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Heidenau, ein Yogi und ein Poltergeist

Endlich konnten meine Schwester und ich wieder Kinder sein. Wir wohnten jetzt auf einem alten Gutsherrenhof, den wir uns mit mehreren Flüchtlingsfamilien teilten. Meine Mutter hatte die Puppen und unser Lieblingsspielzeug für uns gerettet. Die Kinder der hiesigen Bauern kannten kaum Spielzeug und waren hellauf begeistert. So brutzelten wir draußen unter den mächtigen Eichen auf einem kleinen Puppenherd Pfannkuchen.

Ein paar Kilometer von Heidenau entfernt lag das Dörfchen Dohren. Es grenzte an einen kleinen Wald und war nur über eine schmale Feldstraße erreichbar, die hauptsächlich von den Bauern befahren wurde.

Dieser Weg, der nach Dohren führte, war eines der Lieblingsmotive meiner Schwester Gabriele, die zu dieser Zeit gerade die Kunstakademie in Hamburg besuchte. Sie malte ihn gern und oft. Insbesondere dann, wenn die Heide blühte. In dem unberührten Waldstück wuchsen viele Pilze. An einem sonnigen Spätsommertag nahmen meine Schwester und ich unsere Fahrräder und machten uns auf, um dort Pilze zu sammeln.

Es war sehr still, kein einziger Vogel war zu hören, was uns aber zu dem Zeitpunkt nicht weiter auffiel.

Als wir tiefer in den Wald kamen und so dahinliefen, hörten wir plötzlich Schritte hinter uns. Wir drehten uns erschrocken um und blieben stehen. Im gleichen Moment stoppte das Geräusch.

Nichts rührte sich, alles war still. Wir blickten uns ratlos an.

„Du hast es doch auch gehört?“, sagte ich zu meiner Schwester. „Ja, die Schritte, als ob uns jemand verfolgen würde“, flüsterte sie.

Nach einer Weile liefen wir weiter. Wenige Minuten später wiederholte sich der Vorfall. Nur klang es jetzt so, als ob uns jemand mit schweren Stiefeln folgte. Jetzt war es uns sehr unheimlich zumute. Jedes Mal, wenn wir stehen blieben, passierte das Gleiche. Erst waren da Schritte zu hören und sobald wir uns umdrehten, verstummten die Geräusche.

Inzwischen waren wir an einer kleinen Lichtung angelangt, an der lauter Birkenpilze wuchsen. Wir stellten unsere Körbe ab, um sie zu pflücken.

Doch in dem Moment, als wir uns bückten, geschah etwas ganz und gar Unglaubliches. Quer durch die Lichtung schoss eine ca. 20 cm große Feuerkugel. Sie rollte ungefähr in einem Meter Entfernung an uns vorbei, gefolgt von weißem Rauch.

Entsetzt nahmen wir den Korb und rannten, so schnell wir konnten, davon. Panikartig verließen wir den Wald, schwangen uns auf unsere Fahrräder und rasten nach Hause.

Als wir zur Tür hereinpreschten, begegnete uns der Hausherr. Er war Geologe und auch mein Lehrer. Wir konnten ihm gar nicht schnell genug berichten, was wir gerade erlebt hatten.

Er hörte gelassen zu und erklärte uns dann, dass dieser Wald berüchtigt sei. Viele schauerliche Dinge seien dort passiert, denn während der Zeiten des 30-jährigen Krieges sei er eine Hinrichtungsstätte der Schweden gewesen. Es habe dort sogar einen Blutstein gegeben, der den Hinrichtungen gedient habe. Jeder meide diesen Ort, weil sich dort immer seltsame Dinge ereignen würden. Nun war uns klar, warum keiner die schönen Pilze wollte, die dort in unberührter Natur wuchsen.

Wir schrieben jetzt das Jahr 1952. Meine Eltern waren seit Jahren mit einem Ehepaar befreundet. Beide waren Musiker. Die Frau war sehr attraktiv, mein Vater bildete sie zu dieser Zeit zum Koloratursopran aus. Kurz nachdem die Frau ihr zweites Kind gebar, trennte sich das Paar aus heiterem Himmel. Eines Tages stand die Frau mit beiden Kindern vor unserer Tür. Der Junge war gerade mal eineinhalb Jahre alt.

