Читать книгу: «Zauberer Magnus», страница 3

Шрифт:

„Was ist denn das Cooles?“, will Gino wissen.

„Meine neuste Erfindung“, antwortet Sheri. „Dabei habe ich an dich gedacht. Mein Dackel verfügt über 5000-mal so viele empfindliche Geruchsrezeptoren als ein herkömmlicher Hund. Zudem über Laseraugen.“ Zu Magnus sagt sie: „Das wird jetzt eine Weile dauern, bis DAISY alles gescannt und abgeglichen hat. Außerdem gibt es keine Garantie dafür, dass sie überhaupt etwas findet. Aber es ist besser als nichts.“

Frau Demir-Magislav kommt mit einem Haufen Indogermanisch-Büchern in der Hand aus dem Mittelgang. Magnus sieht vor seinem geistigen Auge, wie sich die Tragödie entfaltet. Frau Demir-Magislav weist die Schüler in ihrem Weg mit scharfen Worten zurecht.

„AUS DEM WEG!“, ruft sie. Sie tritt mit ihren hochhackigen Schuhen die letzten tauben Hindernisse aus dem Weg. Doch DAISY, der Robodackel scheint sich einzig und allein um die Fußabdrücke auf dem Innenhof zu kümmern. Die Hundedame steuert direkt auf Frau Demir-Magislav zu und scheucht ihrerseits Schüler aus dem Weg.

„PASSEN SIE AUF!“, ruft Magnus.

Doch da ist es schon zu spät.

DAISY fährt Frau Demir-Magislav gegen das Schienbein. Sie stößt einen schrillen Schrei aus und lässt den Stapel Bücher fallen. Direkt auf ihren rechten großen Zeh. Was dazu führt, dass sie lauter schreit, auf einem Bein hüpft und sich dadurch die Hacken ihres Designer-Schuhs abbricht. Sie fällt auf ihren Hintern und ihr Rock reißt auf.

Währenddessen verschwindet DAISY hinter dem Physikgebäude und fahndet dort weiter nach verdächtigen Fußabdrücken.

„WER WAR DAS?!“, schreit Frau Demir-Magislav so laut, dass Magnus Angst bekommt, alle Fensterscheiben in der Umgebung könnten zerspringen.

„Kommt! Lasst uns verschwinden!“, sagt Sheri und macht sich ganz klein. Magnus und Gino folgen ihr, während sich Frau Demir-Magislav in Rage kreischt.

7

Magnus reicht Silas Gold einen frischen Lappen. Im Gegenzug bekommt Magnus einen feuchten, öligen Lumpen in die Hand gedrückt. Magnus wringt den Stoff mit von Ekel verzogener Miene in einen Eimer aus. Die Flüssigkeit riecht nach Marzipan.

„Diese Edelkern-Heizung ist ein reines Desaster, sage ich dir! Ein reines Desaster! Das Ding ist schon seit Jahrzehnten marode, aber man tauscht sie nicht aus, weil eine neue Heizung zu teuer wäre. Sie sagen: „Edelkern-Heizsysteme sind besonders umweltfreundlich.“ Das mag stimmen, doch von denen hat noch nie jemand so eine Heizung gewartet. Jedes Jahr derselbe Käse!“ Silas Gold zieht Schleim die Nase hoch. „Schraubenschlüssel!“, diktiert er Magnus.

„Hier!“, sagt Magnus und gibt Herrn Gold das Werkzeug.

Von hinter dem Warmwasserboiler steigt Dampf auf.

„So!“, schnaubt Herr Gold. Er hält Magnus einen heißrotleuchtenden oktaedrischen Kristall unter die Nase.

„Keine Sorge. Der ist nicht heiß.“

Magnus nimmt den glühenden Kristall entgegen. Er ist tatsächlich nicht heiß, dafür aber von einer Vielzahl von Rissen durchzogen, aus denen kleinen Säulen Dampf aufsteigen.

„Das ist der Edelkern“, sagt Herr Gold. „Verzwacktes Ding. Magisch. Um es aufzuladen muss er alle zwei Jahre in einen aktiven Vulkan geworfen werden. Das letzte Mal, als ich ihn in den Edna geworfen habe, wäre ich beinahe selbst hineingefallen.“

Magnus betrachtet den Edelkern mit Respekt. Plötzlich findet er es gar nicht mehr so doof, zum Aushelfen verdonnert worden zu sein.

