Читать книгу: «"Wenn Du absolut nach Amerika willst, so gehe in Gottesnamen!"», страница 15

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Unsern Weg in östlicher Richtung über die immer noch höher steigenden Hügel fortsetzend, mochten wier den einsamen Büffel am Sumpfe vielleicht zwei Meilen hinter uns haben; da wier von den Übrigen aber nichts mehr sehen konnten, wandten wier uns ein wenig nach südlicher Richtung und sahen jetzt die beiden Kellog bereits auf ihrem Rückwege dem Flusse zu reiten.118 Wier wollten jetzt ihnen entgegen gehen, um zu erfahren, ob es ihnen gelungen sei, zwei Büffel zu schiessen, und wenn so, Wo wier diese finden könnten. Im Falle sie keine geschossen, wollten wier ihnen den einsamen Burschen am Sumpfe weisen. Die Kellog kamen theilweise in unserer Richtung. Jetzt sahen wier den Büffel vom Sumpfe herkommend in gerader Richtung den zwei Brüdern entgegen gehen. Er liess ein eigenthümlich Grunzen hören, als er bei der Fortsetzung seines Weges nicht weit von uns vorüber gieng; er hatte die zwei Maulesel wahrscheinlich für Seinesgleichen gehalten, denn wier gewarten, dass er sie im Auge behielt und sein Grunzen oft wiederholte. Die Kellog hatten jetzt den Büffel auch entdeckt. Der Jäger stieg ab und liess sein Bruder sein Maulthier halten, gieng darauf dem Büffel entgegen, welcher, immer noch Grunzend und sein dicker, wolliger Kopf erhebend, der Stelle sich näherte, wo die Maulthiere standen. Der Jäger hatte sich in einer kleinen Vertiefung des Grundes niedergebükt und schien vom Büffel gar nicht beobachtet zu werden, denn der Wind führte ihm sein Geruch nicht entgegen. Als der Büffel vielleicht auf 60 Schritte über eine kleine Bodenerhöhung an ihm vorüber wollte, schoss Kellog, worauf der Büffel mit seinen beiden Hinterfüssen wie ein Pferd hoch ausschlug, aber nach nur wenigen Sprüngen noch einige Schritte langsamer lief und sich dann, wie um zu ruhen, auf den Grund niederlegte. Kellog war augenblicklich aufgestanden und gieng geraden Weges auf den Büffel zu und schnitt diesem die Kehle ab. Als Thomen und ich ihn sich dem Büffel nähern sahen, hatten wier bange, der grosse Kerl möchte aufspringen und sich zu rächen suchen. Als wier solches dem Kellog nachher bemerkten, lachte er über unsere unnöthigen Befürchtungen. Wier erfuhren von ihm, dass er bereits zwei Büffel zirca zwei Meilen von uns weiter zwischen den Hügeln geschossen habe, welche von Ripstein und Hartmann abgezogen würden. Kellog nahm von beiden Seiten des Höckers zwei Riemen Fleisch dieses Thieres mit sich, das Andere durften wier nehmen.

[Während] Thomen jetzt der Abrede gemäs dem Lager entgegen gieng, arbeitete ich nach Leibeskräften, um dem Büffel sein Fell abzuziehen. Es war ein prächtiger, fetter, vollgewachsener, aber keineswegs alter Bull. Sowol Thomen als ich waren bereits von dem hin und her, auf und ab Laufen in dieser sandigen Gegend nicht nur Müde, sondern auch noch Durstig geworden. Der Tag war warm und sonnig geworden, nachdem das nebelartige Gewölk sich verzogen hatte. Es gab da kein Strauch oder Gebüsch noch Fels, wo man einigen Schatten hätte finden können, um sich da ein wenig zu erholen. Um den gewaltigen dicken Burschen von einer Seite auf die Andere zu wälzen, bedurfte es meiner äussersten Kraftanwendung, ich war aber damals kräftig und konnte im nöthigen Fall etwas leisten. Ich hatte keinen Stahl, an welchem ich mein oft stumpf werdendes Messer hätte wezen können, ich hatte mich zu diesem Zwecke mit einem kleinen Stück eines Wezsteins versehen und war oft genug genöthigt, davon Gebrauch zu machen. Ich hatte gute Fortschritte gemacht, die Haut des Büffel hatte ich ausgebreitet, und ein grosser Haufen saftigen Fleisches und ein kleinerer des Fettes hatte ich zum Aufladen bereit, sobald Zins, nach welchem ich schon mehr als eine Stunde vergebens ausschaute, mit dem Wagen kommen würde.

