Читать книгу: «"Wenn Du absolut nach Amerika willst, so gehe in Gottesnamen!"», страница 11

Шрифт:

Mr. Inman trat in den für ihn offen gelassenen Kreis, wobei er das eine Auge beinahe ganz, das Andere wol halb geschlossen hatte. Er versprach natürlich alles oder sogar mehr, als was man von ihm verlangte. Schon wollte man ihn mit Aclamation zum Captain machen, als eine Passstimme von hinten aus dem dicken Kreis der Männer ums Wort baht, den man hervor tretten liess und welchen man als den grossen Halblutindianer erkannte. Der Mann hatte gar viel gegen Inman einzuwenden: Inman sei ein halber Narr, ein ungebildeter, überspannter Kerl, der gern andere Leute kujoniren möchte, so eine art Negertreiber sei er, und wenn man diesen zum Captain mache, werde man bald genug, vielleicht schon Morgen ausfinden, welche Dumheit man begangen habe, einem solchen Menschen ein so hohes Amt anzuvertrauen. Worüber Mr. Inman nochmals eine Rede zu halten versuchte, welche ungefähr lautete wie folgt: «Gentlemen, I tell you, don’t believe a word what that fellow there says. I am go’n to do all I can for you, I’ll be hang’d if I don’t. He don’t know me, what’s the use to listen to such nonsence!» Wieder erscholl jetzt der Ruf, Mr. Inman mit Acclamation zum Captain zu wählen, wozu man ohne weiteres schritt. Sherman rief laut: «All those who are in favor that Mr. Inman should be our future Captain of the Company will signifigh it by saying ‹I›» – und ein donnerndes «I» war die Antwort. Sherman liess sich jetzt wieder hören: «Those who are opposed to Mr. Inman that he should be our Captain will signifigh it by saying ‹No›» – und nur eine einzige [Stimme] liess sich mit «No» vernehmen, aber eine tiefe, kräftige Passstimme war es: die des grossen Halblutindianers, welcher, scheinbar sehr entrüstet über Inmans Erwählung, sich entfernte.

Unter grossem und begeistertem Jubel wurde Inman von mehreren jungen Männern auf die Schultern gehoben, und die Hurrahs für Capt. Inman sowie das Hüte in die Lüfte schmeissen wollte kein Ende nehmen, währenddem man den Neuerwählten innerhalb des Wagenkreis herumtrug. Inman war natürlich über dieses unerwartet für ihn günstige Resultat mehr als entzükt, seine Hurrahs waren womöglich noch die Lautesten, wobei er seine Augen oft ungewöhnlich weit öffnete, dann sie wieder beinahe ganz schloss. «I tell you boys, I am go’n to treat you all», liess der neue Captain sich jetzt hören. «Where can I buy a gallon of whisky? Oh, I know – the German boys got some, they owe me a Dollar for hunting and bringing up their white cow. Say, someone of you German boys, can’t you let me have a gallon o’ whisky for that there dollar you owe me?» Aber die German boys wollten dem glücklichen Captain Inman kein Whisky verkaufen, weil sie keinen hatten; wol gab man ihm, der noch immer auf den Schultern herum getragen wurde, seinen dollar. «Who can let me have a gallon of Whisky, say?», war des Captains Fragen, aber es hiess, dass Niemand welchen habe. «Well, Captain, can’t we get anything to drink now? That’s too bad in deed», und einige Groans58 liessen sich augenblicklich vernehmen. «You promised us a treat, Captain, let’s have it! ‘Tis no use promising, when you can’t stick to it», und ein häufiges «that’s too bad» nebst neuer Groans liess sich von allen Seiten vernehmen. Man hatte den soeben noch überglücklichen Captain wieder auf den Grund gestellt, welcher in seiner grossen Verlegenheit, sein unbedachtes Versprechen nicht erfüllen zu können, sein ohnehin schon stark mitgenommenen Hut jetzt erbarmungslos von einer Seite seines Hauptes nach der Andern schob. Da aber auch dadurch absolut kein Whisky zu verschaffen war, gieng er, etwas still geworden, zu seinem Wagen zurück. Es war jetzt ganz finster geworden, und Jedermann suchte seine Schlafstelle auf, und bald war Alles in tiefem Schlafe. Nur Inman mag wol voll freudiger Aufregung und dem Bewusstsein der schweren Pflichten, welche er übernommen hatte, nicht ganz zur Ruhe gekommen sein.