„Der ist magisch?“, fragt er.

„Solltest du ja wissen, oder? Bist ja schließlich der Sohn eines berühmten Zauberers.“

„Ja, das bin ich wohl“, sagt Magnus. Er ist sich sicher, sein Vater hätte ihm erklärt, wie Edelkerne funktionieren, wäre er hier.

„Was ist mit dem Kristall?“

„Er ist undicht. Er verliert viel zu schnell Energie. Wenn das so weitergeht, dann stehen wir im Winter ohne Heizung da. Und ich fahre nicht noch mal nach Italien um dieses vermaledeite Ding in einen Feuerschlund zu werfen. Da darf sich Feynmann gerne einen neuen Dummen suchen!“

„Was kann man dagegen tun?“, fragt Magnus. „Ich meine, wie kann man verhindern, dass der Kristall noch mehr Energie verliert?“

Silas Gold setzt sich auf. „Gib‘ mir das Ding!“

Als Magnus Hausmeister Gold den Kristall aushändigt, glühen seine Handflächen einen Moment lang nach.

Herr Gold holt eine Dose aus seinem Werkzeugkoffer und schraubt sie auf. Darin enthalten ist eine weiße fettige Paste. Er nimmt eine Handvoll und schmiert den Kristall damit von allen Seiten ein.

„Rissversiegelung“, meint Herr Gold.

Das Glühen des Kristalls verändert sich. Es nimmt einen dunkleren Ton an. Beinahe violett.

„Soweit ich weiß, gibt es nur noch eine Edelkern-Heizung in ganz Deutschland. Deswegen gibt es auch niemanden, der sich um die Reperaturen kaputter Kristalle kümmert. Die Versiegelung hält eine Weile. Aber wenn wir Pech haben, muss ich schon morgen eine neue Schicht auftragen. Du gehst mir doch auch nochmal zur Hand, oder?“

„Ja“, antwortet Magnus. „Die gesamte Woche.“

„Gut, dann kannst du mir ja beizeiten helfen, das Ding noch einmal auseinanderzunehmen. Für heute sind wir aber fertig. Den Rest bekomme ich selbst hin. Danke für die Hilfe!“

„Gern geschehen“, antwortet Magnus. „Darf ich dann nach Hause gehen?“

„Klar, aber pass auf, dass du dich nicht verläufst. Schon so mancher Schüler hat den Weg nach oben nicht mehr gefunden. Ein Schüler war sogar mal einen halben Tag verschwunden, viele andere haben sich hier unten schon einen Schreck geholt. Mutproben und solche Geschichten.“ Herr Gold verschwindet erneut hinter dem großen Heizkessel. Der leuchtende Edelkern wirft einen phantomartigen Schatten an die Wand. „Soweit ich das beurteilen kann, gibt es hier unten nichts, vor dem man sich fürchten muss.“

Magnus schluckt. Es ist kurz vor halb 7. So spät war er noch nie in der Schule.

„Gut, ich geh‘ dann also“, sagt Magnus mit beinahe unmerklich bebender Stimme (zumindest redet er sich das ein).

„Ciao, Junge. Und danke nochmal für die Hilfe!“

Magnus macht die schwere Eisentür hinter sich zu. Grüne Lampen in Käfigen erhellen den dunklen Gang. Hätte er seinen Zauberstab, könnte Magnus Licht machen. So muss er darauf bauen, dass ihn sein Mut nicht verlässt.

Er macht ein paar Schritte und legt dann seine Hand auf das Gemäuer. Magnus erinnert sich an etwas, das ihm sein Vater vor langer Zeit erklärt hat.

„Solltest du dich jemals in einem Labyrinth wiederfinden, lege einfach die rechte Hand auf die Wand neben dir und folge dem Weg. Du darfst nur niemals die Hand von der Wand nehmen. Dann findest du den Ausgang!“

Doch nach dreimal Abbiegen (er erinnert sich jedes Mal genau, welche Abzweigung er zu nehmen hat) ist Magnus bei den Treppen, die ins Erdgeschoss führen.

