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Hier muss ich aber sagen, dass diese Welt, nimmt man die biblische Geschichte vom Garten Eden wörtlich. so harmonisch wie sie oft und hier dargestellt wurde, gar nicht war. In 1. Mose 2, 15-17 lesen wir: „Als nun Gott, der Herr, den Menschen genommen und ihn in den Garten Eden versetzt hatte, damit er ihn bestelle und behüte, gab Gott der Herr dem Menschen die Weisung: ,Von allen Bäumen des Gartens darfst du nach Belieben essen, aber vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen – von dem darfst du nicht essen; denn sobald du von diesem isst, musst du des Todes sterben.” Aus dieser Stelle geht deutlich hervor, dass Gott den Menschen in den Garten Eden gesetzt hätte, um ihn zu bestellen – also quasi als Gärtner – und nicht, um unter dem Baum des Lebens zu sitzen. Merkwürdig ist auch, dass, wie wir aus der Bibel wissen, der Mensch nicht an dem Tag, an dem er von der verbotenen Frucht aß, starb. Wenn wir uns an den Ausspruch der „Schlange” erinnern, die nach 1. Mose 3,4 sagte: „Ihr werdet sicherlich nicht sterben, sondern Gott weiß wohl, dass Euch sobald ihr davon esst, die Augen aufgehen werden und ihr wie Gott selbst sein werdet, indem ihr erkennt, was gut und böse ist”, müssen wir uns fragen, ob aus diesen Stellen nicht deutlich hervorgeht, dass jener Gott log und die Schlange die Wahrheit sagte. – Dies ist zumindest dann der Fall, wenn wir die Geschichte vom Garten Eden wörtlich nehmen. Die reinkarnationsgläubige Autorin Elisabeth Claire Prophet sagt aber, dass jene, die an die Reinkarnationslehre glauben, selten die Bibel wörtlich nahmen und eher nach versteckten Symbolen schauen. Für sie war der Garten Eden nicht so sehr ein historischer Platz, sondern ein ewiger Zustand, in dem die Seelen ein Teil von Gott waren. Irgendwann hätten die Seelen diesen Zustand verlassen, um auf die Erde gesetzt zu werden, um diesen Zustand wiederzuerlangen. Da der menschliche Körper endlich und schwach ist, gingen die an die Reinkarnationslehre Gläubige davon aus, dass die Seelen mehr als ein Leben brauchen, um den Prozess zu vollenden. Für sie geht der Weg zur Wiedervereinigung mit Gott Hand in Hand mit der Reinkarnationslehre. Wenn die Sicht dieser reinkarnationsgläubigen Christen richtig ist und der „irdische Garten Eden” nur Symbolik war, liegt der Gedanke nicht allzu fern, dass genauso „der himmlische Garten Eden” symbolisch zu verstehen ist und das Ende des Weges der Seele zurück zu Gott repräsentiert.

Doch wenden wir uns nun wieder den interessanten Äußerungen Gershoms zu. Ein anderes gebräuchliches Bild vom Himmel, speziell in den chassidischen1010 Schriften, sei jenes von der Himmlischen Akademie, die ebenfalls als ein großer Platz geschildert wird, an dem die Thora gelehrt wurde, wo die würdigen Seelen um einen ewigen Sabbat - Tisch herum saßen, um zu studieren, zu schlemmen und zu singen. Die Himmlische Akademie ist ebenso zugänglich für spezielle heilige Seelen, die immer noch auf Erden sind. In den Geschichten über „Baal Shem Tov”, d.h. der Meister des Guten Namen und Gründer des Chassidismus im 18. Jahrhundert, wird gesagt, dass er regelmäßig nachts seinen Körper verließ, um in himmlische Reiche aufzusteigen. Dort erlernte er die heiligen Geheimnisse der Kabbala, die er seinen irdischen Schülern weitergab.

Gershom zitiert aus: Buber, Martin: Tales of the Hasidim, Vol. 1, Schocken Books, New York 1947, S. 61: „Er [der Kantor des Baal Shem Tov] erzählte von den Stunden, in denen die Seele des Meisters in den Himmel aufstieg, während sein Körper wie tot zurückblieb und dass seine Seele dort mit wem auch immer er wollte, sprach, mit Moses, dem getreuen Hirten, mit dem Messias, und fragte und bekam geantwortet.” (Gershom 1994, S, 65f) Gershom berichtet weiter, dass die Seele eines Verstorbenen erst dann in den Garten Eden oder die Himmlische Akademie gelangen kann, wenn er vor dem Himmlischen Gericht beurteilt worden ist. Dieses Gericht ist dem irdischen Beth Din, dem rabbinischen Gericht, nachempfunden, vor dem die Juden durch die Jahrhunderte hindurch ihre Dispute beseitigten, bevor sie die Bürgerrechte durch weltliche Gerichte erhielten. Unter bestimmten Umständen wird auch heute noch ein Beth Din einberufen. Dieses Gericht besteht aus drei jüdischen Gelehrten, von denen einer ein geweihter Rabbi sein muss.