Durch das viele auf den Wezstein spucken war ich nur noch viel Durstiger geworden, und dieser wurde mit jeder Minute heftiger. Ein grosser Prairie-Wolf hatte mir von einigen hundert Schritten Entfernung zugeschaut und, wie ich öfters Gelegenheit hatte zu sehen, die Gerüche des frischen Fleisches gierig aufgenommen. Meine Anwesenheit war ihm ohnzweifel recht unangenehm, und mir war seine mir oder dem Haufen Fleisches geschenkte grosse Aufmerksamkeit auch nicht besonders lieb. Mein Durst hatte allmälig so sehr bei mir zugenommen, und meine Zunge war so drocken geworden, dass sie beinahe brennend und hart fühlte. Nach keiner Richtung hin liess ein heran nahender Wagen sich unterscheiden, obschon man Meilen weit auf dieser Baumlosen Gegend und bei dieser klaren Luft sehen konnte. Schon seid wol drei Stunden hatte die Sonne vom Zenith sich entfernt und dem westlichen Horizonte genähert – und noch immer kein Erscheinen eines Fuhrwercks.

Da konnte ich es nicht mehr länger ertragen. Ich wusste wol, dass, sobald ich mich entfernte, mein gieriger Nachbar, der Prairie-Wolf, sich an meinem fertigen Büffelfleisch sogleich nach Herzenslust gütlich thun würde; aus dieser Ursache hatte ich noch so lange gewartet, nachdem ich mit dem Aufschneiden fertig geworden. Jetzt aber konnte ich unmöglich mehr länger warten, denn mir war es, als ob meine Zunge und mein Schlund Feuer gefangen hätten. Meine Kleider und mein Karobiner aufgreiffend, wandte ich meine Schritte dem Blatt entgegen, gieng über eine sich langsam senkende Ebene und mochte bereits nahezu eine halbe Meile zurück gelegt haben, als ich zu meinem Grossen Leidwesen fand, dass ich mein grosses, gefülltes Pulverhorn nebst Kugeltasche zurück gelassen hatte. Dieser Verlust durfte ich nicht dulden. Ich legte da meine Büchse auf den Grund, wo ich mich befand, und gieng, so schnell ich es konnte, jener Stelle zu, wo mein Fleisch sich befand. Der Prairie-Wolf hatte sich während meiner kurzen Abwesenheit bereits recht gütlich gethan. Als ich zurückkam, entfernte er sich zwar, seine Lipen leckend,119 gegen die Stelle hin, von wo aus er mir vorher bei meiner Arbeit zugeschaut hatte. Noch einmal schaute ich in der Richtung, von wo unser Wagen kommen sollte, aber es wollte sich absolut nichts zeigen, und so gieng ich denn wieder nach der Stelle, wo mein Karobiner am Boden ligen sollte; aber da ich den genauen Platz nicht mehr recht wusste, nahm es mir einige Zeit, diesen wieder zu finden.

Als ich noch einmal mich umsah, konnte ich sehen, wie sich mein gefrässiger Nachbar an dem Büffelfleische gütlich that, mein ganzes Sinnen und Trachten war aber jetzt Wasser – Wasser! Ich wusste wol, dass ich von 4–6 Meilen zu gehen haben würde, ehe ich den Fluss erreichen konnte. Es bewegte sich kaum ein Lüftchen, und die Sonne brandte ganz Unbarmherzig darnieder. Hatte ich die höchste Stelle eines Sandhügels erreicht, suchte ich da Luft zu schöpfen, aber mein erbarmungsloser Durst trieb mich sogleich wieder voran, und ich musste eine sandige Vertiefung zwischen den sie überall umgebenden Anhöhen durchschreiten, wo die Luft wie in einem erhitzten Ofen glühend schien. Ich weiss kaum, wie viele derartige sandigen Hügel und Kesselartigen Tiefen ich nacheinander überschritten hatte. So viel weiss ich, dass sie mir gar kein Ende nehmen wollten; denn schon lange hatte ich gehofft, ich werde von der nächsten Anhöhe aus den Fluss sehen können – um nur aufs Neue mich getäuscht zu finden. Vor Müdigkeit und Erschöpfung konnte ich meine Glieder kaum erheben, und doch musste ich voran. Mit vieler Anstrengung waren wieder einige Tiefen und Höhen überschritten, und im Westen näherte sich die Sonne dem Horizonte – da erblickte ich endlich nahe am Fusse des Hügels, auf welchem ich soeben angelangt, der Fluss. Trotz aller Müdigkeit war ich bald neben seinem Ufer, wo ich Alles auf den Grund warf, und ohne Zögerung sprang ich hinein in das bräunlich aussehende Wasser und trank, trank und trank in langen Zügen. Aber wenn ich aufhörte, war es mir, als ob mir noch immer Innwendig alles branndte, und erst nachdem ich zwei bis drei Mal mit anhaltend langen Zügen getrunken hatte, meinte ich, eine Erleichterung zu empfinden. Als ich aber kaum oben neben meinen Sachen auf drockenem Grunde war, empfand ich noch immer grossen Durst, und noch einmal sprang ich hinein, um viel zu trinken.

