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§ 1 Vollstreckbare Geldforderungen

(1) Die öffentlich-rechtlichen Geldforderungen des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts werden nach den Bestimmungen dieses Gesetzes im Verwaltungswege vollstreckt.

(2) Ausgenommen sind solche öffentlich-rechtlichen Geldforderungen, die im Wege des Parteistreites vor den Verwaltungsgerichten verfolgt werden oder für die ein anderer Rechtsweg als der Verwaltungsrechtsweg begründet ist.

(3) Die Vorschriften der Abgabenordnung, des Sozialversicherungsrechts einschließlich der Arbeitslosenversicherung und des Justizbeitreibungsgesetzes bleiben unberührt.

Erläuterungen

I.Zu Absatz 11 – 13

1.Vollstreckung zugunsten der Bundesverwaltung2

2.Vollstreckung von öffentlich-rechtlichen Geldforderungen3 – 13

II.Zu Absatz 214 – 17

1.Öffentlich-rechtliche Geldforderungen des Parteistreites15

2.Anderer Rechtsweg als der Verwaltungsrechtsweg17

III.Zu Absatz 319 – 21

Anhang:Vergleichbares Landesrecht22

I. Zu Absatz 1

1

In dieser Bestimmung wird der sachliche Geltungsbereich des Gesetzes grundsätzlich festgelegt. Danach beschränkt es sich auf die Bundesverwaltung und auf öffentlich-rechtliche Geldforderungen.

1. Vollstreckung zugunsten der Bundesverwaltung

2

Zur Bundesverwaltung gehören zunächst die Bundesbehörden, welche die bundeseigene Verwaltung nach Art. 87, 87b, 87d, 87e, 87f Abs 2 S 2, 89, 90 GG ausüben. Sodann gehören die bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts dazu. Das sind die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen. Hier gilt das Gleiche wie bei der Verwaltungszustellung (VwZG § 1 Rn. 2, 3).

Das Verwaltungszwangsverfahren gehört zum allgemeinen Verwaltungsrecht und nicht zum „gerichtlichen“ Verfahren. Deshalb hat der Bund gemäß Art. 30, 70, 72, 74 Abs. 1 Nr. 1, 83, 84 GG, von besonderen Fällen abgesehen, keine Gesetzgebungskompetenz für die Länder (Näheres: Einleitung Rn. 2).

Beispiele für Sonderregelungen des Bundes:


Arbeitnehmerüberlassungsgesetz: § 6.
Aufenthaltsgesetz: § 68 Abs. 2 S. 2.
Anlegerentschädigungsgesetz: § 8 Abs. 10 S 1, § 16 Abs. 1.
Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz: § 17.
Flurbereinigungsgesetz: § 136 Abs. 1.
Lastenausgleichsgesetz: § 350b mit Abweichung in Abs. 5.
Sozialgerichtsgesetz: § 200.
Sozialgesetzbuch X: § 66 Abs. 1, Abs. 2 (vgl. Rn. 20).
Versicherungsaufsichtsgesetz: § Abs. 226 Abs. 8 S. 1, § 231 Abs. 1.
Verwaltungsgerichtsordnung: § 169 Abs. 1.
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen: § 168 Abs. 3 S. 2, § 169 Abs. 3. S 4.

Eine besondere Berechtigung des Bundes zu Sonderregelungen ergibt sich aus Art. 84 Abs. 1 S. 5 GG; dort heißt es: „In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln.“ Beispiele: Einleitung Rn. 2.

2. Vollstreckung von öffentlich-rechtlichen Geldforderungen

3

Die öffentlich-rechtlichen Geldforderungen sind in Absatz 1 nicht einzeln aufgezählt. Das Gesetz enthält für die Zulässigkeit des Verwaltungszwangsverfahrens lediglich eine allgemeine Klausel. Es entspricht damit der Regelung des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO über die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges.

