Читать книгу: «Eine relative Abhandlung über das Absolute», страница 6

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Jede chaotische komplexe Verworrenheit, in die sich ein gespaltener Geist hineinbegibt, sorgt dafür, dass die eigene Gespaltenheit und die damit einhergehenden Prinziplosigkeiten aufrecht erhalten werden. Wer im Chaos, also in der Prinziplosigkeit, Gesetze aufstellt, und sie für Ordnung hält, der übersieht die chaotische Ausgangsbasis, aus der zwangsläufig chaotische Gesetzmäßigkeiten geboren werden. Alle materiellen Gesetze innerhalb von Raum und Zeit sind chaotische Gesetze, die einer in sich konsistent schlüssigen Ordnung folgen, sich aber beim ersten Aufscheinen von dem, was Prinzip hat, als chaotische Unordnung entlarven. Keines der von uns geschaffenen Gesetze innerhalb der relativen Realität bleibt bestehen, wenn sich das Prinzip der Wachheit offenbart. Das Vergehen des prinziplosen Pols fordert das Wiederauftauchen des nie verschwundenen Prinzips.

Tod lässt Leben entstehen, Inhalt lässt Form entstehen, aber nie umgekehrt, denn Inhalt ist immer zur Gänze vorhanden, und so lange wie das eine Inhaltsprinzip unabhängig der Form gesehen werden kann, ist alles in Ordnung.

Das Sein und das Seiende
Oder: Über das Seiende zum Sein

Wie in kein anderes begriffliches Zwillingspaar lässt sich hier die zentrale Denkfigur, ohne viel inhaltliche, weltliche Aufladung veranschaulichen. Das Nicht-Sein erlaubt es dem Sein, zu sein, erst durch das Nicht-Sein ist das Sein, und doch ist das Nicht-Sein nicht, da es außerhalb des Seins nichts gibt (denn alles ist immer). Man könnte es so ausdrücken, dass das Nicht-Sein die radikalste Möglichkeit des Seins ist, oder dass in dieser Sphäre weder ein Sein noch Nicht-Sein herrscht. Lassen wir also dem Ehre zuteilwerden, was da ist, wo nichts ist, denn ohne es wäre nichts da.

Das Sein ist, ist nur, wurde nie. Streng genommen ist das Sein damit etwas, was nie entstanden ist, denn alles, was der Entstehung unterworfen ist, ist der Vergänglichkeit unterworfen, dies jedoch spielt sich jenseits des Seins ab. Das Sein ist nie entstanden und ist trotzdem. Diese Dichotomie kann nicht innerhalb eines relativen Wirklichkeitsverständnisses verstanden werden. Spricht sich das Sein aus, so wird es keinen Unterschied zwischen Sein und Nicht-Sein, Allem und Nichts machen, da Unterschiedsbildung erst außerhalb des Seins selbst beginnt. Das, was es im Sein nicht gibt, ist das, was als dominierendes Merkmal allem Seienden zukommt. Die vielfältigen Erscheinungen alles Seienden und deren Eigenschaftsmerkmale sind nicht mehr, als ein negativer Verweis auf das Sein. Per Rückschluss kann man das Sein des Seins annäherungsweise negativ bestimmen. Die Aussage, dass etwas ist, ist der erste Schritt heraus aus der absoluten Sphäre von Sein und Nicht-Sein, denn hier beginnt das Sein mit dem Nicht-Sein das Spiel der Lebendigkeit. In diesem Spiel hat das Sein immer eine Trägersubstanz und damit eine bestimmte Seinsart, ein Sein als… . Hierüber beginnt die Geschichte des Seins, die eine Geschichte des Werdens ist, da sie zur Hälfte vom Nicht-Sein geschrieben wird. Das Produkt der symbiotischen Wechselbeziehung zwischen Sein und Nicht-Sein lässt etwas entstehen, was man als Seiendes bezeichnen könnte. Jedes Sein, was sich als Seinsart bestimmt, wird zu einem Seienden, wobei alles Seiende eine Doppelbödigkeit durch die innere Spaltung von Sein und Seiendem hat. Das Seiende, das als eine feste Bestimmtheit auftritt, unterdrückt die Gestimmtheit seines zugrunde liegenden Seins. Mental Seiendes ist Setzung in Form konventionell konzeptueller Realitäten. Die Historizität des Seienden ist immer mit einem bestimmten Informationsgehalt angefüllt, der sich als Prämissen innerhalb des Seienden versteckt. Jede Aussage, die