Читать книгу: «Angekommen in meinem L(i)eben», страница 3

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Natürlich hatte sich mein Vater erkundigt, wie diese Erkrankung verlief. Dabei hatte er erfahren, dass sie aus Sicht der Schulmedizin „unheilbar“ war und man den Prozess nur verzögern konnte. Ich persönlich mag dieses Wort „unheilbar“ nicht, da es die Dinge festschreibt, die niemand zu einhundert Prozent wissen kann. Und angesichts der „Macht“ der Gedanken kannst du dir vielleicht vorstellen, was damit sozusagen abgeschickt wird. Das Ganze war niederschmetternd für ihn. Dazu kam, dass ihm aufgrund der Lähmung der Schluckmuskulatur das Schlucken immer schwerer fiel. Etwas zu essen oder zu trinken wurde für ihn zum Abenteuer. Weil er sich dabei ständig verschluckte, folgten Hustenattacken, die äußerst kraftraubend waren. Und natürlich war es aufgrund der Probleme mit dem Essen auch ein Stück weit Lebensfreude, die verloren ging. Vor seiner Erkrankung hatte er gutes Essen geliebt und war stets gewichtig gewesen, da er auch zwischen den Mahlzeiten immer mal mit ein paar Mettwürstchen, einem Stück Fleischwurst oder einer Tafel Schokolade in seinem Sessel saß. Meine Mutter hatte dafür nicht immer Verständnis gehabt. Die beiden waren oft nicht einer Meinung gewesen, und nicht selten war es hin und her gegangen, wer denn nun die „Schuld“ daran hatte. Ich versuchte es bei ihnen zu lassen, denn ich war die Tochter und wollte nicht ihr Schiedsrichter sein.

I ch mag das Wort „Schuld“ nicht, da es in meinem Leben lange Zeit sehr präsent war. Es ist für mich ein Täter-Opfer-Spiel, das aus meiner Sicht keinen Sinn ergibt und aus dem keiner der Beteiligten als Gewinner hervorgeht. Wir erschaffen uns bestimmte Situationen, um daran zu wachsen und daraus zu lernen. Ich versuche in meiner Partnerschaft eher vom „DU“ zum „ICH“ zu werden und zu schauen, was es mit mir macht oder was der andere da gerade in mir auslöst. Was mich am meisten aufregt, ist oft das, was mir selbst fehlt oder was ich nicht sehen möchte. Genau hinzuschauen, anstatt loszuwettern, ist die Kunst.

Wenn du dich gerade fragst: „Ist das immer einfach?“, dann sei versichert: Nein, ist es nicht, aber es ist Wachstum pur.

Ich denke, dass es zweierlei Beziehungen gibt. Die einen, die dem Wohlgefühl dienen, und die anderen, die der Heilung dienen. Möchtest du dich wohlfühlen und deinen Partner dafür verantwortlich machen, wenn es gerade nicht so ist? Oder ist es dir lieber, heil zu werden und dadurch die Ganzheit zu erleben? Und ich sage nicht, dass das leicht geht. Es fordert mich auch oft heraus und ich gelange dann natürlich an meine Grenzen. Aber ich habe die Wahl! Sicher ist die zweite Variante die unbequemere, aber du kommst damit bei dir an.

Wie oft höre ich abwertende Aussagen über den Ehemann oder Männer generell. Jeder hat seine Glaubenssätze, deshalb möchte ich das nicht bewerten. Aber brauchen wir Menschen – Frauen und Männer – einander nicht? Ergänzen wir uns nicht hervorragend, wenn wir es zulassen? Wenn wir fähig sind, uns zu vereinen und uns zu lieben, und zudem Vertrauen haben, dann werden wir doch beschenkt, oder? Natürlich ist eine Gleichwertigkeit meiner Meinung nach wichtig. Erhebt sich der eine über den anderen, geht es oft um Macht und Ohnmacht, um Täter und Opfer. Liebe und Verbundenheit sollten über Konzepten und Kontrolle stehen. Kann der andere liebevoll sein, wenn du selbst nicht liebevoll zu dir bist? Sollten wir nicht unsere weiblichen und männlichen Anteile in uns in Balance bringen, bevor wir es vom Gegenüber erwarten? Wie oft stehen uns Verletzungen und auch Irrtümer im Weg. Manchmal haben wir Vorstellungen, Werte und Ziele, die nicht zueinanderpassen. Dann ist es wichtig, bei sich zu bleiben und den anderen so zu respektieren, wie er ist. Wenn wir das Herz einschalten, kann das Wunder der Beziehung gelingen. Dann darf der Kampf der Hingabe weichen. Dafür ist es wichtig, uns für die Liebe zu entscheiden und das verschlossene Herz für uns selbst und den anderen wieder zu öffnen. Und wenn es gar nicht passt, dann kann deine persönliche Ent-scheidung die Lösung sein. DU hast die Wahl! Sind deine Themen allerdings nicht erlöst, kommt garantiert der nächste Partner ebenfalls mit dieser Wundertüte um die Ecke.