Viele meinten, soeben erst eingeschlafen zu sein – denn es war noch finster, und nur ein geringes Grau im Osten schien zu bezeugen, dass der neue Tag im Anbrechen sei, mit welchem Mr. Inman seine Amtspflichten anzutretten hatte –, da liessen sich plötzlich und wiederholt die tiefen Passtöne von Mr. Harlans Blechhorn vernehmen: «Tuht – tuht – tuht», und dazwischen vernahm man Captain Inmans befehlende Stimme: «Get up, get up, all hands, let’s get ready for an early start!» Da und dort vernahm man ein mürrisches Grunzen aus den verschiedenen Zellten und Wagen, zur Abwechslung den Aufschrei eines von dem ungewöhnlichen «tuht – tuht» aufgeweckten und erschreckten Kindes, das ärgerliche Gezänck irgend einer nervösen Frau, vermischt mit dem Lachen oder Brummen der Männer. Captain Inman gab sein begonnenes gutes Vorhaben nicht auf, er achtete weder [auf] das Weinen der Kinder, das Gezäncke der Frauen noch das Brummen oder Lachen der Männer, bis er sie zum grössten Theile nacheinander aus den Wagen und Zellten heraus kommen und welche die Feuer hatte scheuern59 gesehen. Die jungen Männer hatten ihre grosse Freude daran, zu finden, dass ihr Spass ihnen vollständig gelingen werde, und es war daher mehr als Einer, der dem neuen Captain zu seiner Energie gratulierte, welcher dadurch nur noch mehr zum Eifer angetrieben wurde.60

Wier waren Heute allerwenigstens eine Stunde früher unterwegs als sonst, und unser neuer Captain, um zu zeigen, dass er ein solcher zu sein verstehe, hatte sich von Mr. Kiburz sein Schweizerscharfschützen-Waidmesser nebst dessen Alens-Revolver um seinen Leib geschnallt und sass hoch zu Pferde oder auf seiner Stute. Bald rannte er vorwärts, um die Strasse zu besehen, dann kam er wieder zurück gallopiert, ertheilte verschiedene Befehle und gab anweisungen. Nach seiner Kuh und deren Kalb zu sehen, war Heute nicht seines Amtes, war überhaupt weit unter seiner Würde, die mochten selbst sehen, wie sie mitkamen. Da sein Sohn das Fuhrwerck zu treiben hatte und die Frau im Wagen zu den kleinern Kindern aufpassen musste, so blieben sich sowol Kuh wie das schon zimmlich grosse Kalb selbst überlassen. Erstere folgte indessen, da sie um ihr abgewöhntes Kalb nichts mehr gab, aus bloser Gewohnheit dem übrigen Vieh; das Kalb hingegen, welchem wahrscheinlich schon die frühern Tagesmärsche kein grosses Vergnügen geboten, hatte an dem heutigen, viel schnellern Marsche wol ganz den Geschmack verloren und die günstige ausserordentliche Gelegenheit dazu benutzt, ganz zurück zu bleiben. Während des Tages konnte man bereits mehrere Mal beobachten, wie Cpt. Inman etwas saumselige Fuhrleute beorderte, sich schneller anzuschliessen, und dadurch mehrere ärgerliche Wortwechsel entstanden. Mr. Inman bekümmerte sich aber Heute spottwenig darum, ob man seine Befehle willig oder unwillig aufnahm; ein Captain musste handeln, wie er es am Besten fand, und das war er ja Heute, das wollte er denn auch Jedem beweisen.

Am Abend erreichte man den Big blue River, dessen Uferbänke sehr hoch und steil waren, und da auch das Wasser im Flusse tief war, wollte unser Captain nicht, dass die Wagen zu rasch in denselben hinabfahren sollten. Er beorderte daher die Fuhrleute zu halten, mit Pickel und Spatten in der Hand an die Arbeit zu gehen, um eine bessere Fahrstrasse die Uferbank hinab zu bereiten, wobei er so laut und so viel als möglich kommandirte und nebst dem Captain auch der Engineer61 spielte. Es gab dabei welche nachlässigen Männer, welche entweder nicht recht oder nur gleichgültig arbeiten wollten. Es war natürlich des Captains Pflicht, solchen zu zeigen, wer Meister sei, und Inman that es, obwol es dabei viele hizigen und heftigen Wortwechsel veranlasste. Die vordersten Fuhrwercke wurden jetzt in den Fluss hinein getrieben, es stellte sich jedoch heraus, dass das Wasser etwas tief war und einigen in die Wagenbetten hineinfloss. Dieses gab natürlich wieder neuen Anlass zu Unzufriedenheit, um eine Scheinursache zu haben, Inman schon diesen Abend wieder abzusetzen, und dieser Umstand wurde auch von vielen jungen Männern als ein Hauptvergehen gegen Inman als Captain laut besprochen. Die Ausdrücke «Inman ist ein Tirran», «er ist ein Narr», «er versteht nichts» konnte man von allen Seiten her vernehmen, und Inmans Familie, deren Wagen unweit von dem unsrigen war, musste solche Redensarten gewiss ebensowol als wier gehört haben.