Nach der letzten Stufe atmet er aus. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass er die Luft angehalten hat.

„Wäre ich ein Dieb und auf der Flucht, würde ich mich hier unten verstecken“, denkt er. „Hier würde mich niemand finden.“

Kaum hat er den Gedanken zu Ende gedacht, hört Magnus aus den Tiefen des Kellers der Schule für Kinder mit besonderen Begabungen ein hohes schrilles Pfeifen.

Es ist unverkennbar die Trillerpfeife seines Freundes Gino.

„Heiliger Mist!“, denkt Magnus und stürmt nach oben.

8

„Glaubt mir: All die geklauten Gegenstände sind im Keller der Schule!“, erzählt Magnus Sheri und Gino am nächsten Tag. „Ich hab‘ gestern deine Trillerpfeife da unten gehört, Gino! Hunderprozentig!“

„Kann das nicht nur der Warmwasserboiler gewesen sein? Du hast doch gesagt, dass Herr Gold noch daran gearbeitet hat, als du gegangen bist“, wirft Sheri ein.

„Das ist nicht bloß der Warmwasserboiler gewesen.“

„Wie Magnus gesagt hat: Wäre ich ein Dieb, würde ich mich auch an einem Ort verstecken, an dem es verlassen und die meiste Zeit finster ist. Ich bin ja kein Schisser!“, sagt Gino.

„Na ja, das würde auch erklären, wieso ich die Signatur meines Materiegenerators nicht empfange. Entweder jemand hat ihn von hier weggebracht oder hinter Mauern versteckt, die so dick sind, dass sie keine elektromagnetischen Wellen durchlassen. Der Keller der Schule wäre da eine Option“, schlussfolgert Sheri.

„Ob mein Zauberstab auch da unten ist?“, fragt sich Magnus. „Ich spüre ihn nicht…“

Möglicherweise hat Sheri recht und das hat etwas mit den dicken Mauern zu tun.

„Ja, gut, aber was machen wir nun?“, fragt Gino. „In den Keller der Schule kommen wir nicht ohne weiteres. Dich ausgenommen – du musst ja noch die ganze Woche Herrn Gold aushelfen. Und selbst dann wird er ein Auge auf dich haben.“

„Wir brauchen den Hausmeisterschlüssel“, sagt Sheri.

„Ja, den brauchen wir“, stimmt Magnus zu.

„Hast du eine Idee, wie wir an den rankommen?“, fragt Gino.

„Lass mich nachdenken…“, sagt Magnus. „Ich glaube, mir fällt da was ein.“

„Na, Junge, wie war die Schule heute?“, fragt Herr Gold, direkt bei Magnus‘ Dienstantritt.

„Ganz okay“, meint Magnus. „Analytische Musik war interessant. Wir haben den Jazz der 1940er mit Mozarts 19. Symphonie verglichen.“

„Mhm.“ Herr Gold nickt. „Ihr jungen Leute habt schon ganz schön exotische Fächer. Braucht man die denn alle?“

„Ein paar davon sind ganz interessant“, sagt Magnus.

Sein liebstes Fach zurzeit ist Astrochemie. Seit Kozak ihm von der Verschwörungstheorie rund um Purpur Fondant Korfu erzählt hat, sieht Magnus seinen Lehrer in einem neuen Licht. Magnus hält Kozaks Theorie weiterhin für ein reines Hirngespinst, vor allem seitdem er davon überzeugt ist, dass sich der Dieb im Keller versteckt. Was bitteschön hätte ein geheimer Bund boshafter Magier im Keller einer Schule zu suchen?

Aber dennoch, ein kleiner Zweifel bleibt.

„Müssen wir heute zurück in den Keller?“, fragt Magnus. „Die Heizung nochmal reparieren?“

Herr Gold kratzt sich an den Bartstoppeln.

„Ne, das ist heute nicht nötig“, antwortet Herr Gold. „Der Edelkern hält besser durch als ich dachte. Liegt vielleicht an deinem magischen Talent.“

Das schmeichelt Magnus dermaßen, dass er einen Augenblick seinen Plan vergisst.

