Читать книгу: «Rechtliche Grenzen vertraglicher Haftungsausschlüsse und -begrenzungen in B2B-Exportverträgen», страница 11

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18 Soweit Schäden am Flugzeug selbst betroffen sind, trägt Art. 8.5 dem Rechnung. Bezüglich der Haftung für den Mietausfall als unmittelbarer Folgeschaden kann nichts anderes gelten (vgl. KG in NJW-RR 1991, 698). Die Bewertung eines Haftungsausschlusses als unangemessene Benachteiligung umfasst auch jedenfalls solche Folgeschäden, die vorhersehbar und typisch sind. Insoweit ist ein Grund für die unterschiedliche Behandlung von unmittelbaren und Folgeschäden nicht ersichtlich (BGH, Urteil vom 30. November 2004 – X ZR 133/03 –, Rn. 29, juris zu dem durch die Reparatur entstandenen Nutzungsausfall eines PKW).

19 Dieses Ergebnis ist auch interessengerecht, denn die Beklagte ist – anders als die Klägerin – nach Anlage 3 zu § 8 der Verordnung über Bodenabfertigungsdienste auf Flughäfen (BADV) verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen und regelmäßig nachzuweisen, die ihre Haftung auf Schadensersatz wegen solcher Schäden deckt, die sie in Ausführung der Dienstleistung einem anderen zufügt. Dazu gehört selbstverständlich auch die Versicherung von unmittelbaren Folgeschäden, denn diese sind nach deutschem Recht grundsätzlich nicht anders zu behandeln als Schäden an der Sache selbst. Es kommt bei der Frage der Angemessenheit einer Haftungsfreizeichnung zwar grundsätzlich nicht auf die Versicherbarkeit an; das Preisargument kann aber Einfluss auf die Angemessenheit einer Haftungsfreizeichnung nehmen, je nachdem wer das Risiko in wirtschaftlicher Hinsicht tatsächlich trägt (vgl. BGHZ 103, 316; 138; 118).

20 Bezüglich der Schadenshöhe hat die Klägerin inzwischen nachgewiesen, dass ihr in der Zeit der Reparatur vom 3. bis 12.6.2013 Mieteinnahmen in geltend gemachter Höhe entgangen sind. In Anlage K 12 bestätigt die A. ..., dass im oben genannten Zeitraum das Flugzeug für etwas mehr als 74 Blockstunden hätte eingesetzt werden müssen, was sich mit dem als Anlage K 13 vorgelegten Flugplan deckt. Der Mietpreis von 2.450,- € pro Blockstunde ergibt sich ebenfalls aus Anlage K 12 und aus dem als Anlage K 22 vorgelegten Mietvertrag („W. L. A.“). Die Berechnung des Schadens trifft zu und aus den Rechnungen K 21 geht hervor, dass das Flugzeug vor und nach dem Schadensfall der Air Berlin gegen das vereinbarte Entgelt zur Verfügung gestellt wurde. Dass sich der Mietvertrag auch auf die Stellung einer Crew bezieht, lässt den Schaden nicht entfallen. Für die Klägerin als Vermieterin bestand keine Verpflichtung, selbst ein anderes Flugzeug anzumieten und mit ihrer eigenen Crew auszustatten. Die Klägerin war lediglich die Vermieterin und ihr sind wegen der Beschädigung des Flugzeuges die Mieteinnahmen entgangen, die sie ohne die verletzende Handlung bekommen hätte. Eine Schadensminderungspflicht hätte sich damit allenfalls auf die Dauer der Reparatur bezogen. Sie war während der Dauer der Reparatur außer Stande, ihrerseits den Mietvertrag mit ihrer Vertragspartnerin zu erfüllen und hatte keine Handhabe, der Mieterin vorzuschreiben, wo und auf welche Weise diese sich Ersatz beschafft.“

