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Читать книгу: «Die neue Magdalena», страница 22

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Meine Mutter und Schwestern tragen mir auf, Ihnen zu sagen, dass sie für den Fall Ihrer Rückkehr nach England sich sehr freuen würden, Ihre Bekanntschaft zu machen. Sie fühlen wie ich und können daher nicht vergessen, was auch Sie gelitten haben müssen. Ein herzliches Willkommen wartet Ihrer, wenn Sie zum ersten Male unser Haus betreten werden.

Ihr aufrichtigster

Horace Holmcroft.«

II.
Miss Grace Roseberry an Mister Horace Holmcroft

»Werter Mister Holmcroft!

Ich benutze einige freie Augenblicke, welche mir meine sonstigen Beschäftigungen übrig lassen, um Ihnen für Ihren höchst interessanten, entzückenden Brief zu danken. Wie gut Sie schildern können, wie scharf Sie urteilen. Stünde die Schriftstellerei als Handwerk etwas höher, so würde ich Ihnen beinahe raten – doch nein! Sie gehören nicht in diese Klasse; wie könnten Sie mit den Leuten, denen Sie doch wahrscheinlich dort begegnen würden, eine Gemeinschaft haben?

Unter uns gesprochen, ich fand stets, dass Mister Julian Gray überschätzt wurde. Ich will nicht sagen, dass er meine Ansicht gerechtfertigt hat; ich will nur sagen, dass ich ihn bedauern muss. Aber, Mister Holmcroft, wie können Sie mit Ihrem richtigen Urteil die beiden Dinge, zwischen welchen er jetzt zu wählen hat, auf eine Linie stellen? In Green Anchor Fields sterben oder jener Elenden in die Hände fallen – kann da ein Vergleich gezogen werden? Tausendmal besser auf dem Posten der Pflicht sterben, als eine Mercy Merrick heiraten.

Wie ich so den Namen niederschreibe, muss ich nur hinzufügen – um möglichst schnell diesen Gegenstand abgetan zu haben – dass ich voll Erwartung Ihrem nächsten Brief entgegensehe. Glauben Sie ja nicht, dass dem Neugierde zu Grunde liegt; wenn ich mich für dieses gesunkene, hinterlistige Weib interessiere, so geschieht es nur vom Standpunkte der Religion aus. Personen von meiner frommen Sinnesart ist sie ein schreckliches, warnendes Beispiel. Wenn sich dann einmal das Böse in mir regen will, so soll es mir ein heilsames Mittel sein, an Mercy Merrick zu denken!

Arme Lady Janet! Die Zeichen der Abnahme ihrer Geisteskräfte, die Sie in so gefühlvoller Weise andeuten, habe ich schon bei meiner letzten Unterredung mit ihr in Mablethorpe-House bemerkt. Wollen Sie ihr bei Gelegenheit sagen, wie sehr ich ihr jetzt und immerdar Gutes wünsche. Und bitte, fügen Sie auch hinzu, dass ich es nicht unterlasse, ihrer im Gebete zu gedenken.

Ich habe eben jetzt Absicht, gegen Ende des Herbstes auf Besuch nach England zu kommen. Mein Schicksal hat sich, seitdem ich das letzte Mal schrieb, einigermaßen verändert. Ich bin als Vorleserin und Gesellschafterin bei einer Dame, deren Mann hier in diesem Weltteile einer unserer höchsten Gerichtsbeamten ist. Er selbst interessiert mich nicht viel; er ist ein Mann, der sozusagen, sich selbst zu dem gemacht hat, was er ist. Seine Frau gefällt mir sehr. Nicht bloß, dass ihre Geistesrichtung eine gediegene ist, überragt sie auch ihren Mann beiweitem – wie Sie selbst sehen werden, wenn ich Ihnen sage, dass sie mit den Gommerys of Pommery verwandt ist; nicht die Pommerys of Gommery, welche, wie Sie durch Ihre Kenntnis unserer vornehmen Familien wissen werden, mit der jüngeren Linie dieses alten Stammes nur verschwägert sind.