4

Rechtsgrundlage einer öffentlich-rechtlichen Geldforderung muss ein Gesetz sein (vgl. App/Wettlaufer/Klomfaß, Kapitel 15 Rn 5). Hiervon folgt, dass analog § 233 S. 1 AO Zinsen auf die Grundforderung nur geschuldet werden, wenn sie gesetzlich ausdrücklich vorgeschrieben sind (vgl. BVerwG U 3.11.1988 – 5 C 38/84, juris Rn. 8 = NVwZ 1989, 870 (870 f.)). Eine Zinsforderung kann auch auf EG-Recht beruhen (BVerwG U 16.12.2010 – 3 C 7/10, juris Rn 13 f. = NVwZ-RR 2011, 275 (276)).

Solche Vorschriften über Zinsen gibt es für die Kosten der Ersatzvornahme in den Vollstreckungsgesetzen der Länder Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen (§ 19 Rn. 55). Nach Bundesrecht sind Zinsen zum Beispiel in § 14 MOG vorgeschrieben.

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Wichtig ist die Zinsregelung des § 49a VwVfG: Soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Der zu erstattende Betrag ist zu verzinsen (vgl. BVerwG U 10.12.2003 – 3 C 22/02, juris Rn. 42 = NVwZ-RR 2004, 413 (416)). Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen verlangt werden. Diese Zinsen sind öffentlich-rechtliche Geldschulden, die gemäß § 1 Abs. 1 nach den Bestimmungen des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes im Verwaltungswege vollstreckt werden. Die Vorschrift des § 49a VwVfG entspricht dem aufgehobenen § 44a der Bundeshaushaltsordnung. Gleiche Regelungen sind in allen Haushaltsordnungen der Bundesländer enthalten (vgl. OVG Weimar U 18.2.1999 – 2 KO 61/96, juris Rn. 41 ff. = NVwZ-RR 1999, 435 (436)).

Ein Anspruch auf Zinsen nach § 49a Abs. 4 VwVfG wegen Verzögerung der Leistung entsteht zu dem Zeitpunkt, in welchem die Leistung nicht alsbald nach Auszahlung bestimmungsgemäß verwendet worden ist. Der Anspruch wird mit dem gemäß § 49a Abs. 1 VwVfG bekanntgegebenen Leistungsbescheid oder mit dem im Leistungsbescheid bestimmten Zeitpunkt fällig (BVerwG U 27.4.2005 – 8 C 5/04, juris Rn. 15 ff. = NVwZ 2005, 964 (965)).

Für die Verjährung des Zinsanspruchs gelten die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (OVG Greifswald U 9.2.2005 – 2 L 66/03, juris Rn. 21 = NordÖR 2005, 161). Gemäß § 195 BGB beträgt die (hier regelmäßige) Verjährungsfrist drei Jahre. Aber nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Frist erst mit dem Schluss des Jahres, in dem


1. der Anspruch entstanden ist und
2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

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Um eine Verjährung zu vermeiden, ist bei dem Widerruf auf die Jahresfrist des § 49 Abs. 3 S. 2, § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG zu achten. Äußerst wichtig für die Praxis ist die Berechnung der Jahresfrist. Hier gilt die höchstrichterliche Rechtsprechung: Die Frist beginnt, wenn der Behörde die für ihre Entscheidung erheblichen Tatsachen bekannt sind (BVerwG B 19.12.1984 – Gr. Sen. 1, 2/84, juris Rn. 17 ff. = NJW 1985, 819 (820 f.); BVerwG U 24.1.2001 – 8 C 8/00, juris Rn. 10 ff.; = NJW 2001, 1440 (1440 f.)). Das trifft auch auf die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X zu (BSG U 25.10.1995 – 5/4 RA 66/94, juris Rn. 15 = NVwZ 1996, 1248; BVerwG U 19.12.1995 – 5 C 10/94, juris Rn. 11 = NVwZ 1996, 1217 (1217)).