Hinsichtlich der Vorgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass in Bezug auf vertragswesentliche Pflichten nur eingeschränkte Haftungsausschlüsse und – beschränkungen zulässig sind, lässt sich festhalten: Auch im B2B-Industrieanlagengeschäft ist die Haftung für „irgendwelche Schäden, insbes. wegen Folgeschäden wie Produktionsausfall, Nutzungsausfall und entgangenen Gewinn“ (selbst bei expliziter Nichtanwendbarkeit „in Fällen des Vorsatzes, der groben Fahrlässigkeit oder des Fehlens zugesicherter Eigenschaften“) wegen Verstoß gegen diese Regelung als unwirksam anzusehen (BGH, Urt. v. 14.11.2000 – X ZR 211/98, Rn. 11). Diese Linie vertritt so auch zum Beispiel das OLG Köln, Urt. v. 21.03.1997 – 19 U 215/96 (abgedruckt in CR 1997, S. 736ff. (738)), hinsichtlich eines gewerblichen Hardware- & Softwarebeschaffungsvertrages samt Wartungsvertrag.

Zum Ausschluss der Haftung für indirekte Schäden führt das LG Frankfurt a.M. in seinem Urteil vom 21.07.2006 – 2-19 O 349/05 im B2B-Bereich aus, dass die verwendete Formulierung „indirekte Schäden“ zumindest unklar i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist und eine unangemessene Beteiligung darstelle und somit unwirksam ist. Dort heißt es unter Randnummer 25:

„Es ist nicht ersichtlich, um welche Schäden es sich bei den in dieser Klausel als „indirekte Schäden“ bezeichneten Schäden handeln sollte. Eine entsprechende Definition ist in den Beförderungsbedingungen der Beklagten nicht enthalten. Auch lässt sich die entsprechende Definition nicht aus dem Kontext der Regelung ersehen.“

Ebenfalls interessant ist ein Urteil des OLG Düsseldorf361, in dem es im B2B-Bereich konkret um Schadensersatz für Nutzungsausfall eines Schiffes unter Vereinbarung eines vertraglichen Haftungsausschlusses ging. Der dort zum Streit stehende Schiffsausbauvertrag beinhaltet folgende Klausel: „Käufer kann den Verkäufer nicht haftbar halten für Schäden aufgrund normalen Verschleiß, Folgeschäden und Ausfallzeiten. Solche Schäden sind vom Käufer selbst zu versichern, mit Ausschluss einer Regressforderung an den Verkäufer. [...]“362. In der Urteilsbegründung, welche das Vorliegen von AGBs bestätigt und die Haftungsklausel für unwirksam erklärt, heißt es:

„43 bb) Art. 10 IV des Vertrages ist jedenfalls gemäß § 305c II BGB, der hier trotz § 310 I 1 BGB anwendbar ist (vgl. Schmidt, in: Bamberger/Roth, BeckOK-BGB, Stand 1. August 2014, § 305c Rn. 41), unwirksam, weil die Regelung – auch nach einer möglichen Auslegung – unklar bleibt, was nach der vorgenannten Vorschrift zulasten des Verwenders zu gehen hat.

44 Voraussetzung ist danach nicht nur, dass Streit über die Auslegung einer Klausel besteht, sondern dass auch nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1990, VIII ZR 288/89, NJW 1990 3016, 3017). Weist die Klausel bei objektiver Auslegung einen einheitlichen Inhalt auf oder haben die Parteien sie übereinstimmend in einem bestimmten Sinn verstanden, ist für die Anwendung von § 305c II BGB kein Raum (vgl Grüneberg, a.a.O., § 305c Rn. 15 m.w.N.).

45 Bei Anwendung dieser Grundsätze bleiben hier nicht behebbare Zweifel, wie die Klausel in Art. 10 IV des Ausbauvertrages zu verstehen ist und ob sie auf die vorliegenden Fallkonstellation Anwendung findet.

46 Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2011, XI ZR 373/08, NJW-RR 2011, 1350, 1351; Grüneberg, a.a.O., § 305c Rn. 16). In Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendete Rechtsbegriffe sind in der Regel entsprechend ihrer juristischen Fachbedeutung zu verstehen, insbesondere, wenn sie erkennbar auf eine gesetzliche Regelung Bezug nehmen. Mithin ist, wenn die Klausel auf eine gesetzliche Regelung Bezug nimmt, auch für die Bestimmung des Klauselinhalts die allgemeine Gesetzesauslegung zugrunde zu legen (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2003, VIII ZR 135/02, BeckRS 2003, 04096; Grüneberg, a.a.O., § 305c Rn. 16).