Die Dame blieb ein paar Stunden und verschwand wieder, doch sie nahm nur eines ihrer Kinder mit. Das andere, der kleine Junge, blieb bei uns. Sie hatte meine Eltern gebeten, sich um ihn zu kümmern, da sie sich als Alleinerziehende mit zwei Kindern überfordert fühlte.

Ich kann mich nicht mehr genau entsinnen, wie sich alles zugetragen hatte, aber es war äußerst merkwürdig, vor allem weil sich das Paar kurz nach diesem Arrangement wiederfand und erneut heiratete. Meine Mutter stand im engen Briefkontakt zu Dagmar, doch auch nachdem ihre Ehe wieder funktionierte, wollte sie den Jungen nicht mehr zu sich nehmen, er sollte bei uns bleiben.

Ich dachte mir damals nicht viel dabei, mir kam das gerade recht. Ich hatte den Kleinen sofort in mein Herz geschlossen – er war vom ersten Moment an mein Bruder. Seine Eltern waren zum Buddhismus konvertiert und hatten ihm den Namen Carl Ananda gegeben. Ein halbes Jahr später war er ein fester Bestandteil unserer Familie, wir hatten ihn adoptiert.

Da ein Freund meines Vaters auch ein Kind adoptiert hatte und sich der junge Mann das Leben nahm, als er erfuhr, dass er nicht das leibliche Kind seiner Eltern war, beging mein Vater einen großen Fehler. Er verbot der gesamten Familie, Ananda von der Adoption zu erzählen.

Erst nachdem Ananda selbst Vater geworden war und seinen eigenen Sohn adoptieren musste, da er nicht verheiratet war, erfuhr er von der Adoption. Mein Bruder verzieh unseren Eltern nie. Bald brach er auch den Kontakt zu mir und der gesamten Familie ab. Ich sollte ihn niemals wiedersehen.

Heute habe ich wieder Kontakt zu seinen Kindern und ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Vater Johannes sein leiblicher Vater war und Dagmar seine Mutter. Ob Johanna das ahnte, ich weiß es nicht.

Ich hatte diese Theorie noch kurz bevor er den Kontakt abbrach mit ihm besprochen, ihn gefragt, ob er einen DNA-Test in Erwägung ziehen würde, aber das wollte er nicht. Ich glaube, er hatte zu viel Angst, dass sich herausstellen könnte, dass er doch nicht Teil unserer Familie war – und ich habe das respektiert. Er war mein Bruder – nichts hätte das geändert.

Die Geschichte sollte sich übrigens wiederholen. Auch Ananda hatte seine Geheimnisse, die er aus Angst, seine Kinder zu verlieren, nicht preisgab.

So ist das mit dem Karma. Löst man es nicht auf – kommt es immer wieder zurück.

Jahre später träumte ich von meinem Bruder. Er war bei Babaji und arbeitete für ihn als Architekt und Baumeister. Er winkte mir zu. Einen Tag später rief uns sein Sohn an und erzählte uns, dass er gestorben ist.


Doch zurück zu meinen Eltern.

Sie hatten sich gerade eingerichtet, als Tante Maria ihnen wieder mal einen Besuch abstattete. Unsere Wohnung war nun nicht mehr mit der alten zu vergleichen. Als Möbel dienten uns Orangenkisten. Unseren alten Tisch und die Stühle hatte meine Mutter in weiser Vorsehung auseinandergebaut und nach Heidenau geschickt. Wir schliefen auf Lazarett-Feldbetten und hatten nur eine Glühbirne als Lampe.

Die Toilette war draußen in einem kleinen Häuschen und das Wasser kam aus dem Brunnen. Trotzdem, obwohl wir kaum etwas besaßen, schickte meine Mutter weiter Lebensmittelpakete zu all den armen Verwandten in die DDR. Ich glaube, dass sie sich allein mit all den Paketen, die sie ihr Leben lang versandte, ihren Weg in den Himmel gepflastert hat.

Tante Maria hatte auch nicht viel, aber sie brachte ein Buch mit, das sich bald als großes Geschenk für meine Familie herausstellen sollte.

Es nannte sich „Autobiographie eines Yogi“, geschrieben von einem Inder namens Paramahansa Yogananda. Meine Eltern hatten sich ja schon immer mit Esoterik befasst, aber das Buch übertraf alles. Sie waren so begeistert, dass sie sofort Mitglieder der Self-Realization Fellowship wurden und damit auch regelmäßig die Lehrbriefe von Yogananda erhielten.

Für uns Kinder bedeutete dies eine Kehrtwende in unserem Leben, da wir ab sofort jeden Tag meditieren mussten. Es wurde eine feste Uhrzeit in den frühen Abendstunden vereinbart, in der wir Yoganandas „Pranayama“-Atemübungen praktizierten.

Ich war zunächst skeptisch und las erst einmal das Buch, doch irgendwie sprach es mich an und ich beschloss, die Übungen, die Körper und Geist harmonisieren sollten, einfach mal auszuprobieren.

Anfänglich saß ich meine Zeit einfach nur ab und konnte dem ganzen Spektakel nicht viel abgewinnen, aber besser als Hausaufgaben machen war es allemal. Dann, nach ein paar Wochen, stellte ich fest, dass ich viel ruhiger und gelassener wurde. Ich begann, das zufriedene Gefühl, dass die Atemübungen in mir auslösten, zu schätzen. Nach einiger Zeit konnte ich mir einen Tag ohne Meditation gar nicht mehr vorstellen. Im Gegenteil, mir war das nicht genug – ich war neugierig, was da noch so alles hinter dieser Lehre steckte. Besonders fasziniert war ich von dem Meister dieses Inders.

In seinem Buch beschreibt Yogananda einen Mahavatar Babaji, der seit Beginn der Welt im Himalaya die Geschicke der Menschen lenkt. Immer wenn irdische Umwälzungen bevorstehen, greifen große Meister in das Schicksal der Menschheit ein, um sie zu warnen, zu schützen und ihnen zu einem höheren Bewusstseinszustand zu verhelfen.

Babaji war ein Mahavatar. Übersetzt bedeutet der Begriff „großer Avatar“. Im Sanskrit symbolisiert er „das Herabsteigen der Gottheit in das Fleisch“, also in einen menschlichen Körper.

Babaji soll ehrwürdige Meister wie Shankara und Kabir in den Yoga eingeweiht haben, seine bedeutendsten Schüler sind Lahiri Mahasaya, Mahendra Baba und viele mehr.

In der Hindu-Kosmologie kommt dem großen Avatar die entscheidende Rolle in dem sogenannten „wiederkehrenden Ende der Welt“, dem ewigen Kreis der Wiedergeburt zu.

Sri Ramakrishna, der große Heilige des 19. Jahrhunderts, vergleicht einen großen Avatar (Mahavatar) mit den Wellen des unendlichen göttlichen Ozeans.

Wie in einem kosmischen Meer lebt die Energie in Geist und Materie. Diese unendliche Energie nimmt während einer bestimmten Zeit eine konkrete Form an, und so erscheint dieses große Wesen als Mensch.

Der Avatar bleibt immer der Gleiche. Er projiziert sich in die See des Lebens, taucht an einer bestimmten Stelle auf und wird Krishna benannt. Er taucht wieder unter und erscheint an einem anderen Platz als Christus. Der Avatar ist eins mit Gott. Er ist weder den kosmischen noch den Gesetzen der Natur unterworfen. Sein Wesen ist transzendent, sein Geist lässt sich nicht erfassen, sein Körper wirft keinen Schatten und er hinterlässt keine Fußspuren im Sand.

Seitdem Babaji Anfang des 19. Jahrhunderts in einer Höhle am Fuße des Himalaya, nahe dem Dorf Haidakhan erschienen ist, wird er als „Baba Haidakhan“ verehrt. Für Yogananda ist Babaji die große göttliche Inkarnation.


Seit Urzeiten ist Babaji als Shiva Avatar in den Himalayas bekannt. Er hat 1008 Namen, er ist der Anfang und das Ende, Licht und Schatten, Wahrheit, Einfachheit und Liebe. Seine Botschaft erreicht diejenigen, die zwischen den Zeilen lesen können:

„Ich bin nur hier, um zu geben, seid ihr bereit zu empfangen?“

Yogananda schreibt in seiner Autobiografie: „Jeder, der den Namen Babaji‘s ehrfürchtig ausspricht, zieht augenblicklich seinen Segen auf sich.“

Diese Worte beeindruckten mich damals schon tief.

Mein Vater hatte Fotos von Babaji und indischen Meistern wie Lahiri Mahasaya, Sri Yukteswar und Paramahansa Yogananda aufgestellt. Es zog mich magisch in den Raum, in dem diese Bilder standen, und ich verbrachte viel Zeit dort, vor allem wenn ich meine Hausaufgaben machte. Dann sprach ich oft mit Babaji. Ich teilte meine Nöte und kleinen Probleme mit ihm und hatte ein inneres Bedürfnis, mehr über ihn zu erfahren. Ich schaute lange in seine Augen, bis sich diese auf einmal bewegten, was mich wiederum erschreckte. Ich spielte mit dem Gedanken, vielleicht später, wenn ich größer wäre, in Yoganandas Ashram zu leben.

Auf der Titelseite des „Life“-Magazins hatte ich fast nackte, mit Asche bedeckte Sadhus gesehen. Die Bilder waren eindrucksvoll, ich wollte einfach alles über diese exotische Religion erfahren.

In dem Heft entdeckte ich auch ein Bild von einem wunderschönen Shiva, dem höchsten Gott der Hindus. Ich organisierte mir einen übergroßen Bogen Papier und malte ihn. Das Bild platzierte ich dann hinter all den Fotos der Meister.

Ich war so besessen von der Idee, in den Ashram nach Glendale, Los Angeles zu gehen, dass mein Vater jedes Jahr in ein Reisebüro mit mir fahren musste, damit wir uns nach den aktuellen Flugpreisen erkundigen konnten. Der Dollar war damals sehr hoch, die Preise für ein Ticket entsprechend teuer.

Mit 14 Jahren erkrankte ich an Hepatitis und hatte sehr hohes Fieber. Antibiotika gab es noch nicht, aber die Krankheit veränderte mein Leben.

Als ich krank in meinem Bett lag, erlebte ich etwas, an das ich mich auch aus frühen Kindertagen erinnern konnte. Ich stand plötzlich vor einer Höhle und ging in sie hinein. Irgendwo am Ende konnte ich ein schwaches Licht erkennen. Ein wohliges Gefühl überkam mich. Ich fühlte mich geborgen.

Doch im Gegensatz zu meinen Visionen in der Kindheit sah ich dieses Mal noch etwas anderes. Da waren unendlich viele Gesichter und ich erblickte meinen Körper unter mir – freischwebend im Raum.

Engelhafte Geschöpfe fassten nach meinen Händen und zogen mich hinauf in blaue Höhen, die lichtdurchstrahlt waren. Ich sah Christus, der mir zunickte, und Yogananda, der mich anlächelte. Wesen mit langen Gewändern flüsterten mir zu: „Wie schön, dass du jetzt kommst.“

Als ich meinem Vater davon erzählte, war er beeindruckt. Schon immer wollte er so etwas erleben. Auch nach dem Fieber, als ich wieder ganz gesund war, hielten die seltsamen Visionen an. Es war, als ob ich mich auf Knopfdruck von meinem Körper lösen und in eine andere Welt gehen konnte. Einer der Räume, die ich oft betrat, glich einem riesigen Opernsaal. In der Mitte war er ganz blau. Man konnte senkrecht in diverse „Ränge“ aufsteigen, in andere schwebte man einfach hinein.

Die Decke des Raumes war nicht fest, sie war eher wie eine wolkige Schicht. Diese konnte man durchstoßen und man befand sich in einem neuen, noch höheren Raum. So setzte sich das immer weiter fort, bis man sich ganz weit oben nur noch in strahlendem Licht befand.

Das Licht führte wiederum in eine neue Welt. Dort ertönte wunderbare Musik. Ich lief auf sanften grünen Wiesen. Bäche aus Licht flossen an mir vorbei. Die Welt blieb nie gleich, jedes Mal offenbarte sich mir eine neue.

Fasziniert von diesen innerlichen Erlebnissen bemühte ich mich, immer mehr in diese fantastischen Welten einzutauchen. Ich musste mich nur setzen, mich auf mein geistiges Auge konzentrieren und schon zog es mich durch meine Wirbelsäule spiralförmig hinauf. In meinem Hinterkopf angekommen, stieg ich ein paar Stufen auf einer Wendeltreppe aus weißen Knochen hinauf bis unter die Schädeldecke, schon war ich in einer anderen Dimension.

Ich hatte dort Freunde. Ich konnte mit Tieren reden oder mich auf ihnen fortbewegen. Manchmal stieg ich durch einen alten hohlen Baum abwärts, dann fand ich mich bei Gnomen und sonderbaren Tierwesen wieder.

Wie ein Fisch konnte ich unter Wasser schwimmen, ganz ohne zu atmen. Schwebte ich hinauf in die lichten Welten, dann war ich ein Ritter in schimmernder Rüstung, der mit anderen gegen das Böse kämpfte. Mal waren es Schlangen, ein anderes Mal unheimliche Missgeburten. Ich nahm diese Kämpfe keineswegs leicht, waren sie doch zu real. Ich wusste, dass ich alles geben und gewinnen musste. Oft waren es Erlebnisse, in denen ich zerstückelt wurde, bis nichts mehr von mir übrig blieb.

Irgendwie war ich dann aber doch noch da. Nur als körperloses Wesen. Ich war dann reines Bewusstsein. Ich lernte Wesen aller Art kennen, die mir Kräuter zeigten und Weisheiten verrieten. Wenn ich wieder in meinen normalen Bewusstseinszustand kam, schien mir die eigentliche Welt im Vergleich dazu oft dumpf und schwer.

Oft begegnete mir Yogananda auf einer Wiese voller sprechender, im Wind wehender Blumen, die dann in einem Singsang riefen: „Jetzt kommt sie!“

Er nickte dann nur und segnete mich.

Da war mir klar, wenn ich mehr über diese fremden Welten wissen wollte, dann gab es nur einen Weg für mich: Ich musste in Yoganandas Ashram.

Mein Vater hatte all meine Erlebnisse akribisch aufgezeichnet und diese an Frau Dr. Erba-Tissot geschickt, die damals von Yogananda beauftragt worden war, seine Botschaft in Europa zu verbreiten. Sie reiste durch die Welt und hielt Lichtbildervorträge. Den Brief meines Vaters beantwortete sie mit folgenden Worten: „Oh Gott, das Kind muss seine Jugend genießen, Kreuzworträtsel lösen und Freunde haben.“

Sie konnte sich keineswegs erklären, was ich da so sah und erlebte. Sie sei mit dem Bericht, den mein Vater ihr geschickt hatte, total überfordert gewesen, gestand sie mir, als ich sie viele Jahre später einmal in Rom besuchte. Auch sei es ihr nie möglich gewesen, wirklich an die Existenz Babajis zu glauben.

Nachdem ich so einen starken innerlichen Kontakt zu Yogananda verspürte, war mein Entschluss, in den Ashram nach Mount Washington zu gehen, in Stein gemeißelt.

Ich hatte ganz klare Vorstellungen von meinem Leben, wollte etwas Sinnvolles machen, und hatte keine Lust auf so ein normales Durchschnittsleben, wie meine Mitschülerinnen es führten. Heiraten, Kinder kriegen, das sollte alles gewesen sein?

Die Hälfte meiner Klassenkameradinnen war mit 17 schon schwanger. Die Pille gab es damals noch nicht. Ich wollte etwas anderes. Ich spürte den inneren Ruf, Yoganandas Lehre weiter in die Welt hinauszutragen, und wollte etwas zum Wohle der Menschheit beitragen.

Meine Eltern waren in der Zwischenzeit wieder umgezogen. Diesmal in die Nähe von Frankfurt am Main. Das Taunusklima bekam meiner Mutter besser. Mein Vater war in diesem kleinen Ort unter anderem auch Lehrer für die evangelische Minderheit.

Seltsamerweise wohnten wir im alten katholischen Pfarrhaus, aus dem der Pfarrer ausgezogen war. Nachdem wir die erste Nacht in diesem Haus verbracht hatten und mein Vater morgens mit dem katholischen Pfarrer auf dem Schulhof zusammengetroffen war, fragte dieser sofort: „Na, wie war denn Ihre erste Nacht im Haus?“

Mein Vater sah ihn erstaunt an und erwiderte: „Ziemlich bewegt, wenn ich das so formulieren darf.“

Mitten in der Nacht wurden wir nämlich von einem wahnsinnigen Gepolter geweckt. Das Geräusch kam von der Holztreppe, die vom ersten Stock hinunter zum Erdgeschoss führte.

Der Spuk passierte zwei Mal in dieser, unserer ersten Nacht. Meine Eltern sahen sich nur an und tuschelten. Von da an hörten wir das Getöse jede dritte Nacht. Meine Mutter war inzwischen routiniert mit dem Austreiben sämtlicher Geister. Sie räucherte, sprach Gebete, streute Salz. Jede Nacht, eine ganze Woche lang. Dann war Ruhe.

An einem Abend, einige Tage später, blieb ich allein zu Hause, weil ich für die Schule lernen musste. Meine Eltern waren ins Theater gegangen. Als ich so am Schreibtisch meines Vaters saß, verspürte ich plötzlich einen kalten Luftzug hinter mir, gleich einem Wirbel aus Energie. Ich drehte mich erschrocken um und schaute in eine dunkelgraue Masse, die hinter mir stand.

Ich kann nicht genau beschreiben, was ich da sah, aber es sorgte dafür, dass mir förmlich das Blut in den Adern gefror. Ich war wie erstarrt, traute mich nicht, mich zu bewegen oder umzudrehen. Die Masse fegte durch die Tür ins angrenzende Zimmer, kam wieder zurück mit eisiger Luft und tobte durch den Raum.

In meiner Verzweiflung fiel mir auf einmal ein, dass ich in einem spirituellen Buch gelesen hatte, dass die drei Worte „OM TAT SAT“ alle Geister vertreiben sollten. Wenn man zum Beispiel in alle vier Ecken des Bettes „OM TAT SAT“ mit dem Finger schreiben würde, dann könne sich kein Geist nähern.

Das Mantra würde einen schützenden Bann um einen legen. Also schrie ich in meiner Angst laut immer wieder „OM TAT SAT“.

Ich weiß nicht mehr wie viele Male. Ich traute mich weder aufzustehen noch zu fliehen. Da sah ich aus den Augenwinkeln, wie die graue Masse durch die Wand verschwand.

In meiner Panik muss ich so laut geschrien haben, dass ich nicht bemerkte, dass meine Familie zurückgekehrt war. Alle sahen mich entsetzt an und fragten, was denn los sei. Nachdem ich ihnen vollkommen aufgelöst erzählt hatte, was passiert war, meinten meine Eltern, dass es besser wäre, wenn keiner mehr allein im Hause bliebe.

Doch mit der Zeit stellten wir fest, dass das Wesen tatsächlich verschwunden war, keiner sah es jemals wieder.

Der Pfarrer hatte sich zwischenzeitlich mit meinen Eltern angefreundet. Obwohl er Katholik war, interessierte er sich sehr für Yoga und Reinkarnation. Er erzählte uns daraufhin, dass dieser Geist seit Jahren alle Pfarrer, die dort tätig waren, belästigt hatte. Der Bischof habe mehrere Male versucht, ihn mit Weihrauch und Gebeten zu vertreiben. Das war aber nicht gelungen. Aus diesem Grund habe man das neue Pfarrhaus gebaut.

Man belustige sich jetzt im Stillen, erzählte uns der Pfarrer, dass es gerade einem „evangelischen“ Lehrer gelungen sei, diesen Polterer zu vertreiben.

Meine Eltern waren davon überzeugt, dass sich manche Geister besonders wohlfühlten, wenn einem Haus eine gute Schwingung anhaftet, und es dann besonders schwer ist, sie wieder von dort zu vertreiben. Aber wie man sieht, darf man die Hoffnung nie aufgeben.

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Возрастное ограничение:
0+
Дата выхода на Литрес:
23 декабря 2023
Объем:
356 стр. 111 иллюстраций
ISBN:
9783946959793
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