Ich war hier nahe bei der Fuhrt des Flusses, welchen ich jetzt durchschritt und dabei jeden Augenblick wieder trank. Die Sonne war bereits untergegangen, als ich in unserm Lager ein Stück weiter oben ankam, wo ich zu meiner Überraschung den Thomen fand. Ich wollte natürlich wissen, warum er denn nicht mit dem Zins gegangen sei, da erzählte er, dass er von Zins nichts gesehen habe und auch gar nicht wisse, wo derselbe sei. Er sei der Abrede gemäs unserm Lager gegenüber an das Ufer gegangen, um Zins zu rufen, da habe man ihm zugerufen, dass Zins schon lange mit dem Wagen und zwei Joch Ochsen über den Fluss gesetzt sei, um uns entgegen zu fahren. Er wäre zu sehr ermüdet und zu durstig gewesen, als dass er es unternommen haben würde, den Zins zu suchen. Er habe ja seine Pflicht erfüllt, und alles sei einzig und allein die Schuld, dass Zins nicht, wie wier verabredet, im Lager seine Ankunft abgewartet hätte. Dieses war freilich wahr – aber wo war Zins hingetrieben? Wie sollten wier das Fleisch unserer Büffel herschaffen, wenn Zins den richtigen Weg verfehlte? Und was musste Ripstein an Durst leiden, wenn der Wagen nicht kam, um sie abzuholen? Dem unverantwortlichen Eigensinn von Zins hatte man all diese Leiden und Befürchtungen jetzt zu verdanken; hätte er nach Abrede gehandelt, hätten wier das Fleisch von drei Büffel sehr wahrscheinlich seid Stunden im Lager. Ich fürchte fast, dass, wenn ich Zins diesen Augenblick unter meine Hände bekommen hätte, es ohne Ohrfeigen nicht abgelaufen wäre.

Ich war um eine Stunde im Lager, als endlich auch Hartmann auf seinem Maulesel erschien. Nach seinem Berichte sei er sowol als Ripstein beinahe verschmachtet. Sie hätten vergeblich sich nach dem Wagen umgesehen, dann kamen sie überein, er solle sich auf den Weg machen, weil das Fuhrwerk den richtigen Weg verfehlt haben könne. Auf seinem Rückwege sei er dem Flusse schon zimmlich nahe gekommen, ohne etwas vom Wagen zu sehen; da habe er endlich geglaubt, weit vom richtigen Wege ab gegen Norden hin etwas zu sehen, welches einem Fuhrwerk änlich gesehen. Er sei darauf hingeritten, und es wäre wirklich der Zins gewesen, welcher nicht wusste, wohin er treiben solle, um die richtige Stelle zu finden. Er habe Zins die Direktion gezeigt, wo Ripstein mit dem Fleisch seiner warte und halb verdurstet sei, habe ihm auch gesagt, wie weit es ungefähr sei, dann sei er schnell dem Flusse zugeritten, um sein brennender Durst zu löschen.

Wie viele Leute leichtsinnig sein können, davon hatte Zins ein Beispiel abgelegt. Aber auch Diel kam mir diesen Abend so vor, denn ihn schien die ganze Geschichte blutwenig zu bekümmern – wie wenn unser ferneres Wohl und Fortkommen nicht ein guter Theil davon abhienge, ob wier genug Lebensmittel hätten oder nicht. Zudem antwortete er mir auf die Frage, ob er das Nachtessen für die Abwesenden in Bereitschaft habe, so dass, wenn sie kämen, sie nicht lange darauf zu warten brauchten: «Nein, ich habe es nicht in Bereitschaft, werde auch nichts kochen, vor sie kommen. Wer mag wissen, ob Die kommen oder nicht.» Sogar der sonst so Väterliche, besorgte Thomen kam mir lange nicht so besorgt vor, als ich es an ihm erwartete, denn er sowol als Diel legten sich bald nach unserm Nachtessen [hin] und schliefen nach kurzer Zeit ganz ruhig, sanft und zufrieden.

