nebst Medizin umsonst und bekömmt noch seinen Lohn dessen ungeachtet. Sehen Sie sich einmal recht um», fuhr er dann fort, «ich denke, Sie werden wol ihre Gedanken endern, noch ehe Sie den Platz verlassen. Wier sprechen dann noch Einmal miteinander.»

Da ich nicht in das Innere der Gebäude trat, war ich bald genug mit dem Äussern fertig. Ich schritt daher langsam dem Portal entgegen, durch welches ich gekommen war, denn ich empfand kein Wunsch, mich anwerben zu lassen; darum begehrte ich auch nicht, den strammen alten Feldweibel zu sprechen. Dieser hatte mich aber wieder erblickt und frug mich, indem er auf mich zuschritt: «Nun, junger Freund, nicht wahr, es gefällt Ihnen hier?» Dagegen hatte ich zwar nichts einzuwenden, aber dessenthalben Militärdienst zu nehmen, erschien mir thörricht. Man werde wol keine Leute anwerben, um sie hier faullenzen zu lassen, war meine Ansicht, die Leute würden wahrscheinlich auch nach den Wildnissen geschikt werden. Als der alte Soldat10 mich nicht überaus begierig fand, mich anwerben zu lassen, sprach er davon, als ob er mir eine bessere als nur gewöhnliche Soldatenstelle verschaffen könnte, wodurch ich anstatt nur $ 11.00 per Monat $ 13.00 erhalten würde, kurz, er versuchte alle Überredungskünste: «Sie gefallen mir, ich muss Sie haben, Sie werden es nie bereuen» und Dergleichen. Um den Alten nicht gleich vor den Kopf zu stossen, versprach ich ihm, mir das Ding noch besser zu überlegen, und lasse ich mich dann anwerben, soll es durch ihn geschehen. Wier schieden dann als gute Freunde, aber der alte Krieger hat mich wahrscheinlich seidher niemals wieder gesehen. Ich habe immer junge Leute, welche bei guter Gesundheit und kräftigem Körperbaue in Friedenszeiten Militärdienste nehmen, als eine Art Taugenichtse betrachtet; als solchen hätte ich mich selbst dann auch betrachten müssen. So weit war es denn doch noch nicht mit mir gekommen – nur als allerletztes Mittel, um mich zu erhalten, hätte ich zum Militärdienst Zuflucht nehmen mögen.

Von St. Louis nach Independence, Missouri

Wier hatten endlich der grössere Theil der zu unserer Reise nöthigen Gegenstände zusammengebracht, das noch Fehlende konnten wier in Independence uns dort noch verschaffen. Independence und St. Joseph in Missoury waren die zwei eigentlichen Plätze, wo die Emigranten über die Wildnissen sich noch vollends ausrüsteten. Wier schrieben noch unsere letzten Briefe an Bekannte, Freunde oder Verwandten. Auch ich unterliess es nicht, noch eine Art Abschiedsbrief an mein Vater nach der Schweiz zu schreiben. Wer konnte es wissen – es war ja vielleicht der Letzte, denn eine Reise von sechs Monaten über eine Wildniss gehörte damals nicht zu den Kleinigkeiten und kam einem mit jedem Tag bedenklicher vor.

Am letzten Tag vor unserer Abreise von St. Louis traffen wier noch ein früherer Reisegefährte. Es war der alte, noch ledige und auf jeden, der mit seiner Base Barbara Bircher lachte und einige freundliche Worte wechselte, eifersüchtig werdende Frei. Obschon mich Frei damals nicht ganz am besten [mochte], weil ich mich unterstanden hatte, mit seiner Base ein wenig zu lachen und zu sprechen (wofür er mich eines Morgens mit kaltem Seewasser bespritzte), so war er doch bei dieser Begegnung überaus freundlich. Und er liess es sich nicht nehmen, er wollte mich traktieren, bei welcher Gelegenheit er mir einen Theil seiner amerikanischen Erlebnisse zum Besten gab. Da wier gerade auf unsere frühere Reise und Mitreisenden zu sprechen kamen und er gerade Derjenige war, welcher es mir am meisten gönnen mochte, dass man mir meine Taschenpistole gestohlen hatte11 (welches er einem 16-Jährigen badischen Knaben zur Last legte, welcher sich bei einer Familie befand, mit welcher er und die Birchers oft leicht zankten, worüber ich mein Missfallen an den Tag gab), konnte ich ihm den Namen des richtigen Diebes nun genau angeben, und Dieser war sein Namensvetter, der Schneider Frei, derselbe, den ich damals als den Dieb betrachtete.1112 Ich glaube aber kaum, dass ihm dieses besonders gefallen hat, obschon er nicht viel darüber zu sagen wusste.