47 Unter Berücksichtigung dieser Auslegungsgrundsätze bleibt offen, ob die Klausel auf den hier von der Klägerin auf Grundlage ihrer gesetzlichen Gewährleistungsrechte nach § 634 Nr. 4 BGB i.V.m. § 280 I BGB geltend gemachten entgangenen Gewinn/Nutzungsausfall Anwendung findet und ob sie den Ersatz eines solchen ausschließen sollte. Richtig ist zwar an der Argumentation der Beklagten, dass diese nach dem isolierten Wortlaut der Klausel nicht für Schäden aufgrund von Ausfallzeiten haften soll. Allerdings verweist die Klägerin zu Recht darauf, dass die Regelung auch in ihrem Kontext zu sehen ist. Danach sind ausweislich der Überschrift in Art. 10 nicht Umfang und Ausschluss von Gewährleistungsrechten, sondern „Garantien“ geregelt, wie sich auch zwanglos aus den übrigen Regelungen dieses Artikels ergibt. In jedem Absatz ist der Begriff der Garantie erwähnt. Eine Garantie ist jedoch nach deutschem Recht, das hier nach dem ausdrücklichen Willen der Verwenderin Anwendung finden sollte, ein anderes Recht als ein Gewährleistungsrecht. Während die Gewährleistungsrechte beim Vorliegen von Mängeln im Rahmen der jeweiligen Rechtsgebiete des besonderen Schuldrechts – hier bezogen auf das Werkvertragsrecht in den Vorschriften der §§ 633ff. BGB – geregelt sind, findet der Begriff der Garantie insbesondere im Rahmen von § 443 BGB Erwähnung. Danach handelt es sich um ein dem Käufer von dem Verkäufer bzw. – in entsprechender Anwendung im Werkvertragsrecht – um ein dem Auftraggeber von dem Unternehmer eingeräumtes zusätzliches Recht neben der gesetzlichen Gewährleistung. Sie soll die gesetzliche Mängelhaftung verstärken und ergänzen (vgl. Weidenkaff, in: Palandt, a.a.O., § 443 Rn. 1ff.). Da nach den oben ausgeführten Grundsätzen davon auszugehen ist, dass in Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendete juristische Fachbegriffe so wie vom Gesetz vorgesehen zu verstehen sind, darf und muss zugrunde gelegt werden, dass dies hier auch seitens der Beklagten so beabsichtigt war. Insoweit kann sie sich als vollkaufmännisch geführtes Unternehmen, das derartige Vertragsbedingungen für Geschäfte im Millionenbereich stellt, nicht darauf berufen, weder ihr noch der Gegenseite – die die Regelung im Übrigen auch so nicht verstanden hat – sei als Rechtslaien der rechtliche Unterschied zwischen Gewährleistungsrechten einerseits und Garantien andererseits bekannt gewesen, sie, die Beklagte, habe diesen Begriff als Synonym für den Begriff der Gewährleistung verwenden wollen. Dafür bestehen auch deshalb keine belastbaren Anhaltspunkte innerhalb des Vertragswerks, weil der gesamte Art. 10 nicht auf eine einzige Norm des Gewährleistungsrechts Bezug nimmt bzw. eine solche zitiert. Zudem können die dortigen Regelungen auch lediglich in Bezug auf Garantien durchaus Sinn machen. Wenn damit aber in Art. 10 seinem Wortlaut entsprechend Regelungen zu Garantien und nicht zur Gewährleistung haben getroffen werden sollen, liegt es nahe, dass dies auch in Art. 10 IV – selbst wenn hier ausdrücklich keiner der beiden Begriffe erwähnt wird – hat geschehen sollen.

