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94 Auch nach dem Zusammenschluss trug die Zeitschrift ein programmatisches Motto im Titel: «Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.»

95 Schweizerisches Reformiertes Volksblatt 26, 1. 7. 1939.

96 Lindt, der schweizerische Protestantismus, S. 63.

97 Kirchenfreund 12, 15. 12. 1918, S. 382.

98 Kirchenfreund 8, 15. 8. 1951, S. 211f.

99 Ebd., S. 212.

100 Christlicher Volksfreund 46, 12. 11. 1941, S. 362. Die genauen Gründe für die Aufgabe werden nicht genannt, allerdings lässt die Wortwahl der Einstellungserklärung darauf schliessen, dass der letzte Herausgeber, Pfarrer Georg Vischer, nicht bereit war, die unrentable Zeitschrift weiterhin zu unterstützen.

101 «Der ‹Christliche Volksfreund› im dritten Vierteljahrhundert 1924–1948», Christlicher Volksfreund 49, 4. 12. 1948, S. 580f.; Christlicher Volksfreund 51, 18. 12. 1948, S. 604.

102 «Wir stehen heute vor einer theologischen Situation, die verheissungsvoll genannt werden darf», Christlicher Volksfreund 49, 4. 12. 1948, S. 580.

103 Evangelische Volkszeitung 1, Juli 1920, S. 1.

104 Ebd., S. 1.

105 Das im Jahr 1961 als eines der wenigen kirchlichen Zeitschriften noch existierende Kirchenblatt für die reformierte Schweiz kostete im Abonnement 19 Franken pro Jahr, für die Einzelnummer der zweiwöchentlich erscheinenden Zeitschrift bezahlte man 75 Rappen.

106 Bei gesamtschweizerisch verbreiteten Zeitschriften gelten diese Zahlen für die Abonnenten im Raum Basel.

107 Mitteilung der Geschäftskommission, Kirchenbote Nr. 2, Pfingsten 1941.

108 Graf, Dechristianisierung, S. 54f.

109 Blaschke/Kuhlemann, Religion in Geschichte und Gesellschaft, S. 40.

110 Kaiser, Formierung, S. 277, 284.

111 Kaiser, Jochen-Christoph: Sozialer Protestantismus im 20. Jahrhundert. Beiträge zur Geschichte der Inneren Mission 1914–1945, München 1989, S. 3.

112 Brakelmann, Milieu im Ruhrgebiet, S. 175ff.; Kaiser, Formierung, S. 259.

113 Kaiser, Formierung, v. a. S. 266ff.; ausführlicher: Ders.: Konfessionelle Verbände im 19. Jahrhundert. Versuch einer Typologie, in: Baier, Helmut (Hg.): Kirche in Staat und Gesellschaft im 19. Jahrhundert. Referate und Fachvorträge des 6. Internationalen Kirchenarchivtags in Rom 1991, Neustadt a. d. A. 1992, S. 187–209.

114 Kaiser, Formierung, S. 265ff., schlägt verschiedene chronologische und typologische Schemata vor. Die Differenzierung des protestantischen Basler Vereinswesens in zeitlicher Hinsicht ist in der vorliegenden Untersuchung nicht notwendig, weil sich der gesamte Untersuchungszeitraum innerhalb der, nach Kaiser, letzten Phase (Hochindustrialisierung, Weltpolitik, Politisierung, Individualisierung) befindet. Zu den Vereinszielen siehe Kaiser, Peter: Die Realisierung des Vereinszwecks. Zur Dynamik von Zielen und Erfolg im Vereinswesen, in: Jost, Hans Ulrich, Albert Tanner (Hg.), Geselligkeit, Sozietäten und Vereine, Zürich 1991, S. 31–47. Kaiser, Vereinszweck, S. 33, weist darauf hin, dass der Vereinszweck ein komplexes Wertesystem beinhaltet, der schon aus terminologischer Sicht nicht als feste Grösse betrachtet werden kann.

115 Kaiser, Formierung, S. 267.

116 Gysin, Brigitte: Sicht der Stadt und Selbstbild der christlichen Vereine im «frommen Basel». Anhand der Jahresberichte, Basel 1999 (unveröff. Lizentiatsarbeit Universität Basel).