Hat ein Widerspruchsverfahren oder Verwaltungsgerichtsprozess stattgefunden, so beginnt die Jahresfrist erst nach der Unanfechtbarkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes zu laufen (BVerwG U 28.6.2012 – 2 C 13/11, juris Rn. 30).

Ferner ist bei der Erklärung des Widerrufs zu beachten:

Sollte es um die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes gehen, der von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen wurde, gilt Folgendes (BVerwG U 20.12.1999 – 7 C 42/98, juris Rn. 12 ff. = NJW 2000, 1512 (1513)): Die Zuständigkeit richtet sich nach dem jeweils anzuwendenden Fachrecht. Fehlen derartige Regelungen, ist nach allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen die Behörde zuständig, die zum Zeitpunkt der Rücknahmeentscheidung für den Erlass des aufzuhebenden Verwaltungsaktes sachlich zuständig wäre.

Der Widerrufsbescheid muss eine klare Aussage über den zahlenmäßigen Umfang der Höhe nach enthalten. Denn eine Zuwendungsbewilligung kann nicht nur dem Grunde nach widerrufen werden. Einen derartigen allgemeinen Widerruf kennt § 49 VwVfG nicht (BVerwG U 15.6.2000 – 5 C 20/99, juris Rn. 8 = NVwZ 2001, 556 (556 f.)). Sollte das dennoch fehlerhaft geschehen, tritt nach Ablauf der Jahresfrist für den Widerruf Verjährung ein.

7

Sowohl der Widerruf als auch der schriftliche Erstattungsbescheid sind Verwaltungsakte (§ 49a Abs. 1 VwVfG). Zweckmäßig und vollstreckungswirksam ist es, beide Verwaltungsakte in einem Bescheid zu verbinden und gleichzeitig die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO anzuordnen. Das gilt auch für die Rücknahme. Denn die sofortige Vollziehung des Erstattungsbescheides ist nur dann rechtmäßig, wenn auch der Widerruf sofort vollziehbar ist (vgl. zur Rücknahme VGH München B 15.5.1985 – 12 CS. 84 A. 2718, juris = NVwZ 1985, 663; Linhart, Bescheid, S. 18).

8

Ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage besteht nach der Rechtsprechung ein Zinsanspruch im Zusammenhang mit der Beamtenhaftung (BVerwG U 19.7.2001 – 2 C 42/00, juris Rn. 13 f. = NVwZ 2001, 1408). Hat der Beamte seinem Dienstherrn Gelder entzogen, so erfasst der gemäß § 75 BBG geschuldete Schadensersatz auch Zinsen auf das zu ersetzende Kapital.

9

Öffentlich-rechtliche Geldforderungen beruhen in allen Fällen auf einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis. Sie gehören also nicht zum Privatrecht.

10

Die Europäische Union kann auf die Vollstreckung von öffentlich-rechtlichen Geldforderungen Einfluss ausüben. Hieran sind die deutschen Behörden und Gerichte gebunden. Denn das Europarecht hat grundsätzlich Vorrang.

So entfällt die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG für die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes auf dem Wirtschaftsgebiet der Subventionen. Bei der Rücknahme einer gemeinschaftsrechtswidrigen Subvention findet die Jahresfrist keine Anwendung (BVerwG U 23.4.1998 – 3 C 15/97, juris Rn. 20 ff. = NJW 1998, 3728 (3729 f.)).

Die Europäische Union kann durch ihre zuständige Kommission auch an die Bundesrepublik Deutschland das verbindliche Ersuchen richten, eine gemeinschaftsrechtswidrige Beihilfe zurückzufordern. Daraufhin hat die deutsche Behörde einen Rückerstattungsbescheid zu erlassen. Sie muss das Interesse der Europäischen Gemeinschaft an der Wiederherstellung der Wettbewerbsordnung berücksichtigen (EuGH U 20.3.1997 – Rs C – 24/95, juris Rn. 27 ff. = NVwZ 1998, 45 (46 ff.); OVG Berlin-Brandenburg B 7.11.2005 – 8 S. 93/05, juris Rn. 13 f. = NVwZ 2006, 104 (104 f.)).