Das kleine Dampfboot «John Go Along»13 hatte endlich Uns sowie unsere Siebensachen alle an bord. Es war, glaube ich, den 21. April abends, als wier St. Louis verliessen. Zu gleicher Zeit mit uns fuhr ein anderes, etwas grösseres Boot ab, welches wie das unsrige den Missoury hinauf wollte. Entweder hatte der Engenier nicht genug Dampf auf, oder es fehlte sonst Etwas, denn es schien ihm unsäglich viel zu thun zu geben, den St. Louiser Bootlandungsplatz passieren zu können. Allmälig machten wier ein wenig bessere Fortschritte, doch blieb das Andere Boot für längere Zeit immer scheinbar gleich weit, vielleicht so tausend Schritte vor uns. In mir regte sich eine Art Eifersucht, ich fühlte nicht ganz recht, dass unser Boot, welches doch noch «John go along» hiess, das Andere nicht einholen und passieren sollte. Der Ingenier schien wie ich von demselben Gedanken durchdrungen und that sein Möglichstes, damit unser John schneller voran komme. Er wie ich und vielleicht ausser uns beiden noch Andere auf unserm Boot hatten keine rechte Ruhe, bis wier, lange nach Dunkelwerden, die Diestanz zwischen den beiden Booten veringert fanden und wier dieses zuletzt passierten. Jetzt erst empfand ich eine innere Befriedigung, und der Ingenier bekundigte Dasselbe durch ein freundliches Kopfnicken und Lächeln.

Obschon die Ufer des Missoury keine besondere Verschiedenheit von denen des Mississippi bieten, so ist doch die Verschiedenheit der zwei Flüsse selbst sehr gross. Währenddem die Fluhten des Letztern in der Regel ganz klaar, aber ein wenig Bräunlich sind, sind Diejenigen des Erstern immer ganz trübe und von gelblicher Aschenfarbe. Im Mississippi oberhalb St. Louis findet man wenige der sogenannten Snags14, im Missoury jedoch findet man sie Überall, wodurch die Bootfahrt auch oft stark Gefährdet wird. Die Sandbänke wechseln im Erstern nur langsam, wohingegen diese in Letzterm fast täglich sich verändern. Die Fruchtbarkeit des angeschwemten, flachen Uferlandes ist wol in beiden sehr gross. An Städten zu beiden Seiten des Missoury war der Staat damals noch Arm; mit Ausnahme von Jefferson City war zwischen dem Landungsplatz von St. Louis und dem von Independence noch nicht viel zu sehen. Wol gab es damals schon allerlei Namen, aber einige wenige Gebäude machten in der Regel schon die ganze Stadt aus.

Unter den Zwischendeckpassagieren befanden sich auch zwei Amerikaner, welche die Landreise nach Oregon machen wollten. Wier waren seid dem ersten Abend dem andern Boot immer voran geblieben, ohne ihm jedoch weit voraus gekommen zu sein. Als wier an die Mündung des Ossage15 in den Missoury kamen, fanden wier da ein Boot auf dem Grunde festsitzend. Ausserhalb der Mündung war ein kleines Insel, und unser John versuchte zuerst, ausserhalb diesem Insel an verschiedenen Stellen durch die Untiefen hindurch zu kommen. Alle Anstrengungen waren jedoch vergeblich. Unser John kehrte wieder um und brobierte innerhalb der Insel ganz im Ossage-Wasser eine Durchfahrt zu erzwingen, ganz nahe dem festgesessenen Fahrzeug, aber ohne bessern Erfolg. Der John schien aber entschlossen, sich um jeden Preis eine Passage zu erzwingen. Seine zwei grossen Sparren16 wurden ins Wasser gelassen, und nun gieng die Bootmannschaft allen Ernstes daran, das Boot über die Sandbank hinüber zu schlepen, wobei auch die Zwischendeckpassagiere oft mithalfen. Bald nach uns war das andere Boot auch angelangt, blieb aber ruhig an einer Stelle ligen, ohne ein Versuch zu machen, durchzukommen.

