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Abb. 5: Bedeutung des Urheberrechts


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bb) Die Verwertung in körperlicher Form

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§ 15 I UrhG normiert folgende drei Arten der Verwertung in körperlicher Form und ordnet sie ausschließlich dem Urheber zu:

Das Vervielfältigungsrecht: Dies ist das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes herzustellen, gleichviel in welchem Verfahren und in welcher Zahl (§ 16 I UrhG). Einige Beispiele hierfür sind die Herstellung von: Büchern, Noten, Fotografien, Fotokopien, einem Bauwerk nach den Bauplänen (BGHZ 24, 69 – Ledigenheim), von CDs, Tonbandaufnahmen, Fernsehaufzeichnungen (§ 16 II UrhG).

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Das Verbreitungsrecht: Dies ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen (§ 17 I UrhG). Ist das Original oder ein Vervielfältigungsstück verkauft, so hat der Urheber eine Vergütung erhalten; seinen materiellen Interessen ist damit in der Regel Rechnung getragen, sie sind erschöpft. Daher bestimmt § 17 II UrhG, dass in den Fällen, in denen das Original oder Vervielfältigungsstücke mit Zustimmung des Urhebers durch Veräußerung in den Verkehr gebracht worden sind, die Weiterverbreitung dieser Stücke gestattet ist.

Beispiel:

Ein Student hat ein Lehrbuch gekauft. Nach Durcharbeiten und Ablegen der Prüfung verkauft er es an ein jüngeres Semester. Dies ist zulässig (§ 17 II UrhG).

Dieser Erschöpfungsgrundsatz gilt jedoch – darauf sei besonders hingewiesen, um Missverständnissen vorzubeugen – nur für die Verwertung in körperlicher Form und nicht für die unkörperliche Wiedergabe, also nicht etwa für das Senderecht.

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Ist ein gewerblicher Vermieter, etwa ein „Video-Verleih-Geschäft“, Erwerber einer Video-Kassette und überlässt er diese gegen Entgelt für bestimmte Zeit an Dritte, so wird der Urheber durch diese Vermietung häufig finanzielle Einbußen erleiden. Denn wenn man diesen Film nicht hätte mieten können, so hätte ihn der eine oder andere Interessent gekauft. Daher bestimmt § 17 II UrhG, dass das Erschöpfungsprinzip im Falle der Vermietung nicht gilt. Das bedeutet, dass das Vermietrecht als ein Teilelement des Verbreitungsrechtes nach § 17 I UrhG ein ausschließliches Recht des Urhebers ist.

Auch wenn der Urheber einem Tonträger- oder Filmhersteller ein Vermietrecht eingeräumt hat, so hat der Urheber dennoch einen unverzichtbaren Vergütungsanspruch gegen die gewerblichen Vermieter (§ 27 I UrhG).

Betrachten wir diese beiden aus dem EU-Recht stammenden §§ 17 und 27 UrhG in der Gesamtschau, so erkennen wir: Der Urheber kann auf Grund seines Verbreitungsrechtes nach §§ 17 I, 15 UrhG die Vermietung seines Werkes einem gewerblichen Vermieter gestatten, wofür letzterer eine Vergütung nach § 27 I UrhG zu entrichten hat. Er kann einem gewerblichen Vermieter die Vermietung auch untersagen. Ob der Urheber sich für die eine oder andere Variante entscheidet, wird sich primär nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten richten. Er wird dem gewerblichen Vermieter die Vermietung dann untersagen, wenn er der Auffassung ist, dass ihm die Vermietung mehr schadet als sie ihm durch den Vergütungsanspruch nach § 27 I UrhG einbringt.

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In Bezug auf das Verleihen von bereits verkauften Werken gilt die Ausnahme des § 17 II UrhG nicht. Hier gilt der Grundsatz der Erschöpfung. Es besteht kein ausschließliches Verleihrecht zu Gunsten des Urhebers. Nach § 27 II UrhG ist dem Urheber lediglich eine angemessene Vergütung zu bezahlen, wenn die Originale oder Vervielfältigungsstücke durch eine der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung, etwa eine Bücherei, verliehen werden. Dabei versteht man unter verleihen die zeitlich begrenzte, weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienende Gebrauchsüberlassung (§ 27 II, 2 UrhG).