„Was steht dann an?“, sagt er und räuspert sich. „Müssen irgendwelche Dinge transportiert werden oder sollen wir einen Schrank aufbauen, oder so?“

„Die Toiletten im ersten Stock machen Probleme. Da sollte vielleicht mal jemand in die Rohre gucken“, sagt Herr Gold und wartet Magnus‘ Reaktion ab. Der guckt doof aus der Wäsche. Seine Lust, sich an Toiletten zu schaffen zu machen, hält sich in Grenzen.

„Aber um die kümmere ich mich besser selbst!“ Herr Gold lacht ein bellendes Lachen.

„Du kannst mir heute bei der Inventur zur Hand gehen. Ich geb‘ dir ein Klemmbrett, Papier und Stift und du notierst alles, was ich dir diktiere. Du hast doch mit dem Rechtschreiben keine Probleme, oder?“

„Nein“, antwortet Magnus. „Deutsch ist eines meiner besten Fächer in der normalen Schule gewesen.“

„Mit Indogermanisch sieht es da heute anders aus“, denkt er zu Ende.

Magnus wittert seine Chance.

„Wenn Sie mir erklären, wie das mit der Inventur geht, können wir uns die Arbeit doch auch teilen?“, sagt Magnus und setzt eine Unschuldsmiene auf.

Herr Gold überlegt. Er kratzt sich erneut am Kinn.

„Bist du denn noch so aufnahmefähig? Ich meine, nach einem Tag Schule…“

„Meine Lehrer würden vielleicht etwas anderes behaupten, aber sehen wir es doch so: Wenn wir uns die Arbeit teilen, können wir beide früher Feierabend machen.“ Das ist ein stichhaltiges Argument.

Herr Gold lässt seine dritten Zähne blitzen. „Gut, dann zeige ich dir, wie das geht und du darfst dir aussuchen, ob du das Erdgeschoss, den ersten oder den zweiten Stock inventarisierst. Ich übernehme die restlichen zwei.“

„Okay!“, stimmt Magnus zu und gibt sein Bestes, um zu verbergen, wie ihm ein Stein vom Herzen fällt.

Magnus sucht sich das Erdgeschoss aus. Das beherbergt nur normale Klassenzimmer. Die Räume im ersten und zweiten Stock beinhalten den Musiksaal, das biotechnische Labor, die Sternwarte und die Quasi-Ausgrabungsstätte.

Magnus und Herr Gold beginnen im zweiten Stock, im Klassenzimmer der Oberstufler.

Herr Gold erklärt Magnus, wo er die Codes der elektronischen Geräte findet und wie er sie in die Liste einträgt.

„In keinem Klassenzimmer sind weniger als zehn Geräte“, erklärt Herr Gold Magnus. „Manche sind etwas versteckt. Manchmal musst du auch in den Pulten der Lehrer nachschauen. Die sollten alle offen sein. Ich habe ihnen Bescheid gegeben, dass ich heute Inventur mache.“

„Okay“, sagt Magnus und nickt. Sein Herz schlägt ihm bis zum Hals, als er fragt: „Sperren Sie mir die Klassenzimmer auf, oder darf ich mir Ihren Schlüssel ausleihen?“

Herr Gold denkt kurz über Magnus‘ Vorschlag nach und sagt: „Ich hab‘ das Gefühl, ich kann dir vertrauen, Junge.“

Herr Gold gibt Magnus seinen Schlüsselbund. An dem Schepperkranz hängen an die fünfzig Schlüssel. Nicht mal Herr Revo besitzt so viele. Der Schlüssel für die Klassenzimmer ist leicht zu erkennen. Er ist vergoldet und in den Schlüsselkopf ist Herr Golds Name und die Zahl 35 eingraviert.

Herr Gold entgeht nicht, dass Magnus den goldenen Schlüssel bestaunt.

„Hat mir Professor Feynmann zu meinem 35. Dienstjubiläum geschenkt. Der Schlüssel ist schon eine feine Sache. Pass mir gut darauf auf.“

„M-Mach ich!“, stammelt Magnus und rennt davon. Auch vor seinem schlechten Gewissen. Unten im Erdgeschoss, auf der Jungstoilette, warten Gino und Sheri. Sheri ist es offenbar peinlich, sich auf dem Jungsklo aufzuhalten. Die Pieselbecken irritieren sie.