Dasjenige Boot, welches wier zuerst festsitzend fanden, hatte sich während der Nacht losgearbeitet und uns verlassen. Wier waren zwar mit dem Tagesgrauen der Landzunge zwischen den beiden Flüssen ein wenig näher gekommen, sassen aber noch immer auf dem Sande in niedrigem Wasser. Man nahm jetzt mit einem Boot ein langes und starkes Tau, welches man an einem Baume auf der Landspitze mit einem Ende befestigte. Das andere Ende befestigte man an dem Drehkopf (oder wie man dieses Ding heisst)17, setzte dann vier lange Sparren oder Hebel ein, wovon fortwährend die Mannschaft sowohl als Zwischendeckpassagire drehten, währenddem die Dampfmaschine arbeitete und die Räder den Flusssand aufwühlten. Es war heller Tag geworden, und die Sonne war erschienen, als wier noch immer fest blieben, uns jedoch tieferm Wasser näherten. Da kam das hinter uns gelegene Boot ruhig und behutsam ausserhalb dem Insel, scheinbar ganz an derselben [Stelle] herangefaren, an welcher wier es Abends vorher vergeblich versucht hatten – ohne im geringsten auf Grund zu stossen. Ich glaube, dass sich auf unserm John Alles darüber ärgerte.

Dieses Boot legte oberhalb des Zusammenflusses am Ufer an, um Holz einzunehmen, gerade an der Stelle, wo unsere Leute Holz einnehmen wollten; denn wier waren über nacht beinahe ganz daran ausgekommen. Endlich waren wier flot, das Tau ward eingezogen, und wier wollten vorwärts, als das andere Boot von seiner Landungstelle rückwärts fuhr, um in das richtige Fahrwasser zu gelangen oder, wie uns vorkam, um uns ein Wenig in Weg zu kommen. Unser Boot war dem Andern dabei mit seiner Spitze voraus in das Radhaus gerathen, dass die Bretter krachten, und man fing an zu befürchten, dass die Geschichte noch Unannehmlichkeiten mit sich bringen könnte. Augenblicklich schien es, als ob das andere Boot ein gleiches Experiment an unserm versuchen wollte; allein das Unsere blieb zurück, und das Andere fuhr, die Nutzlosigkeit eines solchen Versuches wol einsehend, wieder voran. Wier hatten kaum Feuermaterial genug, kurze Distanz aufwärts zu fahren, wo am rechten Ufer ein Theil aufgepeigtes Cordholz eingenommen wurde.

An dem linken Ufer nahmen wier einst auch Feuerholz ein, als man nicht weit unter uns weit im Flusse draussen einen Hirschen gegen eine Insel schwimmen sah. Sogleich wurde des Schiffes Ruderboot in das Wasser gelassen, und drei Männer in demselben thaten ihr Möglichstes, den Hirschen einzuholen, welcher, dieses gewahrend, ebenfalls seinerseits alles aufbot, seinen Feinden zu entrinnen. Es erfolgte unter den Zuschauern auf dem Dampfboot nicht geringe Aufregung, schon glaubte man, der Hirsch werde seine Freiheit verlieren, denn das Boot war fast dicht an ihn heran gekommen – da hatte der Hirsch eine seichte Stelle erreicht, und mit einigen mächtigen Sprüngen in das nahe Walddickicht war er seinen Häschern entronnen.