48 Wenn man daher nicht schon mit der Klägerin davon ausgehen möchte, dass in Art. 10 ausschließlich Regelungen zu Garantien enthalten sind, ist dies zumindest eine mögliche – im Ergebnis sogar näher liegende – Auslegung, als diejenige, die die Beklagte im Hinblick auf den bloßen Wortlaut von Art. 10 IV vertritt. Insoweit bleiben zumindest nicht behebbare Zweifel, ob die Regelung im Sinne der Beklagten verstanden werden kann, was sodann zur Anwendung von § 305c II BGB und der Unwirksamkeit von Art. 10 IV des Ausbauvertrages führt.“

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH363 gilt:

„11 b) Allerdings sind die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB hier nicht unmittelbar anwendbar, weil es sich bei dem Kläger nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts um einen Unternehmer handelt. Auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, findet § 309 BGB keine Anwendung (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB). Solche Geschäftsbedingungen unterliegen jedoch der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB, und zwar auch insoweit, als dies zur Unwirksamkeit von Vertragsbestimmungen führt, die in § 309 BGB aufgeführt sind; dabei ist auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Bräuche angemessen Rücksicht zu nehmen (§ 310 Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese Bestimmung, die dem früheren § 24 AGBG entspricht, bedeutet, dass bei der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr die in den Klauselverboten zum Ausdruck kommenden Wertungen berücksichtigt werden sollen, soweit sie übertragbar sind (vgl. BGHZ 89, 363ff. und 90, 273ff. zu § 24 AGBG; Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 307 BGB Rdnr. 163, 381ff.; MünchKommBGB/Kieninger, 5. Aufl., § 307 Rdnr. 72; MünchKommBGB/ Basedow, 5. Aufl., § 310 Rdnr. 7ff.; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB (2004), § 444 Rdnr. 8; Staudinger/Coester-Waltjen, BGB (2006), § 309 Nr. 7 Rdnr. 42). Insoweit hat sich die Rechtslage durch die Neuregelung in §§ 307ff. BGB nicht geändert.

12 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 11 AGBG (jetzt § 309 BGB) kommt den strikten Klauselverboten im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) Indizwirkung für die Unwirksamkeit der Klausel auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr zu (BGHZ 90, 273, 278; BGHZ 103, 316, 328). Daran hält der Senat fest. Fällt eine Klausel bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern unter eine Verbotsnorm des § 309 BGB, so ist dies ein Indiz dafür, dass sie auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, es sei denn, sie kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden (vgl. BGHZ 90, 273, 278, zu § 11 AGBG; MünchKommBGB/Kieninger, aaO, zu § 307 BGB).“

Verwiesen sei ebenfalls auf ein Urteil des OLG Karlsruhe (Urt. v. 12.01.2009 – 1 U 198/08) zur Unwirksamkeit einer Haftungsklausel im B2B-Bereich, welche auch bei leichter Fahrlässigkeit die Haftung für Personenschäden ausschließt und auch nach Berücksichtigung von § 310 I BGB keine andere Wertungsmöglichkeit sieht:

„3. Die Haftung der Bekl. ist nicht durch § 6 der AGB der Bekl. ausgeschlossen. Dort ist zwar ausgeführt, dass die Bekl. – und die von ihr Beauftragten – nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haften und dass keine Haftung für durch Kursteilnehmer mitgebrachte Gegenstände besteht. Diese Klausel hält aber einer Überprüfung nicht stand, da durch sie die Haftung für Personenschäden (Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit) auch bei leichter Fahrlässigkeit ausgeschlossen wird. Ein solcher Ausschluss ist auch bei vertraglichen Beziehungen zwischen Unternehmern grundsätzlich unwirksam. Zwar ist § 309 Nr. 7 lit. a BGB, wonach ein Haftungsausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen, unwirksam ist, im vorliegenden Fall nicht direkt anwendbar, da die AGB der Bekl. gegenüber einem Unternehmer, nämlich der Kl., verwandt wurden (§ 310 I BGB). Die Verbotsnorm des § 309 BGB ist aber ein Indiz dafür, dass sie auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, es sei denn, sie kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden (BGH, NJW 2007, 3774).

Eine solche ausnahmsweise vorliegende Angemessenheit hat das LG zu Recht verneint und vermag auch die Berufung nicht aufzuzeigen.

Das absolute Haftungsfreizeichnungsverbot in allgemeinen Geschäftsbedingungen für Verletzungen des Lebens, des Körpers und der Gesundheit gilt nach einhelliger Auffassung auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr und führt deshalb zur Unwirksamkeit einer dagegen verstoßenden Klausel nach § 307 I und II BGB. Die Rechtfertigung dafür liegt darin, dass hinsichtlich des von § 309 Nr. 7 lit. a BGB bezweckten Schutzes besonders wichtiger persönlicher Rechtsgüter kein Raum ist für eine Differenzierung zwischen Unternehmern und Verbrauchern (BGH, NJW 2007, 3774).“

Das LG Mainz prüft in seinem Urteil vom 30.10.2014 – 2 O 71/13 im Rahmen eines Streits um Fälligkeiten im Rahmen mehrerer Groß-Bauvorhaben das angebliche Vorliegen eines Handelsbrauchs im Rahmen der AGB-Kontrolle wie folgt:

„Die hier streitgegenständliche Klausel ist auch nicht deshalb als wirksam anzusehen, weil sie von den jeweiligen Auftragnehmern über Jahre hinweg nicht beanstandet worden ist. Zwar ist gemäß § 310 Abs. 1 Satz 2 (2. HS) BGB im – hier vorliegenden – Fall der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Unternehmern bei der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB gerade auch auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen. Einen hier maßgeblichen Handelsbrauch in diesem Sinne vermag die Kammer indes nicht festzustellen.

Der diesbezügliche Vortrag der Beklagten reicht für die Begründung eines Handelsbrauchs nämlich nicht aus. Ein Handelsbrauch setzt eine verpflichtende Regel voraus, die auf einer gleichmäßigen, einheitlichen und freiwilligen Übung der beteiligten Kreise für vergleichbare Geschäftsvorfälle über einen angemessenen Zeitraum hinweg beruht und der eine einheitliche Auffassung der Beteiligten zugrunde liegt (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 6 U 194/10 –, juris, Rdnr. 75, m.w.N.). Ein maßgebendes Kriterium ist also die Freiwilligkeit. Nicht ausreichend sind daher Allgemeine Geschäftsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen stellt und die bei wirksamer Unterwerfung als Vertragsbedingung gelten (vgl. OLG Hamburg, a.a.O., m.w.N.). Dass die meisten Beteiligten eine Frage ausdrücklich regeln, schließt die Annahme eines Handelsbrauchs zwar nicht aus (vgl. OLG Hamburg, a.a.O., m.w.N.). Es können auch einzelne AGB-Klauseln zu einem Handelsbrauch werden, aber nur wenn sie auch ohne besondere Vereinbarung oder Empfehlung freiwillig [xxx] werden (vgl. OLG Hamburg, a.a.O., m.w.N.). Die Behauptungslast für einen Handelsbrauch trägt derjenige, der sich darauf beruft, hier also die Beklagte. Dabei muss der Vortrag auch ausreichend substantiiert sein (vgl. OLG Hamburg, a.a.O., m.w.N.). Der Sachvortrag der Beklagten beschränkt sich insoweit aber darauf, dass die streitgegenständliche Klausel von ihren – der Beklagten – Auftragnehmern über Jahre hinweg nicht beanstandet worden seien. Das reicht indes nicht aus. Insbesondere fehlt jeder tatsächliche Vortrag zu einem freiwilligen Brauch, dem auch ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarungen – in Gestalt der vorliegenden Klausel – gefolgt wird (vgl. insoweit auch OLG Hamburg, a.a.O.).

Auch der Umstand, dass die mit einer aufgrund der hier in Rede stehenden Klausel verlängerten Prüffrist verbundenen Vorfinanzierungskosten von der Klägerin und anderen potentiellen Auftragnehmern im Rahmen ihrer Angebotserstellung „eingepreist“ werden können, lässt die Unangemessenheit der streitgegenständlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht entfallen. Dieses „Preisargument“ ist im Rahmen der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nämlich grundsätzlich nicht statthaft (vgl. BGH, NJW-RR 2008, 818, 820).