Die Vergütungsansprüche gegen Vermieter und öffentliche Verleiher können nur durch Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden (§ 27 III UrhG).

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Schließlich die dritte Art der Verwertung in körperlicher Form, das Ausstellungsrecht: Es ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke eines unveröffentlichten Werkes der bildenden Künste oder eines unveröffentlichten Lichtbildwerkes öffentlich zur Schau zu stellen (§ 18 UrhG). Wir erkennen, dass sich dieses Recht auf Werke der bildenden Künste und Lichtbildwerke beschränkt und nur auf solche, die noch nicht veröffentlicht sind.

cc) Die Verwertung in unkörperlicher Form

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§ 15 II UrhG normiert unterschiedliche Arten der Verwertung in unkörperlicher Form und ordnet diese ausschließlich dem Urheber zu.

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In allen fünf Fällen geht es um die öffentliche Wiedergabe eines Werkes. Eine solche liegt vor, wenn die Wiedergabe für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit dem Verwerter des Werkes durch persönliche Beziehungen verbunden ist (§ 15 III UrhG).

Nicht öffentlich ist die Wiedergabe – etwa anlässlich eines Festes – innerhalb der Familie, im Freundeskreis, in einem kleinen Betrieb; anders hingegen bei einem großen Betrieb, einem größeren Verein, weil dort keine persönliche Beziehung besteht.

Zu den einzelnen Arten der Verwertung in unkörperlicher Form:

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Das Vortragsrecht ist das Recht, ein Sprachwerk durch persönliche Darbietung öffentlich zu Gehör zu bringen (§ 19 I UrhG). Dabei kann das Wort „persönlich“ zu Missverständnissen führen. Es bezieht sich nicht etwa auf die Person des Urhebers selbst, sondern soll zum Ausdruck bringen, dass irgendeine natürliche Person – im Gegensatz zu einer Wiedergabe etwa durch Funk – das Sprachwerk öffentlich vorträgt. Das Vortragsrecht bezieht sich allein auf die rein akustische Wiedergabe des Sprachwerks. Unter § 19 I UrhG fallen etwa: die öffentliche Lesung eines Romans, der öffentliche Vortrag von Gedichten, die Vorlesung des Professors im großen Hörsaal, die Rede eines Politikers vor versammelter Menge.

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Das Aufführungsrecht ist das Recht, ein Werk der Musik durch persönliche Darbietung öffentlich zu Gehör zu bringen oder ein Werk öffentlich bühnenmäßig darzustellen (§ 19 II UrhG). Das Gesetz unterscheidet hier also zwei Arten: die konzertmäßige und die bühnenmäßige Aufführung.

Beispiel:

Die konzertmäßige Aufführung: Eine Instrumental-Aufführung, aber auch eine Gesangsaufführung; bei letzterer sind die Liedtexte, da Sprachwerke, als Vortrag einzuordnen.

Die bühnenmäßige Aufführung bezieht sich auf Werke der Musik, Sprachwerke und pantomimische Werke. Maßgebend ist hier das visuell erkennbare, bewegte Spiel zur Darstellung eines gewissen Handlungsablaufes, wie etwa bei Schauspielen, Opern, Operetten, Puppenspielen.

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Vortrags- und Aufführungsrecht umfassen das Recht, Vorträge und Aufführungen außerhalb des Raumes der Darbietung durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtung öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 19 III UrhG). Am Beispiel gezeigt bedeutet dies: Dem Urheber steht das Recht zu, darüber zu entscheiden, ob die Aufführung im Theater zeitgleich mittels entsprechender Technik auch auf der Leinwand in der Stadthalle gezeigt werden darf.

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Das Vorführungsrecht ist das Recht, ein Werk der bildenden Künste, ein Lichtbildwerk, ein Filmwerk oder Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art durch technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 19 IV UrhG).

Beispiel:

Das Vorführen eines Filmes, die Projektion von Bildern.

