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Mittel- und Neulatein – Lexika

Blaise, Albert: Lexicon latinitatis medii aevi praesertim ad res ecclesiasticas investigandas pertinens. Dictionnaire latin-français des auteurs du moyen âge (Corpus Christianorum, Continuatio ­Mediaevalis), Turnhout 1975, Nachdruck Turnhout 1986 [französische Übersetzung].

Berschin, Walter: Einleitung in die Lateinische Philologie des Mittelalters (Mittellatein). Eine Vorlesung, Heidelberg 2012.

Brinckmeier, Eduard: Glossarium diplomaticum zur Erläuterung schwieriger, einer diplomatischen, historischen, sach­lichen, oder Worterklärung bedürftiger lateinischer, hoch- und besonders [<<22] nieder­deutscher Wörter und Formeln etc., 2 Bände, Gotha 1856 [deutsche Übersetzung von lateinischen, mittel- und frühneuhochdeutschen Begriffen, v. a. aus der Rechtssprache].

Diefenbach, Lorenz: Novum glossarium latino-germanicum mediae et infirmae aetatis. Beiträge zur wissenschaft­lichen Kunde der neulateinischen und der germanischen Sprachen, Frankfurt am Main 1857, Nachdruck Aalen 1964 [Anführung mittel- und frühneuhochdeutscher Entsprechungen lateinischer Termini].

Du Cange, Charles Dufresne: Glossarium mediae et infimae latinitatis, 8 Bände, Paris 1678, Neuausgabe 10 Bände, Paris 1883–1887, Nachdruck Graz 1954 [lateinische Worterklärung, auch Urkunden, Inschriften, etc. berücksichtigt].

Schmidt, Charles: Petit supplément au dictionnaire de Du Cange, Strasbourg 1906.

Archivum latinitatis medii aevi. Union académique internationale. Bulletin du Cange, Genf 1924ff. [Zeitschrift für Nachträge zum Lexikon von Du Cange, sehr unübersicht­lich].

Habel, Edwin; Gröbel, Friedrich: Mittellateinisches Glossar. Paderborn 1959, Nachdruck als UTB 1551, Paderborn u. a. 2001.

Haberkern, Eugen; Wallach Joseph Friedrich: Hilfswörterbuch für Historiker. Mittelalter und Neuzeit, 2 Bände, 9. Aufl. (UTB 119/120), Tübingen/Basel 2001 [deutsche Erklärung von Fachbegriffen v. a. aus der Verfassungsgeschichte].

Hämmerle, Albert: Alphabetisches Verzeichnis der Berufs- und Standesbezeichnungen vom ausgehenden Mittelalter bis zur neueren Zeit, München 1933, Nachdruck 1966 [lateinisch-deutsche und deutsch-lateinische Übersetzung].

Heumann, Hermann Gottlieb; Seckel, Emil: Handlexikon zu den Quellen des römischen Rechts, Nachdruck der 10. Aufl., Graz 1958.

Hoven, René: Lexique de la prose de la renaissance. Dictionary of Renaissance Latin from prose sources, 2. Aufl., Leiden 2006 [englische und französische Übersetzung, auch als CD-ROM].

Neues Latein Lexikon / Lexicon recentis latinitatis, Bonn bzw. Darmstadt (Lizenzausgabe) 1998 [Lexikon für moderne Ausdrücke in lateinischer Sprache].

Niermeyer, Jan Frederik; Burgers, J. W. J.: Mediae latinitatis lexicon minus, 2 Bände, 4. erw. Aufl., Leiden 2002 [französische, englische und deutsche Übersetzung, auch als CD-ROM. Achtung: In den einbändigen ersten drei Auflagen fehlt eine deutsche Übersetzung].

Sleumer, Albert: Kirchenlateinisches Wörterbuch, Hildesheim/Zürich/New York 1990 [deutsche Übersetzung, auch Namen berücksichtigt, keine Belegstellen].

