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1.4.2Besondere Freistellungsvoraussetzungen

Daneben müssen die besonderen Voraussetzungen des Kapitels III der AGVO erfüllt werden. Der Freistellungstatbestand für Sport- und multifunktionale Freizeitinfrastrukturen ist in Art. 55 AGVO geregelt. Das Bad dient der Bevölkerung als Schwimmbad, bietet derselben Zielgruppe aber auch weitere Dienstleistungen (Sauna- und Wellnessangebote) an. Es ist demnach davon auszugehen, dass es sich beim Bad um eine Sport- und/oder eine um multifunktionale Freizeitinfrastruktur handelt. Es ist daher zu prüfen, ob das Bad die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 55 AGVO erfüllt:

•Die Sportinfrastruktur wird „nicht ausschließlich von einem einzigen Profisportnutzer genutzt“ (Art. 55 Abs. 2 AGVO). Das Bad steht vielen verschiedenen Badegästen und nicht nur einem einzigen Profisportler zur Verfügung.

•Das Bad umfasst zudem sowohl Sport- als auch Freizeiteinrichtungen (z. B. den Saunabereich) und ist damit eine Infrastruktur mit multifunktionalem Charakter (Art. 55 Abs. 3 AGVO). Es handelt sich bei dem Bad auch weder um einen Freizeitpark noch um ein Hotel, sodass auch diese Voraussetzung erfüllt wird.

•Die Sport- und multifunktionale Freizeitinfrastruktur steht allen Nutzern zu transparenten und diskriminierungsfreien Bedingungen offen. Genauer gesagt steht der Zugang zum Bad allen zahlenden Nutzern offen (Art. 55 Abs. 4 AGVO).

•Wenn eine Sportinfrastruktur von Profisportvereinen genutzt wird, muss sichergestellt werden, dass die Nutzungspreise und -bedingungen öffentlich bekanntgemacht werden (Art. 55 Abs. 5 AGVO). Da das Bad nicht von Vereinen genutzt wird, die Schwimmen als Profisport anbieten, müssen die Nutzungspreise und -bedingungen nicht öffentlich bekanntgemacht werden.

Gemäß Art. 55 Abs. 7 lit. b, Abs. 9 AGVO können somit Betriebsbeihilfen für Sport- und multifunktionale Freizeitinfrastrukturen gewährt werden: Bei Betriebsbeihilfen sind die Betriebskosten der Infrastruktur beihilfefähig (Art. 55 Abs. 9 AGVO). Dazu zählen Kosten für Personal, Material und Fremdleistungen sowie Kommunikations-, Energie-, Wartungs-, Miet- und Verwaltungskosten, nicht aber die Abschreibungs- und Finanzierungskosten, wenn sie bereits Gegenstand von Investitionsbeihilfe waren. Bei Betriebsbeihilfen darf der Betrag zudem nicht höher als die Betriebsverluste in dem betreffenden Zeitraum sein. Dies ist vorab oder über einen Rückforderungsmechanismus zu gewährleisten. Da die Beihilfen nur dem Ausgleich seiner Verluste dienen, können sie gewährt werden.

Gemäß Art. 55 Abs. 7 lit. a AGVO können aber auch Investitionsbeihilfen für Sport- und multifunktionale Freizeitinfrastrukturen gewährt werden, sodass in Zukunft auch größere Investitionen in die Infrastruktur des Bades gerechtfertigt werden können.

1.5Freistellung nach dem Freistellungsbeschluss

Auch wenn die Beihilfen bereits auf Grundlage der AGVO möglich sind, bedeutet dies nicht, dass sie nicht auch auf Grundlage des „Freistellungsbeschlusses“48 gerechtfertigt werden können. Anwendbar ist der Freistellungsbeschluss auf Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem, wirtschaftlichem Interesse (DAWI) erbringen. Der Begriff der DAWI wird bereits im Primärrecht der Europäischen Union in Art. 106 Abs. 2 AEUV erwähnt. Aus der Vorschrift ergibt sich, dass das Beihilferecht auf Unternehmen, die DAWI erbringen, zwar grundsätzlich anwendbar ist, dies aber nicht dazu führen darf, dass die Erfüllung von DAWI durch die Unternehmen beeinträchtigt wird. Auf dieser Vorschrift beruht auch der „Freistellungsbeschluss“, der bestimmt, unter welchen Voraussetzungen einem Unternehmen Ausgleichsleistungen für die Erbringung von DAWI gewährt werden dürfen. Bei der Definition von DAWI wird den Mitgliedstaaten ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, sodass die Kommission lediglich prüft, ob den Mitgliedstaaten ein offenkundiger Fehler unterlaufen ist. Da die Kommission die Grenzen des Ermessensspielraums zuletzt allerdings immer enger gezogen hat (z. B. werden Tätigkeiten der Wirtschaftsförderung grundsätzlich nicht mehr als DAWI angesehen), sollte genau geprüft werden, ob es sich bei der wirtschaftlichen Tätigkeit um eine im Allgemeininteresse liegende Dienstleistung handelt, die von Unternehmen zu normalen Marktbedingungen nicht oder nicht zufriedenstellend erbracht werden kann (Marktversagen).