sagt, dass etwas ist, wird damit zu einer Konklusion bereits gezogener Schlüsse. Man könnte hier auch von Eisbergüberzeugungen sprechen, die eine große Menge unhinterfragter Glaubenssätze unter der Oberfläche mittransportiert. Werden solche Aussagen argumentativ vorgebracht, verschwimmen die kategorialen Einteilungen von Prämisse und Konklusion. Um die Prämissen des Seienden dennoch näher zu untersuchen, bedarf das Seiende eines Vermögens, rückbezüglich seine eigene Vorausgesetztheit zu hinterfragen, indem es fragt, was es gewesen ist, bevor es Seiendes geworden ist. Eine tiefgründige Seinsart stößt bei dieser Frage notwenigerweise irgendwann auf das Sein, auf das sich jedes Seiende gründet. Das Sein ist nur für sich, es kann kein Sein für andere sein und gleichzeitig es selbst bleiben, und trotzdem kommt allem, was ist, eine Seinsform zu, die sich direkt aus dem Sein speist. Eine Seinsart kann für sich und für andere sein. Eine Art, die in Seinsvergessenheit nach sich sucht, ist immer nur ein Sein für etwas anderes. Die Seinsart des Menschen, die sich auf der Suche befindet, auf der Suche nach dem, was sie ist, ist damit auf der Suche nach ihrem innerlichsten Sein. Werden die Menschen zu Findenden und erkennen das Sein, erleben sie automatisch das Einssein mit dem Sein, und dass sie darüber hinaus nicht und nichts sind. Da das Sein nur für sich ist, kommt allem darüber hinaus Existierenden nur ein bedingte, abhängige, relative und damit auch illusionäre Seinsart zu. Alles, was sich aus dem Einssein des innersten Seins losreißen möchte, um eine eigenständige, abgegrenzte Seinsart zu sein, macht sich zu etwas Zerrissenem zwischen Sein und Seiendem, da eine vollständige Ablösung vom Sein niemals möglich ist. Diese innerliche Zerrissenheit könnte man auch Verzweiflung nennen. Der Verzweifelte kann sein Dilemma in zwei Richtungen versuchen aufzulösen, entweder er versucht verzweifelt er selbst zu sein, oder er versucht verzweifelt nicht er selbst zu sein. Ersterer Versuch könnte man dahingehend deuten, dass er sein Dilemma hin zum Seienden aufzulösen versucht, wohingegen der Versuch, verzweifelt nicht man selbst zu sein, selbstlos zu werden, eine Auflösung in Richtung des Seins ist. Das Individuum, das verzweifelt versucht, es selbst zu sein, schafft im Bereich des Seienden einen Haufen an Ersatzbeschäftigungen und Ersatzbefriedigungen, die für eine gewisse Zeit Abhilfe schaffen, die die Zerrissenheit aber nie zu heilen vermögen. Egal wie stark das Sein von der Weltlichkeit verschüttet wird, bleibt doch der innerste Wunsch nach dem Sein, nach dem Einssein, bestehen. Derjenige, der verzweifelt versucht, nicht er selbst zu sein, geht den Weg der Selbstwerdung durch Selbstaufgabe. Das Sein kann erst einmal nur sein. Man kann aber nicht davon sprechen, dass es wüsste, was es ist, denn damit müsste es wissen, was es nicht ist, was unmöglich wäre, da es nichts gibt, was es nicht ist. Die Vollkommenheit des Seins kann sich dem Sein nur dann zeigen, wenn es sich zu dem, was es schon immer ist, hinbewegt. Der Ausgangspunkt dieser Bewegung startet zwangsläufig damit, dass das Sein sich zu dem macht, was es nicht ist, nämlich zum Seienden, wobei das Sein nie wirklich zu dem Seienden wird, als das es sich erfährt. Diese, auf sich selbst angelegte Andersartigkeit, ist nur dafür da, die innerste Eigentlichkeit erfahrbar zu machen. Du kannst nur erfahren, wer du bist, indem du nicht bist, was du bist. Der Mensch lebt die Negation seiner selbst, um zu dem zu werden, was er schon immer war. Oder noch anders ausgedrückt: Alles muss erst durch die Entfremdung gehen, um ein Bewusstsein darüber zu haben, auf dem Weg zu sich selbst zu sein. Wer bei sich selbst angekommen ist und in der zeitlosen Herrlichkeit des Einsseins verweilt, ist nur noch Sein. In einem