Was mich selbst anbetraff, der doch als der Jüngste der Gleichgültigste hätte sein dürfen, ängstigte mich die ganze verkehrte Geschichte gar sehr, um so mehr, als Stund um Stunde vergieng, ohne dass unsere Leute mit dem Fuhrwerk und dem Fleische anlangten. Obwol ich in meine Büffelhaut gewickelt am Boden lag, empfand ich keinen Schlaf. Ich erhob mich, um ein helles Feuer zu bereiten, damit unsere Kameraden schon von ferne unser Lager ausspüren könnten. Die Flammen schlugen hoch empor, so dass die umstehenden Bäume hellerleuchtet wurden, aber nichts liess sich vernehmen, woraus man das Herannahen eines Wagens hätte schliessen können. Von Zeit zu Zeit legte ich frisches Holz an das Feuer, um dadurch ein helles Flammenlicht zu unterhalten. Ich legte mich dann wieder nieder und horchte auf jeden Laut, vergeblich hoffend, dass es unsere Leute sein möchten. Mitternacht musste bereits vorüber sein, und meine Unruhe stieg immer mehr – da glaubte ich plötzlich, ein fernes «Oh hah!» zu vernehmen, aber es kam von der unrechten Seite her. Wie der Blitz schoss der Gedanke durch mein Kopf, sie hätten unser Lagerplatz trotz des hellen Feuers, welches in dem tiefen Bottom war, vermisst und uns sehr wahrscheinlich passiert. Mit der einen Hand mein Karobiner, in der Andern ein Feuerbrand haltend, eilte ich auf die höcher gelegene Prairie, schoss die Ladung ab und schwenkte mit dem Feuerbrand hin und her. Dieses hatte zwar meine zwei sorglosen, schlafenden Kameraden aufgeschrekt, aber damit hatte ich doch den gewünschten Erfolg erzielt: Den Knall des Schusses hatten die in der Dunkelheit unser Lager passiert [habenden] Kameraden sogleich vernommen,120 und durch das Schwingen des Feuerbrandes wussten sie, welche Richtung zu nehmen, und hatten unser Lager um 1 Uhr Morgends endlich doch erreicht.

Ripstein, welcher seid dem frühen Morgen nichts mehr gegessen hatte, verlangte jetzt schnell sein Abendessen. Als aber noch gar nichts gekocht war, wurde er sehr unwillig über den Diel, es hätte da gar leicht Schläge absetzen können, wenn Diel nicht schnell entsprochen haben würde. Ripstein war auch über Zins sehr aufgebracht; den ganzen Tag habe er vor Durst schmachten müssen, und es sei beinahe finster geworden, als Zins in seiner Nähe gehalten [habe] und fast wieder umkehren wollte. Er habe ihm dann zugerufen, schnell zu kommen, er müsse Wasser haben. Da aber Zins keines mit sich geführt, sei er zuerst so aufgebracht gewesen, dass er gemeint habe, er wolle das Fleisch bleiben lassen und dem Flusse zueilen. Aber ein zweiter, vernünftigerer Gedanken hätte sich in ihm geltend gemacht; schnell hätten sie das Fleisch aufgeladen und die Richtung nach dem Fluss eingeschlagen. Die Ochsen wären von dem Geruch der vielen von frühern Emigranten getödeten und nun verwesenden Büffel und wahrscheinlich auch von den vielen herum schleichenden Wölfen bange gewesen, so dass es ihnen viel Mühe gekostet habe, sie vor einem Wegrennen abzuhalten. Es sei zwölf Uhr geworden, als sie die Durchfahrt erreicht hätten.

Am 6. Juli schnitten wier unser saftiges Büffelfleisch in dünne Riemen und hängten es an den Ästen und Zweigen der Gebüsche zum Drocknen auf. Um es vollkommen zu drocknen, erforderte es zwei volle Tage Zeit. Am nächsten Tage wandten wier das Untere nach Oben, und am 8. blieben wier bis Nachmittag, dann verpackten wier es im hintern Theile des Wagens. Das Fleisch war vollkommen gedroknet, so dass wier nicht zu befürchten brauchten, es werde uns verderben. Der vielen uns quälenden Mücken wegen brachen wier unser Lager, obschon es bereits zimmlich späth geworden, auf, hatten nach der Durchfahrt des Flusses und durch Dieselbe getrieben, wo wier eine grosse, wol ausgestattete Reisegesellschaft gelagert fanden. Wier trieben unsere Wagen wol drei starke Meilen den Fluss entlang aufwärts, machten eine grosse Wendung nach links von der Strasse ab dem Flusse folgend nach einer grasigen Fläche am Flussufer, wo wier für diese Nacht lagerten.121