Mittellateinisches Wörterbuch bis zum ausgehenden 13. Jahrhundert. Hg. von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Wissenschaften, München 1967 ff. [derzeit A–H].

Mittel- und Frühneuhochdeutsch – Sprache

Bein, Thomas: Germanistische Mediävistik. Eine Einführung (Grundlagen der Germanistik 35), 2. überarb. und erw. Aufl., Berlin 2005.

Braun, Christian (Hg.): Kanzleisprachen auf dem Weg zum Neuhochdeutschen (Beiträge zur Kanzlei­sprachenforschung 7), Wien 2011. [<<23]

Greule, Albrecht (Hg.): Deutsche Kanzleisprachen im europäischen Kontext. Beiträge zu einem internationalen Symposium an der Universität Regensburg, 5. bis 7. Oktober 1999 (Beiträge zur Kanzleisprachenforschung 1), Wien 2001.

Meineke, Eckhard: Einführung in das Althochdeutsche (UTB 2167), Paderborn 2001.

Müller, Stefan; Kössinger, Norbert: Deutsche Sprache und Literatur des Mittelalters (UTB 3482 M), Stuttgart 2011.

Weddige, Hilkert: Einführung in die germanistische Mediävistik, 7. durchges. Aufl. (C. H. Beck Studium), München 2008.

Weddige, Hilkert: Mittelhochdeutsch. Eine Einführung, 8. durchges. Aufl. (C. H. Beck Studium), München 2010.

Wegera, Klaus-Peter; Schultz-Balluff, Simone; Bartsch, Nina: Mittelhochdeutsch als fremde Sprache. Eine Einführung für das Studium der germanistischen Mediävistik, Berlin 2011.

Mittel- und Frühneuhochdeutsch – Lexika

Grimm, Jacob und Wilhelm, Deutsches Wörterbuch, Leipzig 1854–1860, Nachdruck als Taschenbuchausgabe, 33 Bände (dtv 59045), München 1999.

Hennig, Beate: Kleines Mittelhochdeutsches Wörterbuch, 4. verb. Aufl., Tübingen 2001.

Lexer, Matthias, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, 3 Bände, Leipzig 1872–1878, Nachdruck Stuttgart 1992.

Lexer, Matthias, Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch, 38. unveränd. Aufl., Stuttgart 1992.

Müller, Wilhelm; Zarncke, Friedrich: Mittelhochdeutsches Wörterbuch, 5 Bände, Leipzig 1854–1866, Nachdruck Stuttgart 1990.

Schützeichel, Rudolf: Althochdeutsches Wörterbuch, 7. durchges. und verb. Aufl., Berlin 2012.

Romanische Sprachen des Mittelalters

Boisselier, Stéphane; Darbord, Bernard; Menjot, Denis: Langues médiévales Ibériques. Domaines Espagnol et Portugais français médiéval (L’atelier du médiéviste 12), Turnhout 2012.

Duval, Frédéric: Le français médiéval (L’atelier du médiéviste 11), Turnhout 2009.

3.4 Editionstechnik

Die gedruckte Herausgabe (Edition) von historischen Schriftquellen stellt mitunter eine wissenschaft­liche Herausforderung dar, besonders wenn das „Original“ nicht mehr erhalten ist, sondern nur noch Abschriften. Hier gibt es zwei Mög­lichkeiten der Textgestaltung: Entweder man orientiert sich an der besten handschrift­lichen Version (der Leithandschrift) und gibt diese originalgetreu wieder. Das bedeutet, dass genau die Orthographie der Vorlage im Druck gewählt wird, egal wie die Vorlagen dieser Version ausgesehen haben mögen. Oder man versucht mit Konjekturen („Vermu­tungen“) den ursprüng­lichen Text zu rekonstruieren. Gerade bei lateinischen Texten der Antike und des früheren [<<24] Mittelalters kann letztere Variante zielführender sein, weil sie dem Charakter des Autors eher gerecht wird. Der Editor geht bei seinen Konjekturen den Weg der fortschreitenden Abschreibfehler retour, indem er für bestimmte Schriften häufige Fehler annimmt, wenn der überlieferte Text unrichtig erscheint. Experimente haben gezeigt, dass die Typologie von Abschreibfehlern erstaun­liche Konstanzen bis in die heutige Zeit aufweisen.