Moment des ewigen Jetzt, des zeitlosen Seins, entscheidet sich dieses Sein dazu, wieder den Weg zu sich zu gehen, und beginnt den Kreislauf der ewigen Wiederkehr. Der Weg des bewussten Eintritts in das Sein beginnt folglich immer im Nichts, in der Negation, denn alles, was sein will, muss erst einmal negiert werden, wohl wissend, dass die Negation von allem, was ist, reines Mittel zur Selbsterkenntnis des Seins ist und selbst nicht existiert, da wiederum jede “Negatio“ ihre “Positio“ als Voraussetzung hat. Je intensiver der Götzendienst am Seienden getan und die Selbstentfremdung gelebt wird, desto schneller kommt das Sein zu sich selbst, da es irgendwann sich so weit weg von sich selbst entfernt hat, dass sich die Wahrheit von dem, was das Sein ist, immer schmerzlicher aufdrängt. Es nähert sich sich selbst dadurch an, dass es sich von sich entfernt. Dieser Kreislauf ist von Anfang an darauf festgeschrieben, wieder an dem Punkt anzukommen, wo alles begann, da außerhalb dieses Ursprungspunktes nichts wirklich existiert. Die Gesamtheit von allem, was ist, läuft “Kreis“ in diesem Kreislauf, indem sich das Universum ausdehnt und zusammenzieht. Dehnt sich das Universum aus, so gießt das Sein alles Seiende aus, das sich extensional entfaltet, wächst und gedeiht. Diesen Prozess nennen wir dann Evolution, die an dem Punkt, wo das Sein das erste Seiende gebiert, beginnt, und an dem höchsten Punk der Entfaltung des Seienden in den gegenläufigen Prozess der “Involution“ zurückschwingt. So, wie die Seinsenergie in der Evolution in das Seiende hineinfließt, und somit an Schwingungsfrequenz verliert, und immer mehr dichtes Material für alles Seiende schafft, so wird bei der Involution die Schwingung alles Seienden wieder erhöht. Das Universum zieht sich weiter zusammen, bis der Ausgangspunkt reiner geistigen Potenz, reiner Seins-Möglichkeit, ohne die Existenz von etwas Seiendem wieder hergestellt ist. Am Umkehrpunkt von Evolution zu Involution ist die seiende Wirklichkeit maximal und das Sein, die Seins-Möglichkeit, minimal. Dieses Verhältnis ist im Ursprungspunkt genau invertiert, also gegenteilig vorhanden. Die erste Frage, die Frage nach dem Ursprung: „Warum ist etwas und nicht vielmehr nichts?“, kennzeichnet genau diesen Ursprungspunkt, in dem sich das Sein vor sich selbst ausrollt und etwas schafft, das es nicht ist. Was hier als ein universeller Bewegungsprozess dargestellt wurde, vollzieht sich im Kleinen in jedem Moment aufs Neue, ohne an Komplexität, an Vollkommenheit oder Wirkmächtigkeit einzubüßen. In jedem Moment stehen wir vor der Entscheidung, etwas zum Seienden zu machen, oder es als Sein (sein) zu lassen. Oder, wie es im Kapitel von Freiheit und Determinismus benannt wird: Das Sein zu wählen, oder die Muster des Seienden wählen zu lassen, zu leben, oder gelebt zu werden. Einen stiller, zu sich gekommener Geist erfährt seine innerste Eigentlichkeit, er speist sich aus einem kontinuierlichen Seinsstrom. Wenn er wählt, wählt er das Seiende, sonst lässt er es (s)Sein. Für den im Seienden Steckenden, ist die Wahl zum Sein ein aktiver Überwindungs- und Konzentrationsakt, doch eigentlich sollte es umgekehrt sein, dass das aktive Moment das Seiende wählt, und das passive Geschehenlassen die Erfahrung des Seins zuliefert. Wobei die Wahl des Seienden immer eine Wahl aus der Fülle der Mangellosigkeit des Seins heraus ist. Die Suche, die vom Seienden aus zu suchen versucht, versucht immer ihren Mangel auszugleichen, womit sie immer ihren Mangel kundtut, bestätigt und verstärkt. Das Seiende versucht, diesen Mangel auszugleichen, indem es sich so bestimmt und fest wie nur möglich setzt, doch umso mehr es sein Werden, oder stärker noch sein Nicht-Sein, leugnet, desto instabiler und brüchiger wird es. Das Seiende ist immer eher ein Werden, als