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LEVEL 3

Am Abend bereitet Neve den Unterricht für den nächsten Tag vor, als es an der Haustür klingelt. Überrascht, wer zu dieser späten Stunde bei ihr klingelt, steht sie vom Bürostuhl auf. Sie ist dankbar für diese kleine Ablenkung. In den letzten Stunden konnte sie sich eh nicht richtig auf das konzentrieren, was für sie alltäglich ist. Sie dachte dauerhaft über Sam nach und hatte ihr verweintes Gesicht vor Augen. Eigentlich müsste sie Sam, für das was sie getan hat, hassen. Aber aus unerfindlichen Gründen spürt sie, dass sie es nicht kann. Sie kann Sam nicht wütend sein und weiß nicht warum. Im Gegenteil, irgendwie hat sie Verständnis und Mitleid mit ihr.

Von ihren verworrenen Gedanken gefangen, öffnet Neve die Tür und verharrt in der Bewegung. Mit einem spöttischen Grinsen steht ihr Sam gegenüber.

»Woher weißt du wo ich wohne?«, faucht sie sofort. Sam reagiert nicht.

»Preston, hm?«, fragt sie stattdessen und blickt auf das Namensschild.

»Gefällt mir sowieso besser als Stewart«, stichelt sie Neve auf den falschen Nachnamen an. Es scheint, als ob die gewohnt rotzfreche Sam vor ihr steht und der Vorfall in der Schule heute Vormittag, nicht passiert wäre.

»Ich habe dich gefragt, woher du weißt wo ich wohne«, giftet Neve weiter. Sam schmunzelt.

»Ich bin ein Five Dog und habe überall meine Quellen. Es hat zwar, wegen deinem falschen Nachnamen, etwas länger gedauert als mir lieb war, aber ich kriege alles irgendwann heraus«, grinst sie bis zu den Ohren und schaut Neve erwartungsvoll an.

»Darf ich reinkommen?«

»Ich wüsste keinen Grund, weshalb ich dich rein bitten sollte«, schimpft Neve aufgebracht. Sie kann nicht glauben, dass es offensichtlich doch recht leicht ist, ihren Wohnsitz herauszubekommen. Hervorragend, diese Information brauchte sie jetzt auch noch.

»Ich wüsste da schon einen guten Grund. Du bist unsterblich in mich verliebt. Am liebsten würdest du mich jetzt an Ort und Stelle flachlegen, nur weil du es nicht mehr aushältst«, grinst Sam frech. Mit einem heftigen Schwung schlägt Neve ihr die Tür vor der Nase zu.

Kochend vor Wut und mit bebendem Herzen, steht Neve an der geschlossenen Tür. Sie kann nicht glauben was da eben abgelaufen ist. Dieses Miststück bildet sich verdammt viel auf sich ein. Aber wenn Neve ehrlich zu sich ist……

Vorsichtig schiebt sie eine Gardine zur Seite und sieht, dass Sam geschlagen in ihren Wagen einsteigt. Sie hat die geschlossene Tür als eindeutige Antwort verstanden und respektiert diese Entscheidung. In Neve verhärtet sich die Gewissheit, dass Sam, tief in ihrer Seele, nicht so ist, wie sie sich nach außen hin gibt.

Enttäuscht dreht Sam den Zündschlüssel, genießt wie immer das kraftvolle Grollen des Wagens und blickt noch einmal zur Haustür. Diese steht plötzlich weit offen. Das Licht des Hauses scheint über den kleinen Gehweg. Sam zieht erfreut eine Augenbraue hoch, stellt den Wagen aus und nimmt diese offenkundige Einladung an.

Leise betritt sie das Haus. Sie erwartet, Neve irgendwo zu sehen. Aber sie scheint vom Erdboden verschluckt worden zu sein. Vorsichtig schließt sie die Haustür.

»Du kannst einen Kaffee haben und dann verschwindest du wieder, verstanden?«, faucht Neve, als sie hinter sich hört, dass Sam die Küche betritt. Es kommt nur ein kurzes »Danke!« von ihr, dann wird es still im Raum. Neve tut sich schwer, so zu tun, als würde sie sich darauf konzentrieren, den Kaffee aufzusetzen.

»Darf ich ehrlich sein?«, fragt Sam zurückhaltend. Neve weiß nicht auf was das hinauslaufen soll, nickt aber dennoch.

»Du hast dein Haus zwar schön eingerichtet, aber wer diese Mauern gebaut hat, war entweder eine absolute Niete, oder high.« Mit fragendem Blick, dreht sich Neve zu Sam um. Unaufgefordert setzt sich Sam an den Küchentisch und zückt Stift und Papier.