Als das Nachtessen vorüber war, liess sich plötzlich Harlans Blechhorn hören, ebenfalls ein Aufruf zu einer neuen Versammlung. Inman stutzte und öffnete nicht blos seine Ohren, sondern auch seine Augen, er wollte wissen, was dieses zu bedeuten habe; wenn irgendeine Versammlung zu berufen sei, wäre er der Mann, dem solches zukomme, nicht jeder Erste Beste. Er erhob sich von seinem niedrigen Siz und gieng gemessenen Schrittes dem Hornblaser und Ausrufer entgegen, diesen fragend, was er da für Unsinn treibe, welcher aber seine Fragen nicht beachtete, sondern mit Blasen und Rufen fortfuhr, bis sich die Männer mitten im Wagenkreise versammelt hatten. Die Versammlung wurde zur Ordnung gerufen, und da regnete es denn so viele Anklagen gegen den armen eintägigen Captain Inman, dass dieser anfangs ganz verblüft darüber war; denn er hatte ja doch nach seiner Ansicht den ganzen Tag hindurch Alles gethan, was zur Wohlfahrt der ganzen Gesellschaft hätte beitragen sollen – und jetzt diesen Danck! Er hatte während des Tages seine arme Stute fast zusammen geritten, hatte sein Kalb verloren, konnte nicht einmal seiner Frau und Kindern die schuldige Aufmerksamkeit widmen, und er war selbst überaus ermüdet von seinen Anstrengungen, da er oft selbst Hand anlegte, und von dem fortwährenden Hin- und Herrennen – und jetzt gar noch diese Beschuldigung!

Obschon ich auch einen Antheil an dieser Comödie genommen, so empfand ich mit dem armen Peter jetzt aufrichtiges Mitleiden. Er dauerte mich, denn wenn er in seinem blinden Eifer als Captain ein wenig zu weit gegangen, so hatte er meiner Ansicht nach doch nicht das Geringste gethan, welches eine Absetzung hätte rechtfertigen können. Unter den Anklägern war der Halbindianer der Vorderste, er wusste eine ganze Anzahl von Beschuldigungen auf Inman zu häufen. Er behauptete, Richter Moore sei der einzige legale Captain, dieser habe sein Amt weder niedergelegt, noch sei er dessen enthoben worden. Ob dieser Halbnarr sich wol einbilde, dass wier, ein freies Volk, sich auf diese Art von ihm sollten kujoniren lassen? Da nebst diesem Manne noch mehrere Andern änliche Klagen vorbrachten, so hiess es, man müsse darüber abstimmen, ob man Mr. Inman absetzen soll oder nicht.

Befor man die Sache zum Abstimmen kommen liess, wurden doch auch noch Stimmen zugunsten Inmans laut. Der kleine Sherman hob scheinbar alle Tugenden Inmans hervor und suchte so,62 dessen begangene Fehler zu entschuldigen. Inman, der jetzt sich vollends überzeugt hatte, dass die Versammlung nur allein zum Zweck seiner Absetzung berufen wurde, und zwar über Klagen, von denen er sich mit recht unschuldig glaubte, ergriff selbst das Wort. Er wies darauf hin, welche Opfer er bereits am ersten Tage seines Amtes gebracht habe, nur um sich desto besser zum Nutzen der Gesellschaft widmen zu können.

