Читать книгу: «Historische Hilfswissenschaften», страница 5

Шрифт:

4.3 Kaiser- und Königsurkunden
4.3.1 Typen und Aufbau von Kaiser- und Königsurkunden

Besonders Kaiser- und Königsurkunden weisen für weite Teile Europas im Mittel­alter, aber auch weitgehend in der Neuzeit, ganz strenge Kriterien bezüg­lich des Inhalts und Aufbaus auf. Eine wesent­liche Aufgabe der Urkundenlehre ist die Unterscheidung von echten und gefälschten Urkunden (discrimen veri ac falsi). Die sogenannte forensische Urkundenkritik unterscheidet zwischen den äußeren und inneren Merkmalen einer Urkunde:

Unter den äußeren Merkmalen versteht man Schreibstoff, Beschreibstoff, Format, Schrift, besondere Schriftzeichen, Faltung, Verschluss, Siegel, Art der Besiegelung, Stoff des Siegels, Linierung, Tinte, Siegelbild, Art der Siegelbefestigung, besondere Zeichen. Nur anhand des Originals kann festgestellt werden, ob an ihm Veränderungen vorgenommen wurden, etwa Rasuren, Korrekturen etc. Dazu kommen Tintenwechsel, Handwechsel, Vermerke auf der Vorder- oder Rückseite des Originals (Kanzleivermerke oder archivalische Vermerke).

Innere Merkmale bilden Sprache, Stil, Formular, Rechts- und Sachinhalt. Die Urkundensprache ist nicht allein vom Standpunkt der Philologie zu untersuchen, sondern mit den besonderen Methoden der Diplomatik. Da ein Großteil der mittelalter­lichen Kaiserurkunden nicht im Original, sondern nur in Form von Kopien überliefert ist, kommt der Untersuchung der inneren Merkmale besondere Bedeutung zu. Die Diplo­mata-Abteilungen der Monumenta Germaniae Historica in Wien und München haben vor allem im Rahmen der Kanzleigeschichte ein besonderes Instrumentarium zur Untersuchung der inneren Merkmale von Kaiserurkunden entwickelt. Das Fehlen bestimmter Teile oder signifikante Abweichungen von der Normalform sind häufig Hinweis auf Fälschungen oder Verfälschungen. [<<42]

Urkunden von Kaisern und Königen können in der Form eines feier­lichen Diploms, aber auch als Brief oder Mandat ausgestellt sein. Im Mittelalter nennt man den Brief Littera, die Urkunde wird als Privilegium bezeichnet, die Königsurkunde der frühen Zeit heißt Praeceptum regis. Erst seit der Frühen Neuzeit setzte sich – wie oben dargelegt – die Bezeichnung Diplom für die feier­liche Königsurkunde durch.

Das Formular, der besonders im Früh- und Hochmittelalter streng beachtete Aufbau, gliedert die Urkunden in drei Hauptteile: Protokoll, Kontext und Eschatokoll (Schlussprotokoll). In diesen stereotypen Rahmen wird der Rechtsinhalt eingebaut. Die Teile bleiben unabhängig vom Empfänger und vom Inhalt immer gleich, wenn sie vom gleichen Aussteller angefertigt werden.

Die Nennung des Ausstellers, die Art, wie der Empfänger angesprochen wird, sowie die Beglaubigung und die Datierung am Ende der Urkunde sind besonders starr und gehören zusammen, deshalb nennt man sie auch Protokoll (Eingangsprotokoll) und Eschatokoll (Schlussprotokoll). Nur im Kontext können sich stärkere Schwankungen ergeben. Die einzelnen Teile stehen in einer bestimmten Reihenfolge, wobei manche Formeln wegfallen können oder in bestimmten Urkundenarten überhaupt nicht auftauchen.