Somit fühle ich mich in meiner gegenwärtigen, feinen und fördernden Umgebung ganz glücklich; nur eine Schattenseite ist dabei. Das Klima von Kanada wirkt ungünstig auf die Gesundheit meiner gütigen Herrin, und die Ärzte raten ihr, einen Winter in London zuzubringen. In diesem Falle genieße ich das Vorrecht, sie zu begleiten. Es ist wohl kaum nötig, besonders hinzuzufügen, dass da mein erster Besuch Ihrem Hause gilt. Ich fühle mich jetzt schon mit Ihrer Mutter und Ihren Schwestern durch Sympathie verbunden. Es besteht eine Art von Freimaurerei zwischen allen Frauen von Stand – finden Sie nicht auch? Mit vielem Danke und den besten Empfehlungen bleibe ich, in freudiger Erwartung Ihres nächsten Briefes, Mister Holmcroft,

Ihre aufrichtige

Grace Roseberry.«

III.
Mister Horace Holmcroft an Miss Grace Roseberry

»Teure Miss Roseberry!

Entschuldigen Sie freundlichst mein langes Schweigen; ich habe von einer Post zur anderen gewartet, in der Hoffnung, Ihnen endlich gute Nachrichten geben zu können; allein es wäre nutzlos, nun noch länger zu warten. Meine schlimmsten Ahnungen sind eingetroffen; ich muss heute die peinliche Pflicht gegen Sie erfüllen, Ihnen Dinge zu schreiben, die Sie überraschen und auf das Unangenehmste berühren werden.

Ich will Ihnen die Ereignisse in der Reihenfolge schildern, wie sie nacheinander eintraten. Auf diese Weise nur kann ich hoffen, Sie allmählich auf das vorzubereiten, was Sie nun hören sollen.

Ungefähr drei Wochen, nachdem ich Ihnen zum letzten Male geschrieben hatte, ereilte Julian Gray die Strafe für seine voreilige Unbesonnenheit. Damit soll nicht gesagt sein, dass er von der Gewalttätigkeit der Leute zu leiden hatte, in deren Mitte er freiwillig seinen Wirkungskreis verlegt. Im Gegenteile, er hat, so unglaublich es auch scheinen mag, in günstiger Weise auf diese rohen Naturen gewirkt. Wie es mir vorkommt, flößte ihnen zuerst der Mut Achtung ein, mit dem er sich allein unter sie wagte, und schließlich sahen sie selbst ein, dass er nur auf ihr Wohl bedacht war. Dagegen ist er der zweiten Gefahr, von der ich in meinem letzten Brief sprach, zum Opfer gefallen – nämlich jener, die ihm durch die dort herrschenden Krankheiten drohte.

Schon als er seine Wirksamkeit in der Gegend kaum begonnen hatte, war dort überall Fieber ausgebrochen, und als wir hörten, dass auch Julian davon ergriffen worden sei, war es bereits zu spät, um ihn aus seiner Behausung und Umgebung fortzubringen. Ich zog sogleich, als die Nachricht uns zukam, persönliche Erkundigungen über seinen Zustand ein und erhielt von dem ihn behandelnden Arzt die Auskunft, dass er nicht für sein Leben einstehen könne.

Unter diesen aufregenden und beunruhigenden Verhältnissen bestand die arme Lady Janet – wie gewöhnlich unvernünftig und der Eingebung des Augenblicks folgende – darauf, Mablethorpe-House zu verlassen und in die Nähe ihres Neffen zu ziehen.

Es war unmöglich, sie davon zu überzeugen, dass es eine Torheit sei, in ihrem Alter die Bequemlichkeiten des eigenen Hauses ohneweiters aufzugeben, und so blieb mir nichts übrig, wollte ich meine Pflicht erfüllen, als sie zu begleiten. Wir fanden Unterkunft, wie es eben möglich war, in einem Gasthause, welches, am Flusse liegend, besonders von Schiffskapitänen und Handlungsreisenden besucht wird. Ich übernahm es, die beste ärztliche Hilfe zu verschaffen, da Lady Janet in ihrem unsinnigen Vorurteile gegen Ärzte überhaupt diesen wichtigsten Teil aller Anordnungen ganz mir überließ.

Ich will Sie nicht damit ermüden, Ihnen das Nähere über Julians Krankheit ausführlich zu erzählen.

Das Fieber nahm seinen gewöhnlichen Verlauf, wobei stets in gewissen Zwischenräumen Delirium und Erschöpfung abwechselten.

Spätere Ereignisse, die ich Ihnen leider erzählen muss, zwingen mich, wenngleich so kurz als möglich, bei dem peinlichen Gegenstande des Deliriums zu verweilen. Im Allgemeinen, sagt man mir, zeige sich in den Phantasien fieberkranker Personen eine gewisse Mannigfaltigkeit der sie erfüllenden Gegenstände; Julian jedoch blieb fort und fort bei einem und demselben. Er sprach unaufhörlich von Mercy Merrick, und seine stete flehende Bitte an die ihn wartenden Ärzte war, nach ihr zu schicken, damit sie ihn pflege. Tag und Nacht hatte er nur diesen einen Gedanken im Kopfe, diesen einen Namen auf den Lippen.

Natürlich erkundigte sich seine ärztliche Umgebung nach der Abwesenden. Ich war genötigt, im Vertrauen ihnen die Verhältnisse klar auseinander zu setzen.

Der prächtige Mensch, der Arzt, welchen ich zur Führung der Oberaufsicht über die Behandlung herbeigerufen hatte, benahm sich bewunderungswürdig. Obgleich aus einer niederen Klasse allmählich emporgestiegen, hat er doch, so sonderbar es klingt, das feine Taktgefühl eines Gentleman. Er verstand unsere qualvolle Lage vollkommen und erkannte auch, wie wichtig es sei, das Erscheinen einer Person, wie Mercy Merrick, am Krankenbette um jeden Preis zu verhindern. Eine besänftigende Arznei, für diese Worte konnte sein Ansehen Bürge sein, sei alles, was in diesem Falle nottue. Der Doktor der Gegend andererseits, ein junger Mann und offenbar ein wütender Radikaler, erwies sich als eigensinnig und, in Anbetracht seiner Stellung, sogar dreist.

»Was kümmert mich der Charakter der Dame und Ihre Meinung darüber«, sagte er zu mir. »Meine Sache ist es nur, nach bestem Gewissen Ihnen die Mittel zu zeigen, durch welche der Kranke möglicherweise am Leben erhalten werden kann. Unsere Kunst vermag hier nichts mehr. Schicken Sie nach Mercy Merrick, gleichviel wer oder was sie sei. Es ist ganz wohl möglich – besonders wenn sie Gemüt und die Eigenschaften einer guten Wärterin besitzt – dass er, zu Ihrer aller Erstaunen, sie erkennt. Nur auf diese Art ist seine Genesung wahrscheinlich. Wenn Sie jedoch seine flehenden Bitten noch weiter unberücksichtigt lassen, wenn das Delirium noch vierundzwanzig Stunden anhält, so ist er tot.«

Lady Janet war unglücklicherweise anwesend, als diese ziemlich unverschämte Ansicht an dem Krankenbett ausgesprochen wurde.

Muss ich Ihnen sagen, was darauf folgte? Aufgefordert, nun zu wählen zwischen den Verhaltungsbefehlen eines Arztes mit einem jährlichen Einkommen von fünftausend Pfund und der sicheren Aussicht auf die nächste medizinische Baronie einerseits und den unaufgefordert abgegebenen Ratschlägen eines unbekannten medizinischen Empirikers von East End Londons, der sich im Jahre kaum auf fünfhundert Pfund steht, andererseits, muss ich Ihnen sagen, wofür sich die Lady entschied? Sie kennen Sie; und Sie werden darum nur zu gut begreifen, dass sie nichts Eiligeres zu tun hatte, als einen dritten Besuch im Besserungshause abzustatten.

Zwei Stunden später – ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass ich nicht übertreibe – saß Mercy Merrick an Julians Krankenlager.

Die Entschuldigung dafür war natürlich, dass sie es als ihre Pflicht ansehe, durch keine selbstsüchtigen Bedenken der Rettung des Kranken im Wege zu stehen, wenn ärztliche Autorität sich dahin ausspreche, dass sie dieselbe herbeiführen könne. Es wird Sie nicht überraschen, zu hören, dass ich mich daraufhin von dem Schauplatz zurückzog. Der erste Arzt folgte meinem Beispiel, nachdem er das besänftigende Arzneimittel verschrieben hatte und durch die Weigerung des Empirikers, dasselbe anzuwenden, gröblich beleidigt worden war. Ich kehrte im Wagen des Arztes mit ihm zurück; er sprach mit viel Empfindung und Anstand. Wenn er auch keine bestimmte Ansicht äußerte, konnte ich doch sehen, dass er die Hoffnung auf Julians Wiederherstellung gänzlich aufgab. »Wir stehen in Gottes Hand, Mister Holmcroft«, waren seine letzten Worte, als ich vor dem Hause meiner Mutter ausstieg.

Kaum habe ich jetzt den Mut, fortzufahren. Käme es nur auf meine Wünsche an, so müsste ich wohl hier die Feder fallen lassen.

Lassen Sie mich wenigstens rasch zu Ende kommen. Nach Ablauf von zwei oder drei Tagen erhielt ich die erste Mitteilung über den Kranken und seine Pflegerin. Lady Janet schrieb mir, dass er sie erkannt habe. Nach diesem war ich auf das Weitere schon vorbereitet. Der nächste Bericht meldete, dass er sich allmählich kräftiger fühle und außer Gefahr sei. Hierauf kehrte Lady Janet nach Mablethorpe-House zurück. Ich sprach vor einer Woche dort vor – und erfuhr, dass er nach der Küste gebracht worden sei. Gestern nun ging ich wieder hin – und erhielt aus der Lady eigenem Munde die neueste Mitteilung. Meine Feder vermag sie kaum niederzuschreiben: Mercy Merrick hat darein gewilligt, ihn zu heiraten.

Eine Beschimpfung der ganzen Gesellschaft – als diese betrachten meine Mutter und Schwestern das Unerhörte; und so werden auch Sie die Sache ansehen. Meine Mutter hat mit eigener Hand Julians Namen von der Liste ihrer Gäste gestrichen; und die Diener haben den Auftrag, wenn er sich einfallen lassen sollte, vorzusprechen, ihn mit »Nicht zu Hause« abzuweisen.

Ich bin leider nur zu richtig beraten, wenn ich Ihnen von dieser schmählichen Heirat als von einer abgemachten Sache schreibe. Lady Janet ging so weit, mir die Briefe zu zeigen – einen von Julian; einen anderen von der Person selbst. Stellen Sie sich vor, Mercy Merrick in Korrespondenz mit Lady Janet Roy! – die sie noch dazu mit: »Meine teure Lady Janet!« anredet und der sie sich mit »Ihre Sie liebende« unterschreibt!

Ich hatte nicht die Geduld, einen der beiden Briefe durchzulesen. Die Art und Weise, wie Julian schreibt, ist die eines Sozialisten; nach meiner Meinung sollte sein Bischof davon in Kenntnis gesetzt werden. Was sie betrifft, so spielt sie ihre Rolle mit der Feder ebenso gut, wie sie dies mit der Zunge getan. »Ich kann mir nicht verhehlen, dass ich unrecht tue, indem ich nachgebe ? Traurige Ahnungen erfüllen mich, wenn ich an die Zukunft denke… mir ist, als müsste der erste verächtliche Blick, der auf meinen Gatten fällt, mein Glück zerstören, wenn er auch ihn nicht irre macht… So lange ich von ihm getrennt war, konnte ich meine Schwäche bemeistern; konnte ich mein hartes Schicksal tragen. Aber wie soll ich ihm widerstehen, nachdem ich nun wochenlang an seinem Krankenlager gewacht; nachdem ich, ihm langsam zur Genesung verhelfend, sein erstes Lächeln gesehen, seine ersten Dankesworte gehört habe?«

In diesem Tone lautete ihr ganzer vier engbeschriebene Seiten füllender Brief voll widerlicher Demut und auf Effekt berechneter Sentimentalität. Es wäre wahrlich genug, um einem alle Frauen verabscheuungswürdig zu machen. Gott sei Dank, ich habe den Gegensatz zur Hand, um mich zu erinnern, was man den wenigen Besseren ihres Geschlechtes schuldig ist. Ich fühlte, wie meine Mutter und Schwestern mir jetzt noch einmal so wert sind. Darf ich bei diesem tröstlichen Gedanken auch noch hinzufügen, dass ich mit kaum geringerer Dankbarkeit das Vorrecht zu schätzen weiß, welches mir die Korrespondenz mit Ihnen gewährt?

Nun leben Sie wohl. Ich fühle mich in meinen tiefsten Überzeugungen zu hart getroffen, und bin zu traurig und entmutigt, um mehr schreiben zu können. Meine besten Wünsche begleiten Sie, teure Miss Roseberry, bis wir uns wiedersehen.

Ihr aufrichtigster

Horace Holmcroft.«

IV.
Auszüge aus dem Tagebuche des hochwürdigen Mister Julian Gray

Erster Auszug

»…Heute ist es ein Monat, dass wir verheiratet sind! Da habe ich nur eines zu sagen: Ich würde gerne alles, was ich zu leiden hatte, noch einmal durchleiden, um auch diesen einen Monat nochmals durchleben zu können. Ich wusste nicht, was Glück sei, bis jetzt. Und, was noch besser ist, ich habe Mercy überzeugt, dass dies alles ihr Werk ist. Ich habe ihre Besorgnisse zerstreut; sie muss sich dem sichtbaren Beweis gegenüber fügen und eingestehen, dass sie das Glück meines Lebens ausmacht.

Morgen gehen wir zurück nach London. Sie verlässt nur ungern die ruhige Abgeschiedenheit dieses entfernten Küstenortes – sie fürchtet die Veränderung. Ich kehre mich daran nicht. So lange ich meine Frau bei mir habe, ist es mir einerlei, wohin ich gehe.«

Zweiter Auszug

»Die erste Wolke hat sich über unseren Häuptern zusammengezogen. Eben trat ich unerwartet in das Zimmer und fand sie in Tränen.

Mit nicht geringer Schwierigkeit konnte ich sie dazu bewegen, mir zu sagen, was vorgefallen war. Gibt es eine Grenze für das Unheil, das die Zunge einer törichten Frau anrichten kann? In diesem Falle war dies meine Hauswirtin. Wir hatten noch keinen bestimmten Plan für die Zukunft gefasst und kehrten darum, zum Unglück, wie die Ereignisse bewiesen haben, in die Wohnung in London zurück, welche ich als Junggeselle bewohnte hatte. Ich kann sie noch sechs Wochen hindurch benützen, und so wollte Mercy mir nicht erlauben, dass ich mich durch einen Aufenthalt im Gasthof in Unkosten stürze. Heute morgens beim Frühstück war ich so unvorsichtig, in Gegenwart meiner Frau die befriedigende Beobachtung zu machen, dass sich in meiner Abwesenheit einer geringere Anzahl Briefe und Karten, als sonst, angesammelt hatte. Nach dem Frühstück musste ich ausgehen. Von einer peinlichen Empfindsamkeit für jede Veränderung getrieben, welche möglicherweise im Zusammenhange mit meiner Verheiratung, in meiner Stellung zur großen Welt, eintreten konnte, befragte Mercy während meiner Abwesenheit die Hauswirtin um den Grund dieser verringerten Teilnahme von Seiten meiner Besucher und Korrespondenten. Die Person ergriff die Gelegenheit, um über mich und meine Angelegenheiten zu plaudern, und der rasche Blick meiner Frau zog daraus sofort den untrüglich richtigen Schluss. Meine Verheiratung hat gewisse kluge Familienhäupter veranlasst, ihre gesellschaftlichen Verbindungen mit mir abzubrechen. Die Tatsachen sprechen, unglücklicherweise, selbst für sich. Leute, welche in früheren Jahren mich zu besuchen und einzuladen pflegten – oder welche, wenn ich abwesend war, mir zu dieser Zeit zu schreiben pflegten – haben sich jetzt mit einer bemerkenswerten Einmütigkeit jedes solchen Zeichens der Teilnahme enthalten.

Es wäre in diesem Falle leere Zeitverschwendung gewesen – nicht zu reden von dem Mangel an Vertrauen gegen meine Frau, den es bewiese – hätte ich es versucht, durch ein Bekämpfen von Mercys Schlussfolgerung die Sache niederzuschlagen. Ich konnte sie nur befriedigen, dass ich ihr zeigte, wie in mir auch nicht der Schatten einer Enttäuschung oder Kränkung über das Benehmen der Gesellschaft Raum fand. Auf diese Weise ist es mir bis zu einem gewissen Grade gelungen, meinen armen kleinen Liebling zu beruhigen. Allein die Wunde ist einmal geschlagen und wird gefühlt. Diese Wirkung kann man sich nicht verhehlen. Dieser muss ich kühn ins Auge schauen.

So geringfügig dieser Vorfall auch an und für sich erscheint, hat er mich doch bereits zu einem Entschluss geführt. Wenn ich für meinen künftigen Lebenslauf einen Plan entwerfe, so will ich nunmehr nach meiner eigenen Überzeugung handeln – anstatt dem wohlgemeinten Rat jener Freunde, die mir noch geblieben, den Vorzug einzuräumen.

Der unbedeutende Erfolg, den ich im Leben gehabt, ward mir nun durch die Kanzel zuteil. Ich bin, wie man sich ausdrückt, ein populärer Prediger, allein niemals habe ich in meinem geheimsten Inneren eine übermäßige Freude wegen der Popularität meines Namens empfunden, noch eine besondere Meinung von den Mitteln gehabt, durch welche ich dazu gekommen bin. Zuerst halte ich nicht viel vom Werte der Redekunst, als einer geistigen Befähigung. Es gibt keine zweite Kunst, bei der die Bedingungen des Erfolgs so leicht erreichbar sind, und bei deren Ausübung so viel rein Oberflächliches gewohnheitsmäßig für etwas tief Durchdachtes gehalten wird. Dann wieder, wie arm ist sie in den Resultaten, die sie erzielt! Ich nehme meinen eigenen Fall. Wie oft zum Beispiel habe ich mit Leib und Seele gegen die frivole Extravaganz in der Kleidung der Frauen – gegen das Widerliche ihrer falschen Haare, ihrer Pulverchen und Schminken geeifert! Wie oft, um ein anderes Beispiel zu gebrauchen, habe ich die Käuflichkeit und materielle Richtung des jetzigen Zeitalters, die gewohnheitsmäßige Korruption und Unredlichkeit im Handel, wie sich bei Hoch und Nieder zeigt, an den Pranger gestellt. Was habe ich damit Gutes geschaffen? Ich habe eben diejenigen entzückt, denen ich einen Verweis geben wollte. »Eine reizende Predigt! Beredter als je! Ich fürchte sonst die Predigt in der Kirche – wissen Sie, jetzt sehe ich ihr fast sehnsüchtig entgegen.« – Derart ist die Wirkung, die ich am Sonntag hervorbringe. Am Montag – da eilen die Frauen wieder in die Putzläden, um mehr als je Geld zu verschwenden; da gehen die Städter wieder ihren Geschäften nach, um dabei mehr als je Geld zu gewinnen – indes mein Kaufmann in seinem Sonntagskleid meines Lobes voll, sich am Wochentage die Ärmel aufstülpt und fröhlich, wie gewöhnlich, seinem Lieblingsprediger den Zucker verfälscht liefert!

Ich habe es oft in vergangenen Jahren gefühlt, dass sich mit diesen hier angeführten Widerwärtigkeiten dem Verfolgen meiner Laufbahn Hindernisse entgegen stellen. Ich empfand dies voll Bitterkeit in jenem Augenblicke, als ich auf das Amt eines Geistlichen verzichtete, und auch jetzt wirken sie in hohem Grade bestimmend auf mich ein.

Ich bin der leicht errungenen Erfolge auf der Kanzel überdrüssig. Die Tätigkeit unter den Unglücklichen von Green Anchor Fields flößte mir Achtung vor mir selbst, Liebe und Zuversicht in meinen Beruf ein. Aber ich kann und darf nicht dahin zurückkehren: ich habe jetzt kein Recht, mit meiner Gesundheit und meinem Leben zu spielen. Es bleibt mir keine Wahl, als mein Predigeramt wieder aufzunehmen, oder England zu verlassen. Inmitten eines ursprünglichen Volkes, wo es keine Städte gibt – im fernen, fruchtbaren Westen des großen amerikanischen Festlandes – könnte ich mit meiner Frau glücklich leben und meinen Nebenmenschen Gutes tun; in unseren Bedürfnissen durch das bescheidene, kleine Einkommen gedeckt, welches hier für mich keinen Wert hat. So male ich mir ein Leben voll Liebe, Frieden und Glück, mit Pflichten und Beschäftigungen, die eines Christen würdig sind. Was dagegen liegt vor mir, wenn ich dem Rate meiner Freunde folge und hier bleibe? Eine Tätigkeit, deren ich überdrüssig bin, weil ich schon lange aufgehört, sie zu achten; kleinliche Bosheit, die in der Person meiner Frau mich angreift und sie kränkt und demütigt, wohin sie sich wenden mag. Hätte ich bloß an mich zu denken, so böte ich auch der ärgsten Bosheit Trotz. Aber ich muss an Mercy denken – Mercy, die mir teurer ist, als mein eigenes Leben! Die armen Frauen, sie leben nur in der Meinung anderer.

Das eine Beispiel hat mich bereits gelehrt, was meine Frau in der Nähe meiner Freunde zu leiden hätte – der Himmel verzeihe, wenn ich dieses Wort missbrauchen muss! Soll ich Sie vorsätzlich neuen Kränkungen aussetzen? – Und dies um einer Laufbahn willen, deren Lohn ich längst nicht mehr schätze? Nein! Wir wollen beide glücklich – wir wollen beide frei sein! Gott ist gnädig, die Natur freundlich, die Liebe wahr, in der neuen wie in der alten Welt. So wollen wir fort – nach der Neuen!«

Возрастное ограничение:
0+
Дата выхода на Литрес:
06 декабря 2019
Объем:
400 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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