Neve tritt näher an sie heran. Nach ein paar Sekunden sieht sie, wie Sam, flink aber unglaubliche präzise den Grundriss ihres gesamten Hauses auf dieses kleine Stück Papier zaubert. Sie schreibt in jedes gemalte Kästchen die Bezeichnungen der einzelnen Räume und blickt zu Neve hoch. Sie spürt ihren wütenden Blick im Nacken.

»Ich habe mir erlaubt, auf dem Weg hierher, ein Blick in jedes Zimmer zu werfen«, schmunzelt sie unsicher. Sie tippt auf einen Raum, der sich direkt neben der Haustür befindet. Dort steht Esszimmer.

»Ich verwette meinen Arsch, dass du diesen Raum schon lange nicht mehr betreten hast und der Esszimmertisch schon an Altersschwäche zusammenbricht, weil er nichts mehr zu tun hat.« Fragend blickt sie zu Neve hoch, die wegen dieser Aussage nur nicken kann. Das stimmt, aber woher…?

Sam tippt mit dem Bleistift auf das Kästchen der Küche und dann wieder auf das Esszimmer. Die beiden Kästchen wirken auf dem Blatt, als wenn beide Räume eine Ewigkeit voneinander entfernt wären.

»Ich hätte ehrlich gesagt auch keinen Bock, ständig das Geschirr einen halben Kilometer durch das Haus hin und herzutragen, nur um im Esszimmer zu essen. Deswegen hast du dir auch den Tisch hier reingestellt, richtig?« Erneut nickt Neve.

»Ich verwette auch ich meinen Arsch, dass du alle zwei Wochen die Wäsche vom Gästezimmer und Schlafzimmer wäschst, obwohl gerade im Gästezimmer nicht wirklich viel los ist, oder?« Ein weiteres nüchternes Nicken von Neve.

»Ehrlich gesagt, möchte ich auch nicht in den Gerüchen von Hühnchen und Steak schlafen müssen«, erklärt sich Sam und stupst mit dem Bleistift zwischen Gästezimmer, Schlafzimmer und Küche hin und her.

»Und wenn ich abends fernsehen will, habe ich keinen Bock darauf, das Gejohle von irgendwelchen Gästen zu hören, die unter der Dusche meinen, der nächste bestbezahlte Tenor zu werden.« Sie führt den Stift vom Badezimmer zum Wohnzimmer. Beide Räume liegen direkt nebeneinander. Sam blickt wieder zu Neve hoch und lehnt sich bequem in den Stuhl zurück. Stirnrunzelnd schaut Neve auf das Blatt und muss dieser pubertierenden Göre tatsächlich rechtgeben. Auf dem Blatt sieht es absolut chaotisch aus.

Sam greift nach dem Blatt, dreht es um und zeichnet die Grundmauern des Hauses nochmals auf.

»Ich hätte es stattdessen so gemacht.« Flink malt sie ein paar Striche auf das Papier und beginnt nebenbei alles zu erklären.

»Schlafzimmer und Gästezimmer an die Hausfront, weil dort die Sonne aufgeht, danach das Wohnzimmer. Das Esszimmer kannst du getrost unterteilen und auch noch ein Büro mit einsetzen. Von der Küche aus, würde ich ein großes Loch in die Wand zum Esszimmer reißen. Somit hättest du mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Du hast wegen dem fehlenden Tisch mehr Platz in der Küche und du brauchst das Geschirr nicht immer hin und herschleppen, weil du es durch das Loch reichst. Du kannst daraus auch noch einen schönen Tresen machen. Auf beiden Seiten je zwei Hocker und fertig. Das Bad kommt in den hinteren Teil des Hauses und alles ist tutti«, erklärt Sam ihre Vorstellung von dem Haus. Sie sieht ein ratloses Gesicht von Neve, die diesen Plan in ihrem Kopf durcharbeitet. Neve zeigt auf die Wand hinter Sam und schüttelt den Kopf.

»Da kann man kein Loch rein reißen, das…«.

»Keine Panik, das ist keine tragende Wand«, erklärt Sam kurz. Demonstrativ haut sie mit dem Ellenbogen gegen die Wand. Ein hohles Geräusch erklingt. Erstaunt schaut Neve Sam an.

»Wieso hast du so viel Ahnung davon?«, stellt sie eine berechtigte Frage. Sam schnappt sich das Stück Papier, quetscht es zu einem kleinen Ball zusammen und zuckt beiläufig mit den Schultern.

