Читать книгу: «Shakespeares Sternenritt», страница 3

Шрифт:

Kapitel 3
Ph'flz

Löcher, Schwarze

Wie jeder weiß, ist ein Schwarzes Loch ein Bereich im Raum, in dem die Gravitation so stark ist, dass selbst elektromagnetische Wellen wie z. B. Licht den Bereich nicht verlassen können und dieser daher schwarz erscheint. Schwarze Löcher sehen nur von weitem faszinierend aus, unter anderem, weil die durch die hohe Gravitation angezogene Materie vor dem Sturz in ein solches Loch so heiß wird, dass dieses von außen hell leuchtend erscheint. Ein atemberaubender Anblick! Vermeiden Sie es trotzdem, zu nah an ein Schwarzes Loch heran­zufliegen, selbst wenn Sie sich unwiderstehlich angezogen fühlen. Der Anblick lässt Sie sonst nie wieder los.

Ph'flz öffnete träge drei seiner fünf Augen.

Langsam schob sich die kleine heiße Sonne über den Horizont und kämpfte sich wie jeden Morgen mit ihren Lichtfingern durch den dichten Nebel. Die beiden kleinen Trabanten hatten sich davorgeschoben und bildeten dunkle Flecken vor der gleißenden Scheibe. Ehos glitten durch die gelbliche wasserdampfgesättigte Atmosphäre.

Ph'flz saugte tief Luft durch seine Atemritze und pumpte einen Teil davon in seine Saugnäpfe. Mit einem eleganten Salto kam er auf seinen drei Pseudobeinen zu stehen. Um die Saugnäpfe herum befand sich jeweils ein Kranz aus zahlreichen Tentakeln, auf denen er rasch und mühelos davonglitt.

Er musste an diesem Morgen zur Versammlung des Ältestenrates. Vor drei Sonnenumläufen war er als jüngstes Mitglied in den Rat gewählt worden. Im Alter von dreihun­dertfünfundachtzig Sonnenumläufen! Da von jedem Ratsmitglied nur noch ein Klon existieren durfte, wurden seine vier anderen Klone daraufhin eliminiert.

Ph'flz pflückte auf dem Weg im Vorübergleiten ein paar Universalernährer, die seine Geschmackssensoren in dem Nahrungsaufnahmeschlitz unter den in Form eines unregelmäßigen Fünfecks angeordneten Augen erfreuten.

Auf dem Rücken spürte er das Picken der Grewos, die sich um den besten Platz um seine drei Ausscheidungsöff­nungen stritten. Besorgt schaute Ph'flz zum Himmel. Normalerweise wechselten Sonne und Regenschauer einander ständig ab, aber heute war die Atmosphäre unangenehm trocken. Die Luftfeuchtigkeit war sicher unter neunundsiebzig Prozent gesunken.

Er erhöhte seine Gleitgeschwindigkeit und begann, sein Gungimop zu polieren, das er geschickt mit den Bauchtentakeln festhielt. Ein makelloses Gungimop, das die Sonnen­strahlen perfekt reflektierte, würde ihn an das Ziel seiner Wünsche bringen: Man würde ihn für die ehrenvolle Aufgabe ausersehen.

Viele Sonnenumläufe lang hatte er Zeit und Mühe in die Vervollkommnung der Gungimopscheibe gesteckt, die jeder Bewohner von Aoiah erhielt, wenn seine Metamorphose abgeschlossen war. In nährstoffarmen Jahren dauerte die Metamorphose natürlich länger.

Ph'flz erinnerte sich: Bei ihm dauerte sie besonders lange. Seine fünf Erziehungsbegleiter waren schon an ihm verzweifelt und dachten, er würde für immer im Wurmstadium verharren und nur Jahr für Jahr Tausende neuer Wurmlarven ausbrüten. Aber er brauchte eben für alles etwas länger als seine Genossen. Deshalb war es nicht das letzte Mal, dass er seine Erzieher schier zum Wahnsinn trieb.

Er schrubbte ein wenig fester die Metallscheibe beim Gedanken daran, dass er zum Beispiel erst nach sage und schreibe siebzehn Sonnenumläufen sämtliche Algorithmen des großen Mathematikers Ho Hon fehlerfrei aufsagen konnte. Mawan, seinem Lieblingserzieher, hingen die Kopftentakel damals schon bedrohlich schlaff herunter – nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn sie ihm abgefallen wären.

Sein Gungimop glänzte wie eine Sprechblase, die das Fraktal für »Fortpflanzungserlaubnis« abbildete. Trotzdem wischte er weiter daran herum.

Hoffentlich würden sie ihn diesmal zum Überbringer erwählen! Schon so lange war dies sein sehnlichster Wunsch. Er musste nur aufpassen, dass er vor lauter Eifer nicht seine Farbe wechselte. Das würde ihn als Nichtswürdigen abstempeln und seinen sofortigen Hinauswurf aus der Ratsgemeinschaft zur Folge haben. Und dann würde er nie die Gelegenheit bekommen, Aoiah zu verlassen, um auf einen der Planeten zu gelangen, von denen Mawan so viel erzählt hatte.

Während er den ersten Platzregen des jungen Morgens über sich rinnen spürte, kamen ihm die Zeilen der berühm­ten Dichterhorde in den Sinn:

Verbruzzelt nebelt es hinter der Fluppe,

frisch röbelt mein Gungimop empor.

Kaskaden beißen in sämende Suppe,

der Fundus matscht bereulich sein Ohr.

Endlich erreichte er den Ratswürfel. Es sollte Glück bringen, durch das mittlere Loch der Fünf-Augen-Seite einzufliegen.

Also bat Ph'flz einen Eho, der auf Kundschaft wartete, ihn gegen drei Universos hochzutragen. Ehos waren unwahrscheinlich arrogant, aber bei drei Universos wurden selbst sie freundlich und trugen beinahe jeden ohne wilde Flugkunststücke, die seine Tentakel zum Flattern gebracht hätten, nach oben.

Im Ratswürfel herrschte gedämpftes Licht, in dem Hunderte von Sprechblasen schillerten. Unablässig lösten sich die Blasen von den Schultern der anwesenden Ratsmitglieder und stiegen auf, während auf ihnen die unterschiedlichsten Fraktale aufleuchteten. Die Muster waren aus der Sicht anderer Wesen wunderschön.

Ph'flz' extraplanetarische Freunde überschlugen sich förmlich vor Begeisterung, wobei aber das letzte Treffen eine sehr unglückliche Wendung genommen hatte.

Gemeinsam mit ein paar Arkturianern, zwei Amöboiden aus dem Gebiet um Sirius und einem Terrestrier hatte er einem Mittagessen der Putzkolonne zugesehen, wobei eine lebhafte Unterhaltung über den Vorteil der kleinen gestreif­ten Müllfresser gegenüber den großen gepunkteten Wisch­lappen im Gange war.

Der Terrestrier gab den fraktalen Mustern lauter Namen, über die sich die anderen vor Lachen ausschütteten, wobei die Amöboiden ihre Scheinfüßchen gleich dutzenden Armen und Beinen in Wellen aus dem Protoplasma ausstülpten. Das lag daran, dass das Wort »Apfelmännchen« in deren Sprache etwas ungemein Unanständiges bezeichnete, was wiederum kein Terrestrier verstehen konnte. Der Übersetzungscomputer zeigte nur »Error« an, was an der veralteten Version 345.2 der Software lag, wo doch inzwischen bereits die Beta-Version von 387.5 erschienen war. Während Ph'flz noch überlegte, wie viele Schwierigkeiten sich ergaben, wenn man sich auf das Funktionieren technischer Geräte verlassen musste, nahm das Unheil seinen Lauf.

Der Vorschlag des Terrestriers, sich lieber auf Esperanto zu unterhalten, was schließlich jede halbwegs gebildete Lebensform verstehen könne, hatte die Amöboiden tödlich beleidigt, worauf sie den Terrestrier kurzerhand verspeisten.

Ph'flz machte sich immer noch große Vorwürfe, dass er nicht rechtzeitig die gefährliche Situation erkannt und den Streit geschlichtet hatte.

Im Ratswürfel war eine erregte Debatte im Gange, das erkannte Ph'flz sofort an den Grün- und Gelbtönen der Muster. Die meisten Blasen stiegen entsprechend des Nachdrucks, mit dem sie ausgestoßen wurden, bis fast an die Decke, von der unablässig ein feiner Nebel sprühte, wo­durch im Würfelinneren die angenehme Luftfeuchtigkeit von nahezu hundert Prozent herrschte.

Dort oben zerplatzte jede der Fraktalblasen, wie er aus der Zeit seines Lernens wusste, mit einem leisen »Plopp«, das jedoch nur von Lebewesen mit sehr empfindlichen Hörorganen wahrgenommen werden konnte. Zu diesen zählte Ph'flz jedoch nicht: Seiner Spezies fehlte ein Gehörsinn.

Ph'flz ließ sich auf dem Luftkissenpolster neben Mawan nieder, der zur Begrüßung einen großen Schleimpfropf ab­sonderte. Sofort stürzten sich dutzende geflügelter, winzig kleiner Schleimfresser auf diesen Leckerbissen, um ein Festmahl zu halten.

Eben wurde die Diskussion beendet und nur eine einsa­me Seifenblase stieg noch auf. Eine Seifenblase? Wer hatte sich diese halblegale Droge beschafft? Hunderte Augen richteten sich auf den Seifenjunkie, der leicht ausfindig gemacht werden konnte, da er ein verdächtiges Luxusseifen-Lavendelaroma verströmte.

Er wurde umgehend von zwei der unauffällig über ihren Köpfen kreisenden Aufseher aus der Versammlung entfernt und zum Entzug in eine Trockenzelle verfrachtet, wo er auf eine Drogenersatztherapie mit seifenfreien Detergentien gesetzt werden würde.

Nun wurden feierlich die neuesten Beschlüsse des Ältestenrates bekannt gegeben. Der Älteste ließ platschend meh­rere Schleimpfropfen von der Redner-Empore ins Publikum fallen.

Ein Fraktalblasensturm war die Folge.

Nachdem auch die letzte Blase zerplatzt war, wurde der Älteste sehr ernst. Ein Ratsmitglied sollte sich sofort auf den Weg nach Delta Centauri zur nächsten Sitzung des Intergalaktischen Präsidialrates machen und dort über die geplante Invasion der Mo'har auf einem bewohnten Nachbarplaneten berichten, der sich doch immerhin in gerade einmal fünfundsiebzig Lichtjahren Entfernung von Ph'flz' Heimatplaneten befand.

»Der Ärmste«, dachte Ph'flz bei sich, nicht ohne seine Gedanken in »Wie angenehm« zu verschlüsseln. Die telepathischen Fähigkeiten seiner Spezies, die ihm auch eine blasenfreie Verständigung ermöglichten, brachten nicht nur Vorteile. Allen Ratsmitgliedern war bekannt, dass sich die Raumfahrtflotte ihres Planeten in einem äußerst maroden Zustand befand und ein Befehl zu einer derart weiten Reise einem Selbstmordkommando gleichkam. Man würde daher jemanden auswählen, der als relativ entbehrlich erachtet wurde.

Gedankenverloren sah Ph'flz die Fraktalblasen mit seinem Namen aufsteigen. Sein Name! Vor Schreck hingen seine Kopftentakel schlaff herunter und beinahe wäre ihm sein Gungimop entglitten. Er war der Auserwählte Überbringer der Botschaft! Natürlich, er war der Jüngste und Unerfahrenste, auf ihn konnte man am leichtesten verzichten!

Mawan spuckte ihn aufmunternd an.

Nur mit Mühe brachte Ph'flz sich so weit unter Kontrolle, dass er ein paar von der Farbe blau dominierte Dankes­blasen aus den Schulteröffnungen absondern konnte.

Aber offenbar erwartete auch keiner eine längere Rede von ihm. Die Tentakelkränze der anderen Ratsmitglieder standen allerdings in auffälligem Fünfundvierzig-Grad-Win­kel vom Rumpf ab, was ihre grenzenlose Erleichterung aus­drückte. Diese Feiglinge!

Der Älteste richtete ein paar Dankesblasen an Ph'flz, als er plötzlich durch einen Boten unterbrochen wurde.

Alle aktivierten wie auf Kommando ihr telepathisches Sinnesorgan und Sekunden später brach ein Tumult los. In wilder Panik versuchten die ehrwürdigen Versammelten, als Erste einen Eho zu erwischen, um aus dem Ratswürfel zu entkommen.

Mawan hatte Ph'flz zurückgehalten, der völlig verwirrt losstürmen wollte, obwohl er den Grund für die Massenhysterie überhaupt nicht verstanden hatte. Zum Glück, denn etliche seiner Landsleute verloren ihr Leben, als sie sich zu mehreren einen armen Eho schnappten, der mitsamt seiner Last in die Tiefe stürzte.

»Wir haben noch Zeit«, übermittelte Mawan gedanklich an Ph'flz. »Bis zur Ankunft der Großen Flut wirst du dich schon im Weltraum befinden.«

»Die Große Flut! Oh ewige Trockenheit! Aber die Große Flut soll doch erst in fünfzig Sonnenumläufen kommen!«, stieß Ph'flz hervor. »Dann, wenn die vier Monde in einer Linie in Richtung zur Sonne stehen. Und das ist alle 4786 Jahre einmal der Fall!«

»Ganz richtig«, kam ruhig Mawans Antwort. »Aber du weißt doch, wie es mit den Astronomen auf unserem Planeten bestellt ist. Überall Lohnkürzungen und Entlassungen. Wegen der Sparmaßnahmen und Reformen wurden viele hochkarätige Wissenschaftler arbeitslos oder wanderten auf Nachbarplaneten aus, wo fähige Leute gesucht werden und die Bezahlung stimmt.

Leider sind nur ein paar miserable unkündbare Astronomen übrig geblieben, die ihren Lebensunterhalt mit Sternen­kunde-Kursen für Erziehungsbegleiter oder mit Werbung für den Anbau gentechnisch veränderter Universalernährer auf­bessern. Leider haben sich diese Dummköpfe um fünfzig Sonnenumläufe verrechnet, so dass uns die Große Flut völlig unvorbereitet trifft. Für Evakuierungsmaßnahmen bleibt kaum noch Zeit.«

»Wie kannst du das so ruhig denken! Das ist doch ganz furchtbar!« Ph'flz tat der Kopf weh, so intensiv war sein Gedankensturm.

»Das war uns von den Sternen so vorherbestimmt«, gab Mawan unbeeindruckt zurück. »Aber nun zu dir. Wir neh­men meinen Privat-Eho – er ist sehr kräftig und wird uns beide tragen können – und reisen unverzüglich zum Raumhafen Baikorun.

Schau, da kommt er ja schon angeflogen! Dort wirst du in Begleitung meines alten Freundes Duke Swampwalker auf deine Mission gehen. Er sieht etwas seltsam aus, weil er vom Planeten Terra stammt, aber er ist der beste Pilot, den ich kenne.« Mawan versuchte, den Nachgedanken »leider kenne ich nur zwei« zu verschlüsseln, was ihm nicht ganz gelang.

Ph'flz ergab sich in sein Schicksal, kletterte hinter Mawan auf das muskulöse Geschöpf und klemmte den Gungimop unter die Bauchtentakel.

Der Eho flog zwar recht unkoordiniert und hatte sichtlich Mühe, den Kurs zu halten, aber er war ein erfahrener Flieger und zäh.

Mitten durch herrlich feuchte dunkle Regenwolken ging der Flug, was die beiden Passagiere für das Durchgerüttelt­werden entschädigte. Zwischen den Wolkenbänken sahen sie die Landschaft unter sich hinweggleiten. Von Kupfersalzen rote Felsformationen im Dunst von Sandstürmen, über denen der Regen bereits verdunstete, bevor er das Gestein erreichte, wechselten mit ausgedehnten graugrünen Sumpf­gebieten ab, in denen Treiberpflanzen träge vor sich hin dösten, um dann blitzschnell ein in die Reichweite der gefürchteten dicht behaarten Lianen geratenes Opfer zu umschlingen.

Ph'flz' Tentakel flatterten wild, während er sich das Schicksal eines so gefangenen Lebewesens ausmalte: Es wurde unerbittlich festgehalten und mittels eines in den Körper injizierten Verdauungssekretes aufgelöst, bis die Treiberpflanze nur noch ihr Saugrohr hineinzustechen und es auszuschlürfen brauchte.

Einzig anhand der aufsteigenden Gasblasen rings um die räuberische Pflanze konnte man erkennen, dass sie gerade mit Verdauen beschäftigt und daher für kurze Zeit friedlich gesonnen war. Wie Ph'flz aus Mawans Erzählungen wusste, konnten dann die berühmten, viel bewunderten Ernter es wagen, unter Einsatz ihres Lebens die feinen Lianenhaare abzurasieren, die auf Nachbarplaneten exportiert wurden, wo daraus unter anderem kostbare Webteppiche hergestellt wurden.

Ab und zu tauchte auch eine der stets streng quadratisch angelegten Siedlungen von Ph'flz' Spezies mit den gürtelartig sie umgebenden Schlafwäldern auf.

Dazwischen lagen die Zonen des Friedens mit ihren Dreierformationen von Bäumen: Ph'flz' Genossen, die das Stadium der Ewigen Weisheit erlangt hatten.

Weiter ging der rasante Flug über riesige Felder mit kultiviertem Universalernährer. Sie wogten beim Niedergang eines der unzähligen Regenschauer, ein Anblick, der in Ph'flz jedes Mal ein wohliges Gefühl auslöste. So schön war sein Heimatplanet! Würde die Große Flut dies alles zerstören? Er hatte aus Erzählungen gehört, dass beim letzten Mal vor 4786 Jahren drei Viertel der Kontinente überspült und sämtliche Siedlungen zerstört worden waren.

Im Gegensatz zu heute waren aber alle rechtzeitig gewarnt worden und die meisten hatten sich in höher gele­genen Regionen in Sicherheit bringen können. Warum nur konnte Mawan bei der drohenden Katastrophe so ruhig blei­ben?

Dem Weltraumflughafen sah man bereits aus der Eho­perspektive an, dass seine besten Zeiten schon lange der Vergangenheit angehörten. Nur ein ehemaliges Nebengebäude wurde noch instand gehalten, der Rest war dem Zerfall preisgegeben.

Ein einsames Raumschiff stand verloren auf der Startrampe und schien darauf zu warten, diesen wenig ermuti­genden Ort verlassen zu dürfen.

Mawan reichte dem Eho ein Bündel Universos und bedeutete ihm, dass er den gleichen Betrag für den Rücktransport erhalten würde. Einstweilen sollte er sich eine Ration Futter aus der Kantine abholen.

Dann machte er sich zusammen mit Ph'flz auf die Suche nach Duke Swampwalker. Sie fanden ihn in der herunterge­kommenen Raumhafenbar, wo er sich gerade einen Kosmischen Eingeweidebeißer in die Mundöffnung goss.

Seine vollkommen tentakellose Gestalt erstaunte Ph'flz. Seltsamerweise schien er sich nicht zu freuen, dass ihm kleine Feuchtigkeitströpfchen das Gesicht herunterrieselten, denn er wischte pausenlos mit einem stinkenden Lappen über seine mit braunen Sprenkeln übersäte Haut. Die Stoffumhüllung des Terrestriers war offenkundig aus einem Material hergestellt, das ihn trocken halten sollte, denn es stiegen feine Dampfwölkchen von dem Stoff auf.

Ph'flz stieß einen Schwall wasserdampfgesättigter Luft aus seiner Atemöffnung: Auf dem Planeten Terra herrschte verkehrte Welt! Wie konnte man sich außerdem mit nur zwei Armen und Beinen begnügen?

Und welch hässliches Gestrüpp wuchs diesem Typ aus dem Kopf? Sogar ober- und unterhalb der Mundöffnung standen ekelhafte gelbbraune Keratinbüschel.

Ph'flz' Verdauungstrakt geriet vor Abscheu in Aufruhr, und seine Tentakel senkten sich zusehends. Zischend entwich erneut Luft aus seiner Atemritze und er schwankte leicht hin und her, da hierdurch die Spannung in seinen Saugnäpfen nachließ.

»Ich grüße dich, Duke Swampwalker«, begann Mawan feierlich und ließ einen Schleimpfropf auf den Boden platschen. Er setzte nur seine telepathischen Fähigkeiten ein, offenbar verstand der Erdling keine Fraktalsprache. »Ich vertraue dir das Leben des von mir erzogenen Ph'flz an, den du zum Intergalaktischen Rat bringen wirst. Er ist Überbringer einer wichtigen Botschaft.«

»Na denn Prost«, gab Duke Swampwalker herzlich zurück und beförderte eine winzige grüne Schleimkugel neben Mawans Pseudobeine. »Auch wenn ich euch nur mit einem Frosch aus meinem Hals begrüßen kann: Willkom­men an Bord, Ffflz.«

Er artikulierte den Namen natürlich völlig verkehrt und merkwürdigerweise bewegte er beim Denken die Mundöff­nung.

Nachdem Swampwalker noch einen Kosmischen Eingeweidebeißer herunter gekippt hatte, begleitete er die beiden anderen an Bord des Raumschiffes.

Im Rumpf befanden sich etliche Beulen »von einem Meteoritenschauer, in den ich überraschend geraten war, als ich aus einem Wurmloch auftauchte – hatte mich ein wenig bei der Berechnung der Koordinaten vertan«, wie Ph'flz' zukünftiger Pilot leichthin erklärte.

Ph'flz, der staubtrockene Furcht in sich aufsteigen spürte, zählte schnell seine Bauchtentakel, um sich selbst zu beruhigen.

Mawan warf mit zwei seiner Augen einen besorgten Blick auf die nunmehr völlig kraftlos herabhängenden Kopftentakel seines Schutzbefohlenen, während er mit den drei anderen Augen das Innere des Raumschiffes kritisch begutachtete. Offensichtlich zufrieden wandte er sich Ph'flz zu. »Du kannst dich in der Obhut dieses erfahrenen Piloten völlig sicher fühlen«, übermittelte er seine Gedanken so, dass auch Swampwalker sie verstand. »Er wird dich unversehrt zum Präsidialrat bringen. Vertraue einem alten Freund deines Erziehers.«

Langsam beruhigte sich Ph'flz wieder und seine Tentakelkränze richteten sich zaghaft auf.

»Glaub Mawan, was er sagt. Ich war mal der beste Pilot der Galaxis und kann es immer noch mit den jungen fanfaronuloj aufnehmen. Diese Angeber wissen doch gar nicht mehr, wie man ein so altes Raumschiff steuert. Die modernen Geräte haben alle möglichen Sicherheits- und Warnsysteme wie Antivibrationsautomatik und Meteoritenschutzschirm eingebaut, damit kann doch jeder Idiot umgehen, ohne dass er seinen Grips anstrengen müsste.

Aber die hier«, er tätschelte liebevoll die durch Kratzer ramponierte Wandung, »muss man noch richtig mit Gefühl steuern. Wenn man sie gut behandelt, ist sie das zuverlässigste Mädchen, das ich kenne. Belega spacosxipo!«

Nach diesem Wortschwall, dessen Bedeutung Ph'flz nicht ganz begriffen hatte, ging Swampwalker zur Steuerkonsole und gab die Startkoordinaten ein.

Mawan tat etwas ganz Merkwürdiges: Er wedelte dem Piloten mit einigen seiner Bauchtentakeln zu.

Swampwalker winkte mit einer seiner wenigen Gliedmaßen zurück.

»Eine Abschiedsgeste«, kombinierte Ph'flz. Die fünf Anhängsel der oberen Extremität dieses Terrestriers besaßen ohnehin nur sehr grobmotorische Fähigkeiten, wie er inzwi­schen bemerkt hatte – kein Vergleich mit seinen eigenen Tentakeln, durch die er sogar feine elektrische Impulse übersenden konnte, die auf manche Spezies sehr beruhigend wirken sollten, wie ihm Mawan oft stolz erzählt hatte. Selbst tobende, geistig verwirrte Geschöpfe ließen sich angeblich auf diese Weise normalisieren.

Nachdem Mawan das Raumschiff verlassen hatte, fühlte sich Ph'flz so allein wie damals, als er von seinen Erziehern hatte Abschied nehmen müssen. Aber ihm blieb keine Zeit, sich seinem Elend hinzugeben: Swampwalker erklärte ihm, wie er sich in einen Raumanzug zwängen sollte, der zum Glück von innen feuchtigkeitsdurchtränkt war.

Der Terrestrier fischte eine kleine Flasche aus seinem Raumanzug und trank sie leer.

Sicher war dies ein Mittel, um ein Lebewesen mit derartig mangelhaften Körperfunktionen den Start ins Weltall besser überstehen zu lassen, vermutete Ph'flz.

Dann schnallten sich beide fest und die rote Anzeigetafel blinkte im Rhythmus des Countdowns.

Als sie abhoben, starrte Ph'flz ungläubig auf den Monitor, der Bilder von seinem Heimatplaneten zeigte. Eine gigantische Flutwelle wälzte sich gerade über den Nachbarkontinent und würde in wenigen Zeiteinheiten auch den seinen erreichen. Der Anblick der verheerenden Wassermassen war mehr, als er ertragen konnte.

»So ein Start nimmt einen ganz schön mit«, drang Duke Swampwalkers Gedanke in Ph'flz' Gehirn. »Ich wusste nicht, dass du ein so sensibler Bursche bist. Aber gleich werden wir beide sowieso für ein paar Sekunden in die Unendlichkeit eintauchen. Bereit zum Wurmlochtunneln!«

Die Umrisse der Steuerzentrale um ihn herum verschwammen, sie lösten sich förmlich in kleine Pixel auf, die sich in alle Richtungen versprühten. Dann war es kurze Zeit absolut dunkel.

Ph'flz hatte den Eindruck, dass sich sein Körper unendlich ausdehnen würde, um dann wieder auf Normalgröße zusammenzuschrumpfen.

Endlich wurde die Umgebung wieder heller.

Seltsam, die Steuerzentrale hatte sich irgendwie verändert. Wo war sein Gungimop geblieben? Der Monitor war verschwunden und mit ihm Duke Swampwalker.

Stattdessen drangen schmerzerfüllte telepathische Signale in seinen Kopf.

Die Pein schien so stark zu sein, dass die Kreatur, die sie aussandte, zu keinem klaren Gedanken mehr fähig war.

Ph'flz' Tentakel begannen zu vibrieren.

834,53 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
Объем:
320 стр. 1 иллюстрация
ISBN:
9783946433101
Издатель:
Правообладатель:
Автор
Формат скачивания:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

С этой книгой читают

Хит продаж
Черновик
4,9
447