Die ungestümen Forderungen zu einer neuen Abstimmung veranlassten Sherman endlich, diese vorzunehmen, und zwar auf folgende Art: Diejenigen, welche wünschen, dass Inman unser Captain bleiben soll, sollen sich zur rechten Seite, auf welcher er selbst stand, aufstellen. Diejenigen, welche aber wünschten, dass Richter Moore unser Captain bleiben soll, mögen sich auf der andern Seite aufstellen. Diese Motion wurde gutgeheissen, und sofort begannen sich die zwei Reihen zu formieren. Anfangs blieben mit Ausnahme der Kläger beinahe Alle auf Inmans Seite, worüber Dieser, die schlechte Aussicht seiner Gegner sogleich begreiffend, selbst Lächeln musste. Mehrere forderten den Sherman auf, die Männer zu zählen, dann könne man eigentlich erst sagen, Wer die meisten Männer für sich habe. Diesem allgemeinen Wunsche entsprechend, wollte Sherman an einem Ende der andern Reihe anfangen, als sich Einer nach dem Andern auf jene Seite hinstellte, um sich dort zählen zu lassen. Der Plan war, dass Alle hinüber sollten; der arme Teufel dauerte mich aber doch gar zu sehr, und ich veranlasste Thomen, Ripstein und Diel, zu bleiben. Sherman war gleichfalls geblieben, im ganzen fünf oder sechs, so dass Inman nicht zu dem Glauben gelange, er habe gar keine Freunde mehr.

Als Inman beim Zählen gewahrte, dass seine viel grössere Reihe zu verschwinden anfieng, um sich auf der andern zählen zu lassen, wollte er noch schnell eine herzerweichende Rede halten, womit er vielleicht dem weitern Desertieren ein Ende zu machen hoffte. Seine Rede lautete ungefähr wie folgt. Zuerst nannte er, was er am heutigen Tage alles gethan habe. Habe er laut gesprochen, so wäre das nicht so böse gemeint gewesen, denn «well, look here, Gentlemen, I meant to do what was just and right till we got to California – my life is your life, and your life is my life.» Da aber mit dem Ende seiner herzenrührenden Rede von Sherman das Resultat der Zählung laut ausgerufen wurde, blinzelte Inman unsere bis auf Fünf oder Sechs herunter geschmolzene Reihe mit einer art Wehmuth an, dann, die grosse feindliche Reihe anschauend, von wo allerlei Spötteleien ihn traffen, wandte er sich um mit den kräftigen Endausdrücken seiner Rede: «Sh…t, go to h…l, d…m fools, you!» Armer eintägiger Captain Inman, das waren aber noch nicht genug der bittern Erfahrungen für den Tag. Seine bessere Hälfte, von welcher er in diesem demüthigenden Augenblick hätte Trost finden sollen, überhäufte ihn erst noch laut mit vielen bittern und überaus bissigen Vorwürfen: «Didn’t I tell you, you fool? It serves you presisely right! But you wouldn’t listen to what I told you, now you got it, after losing our nice calfe, and running down our poor mare», und so gieng es noch eine Zeitlang fort, ohne dass man die geringste Erwiederung von seiner Seite vernahm. – Ob wohl Inman sich noch jenes Abends erinnert?63

Begegnungen im Indianerterritorium

Mit Inmans eintägiger Hauptmanschaft bin ich eigentlich meinen Erlebnissen und Reisebeschreibung vorangeschritten, welches ich erst gewahrte, als ich einen Theil geschrieben hatte. Ich bin daher genöhtigt, wieder um einiges zurück zu kehren. – Wier waren öfters mit Kanzas-Indianern zusammengetroffen, welche meistentheils kleine Gaben von uns forderten, weil man uns erlaube, durch ihr Land zu ziehen, wo unsere Zugthiere ihr Gras frässen und wier von ihrem Holz Feuer machten. Sie hätten wahrscheinlich auch gegen grössere Geschenke keine Einwendungen gemacht, wenn man besondere Neigung dazu empfunden hätte, ihnen solche zu machen. Eines Abends kamen nach dem Aufschlagen unseres Lagers auf offener Prairie mehrere dieser Kerls zu uns. Einer oder Zwei hatten auf ihren borstigen, kurzgeschorenen Schädeln Hörner von sechs bis acht Zoll länge, an welchen ein Geflitter von Federn und Bändelchen hingen.64 Das waren vielleicht Krieger oder Häuptlinge, etwa ein Lonebull65 und Bigelk. Einer von ihnen hatte eine lange Narbe auf dem Kopfe, er zeigte aber wenig Freude darüber, als ich ihn durch Zeichen fragte, ob er dahin ein Hieb mit einem Tomahack66 erhalten habe. Als es stark zu dunkeln begann, machten wier ihnen begreifflich, dass sie unser Lager verlassen müssten, welchem Wunsche sie sofort Folge leisteten.