PROTOKOLL

a. Die Invocatio, die Anrufung Gottes, steht als religiöser Gedanke gleich am Beginn der Urkunde. Man unterscheidet zwei verschiedene Arten: Die monogrammatische Invocatio, d. h. die Anrufung Gottes durch ein Zeichen, kann in Form eines Kreuzes (†) erfolgen oder auch als hebarhardisches Chrismon, benannt nach dem Kanzler Hebarhard; es besteht aus einem Buchstaben C, dem Zeichen für ­Christus, der zudem mit Kreuzen und Zierschleifen geschmückt ist. Schließ­lich ist auch das so genannte Labarum üb­lich, das aus den griechischen Buchstaben X und P (Chi-Rho-Monogramm als Abkürzung für Christus) zusammengesetzt ist (). Die verbale Invocatio, d. h. die Anrufung Gottes durch Worte, lautet meist: in nomine sanctae et individuae trinitatis (Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit). Die Invocatio ist in den Kaiserurkunden fast durchwegs, bei den Papsturkunden kaum üb­lich.

b. Die Intitulatio enthält die Angabe von Namen und Titel des Ausstellers, häufig verbunden mit der Devotionsformel (Dei gratia = von Gottes Gnaden, divina favente clementia = durch die Gunst der gött­lichen Milde), die seit Karl dem ­Großen die Idee des Gottesgnadentums zum Ausdruck bringt. Der Intitulatio kommt vor [<<43] allem für das Selbstverständnis und die politischen Ansprüche des Ausstellers eine hohe Aussagekraft zu. Während sich die römisch-deutschen Könige mit dem bloßen Königstitel (rex) begnügten, nahmen die westfränkischen Herrscher am Anfang des 10. Jahrhunderts in ihrem Selbstverständnis als Herrscher des Frankenreichs den Titel rex Francorum wieder auf. Beim Kaisertitel setzt sich nach der sehr komplizierten Form unter Karl dem Großen (Karolus serenissimus augustus a deo coronatus magnus pacificus imperator Romanum gubernans imperium, qui et per misericordiam dei rex Francorum et Langobardorum), die durch seine persön­liche Auffassung vom Kaisertum und die politischen Umstände bestimmt war, die einfache Form imperator augustus („Kaiser und Augustus“) bereits mit Ludwig dem Frommen durch. Später wird die Form Romanorum imperator et semper augustus üb­lich, zu der schmückende Beiwörter wie invictissimus („unbesiegbarer“) hinzukommen können. In den deutschsprachigen Kaiserurkunden des späteren Mittelalters wurde der Augustus-Titel mit der ursprüng­lichen Wortbedeutung von augere = vermehren (Augustus ist ein Mann, der ein „Mehr“ an Autorität besitzt) in Verbindung gebracht. Daraus entstand die merkwürdige Form „Zu allen Zeiten Mehrer des Reichs“.

Auch in der Neuzeit blieb die Intitulatio für das Selbstverständnis der Herrscher (und Herrscherinnen) maßgeb­lich. Das Gottesgnadentum war für alle abendländischen Herrscherhäuser wichtig, sodass die traditionellen Herrscherhäuser in den großen Ländern mit der Devotionsformel „von Gottes Gnaden“ („Dei gratia“) oft auch Sondertitel verbanden, z. B. „Defensor fidei“ (Verteidiger des Glaubens) in England oder „rey cattólico“ (katholischer König) in Spanien. Bei der Intitulatio war der ansonsten so bescheiden wirkende Kaiser Joseph II. (1765/80–1790) nicht von den Gedanken der Gleichheit im Sinne der Aufklärung geprägt, sondern stellte je nach Adressaten seinen vollen oder abgekürzten Titel voran:

Intitulatio Kaiser Josephs II.

Großer Titel

Wir Joseph der Zweyte von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, König in Germanien, zu Jerusalem, Ungarn, Böheim, Dalmatien, Croatien, Slavonien, Galizien und Lodomerien; Erzherzog zu Österreich; Herzog zu Burgund, zu Lothringen, zu Steyer, zu Kärnten und zu Krain, Großherzog zu Toscana, Großfürst zu Siebenbürgen, Markgraf zu Mähren, Herzog zu Brabant, zu Limburg, zu Lutzenburg und zu Geldern, zu [<<44] Würtemberg, zu Ober- und Nieder Schlesien, zu Mailand, zu Mantua, zu Parma, Placen, Quastalla, Auschwitz und Zator, Calabrien, zu Baar, zu Montserat und zu Teschen; Fürst zu Schwaben und zu Carleville, Gefürsteter Graf zu Habsburg, zu Flandern, zu Tyrol, zu Hennegau, zu Kyburg, zu Görz und ­Gradiska, Markgraf des heiligen Römischen Reiches zu Burgau, Zu Ober- und Nieder­lausitz, zu Pont a Moußon und zu Nomeny, Graf zu Namur, zu Provinz, zu Vaudemont, zu Blankenberg, zu Zütphen, zu Saarwerden, zu Salm und zu Falkenstein, Herr auf der Windischen Mark und zu Mecheln.