117 Zit. nach Kaiser, Formierung, S. 267. Nipperdey, Thomas: Verein als soziale Struktur im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert, in: Boockmann, Hartmut u. a. (Hg.): Geschichtswissenschaft und Vereinswesen im 19. Jahrhundert. Beiträge zur Geschichte historischer Forschung in Deutschland, Göttingen 1972, S. 1–44. Nipperdey, soziale Struktur, S. 4, schreibt dazu weiter: «Die Kirche, die im paritätischen Staat und einer sich säkularisierenden Gesellschaft ihre Selbstverständlichkeit verlor, wurde ein Stück bürgerlicher Gesellschaft und nahm sogleich manche von deren Lebensformen auf, darunter eben das Organisationsmodell Verein. Um der anhebenden Verdrängung aus der Öffentlichkeit zu begegnen, das Volk (wieder) kirchlicher zu machen und für die kirchliche Selbstbehauptung zu aktivieren, musste die Kirche volkstümlicher werden – dem diente der Verein, der Amts- und Anstaltsstrukturen abschwächte. Es gibt kaum etwas, was den Siegeszug des Vereinswesens stärker bezeugt als diese Übernahme durch eine traditionelle soziale Macht wie die Kirche.»

118 Kaiser, Formierung, S. 268.

119 Ebd., S. 269.

120 Gysin, Selbstbild; Janner, Sara: Mögen sie Vereine bilden ... Frauen und Frauenvereine in Basel im 19. Jahrhundert, Basel 1995; Dies.: Zwischen Machtanspruch und Autoritätsverlust. Zur Funktion von Religion und Kirchlichkeit in Politik und Selbstverständnis des konservativen alten Bürgertums in Basel während des 19. Jahrhunderts, Basel 2007 (unveröff. Dissertation Universität Basel).

121 Die Ausnahme von der Regel: Organisationen wie die Basler Predigergesellschaft oder der Evangelische Schulverein figurierten im Adressbuch der Stadt Basel zu Beginn der Untersuchungsperiode noch unter dem Titel «Wissenschaftl. und Bildungsvereine».

122 Zentralkommission für Armenpflege und soziale Fürsorge in Basel (Hg.): Führer durch Basels Wohlfahrtseinrichtungen, Basel 1924; Verwaltung der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt (Hg.): Kirchlicher Wegweiser, Basel 1920.

123 «[...] it reminds us that the explicit indicators by which texts are designated and classified create expectations of the reading and anticipations of understanding. [...] A similar process takes place with purely formal or material indicators – the format and the image, for example. From the folio to smaller formats, a hierarchy exists that links the format of the book, the genre of the text, and the moment and mode of reading. In the eighteenth century Lord Chesterfield bore witness to this fact: ‹Solid folios are the people of business whith whom I converse in the morning. Quartos are the easier mixed company whith whom I sit after dinner; and I pass my evenings in the light, and often frivolous chitchat of small octavos and duodecimos.› [...] This hierarchy distinguished the book that had to be laid flat in order to be read; the humanist book, which was more manageable in its medium format and suitable for both classic and newer texts; and the portable book, the libellus, a pocketbook and bedside book with multiple uses and more numerous readers.» Chartier, Roger: Texts, Printing, Readings, in Hunt, Lynn (Hg.), The new cultural history, London 1986, S. 154–175, hier S. 167f.; Sarasin, Philipp: Subjekte, Diskurs, Körper. Überlegungen zu einer diskursanalytischen Kulturgeschichte, in: Hardtwig/Wehler, Kulturgeschichte heute, S. 131–164, S. 145f.

124 Sarasin, Philipp: Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse, Frankfurt a. M. 2003, S. 38f.

125 Sarasin, Diskursanalyse, S. 22, erläutert hier das Mentalitäts-Modell von Frantisek Graus.

126 Ebd., S. 29.

127 Peter Schöttler bezeichnet das Wort «Diskurs» als einen der erfolgreichsten internationalen Neologismen der letzten Jahrzehnte, in: Schöttler, Peter: Wer hat Angst vor dem «linguistic turn»?, in Geschichte und Gesellschaft 23 (1997), S. 134–151, S. 134.