Ein anderes Mal führte uns der Weg durch einen Bottomwald, in welchem wier einige tiefe, morastigen Gräben passieren sollten. Da man allgemein fürchtete, dass unsere Wagen in einer dieser Vertiefungen zu tief in den weichen Grund versinken könnten, hatte Zins sich schnell mit einer Axt in der Hand auf eine nahebei stehende Eiche begeben, um von derselben einige grossen Äste herunter zu hacken, welche man in den Graben legen wollte, damit die darüber fahrenden Räder nicht so tief versinken sollten. Die Indianer, deren mehrere da waren, hatten kaum die Absicht erkannt, als sie ganz entschieden dagegen protestirten. Zuerst müsse der Häuptling darüber befragt werden, und sofort lief einer von ihnen hinweg, um dem Häuptlinge entweder Nachricht darüber zu geben oder ihn mitzubringen. Zins hatte sich darüber geärgert und war vom Baume herunter geklettert. Bald war aber der Indianer nebst dem Häuptling zurück gekehrt, die Anwesenden zeigten ihm die Äste, welche Zins habe herunter hacken wollen, und ohne Umstände gab dieser dazu seine Erlaubniss. Da aber Zins jetzt nicht mehr hinauf wollte, schienen die Indianer kaum zu begreiffen, wesshalb man die Äste, da man jetzt dazu die Erlaubniss hatte, nicht mehr haben wollte.

Nachdem man die vielen bettelhaften Indianer mit allerlei Kleinigkeiten als eine Art Tribut losgeworden war und die offene, schöne Prärie wieder erreicht hatte, fuhren wier noch einige Meilen weiter und lagerten uns dann, obschon es noch nicht späht war, in der Nähe guten Wassers. An diesem Abend kam ein junger [Indianer] mit vielen grellen Farbenstrichen über seinem Gesicht und in den kurzgeschnittenen Haaren, mit Ausnahme einer Art Helm über seinem Scheitel, [wo sie] wohl vier Zoll hoch belassen worden, alles mit hellroten Federn67 gefüllt, in unser Lager. Der Kerl war zimmlich gut gekleidet, sprach ein wenig englisch und schien sehr viel von sich selbst zu halten. Er war so eine Art Dandy oder Jewell, auf Deutsch ein aufgeputzter Windbeutel. Er sang viel in tiefen, melankolischen Tönen, von welchen die ganze Melodie aus drei bis vier verschiedenen Lauten bestand. Er machte manchmal eine kurze Pause, nur um sich und sein Gesang zu loben: «Me Inshun68, sing very good, sing very nice, me Inshun. Me Inshun good feller, yes, me nice feller.» Sein Streben oder Hauptzweck schien aber, etwas zu erbetteln; er war aber nicht Pretenziös, sondern nahm, was man ihm gab. Am nächsten Morgen Frühe war unser guter Inshun wieder da, sang wieder einige tiefe melancholische Töne und lobte sich ebenfalls wieder. Er hatte uns besonders begreifflich zu machen versucht, dass wier good, poor Inshun zu vielem Dank verpflichtet wären, weil man uns durch ihr Land passiren lasse. Einige Dinge zum Essen wies er nicht ab, und als wier endlich von der Stelle hinweg trieben, gieng er in andere Richtung, wahrscheinlich seinem Lager zu.

An einem schönen Nachmittage hatten wier die Überfahrtstelle des Kanzas-Flusses erreicht,69 dessen Gewässer, obwol dieselben die trübe Farbe des Missoury haben, jezt niedrig waren. Wier fanden wieder einige Indianer, wovon einer uns gar gern ein verkrümter Tragonersäbel hätte verkaufen mögen, aber unzufrieden mit uns zu sein schien, weil Niemand seinen Säbel, welcher doch eines Weissenmannes Kriegwaffe war, nicht kaufen wollte. Wier wollten an diesem Tage den Fluss nicht mehr passieren, weil es dazu für heute schon zu späth war, wier lagerten daher dicht am Ufer, welches nicht steil war.

Wier fanden hier eine kleine Färe, bestehend aus einem Flachboote, gross genug, um darin auf Einmal ein beladener Wagen aufnehmen zu können. Dieses Flachboot wurde dann an einem starken, langen Seil über den Fluss zum jenseitigen Ufer gezogen. Dort wurde der Wagen sogleich davon entfernt, das Boot zurück gebracht, um ein anderer Wagen aufzunehmen, bis alle hinüber gebracht waren. Das Vieh nebst Pferden trieb man in den Fluss hinein und zwang es, hinüber zu schwimmen, wobei Alles vortrefflich und ohne den geringsten Unfall vonstatten gieng und man damit noch [am] Vormittag fertig wurde. Da das Wasser im Flusse nicht kalt war, hatte ich den törrichten Einfall, mich mit den Kleidern am Leib darin ein wenig im Schwimmen zu üben, um nachher die Kleider am Körper drocknen zu lassen. Indem der Tag angenehm und warm war, hatte es indessen keine direkten üblen Folgen.