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Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist (§ 19a UrhG). Es ist dies das Recht, das sich auf das Internet bezieht und damit auch auf die dort auftretenden Probleme, die das unkontrollierte Weiterverbreiten von Werken betreffen.

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Das Senderecht: Dies ist das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Einrichtungen, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (§ 20 UrhG).

Rundfunk- und Fernsehanstalten dürfen also nur mit Zustimmung des Urhebers dessen Werke ausstrahlen. Aber auch anstaltseigene Verteileranlagen, etwa von Krankenhäusern, Altenheimen, Haftanstalten, auch von Hotelbetrieben, die Musik- oder Sprachwerke in die einzelnen Zimmer übertragen, fallen unter § 20 UrhG.

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Das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger: Dies ist das Recht, Vorträge oder Aufführungen des Werkes mittels Bild- oder Tonträger öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 21 UrhG).

Beispiel:

Ein kleiner Kurort kann sich keine Kurkapelle leisten. Stattdessen wird im Kursaal Musik vom Band mit bekannten Melodien zu Gehör gebracht; dies ist nur mit Zustimmung der Komponisten bzw. der GEMA zulässig.

Wiederum sei einem Missverständnis vorgebeugt: Entscheidend ist hier – wie in allen Fällen des § 15 II UrhG – die öffentliche Wiedergabe, was bei einem Kurkonzert zutrifft. Wenn Sie eine CD kaufen, sind Sie selbstverständlich befugt, diese zu hören, auch im Familien- und Freundeskreis; Sie dürfen die CD aber nicht öffentlich vorspielen.

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Das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung: Das ist das Recht, Funksendungen und auf öffentlicher Zugänglichmachung beruhender Wiedergabe des Werkes durch Bildschirm, Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 22 UrhG).

Wir variieren obiges Beispiel des kleinen Kurortes: Im Kursaal werden Werke aus Rundfunk- und Fernsehsendungen sowie aus dem Internet runtergeladene Werke übertragen; dies ist nur mit Zustimmung der Urheber bzw. der jeweiligen Verwertungsgesellschaft zulässig.

Vgl. Fälle 3, 4, 47.

dd) Sonstige Rechte des Urhebers

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Das Urheberpersönlichkeitsrecht und die Verwertungsrechte werden durch die sonstigen Rechte der §§ 25–27 UrhG ergänzt. Ihre systematische Sonderstellung rührt vor allem daher, weil es sich bei diesen nicht um absolute Rechte handelt.

Das Zugangsrecht des Urhebers zu Werkstücken wird in § 25 UrhG geregelt. Nach dieser Vorschrift kann der Urheber vom Besitzer des Originals oder eines Vervielfältigungsstückes seines Werkes verlangen, dass er ihm dieses zugänglich macht, soweit das zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken oder Bearbeitungen des Werkes erforderlich ist und nicht berechtigte Interessen des Besitzers entgegenstehen. Diese Vorschrift erlaubt es dem Urheber z.B., sein Werk bei dessen Besitzer zu fotografieren, dort Skizzen zu machen oder die zur Katalogisierung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Eine Herausgabepflicht trifft den Besitzer hingegen nicht.

Das Folgerecht des Urhebers bezieht sich auf das Original eines Werkes der bildenden Künste oder eines Lichtbildwerkes (§ 26 I UrhG), nicht auf Werke der Baukunst und der angewandten Kunst (§ 26 VIII UrhG).

Die Urheber von Werken der bildenden Künste und der Lichtbildwerke sind gegenüber den Urhebern von Werken der Literatur und Musik benachteiligt. Während letztere bei entsprechender Beliebtheit mithilfe der Verwertungsgesellschaften immer wieder zu Erlösen kommen, erzielt etwa ein Maler nur einmal ein Entgelt, nämlich dann, wenn er sein Bild verkauft. Diese Schlechterstellung soll durch § 26 UrhG abgefedert werden.