Der Sportbereich des Bades wird von Schulen und Vereinen dazu genutzt, um Menschen das Schwimmen beizubringen und durch das Angebot zur Volksgesundheit beizutragen, sodass er zum Wohle der Bürger und im Interesse der Gesellschaft als Ganzes betrieben wird. Da solche Angebote zu allgemein verträglichen Preisen am Markt nicht oder in nicht ausreichender Qualität oder Quantität existieren, dürfte der Betrieb des Bades als DAWI einzuordnen sein. Anders könnte es jedoch beim Freizeitbereich des Bades aussehen, da Wasserrutschen und Saunen in ausreichender Qualität und Quantität auch von privaten Wettbewerbern angeboten werden, sodass bei diesen eine Einordnung als DAWI kritisch zu sehen ist.

Die Verluste des Sportbereichs des Bades dürfen also in jedem Fall ausgeglichen werden können. Um sich erfolgreich auf den Freistellungsbeschluss berufen zu können, bedarf es aber auch eines formelle Betrauungsaktes. Der Inhalt eines Betrauungsaktes wird in Art. 4 Satz 2 des Freistellungsbeschlusses dezidiert vorgegeben. Neben den DAWI (Betrieb des Sportbereichs) müssen die Parameter für die Berechnung der Ausgleichsleistungen und die Maßnahmen zur Vermeidung einer Überkompensation beschrieben werden.

Art. 5 Abs. 9 des Freistellungsbeschlusses setzt überdies voraus, dass die DAWI buchhalterisch von den übrigen wirtschaftlichen Tätigkeiten getrennt werden. Die Vollkosten des Bades (Betriebskosten, Abschreibungen, Finanzierungszinsen, Instandhaltung, etc.) müssen dazu auf die DAWI (Sportbereich) und anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten (Freizeitbereich) aufgeteilt und den jeweiligen Einnahmen gegenübergestellt werden. Mit dieser Trennungsrechnung soll eine Quersubventionierung der anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten ausgeschlossen werden.

Im Gegensatz zum Inhalt stellt Art. 4 des Freistellungsbeschlusses die Umsetzung des Betrauungsaktes weitestgehend in das Ermessen der Mitgliedstaaten. Grundlage eines jeden Betrauungsaktes ist der Beschluss der Kommune. Da der Beschluss der Kommune für sich genommen noch keine Außenwirkung hat, bedarf es für die Auferlegung der Pflichten aus dem Betrauungsakt schließlich noch einer Umsetzung. In Deutschland ergeht der Betrauungsakt üblicherweise in Form eines Verwaltungsaktes oder bei einer von der Kommune beherrschten Gesellschaft in Form einer gesellschaftsrechtlichen Weisung. Da in unserem Ausgangsfall die Stadtwerke GmbH von der Stadt beherrscht wird, könnten die Vertreter der Stadt in der Gesellschafterversammlung der Stadtwerke GmbH angewiesen werden, die Geschäftsführung zur Beachtung des durch den Rat der Stadt gefassten Betrauungsaktes anzuweisen.

Die Defizite des Sportbereichs dürfen demnach auf Grundlage eines Betrauungsaktes nach Maßgabe des Freistellungsbeschlusses ausgeglichen werden.

2.Ergebnis

Am Beispiel des Bades zeigt sich, dass auch Ausgleichsleistungen innerhalb eines kommunalen Unternehmens (Stadtwerke GmbH) unter das grundsätzliche Beihilfeverbot des Art. 107 Abs. 1 AEUV fallen können. Das Beihilferecht soll aber nicht verhindern, dass die Mitgliedstaaten dort tätig werden, wo der Markt keine zufriedenstellenden Ergebnisse liefert. Das Beihilferecht bietet verschiedene Möglichkeiten, um die Ausgleichszahlungen für Daseinsvorsorgeaufgaben beihilferechtskonform zu gestalten.