Noch befor wier den Lagerplatz erreichten, sahen wier einen grossen, schwarzen Ochsen allein in der Nähe dieses platzes Grasen. Mehrere von uns wollten gehen, ihn zu holen. Ripstein sagte, dieses sei nicht nöthig, das könne er schon allein thun, und wier liessen ihn gewähren. Dieser Fund war uns sehr zustatten gekommen, er bildete neben einem ähnlichen Ochsen, wie er war, unser Hauptjoch. Diese zwei Ochsen waren wahrscheinlich von wenigen Ochsen, welche die Ebenen überschritten, an Ausdauer, Kraft und Folgsamkeit übertroffen. In California reklamierte Ripstein ihn als sein ausschliessliches Eigenthum: Er habe ihn allein getrieben, somit gefunden. Wier waren sehr verschiedener Ansicht, denn was sein alleiniges Treiben anbelangte, wollten wier so wie er auch treiben; nur weil er es positiv allein thun wollte, liessen wier ihn gewähren. Seine Behauptung war schmutzig und absurd, allein um eines Ochses willen wollten wier doch nicht zu guter Letzt noch in besondere Streitigkeiten gerathen. Wier liessen ihn ihm daher.

Unruhige Nächte. Vom Platte zum Sweetwater River

Schon in der Nacht am 6. fieng mein linker Daumen an, mich heftig zu schmerzen. Es entwickelte sich am untern Ende des Nagels ein Geschwür, ich konnte desshalben fast gar keinen Schlaf finden. Der Daumen schwoll beinahe zu seiner dopelten Grösse an und bekam eine bläulich rothe Färbung. In der Nacht vom 7. auf den 8. wurde der Schmerz noch heftiger, die Pulsschläge wurden überaus Schmerzhaft empfunden, und von Schlafen war gar kein Gedanken. Zu diesem hatte ich während des Tages sehr viel von den Stichen winzig kleiner Fliegen oder Sandmücken auszuhalten, welche uns – aber besonders mir – in Nasen, Ohren und Augen krochen und uns fortwährend peinigten. Mein Gesicht war von den vielen Stichen stark aufgeschwollen, und in Gemeinschaft des Schmerzes am Daumen fühlte ich recht fiebrisch, mat und angegriffen. Diese Nacht jedoch, vom 8. auf den 9. Juli in unserm neuen Lager, erreichte der Schmerz im Daumen seinen höchsten Grad, jeder Pulsschlag empfand ich nicht allein im Daumen überaus heftig, sondern meine ganze linke Seite vom Kopf bis zu meinen Füssen lit mit.

Meine Kameraden schliefen schon seid längerer Zeit in einem dem Kiburz gehörenden Zellte, wohingegen ich allein in unserm Wagen mein Nachtlager fand. Wahrscheinlich durch den Geruch des vielen gedrockneten Büffelfleisches angezogen, schien es, als ob sich diese Nacht alle Wölfe, Füchse und andere Raubthiere aus einem grossen Umkreise um unsern Wagen versammelt hätten. Es hatte uns schon früher, und zwar beinahe keine Nacht, an Wolfskonzerten gefehlt, allein das Geheul dieser Thiere übertraff in dieser Nacht das der schlimmsten von früher wol noch um das Zehnfache. Meine Nerven waren endlich so sehr aufgeregt, dass sie förmlich durch das fortwährende entsetzliche Gehäul zu vibrieren schienen. Ich entschloss mich, aufzustehen, obschon sie dicht neben den Wagen heulten und ein grosser Theil derselben, nach dem Geheul zu urtheilen, der grossen Race angehören mussten. Als ich das glimmende Feuer wieder zu hellen Flammen anfachte, konnte ich ein grosser Kreis langschschnauziger, spitzohriger Prairieteufel sehen. Sie schwiegen oft plötzlich, um mit doppelter Kraft ihr markdurchdringendes Höllenconzert zu erneuern – mir war es oft, als ob sich alle wilden, reissenden Thiere versammelt hätten zu dem einzigen Zwecke, um mich recht zu quälen. Ich war verbunden, das Feuer immer wieder frisch zu scheuern, denn sobald die Flammen nur ein wenig nachliessen, ertönte das Geheul beinahe dicht hinter und neben mir. Schwang ich dann plötzlich ein Feuerbrand, konnte ich deutlich sehen, wie der ganze Kreis dieser Räuberbande zurückwich. Endlich, als der Tag zu grauen begann, nahm auch das Geheul ab, bis es nach dem Hellwerden ganz aufhörte.