Wird das Original eines Werkes der bildenden Kunst oder eines Lichtbildwerkes für mehr als 400 € weiterveräußert, und ist hieran ein Kunsthändler oder Versteigerer als Erwerber, Veräußerer oder Vermittler beteiligt, so hat der Veräußerer dem Urheber einen Anteil des Verkaufserlöses (dies ist der Verkaufspreis ohne Steuern) zu entrichten.

Die Höhe des Anteils des Verkaufserlöses ist gestaffelt von 4 % (bis zu einem Verkaufserlös von 50 000 €) bis 0,25 % (für einen Veräußerungserlös über 500 000 €). Höchstgrenze der Folgerechtsvergütung ist 12 500 € (§ 26 II UrhG).

Abb. 6: Einzelbefugnisse des Urhebers


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Von besonderer Bedeutung ist die Vermiet- und Verleihtantieme. Im Zusammenhang mit dem Erschöpfungsgrundsatz haben wir bereits gesehen, dass der Urheber Vergütungsansprüche gegen gewerbliche Vermieter (§ 27 I UrhG) und gegen öffentliche Verleiher (§ 27 II UrhG) hat. Bei Letzteren geht es vor allem um öffentliche Bibliotheken, wie etwa Staats-, Gemeinde- und Hochschulbibliotheken, auch solche der Kirchen. Diese Vergütungen werden pauschal ausgehandelt. So zahlen Bund und Länder für die von ihnen betriebenen Bibliotheken jährlich viele Millionen Euro an die Verwertungsgesellschaften.

c) Schutz technischer Maßnahmen

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Nicht selten unternehmen Urheber (auch sonstige nach dem Urheberrechtsgesetz geschützte Rechtsinhaber) Schritte, um sich vor Vervielfältigungen ihrer Werke (geschützter Rechte) durch Kopiersperren zu schützen. § 95a I UrhG bestimmt hierzu, dass wirksame technische Maßnahmen zum Schutz eines nach dem UrhG geschützten Werkes (oder eines anderen nach diesem Gesetz geschützten Gegenstandes) ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht umgangen werden dürfen. Technische Maßnahmen in diesem Sinne sind Technologien, Vorrichtungen und Bestandteile, die dazu bestimmt sind, geschützte Handlungen, die vom Rechtsinhaber nicht genehmigt sind, zu verhindern oder einzuschränken (§ 95a II, S. 1 UrhG). In der Praxis begegnen wir derartigem Kopierschutz häufig auf CDs, DVDs, Videokassetten etc. Dieses Umgehungsverbot gilt aber nicht für Computerprogramme (§ 69a V UrhG).

Derartige Kopiersperren sind deutlich sichtbar mit Angaben über die Eigenschaften der technischen Maßnahmen zu kennzeichnen (§ 95d I UrhG).

Die Herstellung, Einfuhr und Verbreitung von Vorrichtungen und Erzeugnissen, deren Ziel die Umgehung technischer Maßnahmen ist, ist verboten (§ 95a III UrhG).

Die entgegen diesem Umgehungsverbot hergestellten Vervielfältigungsstücke dürfen weder verbreitet noch zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden (§ 96 I UrhG).

2. Negativer Inhalt des Urheberrechts

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§ 1004 BGB schützt den Eigentümer vor der Beeinträchtigung durch Dritte, indem ihm gegen den Verletzer Ansprüche eingeräumt werden. Genau so ist dies bei §§ 97 ff. UrhG in Bezug auf das Urheberrecht der Fall. Sehr häufig kommen Urheberrechtsverletzungen im Internet vor, die wegen der weltweiten Verbreitung besonderes Gewicht haben. Dabei haben sich hier eine Reihe von Ländern über die WIPO-Internetverträge (WIPO- Urheberrechtsvertrag, WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger) auf weltweit gültige Grundsätze geeinigt. Diese Grundsätze haben sodann über die europäische Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (InfoSoc-Richtlinie) aus dem Jahr 2001 Einzug in das deutsche Urheberrecht gehalten.

a) Allgemeine Haftungsprinzipien

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Es geht hier zunächst um § 97 I UrhG. Die Rechtsvoraussetzungen dieser Vorschrift sind:


- Bestehen eines Urheberrechtes,
- dessen Verletzung,
- Widerrechtlichkeit.