Die Bestimmung des angemessenen Preises hat regelmäßig nicht durch die Gerichte, sondern durch die am relevanten Markt herrschende Angebots- und Nachfragesituation zu erfolgen (vgl. BGH, a.a.O.). Behandelte man eine Klausel als wirksam, weil anderenfalls die Möglichkeit bestünde, dass der Verwender statt des vereinbarten Preises künftig einen höheren Preis verlangen würde, wäre den Verwendern mit dem Preisargument eine pauschale Rechtfertigung aller belastenden Klauseln an die Hand gegeben (vgl. BGH, a.a.O.). Die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen liefe leer (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.). Die Folge wäre ein „Konditionenwettbewerb“ verschiedener AGB- Verwender „nach unten“, denn der Wettbewerb um Kunden erfolgt hauptsächlich über den Preis, nicht über die Qualität von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.). Zudem ist es regelmäßig fraglich und gerichtlich nicht nachvollziehbar, ob mit der Verwendung nicht benachteiligender Klauseln eine Preissteigerung eintritt, die am Markt auch tatsächlich durchsetzbar ist (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.).

Das „Preisargument“ kann im Rahmen der Angemessenheitsprüfung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB deshalb lediglich bei Hinzutreten besonderer Umstände Berücksichtigung finden (vgl. BGH, a.a.O.). Diese können zum Beispiel vorliegen bei der Abwälzung regelmäßig unkalkulierbar entstehender Kosten auf den Kunden (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.), wenn einer geringwertigen Hauptleistung ein sich selten verwirklichendes, aber gewichtiges Schadensrisiko gegenübersteht (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.) oder wenn der Verwender seinem Kunden eine Tarifwahl zwischen mehreren Vertragsmodellen eröffnet, in denen eine unterschiedliche Risikotragung mit einer entsprechenden Preisgestaltung verknüpft ist (vgl. BGH, a.a.O., m.w.N.). Entsprechende Anhaltspunkte sind hier indes nicht ersichtlich.“

Ebenfalls zu einer unzulässigen Berufung auf das angebliche Vorliegen eines Handelsbrauchs im Rahmen eines Streits zwischen einem Baustoffhändler und einem Einkaufsverbund um den sofortigen Entfall von Sonderkonditionen bei Ausspruch einer Kündigung (welcher als unangemessene Benachteiligung eingestuft wurde) führt das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 31.01.2012 – I-24 U 122/11 aus:

„Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vorneherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Die Anwendung dieses Maßstabs setzt eine Ermittlung und Abwägung der wechselseitigen Interessen voraus. Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch höherrangige oder zumindest gleichwertige Interessen des AGB-Verwenders gerechtfertigt ist (BGH NJW 2010, 2942ff.; 2010ff.; NJW 2005, 1774 (1775); NJW-RR 2008, 818, jeweils m.w.N.). Hierfür ist indes nichts ersichtlich.

Die Beklagte trägt zur Rechtfertigung ihrer Klausel, nach der bereits mit Ausspruch der Kündigung der Anspruch auf Auszahlung der nach diesem Zeitpunkt erwirtschafteten Umsätze entfällt, vor, eine Kündigung führe zur Schwächung des Einkaufsverbundes und es sei nicht möglich, dem Lieferanten danach mit „voller Stärke“ entgegen zu treten. Diese Überlegung ist allerdings nicht zutreffend; denn der bloße Ausspruch der Kündigung führt diese Folgen noch nicht herbei. Sie treten vielmehr erst mit dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung ein, weil erst dann das Mitglied ausscheidet und keine umsatzrelevanten Einkäufe mehr tätigt. Bis zu seinem Ausscheiden mit Wirksamwerden der Kündigung ist das Mitglied hingegen verpflichtet, sich der Leistungen der Beklagten zu bedienen und über sie seine Einkäufe zu tätigen. Nach Ziffer 2. c) „Treueverpflichtung“ der Beitrittsvereinbarung vom 27. Juli 1986 wird nämlich auf die „Dauer der Abmachung“ und nicht auf den Zeitpunkt der Kündigungserklärung abgestellt. Das Mitglied ist somit bis zum Wirksamwerden der Kündigung in seiner Vertragsfreiheit eingeschränkt und damit einhergehend den mit der Beklagten getroffenen Vereinbarungen bindend unterworfen. Obwohl es in dieser Zeit zu den Umsätzen beiträgt und beitragen muss und dadurch die Einkaufsgemeinschaft stärkt, ist es im Gegenzug von den Vorteilen abgeschnitten. Dieser Nachteil kann im Hinblick auf die Dauer der Kündigungsfrist und die Verlängerungsklausel in Ziffer 2 a) der Erklärung bis zu zweieinhalb Jahren andauern. Die damit verbundenen erheblichen Verluste für das Mitglied können es von einer vertragsgemäßen Kündigung abhalten.