Ich glaube, es war am fünften Tage spät Nachmittags, als wier bei dem Landungsplatz für Independence angekommen waren. Es war eine öde Gegend am Fusse eines steilen und hohen Uferabhanges. Ich hatte wenigstens einige Häuser erwartet, fand aber, soviel ich mich erinnere, nichts derart. Unsere ganze Habseligkeit wurde gelandet. Auch die zwei Männer, welche nach Oregon wollten, landeten hier mit ihrem Gepäck. Wier fanden da drei andere jungen, reichlich mit Pistolen und mächtigen Bowy-Messern18 bewaffneten Männer, welche wahrscheinlich von dem uns vorangegangenen Dampfboot hier gelandet wurden und welche bemüht waren, einiges Gepäck wegzuschaffen. Sie alle hatten wahre Mörder-Physiognomien, welchen ich allein und unbewaffnet nicht an einsammer Stelle hätte begegnen mögen. Sie wollten sich denn auch über uns Deutschen lustig machen, wo[bei] sich einer Derselben auszeichnete, indem er verschiedene verächtliche Bemerkungen an mich zu richten begann. Ich wünschte zwar kein Streit mit ihnen, allein ich war der Ansicht, dass, wenn wier ihre schnöden Bemerkungen so hinnehmen würden, ohne sie mit änlichen zu erwidern, sie sich sehr leicht einbilden könnten, uns eingeschüchtert zu haben. Ich nahm daher kein Anstand, ihre Bemerkungen mit ebenso bissigen zu erwiedern, dabei ein wenig lächelnd. Die drei sahen mich ein wenig verdutzt an und maassen mich mit ihren Augen von Oben bis Unten, worüber ich mich aber durchaus nicht erschrocken zeigte. Thomen, welcher noch einige unserer gewechselten Worte vernommen hatte, fürchtete, solche Worte könnten zu unangenehmen Auftritten führen, worin er ein wenig recht hatte. Allein ich betrachtete es als das sicherste Mittel, dadurch fernern Neckereien derart vorzubeugen, und diese Ansicht hatte sich bei mir auch in der Zukunft bewährt.

Nachdem unser Gepäck nebst dem der zwei Männer, welche nach Oregon wollten (die uns ersucht hatten, das ihrige bis nach Independence mitzunehmen), alles eingeladen war, spannten wier zum Erstenmal unsere zwei Gespann Ochsen an den Wagen. Der Weg führte einer langen und steilen Anhöhe entlang hinauf, so dass wier anfangs fürchteten, es möchte zu schwer für die vier Ochsen werden, wesshalben wier uns auf beiden Seiten des Wagens neben dessen Rädern postierten. Wier fanden jedoch bald zu unserer Genugthuung, dass unsere Befürchtungen vergeben waren. Es war eine Freude, zu sehen, wie beständig und ohne scheinbaren19 grossen Anstrengungen sie den Wagen den langen und steilen Weg herauf schlepten. Auf der Anhöhe angelangt, fuhren wier noch kurze Zeit durch den hügeligen Eichenwald, ohne jedoch von Independence etwas zu sehen, und da die Dämmerung nahe war, entschlossen wier uns, an einer geeigneten Stelle neben der Strasse zu kampiren. Der Himmel war ein wenig bewölkt gewesen, es gab jedoch kein Regen.

Letzte Einkäufe für die grosse Reise. Von Independence zum Indian Creek

Frühe am nächsten Morgen brachen wier auf und fanden zu unserer Überraschung, dass wier ganz in der Nähe des Städtchens gelagert hatten.20 Ein wenig zu einer Seite des Städtchens fanden wier einen bequämen Lagerplatz, wo wier unsere Ochsen grasen lassen und uns mit den noch nöthigen Gegenständen versehen konnten. Unsere zwei alten, zu schweren und kurzgliedrigen Ochsen vertauschten wier gegen ein Gespann viel leichtere und jüngere. Das andere, etwas jüngere, langgliedrigere und leichtere Gespann behielten wier aber und hatten uns dessen nicht zu klagen, denn sie thaten uns treffliche Dienste. Wier kauften uns noch ein Gespann junge, leichte Ochsen und ebenfalls zwei junge, aber hochträchtige Kühe, welche wier späther unter das Joch zu bringen und vor den Wagen zu spannen beabsichtigten. Das zur Reise nöthige Mehl kauften wier auch hier, ebenso kauften wier ein Zehn-Gallonen-Fässchen, worin wier späther oft unser Drinkwasser mitschlepten. Am hintern Ende des Wagenbettes befestigten wier eine mit beweglichem Deckel versehene kleine Kiste, worin wier unsere Gabeln, Messer und einige zum Essen benöthigte Geschirre aufbewahrten.

Es hatten sich allmälig immer mehr Leute, welche dieselbe Reise wie wier unternehmen und zu diesem Zweck sich vollends ausrüsten wollten, eingestellt, und unter Andern befand sich auch ein Schweizer namens Kiburz21 mit seiner amerikanischen Frau und zwei Kindern. Er hatte zwei Wagen, wovon der eine von seinem alten, aber noch rüstigen und lebensfrohen Schwiegervater, Mr. Barber22, getrieben wurde. Zwei ledige Söhne des alten Mannes, John und Samuel Barber, hatten ein Fuhrwerck für sich. Wier hatten uns das Nöthige endlich, soviel wier meinten, gekauft und eingepackt und fühlten uns vollkommen ausgerüstet. Mein letztes Stück Silbergeld, ein Picayune23, 6¼ Cents, hatte ich noch für einen Blechbecher (tin cup) ausgegeben, und ich war jetzt mit Ausnahme von drei Kupfercents ganz und gar an Geld aus; dagegen war ich in Schulden gegenüber dem Thomen, Ripstein und dem Diel. Zins, welcher zuerst gethan hatte, als ob er seinen Theil vollkommen bezahlen könne, war aber noch tiefer in deren Schuld gerathen als ich selbst.24