Beispiel:

Ein Hinführungsbeispiel: Ein Unternehmen hat ein außergewöhnliches, künstlerisch gestaltetes Signet entwickelt, das es seit einiger Zeit in weitem Umfange in seiner Werbung verwendet, vom Briefbogen über die Warenverpackung bis hin zur Beschriftung von Fahrzeugen Fassaden und Messeständen. Ein anderer Betrieb benutzt nunmehr – ohne Erlaubnis – das gleiche Zeichen.

Hier wird ein Urheberrecht, dessen Gegenstand ein Werk der angewandten Kunst ist, widerrechtlich verletzt; das ist nach § 97 I UrhG unzulässig. Darauf, ob die Unternehmen Konkurrenten sind, kommt es hier nicht an.

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Mit einer Verletzung des Urheberrechtes haben wir es dann zu tun, wenn eine Handlung vorgenommen wird, die sich gegen das absolute Urheberrecht als einheitliches, umfassendes Recht mit seinen absolut ausgestalteten einzelnen Berechtigungen richtet, insbesondere also bei Verstößen gegen das Urheberpersönlichkeitsrecht und dessen Ableitungen (§§ 12–14 UrhG) und gegen das allgemeine Verwertungsrecht und die sich daraus ergebenden einzelnen Verwertungsrechte (§§ 15–22 UrhG).

Bei der Frage, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, ist von der konkreten Gestaltungsform in ihrem geistig-ästhetischen, eigenschöpferischen Gehalt auszugehen, wobei der Gesamteindruck maßgebend ist. Werden charakteristische Eigenheiten eines Werkes übernommen, so liegt eine Verletzung vor. Eine solche wird man umso eher annehmen, je auffallender die Eigenart des als Vorlage benutzten Werkes ist, da diese Eigenart in dem danach geschaffenen Werk umso weniger verblasst (BGH, GRUR 82, 37, 39 – WK-Dokumentation). Auch bei gewissen Abweichungen kann eine Urheberrechtsverletzung vorliegen.

Beispiel:

X hat ein Urheberrecht an der vermenschlichten Igelfigur „Mecki“. Ein Verlag (V) bringt eine Postkartenserie heraus, die in Pastellmalerei ebenfalls eine vermenschlichte Igelfigur in verschiedenen Gefühls- und Lebenslagen zeigt.

Die abstrakte Idee, die Vermenschlichung eines Igels, genießt keinen Urheberrechtsschutz (Rn. 32 ff.).

Geschützt ist vielmehr das, was der vermenschlichten Igelfigur das Gepräge gibt. Das sind die Gesichtszüge des „Mecki“, vor allem die Knollennase mit der stark hervorgehobenen Kugelspitze, die wulstige Unterlippe sowie die Augenpartien mit den charakteristischen Falten und die prallen Backen. Der Gesichtsausdruck wirkt dadurch gutmütig und spitzbübisch.

Den durch seine originelle Physiognomie hervorgerufene Eindruck einer im Kern ihres Wesens spitzbübisch-gutmütigen „Igel-Persönlichkeit“ vermittelt auch der Igel auf den Postkarten. V übernimmt daher die charakteristischen Eigenheiten des „Mecki“. Darin liegt die Urheberrechtsverletzung.

Dass die Igelgestalt des V gewisse Abweichungen aufweist – sie wird in wechselnden Gefühlsregungen, etwa im Zustand der Angst oder des Schmerzes wiedergegeben – ist irrelevant (BGH, GRUR 60, 251 ff. – Mecki-Igel II).