In einem ersten Schritt ist zunächst zu prüfen, ob überhaupt der Tatbestand einer Beihilfe vorliegt. Sofern es sich um eine hoheitliche Aufgabe handelt, eine marktübliche Gegenleistung erfolgt oder eine grenzüberschreitende Bedeutung ausgeschlossen werden kann, handelt es sich bereits tatbestandlich nicht um eine Beihilfe i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV. Auch bei De-minimis-Beihilfen liegt tatbestandlich keine Beihilfe vor.

Sofern dies nicht mit letzter Rechtssicherheit ausgeschlossen werden kann, ist zu empfehlen, eine Freistellung auf Grundlage der AGVO oder nach Maßgabe des Freistellungsbeschlusses zu prüfen. Beide Rechtfertigungsmöglichkeiten sind jedoch mit formellen Anforderungen verbunden, die es zu beachten gilt. Bei einer Rechtfertigung auf Grundlage der AGVO müssen die gewährten Ausgleichsleistungen regelmäßig an die Kommission gemeldet und veröffentlicht werden. Eine Rechtfertigung auf Grundlage eines Betrauungsaktes nach Maßgabe des Freistellungsbeschlusses erfordert hingegen eine buchhalterische Trennung in DAWI und andere wirtschaftliche Tätigkeiten sowie eine laufende Überkompensationskontrolle, damit die anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten nicht quersubventioniert werden.

In unserem Ausgangsfall kann je nach Prüfung eine Beihilfe ausgeschlossen oder nach der AGVO oder auf Grundlage des Freistellungsbeschlusses beihilferechtskonform ausgestaltet werden. Die Finanzierung des Bades kann jedoch auch für die Zukunft sichergestellt werden.

26Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe i. S. d. Artikels 107 Absatz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. EU C 262 vom 19.7.2016 S. 1.

27EuGH, Urteil vom 12.2.2008 – Rs. C-199/06, Rn. 38 – CELF I.

28BGH, Urteil vom 5.7.2007 – IX ZR 256/06; BGH, Beschluss vom 13.9.2012 – III ZB 3/12.

29EuGH, Urteil vom 11.11.2015 – Rs. C-505/14 – Klausner Holz.

30Verordnung der Kommission vom 17.6.2014 – VO (EU) Nr. 651/2014 –, ABl. EU L 187 S. 1.

31Mitteilung zum Beihilfebegriff, Rn. 6 ff. m. w. N.

32Mitteilung zum Beihilfebegriff, Rn. 17 ff. m. w. N.

33Mitteilung zum Beihilfebegriff, Rn. 28 ff. m. w. N.

34Mitteilung zum Beihilfebegriff, Rn. 33 ff. m. w. N.

35Mitteilung zum Beihilfebegriff, Rn. 13 ff. m. w. N.

36EuGH, Urteil vom 13.3.2001 – Rs. C 379/98.

37Mitteilung zum Beihilfebegriff, Rn. 103 m. w. N.

38Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze vom 19.1.2008, ABl. EU C 14.

39Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Art. 87 und 88 des EG-Vertrages auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften vom 20.6.2008, ABl. EU C 155.

40Mitteilung zum Beihilfebegriff, Rn. 117 ff. m. w. N.

41Mitteilung zum Beihilfebegriff, Rn. 187 ff. m. w. N.

42Mitteilung zum Beihilfebegriff, Rn. 190 ff. m. w. N

43Kommission, ABl. 2017 – C 193, 1 –, Jugendherberge Berlin Ostkreuz GmbH (SA. 43145).

44Kommission, ABl. 2016 – C 406, 1 –, BLSV-Sportcamp Nordbayern (SA. 43983).

45Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18.12.2013 über die Anwendung der Art. 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen.

46Verordnung (EU) Nr. 360/2012 der Kommission vom 25.4.2012 über die Anwendung der Art. 107 und 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem, wirtschaftlichem Interesse erbringen.

47Verordnung der Kommission vom 14.6.2017 – VO (EU) Nr. 2017/1084) –, ABl. EU L 156 S. 1.

48Beschluss vom 20.12.2011 – 2012/21/EU –, ABl. EU L 7, S. 3.