An Wildbret hatten wier noch immer kein grosser Reichtum gefunden, Hirschen waren sellten zu sehen, dagegen sah man dann und wann eine Antilope. Ich hatte oft gehört, wie man es anzustellen habe, um die Antilopen einem auf nahe Schiessdistanz herbei zu locken; diesen Versuch wollte ich bei der ersten sich mir bietenden Gelegenheit versuchen. Als Büchse, um Kugeln zu schiessen, hatte ich in St. Louis vor meiner Abreise meine Kentuky-Büchse, welche kleine Kugeln schoss, für ein sogenannter Florida yager (ein Regierungs-Karobiner) vertauscht, welcher eine halbunzige Kugel schoss. Dieser Karobiner war eine sichere Büchse, nur ein grosser Fehler hatte er, den man mit dazu passenden Instrumenten gar leicht hätte ändern können. Dieser war, dass das Zündloch70 im Pistum71 ein wenig zu klein war, sich daher gar leicht mit abgebranntem Pulversatz verstopfte, wodurch das sichere Feuer oft verhindert wurde. Dieser Fehler hatte mich späther einmal in grosse Verlegenheit gebracht, wobei ich zuletzt noch sehr froh sein musste, dass mir dabei weiter glücklicherweise nichts Schlimmeres passierte. Doch zurück zu meiner ersten Gelegenheit, eine Antilope zu schiessen.

Ich war mit meinem Karobiner bewaffnet eines Vormittags unserm Wagenzuge wohl nahezu eine Meile voraus, als ich plötzlich einen Bockantilope nicht weit von der Strasse ab zu meiner Rechten erblikte. Sofort machte ich anstallten, mich ihm zu nähern, welcher, meine Absicht bemerkend, sich bald noch weiter von mir entfernte. Mich der Jagtlist erinnernd, von welcher ich gelesen und erzählen gehört hatte, machte ich augenblicklich davon Gebrauch. Ich legte mich flach auf den Grund in das Gras, zog den Ladstock heraus und band an dessen dünneres Ende mein buntfarbiges Nastuch; dieses liess ich dann über mir im Winde sich bewegen, wobei ich mich sonst ganz ruhig verhielt. Nachdem der Bock sich eine kleine Strecke entfernt hatte, machte er Halt, um sich umzuschauen, aber anstatt meiner selbst sah er das sich bewegende Nastuch. Darüber Neugirig werdend, fieng er an, sich zu nähern, stand dann still, biss einige Gräser ab und kam allmälig in einer Kreisform immer ein wenig näher, wobei er aber, wenn das Nastuch vom Winde plötzlich sich ein wenig stärcker als gewöhnlich bewegte, erschreckt schnell zurück retirierte, aber sich umsehend findend, dass das sonderbare rothe Ding noch immer an derselben Stelle blieb, wieder frischen Muth fasste und mir auf diese Art allmälig bis auf etliche dreissig Schritte nahe gekommen war. Da ich jetzt das Herannahen der Wagen bemerkte und eine gewisse Unruhe des Bockes sah, durfte ich nicht mehr länger mit Schiessen warten. Ich war aber vor Begierde, den schönen Bock zu schiessen, so aufgeregt, dass ich meinen Karobiner absolut nicht ruhig zu halten vermochte, ich schoss aber dennoch. Da die Distanz ja so klein war, schien es mir Unmöglich, dass ich fehlen sollte, und – krach! Da war aber kein Hinfallen des Bockes, sondern – oh weh! – derselbe lief, nicht im geringsten beschädigt, wohl aber ein wenig erschreckt von dannen!

Wie ich nachher fühlte, genau zu sagen, ist mir kaum möglich. So viel weiss ich, dass ich mit mir selbst verdriesslich war. Dem Karobiner konnte ich keine Schuld geben, es war mehr meine zu grosse Freude und Aufregung, dass ich eine Antilope bekommen werde, welche mich die Büchse nicht ruhig halten liess. Wäre die Antilope nur ein Häschen gewesen, würde ich ihn sehr wahrscheinlich getroffen haben – ich habe in California oft auf grössere Entfernung von den Grundeikörnchen geschossen, natürlich war ich dabei ganz ruhigen Blutes. Nebst Antilopen schossen wier oft verschiedene Schnepfensorten, welche aber auch nicht sehr häufig vorkamen, bis wier den Blattfluss erreichten. Die Flüsse, fast ohne Ausnahme, waren mehr oder weniger trübe, wovon alle dirreckt oder indirrekt sich in den Missoury ergiessen.