128 Sarasin, Subjekte, S. 141. Auch der häufig anzutreffende Begriff «öffentlicher Diskurs» bezeichnet eine laut Schöttler «soziologisch bestimmbare räsonierende Öffentlichkeit, und keineswegs eine historisch spezifische, nach bestimmten impliziten Regeln funktionierende Redeweise.», Schöttler, Peter: Sozialgeschichtliches Paradigma und historische Diskursanalyse, in: Fohrmann, Jürgen, Harro Müller (Hg.), Diskurstheorien und Literaturwissenschaft, Frankfurt a. M. 1988, S. 159–199, S. 177.

129 Jones, Gareth Stedman: Languages of Class. Studies in English Working Class History 1832–1982, Cambridge 1983.

130 In diesem Sinne Schöttler, Mentalitäten, S. 102.

131 Sarasin, Subjekte, S. 158 (Hervorhebungen im Original).

132 «Eine Geschichte ist nie identisch mit der Quelle, von der diese Geschichte zeugt.» Koselleck, Reinhart: Standortbindung und Zeitlichkeit. Ein Beitrag zur historiographischen Erschliessung der geschichtlichen Welt, in: Ders., Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt a. M., 1985, S. 176–207 (11979), S. 204.

133 Sarasin, Diskursanalyse, S. 55f. Einen solchen Abwehrreflex, ja sogar «Angst» vor Fiktion konstatierte auch Schöttler, linguistic turn, S. 146ff.

134 Sarasin, Philipp: Autobiographische Ver-Sprecher. Diskursanalyse und Psychoanalyse in alltagsgeschichtlicher Perspektive, Werkstatt Geschichte 7 (1994), S. 31–41, S. 33.

135 Landwehr, Achim: Geschichte des Sagbaren: Einführung in die historische Diskursanalyse, Tübingen 2004, S. 12.

136 In diesem Sinne Landwehr, Diskursanalyse, S. 12, 104, 132; Sarasin, Diskursanalyse, S. 29f.

137 Sarasin, Subjekte, S. 157 (Hervorhebungen im Original).

138 Jones, Klassen, Politik und Sprache, S. 137.

139 So liest Sarasin, Diskursanalyse, S. 29, die Foucaultsche Zurückweisung des klassischen «Die-Zusammenhänge-verstehen».

140 Zum Diskursbegriff von Habermas vgl. u. a. Habermas, Jürgen, Der philosophische Diskurs der Moderne, Frankfurt a. M. 1985, S. 390ff.; Ders., Erläuterungen zur Diskursethik, Frankfurt a. M. 1991. Zit. in Schöttler, Wer hat Angst, S. 136ff.

141 Peter Schöttler weist auf die sprachanalytischen Fragestellungen hin, die die mentalitätshistorischen Projekte von Anfang an begleitet haben, in Schöttler, Paradigma, S. 161.

142 Schöttler, linguistic turn, S. 139.

143 Landwehr, Diskursanalyse, S. 104.

144 Ebd., S. 172.

145 Schöttler, Paradigma, S. 163f., bezieht sich hier auf Roland Barthes’ Aufsatz «Literatur oder Geschichte», Frankfurt a. M. 1969, S. 11–35; im französischen Original unter dem Titel «Litterature ou Histoire», in Ders., Sur Racine, Paris 1963, S. 145–167, in dem Barthes u. a. die klassische Frage nach dem Autor und seiner Intention zurückweist. Der Begriff «Möglichkeitsbedingungen» auch bei Roger Chartier: Die unvollendete Vergangenheit. Geschichte und die Macht der Weltauslegung, Berlin 1989, S. 15. Für Chartier muss sich jede historische Analyse von Diskursreihen auf die Frage nach den Möglichkeitsbedingungen von Aussagen einlassen.

146 Dazu u. a. Eder, Franz X.: Historische Diskurse und ihre Analyse – eine Einleitung, in Ders. (Hg.), Historische Diskursanalysen. Genealogie, Theorie, Anwendung, Wiesbaden 2006, S. 9–23, hier S. 13.

147 Landwehr, Diskursanalyse, S. 98.

148 Zit. nach Haslinger, Peter: Diskurs, Sprache, Zeit, Identität. Plädoyer für eine erweiterte Diskursgeschichte, in Eder, Historische Diskurse, S. 27–50, S. 29.

149 Zit. nach Schöttler, linguistic turn, S. 139.

150 So Foucault: Politics and the study of discourse, in: Burchell, Graham et al. (Hg.), The Foucalut effect. Studies in gouvernmentality, Londen u. a. 1991, S. 53–72, S. 63, zit. nach Landwehr, Diskursanalyse, S. 80.

151 Nach Landwehr, Diskursanalyse, S. 98.

152 Mergel, Thomas: Kulturgeschichte – die neue «grosse Erzählung»? Wissenssoziologische Bemerkungen zur Konzeptualisierung sozialer Wirklichkeit in der Geschichtswissenschaft, in Hardtwig/Wehler, Kulturgeschichte heute, S. 41–77, S. 70.

153 Sarasin, Subjekte, S. 161f. (Hervorhebungen im Original).

154 Ebd., S. 162.

155 Landwehr, Diskursanalyse, S. 101f.

156 Ebd., S. 129.

157 Jäger, Siegfried: Kritische Diskursanalyse. Eine Einführung, Duisburg 32001; Link, Jürgen et al. (Hg.): Elementare Literatur und generative Diskursanalyse, München 1983; Ders.: Was ist und was bringt Diskursdidaktik. Stichwort «Interdiskurs», in: KultuRRevolution 2, 1983, S. 60–66.

158 Eine Methode zur «Automatischen Diskurs-Analyse» entwickelte M. Pêcheux. Zusammenfassende Darstellung: Pêcheux, M. u. a.: Présentation de l’analyse automatique du discours. Théories, procédures, résultats, perspectives, in: Mots, Nr. 4, 1982, S. 95–122, zit. nach Schöttler, Mentalitäten, S. 114f. u. Anm. 125. «Automatisch» wird im Sinne von «nicht-subjektiv» verstanden, in der Tradition der «écriture automatique». Diese Methode ist laut Schöttler «äusserst aufwendig und kompliziert; sie eignet sich auch nur für den Vergleich von kurzen exemplarischen Texten [...]».

159 Dazu Link, Elementare Literatur, S. 16. Der Begriff des Interdiskurses bezeichnet dann nach Link sozusagen den grössten gemeinsamen Nenner zwischen den vorhandenen Spezialdiskursen (z. B. dem religiöser, juristischer Diskurs usw.). Nach Schöttler, Mentalitäten, S. 107.

160 Sarasin, Diskursanalyse, S. 8.

161 Haslinger, Diskurs, S. 45.

162 Ebd., S. 46ff.; Landwehr, Diskursanalyse, S. 106ff.

163 Sarasin, Subjekte, S. 144; Landwehr, Diskursanalyse, S. 106.

164 in diesem Sinne auch Landwehr, Diskursanalyse, S. 107f.

165 Ebd., S. 108f.

166 Ebd., S. 108ff.; ebenso Haslinger, Diskurs, S. 46f.

167 in diesem Sinne Landwehr, Diskursanalyse, S. 133.

168 Ein Abriss des Forschungsprojekts in Sarasin, Diskurse, S. 147ff.; ausführlich in Sarasin, Philipp: Reizbare Maschinen. Eine Geschichte des Körpers, 1765–1914, Frankfurt a. M. 2001.

169 D. h. die Art und Weise, wie Bücher ihre Leser durch Titel, Vorworte etc. auf ganz bestimmte Weise «prädisponieren», Sarasin, Diskurse, S. 147.

170 Vgl. dazu das Vorgehen bei Kuhlemann, Frank-Michael: Bürgerlichkeit und Religion. Zur Sozial und Mentalitätsgeschichte der evangelischen Pfarrer in Baden 1860–1914, Göttingen 2002, S. 232f. Kuhlemanns Diskursanalyse verschiedener Mentalitätsthemen basiert auf der protestantische Presse, d. h. Zeitschriften, Vereinsnachrichten, Mitteilungsblättern etc.

171 Diese 15 Themenkreise sind: 1) Juden, Antisemitismus; 2) Politik, Kirche u. Politik; 3) Armut, Arbeitslosigkeit, soziale Frage; 4) Basels protestantische Kirche, theologische Fakultät; 5) Katholizismus; 6) Nationalsozialismus, Krieg, Hitler; 7) Die eigene Zeitschrift; 8) Personen/Persönlichkeiten; 9) Andere Zeitschriften; 10) Neuer Lebensstil/Gesellschaft/Moderne; 11) Landesstreik; 12) Liebesgaben; 13) Vereinswesen; 14) Die Stellung der Frau in der Kirche; 15) Deutschland, Kirche u. Politik.

172 Eine sehr gute Einführung dazu: Mooser, Josef: Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Historische Sozialwissenschaft, Gesellschaftsgeschichte, in: Goertz, Hans-Jürgen (Hg.), Geschichte. Ein Grundkurs, Reinbeck b. Hamburg 32007, S. 568–591; Kocka, Jürgen: Sozialgeschichte. Begriff – Entwicklung – Probleme, Göttingen 21986; Mergel/Welskopp, Kultur und Gesellschaft.

173 Mooser, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, S. 585f.

174 Ebd., S. 586ff.


KAPITEL II
DIE EVANGELISCH-REFORMIERTE KIRCHE BASEL-STADT


1

DIE KIRCHE IN EINER STADT

1 – 1

AUSGEPRÄGTE KIRCHLICHE RICHTUNGEN

2

DIE ENTWICKLUNG DES MITGLIEDERBESTANDES

2 – 1

DIE STATISTISCHE ERFASSUNG KIRCHLICHER BINDUNGEN


« WIR GLAUBEN, DASS ES WEDER INNERKIRCHLICH, NOCH IM BLICK AUF DIE GROSSE ZAHL DER UNSERER KIRCHE ENTFREMDETEN VERANTWORTET WERDEN KANN, DIE KOMMENDEN WAHLEN ABERMALS IM ZEICHEN DER ALTEN SCHLAGWORTE ‹POSITIV› UND ‹FREISINNIG› VORZUBEREITEN UND DURCHZUFÜHREN. 1 »

1
DIE KIRCHE IN EINER STADT

Die Entwicklung der Evangelisch-reformierten Kirche in Basel seit der Erlangung ihrer teilweisen Unabhängigkeit und Verselbständigung vom Staat im Jahr 1911 ist gut dokumentiert. Auf eine Rekapitulation der Ereignisse wird deshalb an dieser Stelle verzichtet.2 Indessen ist es mit Blick auf die folgenden Untersuchungen von Bedeutung, einige Besonderheiten der Basler Kirche zu thematisieren.

Nach der Entflechtung von Kirche und Staat mit der neuen Verfassung blieb die Evangelisch-reformierte Kirche in Basel-Stadt eine Volkskirche – ohne ausdrücklichen Verzicht auf die Mitgliedschaft war und blieb jeder protestantische Kantonsbewohner der Kirche zugehörig.3 Die Neuregelung des Verhältnisses von Kirche und Staat selbst, von Kirchenrechtlern als «hinkende Trennung» oder «Basler Lösung»4 bezeichnet, war keine vollständige Trennung. Die Evangelisch-reformierte Kirche (ebenso wie die Christkatholische Kirche) hielten den öffentlich-rechtlichen Status bei, gaben sich eine eigene Verfassung und erhielten das Recht zugesprochen, von natürlichen Personen (Einkommens-)Steuern zu erheben. Die Kirche musste aber im Gegenzug selbst für ihre finanziellen Bedürfnisse aufkommen und stand unter Oberaufsicht des Regierungsrats.5 Die Kirchensteuern waren (und sind es noch heute) deshalb im gesamtschweizerischen Vergleich unter den höchsten.6 Streiff urteilt, die Bedingungen zur Finanzierung der reformierten Kirche in Basel müssten als «untypisch» bezeichnet werden, weil kein staatliches Kultusbudget und auch keine Steuern von juristischen Personen zur Finanzierung der Kirchen herangezogen werden könnten, was die Ertragslage erheblich schmälere.7 Die Evangelisch-reformierte Kirche Basel-Stadt verstand sich als «Gesamtkirchgemeinde»; Finanzhoheit, Berechtigung zum Steuerbezug, Ausgabenbudget und Zuständigkeit für den Unterhalt aller kirchlichen Gebäude lag dabei bei der Kantonalkirche und nicht bei den einzelnen Kirchgemeinden.8

1 – 1

AUSGEPRÄGTE KIRCHLICHE RICHTUNGEN

Trotz dieser starken Zentralisation war die Evangelisch-reformierte Kirche Basel eine «Betreuungskirche».9 Der Pfarrer betreute die Mitglieder seiner Kirchgemeinde, die in ihrer Entscheidung frei waren, die Angebote der Kirche wahrzunehmen oder nicht. Die Mitglieder der Kirchgemeinde konnten sich dabei für einen Pfarrer und seine religiöse Richtung entscheiden. Dabei war die markante Ausprägung der kirchlichen Richtungen ein wichtiges Charakteristikum der Basler Kirche. Der Gegensatz zwischen der liberalen Richtung des kirchlichen Freisinns und den orthodoxen Protestanten, den «Positiven», war so gross, dass bis in die 1960er-Jahre hinein faktisch jeweils zwei Kirchgemeinden nebeneinander Bestand hatten und sogar getrennte Abendmahlsfeiern durchgeführt wurden.10 Während die Liberalen oder Freiheitlichen eine Kirche befürworteten, welche neben Vernunft und Wissenschaft bestehen konnte, und sich unter anderem für eine Freigabe des apostolischen Glaubensbekenntnisses einsetzten, kämpften die sogenannten Positiven, die Anhänger des orthodoxen Protestantismus, der seit Mitte des 18. Jahrhunderts mit dem kirchlichen Pietismus zusammengewachsen war, gegen die Preisgabe ihrer konservativen Ideale.11 1874 wählte die Leonhardsgemeinde den ersten Reformtheologen in Basel zu ihrem neuen Pfarrer, bald darauf beschloss die Synode unter dem Einfluss des Reformvereins, des späteren Schweizerischen Vereins für freies Christentum, die «völlige Freigabe der Liturgie», die Taufe als Vorbedingung für die Konfirmation wurde für fakultativ erklärt.12 Die Übersicht über die Parteienstärken anhand der Synodalwahlen (Proporzsystem) in den Jahren 1918 bis 1954 zeigt, dass die Anhänger der Liberalen gegenüber den Positiven stets in der Minderzahl waren, allerdings ab 1942 mit steigender Tendenz:13


Nicht der erste, aber der bislang ernsthafteste und erfolgsversprechendste Versuch, dem macht- und parteipolitischen Gegeneinander in der Basler Kirche die Spitze zu nehmen, stammte von 17 Pfarrern beider Richtungen, darunter Fritz Buri, Robert Leuenberger, Werner Pfendsack und Felix Tschudi.14 Im Hinblick auf die Erneuerungswahlen der Kirchenbehörden im Frühjahr 1960 formulierten sie bereits im Mai 1959 einen Aufruf, ein «Wort zur Richtungsfrage in unserer Gemeinde».15 Ihr Anstoss für diese Initiative gab die kirchliche Realität: «Wir glauben, dass es weder innerkirchlich noch im Blick auf die grosse Zahl der unserer Kirche Entfremdeten verantwortet werden kann, die kommenden Wahlen abermals im Zeichen der alten Schlagworte ‹positiv› und ‹freisinnig› vorzubereiten und durchzuführen.»16 Die Unterzeichner des Aufrufs anerkannten die «geschichtliche Berechtigung» des kirchlichen Richtungswesens in Basel. Es ging ihnen nicht um die Einebnung der Unterschiede, sondern um eine konstruktive Zusammenarbeit für die Kirchenbesucher. Sie schlugen unter anderem vor, statt den bisher üblichen, nach Richtungen getrennten Wahllisten pro Kirchgemeinde nur noch eine gemeinsame Liste zusammenzustellen; dies auch als «Akt der Busse [...] im Blick auf die Vergangenheit unserer Kirche».17 Die Diskussionen um diesen Aufruf wurden vom Kirchenblatt und vom Kirchenboten in der Folge auf das theologische Feld geführt und dauerten mehrere Monate an. Für die Wahlen vom Mai 1960 lösten, dem Vorbild der Matthäusgemeinde folgend, acht der insgesamt zwölf damals bestehenden Kirchgemeinden ihre Richtungsvereine auf und bestritten die Wahlen mit je einer gemeinsamen Gemeindeliste.18

Wie entscheidend diese innerkirchliche Spaltung und insbesondere die zu Beginn der 1960er-Jahre allmähliche Aufweichung der Richtungsgegensätze für das Wirken und die Ausstrahlung der Evangelisch-reformierten Kirche in Basel war, wird im Lauf der vorliegenden Untersuchung klar werden.

Nicht zufällig, und dies führt zu einem weiteren Merkmal der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt, waren die Auseinandersetzungen auf kirchlicher Ebene ab Mitte des 19. Jahrhunderts stark von den parallel verlaufenden politischen Spannungen beeinflusst: Die revidierte Kantonsverfassung von 1875 ermöglichte den politischen Paradigmenwechsel vom Ratsherrenregiment zu einer repräsentativen Demokratie, von dem die Freiheitliche Partei (die «Radikalen») sogleich profitieren konnte und die Mehrheit im Grossen Rat errang. Zu der mit dem politischen Wechsel verbundenen Unsicherheit über Macht- und Statusverlust der konservativen, vormals «ständischen Geschlechter» gesellte sich durch die engen persönlichen Verflechtungen zwischen dem konservativen Stadtbürgertum und der Evangelisch-reformierten Kirche auch die Angst vor einem kirchlichen Überhandnehmen der Freiheitlichen. Zu dieser Zeit initiierte der konservative Ratsherr Adolf Christ die Gründung eines christlichen Vereinshauses, gedacht als Bündelung der Kräfte gegen den kirchlichen Freisinn. Die mit abnehmender Tendenz bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts andauernde starke Prägung der Kirche durch die konservative städtische Oberschicht spiegelte sich unter anderem in der Herkunft der Gemeindepfarrer: Von den 16 im Jahr 1870 ordinierten Gemeindepfarrern gehörten zwölf von ihnen eingesessenen Basler Familien an.19 Gemeinsam mit ihren Verwandten und anderen Angehörigen ihrer Schicht in Industrie und Politik waren sie einem «patriarchalischen Gesellschaftsbild verhaftet»20 und prägten seit dem frühen 19. Jahrhundert die Rede vom «Frommen Basel».21 Ein Beispiel dafür war Karl Sarasin, alteingesessener Basler Bürger, Unternehmer, Politiker und engagierter Christ.22

Durch die enge Verflechtung von weltlicher und kirchlicher Macht war die Basler Kirche lange Zeit eine ausgesprochene Staatskirche. «Solange die weltliche und die christliche Gemeinde sich deckten und die Obrigkeit bewusst eine christliche sein und ihr Volk als ein christliches regieren wollte, mochte das angehen.»23 Auch nach der Neuordnung von 1911 behielt die Evangelisch-reformierte Gemeinde ihren Charakter als Stadtkirche, als Kirche in einem urbanen Raum und blieb insofern auch dem «myth of the secular city»24 unterworfen. Antony J. Steinhoff meint damit die von Religionshistorikern in den 1960er- und 70er-Jahren vertretene Ansicht, dass die Säkularisierung eine unvermeidbare Begleiterscheinung der modernen Industriegesellschaft war und diese ihren Ort in der Stadt fand, wo die sozialen Unterschiede und die Komplexität und Vielfalt des Lebens in konzentrierter Form existierten.25 Inzwischen zeigt die neuere Forschung dagegen, dass die Tendenz, zwischen urbaner und ländlicher Religion eine tiefe Kluft zu postulieren, «als Übertreibung zu bewerten» ist und die Möglichkeiten religiöser Erfahrung in den Städten optimistischer und vielfältiger darzustellen ist, als lange angenommen.26 Auch wenn zweifellos traditionelle Formen der Kirchlichkeit durch die Urbanisierung in Frage gestellt wurden, forcierten die Bedingungen der Moderne nicht nur Prozesse der Entwurzelung und der Destabilisierung von traditionellen Gesellschaftsformen, sondern ermöglichten auch neue Formen (religiöser) Vergemeinschaftung.27

Vor diesem Hintergrund hat die Analyse von Veränderungsprozessen in der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt aus dem Blickwinkel einer Stadtkirche ihre Berechtigung. Es ist auf alle Fälle damit zu rechnen, dass sie in besonderer Weise von den Einflüssen der Urbanisierung und Modernisierung getroffen wurde, auf welche Weise auch immer sich diese bemerkbar gemacht haben.

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