In einer Textedition ist es üb­lich, in einer ausführ­lichen Einleitung die Überlieferung darzulegen, d. h. alle oder zumindest alle wichtigen Handschriften bzw. Urkundenabschriften bezüg­lich ihrer Qualität für die Texterstellung zu analysieren. Aufgrund philologischer Beobachtungen lässt sich auch ein Stemma (Stammbaum) rekonstruieren, wie die Versionen voneinander abhängig sind, also welche Handschrift eine Kopie einer anderen darstellt. Die einzelnen Handschriften, aber auch die Editionen werden dabei mit Siglen (Kürzeln) dargestellt.

In der Textedition selbst werden abweichende Textvarianten in den Handschriften und bisherigen Editionen durch Buchstabenfußnoten ausgewiesen. Dort finden sich auch Hinweise auf Streichungen, Ergänzungen, Anmerkungen, etc. im Text – ein Erscheinungsbild, das auch die Textentstehung beleuchtet. Vor allem seit dem Spätmittelalter sind auch die Konzepte für Urkunden, Protokolle etc. erhalten, in denen sich auf diese Weise der Diskussionsverlauf offenbart. Numerische Fußnoten dienen der sach­lichen Kommentierung des Textes.

Literatur

Bein, Thomas (Hg.): Altgermanistische Editionswissenschaft, Frankfurt am Main u. a. 1995.

Demandt, Karl E.: Zum Problem spätmittelalter­licher Quelleneditionen, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 90 (1954), 17–29.

Gall, Lothar; Schieffer, Rudolf (Hg.): Quelleneditionen und kein Ende? Symposium der Monumenta Germaniae Historica und der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München 22./23. Mai 1998 (Historische Zeitschrift, Beihefte, N. F. 28), München 1999.

Heinemeyer, Walter (Hg.): Richtlinien für die Edition landesgeschicht­licher Quellen, Marburg an der Lahn/Köln 1978.

Hödl, Ludwig; Wuttke, Dieter (Hg.): Probleme der Edition mittel- und neulateinischer Texte, Boppard 1978.

Huygens, Robert B. C.: Ars edendi. A Practical Introduction to Editing Medieval Latin Texts, ­Turnhout 2000. [auch französische Version unter dem Titel Ars edendi. Introduction pratique à l’édition des texts latins du moyen âge, Turnhout 2000]

Merta, Brigitte; Sommerlechner, Andrea; Weigl, Herwig (Hg.): Vom Nutzen des Edierens. Akten des internationalen Kongresses zum 150-jährigen Bestehen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Wien, 3. – 5. Juni 2004 (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 47), Wien 2005. [<<25]

Rohr, Christian: Die Fehler des Kopisten. Überlegungen zur Entstehung und Typologie von Abschreibfehlern anhand eines Experiments an griechischen, lateinischen und englischen Texten, in: Codices Manuscripti 26 (1999), 33–41.

Stählin, Otto: Editionstechnik. Ratschläge für die Anlage textkritischer Ausgaben. 2. Aufl., Leipzig 1914.

3.5 Bildquellen und ihre Interpretation

Im Gegensatz zu den schrift­lichen Quellen, die ein Merkmal der Hochkulturen seit der Antike bilden, sind Bildquellen aus allen Epochen der Menschheitsgeschichte überliefert. Ihre Interpretation ist meist noch deut­lich komplexer als die der Schriftquellen.