Bei der Rückforderung einer gemeinschaftsrechtswidrigen Subvention greift das Unionsrecht sogar noch schärfer ein: Die Entscheidung eines nationalen Gerichts, welche die Rückforderung behindert, erlangt keine Rechtskraft (EuGH U 18.7.2007 – C-119/05, juris Rn. 63 = DVBl. 2007, 1167 (1169)).

11

Beispiele für öffentlich-rechtliche Geldforderungen:


Kosten der Ersatzvornahme: §§ 10, 13 Abs. 4 VwVG (dazu ausführlich OVG Berlin U 30.1.1981 – 2 B 75/78, juris = NJW 1981, 2484; bestätigt durch BVerwG U 13.4.1984 – 4 C 31/81, juris = NJW 1984, 2591. Diese sind keine öffentlichen Abgaben und Kosten des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (§ 10 Rn. 40).
Zwangsgelder und Kosten der Ersatzzwangshaft: §§ 11, 16 VwVG. Diese sind keine öffentlichen Abgaben und Kosten des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ebenso Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG § 11 Rn. 1; Lemke, S. 350; Bader/Funke-Kaiser, § 80 Rn. 31; Kopp/Schenke, § 80 Rn. 63).
Kosten des unmittelbaren Zwanges: § 12 VwVG.
Kosten, Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen nach dem Gesetz: § 19 Abs. 1 VwVG.
Kosten der Unterbringung von Tieren: § 16a des Tierschutzgesetzes (Kluge, § 16a Rn. 29; Hirt/Maisack/Moritz, § 16a Rn. 19; VGH Mannheim B 27.11.2006 – 1 S. 1925/06, juris = NVwZ-RR 2007, 296; VGH München B 9.6.2005 – 25 CS. 05.295, juris = NVwZ-RR 2006, 305).
Kosten für Tätigkeiten der Schornsteinfeger: § 20 des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes.
Ausgleichsabgaben privater Arbeitgeber: § 160 des Sozialgesetzbuchs IX, früher § 11 des Schwerbehindertengesetzes (vgl. BVerwG U 13.12.2001 – 5 C 26/01, juris = BVerwGE 115, 312; BVerwG U 16.12.2004 – 5 C 70/03, juris = NJW 2005, 1674; VGH München B 22.11.1979 – 961 XII/78, juris = NJW 1980, 720 ). Die Verpflichtung zur Zahlung der Ausgleichsabgabe ist verfassungsgemäß (BVerfG U 26.5.1981 – 1 BvL 56, 57, 58/78, juris = BVerfGE 57, 139, 153 ff.; BVerfG B 1.10.2004 – 1 BvR 2221/03, juris = NJW 2005, 737; BVerfG B 10.11.2004 – 1 BvR 1785/01, juris = NVwZ-RR 2005, 321).
Ausgleichsbeträge für Stellplätze nach Landesbaurecht (BVerfG B 5.3.2009 – 2 BvR 1824/05, juris = NVwZ 2009, 837).
Gebührenforderungen. Man unterscheidet zwischen Verwaltungsgebühren und Benutzungsgebühren. Verwaltungsgebühren werden für die Vornahme von einzelnen Amtshandlungen erhoben, die auf Veranlassung der Beteiligten oder auf Grund gesetzlicher Ermächtigungen in überwiegendem Interesse einzelner vorgenommen werden (vgl. OVG Berlin-Brandenburg U 22.6.2005 – 2 B 7/05, juris = OVGE Berlin-Brandenburg 26, 109). Allerdings werden für nur einfache mündliche oder schriftliche Auskünfte einer Behörde keine Verwaltungsgebühren erhoben (OVG Münster U 5.12.2011 – 9 A 2184/08, juris = DVB1. 2012, 309). Benutzungsgebühren werden als Gegenleistung für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen sowie für damit in Zusammenhang stehende Leistungen gefordert (BVerwG U 25.7.2001 – 6 C 8/00, juris = BVerwGE 115, 32). Die Gebührenpflicht ist unabhängig davon, in welchem Umfang der Schuldner die Einrichtung nutzt (OVG Hamburg U 14.4.2010 – 3 Bf 147/08, juris = NVwZ-RR 2010, 718).