Gershom fand eine interessante Parallele zum Himmlischen Gericht in den Untersuchungen des Dr. Joel Whitton. Whitton führte unter Hypnose viele Probanden zu etwas zurück, das er „Bardo” nannte. Bardo ist ein buddhistischer Begriff, der auf einen spirituellen Zustand zurückgeht, in dem die Seele sich zwischen zwei Inkarnationen aufhielt. Viele von Whittons Probanden berichteten, dass sie vor einer „ätherischen Gerichtsstelle” erscheinen mussten, und diese wurde gewöhnlich von drei Richtern gebildet. Gershom ist sich ziemlich sicher, dass keiner der Probanden je von dieser jüdischen Lehre von dem Himmlischen Gericht gehört hatte.

Vielleicht fragen Sie sich jetzt, was mit den Seelen geschieht, die ein schlechtes Karma haben, also vereinfacht und mit den Worten der Bibel gesagt, „schlecht bzw. sündig sind”? Auch hierauf weiß Gershom eine Antwort: Ihnen ist die Gehenna bestimmt, eine Art von Fegefeuer, in dem sie geläutert werden, bevor sie in den „Garten Eden” eintreten dürfen. Dieser Aufenthalt im „Fegefeuer” ist von unterschiedlicher Dauer, je nach den Taten der Einzelnen, dauert aber selten länger als ein Jahr. Einen ewigen Höllenaufenthalt gibt es im Judentum nicht, denn jede Person, unabhängig davon wie „böse” sie war, hat irgendwann einmal etwas Gutes getan, das belohnt werden muss. Wenn die Gehanna allerdings nur ein Jahr dauere, dann sei nicht klar, was mit einer Seele wie der Adolf Hitlers passiert, denn ein Jahr wäre für dessen Untaten reichlich kurz. Whittons Untersuchung lege nahe, dass die Seele in der nächsten Welt all die Qualen erleben muss, die sie anderen zugefügt habe. Gershom weist darauf hin, dass nach der esoterischen Tradition der Begriff der Zeit nach mancherlei esoterischen Überlieferungen in der kommenden Welt gar keine Bedeutung hätte, und so wisse man nicht, wie lange einer Seele dort „ein Jahr” vorkommt.

Manche jüdische Mystiker lehren, dass die geistige Welt eine bestimmte Anzahl von „Stockwerken” habe. Sie unterscheiden zwischen einer „niedrigeren Gehenna”, in der die Emotionen gereinigt werden und einer „höheren Gehenna”, in der der Geist gereinigt werde. So sei auch der „niedrigere Garten Eden” da, um emotionale Freuden zu erleben, während der „höhere Garten Eden” auch den Geist befriedigt. Wenn eine Seele von einer Ebene zur anderen wechselt, ist sie eingetaucht in einen „Fluss von Licht”. Seelen in höheren Ebenen können absteigen, um Seelen in niedrigeren Levels zu helfen, während sie umgekehrt Hilfe von solchen in höheren Ebenen bekämen. Alles befindet sich in einem Zustand des Wachsens, denn nur Gott der Schöpfer ist perfekt, so heißt es. Erleuchtung ist in diesem Modell ein Prozess und kein statischer Zustand.

Dies erinnert an die weiter oben besprochenen Ausführungen zum Nirwana, in denen ebenfalls gesagt wurde, dass auch der Aufenthalt dort ein fortschreitender Prozess und kein statischer Zustand sei. Wie bereits erwähnt, gibt es im Judentum auch eine Strömung, die an die Reinkarnation glaubt und somit sind wir wieder beim Kernthema angelangt. Gershom erklärt uns, dass es einige biblische Verse gibt, die von späteren Kommentatoren als Anspielungen auf die Reinkarnation verstanden werden, doch um diese Hinweise zu verstehen, müsse man den „Code” kennen, durch den Juden oft biblische Texte läsen. Eines dieser „Code-Wörter” sei im Bahir erklärt, von dem wir bereits gehört haben. Dieses Buch wird dem talmudischen Weisen Rabbi Nehunia ben Hana zugeschrieben. Wie Michel beruft sich Gershom auf die Bibelstelle Prediger 1,4 in der es nach Menge heißt: „Ein Geschlecht geht dahin, und ein anderes kommt, doch die Erde steht ewig unbewegt.”