Am dritten Tag unseres Aufenthaltes an diesem Ort, Nachmittags, hatten wier unser Wagen mit unsern sämtlichen Ochsen bespannt, und erst jetzt betrachteten wier uns eigentlich als auf der Reise nach California begriffen. Der Tag war recht Angenehm, die Sonne schien warm, die Prairien25 grünten, die Wiesenlerchen und andere Vögel sangen zu allen Seiten ihre fröhlichen Frühlingslieder – mir kam es vor, als ob die ganze Natur voll frohen Lebens wäre! Zins knallte endlich mit der langen Ochsenpeitsche, denn er war der Erste, welcher unser Fuhrwerck, sozusagen unsere bewegliche Heimath, trieb, und wier sagten unsere aufrichtgen Adieu dem Städtchen Independence und den alten Ansiedlungen.

Nur kurze Distanz hinter Independence führte unsere Strasse durch ein kleines Stück Wald, wo wier sie durch theils stehendes und theils fliessendes Wasser öfter in zimmlich schlechtem Zustand fanden. Auf der sich vor uns öffnenden wellenförmigen Prairie wurde sie indessen bald wieder besser, so dass wier Alle frohenmuthes westwärts fortschritten. Wier näherten uns bald einer wol sechs bis sieben Meilen westlich von Independence auf der hohen Prairie gelegenen Baumgruppe, wo wier in einer alten Einzäunung zwei verlassene Blockhäuser traffen, in deren Nähe ein paar Frischwasserquellen der Erde entquellten. Da die Sonne dem Horizonte nahe war, beschlossen wier, hier unser erstes Nachtlager aufzuschlagen, denn da fanden wier alles, was man verlangen konnte: hinreichend Gras für unser Zugvieh, gutes Wasser und Feuerholz – was wollten wier mehr? Wier Alle hegten den gemeinsammen Wunsch, dass wier jede Nacht bis nach California eine änliche Lagerstätte finden möchten. «Wer mag wol hier gewohnt haben, und warum hat man diesen Platz wieder verlassen?» war jetzt unsere gegenseitige Frage, und keinem kam das Richtige in den Sinn. Erst draussen an dem allgemeinen Versammlungsort an der Indian Creek erfuhren wier, dass dieser unser erster Lagerplatz einst von den Heiligen des Jüngsten Tages als zu einem allgemeinen religiösen Versammlungsplatz benutzt wurde, wo die Mormonen-Proveten, Priester und Ältern ihren andächtigen Gläubigen ihre Orakelsprüche verkündigten, bis sie von den angrenzenden Heiden und Ungläubigen von Missoury gezwungen wurden, diese Gegend zu verlassen, von wo aus sie sich nach Nauvoo in Illinois begaben, um auch von Dort in diesem Jahr 1846 ebenfalls vom Volke der angrenzenden Township oder Counties zu demselben Schritt gezwungen zu werden.26

Wier setzten unser Weg beinahe grade in westlicher Richtung über schöne, hügelige Prairie fort, nachdem wier mit dem Aufjochen der Ochsen und mit unserm Frühstück fertig geworden waren, eine Beschäftigung, welche wier in der Zukunft allmorgendlich zu verrichten hatten, wozu es uns daher keineswegs an Gelegenheit fehlte, es gründlich zu erlernen. Die Farmen um uns herum wurden immer seltener, und nur ein oder zwei Häuser in der Nähe der Strasse hatten wier passiert. Und mit ihnen hatten wier die Grenzen des Staates Missoury hinter uns, und wier befanden uns in dem damaligen Indianergebiet und in der Reservation der Shawnees27, einem kleinen Stamme oder Überreste halb civilisierter Indianer, welche sich mit Landbau und Viehzucht abgaben und in festen, hölzernen Häusern wohnten.