ein Sein, es fehlt ihm an einer unabhängigen Existenz, an einem eigenen Kern, einem festen Selbst, denn das Sein kommt lediglich dem Sein selbst zu, und nur bedingt allem Seienden. Wenn das Sein zu existieren beginnt, wird es etwas Werdendes innerhalb des Seienden. Seitdem das erste Mal etwas wurde, scheint es so, als sei nichts mehr, doch das, was war, bevor etwas wurde, ist nach wie vor, und wird auch noch sein, wenn das gewordene Seiende “entworden“ ist. Vom Sein aus betrachtet könnte man das Seiende als leer oder hohl bezeichnen, wenn dieses in Seinsvergessenheit gerät. Hat das Seiende sich als solches erkannt und wird in seine Bestandteile zerlegt, dann fällt die beliebige Wahllosigkeit der Bestimmung auf, was die Relativität und Impermanenz des Seienden noch unterstreicht. Je besser wir es bewerkstelligen, dass wir das Seiende vom Sein abstrahieren, desto klarer, intensiver, reiner und konzentrierter ist das daraus hervorgehende Sein. Das Ziel innerhalb eines suchenden Geistes ist es, ein stabiles, unabhängig vom Seienden, seiendes Sein auszubilden. Ein solches, nur noch in sich ruhendes Sein, wird immer wieder vom Seienden auf die Probe gestellt werden. Ist das Sein stark genug, wird es, unabhängig, mit welchem Seienden es sich konfrontiert sieht, unbewegt in sich ruhen. Ist das Sein aber noch nicht gefestigt, so wird das Seiende in der Lage sein, das Sein aus seinem natürlichen Zustand herauszureißen und zu einem Seienden hin zu verfremden. Wir müssen, wörtlich, erst lernen, zu sein, was wir schon immer sind. Ein vollkommen verwirklichtes, zu sich gekommenes Sein, das unabhängig von allem Seienden ist, ruht im Einssein, das auch alles Seiende umfasst. Wer sich wirklich und intensiv mit dem Seienden auseinandersetzt und lernt, es zu sehen, wie es ist, der erkennt, dass immanent in allem Seienden ein tief mit eingewobener Richtungsverweis auf das Sein vorhanden ist. Sobald dieser überall erkannt wird, ist es an der Zeit, sich von dem Seienden abzuwenden, zu befreien, und das Sein aufleben zu lassen und zu stärken. In der Läuterung von dem, was wir zuvor als unser Sein angenommen haben, geht es der konventionellen Realität an den Kragen, und dabei geht so ziemlich alles verloren, von dem wir sicher waren, dass es fester Bestandteil unseres Lebens und unseres Selbst war. Angefangen mit Körperwahrnehmung, über Gedanken und Gefühle entschwindet alles, und schließlich bricht unser gewohnter Bewusstseinsstrom weg, während das Sein immer purer, klarer und stärker wird. Sein wird in seiner Intensität als stark potenziert erlebt, wenn Seiendes von ihm abgezogen wird. Am Sein selbst hat sich nichts verändert, aber das, was einst verdeckt war, wurde reduziert. Die Potenz des ungefilterten, nicht abgeschirmten oder verdunkelten Seins, ist so hoch, dass sie für etwas Seiendes unerträglich ist, denn sie würde alles Seiende auflösen. Jedem kommt so viel Sein zu, wie er es auszuhalten vermag, wie er bereit ist, die Herrlichkeit zu ertragen, doch nach oben hin ist die Seinspotenz ungedeckelt grenzenlos. Wer an das Seiende gewöhnt ist, bei wem es sich festgesetzt hat, wer sich über das Seiende zu definieren versucht, der wird das Natürlichste seiner selbst, das Erleben des Seins, als beängstigend wahrnehmen. Wenn wir Schwierigkeiten haben, das Ursprünglichste, Normalste des einfachen Seins, ohne den sinnlichen Input zu erleben, dann sollte uns unsere Selbstentfremdung nur zu deutlich werden. In der Entscheidung zur Selbstentfremdung liegt die Möglichkeit der Selbstwerdung, in der eine Seinsart über ihre Entartung zu ihrem Sein zurückkehrt. Die Entscheidung zur Seinsart ist eine Entscheidung, wahrnehmend zu sein, denn Wahrnehmung ist ein Werkzeug des Zurechtfindens innerhalb des Seienden. In der Sphäre des Seins wird die Wahrnehmung vom Prinzip des