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Die letzte Rechtsvoraussetzung von § 97 I UrhG ist die Widerrechtlichkeit der Verletzung. Dabei kommen die uns bekannten, allgemeinen Rechtfertigungsgründe in Betracht, also Einwilligung, Genehmigung (§§ 182 ff BGB), Notwehr (§ 227 BGB), Notstand und erlaubte Selbsthilfe (§ 228 ff. BGB). Im Vordergrund steht dabei die Zustimmung durch den Inhaber des Urheberrechts. Diese kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen. Zur Erläuterung einer stillschweigenden Einwilligung folgender, vom BGH (BGH v. 29.4.2010, Az. I ZR 69/08) entschiedene Fall, der Google (G) betraf:

Beispiel:

Die bildende Künstlerin (K) unterhielt eine Internetseite, auf der Abbildungen ihrer Kunstwerke eingestellt waren. Die Suchmaschine von G ermittelte die Abbildungen der K. Diese wurden dann in einer Trefferliste als verkleinerte Vorschaubilder (sog. Thumbnails) gezeigt und standen zur Nutzung durch Dritte zur Verfügung. K sah hierdurch ihr Urheberrecht verletzt und verlangte von G Schadensersatz.

Die Einbindung von Vorschaubildern urheberrechtlich geschützter Werke im Rahmen der G-Bildersuche im Internet ist sowohl als Vervielfältigung i.S. von § 16 II UrhG als auch als öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a UrhG zu qualifizieren. Da diese nur dem Urheber, also der K, zustehen, begeht G eine Urheberrechtsverletzung.

Diese, so der BGH, ist aber nicht rechtswidrig, da eine urheberrechtliche Einwilligung der K vorliegt. Es ist der K zuzumuten, bei ihren Abbildungen im Internet hinreichende Sicherungsmaßnahmen gegen das Auffinden ihrer Werke durch Bildersuchmaschinen vorzunehmen; ein Copyright-Vermerk ist nicht ausreichend. Wer im Internet Bilder oder Texte frei zugänglich macht, muss mit den nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen rechnen und willigt in solche stillschweigend ein.

So wurde der Rechtfertigungsgrund Einwilligung hier bejaht, so dass die Urheberrechtsverletzung von G nicht rechtswidrig war, und die Schadensersatzklage der K abgewiesen wurde.

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Liegen die Rechtsvoraussetzungen des § 97 I UrhG vor, so kommen zugunsten des Verletzten eine ganze Reihe von Ansprüchen in Betracht:

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Zunächst kann Beseitigung der Beeinträchtigung verlangt werden (§ 97 I UrhG).

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Bei Wiederholungsgefahr kann der Urheberrechtsverletzer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht (§ 97 I UrhG). Vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung soll der Verletzte den Verletzer abmahnen und ihm die Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Bei berechtigter Abmahnung kann Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden (§ 97a I UrhG).

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Wer die Urheberrechtsverletzung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet (§ 97 II, S. 1 UrhG). Da die Höhe des Schadensersatzes oft recht schwer zu bestimmten ist, gibt das Gesetz zwei für die Praxis bedeutsame Hinweise. Erstens: Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Urheberrechtsverletzung erzielt hat, berücksichtigt werden (§ 97 II S. 2 UrhG). Zweitens: Der Schadensersatzanspruch kann auch auf Grund des Betrages errechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechtes eingeholt hätte (§ 98 II S. 3 UrhG), kurz: eine angemessene Lizenzgebühr. Schließlich kann der in seinen Urheberrechten Verletzte auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen. Dieser immaterielle Schaden (§ 253 BGB) ist nur zu ersetzen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht (§ 97 II S. 4 UrhG).

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Weiterhin kommen für den in seinem Urheberrecht Verletzten bezüglich der im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindlichen rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Vervielfältigungsstücke die drei folgenden Rechte in Betracht:


- Er kann vom Verletzer deren Vernichtung verlangen (§ 98 I S. 1 UrhG).

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- Anstelle der Vernichtung kann der Verletzer auf Überlassung der Vervielfältigungsstücke gegen eine angemessene Vergütung, welche die Herstellungskosten nicht übersteigen darf, in Anspruch genommen werden (§ 98 III UrhG).
- Schließlich kann vom Verletzer Rückruf der Vervielfältigungsstücke oder deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen gefordert werden (§ 98 II UrhG).

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Diese Ansprüche sind aber ausgeschlossen, wenn die Maßnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind auch die Interessen Dritter zu berücksichtigen (§ 98 IV UrhG). Hierzu ein

Beispiel:

Keine Vernichtung einer gesamten Auflage eines Buches, sondern lediglich Schwärzen einer kleinen urheberrechtlich unzulässigen Stelle.