»Sagen wir es mal so, ich habe ein klein wenig Interesse an der Architektur. Aber dein Haus ist echt der schlimmste Albtraum den ich je gesehen habe«, grinst sie schelmisch. Erwartungsvoll blickt sie zur Kaffeemaschine.

»Darf ich mich bedienen?«, fragt sie vorsichtig. Neve antwortet lediglich mit einem Nicken.

Sam steht auf und öffnet mehrere Küchenschränke. Gleich darauf folgt ein kurzes Kichern.

»Wieso schreiben die Leute eigentlich immer Kaffee auf die Dose, wenn sie diejenigen sind, die den Inhalt dort eingefüllt haben?«

»Vielleicht, um solch neugierigen Menschen wie dir, die Suche zu erleichtern«, murmelt Neve. Sie faltet das Blatt Papier wieder auseinander und betrachtet die Zeichnungen genauer.

In die Zimmeraufteilung vertieft, erschrickt sie, als Sams Arm von hinten an ihr vorbeirauscht. Neve blickt in die Kaffetasse und dann zu Sam hoch.

»Woher weißt du…?« Sam unterbricht sie und zuckt mit den Schultern.

»Keine Ahnung, ich habe geraten, dass du ihn gerne schwarz trinkst«, murmelt sie in ihre Tasse hinein, trinkt einen Schluck und bleibt seitlich hinter Neve stehen.

»Darf ich?«, fragt sie kleinlaut.

»Was?« Sam zupft kurz an Neves Blusenkragen und deutet somit auf das Ergebnis von letzter Nacht hin. Neve dreht sich zu ihr um und grinst fies.

»Masochistisch veranlagt, wie?«, lacht sie schon fast krankhaft. Sam zuckt stumm mit den Schultern. Neve dreht sich wieder zu der Zeichnung um und murmelt »Wenn es dir danach besser geht.«

Zaghaft zieht Sam den Kragen etwas zurück und blickt auf den Rücken. Dieser ist im Schulterbereich tiefblau verfärbt. Die Umrisse der Kugeln, die dort auf ihren Körper prallten, sind erschreckend gut zu erkennen. Sam pustet laut aus und schluckt.

»Schmerzt es sehr?«, haucht sie beschämt. Achtlos nuschelt Neve ein »Ich bin hart im Nehmen!« und spürt, dass Sam den Kragen an die alte Position zurücklegt. Schweigend geht sie mit ihrem Kaffee zur Arbeitsplatte. Eine drückende Stille kehrt zwischen beide Frauen ein.

»Bist du direkt nach der Schule zur Polizei gegangen?«, fragt Sam plötzlich leise, worauf Neve nur mit einem Nicken reagiert. Sie scheint die Frage nicht wirklich zu überraschen.

»Ist es das was du willst? Ich meine, wofür du lebst und jeden Tag aufstehst?« Wieder nickt Neve, stellt die Tasse auf den Tisch und legt das Papier zur Seite.

»Und genau aus diesem Grund, solltest du jetzt besser gehen.« Anstatt zu fragen weshalb, sieht Neve, dass Sam ihren Kaffee mit einem Zug leert und die Tasse in das Spülbecken stellt. Neve verfolgt Sams Handlungen und muss plötzlich an ihren Chevy denken. Wie ordentlich und sauber der Wagen war, als sie kurz hineingeblickt hat. Und jetzt stellt Sam wie selbstverständlich die Tasse ins Spülbecken, nur um Ordnung zu halten. Welche unterschiedlichen Verhaltensweisen bei einem einzigen Menschen aufeinanderprallen, ist unglaublich.

Neve begleitet Sam zur Haustür. Sie dreht sich zu Neve um und schaut sie bittend und bettelnd an.

»Darf ich mir noch einen Kuss von dir klauen? Nur einen, ohne irgendwelche Hintergedanken, Hoffnungen oder Verpflichtungen. Ich werde meine dämlichen Sprüche auch sein lassen«, lächelt sie verschmitzt. Neve weiß nicht was sie dazu sagen soll.

Sie denkt auch nicht darüber nach, als sie Sam an die Hand nimmt, vorsichtig an sich zieht und für einen winzigen Augenblick verharrt. Neve überlegt für diesen kurzen Moment, ob diese Handlung wirklich richtig ist. Auch wenn es falsch wäre, küsst sie Sam zaghaft und zurückhaltend. In keinster Weise tauschen die beiden diesen intimen Moment stürmisch miteinander aus. Nichts wiederholt sich von dem, was sie vorletzte Nacht in dem Club veranstaltet haben. Es scheint, als wenn sie zwei schüchterne Teenager wären, die das erste Mal in ihrem Leben feststellen, wie wunderschön der Mund eines anderen Menschen sein kann.