Gershom zitiert aus dem Bahir: „Was ist die Bedeutung von [der Phrase] ,Generation zu Generation’? Rabbi Papas sagt [Prediger 1:4 zitierend]: ,Eine Generation geht und eine Generation kommt.’ Rabbi Akiba sagte: ,Die Generation kam’ – ist bereits gekommen.” (Gershom 1994, S. 71 nach Bahir Sektion 121).

Und Gershom bemerkt dazu: „Dies ist eine sehr wichtige Passage, weil sie uns sagt, dass der Bahir ‚Generationen’ als ‚Inkarnationen’ liest, das bedeutet, dass die Generation, die ‚geht’ die gleiche ist, wie jene, die kommt”. (Ebenda) Gershom schreibt weiter, dass es in der rabbinischen Literatur üblich sei, ein Wort für ein anderes zu lesen. Manchmal basiere die alternative Schreibweise auf Wortspiele in der hebräischen Sprache, während es in anderen Fällen einfach einen Weg darstelle, um einen älteren Text in dem Licht neuerer Informationen zu interpretieren. Wie lange diese Lesart von „Inkarnationen” für „Generationen” gebräuchlich war, bevor sie im Bahir niedergeschrieben wurde, ist unbekannt. Doch allem Anschein nach war es eine akzeptierte Interpretation, denn die gleiche Praxis finden wir auch im Buch Zohar, einem besser bekannten kabbalistischen Text.

Gershom schreibt, dass die Praktik, „Generationen” als „Inkarnationen” zu lesen, hilft, ein neues Licht auf andere Bibelstellen zu werfen. Er führt eine Stelle aus dem Deuteronomium (5. Buch Mose) an, in der es nach der Übersetzung von Leopold Zunz heißt: „Der Ewige unser Gott hat mit uns einen Bund geschlossen in Choreb. Nicht mit unseren Vätern hat der Ewige diesen Bund geschlossen, sondern mit uns, diesem hier, die wir heute alle leben.” (5,2+3) Moses erklärte hier der neuen Generation, die die kurz davorsteht, den Jordan zu überqueren und ins gelobte Land einzuziehen, den Bund am Sinai.

Anschließend an den Vers wiederholt Moses die zehn Gebote. „Ein Bund ist ein Abkommen oder ein Übereinkommen zwischen zwei oder mehreren Parteien für beiderseitigen Nutzen”, erklärt uns Gershom. Das Format des Bundes, wie er in der Thora skizziert wird, folge genau der konventionellen Art von Lehnsherr-Verträgen zwischen Herrschern und Vasallen-Staaten im antiken Nahen Osten.

Zunächst stellt der Herrscher, der die Verträge anbiete, sich selbst vor („Ich bin der Herr, Dein Gott”), dann legt er die Bedingungen des Abkommens (die Zehn Gebote) dar. Eine Aufzählung von Leistungen folgt ebenso wie Belohnungen für die Beibehaltung des Abkommens, wie sie im aus dem 27. Kapitel des 5. Buches Mose nachgelesen werden kann. Ebenso folgt eine Aufzählung von Konsequenzen, die auf das Brechen des Bundes folgten. Sie sind im gleichen Kapitel dargelegt. Dieses Format des Abkommens müsste nach Gershom der Generation, die am Sinai steht, vollkommen geläufig sein. Es müsste von den Personen ratifiziert werden. Diese Ratifizierung finde sich im Buch Exodus (2. Buch Mose), wo es nach Zunz heißt: „Da hub an das ganze Volk insgesamt und sprach: Alles, was der Ewige geredet, wollen wir tun! Und Mosche brachte die Worte des Volkes zurück zu dem Ewigen.” (19,8)

Gershom ist der Meinung, dass Gott nicht ein ärgerlicher Diktator im Himmel sei, der willkürlich seinen Willen seinem Volk überstülpt. Er hätte vielmehr ein spezielles Abkommen mit seinem Volk getroffen, dem es freigestellt sei, es zu akzeptieren. Die Idee, dass Juden ein Bundesverhältnis mit Gott haben, sei in der jüdischen Theologie so zentral, dass sie gewöhnlich als gegeben angesehen würde. (Die Frage, ob der Umgang des biblischen Gottes mit den Menschen mit „Zuckerbrot und Peitsche” tatsächlich so positiv zu sehen ist, lassen wir einmal dahingestellt sein.)