Am 9. Juli verliessen wier den Blattefluss zum Letztenmal. Die Strasse führte uns beinahe ganz nördlich,122 und wier stiegen fast den Ganzen Tag über sanfte Anhöhen und kleine Ebenen. Mittags passierten wier eine Quelle, welche gutes Wasser enthielt, aber unser Nachtlager schlugen wier an einer Stelle auf, deren Quellwasser einen unangenehmen, salzigen Beigeschmack hatte. Wier fanden aber hinreichend Gras für unser Vieh, doch mit Brennmaterial war der Platz schlecht versehen, mit Ausnahme der wilden s.g. Salbeistöcke, deren holzige Gesträucher nebst Büffeldünger das Feuermaterial zu liefern hatten. Schon den Grösstentheil an den beiden Gabeln des Blattes entlang, besonders des Südarms, hatten wier uns grossentheils unsere Feuer mit gedroknetem Büffelmist bereitet, welcher zwar keine grosse Flamme, aber doch ein gutes Feuer gab und uns das Feuerholz nicht übel ersetzte. Von Hier aus hatten wier uns am meisten mit den Stämmen der starken wilden Salbeisträucher als Feuermaterial zu behelfen, welche zu einer Höhe von 2–4 Fuss wachsen und oft einen Stamm von über drei Zoll Durchmesser haben. Diese Pflantzen, welche die Wildnissen der Ebenen und Felsengebirge viele hunderte von Meilen oft fast Ausschliesslich bedecken, sind allerdings mit dem Rosmarin, Lawendel, Salbei und derartigen Pflantzen verwandt, jedoch wieder von ihnen verschieden. Ihr Geruch ist überaus stark und verursachte mir anfänglich viel Kopfschmerz; das Vieh mag sie nicht fressen und würde lieber verhungern. Als Feuermaterial für uns ersetzten sie das Holz zimmlich gut; wenn jedoch von Letzterem zu bekommen war, zogen wier vor, sich dessen zu bedienen.

Unser heutabige Lagerplatz war unter dem Namen «Mud Springs» (Dreckquellen) bekannt, weil es unweit der Quelle, an welcher wier lagerten, mehrere tiefe, mit weichem Schlam gefüllte Löcher gab. Unser Herrmann hatte sehr bald nach unserer Ankunft mit diesen Dreckquellen für ihn auf recht unangenehme Art Bekanntschaft gemacht. Er hatte sich nämlich von unserm Lager allein entfernt und war kurze Distanz durch das kleine Thälchen aufwärts gegangen, als er plötzlich zu einem vielleicht drei Fuss Durchmesser breiten Schlamhaufen kam, dessen obere Kruste drocken zu sein schien und im Ganzen einem zusammen gekratzten Haufen Strassenkoht ganz ähnlich sah. Neugierig, wie dieser (wie er meinte) Strassenkohthaufe hieher gekommen sein möge, wollte er auf die scheinbar harte Kruste tretten, als diese sogleich unter seinem Gewicht nachgab und ihn im Augenblick bis dicht unter seinen Armen in dem ganz weichen, gelblich grauen Schlam versinken liess. Als Herrmann die Kruste unter seinen Füssen plötzlich nachgeben fühlte, hatte er instinktgemäs mit seinen beiden Armen blitzschnell nach beiden Seiten ausgereicht und glücklicherweise soliden Grund gefunden, wohingegen seine Füsse drunten im Schlamme keinen soliden Gegenstand verspürten. Wäre es ihm nicht gelungen, mit seinen beiden Händen die glücklicherweise soliden Ränder des Schlammloches zu erreichen, würde er im nächsten Augenblick ganz im Schlamme versunken sein, und uns wäre sein plötzliches Verschwinden vielleicht ein unlösbares Räthsel geblieben.

Von dem Blatte-Fluss hieher war ich im Wagen gefahren, da ich durch [die] letzten drei schlaflosen Nächte und durch das Wolfsgeheul noch vermehrten Schmerz und Aufregung so erschöpft war, dass ich nicht daran denken durfte, wie sonst den Weg zu Fusse zurück zu legen. Als ich nach unserer Ankunft den Verband vom Daumen löste, vermeinte ich, in der grossen, bläulich rothen Blase wirklich einen hellrothen Wurm zu sehen. Über Diesem war die Haut ein wenig verletzt, welche nach sanftem Druck nachgab, und eine grosse Masse blutigen Eiters entquoll der Öffnung, und der bis dahin übergrosse Schmerz machte einem viel Gelindern platz. Das Pflaster, welches ich nun anwandte, bestand aus Harzseife und feinem Zucker, und es leistete vortreffliche Dienste, indem es das wilde, faule Fleisch äzte und den Eiter von dem Gliede allmälig entfernte. Aber ich konnte eigentlich erst nach unserer Ankunft in California den Daumen als vollständig geheilt betrachten.