Lange Zeit wurden Bildquellen in der historischen Forschung nicht als gleichwertig mit den schrift­lichen Überlieferungen angesehen. Die Bildinterpretation lag daher zumeist in den Händen der Kunsthistoriker, die dem Bild allerdings andere Fragestellungen entgegenbrachten. Zudem ging es in der Kunstgeschichte häufig um ästhetische Kriterien, sodass künstlerisch weniger hochwertige Bilder unbeachtet blieben. Heute haben Bilder in der Geschichtswissenschaft eine prominente Stelle eingenommen, v. a. seit dem sogenannten „pictorial/visual turn“. Die Instrumentarien stammen aber nach wie vor zumeist aus der Kunstgeschichte. So wurde etwa der Ansatz von Erich Panofsky besonders in der Geschichtsdidaktik intensiv rezipiert, der zwischen der Bildbeschreibung (Ikonographie) und Bildinterpretation (Ikonologie) unterschied.

Demnach geht es in einem ersten Schritt um die Beschreibung der Bildinhalte: Was ist dargestellt? Was steht im Zentrum, was im Hintergrund? Welche Farben werden verwendet? Welche Details, z. B. an der Kleidung, sind erkennbar? Welche Attribute werden mit den dargestellten Personen verbunden? Heilige sind auf diese Weise an bestimmten Kennzeichen identifizierbar, die einen Bezug zu ihrem Leben oder ihrem Namen haben, z. B. Petrus mit den Himmelsschlüsseln oder die Evangelisten mit den Symbolen Löwe (Markus), Stier (Lukas), Mensch bzw. Engel (Matthäus) und Adler (Johannes). Bei Herrscherdarstellungen steht der Löwe für Stärke, der Hund für Treue, etc. Diese Stufe der Auswertung ist somit in erster Linie realienkund­lichen Zugängen sowie der Rekonstruktion von Zuständen in der Vergangenheit dien­lich. Bildquellen sind mitunter auch die einzige Mög­lichkeit, an bestimmte soziale Gruppen heran zu kommen, z. B. werden Behinderte und andere Randgruppen der mittelalter­lichen Gesellschaft nicht selten im Zuge der Darstellung der „Werke der Barmherzigkeit“ dargestellt (etwa im Kreuzgang von Brixen in Südtirol).

Schon bei der Ikonographie ist zu bedenken, dass Bilder einen spezifischen Entstehungshintergrund haben. So geben etwa Darstellungen von Szenen aus der Bibel oder [<<26] Heiligenleben aus dem Mittelalter deut­lich mehr Informationen über die Zeit, in der sie entstanden, als über die dargestellte Epoche. Die Protagonisten tragen Kleidung aus der Zeit der Abfassung des Bildes, im Hintergrund sind spätmittelalter­liche Städte dargestellt – oft die ältesten Stadtansichten überhaupt! Nicht-religiöse Motive kommen erst ab dem 14. bzw. 15. Jahrhundert langsam auf: zunächst Herrscherporträts, ab der Wende zur Neuzeit auch bürger­liche und bäuer­liche Genreszenen.

Zu fragen ist auch, ob z. B. eine naturalistische Darstellung von Menschen, Tieren oder Natur überhaupt erwartet werden kann. So fehlte den Künstlern im Mittelalter weitgehend das Gefühl für die Perspektive. Stimmen etwa die Handhaltungen bei der Darstellung von schreibenden Mönchen wirk­lich so, wie sie in den Handschriften als Miniatur dargestellt sind?

Bildquellen enthalten häufig auch Informationen über den Schöpfer des Bildes bzw. über deren Auftraggeber. Der Autor des Bildes gibt oft in erster Linie das wieder, was der Auftraggeber sehen bzw. darstellen will, gerade auch bei Porträts. Für den wirkungsgeschicht­lichen Kontext ist auch von Bedeutung, wer das Bild überhaupt zu Gesicht bekam, wie es zur Zeit seiner Herstellung gesehen wurde und wie in späteren Zeiten. Ähn­lich wie viele schrift­liche Quellen hat auch das Bild eine Funktion als Kommunikationsmittel und war in liturgischer, didaktischer, sozialer, recht­licher oder propagandistischer Funktion an bestimmte Adressaten gerichtet.