Jedenfalls erkennt Gershom ein ernsthaftes Problem, mit dem oben zitierten Text aus dem Deuteronomium (5,2+3): Lediglich drei der Erwachsenen, die am Sinai präsent gewesen seien, nämlich Moses, Josua und Kaleb, waren noch am Leben, als Gott die Worte sprach. Der Rest der Generation sei während der Dauer der 40-jährigen Wüstenwanderung verstorben. Angenommen, ein paar Kinder, die sich an die Offenbarung am Sinai noch erinnern könnten, waren sie zu jener Zeit minderjährig und nicht Bestandteile des Abkommens, wie konnte denn Moses sagen, dass der Bund „jeden von uns” einfasse, „der heute hier sei”, sagt Gershom. Dies würde doch dem freien Willen neuer Generationen widersprechen.

Die mündliche Tradition des Midrasch (die Auslegung religiöser Texte im rabbinischen Judentum) sage, dass der Bund rückwirkend galt, also auch für jene Juden, die vor der Offenbarung am Sinai gestorben sind. Sie berufen sich auf die Phrase: „mit unseren Vätern”. Interessant ist übrigens, dass die Zunz-Übersetzung „Nicht mit unseren Vätern” übersetzt. Bei der von Gershom benutzten Übersetzung heißt es (ins Deutsche übersetzt) „nicht nur mit unseren Vorfahren”. Doch auch bei Menge heißt es „Nicht mit unseren Vätern.” Und auch im Luther-Text von 1914 heißt es: „Und hat nicht mit unseren Vätern diesen Bund gemacht, sondern mit uns…”.

Wie dem auch sei, nach dem Midrasch würden zukünftige Generationen verborgen in der Phrase „Die an diesem Tage nicht hier sind.” Gershom verweist hier auf die Stelle Deuteronomium (5. Mose 29,13-15): „Und nicht mit euch alleine schließe ich diesen Bund und diesen Verteidigungsfluch; sondern so mit dem, der heut hier mit uns ist, stehend vor dem Ewigen unserem Gotte, als mit dem, der heut hier nicht mit uns ist. Denn, ihr wisset, wie wir gewohnt im Lande Mizrajim, und wie wir gezogen mitten durch die Völker, die ihr durchzogen.” (Zunz-Übersetzung)

Daher würden alle Seelen der Juden, die jemals geboren werden würden, gegenwärtig sein, einschließlich jener, die physikalisch inkarniert sind. Selbst vor der Geburt hätte jeder Jude bereits freiwillig gewählt, und war somit an den Bund vom Sinai gebunden. Diese Idee, nach der alle Generationen von Seelen beim Bund vom Sinai gegenwärtig gewesen seien, sei heute unter Juden akzeptiert, so dass selbst in der Thora, die von der Reform-Bewegung hergestellt wurde, diese Auslegung ohne eine Fußnote anzubringen, zitiert würde.

Die Kabbalisten jedoch, gingen einen Schritt weiter, wie uns Gershom berichtet. Basierend auf die Lesart „Generationen” als „Inkarnationen” waren nach den Mystikern nicht alle Seelen anwesend, sondern eben diese Seelen, die am Sinai standen und später während der Wüstenwanderung starben, waren nun wieder verkörpert und hörten die letzten Worte des Moses. Deswegen, so Gershom, schloss Gott den Bund „nicht nur mit unseren Vorvätern” sondern auch „mit uns, den Lebenden”, denn die gegenwärtige Generation seien die Reinkarnationen ihrer Vorfahren.

Der Bund am Sinai ist nach dieser Lehre nicht wie irgendein irdisches Übereinkommen, das mit dem körperlichen Tod einer der Parteien endet, sondern ein ewiger Bund durch die Generationen (=Inkarnationen) hindurch, weswegen er sich auch von einem Leben auf das nächste übertrage. Obwohl die frühen kabbalistischen Texte mit dunklen Hinweisen, die nur von Eingeweihten anerkannt wurden, auf die Reinkarnation anspielten, tauchten konkretere Hinweise erst im 14. Jahrhundert auf. Zunächst wurde die Reinkarnation im Hebräischen „ha’taka” (Übertragung) oder ibbur (Imprägnation) genannt, doch im Zohar wird die Reinkarnation „gilgul” genannt, und dies ist der Ausdruck, der bis heute noch gebräuchlich ist.