Mittlerer Titel

Wir Joseph der Zweyte von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, König in Germanien, zu Jerusalem, Ungarn, Böheim, Dalmatien, Croatien, Slavonien, Galizien und Lodomerien. Erzherzog zu Österreich, Herzog zu Burgund und zu Lothringen, Großherzog von Toscana, Großfürst zu Siebenbürgen, Herzog zu Mailand, Mantua, Parma etc., Gefürsteter Graf zu Habsburg, zu Flandern, zu Tyrol etc. etc.

Kleiner Titel

Joseph der Zweyte von Gottes Gnaden erwählter Römischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, König in Germanien, zu Jerusalem, Ungarn und Böheim etc. Erzherzog zu Österreich, Herzog zu Burgund und zu Lothringen etc. etc.

c. Die Inscriptio oder Adresse enthält Angaben der Person, an welche die in der Urkunde enthaltene Willenserklärung gerichtet ist.

d. Die Salutatio oder Grußformel beinhaltet einen kurzen Gruß oder Segenswunsch (salutem et omne bonum) und nimmt häufig auf die Dauerhaftigkeit des Dokuments Bezug (in perpetuum = auf immerdar). Inscriptio und Salutatio kommen vor allem in feier­lichen päpst­lichen Urkunden (Privilegien) vor, nur selten in Kaiserurkunden.

Ein wesent­liches Merkmal der Kaiserurkunden ist die verlängerte Schrift (­Elongata, Gitterschrift), die zumindest für die monogrammatische und verbale Invocatio, meist auch für die Intitulatio bzw. das gesamte Protokoll verwendet wird. Häufig ist die gesamte erste Zeile des Diploms in verlängerter Schrift gehalten und umfasst dann auch Teile der Arenga. Dieser Abschnitt in Elongata ist in den Editionen mit drei übereinander stehenden Kreuzen am Anfang und am Ende des entsprechenden Textes gekennzeichnet. [<<45]

KONTEXT

a. Die Arenga ist eine allgemein gehaltene, formelhafte Einleitung, um die Beweggründe für die Ausstellung der Urkunde darzulegen. Sie ist meist stark rhetorisch und religiös gefasst. Als Motive werden gerne angeführt: Vergäng­lichkeit alles Irdischen, Vergess­lichkeit der Menschen, Tatsache, dass die Zeugen sterben, Seelenheil des Ausstellers. All das sind Empfehlungen zur Ausfertigung von Urkunden. Bei Papsturkunden findet sich oft der Zusammenhang mit dem Officium, der Sorge für die Kirche, der aus spätantiken philosophischen Anschauungen stammt. Als vorrangige Motive des Kaisers erscheinen die allgemeine Schutzpf­licht der Kirche gegenüber, Sorge um die Person des Königs oder Kaisers, für seine Familie, sein Haus und sein Reich (in der diesseitigen und der jenseitigen Welt). Bisweilen finden sich auch recht­liche Vorstellungen. Da von den verantwort­lichen Kanzleibeamten bestimmte Arengen bevorzugt wurden, die immer wieder begegnen, sind diese ein wichtiges inneres Merkmal für die moderne Urkundenkritik.

b. Unter der Publicatio (Promulgatio, Notificatio) versteht man die Kundmachung der in der Urkunde erhaltenen Willenserklärung an die in der Inscriptio genannten Adressaten: Notum sit omnibus Christi fidelibus (= kundgetan sei allen Christgetreuen). In deutschen Urkunden: kund sey allen getan, die diesen brief lesen oder hörend lesen. Die Kundmachungsformel wendet sich entweder an alle Christgläubigen oder an einen bestimmten Personenkreis. Die Christgläubigkeit wird oft mit der Vorstellung von den Getreuen des Herrschers kombiniert. Dann heißt es: notum sit omnibus Christi nostrique imperii fidelibus (= kundgetan sei allen Getreuen Christi und unseres Reiches). Im Spätmittelalter wird die Promulgatio gern an die Spitze des Textes gesetzt.