Zum Wesen der Gebühren wird im Übrigen Bezug genommen auf BVerfG B 11.8.1998 – 1 BvR 1270/94, juris = NVwZ 1999, 176; BVerwG U 3.3.1994 – 4 C 1/93, juris = BVerwGE 95, 188; BVerwG U 21.4.2004 – 6 C 20/03, juris = BVerwGE 120, 311.
Kostenpflicht nach Landesrecht für die Beförderung hilfloser Personen durch die Polizei (OVG Lüneburg U 26.1.2012 – 11 LB 226/11, juris = NJW 2012, 1898).
Beitragsforderungen. Beiträge werden zur Verringerung oder Deckung der Kosten für die Herstellung und die Unterhaltung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen von denjenigen erhoben, die davon besondere Vorteile haben können. Ob der Beitragspflichtige von diesem Vorteil Gebrauch macht oder nicht, ist ohne Bedeutung. Es genügt im Sinne der Typengerechtigkeit, wenn der Vorteil sich als solcher auswirken kann. Das gilt insbesondere für Erschließungsbeiträge (vgl. BVerwG U 19.10.1966 – 4 C 99/65, juris = BVerwGE 25, 147, 149; BVerwG U 27.9.2006 – 9 C 4/05, juris = BVerwGE 126, 378). Zum Wesen der Beiträge wird im Übrigen Bezug genommen auf BVerfG B 20.5.1959 – 1 BvL 1, 7/58, juris Rn. 26 ff. = BVerfGE 9, 291 (297 f.); BVerwG U 15.10.1971 – 7 C 20/70, juris Rn. 13 = BVerwGE 39, 5 (6).
Geldbußen: § 90 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten. Grundlage und Voraussetzung für die Vollstreckung einer Geldbuße ist der rechtskräftige Bußgeldbescheid. Er ist ein spezialgesetzlicher Leistungsbescheid im Sinne von § 3 Abs. 2 Buchst. a. Mit seiner Zustellung an den Schuldner tritt die Fälligkeit der Forderung nach § 3 Abs. 2 Buchst. b ein.
Ansprüche des Dienstherrn gegen Beamten wegen Dienstpflichtverletzung (BVerwG U 15.6.2006 – 2 C 10/05, juris = NJW 2006, 3225).
Ansprüche des Dienstherrn gegenüber Beamten auf Erstattung zu viel gezahlter Dienstbezüge (vgl. BVerwG U 28.9.1967 – 2 C 37/67, juris = BVerwGE 28, 1; BVerwG U 21.10.1999 – 2 C 27/98, juris = BVerwGE 109, 357; BVerwG U 25.8.2011 – 2 C 31/10, juris = NVwZ-RR 2012, 208). Nach Möglichkeit hat der Dienstherr überbezahlte Beiträge mit laufenden Dienstbezügen des Beamten zu verrechnen (BVerwG U 27.1.1994 – 2 C 19/92, juris = BVerwGE 95, 94). Der Erstattungsanspruch kann mit dem Erlass eines Leistungsbescheides, im Wege der Leistungsklage oder durch Aufrechnung geltend gemacht werden (vgl. BVerwG U 28.2.2002 – 2 C 2/01, juris Rn. 21 = BVerwGE 116, 74 (77)).
Abschiebungskosten: §§ 66, 67 des Aufenthaltsgesetzes (§ 19 Rn. 5).