„Hier, ich hab‘ den Schlüssel“, sagt Magnus zu seinen beiden Freunden. „Wie machen wir jetzt eine Kopie davon?“

„Sheri hat bestimmt eine Wundermaschine dabei, die das im Nu erledigt“, meint Gino.

„Ich hab‘ das hier!“, sagt Sheri und präsentiert Magnus und Gino einen Klumpen Knete.

„Was sollen wir damit machen?“, fragt Gino. „Mit einem Schlüssel aus Knete kann man keine Türen aufschließen.“

„Ach, gib‘ mir einfach den Schlüssel!“, seufzt Sheri und schnappt sich den Schlüsselbund.

Sheri rollt die Knete zu zwei Platten aus und drückt den Schlüssel von beiden Seiten in jeweils eine Platte. Anschließend legt sie die Knetplatten vorsichtig aufeinander und holt eine kleine Glasflasche aus ihrer Tasche. Die Flasche ist mit einer klaren, fein schimmernden Flüssigkeit gefüllt.

„Plasticometall!“, sagt Sheri und öffnet das Glasfläschchen. „Formbar wie Plastik, hart wie Metall. Eine Erfindung meiner Mutter.“

Sie gießt das Plasticometall in die kleine Öffnung zwischen den beiden Platten, schüttelt die Form und wartet einen Augenblick. Dann bricht Sheri die Platten auseinander und hält eine perfekte Kopie des Generalsschlüssels in den Händen. Nur die Farbe ist anders. Statt golden ist er durchsichtig wie Glas.

„Am besten wir teilen uns die Arbeit“, schlägt Sheri vor. „Bring du den Schlüssel zurück und ich kopiere in der Zwischenzeit die Liste.“

„Hast du dafür etwa ein High-Tech-Gerät?“, fragt Gino. „Einen Super-Scanner oder einen 3D-Dokumenten-Drucker?“

„Du meinst einen Kopierer?“, fragt Sheri. „Ich sperre mit dem Generalschlüssel den Kopierraum auf und lass die Liste zwei Mal für uns durch.“

„Achso“, sagt Gino enttäuscht. „Klar…“

Magnus bringt Herr Gold den Schlüssel zurück und flitzt anschließend zu seinen Freunden. Sheri hat die ersten Geräte schon inventarisiert. Jetzt erklärt sie Gino die weitere Vorgehensweise.

„Okay, ich hab’s gecheckt, glaub ich“, bestätigt Gino.

Sheri drückt Magnus Klemmbrett und Papier in die Hand.

„Du und Gino kümmert euch um die Klassenzimmer rechts im Gang, ich mache alle Linken.“

„Wieso kriegst du mehr Klassenzimmer als wir?“, protestiert Gino.

„Weil sie schneller ist als wir beide zusammen“, antwortet Magnus und schiebt seinen Freund den Gang hinunter, in das erste Klassenzimmer.

Nach fünfzehn Minuten ist die Arbeit erledigt. Sheri ist in einer Rekordzeit von sieben Minuten fertig gewesen. Magnus und Gino haben für die Hälfte der Zimmer doppelt so lange gebraucht. Dazu kommt, dass Gino die Hälfte der Geräte vergessen hat und Sheri eine Zusatzrunde einlegen musste, um die fehlenden Stücke in die Liste aufzunehmen.

„Hier, ich habe alle zusammen“, sagt Sheri und drückt Magnus die komplettierte Liste in die Hände. Sie hat die drei Listen zu einer zusammengefasst und dabei Magnus‘ Handschrift perfekt nachgeahmt.

Als Magnus Herrn Gold die vollständige Liste bringt, staunt der Hausmeister.

„Donnerlittchen! Das ging ja flink! Da hast du dir ein Extra-Lob verdient, Magnus! Leider kann ich dir nicht mehr anbieten, als dass du jetzt schon offiziell Feierabend machen darfst, wenn du willst.“

„Ist das Ihr Ernst?“, fragt Magnus nach.

„Ja! So einen fleißigen Lehrling wie dich könnte ich öfter gebrauchen!“ Herr Gold verwuschelt Magnus die schwarzen Locken. Magnus mag das Gefühl.

Er nimmt Herrn Golds Angebot an und bedankt sich.