c. Die Narratio (Erzählung der Vorgeschichte) enthält die Darlegung jener Umstände und Ereignisse, die für das Verständnis der recht­lichen Verfügungen bzw. des Rechtsverhältnisses notwendig sind. Sie kann bisweilen sehr ausführ­lich gehalten sein und fast den Charakter einer erzählenden Quelle annehmen. Ein Beispiel dafür bietet die Gelnhauser Urkunde vom 23. April 1180: Der Erzbischof von Köln erhält das Herzogtum Westfalen, das bisher dem Welfen Heinrich dem Löwen gehörte. In der Narratio werden der Prozess und das Urteil gegen Heinrich den Löwen dargestellt, wodurch sie einen eigenständigen historischen Wert bekommt. Auch im Privilegium minus, in dem Friedrich Barbarossa 1156 die Erhebung Österreichs zum Herzogtum beurkundete, wird in der Narratio die Vorgeschichte von der Verleihung Bayerns an die Babenberger bis zur Rückstellung an den Welfen Heinrich den Löwen und der Entschädigung des Babenbergers Heinrich II. „Jasomirgott“ berichtet. Bisweilen finden sich auch andere Darstellungen in die Narratio eingebaut, so die Intervention [<<46] hochgestellter Persön­lichkeiten am Hofe zugunsten des Empfängers oder die Bitte des Empfängers selbst. Daraus können sich zwei eigene Formeln entwickeln: Die Interventio (Intervenientenvermerk) berichtet vorn Eingreifen bzw. der Fürbitte hochgestellter Persön­lichkeiten am Hofe im Interesse des Empfängers; die Petitio enthält die Bitte des Empfängers um Erteilung eines Privilegs.

d. Die Dispositio bildet den wichtigsten Teil der Urkunde, die recht­liche Verfügung zugunsten des Empfängers. Der Charakter des Rechtsgeschäfts wird genau dargelegt, die betroffenen Rechtsobjekte werden detailliert und mit allem Zubehör (Pertinenzen) angeführt, gegebenenfalls werden auch die Grenzen eines Gebietes genannt, über das die Urkunde verfügt.

e. Die Pertinenzformel wird durch Jahrhunderte hindurch immer in der gleichen stereo­typen Form verwendet und enthält die Aufzählung aller Titel und Rechte, die zu einem Gut gehören, oft mit Einschränkung der dafür erteilten Verfügungsgewalt.

f. Sanctio und Poenformel: Strafandrohung gegen den, der die Verfügungen einer Urkunde übertritt. Dabei können geist­liche und welt­liche Strafen angedroht werden, z. B. der Entzug der könig­lichen Huld – eine sehr schwere Drohung, da sie den Verlust aller Lehen zur Folge hatte – oder Geldstrafen. Von diesen fließt in der Regel eine Hälfte der geschädigten Partei zu, die andere Hälfte dem könig­lichen Fiskus. Im Gegensatz dazu wird in der Sanctio von Papsturkunden (und Bischofsurkunden) mit geist­lichen Strafen gedroht, darunter kirch­lichen Zensuren, aber auch mit Höllenstrafen, also dem Entzug der gött­lichen Gnade. Die Ausführung der Strafen obliegt dann besonderen Heiligen, entweder den Apostelfürsten Petrus und Paulus oder dem Schutzheiligen jenes Klosters oder Bistums, zu dessen Gunsten geurkundet worden ist, da ja er als der eigent­liche Empfänger gedacht ist. Im Anschluss an die Sanctio kann auch dem, der die Bestimmungen der Urkunde einhält, himmlischer Lohn und Segen in Aussicht gestellt werden.

g. Corroboratio: Angabe der Beglaubigungsmittel der Urkunde und Ankündigung der Besiegelung. Die Corroboratio wird in nachstaufischer Zeit besonders eng mit der Datierung verbunden.