Als Sam spürt, dass ausgerechnet dieser sanfte Kuss sie bis ins Mark erregt, reißt sie sich von Neve los. Hilflos und laut schnaufend, blickt sie verschämt durch die Nacht.

»'Tschuldigung!«, pustet sie schwer.

»Bis morgen, schlaf schön und danke.« Neve ist überrascht, dass Sam sich wirklich an ihre eigene Abmachung hält und sich sogar für den Kuss bedankt. Verdammt, muss sie denn unbedingt so jung und dann auch noch kriminell sein?

Sam dreht sich um und steuert auf ihren Wagen zu. Als Neve die Tür schließen will, klingelt plötzlich ein Handy. Wie auf Befehl bleibt Sam stehen, greift in die Hose, zieht ihr Handy heraus und meldet sich mit einem kurzen »Ja A.J.?« Neve sieht, wie Sam dem Gesprächspartner zuhört, nickt und dann auflegt. Sie blickt auf das Handy, senkt den Kopf und dreht sich zu Neve um.

»Ähm, Matt unser sogenannter Ober-Guru…,«. Bei dem Wort muss Neve kurz schmunzeln. Sam lächelt verschmitzt.

»war jetzt einige Tage nicht da und ist eben wiedergekommen. Er gibt eine Party.«

»Und?«, fragt Neve trocken.

»Ich gehe da jetzt hin und wollte dich fragen, ob du vielleicht mit möchtest.« Bei dieser Frage entgleiten Neve sämtliche Gesichtszüge.

»Du verarscht mich jetzt, oder? Ich bin Bulle und glaube, dass ich der letzte Mensch bin, der von euch an so einem Ort gesehen werden will.« Sam lächelt.

»Da hast du zwar recht, aber solange du nicht mit deiner Marke herum wedelst und an meiner Seite bleibst, wird dir nichts passieren. Ich bin Matts rechte Hand. Sollte jemand Zweifel an meiner Begleitung haben, greift diese Person indirekt auch ihn an und das wagt keiner.« Neve schmunzelt.

»Schön zu wissen, dass ausgerechnet du um meine Sicherheit besorgt bist!« Sam zuckt mit den Achseln und spielt nervös mit dem Handy.

»Ich möchte dir einfach zeigen, dass mein Leben nicht nur aus Striptease und Kriminalität besteht. Die Partys von Matt sind immer recht nett. Da sind Waffen und Drogen absolut verboten.«

»Ich bin zwar wahnsinnig neugierig auf dieses Spektakel, aber danke nein. Ich muss den Unterricht für morgen noch vorbereiten und habe somit keine Zeit«, wirft Neve Sams Einladung über Bord. Sam überlegt niederschlagen, schaut Neve dann aber mit funkelnden Augen an.

»Ich mache dir einen Vorschlag. Du kommst mit und schaust dir das für ein oder zwei Stunden an und ich helfe dir danach den Unterricht vorzubereiten. Du hast dann ja schließlich eine Intelligenzbestie dabei«, grinst sie frech. Neve überlegt kurz und blickt dann skeptisch an sich herunter.

»Ein unauffälligeres Outfit kannst du gar nicht tragen«, stichelt Sam. Neve trägt eine weiße Bluse und eine hellblaue Jeans, die an Oberschenkeln und Knien völlig zerrissen ist.

Mit einer flüchtigen Handbewegung, schaltet sie das Licht im Haus aus und folgt Sam zum Wagen. Als sie langsam die Auffahrt hinunterfahren, blickt Neve skeptisch zu ihr herüber.

»Wie kommt jemand wie du, eigentlich an so einen Wagen? Geklaut?« Sam grinst, belässt ihre Konzentration aber beim Straßenverkehr.

»Nein, der Wagen ist ehrlich bezahlt. Fast dreißigtausend Dollar.« Bei dieser Summe werden Neves Augen groß.

»Wie kommst du an so viel Geld? So viel verdiene ich, als Polizistin, noch nicht einmal in einem halben Jahr.«

»Tja, in der heutigen Gesellschaft ist es leider Tatsache, dass man mit Sex, Waffen und Drogen das meiste Geld macht. Da ich in allen dreien meine Finger drin habe, stellt sich das, als geringstes Problem für mich dar!«

Mehrere Kilometer fahren beide stillschweigend durch die Nacht, bis Neve Sam fragt, wie sie zu den Five Dogs gekommen ist.

»Ich glaube, ich bin mit zehn oder so aus dem besagten Heim abgehauen. Wenn man es genau nimmt, bin ich seit diesem Tag bei den Five Dogs. Matt, der damals selbst erst sechzehn oder siebzehn war, hat sich von Anfang an um mich gekümmert. Daher haben wir so ein gutes Verhältnis zueinander. Ich glaube, deswegen wurde ich auch so schnell von allen respektiert.«

»Nimmst du Drogen?« Sam fängt zu lachen an und schüttelt heftig den Kopf.

»Nein, niemals! Ich habe in meinem ganzen Leben nur ein einziges Mal dieses Zeug genommen und da bin ich so dermaßen abgestürzt, dass ich in der Nacht Sex mit einem Kerl hatte.« Auf einmal zuckt Sam und schüttelt sich.

»Das war so widerlich, dass ich mir geschworen habe, nie wieder Drogen anzufassen. Ich möchte einfach die Kontrolle über mich nicht verlieren.« Doch recht überrascht über diese konsequente Art, die Sam sich selbst auferlegt hat, blickt Neve zu ihr herüber. Trotz allem was sie über diese junge Frau weiß, ist und bleibt sie, in ihren Augen, kriminell.

»Du bist jetzt schon so lange bei den Five Dogs, wieso steigst du nicht einfach aus und lässt das alles hinter dir? Wieso machst du den ganzen Mist mit? Du weißt doch ganz genau, was Recht und was Unrecht ist.« Sam blickt aus dem Augenwinkel zu Neve und lächelt schelmisch.

»Genau aus dem Grund, habe ich dir vorhin in der Küche die Frage über deinen Job gestellt. Für dich ist die Polizei alles, für mich sind es die Five Dogs. Ich werde das mit Sicherheit nicht bis ins Rentenalter machen, aber es ist nun mal mein täglich Brot. Ich habe es mir selbst ausgesucht.«

Sam biegt in die Hyde Street ein, fährt am Dolphin Swim & Boat Club vorbei und hält dann vor einer großen Villa, die in dieser Nacht hell beleuchtet ist.

»Da wären wir«, trällert sie stolz und stellt den Wagen aus.

»Dann bin ich ja mal gespannt, was mich da erwartet«, murmelt Neve skeptisch.

Sam läuft um das Auto herum und greift nach Neves Hand. Selbstsicher hält sie diese fest.

»Sorry, ich will die Situation nicht ausnutzen, aber wenn es nach außen hin nicht aussieht, dass du eindeutig zu mir gehörst, lässt A.J. dich nicht rein. Glaube mir, an dem Kerl kommst du nicht so einfach vorbei«, klärt sie Neve auf.

»Das sind ja tolle Aussichten.«

Mit einem flüchtigen Lächeln, belässt Sam das Thema dabei. Voller Vorfreude, zieht sie Neve hinter sich her und betritt den Garten. Plötzlich steht beiden Frauen ein Hüne von Kerl gegenüber. Unauffällig schluckt Neve schwer und versucht sich die Angst, vor diesem farbigen Hulk, nicht anmerken zu lassen.

»Hey A.J.«, begrüßt Sam den Typen vertraut. Als sie mit Neve an ihm vorbei will, hält er plötzlich eine Hand vor Neve. Skeptisch schaut er sie von oben bis unten an, bis Sam an seine Seite tritt.

»Keine Panik, sie ist ok. Sie gehört zu mir.« A.J. blickt kurz zu ihr herüber, lässt dann aber seine Augen an Neve rauf und runter wandern.

»A.J.! Ich habe gesagt, dass sie zu mir gehört!« A.J. mustert Neve noch immer misstrauisch. Genervt greift ihm Sam ans Kinn und dreht sein Gesicht zu sich. In diesem Moment, spürt Neve diese kalte Brutalität, die diese junge Frau umgibt.

»Ich… habe… gesagt… dass sie zu mir gehört!! Hast du das endlich verstanden??«, faucht sie scharf.

»Sie stinkt!«, antwortet A.J. mit erschreckend tiefer Stimme. Er macht keinerlei Anstalten, sich aus Sams Griff zu lösen.

»Was meinst du?«

»Sie stinkt nach Bullen!« Sam fängt zu lachen an und schaut A.J. wütend an.

»Du tickst doch nicht mehr ganz richtig. Du glaubst doch wohl selbst nicht, dass ich einen Bullen mitbringe, oder? Lass dich mal wieder richtig verwöhnen, damit du endlich einen freien Kopf bekommst.« Flüchtig haut Sam diesem farbigen Hulk mitten ins Gesicht. Regungslos lässt er es sich gefallen.

»Also bisher hat mein Deo noch nie versagt«, flüstert Neve leise in Sams Ohr. Ein kurzes Lachen ertönt von ihr, als die beiden hinter dem Haus den Garten betreten. Dieser ist bis auf den letzten Platz mit Menschen gefüllt, die sich wie ein Bienenschwarm um einen Pool versammelt haben.

»Hey Sam, was für eine Perle hast du denn da mitgebracht?«, ruft plötzlich ein junger farbiger Mann aus dem Pool. Sam geht in Richtung des Mannes und zieht Neve hinter sich her. Flüchtig flüstert sie ihr »Matt!« zu und klärt sie somit auf, welchen Stand dieser Mann an diesem Ort hat.

Matt schwimmt an den Beckenrand. Sam kniet sich zu ihm herunter, schlägt in seine Hand ein und begrüßt ihn mit einem lockeren »Hey«.

»Na was ist? Hilf deinem alten Kumpel aus dem Wasser. Ich werde auch nicht jünger«, lacht Matt. Während Sam ihrem Boss dabei behilflich ist, aus dem Pool zu steigen, beobachtet Neve die Leute. Mit dem Blick einer Polizistin, mustert sie die Umgebung, bis ihr Blick an A.J. hängenbleibt. Er schaut sie noch immer skeptisch an.

»Schön, dass du wieder da bist«, freut sich Sam. Matt trocknet sich etwas ab, nimmt sie kurz in seine recht kräftigen Arme und macht eine fragende Kopfbewegung in Neves Richtung.

»Dein Schmuckstück?«. Sam blickt zu Neve und zuckt mit den Schultern.

»Ich würde deine Frage wahnsinnig gerne mit einem Ja beantworten, aber ich glaube, das lasse ich lieber. Ich weiß nämlich, dass Neve mich entweder verprügelt, oder mir gleich den Kopf abreißt.«

»Neve, hm?«, wiederholt Matt. Neve bereitet sich auf eine Begrüßung von ihm vor, aber es kommt nichts. Nur ein flüchtiger Blick.

»Neve und weiter?«, fragt er kühl.

»Stewart«, lügt sie und erwartet erneut eine zivilisierte Begrüßung. Aber auch jetzt passiert nichts. Nüchtern wandert Matt an beiden Frauen vorbei.

»Er könnte auch etwas freundlicher sein«, schimpft Neve.

»Was erwartest du? Wenn er sofort bei jedem freundlich ist, kann er sich gleich ein Strick nehmen«, kontert Sam.

Eine Stunde verbringen die beiden auf der Party. Sam weicht nicht eine Sekunde von Neves Seite und stellt sie allen Leuten vor, die ein Gespräch mit ihr beginnen. Neve beobachtet nach einiger Zeit, dass A.J. zu Matt geht und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Daraufhin blickt Matt zu ihr.

Trotz dieser kriminellen Menschenmenge, steigt mit der Zeit mehr und mehr das Gefühl in Neve auf, dass sie sich auf ungewöhnliche Weise in dieser Runde sicher fühlt. Sie spürt, dass alle eine Art der Zusammengehörigkeit ausstrahlen. Es fühlt sich erstaunlich angenehm an. Auf einmal weiß Neve, warum sich Sam hier so wohl fühlt. Auch wenn es eine der gefährlichsten Gangs in San Francisco ist, haben die Gäste an diesem Abend, einfach nur Spaß und lassen ihrer Stimmung freien Lauf.

Als sich einige der Leute zu einer großen Traube sammeln, ahnt Neve, was nun folgt. Wie vor ein paar Tagen, tanzen die jungen Leute in der Mitte einer Traube zur laufenden Musik und werden von allen anderen klatschend begleitet.

Glücklich und wie ein Sonnenstrahl scheinend, beobachtet Sam das tanzende Spektakel. Neve behält ihre Aufmerksamkeit einige Zeit bei der jungen Frau, bis sie Matt auf der anderen Seite der Traube ausmachen kann. Auch er beobachtet die Tänzer, spürt aber schon nach wenigen Sekunden Neves fixierten Blick, der auf ihm lastet. Provokant schaut auch er zu ihr herüber.

Mal sehen, wer von uns zuerst aufgibt, du Weichei!, kichert Neve innerlich und hält dem dauerhaften Blick stand. Erst als Matt nach fast drei Minuten von einem seiner Leute angesprochen wird, nimmt er seinen Blick weg. Neve hat das Gefühl, ein lebensgefährliches Duell gewonnen zu haben. Sie war hart und tapfer und ließ sich nicht eine Sekunde von diesem Macho-Gangster einschüchtern. Sie wies ihn mit ihrem Blick in ihre Schranken und ließ ihn somit wissen, woran er bei ihr ist.

Neve blickt wieder zu Sam. Zu wissen, dass diese junge Frau so unglaublich kriminell ist und doch eine ungewöhnliche Anziehungskraft auf Neve ausübt, bringt sie völlig aus der Fassung. Sie weiß nicht damit umzugehen, weil ihr so etwas bisher noch nie passiert ist.

Fasziniert von dem Anblick der schönen Frau neben sich, beugt sich Neve zu ihr herüber.

»Was ist es, was dich so anziehend für mich macht?«, fragt sie leise. Sam dreht sich zu ihr um und schaut sie mit großen Augen überrascht an.

»Wir sind jetzt seit über einer Stunde auf dieser Party und du hast mich bisher nicht einmal geküsst oder angefasst. Glaubst du, die anderen hier kaufen dir das ab, dass ich zu dir gehöre, wenn du nicht endlich mal etwas dagegen tust?« Aus Sams überraschtem Blick wird ein freches Grinsen.

»Hör sofort auf so selbstgerecht zu grinsen, sonst setzt es was!«, schimpft Neve leise. Das Schmunzeln auf ihren Lippen verrät aber, dass sie es nicht allzu ernst meint.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, zieht sie Sam an sich und küsst sie. Zuerst zurückhaltend und zaghaft, dann hungriger. Schlagartig wird Sam in einen Sog der Leidenschaft gezogen. Sie vergräbt ihre Hände in Neves Haaren. Die Stimmung um sich herum bekommt sie irgendwann gar nicht mehr mit. Sie gibt sich Neve voll und ganz hin, bis sich beide voneinander lösen. Um das ganze Schauspiel glaubwürdiger und überzeugender darzustellen, umarmt Neve Sam von hinten und klammert sich wie ein kleines Kind an sie.

Wie ein Junkie, riecht sie an Sams Haaren und atmet ihr Parfüm ein. Im Laufe der letzten Tage, spürte sie, dass es ihr immer schwerer fällt, sich von Sam fernzuhalten. Sie findet allmählich keine andere Möglichkeit mehr, als sich dieser jungen Frau schon fast willenlos hinzugeben.

Vorsichtig schiebt Neve Sams Haare über eine Schulter und beginnt sie sanft am Hals zu küssen. Mit geschlossenen Augen genießt Sam diese Berührung.

»Hey Sam, welcher Vampir beißt dir denn da in den Hals?«, ruft plötzlich eine weibliche Stimme. Sam öffnet die Augen, blickt in die Richtung, wo die Stimme herkam und sieht, wie Matt mit Laura im Arm, auf sie zugehen. Neve blickt ebenfalls zu Laura und ist für einen kleinen Moment über diesen Anblick überrascht. Dennoch registriert sie Lauras verwunderten Blick. Sam grinst ihre Freundin stolz an. Laura erwidert dieses Grinsen, nickt und wirft ihr ein kurzes »Kompliment« entgegen. Sie scheint nicht sonderlich davon überrascht zu sein, ihre Mathematiklehrerin auf dieser Party zu sehen. Hier in der intimsten Atmosphäre der Five Dogs.

Neve beobachtet Sam und Laura einige Sekunden, sieht die Blicke, die die beiden austauschen und dann fällt es ihr wie Schuppen von den Haaren. Bebend vor Wut und zutiefst verletzt, packt sie plötzlich Sams Hand und dreht diese brutal nach außen. Blitzschnell reißt sie Sam zu Boden und drückt ihre Fingernägel in ihr Nagelbett. Sam brüllt vor Schmerz laut auf. Die Party findet ein jähes Ende, als alle Anwesenden Matts engste Vertraute auf dem Boden hocken sehen. Jammernd wie ein Kleinkind. Die Situation verliert an Kontrolle, als Neve ein Bein hebt, unter ihre Jeans greift und aus dem Knöchelholster eine Waffe zieht. Blitzschnell entsichert sie die Pistole und setzt sie Sam direkt auf die Stirn.

»Ich bin nur eine beschissene Wette für dich??«, brüllt sie und funkelt Sam wütend an. Diese hockt gekrümmt auf dem Boden und kann sich aus diesem einfachen, aber schmerzhaften Griff nicht lösen. Als Sams geschockter Blick flüchtig an Neve vorbeihuscht, reagiert diese sofort. Sie nimmt die Waffe von Sams Stirn und richtet sie auf Matt. Bis auf zehn Schritte, hat er sich ihr schon genähert.

»Noch einen Schritt weiter und du bist der Erste, der Bekanntschaft mit meinen Kugeln macht!!«, zischt Neve ihn an. Sofort bleibt Matt stehen. Laura traut sich einen Schritt weiter. Ihr hasserfüllter Blick massakriert Neve.

»Ich bringe dich um, du verdammtes Miststück!!«, faucht sie scharf. Neve grinst Achselzuckend.

»Da musst du dich leider hinten anstellen«, lacht sie und setzt ihre Waffe zurück auf Sams Stirn.

Als Neve sich wieder auf sie konzentrieren will, sieht sie, dass einige kräftige Männer hinter Sam auf sie zugehen. Ihre Blicke sind mit Wut und Hass getränkt.

»Los Sam, beweise wie deine Jungs auf dich hören und pfeife sie zurück!!«, warnt Neve. Sie lässt die Männer nicht einen Augenblick aus den Augen.

»Ich denke nicht dran!!«, knurrt Sam zu ihr hoch. Sie kann nicht fassen, was hier abläuft. Wie konnte sie nur so dämlich sein und Neve wirklich vertrauen?

»Pfeif sie zurück!!«, warnt Neve erneut. Sam gibt keine Reaktion von sich.

»Pfeif sie zurück, sonst können sie dein Gehirn gleich vom Boden kratzen!!!« Sam ist sich der Treue ihrer Jungs sicher und weiß, dass sie ihre Begleitung gleich in Stücke zerreißen werden.

Plötzlich nimmt Neve die Waffe von ihrer Stirn, zielt ein Stück nach links und feuert eine Kugel in den Boden ab. Ein entsetzter Schreckensschrei von Sam, peitscht durch die Nacht. Erneut hält Neve ihr den Lauf an die Stirn.

»PFEIF SIE ZURÜCK!!!!!«, brüllt sie. Sofort streckt Sam den freien Arm aus und hält ihre Jungs zurück. Wie damals auf dem Basketballplatz, bleiben die schweren Männer sofort stehen.

»Sehr schön!«, grinst Neve ruhig. Sie kann spüren, dass Sam vor lauter Hass ihr gegenüber fast platzt. Sie hat ihr so dermaßen vertraut, dass sie sie mit in ihr Leben genommen hat. Und nun hält sie ihr eine beschissene 38´er an den Kopf? Wie konnte sie nur so blind sein und tatsächlich glauben, dass so ein scheiß Bulle auch nur annähernd etwas Gutes im Schilde führen kann? Wie konnte sie nur??

»Und jetzt beantworte mir endlich meine Frage!!«, knurrt Neve und drückt ihre Fingernägel erneut in Sams Nagelbett. Sam schreit vor Schmerzen auf. Ihr Blick bringt ihre Begleiterin um.

»Ja verdammt, warst du!! Aber als ich mich in dich verliebt habe, war die scheiß Wette für mich im Arsch!!!«, brüllt Sam wütend. Erleichterung zeichnet sich in Neves Gesicht ab.

»Schön, dass du endlich mal ehrlich zu mir bist«, grinst sie, lässt Sams Hand los, packt ihr äußerst brutal in die Haare und zieht sie vom Boden hoch.

»Und jetzt beweg deinen Arsch!!« Sie drückt Sam die Waffe in den Nacken und schiebt sie Richtung Parkplatz. Sofort wird sie von einer Meute Five Dogs verfolgt.

»Lasst mich ungehindert mit Sam verschwinden und ihr seht sie lebend wieder!«, warnt sie die riesige Traube. Sie blickt zu Matt. Angespannt folgt er jede ihrer Bewegungen. Sicherlich hat er sie gedanklich schon mit zahllosen Kugeln durchsiebt. Es hat jemand gewagt seine Sam in solch eine Situation zu bringen! Das geht nicht! Das wird sie bezahlen! Mit ihrem Leben!!

Matt schaut Sam an und erwartet eine Entscheidung von seinem Schützling. Ein Blick reicht und er weiß was er zu tun hat. Dafür kennen die beiden sich schon lange genug.

»Lass mich gehen, Matt!!«, fordert Neve ihn erneut auf. Wie ein Schutzschild hält sie Sam vor sich und drückt ihr die Waffe tiefer in den Nacken. Matt wartet noch immer auf eine Antwort von Sam. Es kommt nur ein fast bewegungsloses Nicken von ihr. Matt bleibt stehen und pfeift einmal laut. Auf Kommando bleiben alle anderen Männer stehen. Somit hat Neve freie Bahn.

»Schönen Abend noch und viel Spaß!«, trällert sie sarkastisch und schiebt Sam zum Parkplatz.

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9783847632771
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