Seinen Freunden sagt er: „Alles klar, unser Plan hat funktioniert.“

„Und was machen wir jetzt?“, fragt Gino.

„Wir warten“, antwortet Sheri. „Herr Gold ist noch mindestens bis 18 Uhr hier, danach haben wir die Schule für uns.“

„Und was, wenn sich unsere Eltern Sorgen machen?“, meint Gino.

„Darum habe ich mich bereits gekümmert“, antwortet Sheri. „Ich habe mit verzerrter Stimme bei euren Eltern angerufen und ihnen gesagt, dass ihr heute bei mir übernachtet. Damit wir uns gemeinsam auf einen großen Test vorbereiten können.“

„Mein Vater hat dir das abgekauft?“, stutzt Gino.

„Und meine Mutter auch?“, fragt Magnus.

„Ich musste schon einiges an Überzeugungsarbeit leisten“, sagt Sheri. „Aber am Ende haben sie eingesehen, dass es am sinnvollsten ist, wenn ihr mit mir zusammen lernt.“

Sheri grinst ein breites Grinsen.

„Du bist echt genial!“, himmelt Gino sie an.

„Ja, das bist du!“, stimmt Magnus zu.

Sheri läuft rot an. Da vergisst sie die Tatsache, dass als sie bei ihrem Vater angerufen hat, er ihre fadenscheinige Ausrede sofort akzeptiert hat, ohne nachzuhaken.

„Wo sollen wir ausharren?“, fragt Magnus.

„Auf dem Jungsklo“, antwortet Sheri. Und das, obwohl ihr die Pieselbecken unheimlich sind.

9

Der Keller der Schule ruft bei allen Dreien ein klaustrophobisches Gefühl hervor. Die engen Gänge, die dunklen Ecken und der modrige Geruch vieler Jahrzehnte lassen Magnus an unheimliche Monster und Gespenster denken.

Es ist kurz vor 20 Uhr. Herr Gold hat sich für den Rest der Inventur Zeit gelassen und sich nach seinem Feierabend noch ein Zwegenbräu in seinem Büro gegönnt. Um 19.30 Uhr hat er die Schule abgeschlossen und ist nach Hause gegangen.

Magnus wünscht sich jetzt nichts mehr, als seinen Zauberstab bei sich zu haben.

„Er muss hier irgendwo sein“, flüstert Magnus.

Sheri aktiviert DAISY. Sie setzt die Dackeldame auf dem Boden ab und drückt einen rosa Knopf an ihrem Rücken. DAISY guckt die drei Freunde mit ihren grünen Laseraugen an und kläfft. Anschließend düst sie los, ohne auf weitere Anweisungen seitens Sheri zu warten. Mit ihren Scannern erstellt DAISY eine Karte der verzweigten Gänge. Gleichzeitig vergleicht sie Fußabdrücke mit denen aus ihrer Datenbank.

Sheri verfolgt den Fortschritt von DAISYs Suche auf dem Display ihrer Uhr mit.

„Wir sollten uns nicht darauf verlassen, dass DAISY etwas findet“, meint Sheri. „Ihre Datenbank ist – trotz des vermeintlich verdächtigen Fußteilabdrucks – leider alles andere als vollständig“, sagt Sheri.

Kaum hat Sheri das gesagt, funkt DAISY die ersten Ergebnisse.

„Oh, okay!“, sagt Sheri. „DAISY hat anscheinend bereits sieben Paar verschiedener Spuren ausfindig gemacht. Die Fußabdrücke sind von dir, Magnus, von Herrn Gold und Herrn Feynmann, sowie von Frau Demir-Magislav. Die anderen drei konnte DAISY nicht zuordnen.“

„Das heißt, jemand ist hier gewesen!“, sagt Gino.

„Das ist alles sehr seltsam“, sagt Magnus. Ihm stellen sich die Nackenhaare auf. Die drei Freunde sind definitiv einem Mysterium auf der Spur.

Jetzt führt kein Weg mehr zurück.

„Riecht ihr das auch?“, fragt Gino und reißt Magnus damit aus seinen Gedanken.

Magnus will fragen, was Gino meint, nimmt aber dann doch erst einmal selbst eine Nase.