Ursprünglich bedeuteten „gilgul” und „ibbur” das gleiche, doch gegen Ende des 14. Jahrhunderts wurde unterschieden. „Ibbur” bedeutete nun den Eintritt einer anderen Seele in den Körper einer lebenden Person (eine Art „gutartiger Besessenheit”), der für einen guten Zweck auftrat. Die Seele blieb nur solange in diesem Körper, bis bestimmte Taten ausgeführt waren. „Gilgul” jedoch bedeutete die erneute Geburt einer Seele in einem neuen Körper – und das ist das, was wir Reinkarnation nennen. Im Bahir würde gesagt, dass die Reinkarnation für die Dauer von tausenden Generationen weitergeführt werden könne – und Generation bedeutet ja, wie wir gesehen haben, Inkarnationen, so Gershom. Andererseits glaubte der Rabbi Isaak Luria, ein Mystiker des 16. Jahrhunderts, dass eine Seele höchstens drei oder vier Mal wiederkehrte.

Gershom erklärt uns die Bedeutung des Begriffes Kabbala: Er bedeute „das, was erhalten worden ist.” Das Wort „Kabbala” wurde abgeleitet von dem hebräischen Verb, das gebraucht wird in „Moses erhielt (kibel) die Thora am Sinai” sowie für „den Sabbat erhalten” (kabbalat shabat) im Freitag-abendlichen Dienst in der Synagoge. So ist „Kabbala” Gershom zufolge nicht so sehr eine niedergeschriebene Tradition, die durch Weise überliefert worden ist, sondern eher ein spiritueller Prozess des Erhalts von innerer Weisheit.

Es ist schwer zu sagen, wie weit die Kabbala im Mittelalter verbreitet war, sagt Gershom, weil die Ausübung der Kabbala in die äußerlichen Formen des Orthodoxen Judentums integriert war. Ein Kabbalist und ein Nicht-Kabbalist könnten jeweils exakt die gleiche Liturgie aufsagen und sie vollkommen unterschiedlich wahrnehmen, und so sei es schwer, den Unterschied zu beschreiben.

Die Lehren der Mystiker waren nicht notwendigerweise der durchschnittliche Glaube, belehrt uns Gershom. Die Kabbala wurde als eine geheime esoterische Doktrin betrachtet, die nur den meisten gelehrten Rabbis zugänglich war. Es wurde als gefährlich betrachtet, die Kabbala den Massen zu lehren, weil ihr esoterischer Symbolismus Ungläubige in einen Irrglauben treiben könnte und die einfachen Menschen dazu tendieren, sie für Magie zu verwenden. Obwohl die Rabbis die Magie für grundsätzlich wirksam hielten, waren sie der Überzeugung, dass nur die höchsten und heiligsten dazu qualifiziert waren, Magie auszuüben. Erst im 16. Jahrhundert, als der Buchdruck erfunden wurde, wurde es möglich, Bücher in vergleichsweise hoher Auflage zu drucken, so dass die Kabbala offen studiert und praktiziert werden konnte. Im 18. Jahrhundert wurde die Kabbala durch den Gründer des Chassidismus populär, so dass viele der Konzepte nun auch Laien zugänglich waren.

Gershom erklärt uns, dass alle Richtungen des heutigen Chassidismus an die Reinkarnation glauben, während reformierte und orthodoxe Juden in Bezug auf die Reinkarnation skeptisch sind. Mittlerweile hätten viele Juden die östlichen Religionen studiert, in denen, wie wir gesehen haben, die Reinkarnation gelehrt wird. Viele Juden weisen dies nicht zurück, sondern spüren jüdische Entsprechungen von Konzepten auf, wie beispielsweise Meditation, geistiges Heilen, und eben die Reinkarnation. Bei dieser Suche würden oft „verlorene” Techniken wiedergefunden, die dazu verhelfen, Licht auf ältere dunkle Lehren zu werfen, die in jüdischen Texten beschrieben werden. Dieser Prozess der vergleichenden Religionsphilosophie hat eine Bewegung gegründet, die man „neo-chassidisch” nennen könnte. Sie versucht, die Mystizismen der chassidischen Lehre mit einem personalisierten ganzheitlichen Bewusstsein zu kombinieren, und Gershom bekennt sich dazu, dieser Gruppe anzugehören.

Wer hätte das gedacht? Zumindest eine jüdische Strömung – der Chassidismus – glaubt an die Reinkarnation und stellt sogar fest, dass Bestandteile ihrer alten Lehre den östlichen Religionen, die wir vorher besprochen haben, sehr ähnlich sind – ja, die Entwicklung des Chassidismus scheint diese Religionen sogar ein Stück weit einander näher zu bringen. Man könnte grob sagen, dass es zwischen dem Judentum einerseits und dem Buddhismus und Hinduismus andererseits – wobei die beiden Letztgenannten untereinander sehr ähnlich sind – Gemeinsamkeiten gibt, ja dass sie sich gar nicht so sehr unterscheiden, wie man das auf den ersten Blick annehmen würde – und ein überraschender (teilweise) gemeinsamer Nenner ist die Reinkarnation.

Die Frage, die sich jetzt stellt, ist die nach der christlichen Religion, die ja bekanntlich auf jüdischen Wurzeln fußt. Bietet sie ebenfalls Hinweise auf die Reinkarnation, obwohl hier ja die „Auferstehung des Fleisches” gelehrt wird? Doch wir haben ja bereits gesehen, dass Stellen im Neuen Testament, in dem die Jünger Jesu auf die Reinkarnation anspielen, Jesus zwar andere Erklärungen bietet, aber der Grundannahme der Jünger, dass es eine Reinkarnation gibt, nicht widersprach.

Die Kirchenväter jedoch sind sich sicher: Die Lehre von Reinkarnation und Karma widerspricht dem christlichen Glauben und ist weder biblisch begründbar, noch von der Kirche jemals gelehrt worden, wie Peter Michel feststellt. Er kommt aber sehr bald darauf zu sprechen, dass es einen Widerspruch gibt: Gott wird von den so genannten Kirchenvätern als eifriger Gott dargestellt, der die Sünden der Väter heimsucht an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied, wie es in 5. Mose 5,9 heißt. Beschreibt dies tatsächlich die Handlungsweise eines liebenden Gottes? Für Michel liegt es näher, dass hier ein Hinweis auf das Gutmachen einer alten Schuld – eben die Schuld der Väter – in einem oder mehreren neuen Erdenleben – als „Kinder” gegeben wird. Dies wäre doch humaner als die Lehre von der Erbsünde, meint Michel.

Der Religionswissenschaftler verweist auf das gnostische Christentum, das ein Indiz dafür darstelle, dass es unter den Jüngern einen eingeweihten Kreis gegeben habe, der Einblick in tiefere Geheimnisse hatte. Wir werden auf das gnostische Christentum noch zurückkommen, doch zunächst müssen wir auf zwei Bibelstellen eingehen, die nach Michels Meinung auf der Grundlage der Reinkarnationslehre am besten erklärt werden könnten.

In der ersten dieser Stellen sagt Jesus ein Gleichnis: „Weiter ist das Himmelreich einem Schleppnetz gleich, das ins Meer ausgeworfen wurde und in welchem sich Fische jeder Art in Mengen fingen. Als es ganz gefüllt war, zog man es an den Strand, setzte sich nieder und sammelte das Gute (=die guten Fische) in Gefäße, das Faule (=die unbrauchbaren) aber warf man weg. So wird es auch am Ende der Weltzeit zugehen: Die Engel werden ausgehen und die Bösen aus der Mitte der Gerechten absondern und sie in den Feuerofen werfen; dort wird lautes Weinen und Zähneknirschen sein.” (Matth.13,47-50)

Die zweite von Michel genannte Stelle – in der Jesus wieder ein Gleichnis schildert – lautet: „Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner. Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, entfernt er, und jede (Rebe), die Frucht bringt, reinigt er, damit sie noch mehr Frucht bringe. Ihr seid bereits rein infolge des Wortes, das ich zu euch geredet habe: bleibt in mir und so bleibe ich in euch. Wie die Rebe nicht von sich selbst aus Frucht bringen kann, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so könnt auch ihr es nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben: wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reichlich Frucht; dagegen ohne mich könnt ihr nichts vollbringen. Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie die Rebe und verdorrt; man sammelt sie dann und wirft sie ins Feuer: da verbrennen sie.” (Joh. 15,1-6)

Michel glaubt, dass man die weggeworfenen Fische und die abgeschnittenen Reben als die zur Wiederverkörperung bestimmten Seelen auslegen ließ, „ohne der textlichen Vorlage Gewalt anzutun”. Fragen bleiben aber trotzdem: Was ist mit dem Hinweis auf das „Ende der Weltzeit”? Andererseits stellt sich natürlich die Frage, ob es gerecht wäre, wenn die „schlechten Menschen” am „Ende der Welt” in einen Feuerofen geworfen würden; in dem „lautes Weinen und Zähneknirschen” sein würde. Die Interpretation Michels wäre auf jeden Fall gerechter, auch wenn sie sich nicht hundertprozentig mit dem Text deckt.