ESCHATOKOLL (SCHLUSSPROTOKOLL)

a. Sofern eine Subscriptio (Unterschrift) vorhanden ist, steht an erster Stelle die subscriptio des Ausstellers, die eigenhändig oder durch ein Zeichen gegeben werden kann (z. B. durch ein Kreuz). Daneben gibt es, da Kaiser und welt­liche Herrscher häufig nicht schreiben konnten, vor allem in den Kaiserurkunden die eigenhändige Beteiligung an den Linien des Monogramms, das aus den Buchstaben des [<<47] kaiser­lichen Namens zusammengesetzt ist und in einer eigenen Signumzeile steht („Vollziehungsstrich“). Die Formel für die Signumzeile lautet: Signum domini N. serenissimi regis („Das Zeichen des Herrn N., des erhabensten Königs“) bzw. Signum domni N. invictissimi imperatoris augusti („Das Zeichen des Herrn N., des unbesiegbaren Kaisers und Augustus“), wobei das Monogramm meist in die Mitte dieser Zeile gesetzt wird. Nur von Heinrich III. bis zu Heinrich V. begegnet das Beizeichen (Signum speciale, Handmal, Eigenhändigkeitszeichen) in der Form eines auffallend großen R, das auf ein ursprüng­liches manu propria („mit eigener Hand“ bzw. Handzeichen) zurückgehen dürfte. Der aus der römischen Tradition übernommene eigenhändige Segenswunsch (Bene valeas, bene valete), der bei den Merowingern noch in Form der verschnörkelten Buchstaben b und v erhalten ist, wurde im späten 8. Jahrhundert unter den Karolingern abgeschafft.

b. Es folgen die Subscriptiones der verantwort­lichen Kanzleibeamten und des Schreibers, die oft in besonderen Zeichen geschieht, z. B. in den sogenannten Tironischen Noten, einer Kurzschrift, die nach Ciceros Sekretär Tiro benannt ist. In der Kaiser­urkunde nennt man diesen Teil die Rekognition (Recognitio), bei der in einer eigenen Rekognitionszeile der Leiter der Kanzlei (Kanzler) bzw. der verantwort­liche Kanzleibeamte, der die Urkunde in Vertretung des Erzkapellans bzw. Erzkanzlers überprüft (rekognosziert) hat, genannt wird und unterschreibt. Das geschieht meistens mit den stereotypen Worten: N. cancellarius ad vicem (vice) N. ­archicancellarii (archicapellani, archiepiscopi) recognovi et subscripsi. „Ich, der Kanzler N., habe anstelle des Erzkanzlers (bzw. Erkaplans, Erzbischofs) überprüft und unterschrieben“. Aus den Buchstaben „ss“ für „subscripsi“ entsteht unter den späten Karolingern ein eigenes Rekognitionszeichen, das bisweilen mit Tiro­nischen Noten versehen ist und die merkwürdige Form eines Bienenkorbs annimmt. Nachdem bereits unter Otto III. zeitweise davon abgegangen wurde, nahm die Kanzlei im späten 11. Jahrhundert endgültig von diesem längst unverständ­lichen Zeichen Abstand.

c. Subscriptiones der Zeugen: Wichtig ist die Frage, ob diese Unterschriften eigenhändig vorgenommen worden sind oder nicht. Oft besteht die Unterschrift der Zeugen nur darin, dass sie vor ihren Namen Kreuze setzen.

d. Die Zeugenliste nimmt eine Mittelstellung zwischen Kontext und Eschatokoll ein und kann zu beiden gerechnet werden. In der Regel beschrankt sich die Zeugenliste auf eine nament­liche Aufzahlung der Zeugen, die für den Historiker sehr interessant ist. Dadurch werden z. B. die Teilnehmer eines Hoftages bekannt und auch deren Rangordnung am Hof. Streng beachtet wird in der Zeugenliste folgende Reihung: geist­liche Fürsten, welt­liche Fürsten, Grafen, Edelfreie und Ministerialen. [<<48]

e. Die Datierung enthält den Ausstellungsort und chronologische Angaben. Man unterscheidet Datum (Beurkundung) und Actum (Verhandlungen, Durchführung des Rechtsgeschäfts), die durchaus auseinanderfallen können, sodass es zu einer „uneinheit­lichen Datierung“ kommt. Die Datierung von Kaiserurkunden enthält neben den Jahren nach Christi Geburt (lnkarnationsjahren) meist auch die Jahre des Kaisertums und der Königsherrschaft sowie häufig die von antiken Vorbildern übernommenen lndiktionsjahre, das ist das jeweilige Jahr innerhalb eines 15-jährigen Zyklus (Indiktion oder „Römerzinszahl“).