Bei der Ikonologie geht es um eine tiefer reichende Interpretation vor dem histo­rischen, kunsthistorischen und geistigen Hintergrund. Was wissen wir über das Umfeld, d. h. was bedeutet es etwa, wenn in einer Zeit, in der es nur geist­liche Themen in der Kunst gab, plötz­lich ein Herrscher oder bäuer­liche Szenen dargestellt werden? So ist es etwa kein Zufall, dass die Fotographie gerade im „bürger­lichen Zeitalter“, also in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ihren Aufstieg nahm, zumal das Fotoporträt gleichsam zu einem konstituierenden Faktor des Bürgertums wurde.

Warum werden bestimmte Themen in bestimmten Zeiten modern? So erfreute sich die Nibelungensage im Zeitalter des aufkommenden Deutschnationalismus großer Popularität, von der Oper bis hin zur Historienmalerei, die ein für alle Mal das Bild der blonden, blauäugigen Hünen in die Köpfe der Menschen brachte und schließ­lich vom Nationalsozialismus begeistert aufgenommen wurde.

Ein relativ neuer Ansatz ist die serielle Ikonologie, die eine größere Anzahl an Bildern auf bestimmte Motive hin untersucht. Welche Elemente dürfen etwa in der Abbildung einer Naturkatastrophe unter keinen Umständen fehlen? Auch die Analyse der Bilder auf Briefmarken fällt in diese Kategorie: Briefmarken in totalitären ­Regimes, z. B. im Nationalsozialismus oder im italienischen Faschismus, enthalten [<<27] sehr eindeutige politische Botschaften, aber auch in Demokratien spiegelt sich die offizielle Politik wider: Anhand der österreichischen Briefmarken zwischen 1945 und 2000 ist der Proporz der beiden Großparteien ÖVP und SPÖ leicht ablesbar. Themen wie der Widerstand gegen das NS-Regime oder Frauenfragen wurden lange Zeit nicht thematisiert. In Deutschland waren nach dem Zweiten Weltkrieg die Bundespräsidenten auf Dauermarken zunächst omnipräsent, später waren es berühmte Frauen aus der deutschen Geschichte, jetzt sind es unverfäng­liche Blumen. Das Thema Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime tauchte mehr als 30 Jahre früher auf als in Österreich.

Die Tendenz oder Funktion eines Bildes ist heute oft nur mehr sehr schwer nachvollziehbar. So las man die berühmten Höhlenmalereien in Lascaux, Frankreich (ca. 15.000 v. Chr.) lange Zeit als Jagdbeschwörungen, als Dank für eine erfolgreiche Jagd oder eine Bitte um ebendiese. Man weiß heute aber aus archäologischen Funden aus dieser Zeit, dass die dargestellten Tiere, v. a. Rinder und Pferde, nicht oder nur am Rande gejagt wurden, die Jagdtiere der damaligen Zeit, v. a. Rentiere, aber fast nie dargestellt wurden. Wie sich die Malereien heute deuten lassen, muss somit weitgehend unklar bleiben.

Das Thema Repräsentation spielte zu allen Zeiten eine wichtige Rolle. Renaissance- und Barock-Paläste sind mit der Apotheose (Vergött­lichung) der Herrscher geschmückt. Kaiser Karl VI. befindet sich im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien ebenso im Himmel wie George Washington in der Kuppel des Kapitols in Washington. Häufig wird zu diesem Zweck auch an ältere Traditionen angeknüpft: So sind die Fußbodenmosaike vor dem Stadio Olimpico in Rom den schwarz-weißen Mosaiken der antik-römischen Hafenstadt Ostia nachempfunden, nur ließ Mussolini keine kämpfenden Gladiatoren, sondern moderne Soldaten mit Maschinengewehren, Kampfflugzeugen etc. darstellen. Dies gilt analog auch für gegenständ­liche Quellen. Das Mausoleum des Mustafa Kemal Pascha, genannt Atatürk, weist eine Promenade auf, die mit Löwen im Stil der antik-hethitischen Hochkultur geschmückt sind; damit rückte er den neuen türkischen Staat bewusst von den islamisch-osmanischen Kulturen davor ab. Auch Details können Repräsentation veranschau­lichen. In der Kirche Santi Quattro Coronati in Rom sind der spätantike Kaiser Konstantin der Große und Papst Silvester dargestellt, wobei der Kaiser als Steigbügelhalter des Papstes fungiert. Im hochmittelalter­lichen Streit, ob der Papst oder der Kaiser eine höhere Stellung innehabe, sollte der Hilfsdienst des Kaisers dessen Unterordnung unter den Papst deut­lich machen.