Anschluss an die Dickenson-Gesellschaft. Im Gebiet der Pawnee

Unsere Company war durch den Anschluss noch mehrerer Wagen zu 32 oder 33 derselben gewachsen. Es war nicht sellten, dass unter einem Theil der Gesellschaft ein Geist der Unzufriedenheit zu entstehen schien, und erinnere ich mich recht, so war es, weil einige sich in gewissen Beziehungen gegenüber Anderer benachtheiligt glaubten. Man hatte eines Abends in der Nähe einer andern, nur aus 14 Wagen bestehenden Gesellschaft gelagert, deren Captain Dikisen72 hiess. Da wurde von mehreren unserer Gesellschaft berathen, ob man nicht besser thun würde, sich dieser anzuschliessen; man kam indessen zu keinem rechten Entschluss. Wier fünf Männer hatten uns darüber verständigt, und ohne viel darüber zu sagen, schlossen wier uns am nächsten Morgen Dikisons Companie an, welche froh waren, einen Zuwuchs von fünf Männern zu erhalten;73 denn wier näherten uns jetzt stark dem Pawnee-Indianer-Gebiet, welche damals den Namen als böse Wilden hatten.74 An diesem oder am nächsten Tage schlossen sich von Richter Moores Gesellschaft noch dreizehn Wagen Dikisen an, so dass diese Gesellschaft plötzlich die Grössere von den beiden wurde. Unter den sich Frischanschliessenden befanden sich Kiburz, dessen Schwiegervater Mr. Barber nebst dessen zwei Söhnen John und Samuel, Mr. Hopy mit seinen zwei Wagen, zwei Brüder Kellog, Gordon und noch Andere.75

Diese Zersplitterung erregte eine art Neid gegen uns von Seiten Mr. Moores Gesellschaft, jede wollte die besten Fuhrwercke haben und glaubte sich fähig, grössere Tagesreisen machen zu können. Es war bis dahin Regel gewesen, Mittags, währenddem man ein wenig ein Imbiss nahm, die Ochsen von dem Wagen unabgejocht ein wenig grasen zu lassen, dieses thaten wier denn auch. Die Moore-Gesellschaft war uns eine kleine strecke Weges voraus und hatten nicht eher den Mittagshalt gemacht, als bis sie uns dasselbe thun sahen. Sobald sie bemerkten, dass wier mit unserer Rast fertig geworden, beeilten sie sich, um uns vorzubleiben. Am Abend lagerten die zwei, ich möchte sagen, beinahe feindlichen Gesellschaften nicht weit voneinander und hofften, wie es schien, am nächsten Morgen einander mit Frühaufstehen und Reisefertigwerden zu übertreffen, kamen sich jedoch darin zimmlich gleich. In unserer Gesellschaft war man jetzt darüber einig geworden, da Moores Gesellschaft die vordere war, den Halt derselben zum Mittagmachen zu benutzen, bei ihnen vorüber zu passieren und noch vielleicht eine viertel oder halbe Meile voran zu treiben, ehe wier auch halten wollten. Sobald wier aber sähen, dass sie aufbrechen wollten, wier ebenfalls aufbrechen sollten, um ihnen voraus zu bleiben. Dieses hatten die Mooreleute nicht erwartet, und so gelang unsere List, wenn man es so heissen kann, und nachher war man bei uns nicht lässig, um Voraus zu bleiben, obschon die Mooreleute für einige Tage noch versuchten, uns wieder Voran zu kommen.

Als die Mooreleute aufhörten, uns überholen zu wollen, waren wier vollends in das Pawnee-Gebiet gekommen, und es wurde für Nöthig gefunden, Allabendlich regelmässige Wachen aufzustellen, zwei Männer für je zwei Stunden von 9 Uhr Abends bis zum Aufstehen des nächsten Morgens. Alle Männer sollten der Reihe nach je zwei Stunden wachen, mit Ausnahme des Captains oder Kranker. Captain Dikinson bestimmte, wer zuerst auf die Wache sollte, wer die Nächsten und so weiters. Da sich in unserer Companie mehr Männer befanden, als dass man sie Alle in derselben Nacht brauchte, mussten diese natürlich der Reihe nach am nächsten Abend auf die Wache. Zwei meiner Kameraden, Ripstein und Zins, waren die zwei Ersten, welche Wachdienst von 9 bis 11 Uhr leisten sollten, wohingegen Thomen und Diel nach Mitternacht denselben Dienst leisten sollten. Mich hatte man für die erste Nacht gar nicht zum Wachtdienst berufen. Dass ich von uns Fünfen der Einzige war, den man die erste Nacht in Ruhe liess, hatte unter meinen Kameraden den Neid gegen mich erregt, obschon sie wissen mussten, dass ich ja nicht bei der Eintheilung zugegen war.