W enn du allerdings nach dem „Schuldigen“ suchst, machst du dich zum Opfer und nicht zum Schöpfer. Wir haben dieses Leben doch bekommen bzw. gewählt, um es uns zu erschaffen, oder?

Als Schöpfer kannst du mit deiner Kreativität und Leidenschaft die unvorstellbarsten Dinge erreichen, sofern du dich traust und den Mut dazu aufbringst. Wir haben die Wahl, als „Geschöpf“ durch unser Leben zu gehen und es zu erschaffen oder auch als „Erschöpf“. Also überlege dir gut, was du sein möchtest, denn du hast es in der Hand. „Erschöpfte“ Menschen sieht man in der letzten Zeit häufig. Das Wort „Burnout“ ist in aller Munde. Viele Menschen sind „ausgebrannt“ von Dingen, die sie wahrscheinlich nicht gerne tun, und von stetiger Überlastung. Ich möchte das nicht werten, es ist nur meine Beobachtung. Oft stecken die Menschen in diesen Hamsterrädern fest und haben keine Energie, aus eigener Kraft eine Lösung zu finden.

D iese Neue Zeit rüttelt uns, wie schon gesagt, alle durch, damit wir „uns bewusst“ werden, hinschauen und neu entscheiden können. Diese Energie wartet nicht ab, sie ist dynamisch, wild und ehrlich. Bei den Chinesen setzt sich das Wort „Krise“ aus zwei Zeichen zusammen. Das eine steht für Gefahr beziehungsweise Risiko und das andere für einen wichtigen Zeitpunkt, eine Chance. Vielleicht stehst du an einem Wendepunkt und womöglich ist es ein Wagnis, aber es ist bestimmt auch eine günstige Gelegenheit und obendrein ein Glücksfall. Was mir aus HT-Sicht wichtig erscheint: Wie groß ist im Moment mein Puffer im Glas? Schau, was es mit dir macht. Ich bin gerne Pionier der Neuen Zeit, die mir viel zu bieten hat, wenn ich mich traue. Auch während der Arbeit mit meinen Klienten ist es interessant zu beobachten mit welchen Themen und Anliegen sie zu mir kommen. Oft hält mir das Leben einen Spiegel vor die Nase, damit ich auf das schaue, was ich ansonsten bei mir nicht sehen kann. Erlöse ich dann etwas und unterstütze den anderen, wirkt es gleichzeitig in mir. Manchmal fordern die Menschen mich allerdings auch heraus, damit ich für mich Stellung beziehen kann. Ich habe dir ja schon erzählt, dass ich wegen meines großen Herzens meistens offenstehe wie ein Honigtopf. Da gibt es diese „Teufelchen“, die darin baden, dass ich so großzügig bin. Sie nehmen sehr viel für ihr Leben mit, ohne einen Ausgleich zu schaffen. Gut, dass ich dann vertrauen kann, dass sich der Kreis immer schließt, auch wenn es mich in dem Moment etwas traurig macht. Gleichzeitig sind es genau diese „Engelchen“, die mir aufzeigen, wie wichtig es ist, dass ich den Deckel auf meinen Honigtopf lege, bevor er leer ist. Wie oft hat es mich unzufrieden gemacht, dass ich mal wieder zu spät darauf geachtet habe. Es sollte mir jedes Mal wieder verdeutlichen: „Achte mehr auf dich! Sei sparsamer mit deiner Energie, damit sie am Ende nicht wieder bei dir fehlt und der andere gefüllt nach Hause fährt. Manche alte Muster sind so hartnäckig, dass auch ich einige Anläufe brauche, bis ich neu entscheide. Es jedoch so zu sehen ist für mich eine Bereicherung, und dadurch entsteht die Dankbarkeit für diese Engel in Menschengestalt. Ist es nicht fantastisch, diesen Blickwinkel zu haben und so zu arbeiten? Vielleicht würde eine solche Sichtweise den Menschen helfen, friedlicher miteinander umzugehen, wenn ihnen bewusst wird, dass der andere sich nur zur Verfügung stellt.