Bilder dienten in vielen Epochen auch dazu, Kritik an den herrschenden Zuständen auszudrücken. Dies kann entweder (weitgehend) realistisch geschehen, etwa durch die [<<28] Darstellung des Grauens im Krieg, oder auch in überzeichneter Form als Karikatur. Dabei werden typische Merkmale einer Person, stereotype Zuschreibungen zu einer Personengruppe oder Zustände übertrieben, aber für den Betrachter klar verständ­lich dargestellt. Die Kritik einer Karikatur kann zu einem reflektierten Nachdenken über einen Sachverhalt anregen oder aber auch nur den/die Kritisierten in ein negatives Licht rücken.

Bild­liche Darstellungen können aber auch als Abschreckung bzw. Sozialdisziplinierung fungieren. So wurde gerade im Hoch- und Spätmittelalter an vielen Kirchenportalen das Jüngste Gericht abgebildet: Christus ist dabei als Weltenrichter in der Mitte abgebildet, während zu seiner Rechten (aus der Sicht des Betrachters links) die Rechtschaffenen, Auserwählten den himmlischen Freuden entgegenblicken, während auf der anderen Seite drastische Höllendarstellungen zu sehen sind.

Beispiele:


Abb 1 Teppich von Bayeux (2. Hälfte 11. Jahrhundert), Ausschnitt, gewebter und bestickter Teppich

Beim Wandteppich von Bayeux handelt es sich um eine Stickerei auf Leinwand mit verschiedenfarbigem Wollgarn. Dieses Werk wurde sehr wahrschein­lich von einem angelsächsischen Atelier ausgeführt und zwar auf Wunsch von Odon de Conteville, Bischof von Bayeux sowie Halbbruder von Wilhelm dem Eroberer. Der über 70 Meter lange und 50 cm hohe Wandteppich schildert die Eroberung Englands durch Wilhelm den Eroberer, beginnend im Jahr 1064 bis zur Entscheidungsschlacht von Hastings 1066. Der Ausschnitt zeigt in Comicstrip-artiger Form die Zubereitung eines Mahls sowie das Festmahl selbst. Von besonderem historischem Interesse sind die abgebildeten Kleidungsstücke, aber auch die zubereiteten Speisen. Besonders in den adeligen Schichten gehörte der Verzehr gebratenen Fleisches zu einem konstituierenden Element. Das Mahl selbst stiftete Solidarität und nahm daher bei jedem Fest oder bei Vertragsabschlüssen eine wichtige Funktion ein. [<<29]


Abb 2 Derick Baegert: Der Evangelist Lukas als Maler, im Hintergrund Darstellung einer Bürgerstube und einer Stadt (1485/1490), Tafelbild

Der Evangelist Lukas wurde von den Malern als Patron verehrt, war er doch der Legende nach der Erste, der ein Marienbild gemalt hatte. Darstellungen dieser Legende geben dem Künstler nicht nur die Mög­lichkeit, den Bereich gehobenen bürger­lichen Wohnens zu schildern, sondern auch Gelegenheit, Maler bei der Arbeit zu zeigen. Sowohl die Kleidung als auch das Interieur des Raumes entsprechen dem großbürger­lichen Milieu des ausgehenden 15. Jahrhunderts und nicht der biblischen Zeit. Auch die städtische Straßenszene, die durch das geöffnete Fenster sichtbar ist, weist vom Baustil in diese Zeit. Bilder wie dieses können daher in erster Linie als Quellen für das Leben in einer spätmittelalter­lichen Stadt gelesen werden. [<<30]