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Weit über das Bisherige hinausgehend, steht dem in seinem Urheberrecht widerrechtlich Verletzten ein Vernichtungsanspruch zu in Bezug auf die im Eigentum des Verletzers stehenden Vorrichtungen (§ 98 I, S. 2 UrhG), die vorwiegend zur Herstellung der Plagiat-Vervielfältigungsstücke gedient haben, wie etwa Produktionsanlagen, Formen, Matrizen, Negative oder Disketten. Dieser Anspruch steht aber auch unter dem Verhältnismäßigkeitsvorbehalt des § 98 III UrhG.

Dabei sollten wir klar erkennen, dass sich diese Ansprüche auch gegen Ahnungslose richten können, z.B. gegen Buchhändler, CD-Läden, Bibliotheken. In derartigen Fällen schafft § 100 UrhG eine gewisse Erleichterung durch ein Ablösungsrecht. Richten sich nämlich die Ansprüche nach §§ 97, 98 UrhG gegen eine Person, der weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zur Last fällt, so kann diese zur Abwendung der Ansprüche den Verletzten in Geld entschädigen, wenn ihr durch die Erfüllung der Ansprüche ein unverhältnismäßig großer Schaden entstehen würde und dem Verletzten die Abfindung in Geld zuzumuten ist. Als Entschädigung ist der Betrag zu zahlen, der im Falle einer vertraglichen Einräumung des Rechts als Vergütung angemessen gewesen wäre, also eine angemessene Lizenzgebühr.

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Sehr detailliert werden die Ansprüche auf Auskunft geregelt (§ 101 ff. UrhG); sie sollen lediglich skizziert werden:

Bei widerrechtlicher Urheberrechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß kann vom Verletzer unverzügliche Auskunft über Herkunft und Vertriebswege der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke oder sonstiger Erzeugnisse verlangt werden. Das gewerbliche Ausmaß kann sich sowohl aus der Anzahl als auch der Schwere der Rechtsverletzungen ergeben (§ 101 I UrhG). Unter den Voraussetzungen von § 101 II UrhG können sogar gegenüber Dritten Auskunftsansprüche geltend gemacht werden.

Die Auskunftspflicht bezieht sich auf: Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse, der Dienstleistungen und der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen sowie die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellen Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse sowie über Preise (§ 101 III UrhG).

In Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung kann der Auskunftsanspruch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden (§ 101 VII UrhG).

Wird die Auskunft vorsätzlich, grob fahrlässig oder unvollständig erteilt, so ist dem Auskunftsberechtigten Schadensersatz zu leisten (§ 101 V UrhG).

100

Ist die widerrechtliche Urheberrechtsverletzung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit begangen worden, so kann unter bestimmten Voraussetzungen vom Verletzer Vorlage von Urkunden oder Besichtigung einer Sache verlangt werden. Bei einer in gewerblichem Ausmaß begangenen Urheberrechtsverletzung erstreckt sich der Anspruch auf die Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen (§ 101a I UrhG).

101

Bei einer in gewerblichem Ausmaß begangenen Urheberrechtsverletzung kann zur Sicherung von Schadensersatzansprüchen unter bestimmten Voraussetzungen auch auf Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen des Verletzers zurückgegriffen werden, auch im Wege der einstweiligen Verfügung (§ 101b UrhG).

102

Sollte eine Urheberrechtsverletzung noch andere gesetzliche Vorschriften betreffen, etwa das BGB, so bleiben diese unberührt (§ 102a UrhG).

103

Ansprüche wegen Urheberrechtsverletzung verjähren – entsprechend den allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 194 ff. BGB – in drei Jahren (§ 102 UrhG).

104

Hat ein Arbeitnehmer im Rahmen seiner betrieblichen Arbeit eine Urheberrechtsverletzung begangen, so stehen dem Urheber die oben dargestellten Ansprüche der §§ 97, 98 UrhG auch gegen den Arbeitgeber zu (§ 99 UrhG).

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9783811487369
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