D ie Erkrankung meines Vaters schritt immer weiter voran. Die Muskeln wollten einfach nicht mehr. Meine Mutter überzeugte ihn, trotz der Einschränkungen in den Urlaub zu fahren. Es tat ihr gut, etwas anderes zu sehen und zu hören, denn für sie war die alltägliche Situation besonders intensiv. Mein Vater willigte ein, obwohl ihm mulmig zumute war. Die beiden verbrachten ihren Urlaub diesmal in der Nähe in einem Hotel, indem sie sich gut auskannten. Wenn es nicht klappte, konnten wir sie jederzeit abholen. Mit dieser Gewissheit kamen alle Beteiligten gut zurecht. Und wir wussten nicht, wie lange eine solche Reise überhaupt noch möglich war.

Ich war froh, dass ich zu einer Human-Therapy-Seminarbegleitung abermals nach Aschaffenburg fahren musste. Dort tauchte ich in meine HT-Energie ein und ließ alle Sorgen los. Die vielen Gedanken wurden hier zu „Geh-danken“. Versuche es auch einmal: Lass sie gehen und danke dafür. Das machte meinen Kopf frei und ich hatte wieder riesigen Spaß, die Teilnehmer zu unterstützen. In der Eingangsrunde sollten wir Worte nennen, die wir mit ins Seminar gebracht hatten, und so mancher staunte nicht schlecht, als ich mein Tattoo präsentierte. Auf witzige Weise erklärte ich, dass ich mir vorsichtshalber ein paar passende Worte „notiert“ hatte. Da war direkt das Lachen wieder inklusive. Während der nächsten Tage konnte ich komplett abschalten und das Leben genießen. Die Assistenten waren inzwischen fast alle HT-Lehrer geworden, der Abschluss unserer Ausbildung lag mehr als ein halbes Jahr zurück. Wir verstanden uns wie immer ohne Worte. Georg und Thomas Hartig, die beiden Gründer von Human Therapy, wiederzusehen und mich mit ihnen auszutauschen, war einfach herrlich. Vater und Sohn gemeinsam in den Seminaren zu erleben, hatte eine besondere Magie. Alles ging Hand in Hand mit einer Prise Humor. Gemeinsam hatten die beiden in verschiedenen Seminaren rund um den Globus ihr Wissen zusammengetragen und diese wundervolle Therapiemethode erschaffen. Thomas hatte vor etlichen Jahren nach seinem Architekturstudium beschlossen, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, um dessen Lebenswerk zu begleiten und es später weiterzuführen.

Beim abendlichen Essen mit den Teilnehmern wollten einige unbedingt mit an dem Tisch sitzen, an dem ich saß. Es hatte sich wohl herumgesprochen, dass es bei mir immer sehr lustig und zünftig zuging und ich aus dem Nähkästchen plauderte. So unbeschwert war es hier, dass es ohne Mühe möglich war, das „Glas abzuschöpfen“.

Auf dem Heimweg dachte ich über den bevorstehenden HT-Workshop nach. Wir hatten bereits einige Anmeldungen. Ich freute mich, erneut meinen kostbaren HT-Samen in die Welt tragen zu können, auf dass neue Pflänzchen heranwuchsen. Die Woche verging wie im Flug. Manchmal fragte ich mich: Rast die Zeit oder rasen wir durch die Zeit? Wie siehst du das? Hetzen wir zu oft durch unser Leben? Nehmen wir den so kostbaren Augenblick überhaupt noch wahr?

L etztens sah ich einen wunderschönen Schmetterling auf einem Strauch sitzen. Es war ein Tagpfauenauge. Dieses erinnerte mich an meine Kindheit, denn da hatte ich seine Artgenossen oft beobachtet. Ich trat näher heran, dann noch etwas näher. Zu meinem Erstaunen blieb es sitzen. Aus einer so kurzen Entfernung hatte ich noch nie einen Schmetterling beobachtet. Ich sah ihn mir genau an und er sah mich an – zumindest hatte es den Anschein. Ganz in Ruhe drehte und wendete er sich und flog nicht davon. Ich sagte zu ihm: „Ich verstehe dich, du bist ein Botschafter für mich. Ich danke dir von Herzen.“ Natürlich schaute ich zu Hause direkt bei Mr. Google nach der spirituellen Be-deutung, und siehe da, dieses Tagpfauenauge wollte mir Leichtigkeit, Freude und Verspieltheit schenken. Es wollte mich dabei unterstützen, alten Ballast abzuwerfen, da ich mich anscheinend viel zu lange den „schweren“ Dingen gewidmet hatte. Ich sollte wieder leicht genug sein, um in meine Freiheit abheben zu können. Warum war es im alltäglichen Leben oft so schwierig umzusetzen? Aber die Zeit war anscheinend reif, mich zu verpuppen, einen Schlussstrich zu ziehen und ein unbeschwertes Leben zu genießen. Der Schmetterling lehrte mich, das Geheimnis der Einfachheit zu erkennen und wieder die Kleinigkeiten zu sehen. Wenn ich den Reinigungs- und Erneuerungsprozess durchlaufen hatte, fühlte ich mich bestimmt wie neu geboren und konnte die Farben des Lebens wieder sehen. Er brachte mir neue Hoffnung und Zuversicht, um mutig zu neuen Taten zu schreiten. Bestimmt blieb er so lange vor mir sitzen, damit ich erkannte, dass es an der Zeit war, dass meine Seele wieder erwachte, sie Altes verabschieden wollte und dadurch Raum für Neues entstand. Mein Seelenplan sollte sich weiter verwirklichen. Die zurückliegende Zeit war bereits besonders intensiv gewesen und ich war froh über diese Erkenntnisse. Und wenn ich mir diese Dinge bewusst machte, veränderte sich die Situation direkt – herrlich, oder?