Der Himmel überwölkte sich, es sah stark nach Regen aus, und ich hatte mein Lager noch nicht lange aufgesucht und mich in mein Buffalopelts – die Haare nach aussen – gelegt, da fieng es bereits an, ein wenig zu regnen. Ich konnte nicht schlafen, da die Regentropfen, vom Südwind getrieben, mich in mein Gesicht traffen, denn ich hatte mein Platz auf der südlicheren Seite, wohingegen Zins die nördlichere unter dem Wagen einnehmen sollte. Um diesem fortwährenden kühlen Tropfbade ein wenig zu entrinnen, rückte ich, was wol Jeder unter diesen Umständen gethan haben würde, mehr under dem Wagen der nördlichern Seite zu, wo der Bündel Bettzeug, dem Zins gehörend, lag. Ich betastete mich mit meiner rechten Hand und fand dabei, dass die Haare meines Buffalopelts bereits stark genässt waren. Ich tastete dann nach Rechts, wo Zinses Bettbündel lag, und fand, dass diese vollkommen drocken waren, nach welchem ich diese ein wenig mehr gegen die rechte Seite hinüber schob, um dadurch dem freien Zutritt des Regens ein wenig zu entgehen, ohne dadurch Zinses Bettsachen an den Regen schieben zu wollen – wobei leider doch ein kleiner Theil am äussern Ende des Bündels ein wenig nass wurde.

Ein böser Streit

Als Ripstein und Zins um 11 Uhr von ihrer Wache abgelöst wurden, hatte ich noch nicht geschlafen. Ripstein wollte in den Wagen hinein krabeln und Zins unter denselben, da kamen seine Hände mit dem äussern Theil des nass gewordenen Bettbündels in Berührung, worauf er, ohne sich zuerst zu erkundigen, ob ich Nass oder Drocken sei, ganz tüchtig auf mich loszuschimpfen anfieng. Aus seinen Schimpfereien konnte man leicht merken, dass er glaube, ich habe ihm seinen Bündel nur aus Bosheit an den Regen hinaus geschoben. In dem Glauben, dass der Bündel nicht oder nur wenig nass sein könne, frug ich ihn, wo denn dieser so nass sei, worauf Zins meine rechte Hand packte und sie an der feuchten Stelle des Bündels derart hin und her zu reiben anfing, als ob ich ein ungezogener, boshafter Junge oder noch etwas schlimmeres sei. Ich liess mir dieses natürlich nicht lange gefallen, sondern entriss ihm die Hand sofort; Zins aber in seinem unbedachten Jähzorn zog den Hahn seiner geladenen Büchse und hielt diese zum Abdrücken fertig auf meine Brust, mich dabei fragend: «Was, bist noch nicht zufrieden?» Als Antwort erhielt er einen Schlag von meiner rechten Hand an die Büchse, dass diese ihm aus den Händen und zwischen den hintern Wagenrädern hinausflog, worauf er mich sofort bei meinen langen Haaren pakte. Wie ich unter dem Wagen hervor gelangte und Zins auf den Grund hinschmiss, ist mir noch Heute nicht ganz klaar geworden. Aber so viel erinnere ich mich noch – dass ich ihn ordentlich züchtigen wollte, als ich von Ripstein mich von hinten ganz Umschlungen fühlte, wobei er mir meine beiden Oberarmen fest an mein Leib hielt. Noch ehe Ripstein mich dieser art ganz fest hielt, hatte auch ich den Zins mit der einen Hand bei seinen ebenfalls zimmlich langen Haaren gefast, welche ich auch jetzt noch festhielt. Zins’ Bemühungen waren vergebens, diese von meiner Hand zu befreien, wobei er seine beiden Füsse gegen meine Brust stemmte und mit beiden Händen meine Finger zu lösen versuchte. Der dicke Herrmann war jetzt erschienen und suchte, Frieden zwischen uns zu machen. Ripstein liess mich jetzt frei, und ich that Dasselbe mit Zins, allein ein kleines Büschel Haare hatten doch losgelassen und blieben an meinen Fingern hängen.

Возрастное ограничение:
0+
Объем:
1522 стр. 37 иллюстраций
ISBN:
9783857919183
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают