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Kap. 3 Die bisherige Entwicklung von Finanzinstrumenten

A. Einführung

Im folgenden Abschnitt wird zunächst begrifflich eingegrenzt, was unter einem Finanzinstrument zu verstehen ist (Abschn. B). Anschließend werden die an den Finanzmärkten verwendeten Finanzinstrumente und deren Einsatzmöglichkeiten kategorisiert und die Risikostruktur der betreffenden Transaktionen näher beleuchtet. Dabei sind nicht nur die im bilateralen Verhältnis zu tragenden Risiken zu betrachten, sondern insbesondere auch die Möglichkeiten, dass es im Rahmen der Transaktion zu einer Risikoexternalisierung bzw. -verkettung kommt (Abschn. C–O). Schließlich ist in Betracht zu ziehen, dass die Risikobeurteilung gerade im Falle des Einsatzes komplexer Finanzinstrumente dadurch erschwert werden kann, dass verschiedene Finanzinstrumente und die damit verbundenen Risiken im Rahmen einer Finanzmarkttransaktion kombiniert werden. Deshalb schließt das Kapitel mit einem illustrierenden Beispiel, in dem eine mögliche derartige Finanzmarkttransaktion dargestellt wird und die dabei relevanten Risiken herausgearbeitet werden (Abschn. P).

B. Der Begriff des Finanzinstruments
I. Allgemeines

Diese Arbeit geht von der Feststellung aus, dass Finanzinstrumente innerhalb des bestehenden Finanzaufsichtsrechts einen eigenständigen Regulierungsgegenstand bilden. Sie wählt dabei zwar grundsätzlich die Perspektive des europäischen bzw. deutschen Aufsichtsrechts, muss aber der Tatsache Rechnung tragen, dass die betreffenden Finanzmarkttitel auch an Märkten gehandelt werden, die über einzelne Rechtsordnungen hinausreichen. Die Untersuchung muss also einerseits soweit gefasst werden, dass alle Rechtstitel, bei denen sich vergleichbare Fragen zu Risiken als Gegenstand des hiesigen Aufsichtsrechts stellen, von den nachfolgenden Überlegungen erfasst werden können. Andererseits kommt aus praktischen Erwägungen heraus nur eine Untersuchung von Finanzmarkttiteln aus bestimmten Rechtsordnungen in Betracht. Die Untersuchung in der vorliegenden Arbeit soll nur auf Finanzinstrumente im Sinne des Rechts der EU und des U.S.-Rechts bezogen werden.

In den folgenden beiden Abschnitten werden der Begriff des Finanzinstruments (EU-Recht) und der entsprechende Begriff der security (U.S.-Recht) eingegrenzt, bevor in anschließend die wesentlichen Gruppen der bisher an den Finanzmärkten gehandelten Instrumente vorgestellt und die mit ihrem Einsatz verbundenen Risiken näher beschrieben werden.

II. Finanzinstrumente im EU-Recht

Der Begriff des „Finanzinstruments“ hat erst über das EU-Recht Eingang ins deutsche Recht gefunden. Eine Eingrenzung dessen, was unter „Finanzinstrumenten“ verstanden wird, ist schwierig. Diese Schwierigkeiten rühren daraus, dass es sich um einen Sammelbegriff für viele und verschiedene, aber gleichwohl nicht alle Finanzmarkttitel handelt.94

Die Richtlinie 2014/65/EU über Finanzinstrumente (MiFID II) bezeichnet als „Finanzinstrumente“ übertragbare Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Investmentfondsanteile, Derivate (mit den in der Richtlinie im Einzelnen aufgeführten Merkmalen) und Emissionszertifikate.95 Eine ähnliche Definition von Finanzinstrumenten enthielten auch frühere EU-Rechtsakte.96 Die Entwicklung des Begriffs „Finanzinstrumente“ wurde bereits von anderen Autoren nachgezeichnet.97 Es genügt hier festzuhalten, dass aus regulatorischer Sicht grundsätzlich alle börslich und außerbörslich gehandelten Wertpapiere und Wertrechte (Finanzmarkttitel) als „Finanzinstrumente“ bezeichnet werden können.

Der Begriff umfasst somit insbesondere Eigen- und Fremdkapitalinstrumente, wobei erstere Eigentümerrechte und letztere Forderungen (Zahlungsansprüche) verbriefen. Darüber hinaus erstreckt er sich auf Derivate. Derivate sind, anders als Eigen- und Fremdkapitalinstrumente, nicht auf einen Leistungsaustausch gerichtet („verbrieftes Recht gegen Geld“). Sie haben vielmehr nur Risiken zum Gegenstand. Im Einzelnen handelt es sich bei Derivaten um Verträge, die künstliche, genau gegenläufige Risiken in Bezug auf einen Referenzwert (z.B. einen Rohstoffkurs) schaffen und eine einzige Leistung in Abhängigkeit davon vorsehen, ob sich die Risiken zugunsten der einen oder der anderen Partei realisieren.98 Man unterscheidet zwei Grundtypen je nachdem, ob die Risikostruktur des Derivats symmetrisch (Festgeschäft) oder asymmetrisch (Option) ist.99 Die Eigenschaften von Eigen- und Fremdkapitalinstrumenten sowie Derivaten werden in den folgenden Abschnitten detaillierter beschrieben.

Das deutsche Recht kennt seit Erlass des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) gleichfalls „Finanzinstrumente“ (vgl. § 2 Abs. 4 [= Abs. 2b a.F.] WpHG). Der Begriff dürfte innerhalb der hergebrachten Rechtspraxis für die an den Geld- und Kapitalmärkten umlaufenden Instrumente dem dort bisweilen verwendeten Begriff der „Effekten“ entsprechen.100 Die Bezeichnung „Finanzinstrumente“ ist auf das Bestreben des Gesetzgebers zurückzuführen, die EU-rechtlichen Vorgaben unionsrechtskonform umzusetzen.101 Sie ist für das gesamte heutige deutsche Kapitalmarktrecht maßgeblich, das entsprechend den EU-Vorgaben nicht mehr voraussetzt, dass Finanzmarkttitel in einer Urkunde verkörpert sind, sondern auch nicht verkörperte Titel (z.B. Derivate) als Finanzinstrumente erfasst.

Allerdings bevorzugt der deutsche Gesetzgeber traditionell den Begriff des „Wertpapiers“. Dies klingt beispielsweise noch in der Bezeichnung „Wertpapierhandelsgesetz“ nach.102 Wertpapieren ist nach herkömmlichem deutschem Verständnis gemeinsam, dass sie Rechte umlauffähig machen, wobei die Umlauffähigkeit dadurch erreicht wird, dass das Innehaben einer Urkunde (= des Papiers) genügt und erforderlich ist, um die Berechtigung nachzuweisen.103 Finanzinstrumente, welche diese Voraussetzungen nicht erfüllen, sind grundsätzlich keine Wertpapiere. Auch der Begriff des „Wertpapiers“ wird freilich im deutschen Recht seit jeher nicht durchgängig verwendet und hat auch keinen einheitlichen Begriffsinhalt. So taucht er zwar verschiedentlich im Bürgerlichen Gesetzbuch auf.104 Ebenso ist er dem Handelsgesetzbuch bekannt.105 Es handelt sich aber im Wesentlichen nur um einen Sammelbegriff, mit dem das Gesetz auf die Rechtstitel Bezug nimmt, auf welche bestimmte Regelungen z.B. zur Sicherheitenbegebung, Hinterlegung oder zu Haftungsfragen anzuwenden sind. Auch wo das Gesetz inhaltsbestimmende Regelungen zu einzelnen Wertpapieren enthält, werden Wertpapiere in einem bestimmten Regelungszusammenhang und nicht allgemein adressiert.106 Demgegenüber wurden nicht verkörperte Finanzinstrumente lange nicht einmal als Wertpapiere angesehen, sondern als Rechtsgeschäfte behandelt (z.B. Optionsgeschäft, Festgeschäft).107

Das EU-Recht hatte schon vor der Richtlinie 2014/65/EU einen abweichenden Ansatz verfolgt. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Begrifflichkeit in den deutschen Fassungen von EU-Vorschriften zum Teil durchaus an traditionellen wertpapierrechtlichen Begriffen orientiert oder diese übernimmt.108 So nutzen auch einige (ältere) EU-Rechtsakte nicht den Begriff des „Finanzinstruments“, sondern gehen ebenfalls vom Begriff des Wertpapiers bzw. übertragbaren Wertpapiers (transferable security) aus. Beispiele sind die Prospekt- und die Transparenzrichtlinie.109 Der Begriff des übertragbaren Wertpapiers findet sich auch noch als Teilkategorie in der zuvor angesprochenen Richtlinie 2014/65/EU.110 Die engere Begrifflichkeit in den betreffenden Rechtsakten ist freilich dem Sachzusammenhang geschuldet oder hat einen kompetenzrechtlichen Hintergrund. Damit soll also nicht etwa die Übernahme des traditionellen deutsche Wertpapierkonzepts indiziert werden. So bezieht sich der Wertpapierbegriff in Verordnung 1129/2017, ebenso wie schon in der davon zum 21. Juli 2019 abgelösten Prospektrichtlinie 2003/71/EG, auf alle öffentlich angebotenen oder zum Handel an geregelten Märkten zugelassenen Dividendenwerte und Nichtdividendenwerte, bei denen dem EU-Gesetzgeber eine Prospektpflicht geboten erschien, allerdings nicht auf lediglich bilateral gehandelte Derivate.111 Zugleich sollen beide Rechtsakte keine in anderen, spezielleren EU-Rechtsakten getroffenen Regelungen derogieren, weshalb z.B. Fondsanteile nicht als Wertpapiere erfasst sind.112 Die Transparenzrichtlinie baut auf der Definition in der Prospektrichtlinie auf.113

Der in der Richtlinie 2014/65/EU verwendete Begriff des „Finanzinstruments“ ist heutzutage – trotz der fortbestehenden Abweichungen – der Grundbegriff für die Bezeichnung von Finanzmarkttiteln im EU-Kapitalmarktrecht.114 Zwar ist dieser Begriff auf handelbare Instrumente beschränkt, umfasst also z.B. nicht einige Derivate mit exotischen Referenzwerten. Die Aufzählung solcher Instrumente in den gesetzlichen Definitionen sollte aber nicht zu der Annahme verleiten, dass neuartige Instrumente dauerhaft ausgeschlossen bleiben sollen, selbst wenn sie handelbar sind. Die gesetzliche Aufzählung erlaubt es vor allem, Finanzinstrumente von anderen Handelsgütern abzugrenzen, die herkömmlich nicht als Finanzmarkttitel angesehen werden (z.B. Rohstoffen). Der Neuentwicklung von handelbaren Finanzinstrumenten ist in der Vergangenheit immerhin durch die fortlaufende Anpassung des gesetzlichen Begriffsinhalts Rechnung getragen worden.115

III. Securities im U.S.-Recht

Der europäische Begriff des Finanzinstruments findet seine weitestgehende Entsprechung im Begriff „security“, der im U.S. Securities Act von 1933 für das ganze U.S.-Finanzmarktrecht (securities law) definiert ist.116 Dieser Begriff umfasst Eigen- und Fremdkapitalinstrumente, Fondsanteile, collateral-trust certificates usw., aber ebenfalls auch eine Reihe von Derivaten, wobei commodity futures aus Gründen der Zuständigkeitsverteilung nicht unter die „Securities“-Regulierung fallen, sondern dem Commodity Exchange Act von 1936 unterliegen.117 Einige im EU-Recht aus dem Begriff des Finanzinstruments herausfallenden Derivate können im Einzelfall vom Begriff „security“ mitumfasst sein. Der Begriff des Wertpapiers ist dem U.S.-Recht unbekannt.118

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird der Begriff des Finanzinstruments aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit grundsätzlich auch dann verwendet, wenn Regelungen des U.S.-Rechts untersucht werden.

94 Siehe Hanten/Stump, RdF 2018, 189 (190f.) für einen Überblick zu den teilweise voneinander abweichenden Definitionen verschiedenen Rechtsakten des EU- und des deutschen Rechts. 95 Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 i.V.m. Anhang I Abschnitt C der RL 2014/65/EU über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (Markets in Financial Instruments Directive II – MiFID II), ABl. L 173 vom 12. Juni 2014, S. 349. Siehe ergänzend Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 RL 2014/65/EU i.V.m. Art. 5f. (zu Energiederivaten), Art. 7f. (zu sonstigen Derivaten), Art. 10 (Ausnahme für bestimmte Währungskontrakte) und 11 (Geldmarktinstrumente) der Delegierten VO 2017/565 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie, ABl. L 87 vom 31. März 2017, S. 1. 96 Z.B. Art. 4 Abs. 1 Nr. 17 i.V.m. Anhang I Abschnitt C der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG und der Richtlinie 2000/12/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG (Markets in Financial Instruments Directive – MiFID I), ABl. L 145 vom 30. April 2004, S. 1. 97 Lehmann, Finanzinstrumente, 1. Aufl. 2009, S. 292ff. 98 Sernetz (Fn. 8), S. 49; Clouth, Rechtsfragen der außerbörslichen Finanz-Derivate, 1. Aufl. 2001, S. 7. 99 Als dritte Gruppe werden häufig Swaps (vgl. Anhang I Abschn. C der RL 2014/65/EU) genannt. Diese stellen allerdings nur ein Kombinationsprodukt (von Festgeschäften) dar, neben der auch andere Kombinationen möglich sind (swaptions, forward swaps usw.). 100 Zu diesen Begriffen Lehmann (Fn. 97), S. 1ff.; speziell zum Begriff der Effekten auch Baumbach/Hefermehl/Casper, Wechselgesetz, Scheckgesetz, Recht der kartengestützten Zahlungen, 23. Aufl. 2008, WPR Rz. 25; Bernau in: Derleder/Knops/Bamberger, Deutsches und europäisches Bank- und Kapitalmarktrecht, Band 2, 3. Aufl. 2017, § 56 Rz. 10f. 101 BMF, Referentenentwurf eines Anlegerschutzverbesserungsgesetzes, ZBB 2004, 168. 102 Ähnlich z.B. Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Wertpapierprospektgesetz. 103 Lehmann (Fn. 97), S. 13. 104 Siehe z.B. §§ 232ff., 372, 675b, 702, 783, 1296, 1812 Abs. 1 S. 1 BGB. 105 Siehe z.B. §§ 93f., 253 Abs. 1, 264d, 266 Abs. 2, 271 Abs. 1 S. 2, 275 Abs. 2, 363, 369, 381f., 539 Abs. 3 HGB. 106 Siehe z.B. §§ 780f., 783, 793 BGB, § 363 HGB (zum Rechtsinhalt im Falle von Inhaber- und Orderpapieren) und Art. 1ff. WechselG, Art. 1ff. ScheckG (zu Wechseln und Schecks); ergänzend die Regelungen zu den Rechten an der Urkunde bei verbrieften Rechtstiteln (z.B. §§ 410, 952 BGB). 107 Abweichend nun § 2 Abs. 1 WpHG: „Wertpapiere im Sinne dieses Gesetzes sind, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, [...]“; zur Gesetzesgeschichte siehe Assmann in: Assmann/Schneider/Mülbert, Wertpapierhandelsrecht, 7. Aufl. 2019, Einleitung Rz. 1ff.; § 2 WpHG, Rz. 8; ferner Schäfer in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz, 5. Aufl. 2016, § 1 KWG Rz. 277f. 108 Vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 14. Juni 2017, C-678/15 – Khorassani, ECLI:EU: C:2017:451, Rz. 23–26 (zur Auslegung des Begriffs „Wertpapierdienstleistung“). 109 Art. 2 Abs. 1 lit. a RL 2003/71/EG betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Prospektrichtlinie), ABl. L 345 vom 31. Dezember 2003, S. 64; Art. 1 Abs. 1 RL 2014/109/EG zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie), ABl. L 390 vom 31. Dezember 2004, S. 38 mit einem Weiterverweis in Art. 2 Abs. 1 lit. a auf Richtlinie 2004/39/EG; dazu siehe auch deren Art. 69. 110 Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 i.V.m. Nr. 15 und Anhang 1 Abschn. C Nr. 1 der RL 2014/65/EU. 111 Art. 2 lit. a und Erwägungsgrund 10 der VO 2017/1129 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG, ABl. L 168 vom 30. Juni 2017, S. 12 (mit Verweis auf Art. 4 Abs. 1 Nr. 44 RL 2014/65/EU); zuvor Art. 2 Abs. 1 lit. a und Erwägungsgrund 12 der RL 2003/71/EG. 112 Vgl. die Ausnahmen in Art. 1 Abs. 2 VO 2017/1129 bzw. Art. 1 Abs. 2 RL 2003/71/EU. 113 Vgl. Erwägungsgrund 6 der RL 2014/109/EG, zu den Grundlagen der Richtlinie siehe auch Erwägungsgrund 9 mit Verweis auf Verordnung 1606/2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, ABl. L 243 vom 11. September 2002, S. 1 (allerdings ohne eigene Wertpapierdefinition). 114 Siehe auch die Bezugnahmen in Art. 3 Nr. 16 VO 2015/2365, über die Transparenz von Wertpapierfinanzierungsgeschäften und der Weiterverwendung sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, ABl. L 337 vom 23. Dezember 2015, S. 1; Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 VO 596/2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG, ABl. L 173 vom 12. Juni 2014, S. 1 und Art. 2 Nr. 1 RL 2014/57/EU über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulation (Marktmissbrauchsrichtlinie), ABl. L 173 vom 12. Juni 2014. 115 Vgl. Lehmann (Fn. 97), S. 298f. Siehe auch Anhang I Abschnitt C der RL 2014/65/EU im Vergleich mit Anhang I Abschnitt C der RL 2004/39/EG (neue Nennung von Emissionszertifikaten; Erweiterung um bestimmte Warenderivate); ferner Erwägungsgrund 11 der RL 2014/65/EU (MiFID II). 116 § 2(a)(1) des Securities Act (15 U.S.C. § 77b(a)(1)). 117 § 1ff. des Commodity Exchange Act (7 U.S.C. §§ 1ff.), siehe dort insb. § 4 (7 U.S.C. § 6). Zur Abgrenzung hat sich der sog. Howey-Test etabliert, wonach securities in Zweifelsfällen nach folgenden Kriterien zu bestimmen sind: (1) Anlage von Vermögenswerten, (2) Gewinnerwartung, (3) Anlage erfolgt in ein gemeinsames Unternehmen (common enterprise), (4) Erlöse werden durch einen Dritten generiert. Siehe SEC v. W.J. Howey Co., 328 U.S. 293 (1946). Siehe auch Kalss/Ebner, EuZW 2019, 433 (434) und Tarbert, wie zitiert in: CFTC, Pressemitteilung 8051-19, 10. Oktober 2019, informativ zur Einordnung von Krypto-Werten (crypto assets) als securities bzw. commodities. 118 Vgl. § 18A(e) des Securities Exchange Act (15 U.S.C. § 78q-1(e)): Beendigung des Handels mit physischen Verbriefungsurkunden.

C. Herkömmliche Eigen- und Fremdkapitalinstrumente (Wertpapiere)
I. Merkmale und Arten

Eine Grundunterscheidung ist bei Finanzinstrumenten zwischen Eigen- und Fremdkapitalinstrumenten zu machen. Stille Beteiligungen/Genussrechte bilden eine hybride dritte Kategorie. Den betreffenden Finanzinstrumenten ist gemeinsam, dass sie einen Titel auf ein zugrunde liegendes Recht verbriefen, ohne dass die Risikostruktur dieses Rechtes verändert worden ist. Außerdem weisen sie bestimmte Merkmale hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit und der Art und Weise ihrer Übertragung auf. Atypische Fremdkapitalinstrumente, bei denen es zu einer Rechtsveränderung kommt (z.B. ABS) sollen im folgenden Abschnitt D (S. 49) behandelt werden.

1. Eigenkapitalinstrumente

Eigenkapitalinstrumente gewähren nach wertpapierrechtlichem Verständnis Mitgliedschaftsrechte am Emittenten. Das internationale Bilanzrecht setzt bei Eigenkapitalinstrumente einen ähnlichen Inhalt voraus, denn danach handelt es sich um Instrumente, die einen Residualanspruch an den Vermögenswerten eines Unternehmens nach Abzug aller dazugehörigen Schulden ausweisen, während finanzielle Schulden des Emittenten durch Fremdkapitalinstrumente repräsentiert werden.119

Aus Sicht eines Investors ist den Eigenkapitalinstrumenten gemeinsam, dass sie auf dem so genannten Primärmarkt normalerweise eine dauerhafte Anlage darstellen. Das eingesetzte Kapital wird vom Investor also der Gesellschaft, welche Instrumente in Form von Anteilen am Gesellschaftskapital (z.B. Aktien) ausgegeben hat, dauerhaft zur Verfügung gestellt. Entsprechendes gilt für die durch einen Fondsorganismus ausgegebenen Anteile. Das schließt nicht aus, dass auf dem so genannten Sekundärmarkt mit den betreffenden Instrumenten120 gehandelt wird. Ein weiteres Merkmal von Eigenkapitalinstrumenten ist aus Investorensicht, dass sie keinen Anspruch auf eine feste Verzinsung vermitteln, sondern dass eine Kapitalverzinsung nur dann erfolgt, wenn ausreichende Gewinne erwirtschaftet worden sind (sog. Dividende).121

Die Eigenkapitalinstrumente, die am deutschen Finanzmarkt gehandelt werden, sind zumeist als Wertpapiere nach deutschem Recht strukturiert (insbesondere börsengehandelte Eigenkapitalinstrumente).122

2. Fremdkapitalinstrumente

Fremdkapitalinstrumente (Alternativbegriff: Anleihen) verkörpern nach wertpapierrechtlichem Verständnis typischerweise einen Anspruch gegen den Emittenten (i.d.R. einen Zahlungsanspruch) und nach dem internationalen Bilanzrecht finanzielle Schulden des Emittenten.123

Aus Sicht eines Investors weisen Fremdkapitalinstrumente diverse Unterschiede gegenüber Eigenkapitalinstrumenten auf. Insbesondere haben sie ab ihrer Ausgabe üblicherweise eine bestimmte Laufzeit und sind während dieser Laufzeit auf vorab definierte Weise verzinst. Eine nicht verzinsliche Variante zu diesen im abendländischen Rechtskreis üblichen Fremdkapitalinstrumenten sind die sukuk des islamischen Rechtskreises, die nach hiesigem Rechtsverständnis allerdings eine Hybridstruktur aufweisen.124 Fremdkapitalinstrumente werden häufig ebenfalls auf Sekundärmärkten gehandelt.125

Ein weiterer und insbesondere aus aufsichtsrechtlicher Sicht relevanter Unterschied zwischen Eigen- und Fremdkapitalinstrumenten liegt in der Hebelwirkung von (typischen wie auch atypischen) Fremdkapitalinstrumenten.126 Fremdkapital kann eingesetzt werden, um die Eigenkapitalrentabilität im Verhältnis zur Gesamtrentabilität zu erhöhen. Voraussetzung ist, dass der Investor Fremdkapital zu betragsmäßig günstigeren Konditionen als der Gesamtkapitalrentabilität aufnehmen kann, die sich mit seiner Investition erzielen lässt.127 Das mag anhand eines einfachen Beispiels erklärt werden:

So mag ein Investor erkennen, dass ein Gut für EUR 150/Stk. erhältlich ist, aber für EUR 200/Stk. weiterverkauft werden kann. Wenn der Investor Eigenkapital i.H.v. EUR 300 hat und einen Kredit über EUR 100 zu einem Zins von EUR 20 aufnimmt, kann er statt 1 Stk. des Gutes 2 Stk. erwerben und mit einem Gewinn pro Stück i.H.v. EUR 40 weiterverkaufen.

In ähnlicher Weise kann ein Anleiheemittent Fremdkapital aufnehmen, um das Kapital in für ihn rentable Geschäfte zu reinvestieren.

Es ist zu vermuten, dass die am deutschen Finanzmarkt gehandelten Fremdkapitalinstrumente in der Mehrzahl der Fälle ebenfalls nach deutschem Recht strukturiert sind, jedoch mag hier der außerbörsliche Handel eine größere Rolle spielen als bei Eigenkapitalinstrumenten.

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