A n einem Samstag fuhr ich morgens zu der Kirchengemeinde, in der wir diesmal die Räume für unseren HT-Workshop nutzen konnten. Es fühlte sich gut an, denn hier hatten wir direkte Anbindung nach oben. Flott hatte ich gemeinsam mit Petra alles hergerichtet. Die Liegen waren aufgebaut, der Stuhlkreis gestellt und die Mitte schön dekoriert. Wir waren inzwischen ein gut eingespieltes Team. Unter den Teilnehmern waren bekannte, aber auch immer öfter fremde Gesichter. Langsam, aber sicher sprach sich herum, was wir zu bieten hatten. Gutes setzt sich meiner Meinung nach immer durch, auch wenn es gelegentlich einen langen Atem erfordert. Nach vier tollen und intensiven Stunden warfen wir einen Blick in die Runde und waren durchaus zufrieden. Die Teilnehmer hatten einen Vorgeschmack bekommen, wie leicht es war, eigenverantwortlich etwas für ihre Gesundheit zu tun. Das Feedback sprach für sich und alle fuhren glücklich nach Hause.

D en Meditationsabend, von dem ich dir schon mal berichtet habe, besuchte ich inzwischen regelmäßig. Es tat mir gut und es schöpfte mein Glas ab. Jeden Monat gab es ein bestimmtes Thema, und durch „Zufall“ passte es immer wie die Faust aufs Auge. Mal war Leichtigkeit, mal Achtsamkeit, Besinnung oder Zufriedenheit an der Reihe. Die ausgewählte Musik und die Texte passten haargenau dazu, erzeugten oft Gänsehaut oder ließen einem Tränen über die Wangen laufen. Hier durften sich alle Gefühle oder alte Muster zeigen und sie waren in dem geschützten Rahmen gut aufgehoben. Dinge, die einem zwar bewusst, die jedoch in den Hintergrund gerückt waren, wurden hier wieder sichtbar gemacht. Und ich konnte als Teilnehmer einfach zuhören und eintauchen und brauchte nichts weiter zu tun. Oft sprachen wir Mantras und füllten dabei unser Herz mal mit Zuversicht, mal mit reinem Licht und mit Liebe. Zu Beginn des Abends stand immer eine Meditation, in der wir mit einer aktuellen Situation oder Dingen aus unserer Vergangenheit und vor allem mit uns selbst Frieden schließen konnten. Jedes Mal bekamen wir freiwillige „Hausaufgaben“ auf, damit sich alles, was wir erlebt hatten, verinnerlichen konnte. Zum Abschluss standen wir von unseren Stühlen auf, nahmen uns an den Händen und dankten dafür, dass es jeden Einzelnen gab. „Ohne dich, Sabine (dann folgten die Namen aller anderen Teilnehmer), gäbe es das Universum nicht“ – mit diesen Worten beschlossen wir stets den offiziellen Teil. Nach diesem tollen Ritual saßen wir bei Tee, Käse und Brot zusammen und tauschten uns aus. Es war jedes Mal ein gelungener Abend unter Freunden. Ich traf dort meine „Parkplatzbekannten“, von denen ich dir schon mal berichtet habe. Inzwischen waren die beiden – Mutter und Tochter – allerdings zu „Parkplatzfreundinnen“ aufgestiegen. Wir lachten oft über diese Begriffe, da sie den Kern trafen und in den anderen, wenn sie davon hörten, ein Fragezeichen hinterließen.

E in schöner Abend stand mir bevor. Ich hatte Petra Eintrittskarten für ein Varieté zum Geburtstag geschenkt und wir freuten uns auf die gemeinsamen Stunden. Bei leckerem Essen und einem amüsanten Programm konnten wir die Seele baumeln lassen. Wir genossen die Zeit sehr und wussten, wie wichtig solche Auszeiten waren. In der Pause tauschten wir uns aus, was in der nächsten Zeit alles anstand. Die nächsten HT-Übungsabende für unsere Seminarteilnehmer standen an. Das Üben des Erlernten war dabei genauso wichtig wie der Austausch untereinander und die Erfahrungsberichte mit HT. Mal fanden diese Treffen bei Petra in Mülheim statt und mal in meinen Praxisräumen. Stets waren es interessante Abende, die uns gute Laune bereiteten. Die Pause neigte sich dem Ende zu und das leckere Eis war aufgegessen. Das Programm ging mit artistischen Einlagen weiter und ich lachte und bemerkte: „Wie im wahren Leben. Ich fühle mich auch oft wie auf einem Drahtseil in luftiger Höhe.“ Was für ein schöner Abend mit vielen Parallelen zum Alltag!

Ich empfand es als wertvoll für meine Entwicklung, weiterhin zur Seminarbegleitung nach Aschaffenburg zu fahren. Jetzt war ein HT-Masterseminar an der Reihe, das bei uns im Ruhrgebiet noch nicht angeboten wurde. Deshalb waren auch Teilnehmer aus unserer Region dabei, die die Ausbildung bereits durchlaufen hatten. Es war herrlich zu erleben, was jeder Einzelne sich inzwischen zutraute und wie selbstverständlich vieles mittlerweile war. Natürlich konnte ich nicht mehr so oft als Assistentin nach Bayern fahren, da zu Hause auch alles verstärkt anlaufen sollte – die Praxis und die Seminare. Noch füllte sich beides nicht von allein. Ich fühlte mich in meiner Arbeit mit Human Therapy wie ein Eichhörnchen, das jede Nuss einzeln aufsammelte. Es war müßig, aber ich kam früher oder später ans Ziel, das wusste ich. Ich rannte dabei – im übertragenen Sinne – geschickt und flink ständig die Bäume rauf und runter, und wenn es nötig war, wechselte ich auch auf einen ganz anderen Baum. Ich vertraute darauf, dass sich alle Mühe lohnen würde. Und wie es mir die Natur zeigte, wuchs manchmal aus einem in Vergessenheit geratenen Nüsschen ein großer, kräftiger Baum, wenn die Zeit reif war, oder ein anderes Nüsschen wurde wieder ausgegraben. Ich konnte mich also dem Fahrwasser des Lebens anvertrauen, und glaube mir, dass das nicht immer so einfach war, wie du es hier liest.

M eine Freundschaft zu Petra war besonders. Zusammenzuarbeiten und gleichzeitig befreundet zu sein, forderte uns auch heraus. Wenn wir nicht einer Meinung waren, trat jeder für sich ein und es wurden neue Ent-scheidungen getroffen. Offenheit war da sehr wichtig und brachte einiges an Klärung.

Gut, dass wir durch unsere gemeinsame HT-Ausbildung viel für das Leben gelernt hatten und wussten, dass sich der andere hin und wieder nur zur Verfügung stellte, damit wir es besser erkennen konnten. Das machte es etwas leichter. Allerdings zeigten sich Gefühle, die sich wie alte Bekannte wieder meldeten. Vielleicht kennst du das auch, dass man am liebsten die Haustür zulassen würde, wenn unverhoffter Besuch davor steht, auf den man gerade keine Lust hat. Allerdings bringt es nichts, die ganze Zeit über die Rollläden heruntergelassen zu haben. Gelegentlich ist es wichtig, trotzdem die Tür aufzumachen und sich zu fragen: Woher kommt dieses Gefühl? Wie fühlt es sich an? Woher kenne ich es? Will es erlöst werden?

Manchmal fühlte ich mich wie in einem Mehrfamilienhaus, in dem ich ganz unten wohnte und mein Name „L-ICH-T“ war. Alle klingelten bei mir und luden Pakete ab. Eins nach dem anderen durfte ich auspacken, ansehen, fühlen und – wenn möglich – erlösen. Ich habe dir schon erzählt, dass mich diese Situationen herausforderten. Es tat oft höllisch weh und die Emotionen überschlugen sich. Dann war es nicht leicht, das eigene Revier im Blick zu behalten.

A ber das schien ein Thema von mir zu sein. Einige Zeit später zeigte sich auf unangenehme Weise, dass mir so manches Revierthema doch sehr zugesetzt hatte. Erst kürzlich erwischte es mich kalt, anscheinend ohne Vorankündigung. Ich war stolz, mich nach langem Gerangel mit mir selbst mehr um mein Revier zu kümmern, Stellung zu beziehen und für mich einzustehen. In diesem Fall ging es um eine Seminarabrechnung mit einem Kollegen. Wir hatten gemeinsam ein Tagesseminar geleitet und ich meldete mich glasklar zu Wort, wie groß mein Anteil sein sollte. Für mein Gegenüber war es total stimmig und für mich ein großer Schritt. Jahrelang hatte ich Kompromisse gemacht, die nicht gut für mich waren. Auf die Lösung meines Problems folgten die körperlichen Symptome auf dem Fuße. Ich stand sonntags morgens auf und wusste sofort, dass irgendetwas mit mir nicht stimmte. Nach der ersten Aufregung und zwei Arztbesuchen stand die Diagnose fest. In meiner Harnröhre hatte sich ein Polyp gebildet, der nun operiert werden musste. Ich recherchierte und wägte alles ab. Nach einer kurzen Phase der Verzweiflung ging ich es an und machte einen Termin im Krankenhaus aus. Natürlich hatte ich Respekt vor der Narkose, der OP und allem Drum und Dran. Manchmal forderte das Leben mich auf, einem Cut zu machen, anstatt langwierig zu suchen, wie es weitergehen konnte. Meines Wissens hatte mein Körper es gut gemeint und Gewebe dort „angebaut“, damit ich in der Lage war, mein Revier besser zu markieren. Natürlich sind diese körperlichen Reaktionen, die aus dem Archaischen kommen, in der heutigen Zeit nicht mehr dienlich, aber sie weisen vehement auf etwas hin. Der Körper sprach laut mit mir und ich wollte auf ihn hören, in Zukunft mein Revier achten und mein Licht nicht mehr unter den Scheffel stellen. Es war überfällig, mich zu behaupten. Ich traute mich, diesen Weg samt der Operation zu gehen und dem zuzustimmen. Jede Gegenbewegung kostete nur Kraft und ließ erneut Zweifel aufkommen. Ich wählte ein Krankenhaus, bei dem ich trotz einiger Gegenstimmen ein gutes Gefühl hatte. Jeder machte andere Erfahrungen und ich musste meine eigenen machen. Es war wie eine kurze Überprüfung, ob ich auf meine innere Stimme hören würde oder auf die im Außen. Eine Herausforderung, die anscheinend für meine weitere Ent-wicklung notwendig war. Immer wieder zu schauen, was das Ganze mit mir „machte“, war entscheidend, und alles andere bei dem anderen zu lassen und einen Schritt zurückzutreten. Ich hatte es selber mal aufgeschrieben: „Lerne, das zu tun, was du wirklich möchtest, und beende Dinge, die du tust, um es anderen recht zu machen.“

Gott sei Dank klappte alles reibungslos. Sicher waren die ersten Tage sehr unangenehm, aber wie du ja weißt, bin ich ein Stehaufmännchen. Ich stimmte allem zu, was geschah. Im Nachhinein war ich froh, dass ich wieder etwas gelernt und erlöst hatte, denn alles ergab einen Sinn, auch wenn wir es oft erst später verstanden. Nichts kommt aus dem Nichts; es hat einen Grund und geschieht, weil es vorher Situationen gegeben haben muss, die es bewirkt haben. Für mich ist diese Sicht befreiend, auch wenn sie mir oft einige unangenehme Lösungsphasen beschert hat.

D a bin ich durch eine aktuelle Situation vom Pfad abgekommen. Bei Petra und mir würde sich in der Zukunft zeigen, wo es hingehen sollte. Im täglichen Leben meisterten wir verschiedene Situationen. Deshalb war es nötig, immer wieder hinzuschauen. Petra hatte sich entschieden, weiter arbeiten zu gehen und Human Therapy zusätzlich zu machen. Sie brauchte die Sicherheit in Form eines planbaren Gehalts. Ich kümmerte mich ausschließlich um HT, und das bedeutete, viel Vertrauen haben zu müssen und sich auf das Abenteuer einzulassen, nicht zu wissen, ob etwas in der Kasse landete. Aber es war meine Entscheidung, ich wollte es so! Wenn es sich noch nicht auszahlte, war es auch für mich eine Herausforderung, doch ich blieb zuversichtlich. Da war es nur zu logisch, dass ich mehr Zeit für HT aufwendete beziehungsweise einen anderen Fokus darauf hatte. So erschien es wichtig, die Aufteilung der Seminareinnahmen neu zu überdenken. Der Spruch der Neuen Zeit könnte lauten: „Beim Geld fängt die Freundschaft erst an.“ Bestimmt kennst du diesen Satz andersherum.

P etra hatte ein anderes Strickmuster als ich. Die Terlusollogie machte es deutlich, denn anhand des Geburtsdatums konnte man den Atemtyp ermitteln. An diesen Werten war abzulesen, wie sich der andere verhielt und dass es genau so richtig für ihn war. Der eine kam über den Kopf zum Bauch und umgekehrt. Petra entschied meistens aus dem Bauch heraus und machte sich danach Gedanken – und das schien gut für sie zu sein. Für mich war es manchmal anstrengend, denn bei mir war es genau umgekehrt. Ich sah eine Möglichkeit, durchdachte sie, wägte ab und spürte hinein. Es war wichtig für mich, über meinen Verstand zu meinem Gefühl zu gelangen. Da das Maß der Dinge aber wohl das Gift machte – oder so ähnlich –, war ich womöglich zu oft mit dem Denken beschäftigt. Ich grübelte dann zu sehr und die Gedanken flogen in meinem Kopf hin und her. Natürlich ergab das wenig Sinn und verbrauchte kostbare Energie. Und zog ich zu spät die Reißleine, folgte die nächste Lösungsphase auf dem Fuße und ich litt unter Kopfschmerzen. Dann nahm ich mir vor, in Zukunft lieber Geh-danken aus dem Wirrwarr zu machen und die Gedanken gehen zu lassen. Da siehst du wieder, was ein Buchstabe mehr in einem Wort für eine Auswirkung haben kann. Probiere es einmal aus.

Petras Vorschlag war dann jedes Mal: „Denk doch einfach nicht immer so viel!“

Danke, Petra, aber so „einfach“ war es leider nicht immer. Ihr die Empfehlung zu geben, sich mehr Gedanken zu machen, obwohl sie schon vom Bauch her entschieden hatte, wäre ja auch nicht sinnvoll gewesen. Aber was wäre, wenn es genau richtig war, dass ich reichlich Überlegungen anstellte? Vielleicht war es ein altes Muster, dass ich meinte, es wäre nicht gut. Diente es mir noch, oder war es sogar richtig, meine Gedanken zu nutzen und dadurch tolle, neue und kraftvolle Ideen entstehen zu lassen? Ich wollte lernen, es zu steuern. Ein neuer Glaubenssatz wurde geboren, denn schließlich war ich doch richtig, wie ich war. Es galt, dem zuzustimmen. Ich war in der Lage, in jedem Moment neu zu entscheiden, und es würde mir gelingen, darauf zu achten. Also schmunzelte ich über Petras Rat und dachte: „Du wirst schon sehen, dass Denken auch Türen öffnen kann, wenn ich es als Gabe nutze!“

D iese Neue Zeit stellte wirklich alles auf den Prüfstand. Eine langjährige Freundin erkrankte und erkannte erst im Nachhinein, was der Körper ihr damit hatte sagen wollen. Es folgten Operationen, die alles andere als einfach waren. Eins zog das andere nach sich. Manchmal wurde durch „Zufall“ etwas aufgedeckt, was sich letztendlich als großer Vorteil erwies. Ich begleitete sie, so gut es mir möglich war, und unterstützte sie mit Human Therapy und Gesprächen. Sie war dankbar für meine neuen Sichtweisen und dieses andere Verständnis für solche besonderen Situationen. Ich hatte die Sprache des Körpers weitgehend erlernt. Einige Zeit später, nach einer längeren Genesungsphase, hatte sie den Mut, ein paar Dinge in ihrem Leben zu ändern und mehr für sich zu entscheiden. Ein Schritt in eine neue Richtung mit geänderten Prioritäten. Oft waren es gerade die gemeisterten bedrohlichen Umstände, die bewirkten, dass man neue Wege einschlug.

M eine Eltern wollten trotz der Erkrankung meines Vaters noch eine weitere Urlaubsreise antreten. Beide liebten das Meer und waren seit ihrem Renteneintritt mehrmals im Jahr in die Ferien gefahren. Oft war ihr Ziel Mallorca gewesen und immer wieder auch die Nordsee. Diesmal sollten es drei Wochen Borkum sein und wir waren skeptisch, ob es gut gehen würde. Immer mehr verließ meinen Vater die Kraft und auch alle anderen Einschränkungen waren nicht ohne. Da sie es sich jedoch noch zutrauten, wollten wir ihnen das Zepter nicht aus der Hand nehmen und hofften, dass alles klappen würde. Gut, dass Vertrauen ein inzwischen enger Verbündeter von mir war.