Ein streifen Waldes in der Ferne liess uns unser erstes Reiseziel, die Indian Creek, erkennen, wo sich die ersten Auswanderer so lange aufhalten wollten, bis man sich Zahlreich genug glaubte, um etwaigen Indianer-Angriffen erfolgreichen Wiederstand leisten zu können. Die Sonne hatte sich schon stark dem Horizonte genähert, als wier unser Fuhrwerck von der Hochprairie abwärts gegen das Thal der Indian Creek lenkten. Wier [waren] unterwegs hieher nur einigen braunen mexikanischen Fuhrleuten begegnet, welche mit riesigen, [mit] sechs bis acht Mauleseln bespannten Wagen gegen Independence fuhren.28 Unten am Waldsaume der Indian Creek angelangt, fanden wier die ersten Stellen, welche wier für zimmlich schwierig zu passieren hielten, hatten spähter aber genug Gelegenheit, uns zu überzeugen, solche Stellen als gar nicht übel zu finden.

Besammlung der Emigranten am Indian Creek

Mitten im Walde an den Ufern der Indian Creek fanden wier bereits eine Anzahl Emigranten lagernd, welche uns freundlich aufnahmen. Die zwei Bekannten vom «John Go along», welche nach Oregon wollten, besuchten uns hier wieder. Sie lagerten nicht am Creek, sondern ausserhalb des Waldes auf der Prairie, und warteten auf eine Gesellschaft, welche mehr ausschliesslich nach Oregon wollte. Zu uns stiessen fast täglich mehr Wagen, unter andern auch Kiburz mit Familie, Schwigervater und Schwäger. Für das Vieh fand man auf den reichen Prairien die herrlichsten Weiden, wo es sich nach Herzenslust sattfressen konnte, dennoch war es geneigt, weit vom Lager sich zu entfernen. Wier hatten einer unserer Ochsen eines Abends nicht finden können; durch zahlen eines halben Dollars hatten ihn uns die Shawnees gefunden. Ich glaubte aber beinahe, dass sie uns denselben weggetrieben hatten, um ein wenig Geld von uns zu erpressen.

Da ich eine Scheere, Fingerhut, Nadeln, Knöpfe und Faden in einer extra Schachtel mit mir führte und ich während der Mussestunden meine Kleider, besonders ein Sommerrock29, Regelgerecht flickte und veränderte, wurde ich bald als «The German Tailor» bekannt, was mich indessen durchaus nicht abhielt, auch in der Zukunft die Kleider zu reparieren, wenn ich solches für nöthig fand. Öfter machten wier kleine Jagtausflüge, meistens der Creek entlang auf- oder abwärts; ich weiss mich aber nicht zu erinnern, dass wier je etwas Besseres als Eikörnchen schossen.


California und Oregon Trail (Übersicht).

Einmal hiess es, man habe einen Bienenbaum entdeckt. Einige von uns, ich glaube, es waren unser Fünfe, begaben uns an die bezeichnete Stelle, wo man gesehen haben wollte, aus einem Loche hoch oben in einer Eiche die Bienen aus- und einfliegen. Obschon ich damals noch recht gute Augen zu haben glaubte, war ich nicht im Stande, Bienen zu entdecken, ich empfand daher wenig Lust, mich an dem Umhacken der dicken Eiche zu bethätigen. Da die Übrigen in den einzeln sich dem Loche nähernden und entfernenden Fliegen ganz sicher Bienen gesehen haben wollten und einander ablösend kräftig drauflos hackten, nahm ich auch daran Theil, ob sich in dem Baume Bienen befänden oder nicht. Hätte der Baum Bienen enthalten, würden diese durch unser Hacken gewiss beunruhigt worden und massenhaft aus dem Loche hervor gekommen sein, allein es geschah nichts derart. Endlich begann der Baumstock30 zu wanken, nur noch einige kräftigen Hiebe, und er fiel krachend zur Erde nieder – aber auch jetzt wollten noch keine Bienen zum Vorschein kommen. Man schlug mit dem dickern Axtende in der Nähe des vermeindlichen Ausflugloches an den holen Stamm, aber anstatt des Honigs, welcher uns für die gehabte Arbeit hätte belohnen sollen, erschienen langsam und vorsichtig zwei zimmlich grosse, schwarzen Schlangen, die sich herausschliechen und wahrscheinlich sehr unangenehm berührt waren durch unser unberufenens demoliren ihrer alten Behausung.

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9783857919183
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