Abb 3 Karikatur „Ego sum Papa“ – Ich bin der Papst (um 1500), Holzschnitt [<<31]

Die Karikatur zeigt den Papst Alexander VI. Er trägt die Tiara als das Zeichen des Hauptes der Christenheit. Über das grinsende, mit scharfen Hauern besetzte Maul ragt ein spitzer, gebogener Doppelschnabel. Seit­lich vom Kopf stehen Schweinsohren ab. Darüber wachsen gebogene Widderhörner. Auf dem Oberkörper befindet sich ebenfalls eine Fratze mit scharfem Schnabel. Die Hände sind Klauen, an denen sich Krallen befinden. Statt des Krummstabes hält der Papst einen gebogenen Zweizack in der Hand, an dem eine Henkerschlinge befestigt ist. Die Karikatur stellt den Papst als Antichrist dar. Sie will den Papst als eine Person vor Augen führen, die Hass und Verachtung verdient. Deckt man die obere Hälfte des Bildes ab, ist der Papst ein frommer Kirchenmann, betrachtet man nur die obere Hälfte, ist er der Teufel in Person. Bilder wie dieses spiegeln deut­lich den Hass wider, der am Vorabend der Reformation dem Papsttum bzw. den höchsten Kirchenvertretern entgegengebracht wurde.


Abb 4 Hyacinthe Rigaud: Ludwig XIV. in Feldherrnpose (1701), Tafelbild [<<32]

Die Bilder Hyacinthe Rigauds, des Hofporträtisten Ludwigs XIV. von Frankreich (1643–1715), zeigen den König stets in Herrscherpose, ob mit Herrschermantel oder wie hier als Feldherr. Dabei wird das Bild eines heldenhaften Heerführers konstruiert, das rein der Repräsentation des Sonnenkönigs dient, ihn gleichsam von den kämpfen­den Massen im Hintergrund abhebt. Er allein steht im Zentrum. Bedenkt man, dass Ludwig XIV. gerade in seiner zweiten Regierungshälfte nicht mehr selbst in den Krieg zog, so wird deut­lich, dass es hier nich um eine reale Szenerie gehen kann. Das Bild entspricht aber auch aufgrund des Wissens über seine um diese Zeit schon weit fortgeschrittene Entstellung durch eine Syphilis-Erkrankung mit Sicherheit nicht der Realität.


Abb 5 Johann Wilhelm Völker: Politischer Damenclub – Karikatur (1848), Federzeichnung

Die Revolutionen von 1789 und 1848 wurden in erster Linie von Männern getragen; die geforderten Bürgerrechte bezogen sich ebenfalls in erster Linie auf Männer. Nichtsdestotrotz regten sich sowohl während der Französischen Revolution als auch im Jahr 1848 immer mehr weib­liche Stimmen, die politische Mitsprache für Frauen forderten. Die gegen eine politische Partizipation von Frauen gerichtete Zeichnung [<<33] arbeitet mit den typischen Mitteln der Karikatur. Stereotype Zuschreibungen an Personen(gruppen), in diesem Fall die politisch aktiven Frauen, werden überzeichnet dargestellt: Frauen seien zu keiner konstruktiven politischen Debatte fähig, sie verletzen ihre mütter­lichen Pf­lichten, Wollknäuel und ein Buch mit dem Titel „Stunden der Andacht“ liegen achtlos am Boden, einige sehen die Veranstaltung als Kaffeekränzchen, Flugblätter mit Parolen wie „Kein Mann darf ohne die Frau ausgehen“, „Keine Schläge mehr“ oder „Jeder Man(n) muß heyratten“ werden in die Höhe gehalten.

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