Im Ruhrgebiet sollte das nächste HT-Beginner-Seminar stattfinden. Es waren auch diesmal nur wenige Teilnehmer angemeldet und ich versuchte alles Mögliche, um durch gezielte und persönliche Ansprache das Seminar zu füllen. Wir hatten zwar etwas Wunderbares zu bieten, aber noch hatten die Menschen zu viele andere Dinge im Kopf. Das Verständnis, dass es gerade in weniger einfachen Situationen umso wichtiger war, das eigene Glas zu leeren und eine andere Sicht zu bekommen, war nicht leicht zu vermitteln. Wenn die Teilnehmer es selbst erlebt hatten und sich nach dem Seminar einiges in ihrem Leben fügte und veränderte, sahen sie es klarer. Doch die Entscheidung dazu konnte nur jeder selbst fällen. Oft erkannten die Menschen die Zusammenhänge noch nicht. Es wäre anmaßend gewesen zu wissen, was für den anderen gut war. Die Kunst war es, durch die eigene Euphorie und eine persönlich erlebte Geschichte zu begeistern. Vor kurzer Zeit wurde ich für ein HT-Treffen von Thomas aufgefordert, meine Geschichte in ein paar Sätzen aufzuschreiben. Ich wurde sofort aktiv. Ich tat es für mich, denn damit hatte ich es schriftlich.

Also schrieb ich: „Ich war chronische Schmerzpatientin und hatte all meine Lebensfreude verloren. Ich war verstrickt in verschiedensten Themen und es war zum Stillstand in meinem Leben gekommen. Durch HT bekamen meine Gedanken wieder Farbe, ich traute mir wieder mehr zu und nach und nach regenerierten sich viele Dinge. Heute bin ich mit HT selbstständig, schreibe Bücher und habe Visionen, denn mein Vertrauen, meine Leichtigkeit und meine Lebensfreude sind wieder da. Ich spüre eine Freiheit, die vorher unvorstellbar war, denn – alles ist möglich!“

Puh, mal wieder typisch. Das war ein Sprung in die Jetzt-Zeit. Ich hoffe, dass du mit meinen Gedankenhüpfern und dem Hin- und Hergezappe klarkommst. Es erschien mir wichtig, es so zu tun. Wenn du etwas aufschreibst, transportierst du es in dein Bewusstsein. Vielleicht versuchst du es mal. Stelle dir Fragen wie: Wo stehe ich gerade im Leben? Und, vor allem, wo will ich hin? Was kann ich ändern? Was ist meine Geschichte? Nimm dir ein paar Minuten Zeit, wenn du möchtest. Meditiere über eine Frage, die dich besonders anspricht. Schaue im Inneren nach Antworten. Lass dich auf dein Leben ein – gehe nicht so hart mit dir ins Gericht. Ich denke, dass ich oft selbst meine strengste Richterin war. Glaube mir, jeder hat seine eigene, persönliche Vergangenheit. Manchmal ist es einem eben nicht bewusst. Falls ich mich mit meinen Fragen wiederhole, sieh es mir nach, denn es scheint sinnvoll und wichtig zu sein.

S o! Ich nehme dann mal den Faden wieder auf. Das HT-Seminar sollte auf jeden Fall stattfinden. Natürlich passte der entsprechende Termin nicht immer bei den Teilnehmern oder die finanzielle Situation ließ es nicht zu. Aber jeder Einzelne war wichtig, um diese Gesundheitstherapie weiter in die Welt zu bringen. Wir beschlossen, das geplante Seminar auch in kleinerer Runde abzuhalten. Meine beiden Töchter, die inzwischen die Vorzüge von HT regelmäßig für sich nutzten, waren mit von der Partie und das freute mich sehr. Eine Teilnehmerin war dabei, die ich vor einem Dreivierteljahr auf Lesbos kennengelernt hatte. Sie wohnte weiter entfernt, aber der Kontakt bestand seitdem und sie wollte sich näher anschauen, warum ich so dafür brannte. Na dann, ich war gespannt, was sie nach dem Seminar sagen würde. Sie arbeitete bereits zusätzlich zu ihrem Job als Heilpraktikerin und vielleicht passte HT ja gut in ihre Praxis. Eine enge Freundin nahm ebenfalls teil, sie hatte es sich schon einmal vorgenommen, aber erst jetzt schien die Zeit reif. Jemand kam noch am Tag des Seminars hinzu. Sie hatte hin und her überlegt und dann kurzfristig zugesagt. Ich kannte sie schon eine Weile, denn sie hatte genau wie ich vorher eine andere Ausbildung absolviert. Allerdings hatte sie inzwischen festgestellt, wie effektiv und leicht die Arbeit mit HT war. Eine kleine, aber feine Runde wissbegieriger Menschen, die drei ent-wicklungsreiche Tage vor sich hatten. Herrlich!

399
669,35 ₽
Возрастное ограничение:
0+
Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
Объем:
310 стр. 1 иллюстрация
ISBN:
9783969405505
Издатель:
Правообладатель:
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