„Es riecht… angekokelt! Oh Mann! Die Edelkernheizung!“

Magnus schreitet voran und scheitert daran, sich an den Weg zum Heizungsraum zu erinnern. Als er Herrn Gold geholfen hat, ist er drei Mal abgebogen. Aber ist das links oder rechts gewesen? Magnus‘ Nervosität setzt seinen Orientierungssinn Schachmatt.

Seine Freunde folgen ihm dennoch. Auf ihre Nachfragen reagiert er nicht. Magnus ist wie von der Tarantel gestochen.

Magnus verläuft sich ein paar Mal, findet aber schlussendlich den Weg zum Heizungsraum. Die Tür steht sperrangelweit offen und rotes Licht scheint aus dem Raum.

„Oh nein, der Edelkern ist Schrott!“, ruft Magnus und läuft hinein. „Wir müssen Herrn Gold Bescheid geben.“

Kaum hat Magnus den Raum betreten, tritt eine Person aus dem Schatten. Sie packt Magnus an der Schulter, schüttelt ihn und fragt: „Was machst du denn hier?“

Magnus gibt dieselbe Frage an sein Gegenüber zurück.

„Wie bist du hierher gekommen?“

„Das könnte ich dich fragen!“

POW!

Gino zieht dem Eindringling eins mit seinem Rucksack über die Rübe.

„Haben wir dich!“, ruft er triumphierend. „Wo hast du all die gestohlenen Gegenstände versteckt?“

Kozak geht auf die Bretter. Der Verschwörungstheoretiker schlägt quer mit dem Gesicht auf den Boden auf. Magnus stellt sich vor, wie ein Dutzend kleine Vögelchen im Kreis um seinen Kopf schwirren.

„Kozak ist der Dieb?“, staunt Gino.

„Ich glaube nicht…“, entmutigt ihn Magnus. Magnus dreht Kozak auf den Rücken. Er schläft friedlich und sägt dabei wie im Sägewerk. Seine schwarzen Augenringe sind ausnahmsweise mal eher von grauer Farbe.

„Was hatte er dann hier unten zu suchen?“, fragt Gino.

„Ich vermute, er hat eigene Ermittlungen angestellt“, schlussfolgert Sheri. „Schaut mal, was ihm da aus dem Rucksack gefallen ist.“

Aus dem Reißverschluss von Kozaks Rucksacks quellen ein Dutzend Dokumente. Bilder von Herrn Samson, eine Kopie seines bestandenen Lehrerexamens und Artikel unterschiedlicher Zeitungen (und in verschiedenen Sprachen), die sich mit den geheimen Machenschaften von Purpura Effodiant Corvi beschäftigen.

„Kozak glaubt wirklich, dass Herr Samson hinter den Diebstählen steckt, oder?“, hakt Gino nach.

„Kann sein. Außerdem scheint er wirklich an PEC interessiert zu sein“, meint Sheri.

„Was machen wir jetzt mit ihm?“, fragt Magnus.

„Überlass das mir“, sagt Sheri und zaubert aus ihrer Tasche eine kleine Maschine hervor, die aus einem runden Motor, vier flexiblen Kabeln und einem ausklappbaren Rotorblatt besteht. Sheri bindet Kozak die Kabel an Arme und Beine und drückt dann einen grünen Knopf am Gehäuse der Maschine. Das Rotorblatt dreht sich zunehmend schneller und Kozak hebt ab.

„Nach deinem Schlag, müsste er noch eine ganze Weile schlafen“, meint Sheri. „Ich schicke ihn hoch ins Krankenzimmer und lass seine Vitalfunktionen überwachen. Sollte er aufwachen oder sich sein Zustand verschlechtern, bekomme ich einen Alarm auf meine Uhr.“

„Halt!“, ruft Magnus dazwischen. Er hat einen Geistesblitz. „Kannst du DAISY rufen?“

„Wieso?“, stutzt Sheri, aber dann fallen ihr die Schuppen von den Augen. „Achso!“

Sheri dreht ein Rädchen an ihrer Uhr und binnen einer Minute erscheint DAISY an der Tür zum Heizungsraum.