Soweit die Beklagte meint, bereits mit dem Ausspruch der Kündigung sei ihre Position geschwächt, ist dies nicht nachvollziehbar. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass sie bereits die Kündigungserklärung eines Mitglieds den anderen Mitgliedern offen legen muss und diese somit überhaupt erkennen können, dass sich die Mitgliederzahl der Beklagten demnächst mit Wirksamwerden der Kündigung reduzieren wird. Zu Tage treten kann dies vielmehr erst mittelbar mit dem Wirksamwerden der Kündigung über reduzierte Umsätze, aber nicht schon vorher mit dem Ausspruch der Kündigung.

Aus dieser zwischen den Parteien unstreitigen Sachlage versucht die Beklagte herzuleiten, bereits mit dem Ausspruch der Kündigung liege ein Treuebruch vor, der den Wegfall des Bonusanspruchs rechtfertige. Denn mit der erklärten Kündigungserklärung eines Mitglieds falle gleichzeitig der Anreiz weg, sich am Einkaufsverband zu beteiligen und über diesen Umsätze zu tätigen. Auch diese Argumentation greift jedoch zu kurz. Allein der Wegfall eines Anreizes und der Umstand, dass sich das Mitglied bis zur Vertragsbeendigung nach anderen Geschäftspartnern umsehen kann, mit denen es in der Folgezeit kontrahieren will, rechtfertigen nicht den Wegfall des Bonusanspruchs. Reduzieren sich die Umsätze aufgrund der geschilderten Sachlage, so reduziert sich auch der Bonus, da geringere Umsätze getätigt werden.

Es verbleibt deshalb nur die Schlussfolgerung, dass diese Klausel einen rein pönalen Charakter hat und insoweit auch mit einer Vertragsstrafe zu vergleichen ist. Auch wenn die in § 309 Nr. 6 BGB gezogene gesetzgeberische Wertung, nach der Vertragsstrafen in der Regel eine unangemessene Benachteiligung darstellen, nicht ohne weiteres auf den Verkehr mit Unternehmern angewendet werden kann (vgl. hierzu Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 309 Rn. 38 m.w.N.), so ist die streitgegenständliche Klausel gleichwohl nach § 307 BGB als unwirksam zu erachten. Aus den bereits oben genannten Gründen ist eine sachliche Rechtfertigung für die einseitige Begünstigung des Verwenders nicht zu erkennen, zumal die in dem Zeitraum zwischen Erklärung der Kündigung und deren Wirksamwerden verdienten Boni bei ihm verbleiben. Hierauf hat die Klägerin zutreffend hingewiesen. Zudem unterscheidet die Klausel auch nicht danach, von wem und aus welchen Gründen die Kündigung ausgesprochen wird. Sie würde deshalb auch für solche Fälle Geltung beanspruchen, in denen die Beklagte als Verwenderin eine Kündigung ausspricht bzw. in denen das Mitglied sich – unter Umständen auch aus Anlass eines vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten – von dem Vertrag lösen wollte, ohne dass ein Verschulden des Mitglieds vorläge (vgl. § 628 BGB).

c. Soweit die Beklagte die Bonuszahlungen im Sinne einer Gratifikation als „Treueanreiz“ versteht und meint, dass dieser mit der Kündigung bereits nicht mehr „verdient“ sei, ändert auch dies nichts an der Unangemessenheit der Klausel. Entgegen ihrem Verständnis handelt es sich nämlich hierbei nicht um eine Gratifikation im Sinne einer freiwilligen, allein in ihrem Ermessen stehenden Zahlung, wie dies beispielsweise in Arbeitsverträgen bei Weihnachtsgratifikationen ausgestaltet sein kann. Abgesehen davon, dass auch derartige Regelungen der Kontrolle der Gerichte nach §§ 305ff. BGB nicht entzogen sind (vgl. hierzu auch BAG NZA 2009, 1105ff.), handelt es sich hierbei um einen völlig anderen Sachverhalt. Denn die einem Arbeitnehmer gewährte Gratifikation wird von diesem nicht im Rahmen einer Provision verdient, wie dies hier durch die von der Klägerin getätigten Umsätze der Fall ist. Es bedarf schon deshalb keiner weiteren Vertiefung, dass auch die zugrunde liegenden Vertragsverhältnisse erhebliche Unterschiede aufweisen.

Auch der Umstand, dass das Mitglied bis zum Wirksamwerden der Kündigung jedenfalls noch über die Beklagte (vergünstigt) einkaufen und den Abrechnungsservice des Verbandes in Anspruch nehmen kann, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Die vergünstigten Einkäufe lassen sich ohne weiteres mit dem dadurch erhöhten Umsatzvolumen und damit einhergehenden Rabattierungen rechtfertigen. Der Beklagten entstehen dadurch keine finanziellen Nachteile, da sie lediglich einen durch ihre Mitglieder erwirtschafteten Vorteil weiter gibt. Welche Vorteile der Abrechnungsservice haben soll, wird von der Beklagten nicht näher erläutert. Demgegenüber zeigt die Höhe des hier zur Zahlung verlangten Bonusvolumens von mehr als EUR 38.000,--, das in einem Zeitraum von nicht einmal sieben Monaten erzielt wurde, dass es sich um nicht unerhebliche Beträge handelt, die dem Mitglied allein wegen einer erklärten Kündigung nach dem Willen der Beklagten vorenthalten werden sollen.

Soweit sich die Beklagte auf einen Handelsbrauch beruft, bleibt sie jedes substantiierte Vorbringen dazu schuldig. Weder legt sie entsprechende Verträge von „Konkurrenzeinkaufsverbänden“ vor, noch spezifiziert sie ihr Vorbringen anderweitig. Unklar ist schon, welchen Wortlaut die Klauseln überhaupt haben sollen und ob sie so umfassend sind wie die hier zu beurteilende. Zudem ist die Üblichkeit einer Klausel nur ein Kriterium bei der im Rahmen des § 307 BGB gebotenen Interessenabwägung. Zur Beurteilung bedarf es einer umfassenden Würdigung, die die Art des konkreten Vertrages, die typischen Interessen beider Parteien, die Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise und die die jeweilige Klausel begleitenden Regelungen einzubeziehen sind (vgl. BGH NJW 2010, 2791 – Tz. 26; OLG Hamburg, Urteil vom 13. Januar 2011, Az. 6 U 150/09, zitiert nach Juris; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 307 Rn. 12). Dies kann anhand des unvollständigen Vorbringens der Beklagten nicht beurteilt werden.

Soweit schließlich der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf die „Delkredere-Haftung“ und ihre besondere Bedeutung für ihre Mitglieder hingewiesen hat, kann es auf diese Besonderheiten nicht ankommen, weil die verschiedenen Umsatzarten für das K-Bonus-System addiert werden (vgl. Nr. 2. und 3. der Richtlinien – GA 9), mithin der Berechnung der Boni insgesamt zugrunde gelegt werden. Der bloße Ausspruch der Kündigung rechtfertigt deshalb auch unter diesem Aspekt nicht die der Klägerin durch die umstrittene Klausel auferlegten Nachteile.

d. Rechtsfolge der unangemessenen Klausel ist ihre Nichtigkeit, § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.“

Zuletzt sei bezüglich des Nichtvorliegens eines Handelsbrauchs auf ein Urteil des OLG München vom 09.03.2006 – U (K) 1996/03 verwiesen, dass einen Handelsbrauch im Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung trotz gutachterlich bestätigten Vorliegens einer mind. 70 %igen Üblichkeit verneint:

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