Eine Stelle, die scheinbar eindeutig gegen die Reinkarnation spricht, finden wir im Hebräerbrief (9,27-28): „Und so gewiss es dem Menschen bevorsteht (oder: bestimmt ist), einmal zu sterben, danach aber das Gericht, ebenso wird auch Christus nachdem er ein einziges Mal als Opfer dargebracht worden ist, um die Sünden vieler wegzunehmen, zum zweiten Mal ohne (Beziehung zur) Sünde denen, die auf ihn warten, zum Heil (oder zur Errettung) erscheinen.”

Hier wird doch eindeutig gesagt, dass der Mensch nur einmal stirbt und dass danach das Gericht folgt. Oder etwa doch nicht? Michel verweist auf eine Rückübersetzung durch den Pfarrer Günter Schwarz. Dieser hatte versucht, einen aramäischen11 Originaltext zu übersetzen. Nach seiner Übersetzung lautet der Text: „Wie lange es dem Menschen bestimmt ist zu sterben, danach aber ein Gericht, so lange wird auch Christus, den auf ihn Wartenden erscheinen zum Heile.” (Michel 2002, S. 31)

Aus dieser Übersetzung geht nicht mehr eindeutig hervor, dass der Mensch nur einmal stirbt. Michel sieht in dieser Übersetzung sogar ein Argument für die Reinkarnationslehre. Der Theologe Walter-Jörg Langbein teilte mir zu dem Vers jedoch folgendes mit: „Im griechischen Text des Neuen Testaments steht ,hapax’. ,Hapax’ heißt, und nach meinen Recherchen besteht darin vollkommene Einigkeit, einmal, auch nur einmal. So ist meiner Überzeugung nach der Text eindeutig so zu übersetzen, dass der Mensch (nur) einmal stirbt, so wie Jesus nur einmal geopfert wurde. In beiden Fällen wird das Griechische ,hapax’ verwendet. Gary F. Zeolla hat eine wörtliche Übersetzung des Neuen Testaments vorgelegt. Auf S. 308 übersetzt er Hebräer 9, Verse 27 und 28 so: ,And just as it is laid up (destined) for people to die once, and after this (comes) judgement, so also Christ, having been offered once to bear (or, to take away) the sins of many, will appear a second time without (reference to) sin to (bring) salvation to the ones eagerly waiting for him.’12 Auch hier gibt es keinen Zweifel, dass der Mensch nur einmal stirbt. (Quellenangabe: Zeolla, Gary F.: »Analytical-Literal Translation of the New Testament of the Holy Bible«, Bloomington, Indiana, 2005, S. 308) Im Kommentar zum Neuen Testament von Walvoord und Zuck heißt es: ,(Hebräer) 9,27-28: Mit dieser Feststellung rücken eschatologische Realitäten in den Blick. Die Menschen sind sündhafte Geschöpfe, die dazu bestimmt sind, einmal zu sterben, danach aber das Gericht zu durchlaufen. Diese Gefahr ist nun jedoch gebannt, weil Christus einmal (Hapax, vgl. Vers 28) geopfert worden (ist), die Sünden vieler wegzunehmen. Das wiederholte ,einmal’ (9,27-28) und ,ein für allemal’ (7,27; 9,12.26;10,10) unterstreicht die Endgültigkeit und Einzigartigkeit der Opfertat Christi im Gegensatz zum regelmäßig wiederkehrenden Opferdienst der Leviten. Doch das einmalige, endgültige Opfer Christi (V.26.28) gleicht auch dem einmaligen Tod, den jeder Mensch sterben muss.’ (Quellenangabe Walvoord, John F. und Zuck, Roy B. (Herausgeber): ,Das Neue Testament Erklärt und Ausgelegt’, Band 5, S. 398, 3. Auflage, Holzgerlingen, 2000). Ich habe keine Bestätigung für die von Dir zitierte Rückübersetzung ins Aramäische gefunden, die ein wiederholtes Sterben im Sinne der Wiedergeburt zumindest anzudeuten scheint.”

Walvoord ist ein Autor, der aus dem evangelikalen Christentum kommt, und für den sich somit der Glaube an eine Reinkarnation verbietet, doch abgesehen davon scheinen die Hinweise darauf, dass Hebr. 9,27+28 eher für als gegen die Reinkarnationslehre spricht, sehr dünn zu sein. Offenbar wird hier tatsächlich gelehrt, dass der Mensch nur einmal stirbt. Es ist auch nicht zu leugnen, dass in den Paulus- Briefen öfter von der Auferstehung die Rede ist – Auferstehung im Sinne von Auferstehung des Fleisches. Und der Hebräerbrief stammt – obwohl kein Verfassername angegeben worden ist – allem Anschein nach von Paulus, der als ehemaliger Verfolger der Hebräer allen Grund hatte, anonym zu schreiben.

Prophet meint bezüglich dieser Stelle, dass der Autor des Hebräerbriefes damit nicht die Reinkarnation leugnen wollte, sondern dass er erklärte, dass sich wiederholende Blut-Tieropfer ein Teil des Alten Bundes waren, über den wir bereits gesprochen haben, die aber unter dem neuen Bund, den Jesus etablierte, nicht mehr gebraucht würden. Doch Jesus gab sein eigenes Blut – ein Opfer, das nur einmal vollbracht werden musste. Die einfachste Lösung ist nach Prophet, dass der Vers daraufhin abzielt, dass der sterbliche Körper nur einmal stürbe. Sie meint, dass das Gericht, das nach dem Tod geschehen soll, jenes sein kann, das auch bei Nah-Tod-Erlebnissen oft beschrieben wird. Ein Gericht, das nach dem Tod stattfindet, widerspräche ja nicht der Möglichkeit der Reinkarnation. In dieser Passage sei ja nicht die Rede von „Es ist dem Menschen bestimmt, einmal zu leben“.

Prophet erwähnt jedoch auch eine zweite Möglichkeit, nach der der Autor des Hebräerbriefes eine mystische Bedeutung im Sinn hatte, als er die Phrase „einmal zu sterben” verwendete. Diese Möglichkeit taucht bei reinkarnationsgläubigen Christen spätestens im 17. Jahrhundert auf. Im Jahr 1684, London, brachte Franciscus Mericus van Helmont ein Buch mit dem Titel Two Hundred Queries Moderately Propounded Concerning the Doctrine of the Revolution of Humane Soul and Its Conformity to the Truth of Christianity heraus. In diesem Buch fragt der Autor, was, falls die Stelle „einmal zu sterben” wörtlich genommen werden müsse, mit Menschen sei, die vom Tode auferweckt wurden, wie Lazarus und der Tochter des Jairus (s. Markus 5), die Jesus vom Tode erweckt hat?

Jesus sagt nach Joh. 11 über Lazarus von Bethanien eindeutig, dass er gestorben sei und vier Tage im Grab lag, bevor er ihn auferweckte. Jairus’ Tochter und Lazarus von Bethanien, bei dem dies deutlich betont wird, waren also tot, bevor sie Jesus wieder zum Leben erweckten. Da davon auszugehen ist, dass sie später (erneut) starben und nicht heute immer noch unter uns wandeln, hieße dies, dass sie zweimal gestorben sind, nicht einmal, wie es nach Hebr. 9,27+28 dem Menschen bestimmt ist! So kam van Helmont zu dem Schluss, dass die Stelle einen tieferen, weniger offensichtlichen Sinn haben müsste.

Prophet stellt eine solche Möglichkeit für einen „tieferen Sinn” vor. Sie sagt, was einmal stürbe, sei der „fleischliche Sinn”, wie Paulus das menschliche Ego nannte. Im Römerbrief, Kapitel8, Vers 6-8 heißt es: „Denn die fleischlich gesinnten (Menschen) haben ein fleischliches Trachten, die geistlich gesinnten aber ein geistliches. Denn das Trachten des Fleisches bedeutet Tod, das Trachten des Geistes dagegen bedeutet Leben und Frieden, und zwar deshalb, weil das Trachten des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist; es unterwirft sich ja dem Gesetz Gottes nicht, vermag das aber auch gar nicht; so könnten sie dem fleischlich gerichteten (Menschen) Gott nicht gefallen.”

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