Kapitel 3:Politik, Verwaltung und Medien – ein Spannungsfeld

von Conrad von Meding

1.Wer schlecht kommuniziert, kann im Alltag nicht bestehen

Wer eine Kommune zu organisieren hat, muss seine Arbeit kommunizieren: zur Kommunalpolitik, zu Verwaltungsmitarbeitern, vor allem aber auch zu den Bürgern und damit den Wählern. Aber wie gelingt es, die eigenen Projekte gut in der Öffentlichkeit zu platzieren? In der Regel stehen Medien zwischen dem Bürgermeister und den Bürgern – eine Tageszeitung, vielleicht ein Lokalradio, inzwischen fast überall auch soziale Netzwerke.

Auch wenn es in Ihrer Amtszeit immer mal wieder Tage geben wird, an denen Sie Ihre Lokalmedien leise verfluchen werden, weil Ihnen die Berichterstattung nicht gefällt: Für Ihre Kommune ist das Vorhandensein einer redaktionell bearbeiteten, veröffentlichten Meinung wichtig. Nicht nur, weil es so eine gemeinsame Informationsbasis gibt, auf deren Grundlage sich Menschen am Frühstückstisch oder in der Frühstückspause im Büro auseinandersetzen können. Es geht um mehr: Studien aus den USA, wo das Zeitungssterben schneller geht als in Mitteleuropa, zeigen einen eindeutig messbaren Zusammenhang, wie in Counties ohne lokale Tageszeitung die öffentlichen Verwaltungen verschwenderischer arbeiten: Es wird mehr Personal eingestellt und höher vergütet, es klettert die Verschuldung und droht Verschwendung. In diesen Landstrichen fehlt offenbar das Korrektiv, das den Verantwortlichen kritisch auf die Finger schaut.49

Weil aber Journalisten in der Regel eine andere Erwartung an Verwaltungen haben als Verwaltungen an Medienschaffende, weil also Presseorgane nicht immer so berichten, wie es den Kommunalverantwortlichen gefällt, entsteht ein Spannungsfeld. Wer damit nicht umgehen kann, holt sich ungeahnte Probleme ins Haus. Deshalb: Zehn Thesen zum produktiven Umgang von Bürgermeistern mit lokalen Medien.

1.1Zehn Punkte für gute kommunale Pressearbeit

Sie sorgen dafür, dass in Ihrer Kommune ein neues Gewerbegebiet entsteht und damit Arbeitsplätze angesiedelt werden – aber statt dass die Lokalzeitung Sie gebührend dafür feiert, lässt sie tagelang Anlieger zu Wort kommen, die sich über die Rodung einer bisher naturnahen Brachfläche aufregen. Ist das gerecht? Oder dies: Sie haben Radfahrern breitere Radwege beschert, jetzt haut Ihnen das Lokalblatt seitenweise Leserbriefe mit Beschwerden von Autofahrern um die Ohren, die sich ärgern über reduzierten Platz im Straßenraum. Die Einzelhändler bekommen viel mediale Aufmerksamkeit für ihre Kritik an der neuen Fußgängerzone, obwohl doch eigentlich jeder weiß, dass wir eine Verkehrswende weg vom Auto brauchen. Und irgendwie bekommt die Opposition im Lokalradio immer viel mehr Aufmerksamkeit als die Fraktionen im Rat, die Ihre Politik als Bürgermeister unterstützen. Man mag verzweifeln daran und am liebsten auf Presseanfragen gar nicht mehr antworten aus dem Rathaus. Das aber widerspräche erstens dem Auskunftsrecht, das Sie gegenüber Presseorganen haben50. Und klug wäre ein Zurückziehen ins Schneckenhaus ohnehin nicht. Das Ringen um die beste Lösung gehört zur Demokratie, und da haben Journalisten andere Aufgaben als die Vertreter hoheitlicher Einrichtungen. Sie haben sich in ein öffentliches Amt wählen lassen – da ist es gut zu wissen, wie man mit der öffentlichen bzw. veröffentlichten Meinung umgeht.