f. Bei der Apprecatio handelt es sich um eine Schlussformel religiösen Inhalts, ein kurzes Schlussgebet um Verwirk­lichung der in der Urkunde ausgesprochenen Willenserklärung, meistens einfach Amen oder In Dei nomen feliciter amen (= „Im Namen Gottes in Glückseligkeit Amen“).


Abb 6 Urkunde Kaiser Ottos III. für Erzbischof Hartwig von Salzburg über die Verleihung eines Markt-, Münz- und Mautrechts für Salzburg, Rom 996 Mai 28 [<<49]


Abb 7 Urkunde Kaiser Ottos III. für Erzbischof Hartwig von Salzburg über die Verleihung eines Markt-, Münz- und Mautrechts für Salzburg, Rom 996 Mai

Deutsche Übersetzung: (Chrismon) Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit. Otto, durch die Gunst der gött­lichen Milde Kaiser. Die Aufmerksamkeit aller unserer Getreuen, sowohl der gegenwärtigen als auch der zukünftigen, möge erfahren, dass wir mit Zustimmung und Rat der anwesenden Bischöfe und Laien und auch des Papstes Gregor selbst, der Römer, der Franken, der Baiern, der Sachsen, der Elsässer, der Schwaben und der Lothringer, zu unserem eigenen Seelenheil und zu dem unserer Eltern, auf Intervention und Bitte Hartwigs, des Erzbischofs der Salzburger Kirche, folgendes Nutzungsrecht und Ehre gewährt haben, näm­lich einen täg­lichen vollberechtigten Markt und eine Münze nach Regensburger Vorbild im Orte Salzburg kraft kaiser­licher Vollmacht zu errichten und sogleich in Betrieb zu nehmen. Den Zoll aber, der uns davon zusteht, haben wir über dem Schoße des heiligen Petrus und des heiligen Rupert zum Heil unseres Körpers und unserer Seele mit Vollmacht dorthin übertragen, auf dass er für immer dort bestehen möge; allen, die diesen Markt besuchen, sichern wir fried­lichen Zugang und Rückweg durch die [<<50] Verhängung unseres kaiser­lichen Bannes verläss­lich zu, unter dieser Bedingung und mit dieser Absicht, dass der vorgenannte Bischof und alle seine Nachfolger das Nutzungsrecht und die Ehre bis zum Ende der Zeit glück­lich besitzen sollen. Und damit diese Übertragung unserer Macht jetzt und in Zukunft fest und unversehrt bestehen bleibe, haben wir beschlossen und machtvoll angeordnet, diese darüber ausgestellte Urkunde durch den Aufdruck unseres Siegels zu bekräftigen und zu bestärken und haben sie mit unserer eigenen Hand, wie unterhalb zu sehen ist, nach der Sitte von Königen und Kaisern mit diesem Zeichen versehen.

Das Zeichen des Herrn Otto (Monogramm), des unbesiegbaren Kaisers und ­Augustus.

Ich, der Bischof und Kanzler Hildibald, habe anstelle des Erzbischofs Willigis (die Urkunde) überprüft.

Gegeben am fünften Tag vor den Kalenden des Juni, im Jahr der Fleischwerdung des Herrn 996, in der neunten Indiktion, im 13. Jahr der Königsherrschaft Ottos III., im ersten Jahr des Kaisertums. Durchgeführt in Rom.

(aufgedrücktes Wachssiegel)

860,87 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Объем:
474 стр. 141 иллюстрация
ISBN:
9783846337554
Издатель:
Правообладатель:
Bookwire
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают