Читать книгу: «Rechtliche Grenzen vertraglicher Haftungsausschlüsse und -begrenzungen in B2B-Exportverträgen», страница 10

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21 Die Haftungsfreizeichnung des Artikel 8 Abs. 1 ist jedoch nach § 9 AGBG unwirksam, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat.

22 Bei Artikel 8 des Vertrags über die Durchführung von Bodendiensten für die Luftverkehrsgesellschaften handelt es sich nicht um eine Individualvereinbarung, sondern um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, und zwar ungeachtet dessen, dass das AGB-Gesetz bei Abschluss des Bodendienstvertrages noch nicht in Kraft getreten war. Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Beklagte den Bodendienstvertrag in der vorliegenden Form zur fraglichen Zeit gegenüber allen Fluggesellschaften verwendet hat. Dazu hat sich die Beklagte nicht erklärt, so dass die Behauptung als zugestanden anzusehen ist (§ 138 Abs. 1, 2 ZPO). Das allgemein gehaltene, als Rechtsauffassung zu würdigende Vorbringen der Beklagten, bei dem Vertrag handele es sich um eine Individualvereinbarung, reicht für ein beachtliches Bestreiten nicht aus. Der äußeren Form des Vertrages lässt sich für eine Individualvereinbarung kein Hinweis entnehmen. Das Vorbringen, der Vertrag sei individuell ausgehandelt worden, ist von der Beklagten nicht mit Tatsachenvortrag ausgefüllt worden.

23 Das AGB-Gesetz gilt gemäß § 28 Abs. 1 AGBG grundsätzlich nicht für Verträge, die vor seinem Inkrafttreten am 1. April 1977 geschlossen worden sind. Jedoch ist § 9 AGBG auf Verträge über die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen anzuwenden, soweit diese Verträge noch nicht abgewickelt worden sind (§ 28 Abs. 2 AGBG). Um einen derartigen Vertrag handelt es sich hier.

24 Ein grundlegender sachlicher Unterschied zur Rechtslage vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes besteht im Übrigen nicht, weil namentlich im Bereich der §§ 3 bis 6, 9 Abs. 1 AGBG lediglich die bisherige Rechtslage zu den Altverträgen kodifiziert wurde (Ulmer/Brandner/Hensen, § 28 AGBG Rn. 1). Insbesondere zum Verbot der geltungserhaltenden Reduktion hatte der BGH auch schon vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes die Auffassung vertreten, dass das Gericht bei der ergänzenden Vertragsauslegung nicht die Aufgabe habe, eine Fassung zu finden, die einerseits dem Unternehmer möglichst günstig, andererseits gerade noch rechtlich zulässig ist (BGH NJW 1979, 158 [BGH 12.10.1978 – VII ZR 220/77] m.w.N.; BGH NJW 1979, 2095 [BGH 22.03.1979 – VII ZR 142/78]), das Gericht vielmehr insbesondere auch die Interessen des Bestellers angemessen berücksichtigen muss (BGH NJW 1974, 551 [BGH 10.01.1974 – VII ZR 28/72]; BGH NJW 1982, 2309, 2310 [BGH 17.05.1982 – VII ZR 316/81]).

25 Der formularmäßige Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit wird zwar in weiten Bereichen für zulässig gehalten. Er ist aber dann unwirksam, wenn die verwendete Klausel wesentliche Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, derart einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Das in § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG enthaltene Verbot der Aushöhlung wesentlicher vertraglicher Rechte und Pflichten beruht auf der Rechtsprechung des BGH, wonach AGB dem Vertragspartner nicht solche Rechtspositionen wegnehmen oder einschränken dürfen, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt oder Zweck zu gewähren hat. Vor allem darf sich der Klauselverwender – auch gegenüber einem Kaufmann – nicht formularmäßig von Pflichten freizeichnen, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages überhaupt erst ermöglicht, auf deren Erfüllung der Vertragspartner daher vertraut und vertrauen darf (BGH NJW 1993, 335, 336 [BGH 11.11.1992 – VIII ZR 238/91]). Dieser Gedanke ist mit der Haftungsfreizeichnung untrennbar verbunden. Denn von einer „Kardinalpflicht“ zeichnet sich der Verwender nicht nur dann frei, wenn er deren Vornahme ausdrücklich in sein Belieben stellt, vielmehr besteht die Gefahr der Aushöhlung einer solchen Pflicht gerade auch dann, wenn der Verpflichtete ihre Vornahme bis zur Grenze grober Fahrlässigkeit sanktionslos außer Acht lassen kann (BGH NJW 1995, 335, 336 [BGH 21.10.1994 – V ZR 151/93]; vgl. ferner Ulmer/Brandner/Hensen; § 9 AGBG Rn. 151).

26 Der Umstand, dass es sich bei der Pflicht, die Rechtsgüter der Klägerin bei der Verladung nicht zu beschädigen, nicht um eine vertragliche Hauptpflicht im rechtstechnischen Sinne des Schuldrechts, sondern um eine „Nebenpflicht“ (Schutzpflicht) aus dem Vertrage handelt, steht der Anwendung des § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG aus Rechtsgründen nicht entgegen.

„Kardinalpflichten“ im Sinne dieser Bestimmung sind nicht nur die vertraglichen Hauptpflichten, d.h. diejenigen, die die Eigenart des jeweiligen Schuldverhältnisses prägen (Palandt-Heinrichs, 57. Aufl. 1998, Einf. v. § 241 BGB Rn. 6). Eine Einschränkung wesentlicher Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG), kann vielmehr auch bei Nebenpflichten, die die Herbeiführung des Leistungserfolgs bezwecken und sichern, in Betracht kommen. Deshalb fällt auch die Beeinträchtigung von Neben- und Schutzpflichten unter § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG, wenn die Freizeichnung die Rechtsposition des Vertragspartners wesentlich beeinträchtigt und die angemessene Risikoverteilung zwischen ihm und dem Verwender stört (BGH NJW 1985, 915, 916; BGH NJW 1988, 1785, 1786 [BGH 03.03.1988 – X ZR 54/86]; Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 AGBG Rn. 144; Palandt-Heinrichs, § 9 AGBG Rn. 27).

27 Ein derartiger Fall, in dem das Aushöhlungsverbot eine umfassende Freizeichnung hindert, liegt nach Auffassung des Senats hier vor. Die Pflicht, die Flugzeuge der Klägerin nicht so zu beschädigen, dass sie flugunfähig werden, hat in der Beziehung der Parteien einen überragenden Stellenwert, was sich nicht allein aus dem Wert der auf dem Spiel stehenden Vermögensinteressen ergibt, sondern vor allem daraus, dass die Verwertbarkeit der von der Beklagten erbrachten Bodendienstleistungen im Wesentlichen davon abhängt, dass das Fluggerät funktionsfähig bleibt. Dass die Flugzeuge der Klägerin bei der Bodenabfertigung von der Beklagten nicht beschädigt werden, stellt eine zentrale vertragstypische Erwartung dar, deren Erfüllung von als zur Erreichung des Vertragszwecks wesentlicher Bedeutung angesehen werden muss. Eine Haftungsbeschränkung, die es der Beklagten gestatten würde, hierbei bis zur Grenze grober Fahrlässigkeit nachlässig zu sein, würde dazu in Widerspruch geraten.

28 Abgesehen davon ist dem Landgericht darin zu folgen, dass der Bodendienstvertrag – auch unabhängig von der Transportleistung, für die eine haftungsmäßige Sonderregelung getroffen ist – weitere Kardinalpflichten (beispielsweise die Betriebsabfertigung und die Lebensmittelversorgung) enthält, die durch die Haftungsfreizeichnung im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG ausgehöhlt werden. Die daraus folgende Unwirksamkeit eines generellen Haftungsausschlusses führt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass sich die Beklagte im Schadensfall nicht auf die Haftungsfreizeichnung berufen kann.

29 Die Gefährdung der Erreichung des Vertragszwecks wird auch nicht durch entgegenstehende Gesichtspunkte ausgeglichen.

30 Es kann dahinstehen, in welchem Umfang der Umstand, dass sich der Kunde durch eigene Schadensvorsorge vor dem Risiko zu schützen vermag, Bedeutung erlangen kann (vgl. BGH NJW 1985, 914, 916 [BGH 20.06.1984 – VIII ZR 137/83]). Denn effektive Schutzmaßnahmen standen der Klägerin nicht zur Verfügung.

31 Die Klägerin konnte zwar bei der Beklagten auf die Einhaltung bestimmter Verhaltensstandards dringen, sie hatte jedoch auf die Durchsetzung derartiger Maßnahmen nur einen begrenzten Einfluss, der nicht als ausreichend anzusehen ist, einen Ausgleich gegen die Gefährdung des Vertragszwecks herbeizuführen. Die Klägerin konnte ein unvorsichtiges Bewegen von Rollfeldfahrzeugen der Beklagten auch dann nicht verhindern, wenn sie am Flugzeug eigenes Sicherungspersonal einsetzte, so dass dahinstehen kann, in welchem Umfang ihr dies überhaupt zumutbar wäre. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich solche Fahrzeuge nahe am Flugzeug bewegen müssen, so dass eine Aufsicht der Klägerin Kollisionen nicht zu verhindern vermag. Darin liegt ein entscheidender Unterschied zu dem von der Beklagten herangezogenen „Werftfall“ (BGH NJW 1988, 1785ff. [BGH 03.03.1988 – X ZR 54/86]), bei dem es der an Bord gebliebenen Schiffsbesatzung möglich war, die Brenn- und Schweißarbeiten zu beaufsichtigen und mit Löscheinrichtungen sofort zur Stelle zu sein, der Kunde das Schadensrisiko also maßgeblich mitbeherrschen konnte.

32 In der genannten Entscheidung hatte der BGH dem Gesichtspunkt Bedeutung beigemessen, dass es allgemeiner Branchenübung entsprach, dass ein praktisch lückenloser Kaskoversicherungsschutz vorlag und auch im gegebenen Fall tatsächlich vorhanden war. Die Übertragbarkeit dieses Gedankens auf den vorliegenden Fall scheitert aber schon daran, dass ein solcher lückenloser Versicherungsschutz von der Klägerin nicht beschafft worden war, da sie bei Teilbeschädigungen einen Selbstbehalt von USD 1 Mio vereinbart hatte (Ziffer 1.81 des Versicherungsvertrags, Bl. 134ff. d.A.). Es kann dahinstehen, ob sich die Klägerin auf eine nicht vorhandene volle Kaskodeckung berufen könnte, wenn eine Branche aufgrund vernünftiger wirtschaftlicher Überlegungen ihre Schadensprobleme praktisch lückenlos tatsächlich so zu ordnen pflegte, dass nicht der AGB- Verwender seine Haftpflicht, sondern der Kunde seine Sache versichert (vgl. Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 AGBG Rn. 115), weil die Beklagte dem Vorbringen der Klägerin, eine derartige Üblichkeit bestehe insoweit nicht, nicht in beachtlicher Weise entgegengetreten ist. Die Beklagte hat lediglich behauptet, dass Flugzeuge üblicherweise kaskoversichert werden – das ist unstreitig – und dass die Möglichkeit besteht, dass die Kaskoversicherung ohne oder jedenfalls nur mit einer geringen Selbstbeteiligung abgeschlossen wird, ferner dass eine bestimmte Fluggesellschaft (B) eine solche Versicherung auch genommen hat. Dass es praktisch lückenlos üblich sei, Flugzeuge ohne oder nur mit einer geringen Selbstbeteiligung zu versichern, hat die Beklagte hingegen nicht behauptet.

33 Die Unangemessenheit der Klausel wird nicht dadurch beseitigt, dass die erforderliche Erweiterung des Haftpflichtversicherungsschutzes zu höheren Gebühren für die Leistungen der Beklagten führt. Denn die Beklagte hat die Möglichkeit, die Klägerin vor die Wahl zu stellen, das Risiko durch eine Versicherung abzudecken oder zu geringeren Kosten einen Haftungsausschluss hinzunehmen. Durch eine solche Tarifwahl ist dem Verwender die Möglichkeit gegeben, die Unangemessenheit der ungünstigen Vertragsgestaltung ausräumen, sofern er sie offen und deutlich anbietet (Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 AGBG Rn. 112, 115).

34 Dass die Beklagte der Klägerin eine derartige Tarifwahl angeboten hat, ist nicht dargetan. Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, sie biete „seit geraumer Zeit“ eine modifizierte Haftungsvereinbarung an, ohne diese näher darzustellen. Selbst wenn in ihr eine ausreichende offene Tarifwahl zu erblicken wäre, was der Senat nicht zu beurteilen vermag, fehlt es an konkretem Vorbringen der Beklagten dazu, dass der Klägerin ein deutlicher Hinweis vor dem hier zu beurteilenden Schadensfall gegeben worden ist.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass zu einem früheren Zeitpunkt (als dem Schadensfall) keine Alternative bestanden habe. Darauf hat die Beklagte nicht mehr erwidert.

35 Die Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG schlösse es nicht aus, wenn sich die Beklagte bei der Haftungsfreizeichnung auf eine Empfehlung der C beziehen könnte (vgl. BGH NJW 1983, 1322, 1323f. [BGH 20.01.1983 – VII ZR 105/81]).

36 Schließlich ist die mit Tatsachenmaterial nicht näher untermauerte Behauptung der Beklagten, die von ihr verwendete Haftungsklausel sei „branchenüblich“, nicht geeignet, deren Angemessenheit zu begründen. Für die Kontrolle von Freizeichnungsklauseln, deren Maßstab im kaufmännischen Geschäftsverkehr kein grundsätzlich anderer als im nichtkaufmännischen Geschäftsverkehr ist (Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 AGBG Rn. 154), ist der Umstand, dass eine Klausel als „allgemein üblich“ oder „branchenüblich“ gilt, kein maßgeblicher Gesichtspunkt (Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 AGBG Rn. 118; vgl. BGH NJW 1989, 582, 583). Einseitig gestellte unangemessene Klauseln sind nicht allein deshalb im Handelsverkehr hinzunehmen, weil die Verwender, die, jedenfalls teilweise, wie die Beklagte, eine Monopolstellung innehaben, ihnen günstige Regelungen durchgesetzt haben und diese Handhabung in dem Sinne üblich geworden ist, dass sie durchgängig praktiziert werden. Dafür, dass die Klausel zu einer von beiden Seiten als maßgeblich und angemessen angesehenen Verkehrssitte erstarkt ist, hat die Beklagte keine tragfähigen Anhaltspunkte vorgetragen. Die Beklagte hat selbst nicht die Behauptung aufgestellt, dass die Luftverkehrsgesellschaften die ihnen abverlangte Regelung, der sie sich überhaupt nicht entziehen konnten, als zweckmäßige und angemessene Regelung betrachten. Der Hinweis auf die Haftungsregelungen des Warschauer Abkommens ist dafür ungeeignet, weil es sich um einen besonderen Regelungsbereich handelt, in dem für vermutetes Verschulden, wenn auch regelmäßig summenmäßig begrenzt, gehaftet wird. Dass die von der Beklagten für zulässig gehaltene Haftungsbeschränkung „internationalem Handelsbrauch“ entspricht, ist von ihr nicht mit tatsächlichen Anhaltspunkten versehen worden. Das Vorbringen der Beklagten, die an anderer Stelle von „Verkehrssitte“, „branchentypischer Vereinbarung“, „internationalem Standard“, „Branchenüblichkeit“ und „weltweiter Üblichkeit“ spricht, lässt nicht einmal sicher erkennen, dass sie unter diesem vereinzelt gebrauchten Begriff etwas anderes verstanden hat als ein gängiges Regelungsverhalten von Flughafenbetreibern, was nicht ausreichen würde.

37 Schließlich gibt auch das C-Handbuch (Airport Handling Manual), das unter AHM 810 ein Standard Ground Handling Agreement enthält, zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Zwar ist die C eine Vereinigung von Luftverkehrsunternehmen, der unstreitig auch die Klägerin angehört. Der Senat vermag aufgrund der ihm unterbreiteten Tatsachengrundlage jedoch nicht zu beurteilen, in welcher Weise es zur Abfassung und Aufnahme des Standardvertrages in ein Handbuch gekommen ist und in welcher Beziehung er einen Rückschluss darauf zulassen könnte, welche Vorstellungen über die Angemessenheit und Zweckmäßigkeit des Mustervertrages sich die C bzw. ihre Mitglieder gebildet haben. Der Senat vermag danach nicht einmal auszuschließen, dass in AHM 810 lediglich allgemein und als nicht verhandelbar bekannte Freizeichnungsklauseln der Bodenabfertigungsdienste zugrunde gelegt wurden. Hinzu kommt, dass die Haftungsklausel des Art. 8 in der vorangestellten Erläuterung zum Standardvertrag (AHM 802) relativiert worden ist (Bl. 138 d.A.). Dort heißt es: „The text of Article 8 may have to be replaced in Annex B as different legal systems and conditions prevailing worldwide make it very difficult to present an Article 8 that can be acceptable and workable universally. Article 8 is offered as a basis or framework upon which an Article 8 for a specific Ground Handling Agreement may be built.““

Nach BGH, Urt. v. 18.07.201 – VIII ZR 337/11 wird die Begrenzung von Schadensersatz auf den vertragstypischen, vorhersehbaren Schaden über die Klausel

„Bei fahrlässig verursachten Sach- und Vermögensschäden haften [das Energieversorgungsunternehmen] und seine Erfüllungsgehilfen nur bei der Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht, jedoch der Höhe nach beschränkt auf die bei Vertragsschluss vorhersehbaren und vertragstypischen Schäden [...].“

als im Einklang mit dem Transparenzgebot angesehen. Die Vorhersehbarkeit bestimme sich hiernach nach dem bei Vertragsabschluss einem vernünftigen Dritten ergebenden Umständen. Wie im später dargestellten Urteil des BGH (Urt. v. 29.11.1988 – X ZR 112/87) festgestellt, gehört jedoch im B2B-Bereich entgangener Gewinn infolge Nutzungsausfalls zu den typischen und somit vorhersehbaren Schäden.

Dementsprechend hat das OLG München im Urteil vom 02.03.1994 – 7 U 5918/93 die im Rahmen eines Wertpapier-Frachtführervertrags definierte maximale Haftung von 100.000 DM wegen Vertragszweckgefährdung für unwirksam erklärt:

„Die Bekl. kann sich nicht darauf berufen, daß sie in ihren AGB die Haftung für Schäden, “welche durch Fahrlässigkeit oder Verschulden ihrer Organe oder Angestellten in Ausübung ihres Dienstes entstehen..., für Abhandenkommen bewachter Sachen bis zum Höchstbetrag von 100000 DM” eingeschränkt hat. Es mag zwar sein, daß die Haftungsbeschränkung bezüglich vorsätzlichen Handelns, die schon nach § 276 Absatz II BGB unzulässig ist, die Freizeichnung nicht insgesamt unwirksam macht, weil der unzulässige Teil inhaltlich und sprachlich zu trennen wäre und die Einschränkung der Haftung für Fahrlässigkeit verbliebe. Offen bleiben kann auch, ob § 11 Nr. 7 AGBG, wonach eine Begrenzung der Haftung aus Schäden bei grober Fahrlässigkeit des Verwenders oder des Erfüllungsgehilfen unwirksam ist, im Regelfall auch für den kaufmännischen Verkehr gilt (vgl. zum Streitstand Palandt/Heinrichs, BGB, 53. Aufl., § 11 AGBG Rdnr. 38). Die konkrete Regelung ist jedenfalls mit § 9 Absatz II Nr. 2 AGBG nicht vereinbar, wonach wesentliche Vertragsrechte und -pflichten nicht ausgehöhlt werden dürfen. Den Vertragspartner dürfen nicht solche Rechtspositionen weggenommen und/oder eingeschränkt werden, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck zu gewähren hat. Der Verwender darf sich auch gegenüber einem Kaufmann nicht formularmäßig von Pflichten freizeichnen, deren Erfüllung die Durchführung des Vertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Erfüllung der Vertragspartner daher vertraut und vertrauen darf (BGH, NJW 1993, NJW Jahr 1993 Seite 335 = LM H. 6/1993 § 9 AGBG) AGBG Nr. 40 = MDR 1993, MDR Jahr 1993 Seite 212). Auch die vorliegende Haftungsbegrenzung ist geeignet, die Rechte derart auszuhöhlen, daß der Vertragszweck gefährdet ist. Zweck des Vertrages war die Durchführung von Sicherheitstransporten “von Montag bis Freitag 16 Uhr, sowie samstags um 13 Uhr.“ Der Vertrag enthält keine Begrenzung des Wertes der zu befördernden Geldbomben. Nach Sinn und Zweck des Vertrages konnte die Kl. darauf vertrauen, daß die Bekl. für die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Hauptpflicht im Rahmen des Vertrages einstehen würde. Gerade diese Rechte werden ganz wesentlich beschnitten, wenn die Haftung auf eine bestimmte Summe beschränkt wird, die den Wert der beförderten Güter bei weitem nicht decken muß und von der man auch nicht sagen kann, daß sie diesen im Regelfall deckt. Da es der Zweck des Vertrages war, Transporte sicher durchzuführen, ohne daß sie nach dem Wert beschränkt waren, kann die Bekl. sich nicht darauf berufen, die Kl. habe es in der Hand gehabt, pro Transport nicht mehr als 100000 DM befördern zu lassen. Hätte die Bekl. dies erreichen wollen, hätte sie schon den Vertragszweck in dieser Weise einengen müssen und sich etwa nur zur Beförderung von Geldbomben bis zu diesem Betrag verpflichten dürfen.“

Das LG Hannover (Urt. v. 22.01.2010 – 2 O 302/07) führt in einem B2B-Windenergieanlagenfall, bei dem nachfolgende Haftungsklauseln vereinbart waren

„37 [...] § 18 Ziff. 1 des Vertrages [...]:

„Unbeschadet der Regelung in § 12 Abs. 5 dieses Kaufvertrages ist die Haftung der Vertragsparteien für Mangelfolgeschäden, insbesondere Produktionsausfall und/oder entgangenen Gewinn sowie Vermögensschäden ausgeschlossen, es sei denn in Fällen von Vorsatz, grober Fahrlässigkeit, bei Verletzung vertraglicher Hauptleistungspflichten oder bei Personenschaden.“

38 [...]

§ 18 Ziff. 2 des Vertrages lautet:

„In jedem Fall ist die vertragliche und gesetzliche Haftung – außer bei Vorsatz, bei Fällen gesetzlicher Produkthaftpflicht, bei Patent- und Schutzrechtsverletzungen oder bei Personenschaden – begrenzt auf den Umfang und die Deckung der Betriebshaftpflichtversicherung der Verkäuferin – soweit gesetzlich zulässig –, im übrigen auf 20 % des Vertragspreises.“

nach Feststellung der groben Fahrlässigkeit und somit Unwirksamkeit des ersten Teils der Haftungsklausel im Detail zur richterlichen Herleitung des vorhersehbaren, vertragstypischen Schadens und der festgestellten Vertragszweckgefährdung aus:

„105 Der verbleibende Ersatzanspruch beläuft sich deshalb auf 300.403,21 Euro.

106 In dieser Höhe ist die Beklagte auch zum Ersatz verpflichtet.

107 Eine höhenmäßige Beschränkung ist nicht wirksam vereinbart worden. Zu einer Begrenzung auf den Umfang und die Deckung der Betriebshaftpflichtversicherung gem. § 18 Ziff. 2 des Vertrages hat die Beklagte nichts vorgetragen.

108 Die im übrigen gem. § 18 Ziff. 2 des Vertrages vorgesehene Beschränkung auf 20 % des Vertragspreises ist nicht wirksam vereinbart worden.

109 Gem. § 307 Absatz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Davon ist gem. § 307 Absatz 2 Nummer 2 BGB im Zweifel auszugehen, wenn wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Angenommen wird dies in der höchstrichterlichen Rechtsprechung für eine summenmäßige Begrenzung der Haftung, sofern die Höchstsumme nicht ausreichend bemessen ist, um die vertragstypischen, vorhersehbaren Schäden abzudecken (BGH NJW 2001, S. NJW Jahr 2001 Seite 292, Juris-Dokument, Rz. 52; BGH Urteil vom 11.11.1992, – BGH Aktenzeichen VIII ZR 23891 VIII ZR 238/91 –, Juris-Dokument, Rz. 17).

110 Letzteres ist hier der Fall.

111 Geht man von dem vereinbarten Nettokaufpreis aus, so ergibt sich bei 20 % eine Höchstsumme von 278.000,00 Euro, nimmt man den Bruttopreis als Maßstab 322.480,000 Euro. Vorliegend hat der Kläger einen Schaden von 327.631,66 Euro geltend gemacht aufgrund eines Getriebeschadens nebst entgangenem Gewinn.

112 Der Sachverständige ... hat bei seiner Anhörung zu weiteren möglichen Schadensfällen ausgeführt, dass ein Getriebeschaden immer mal wieder vorkomme. Ähnlich wie bei einem Schaden in der Planetenstufe sei es dann durchaus erforderlich, das Getriebe oder das entsprechende Teil vollständig auszutauschen mit entsprechender Kostenfolge. Ein Austausch könne auch nicht vor Ort erfolgen. Damit sind die Kosten, die von dem Kläger als Ersatz beansprucht werden, nicht ungewöhnlich hoch, sondern stellen einen vertragstypischen, vorhersehbaren Schaden dar.

113 Dass insbesondere die Kosten für den Einbau des neuen Getriebes mit 191.657,25 Euro nicht ungewöhnlich hoch sind, zeigt sich auch daran, dass die Beklagte dem Kläger den Austausch des Getriebes zu einem Festpreis von 216.408,86 Euro (vgl. Angebot vom 22.03.2007, Anlage K 18) angeboten hatte.

114 Hinzuzurechnen ist neben Sachverständigenkosten auch ein entgangener Gewinn, der, wie sich aus der Anlage K 23 ergibt, monatlich variierend in Abhängigkeit von den Windverhältnissen zwischen rund 10.000,00 Euro bis zu 40.000,00 Euro liegen kann. Danach kann in windstarken Monaten im Frühjahr bereits bei einem Stillstand von 3 Monaten ein Schaden von bis zu 120.000,00 Euro entstehen, insgesamt, unter Berücksichtigung der Austauschkosten (hier: je nach Anbieter und Umfang rund 200.000,00 Euro) sowie von Begutachtungskosten (hier: rund 7.700,00 Euro), danach ein Schaden von mehr als 20 % des Vertragspreises.

115 Darüber hinaus hat der Sachverständige dargelegt, dass auch noch weitaus schlimmere Schadensszenarien denkbar sind, wie beispielsweise das Umfallen der gesamten Anlage oder ein Abbrennen oder Herabfallen von Rotorblättern.

116 Angesichts dieser vertragstypischen, vorhersehbaren Schäden ist die Höchstsumme von 20 % des Vertragspreises unabhängig davon, ob von einem Netto- oder einem Bruttopreis auszugehen ist, nicht ausreichend bemessen.“

Das OLG Hamm urteilt in seinem Urteil vom 09.12.2004 – 21 U 58/04, dass eine summenmäßige Haftungsbeschränkung auf 5 Mio. DM im Rahmen eines Bewachungsvertrages (Bewachungsfall) nicht den vertragstypischen, vorhersehbaren Schaden abdecke, nachdem nach einem Einbruch ein Brand zur Vertuschung des Einbruchs gelegt und ein Schaden von mehr als 9 Mio. DM verursacht wurde:

„IV. Die Beklagte kann aus der Regelung in Nr. 6 des Bewachungsvertrages vom 18./24.09.1996 auch keine Haftungsbeschränkung auf die Höhe der von ihr über 5 Millionen DM abgeschlossenen Haftpflichtversicherung herleiten. In der Klausel heißt es wie folgt:

„Der Auftragnehmer haftet entsprechend der gesetzlichen Regelung, wenn ein Schaden auf einer grob fahrlässigen Vertragsverletzung des Auftragnehmers oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vertragsverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Auftragnehmers beruht oder wenn der Schaden darauf beruht, daß gerade eine vom Auftragnehmer erteilte Zusicherung nicht eingehalten worden ist.

Beruht der Schaden nicht darauf, daß eine Zusicherung des Auftragnehmers nicht eingehalten wurde oder beruht der Schaden auf einfacher Fahrlässigkeit des Auftragnehmers oder eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Auftragnehmers, so haftet der Auftragnehmer nur im Rahmen der gemäß § 34a Absatz 2 GewO in Verbindung mit der Verordnung über das Bewachungsgewerbe vom 22.11.1963 in der jeweils gültigen Fassung abgeschlossenen Haftpflichtversicherung.

Der Höhe nach ist die Haftung begrenzt gemäß beiliegender Deckungsbestätigung.“

Auf Grund der bereits dargelegten Umstände ist den Wachmännern zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, so daß die Haftungsbeschränkung schon ihrem Wortlaut nach nicht einschlägig ist. Wegen des während der Nacht auftretenden Lichtscheins und der Auskunft des X2 über eine nicht erfolgte Scharfschaltung waren die ergriffenen Maßnahmen offensichtlich unzureichend.

Im übrigen kann – wie die Kammer bereits zu Recht ausgeführt hat – die Haftung auch für einfache Fahrlässigkeit im Falle der Verletzung von Kardinalpflichten, die hier in Rede stehen, summenmäßig nur auf einen Betrag begrenzt werden, der die vertragstypischen, vorhersehbaren Schäden abdeckt (BGH NJW 1993, NJW Jahr 1993 Seite 335, NJW Jahr 1993 336; siehe auch BGH NJW 1999, NJW Jahr 1999 Seite 1031, NJW Jahr 1999 1032). Die Begrenzung auf 5 Millionen DM war, wie sich hier zeigt, nicht geeignet, vorhersehbare Schäden auszugleichen. Selbst wenn die Halle wegen des anstehenden Weihnachtsgeschäftes besonders gefüllt war, ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte mit einer solchen Auslastung nicht zu rechnen braucht. Im übrigen lag der Schaden allein hinsichtlich der Monitore bei 9.215.000,00 DM. Von dem insoweit bestehenden Risiko war nur gut die Hälfte abgedeckt, so daß die Haftungshöchstgrenze auch bei einer deutlich weniger ausgelasteten Halle nicht gereicht hätte.“

Auch sind Klauseln, welche den Umfang der Haftungsbeschränkung „soweit gesetzlich zulässig“ ausdehnen möchten, gemäß ständiger Rechtsprechung – auch im B2B-Bereich – wegen Verstoß gegen das Transparenzgebot unzulässig359.

Das LG Berlin stuft in einem B2B-Fall, in welchem ebenfalls ein Flugzeug infolge Beschädigung durch das Bodenpersonal einen Mietausfallschaden von 181.300 EUR erlitten hat, die verwendete Haftungsfreizeichnungsklausel wegen Vertragszweckgefährdung als unzulässig ein360:

„17 Nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Ziff. 2 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen; dies ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (BGH, Urteil vom 11. Juni 2003 – IV ZR 158/02 –, BGHZ 155, 132–141, Rn. 18). Eine formularmäßige Freizeichnung darf vertragswesentliche Rechtspositionen des Vertragspartners des Klauselverwenders nicht aushöhlen, weil sie ihm solche Rechte wegnimmt oder einschränkt, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck gerade zu gewähren hat. Die Haftungsbeschränkung darf nicht dazu führen, dass der Klauselverwender von Verpflichtungen befreit wird, deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Vertragspartner regelmäßig vertraut und vertrauen darf (BGH, Urteil vom 15. September 2005 – I ZR 58/03 –, Rn. 38, juris, BGH NJW 1993, 335; BGH NJW-RR 1998, 1426; BGH NJW 1985, 3016). Dabei ist eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Klauselverwenders nicht ohne weiteres schon dann anzunehmen, wenn wesentliche Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, eingeschränkt werden; es muss vielmehr hinzukommen, dass dadurch die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wird (BGH NJW 1990, 764). Das in dieser Regelung zum Ausdruck kommende Verbot der Aushöhlung wesentlicher Vertragspflichten und -rechte besagt, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen dem Vertragspartner nicht solche Rechtspositionen nehmen oder einschränken dürfen, die ihm der Vertrag nach seinem Inhalt und Zweck zu gewähren hat. Das ist hier der Fall bezüglich der unmittelbaren aus der Verletzung folgenden Schäden. Zu den Pflichten aus dem Abfertigungsvertrag gehört die Wahrung der Rechtsgüter der Fluggesellschaft. Die Verpflichtung, bei der Entladung das Flugzeug nicht zu beschädigen ist eine Kardinalspflicht im Sinne der oben skizzierten Rechtsprechung des BGH (vgl. OLG Frankfurt Urteil vom 25.5.1998, 5 U 25/97). Denn die Verwertbarkeit der von der Beklagten erbrachten Bodendienstleistungen hängt vor allem davon ab, dass das Flugzeug unbeschädigt bleibt. Dass die Flugzeuge der Klägerin bei der Bodenabfertigung nicht beschädigt werden, stellt eine zentrale vertragstypische Erwartung dar, deren Erfüllung von als zur Erreichung des Vertragszwecks wesentlicher Bedeutung angesehen werden muss. Eine Haftungsbeschränkung, die es der Beklagten gestatten würde, hierbei bis zur Grenze grober Fahrlässigkeit nachlässig zu sein, würde dazu in Widerspruch geraten (OLG Frankfurt a.a.O.).

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