reinen, unmittelbaren Erfahrens abgelöst. Das atmen ist einer die grundlegendsten Indikatoren zur Erkennung der eigenen Seinsart, weshalb man sich dadurch schnell in die Differenz zwischen Sein und Seiendem hineinspüren kann. Für die meisten Menschen ist die Seinsart etwas Selbstverständliches, das dann aber gegen das Selbstverständnis, das Verständnis seines eigenen Seins, arbeitet. Die Tragik im Selbstverständnis des eigenen Seins liegt darin, dass sie uns glauben lässt, wir seien eine unveränderbare Seinsart. Wenn das Sein sich als Seinsart bestimmt, kann es nicht mehr anders sein, als das, wozu es sich gemacht hat, zumindest muss es das glauben, um das, was es gemacht hat, für wirklich zu halten. Erst wenn das Sein sein Seiendes nicht mehr für wirklich hält, kann es erleben, was es ist. Im Erleben seiner selbst merkt das Seiende, dass es kein Sein für sich hat, sondern dass es das Leben des Seins lebt und nicht sein eigenes Leben. Nichts, was ist, ist Sein, ist Leben, denn sonst könnte es dies nicht anstreben wollen, und doch gibt es nichts, was außerhalb des Seins ist. Das Seiende, das an sein eigens Leben, seine besondere Seinsart, glaubt, lebt nicht sich selbst, sondern eine verfremdete Variante dessen. Alles Seiende ist nicht das, was es ist, solange es das Sein innerhalb seiner selbst nicht erkennt. Das Sein kennt sein Seiendes, als eine Möglichkeit innerhalb seiner selbst, das Seiende jedoch kann in Seinsvergessenheit geraten, wenn es den Seinsausdruck mit der ihr zugrunde liegenden Seinsquelle verwechselt. Es gibt nichts, womit die Seinsquelle korreliert, denn sie schafft erst die Möglichkeit korrelativer Zusammenhänge innerhalb alles Seienden. Sie ist das einzig Unbedingte, Unmittelbare, was aus sich heraus die relative Realität hervorgehen lässt, in der es nichts Unbedingtes geben kann. Jedes seiende Ding ist bedingt, und nur durch seine Bedingung wird es zu etwas Seiendem und in seine Existenz gehoben. Derjenige, der das unbedingte Sein mit relativem Seienden verwechselt, versucht in einer impermanenten Welt, Permanenz zu schaffen, womit er einen Kampf kämpft, den er nur verlieren kann. Wer glaubt, etwas Seiendes zu sein, hat aufgehört, etwas zu werden, und verwehrt sich damit den individuellen Zugang zu dem, was er ist. Könnte das Seiende für sich sein, so könnte es sich vollkommen, ursachenlos, unbedingt und absolut setzen, doch diese Fähigkeit kommt dem Seienden nicht zu, da es selbst etwas Gesetztes und damit ein Bedingtes ist. Im Unvermögen des Seienden, sich absolut zu setzen, liegt seine Erlösung, da es nur darüber wieder zum absoluten Sein kommen kann. Das Seiende ist ein sich selbst abschaffendes Prinzip, um wieder zum Sein (was es immer war) werden kann und damit es sich erneut zu einer seienden Zustandsform wandeln kann. Im Zustandswandel, in dem das Seiende zu sich kommt und jede Bestimmung in Art und Weise seiner selbst zurücklässt, tritt es in die (höhere) Ordnung des Seinsprinzips ein, durch die die Wesenhaftigkeit des Seienden offenbar wird. Ohne das Sein gäbe es keinerlei Zusammenhang und Zusammenhalt (im Bereich des Seienden), und erst durch das Sein wird eine Mustererkennung archetypischer Grundfiguren im Bereich des Seienden sichtbar. Diese Grundfiguren ziehen sich durch alles Seiende hindurch, wobei sich die Mustererkennung nicht nach der Morphologie, der Seinsform, richtet, sondern vielmehr die Gestimmtheit des Seins in den Vordergrund stellt. In der Hervorhebung des Seins, durch die Zurückstellung allen Seienden, wird das konventionelle Figur-Grund-Verhältnis invertiert, wodurch die uneigentliche, besondere “Etwasheit“ des Seienden zu ihrem eigentlichen So-Sein gelangt. Um von dem Seienden, das immer nur ein Sein-zum-Tode sein kann, zum totlosen Sein, zum Lebensprinzip zu kommen, gilt es, das So-Sein