Die Witterung war heute sehr Windig gewesen, bald war der Himmel von Wolken überzogen, dann kam die Sonne zur Abwechslung wieder zum Vorschein. Einer meiner Kameraden hatte ein einem Prairiehuhn ähnlicher Vogel in das Lager gebracht. Es war zwischen ihm und einem Prairiehuhn kaum einen anderen Unterschied bemerkbar, als dass dieses das Grössere war. Sein Geschmack war entschieden nach dem wilden Salbei, wovon es sich wahrscheinlich nährt, desshalben nicht gut geniessbar. Wier hatten an diesem Tage zirka 20 Meilen Weges zurück gelegt.

Da ich letzte Nacht vortrefflich geschlafen hatte, fühlte ich mit dem neu erwachenden Tage mich wieder viel besser. Als ich mich durch das enge, zu beiden Seiten mit hohen Felsen begrenzte Thälchen hinauf begab,123 fand ich noch mehrere ähnliche Schlammquellen, wie Diejenige war, wo Herrmann beinahe bei lebendigem Leibe sich vergraben hätte. Der Grund zwischen diesen Quellen schien zu schwanken. Mehrere unserer Ochsen schienen die Bekanntschaft wie Herrmann mit diesen Schlammlöchern gemacht zu haben, da sie zum grössern Theil mit diesem Schlamme überdeckt waren; es war nur zu verwundern, dass dabei Keiner verloren gieng. Der Grund schwankte hin und her und senkte sich unter der Ochsenlast, als sie vor mir hin zwischen diesen gefährlichen Stellen hindurch giengen. Ich blieb eine kleine Distanz zurück, weil ich jeden Augenblick fürchtete, dass die Rasendecke sich öffnen könnte. Die Ochsen schienen jedoch die Gefährlichsten Stellen zu meiden, ihre Schlambäder schienen ihnen auch nicht behagt zu haben.

Unsere Strasse führte uns Heute noch immer mehr aufwärts an mehreren Quellen mit gutem Wasser vorüber. Mittags hielten wier, um unserem Vieh eine wenig Ruhe, Gras und Wasser zu gönnen, an den sogenannten Weidenquellen124 und setzten unser Weg nachher noch ein paar Stunden, allmälig höcher kommend, fort, bis wier gegen zwei oder drei Uhr nachmittags auf einer höher gelegenen Ebene anlangten. Links neben der Strasse war eine grasige, sumpfige, nach Norden sich senkende Fläche, deren Untere Erdschichte wahrscheinlich auch nur aus einer Schlammasse bestand, denn die Oberfläche hob und senkte sich, wenn man darüber lief, noch fast mehr als bei den Schlamquellen. Von hier bis zu dem wilden Salbeibach (Sage Kreek) führte der Weg ein wenig Abwärts und war leicht zu begehen. An dem Salbeibach schlugen wier unser Lager auf, wo wier zeitig ankamen, denn wier hatten Heute nur zirka 16 Meilen zurück gelegt. Dieser Bach enthielt klares und gutes Drinkwasser, welches schnell in seinem engen Bette an uns vorüberfloss.125 Das Gras war leider von dem Vieh früher hier lagernden Emigranten schon rein weggefressen, so dass für das Unsere wenig mehr zu finden war. Der Name «Salbei» hatte der Bach jedenfall von den überaus vielen und grossen wilden Pflantzen dieser Gattung, welche auf den sandigen Anhöhen vortrefflich zu gedeihen schien.