12

Eine Ausnahme von dem Grundsatz des Absatzes 1, dass öffentlich-rechtliche Geldforderungen vollstreckt werden, enthält § 20 Abs. 3 S. 1 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (OVG Saarlouis B 20.2.2006 – 1 W 4/06, juris = NVwZ-RR 2006, 738 noch für § 25 Abs. 4 des Schornsteinfegergesetzes). Hiernach können alle Forderungen des Bezirksschornsteinfegermeisters aus dem Kehrvertrag im Verwaltungswege beigetrieben werden (Lemke, S. 99, 100; Waldhoff, § 46 Rn. 70).

Hier ist darauf hinzuweisen, dass das Schornsteinfeger- Handwerksgesetz im Verhältnis zum Bundes-Immissionsschutzgesetz ein eigenständiges Gesetz ist. Bei den Gebühren hat deshalb § 20 Abs. 3 SchfHwG gegenüber § 52 Abs. 4 BImSchG den selbstständigen Vorrang (OVG Lüneburg B 24.11.2006 – 8 ME 152/06, juris = NVwZ-RR 2007, 96). Auf das Verhältnis des Schornsteinfegerwesens zu Bestimmungen des Immissionsschutzes weist § 22 SchfHwG hin.

13

Die Vollstreckung privatrechtlicher Forderungen im Verwaltungswege kann auch nach Landesrecht zulässig sein. Das gilt in folgenden Bundesländern (ausführlich: Lemke, S. 95 ff.; Waldhoff, § 46 Rn. 70 ff.; Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG § 1 Rn. 23, 24):

(1) Berlin: § 9 VwVfG Berlin.

(2) Bremen: § 1 Abs. 2, § 7 BremGVG.

(3) Hamburg: § 3 Abs. 2 Nr. 2 HmbVwVG.

(4) Hessen: § 66 HessVwVG.

(5) Mecklenburg-Vorpommern: § 14 Abs. 1 S. 1 des Kommunalabgabengesetzes.

(6) Nordrhein-Westfalen: § 1 Abs. 2–4 VwVG NRW. Dazu Verordnung über die Beitreibung privatrechtlicher Geldforderungen im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vom 10.3.2003 (GV.NRW. S. 170).

(7) Rheinland-Pfalz: § 71 Abs. 1 LVwVG. Siehe dazu BGH U 1.7.1987 – VIII ZR 194/86, juris = NVwZ 1988, 760.

(8) Saarland: § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 74 SVwVG.

(9) Sachsen-Anhalt: § 2 Abs. 3 VwVG LSA.

(10) Schleswig-Holstein: § 319 LVwG.

(11) Thüringen: § 42 ThürVwZVG.

Privatrechtliche Forderungen können aber nur dann im Verwaltungszwangsverfahren vollstreckt werden, wenn es eine Rechtsvorschrift zulässt. Eine solche Rechtsvorschrift kann ein Verwaltungsvollstreckungsgesetz, ein anderes Gesetz oder eine dazu erlassene Rechtsverordnung sein.

Der Staat darf allerdings seine privatrechtlichen Forderungen nur dann im Verwaltungswege vollstrecken, wenn er nicht wettbewerbswidrig gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Denn er darf nicht ohne sachlichen Grund einerseits die Vorteile des Privatrechts benutzen und andererseits im Konfliktfall auf die Härte des hoheitlichen Vollstreckungsrechts zurückgreifen. In privatrechtlicher Form können als öffentliche Aufgaben etwa wahrgenommen werden: Sozialeinrichtungen, Bibliotheken, Abfallbeseitigung, Wasserversorgung sowie die Lieferung von Elektrizität und Gas. Hier darf die staatliche Unternehmertätigkeit nicht erwerbswirtschaftlich sein. Sie muss vielmehr der Daseinsvorsorge dienen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung im Sinne von Art. 28 Abs. 2 GG (BVerwG U 20.1.2005 – 3 C 31/03, juris = BVerwGE 122, 350; BVerwG U 6.4.2005 – 8 CN 1/04, juris = BVerwGE 123, 159.

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