in sich zu kultivieren und mit Gelassenheit das Seiende so sein zu lassen, wie es ist. Alles, was aus dem Sein zum Seienden wird, wird zu etwas Begrenztem, und doch kann das Sein grenzenlos hervorbringen, was die Daseinsberechtigung von allem, was ist, und von allem, was (noch) nicht ist, ins Leben ruft. Die Daseinsberechtigung von allem, was als Seiendes schon ist, ist die Ausgangssituation, in der wir glauben, dass wir ohne unser Zutun in sie hineingesetzt werden. Dabei sind wir es, die die Überführung in etwas Seiendes eingeleitet haben. Jede Entwicklung von diesem Ausgangspunkt her, muss über das Gesetzte, das als Seiendes Bestimmte, hinaus mit dem Möglichkeitsraum des Seins in Verbindung treten. Verweilt man im Sein, so wird es nichts geben, was es nicht geben kann, weil das unmanifeste Sein allem nur Erdenklichen Seinszuspruch zuliefern kann. Seinsabspruch kann immer nur von dem etwas absprechen, dem zuvor Seinszuspruch zugekommen ist, oder anders: Eine Aussage über die Nichtexistenz von etwas setzt notwendigerweise die Existenz desselben voraus (und umgekehrt), wobei Seinszu- und Abspruch nur im Bereich des Seienden walten kann. Es ist eine jeweils wieder auf das Gegenteil verweisende Regression ad infinitum, weshalb es präziser als Bereich von Weder-Sein-noch- Nicht-Sein zu beschreiben ist. Doch bleiben wir innerhalb eines Verweiszyklus, so wird deutlich, dass die meisten Seins-oder Existenzabsprüche geäußert und vertreten werden, weil das, was ist, noch nicht zur Gänze verstanden worden ist. Nur für das Seiende, das sich mit dem Sein, was es ist, verwechselt, kann es etwas geben, was es nicht gibt, denn das Sein kennt dergleichen Grenzen nicht. Diese Verwechslung von Sein und Seiendem ist das, was das ganze Spiel des Lebens am Laufen hält, denn darüber hinaus, als das Seiende als Seiendes zu erkennen, gibt es nichts mehr zu tun. Die Ausnahme ist die Entscheidung, das Innerlichste wieder durch einen Vergessensakt zu verstecken, um von neuem selbst zu erfahren, wer man ist, indem man sich auf die Suche nach sich selbst begibt. Im Bereich des Seienden nach Erfüllung zu suchen, ist ein Projekt, das zum Scheitern verurteilt ist, denn das Sein kann sich nie im Seienden finden. Erst durch die vollständige Lossagung von allem, was (als Seiendes) ist, landet man bei sich, im formlosen Raum eines universellen Seins. Alles, was ist, ist weil das Sein zu sich strebt. Dieses Streben muss auf ewig unerfüllt bleiben, damit etwas Seiendes sein kann. Um dem Streben Ernsthaftigkeit zu verleihen, wandelt sich das Sein in etwas Seiendes, über das es das Sein anstreben kann. Alles Seiende strebt nach Sein. Alles Seiende hat zwar Sein (sonst würde es nicht sein), aber es ist es nicht, denn wäre es das Sein, dann wäre es nicht mehr Seiendes. Wenn das Seiende sein Ziel, Sein zu werden, erreicht hat, dann ist es nicht mehr. Oder anders formuliert: Alles, was ist, hat Leben, und alles, was Leben hat, ist nicht Leben. Es strebt aber danach, Leben zu sein und nicht nur Leben zu haben. Und wenn etwas, was ist, zum (abstrakten) Leben an sich geworden ist, dann ist es nicht mehr. Das Streben nach Sein ist identisch mit dem Streben nach Nicht-Sein, denn wenn das Seiende nach Nicht-Sein strebt, dann strebt es nach Sein. Alles, was als Seiendes ist, bestimmt sich durch den Grad der Abgetrenntheit vom Sein. Je weiter etwas Seiendes vom Sein abrückt, desto weniger ist es (als Seiendes), und desto näher ist es dem Sein. Die Tragik der Existenz liegt darin, dass alles Seiende nicht ist, aber Sein anstrebt und immer weniger ist, je mehr es versucht, zu sein. Die befreiende Erkenntnis liegt nun darin, dass das Seiende in sich erfährt, dass es immer schon Sein gewesen ist und nie aufgehört hat, Sein zu sein.

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