„Kannst du bitte Kozaks Schuhe scannen?“, fragt Magnus den elektronischen Dackel. DAISY bellt freundlich und schießt einen grünen Laserstrahl auf Kozaks Turnschuhe. Gleich darauf bekommt Sheri eine Benachrichtigung auf ihre Uhr.

„Das eliminiert einen der drei unbekannten Fußabdrücke! Kozak muss sich extra neue Schuhe gekauft haben, um keinen Verdacht zu erregen. Vielleicht hat er damit gerechnet, dass wir Nachforschungen anstellen. Er muss DAISY bei der Arbeit gesehen haben.“

Magnus legt Kozaks Rucksack auf den Bauch des ohnmächtigen Verschwörungstheoretikers. Sheri stopft die Dokumente zurück in die Tasche, macht aber zuvor von jedem ein Bild mit ihrer Uhr. Danach pfeift sie mit Daumen und Zeigefinger und die kleine Drohne schwebt mit Kozak im Schlepptau davon.

Ginos Augen funkeln, als er endlich eine von Sheris Erfindungen in Aktion erlebt.

„Armer Kozak“, sagt Sheri. „Er hätte es verdient, die Wahrheit zu erfahren. Sollte er aufwachen, bevor wir hier fertig sind, stelle ich ihn per Livestream zu uns durch.“

Gino tut Sheris Besorgnis um Kozak mit einem „Hmpf!“ ab.

„Also, wieso riecht es hier so verbrannt?“, fragt Gino.

„Ah, die Edelkernheizung!“, ruft Magnus. Er schlittert am Boden entlang, vorbei an rostigen Rohren, um an die Rückseite des Warmwasserboilers am hinteren Ende des Raumes zu gelangen.

„Er ist weg!“, stellt Magnus fest. „Der Edelkern ist weg! Ohne ihn kann die Heizung nicht betrieben werden.“

„Bist du dir sicher?“, fragt Sheri.

„Ja, hier steht ein kleines Türchen offen und in der Halterung in der sich der Kristall eigentlich befinden sollte, ist nichts.“

„Glaubst du, Kozak hat den Kristall geklaut?“, fragt Gino Sheri.

„Keine Ahnung“, antwortet sie.

Magnus zwängt sich durch das Netz an Rohren zurück zu seinen Freunden.

„Kann ich mir nicht vorstellen“, sagt Magnus. „Der Kristall leuchtet extrem grell. Hätte Kozak ihn bei sich gehabt oder irgendwo in der Nähe versteckt, hätten wir ihn sehen müssen. Außerdem kann ich mir nur schwer vorstellen, was Kozak mit einem magischen Kristall angefangen hätte, wo er doch selbst nicht hexen kann.“

„Das heißt, der Dieb muss hier noch irgendwo sein?“, unterbricht Gino.

Plötzlich donnert es im Gang vor dem Heizungsraum. Magnus, Sheri und Gino stürmen zur Tür – und das alle gleichzeitig, sodass sie mit ihren Schultern den Ausgang verstopfen. Am Ende des Flures leuchtet eine seltsame Form mit grellrotem Licht.

„Das ist er! Der Dieb!“, brüllen alle drei. Keinem gelingt es, sich durchzuzwängen.

Der Dieb dreht den Dreien den Rücken zu. Dabei erlischt das Licht. Er flüchtet. Es ist Magnus, der als Erstes statt nach vorne zu rennen, zurück in den Heizungsraum drückt. Er drängt sich an Gino und Sheri vorbei und nimmt die Verfolgung auf.

„GIB MIR MEINEN ZAUBERSTAB ZURÜCK!“, brüllt er dem Dieb hinterher, gerade als er einen Haken schlägt und in eine der unzähligen verwirrenden Abzweigungen biegt.

In diesem Moment ergattert Magnus den ersten genaueren Blick auf den Dieb. Der Zauberer erstarrt zu einer Steinsäule und bleibt stehen, bis seine Freunde ihn endlich mithilfe von DAISY einholen.

Magnus dreht sich zu Sheri und Gino um. Der Schock steht ihm ins Gesicht geschrieben.

„Das werdet ihr mir nicht glauben!“, sagt er.

238,44 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Объем:
382 стр. 5 иллюстраций
ISBN:
9783742770035
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают

Новинка
Черновик
4,9
178