Kurze Zeit nachdem unser Vieh von den Jochen entledigt worden, wollte Thomen von einem salbeibewachsenen Sandhügel nach Demselben ausschauen, da Dasselbe sich plötzlich entfernt hatte. Da die höchsten Punkte auf der andern Seite der Creek waren, hatte Thomen von dem Bach zwischen den nahe beisammenstehenden Salbeistöcken sich empor gearbeitet. Da machte er aber ein grosser Sprung nach Rückwärts und rief: «Eine Schlange hat mich beinahe gebissen!», worauf er mit drockenem Büffelmist und abgerissenen Salbeizweigen tüchtig auf sie Einhob und sie auch bald tödete. Es war eine grosse und schöne Klapperschlange, welche vierzehn der hornigen Klappern am Schwanze hatte. Sie war um 4 Fusse lang, zimmlich dick und hatte punte, regelmässige Farbenzeichnungen auf ihrem Rücken. Sie war im ganzen von heller Färbung, mit einem bräunlich gelben Grunde, dann mit röthlichen, hellgelblichen und andern Farben vermischt. Sie war viel schöner als ihre Vettern in California und in Illinois, welche ein aschfarbig schmutziges Braun bekleidet. Thomen hatte seine Schlange kaum abgethan, als der Ruf erscholl: «Unser Vieh ist Alles auf dem Wege zurück!», und sogleich liefen fünf oder sechs der Männer ihnen nach. Die Ochsen waren aber zwei starke Meilen zurück gelaufen gewesen, welche wier nach ihrer Ankunft sogleich wieder Jochten und mit ihren Zugketten an den Wagen festbanden.

Ankunft am Sweetwater. Independence Rock und Devil’s Gate

Die Nacht war prachtvoll, Mondhell, aber ein wenig Kühl. [Am] 11. Juli, morgens um Halbzweiuhr, hatten wier unsere Ochsen wieder angespannt und fuhren auf einer etwas sandigen, guten Strasse dem Süsswasserflusse (Sweetwater River)126 entgegen, bei welchem wier Morgens 7 Uhr ankamen. Unterwegs waren wier an einigen salzigen Flächen vorüber gekommen. Der Süsswasser ist nur ein kleines Flüsschen mit klarem, gutschmekendem Wasser, welcher sich in den Blatte ergiesst. Wier hatten an der Stelle, wo wier zuerst an ihn kamen, unsere Zugthiere ihrer Joche entledigt, damit sie sich in dem ein wenig knapen Grase selbst helfen könnten, und hatten dann unser Frühstück gekocht und beseitigt und setzten nach zirka 2½ stündiger Ruhe unser Weg wieder fort und waren bald neben dem Allen Emigranten bekannten Unabhängigkeitsfelsen (Independence Rock)127 angekommen, über welchen ich aus Docktor Wislizenus’ Reisebeschreibung (über die Felsengebirge) gelesen hatte.128 Ich habe den Felsen damals nicht gemessen, er mochte aber vielleicht an 100 Fuss Länge bei 40 Breite und etwa 30 Höhe haben und bildet eine art längliches Oval mit abgerundetem Rücken. Seine Seiten sind ringsum [von] den hier vorüber kommenden Emigranten und Jägern bis zu einer solchen Höhe mit Namen bedekt, dass es mir ein Räzel schien, wie man diese so hochoben habe anbringen können.129 Die meisten Namen waren mit schwarzen oder rothen Farben auf dem bräunlichen Granitfelsen mit grossen Buchstaben gemahlt, nur wenige waren in den Fels eingehauen. Der Unabhängigkeitsfelsen schien mir am Eingang eines riesigen, uralten vulkanischen Kraters Wache zu halten.

Von hier aus fuhren wier über eine, wie es schien, ausgebrandte Gegend von gelblichem Sande, welche von einem Kranze von sehr zerrissenen, scharfkantigen Granitblöcke von vielleicht über 100 Fuss Höhe und von röthlichbrauner Färbung umgeben ist. Nur wenige zwergartige Cedern und einige Fören fristen hier ihr kümmerliches Dasein. Je mehr ich mich hier umschaute, desto mehr meinte ich überzeugt zu sein, dass einst hier vielleicht Jahrtausende früher der Ausgang Unterirdischer Feuer gewesen sein musste. Es mochte zwischen 12 und 1 Uhr sein, als wier am obern Eingange dieser Vulkankratergegend ankamen, wo der Süsswasser sich durch zu beiden Seiten beinahe sich senkrecht 60–80 Fuss erhebenden Felsen sein Weg gebahnt hatte und mit einigem Getöse sich bemerkbar machte. Diese Stelle ist als das Teufelsthor (Devils Gate) bekannt, und wie an dem Unabhängigkeitsfelsen, so waren auch hier die Angrenzenden Felsen mit einer grossen Zahl Namen bedekt, und wie Dort, so schrieb ich auch den Meinigen, aber mit nicht sehr grossen Buchstaben hinzu, welche aber sehr Wahrscheinlich schon lange nicht mehr zu finden sein würden.

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9783857919183
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