1.1.1Transparenz als oberstes Gebot

In einer kommunalen Verwaltung gibt es aus gutem Grund einiges, was nicht an die Öffentlichkeit gehört. Plaudert zum Beispiel jemand Inhalte aus Aufsichtsratssitzungen (etwa von kommunalen Tochtergesellschaften) aus, macht er sich strafbar. Machen Sie öffentlich, welches Unternehmen wie viel Gewerbesteuer zahlt, verstoßen Sie gegen das Steuergeheimnis. Und wenn Sie versehentlich die Inhalte von Grundstückskaufverträgen zwischen Kommune und Privatleuten offenlegen, wird wohl bald niemand mehr mit Ihnen ein Grundstücksgeschäft abschließen. Es ist also wichtig zu wissen, was Sie nicht kommunizieren dürfen. Die Punkte, bei denen die Medien keine Auskünfte einfordern dürfen, sind im Presserecht eindeutig formuliert. In den Pressegesetzen der Länder heißt es:

„Die Behörden sind verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Auskünfte können verweigert werden, soweit

1.durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder

2.ihnen Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder

3.sie ein überwiegenden öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzen würden oder

4.ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet.“ 51

Unabhängig von diesen gesetzlich vorgeschriebenen Schweigepflichten aber tun Sie gut daran, auf höchstmögliche Transparenz zu setzen. Und damit ist nicht gemeint, nur in Sonntagsreden von Offenheit zu sprechen. Transparenz ist eine Frage der Grundhaltung, die Sie in Ihrer Verwaltung von Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einfordern sollten – und daher selbst kompromisslos vorleben müssen. Die Zeit der Hinterzimmerklüngelei ist ohnehin vorbei, denn angesichts Sozialer Medien und Datenjournalismus können Sie ziemlich sicher sein, dass intransparente Vorgänge irgendwann ans Licht kommen werden (jedenfalls wenn die Medien ordentlich arbeiten). Irgendeiner Ihrer Mitarbeiter oder Kontrahenten in der Selbstverwaltung wird sich irgendwann über Sie ärgern und auspacken, was wann wo einmal schiefgelaufen ist. Deshalb ist es schon aus Selbstschutz zu empfehlen, vom ersten Tag an auf Offenheit zu setzen. Transparenz in der Verwaltung betrifft aber nicht nur Sie und die Mitarbeiter Ihrer Pressestelle/Ihres Öffentlichkeitsstabs. Sondern es bedeutet, dass Sie möglichst alle Verwaltungseinheiten (einige Ausnahmen: siehe oben) so aufstellen, dass sie intern wie extern möglichst transparent agieren. Das klingt leichter, als es in der Praxis ist, denn es bedeutet, eine radikal offene Fehlerkultur zu praktizieren. Nur wer in der Lage ist, Fehler einzugestehen, kann transparent informieren. Nur wer in der Lage ist, Fehler einzugestehen, wird diese beim nächsten Mal aber auch verhindern. So profitiert Ihre gesamte Verwaltung von Transparenz. Und die Öffentlichkeit noch dazu.

1.1.2Informationen kanalisieren: So wenig Maulkorb wie möglich

Trotz des eben Gesagten: Als Bürgermeisterin/Bürgermeister dürfen Sie natürlich nicht zulassen, dass Ihre Verwaltung in zentralen Fragen mit mehr als einer Stimme spricht. Ein Beispiel: Wenn bei Ihnen aktuell über ein kontroverses Thema wie die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge (Strabs) diskutiert wird und in der Zeitung dazu beinahe täglich ein Schlagabtausch der politischen Meinungen stattfindet, dann ist es mehr als misslich, wenn Sie selbst sich auf eine Linie festlegen und parallel dazu die Abteilungsleiterin Tiefbau eine gegenläufige Meinung vertritt und dann vielleicht noch der Sachbearbeiter für die Strabs-Abrechnung auf Anfrage der Zeitung freimütig ausplaudert, wie schlecht das Verhältnis von Aufwand und Ertrag beim Gebühreneinzug sei. Ihre Verwaltung wird bei solch einem vielstimmigen Konzert einen ungeordneten Eindruck in der Öffentlichkeit prägen.

Deshalb sind in den vergangenen Jahren immer mehr Verwaltungen dazu übergegangen, die Erlaubnis zur Presseauskunft zu reglementieren. Je nach Verwaltungsgröße dürfen außer dem Bürgermeister dann nur noch die Dezernenten Auskunft gegenüber den Medien geben – oder vielleicht noch die Fachbereichs- oder Abteilungsleitungen. Als Faustformel lässt sich sagen: Je schwächer eine Rathausspitze ist, desto strikter reguliert sie die Maulkörbe auch für Führungskräfte. Umgekehrt: Je charakterstärker eine Führungsspitze ist, desto mehr Transparenz und Freiheit kann sie den eigenen Führungskräften zutrauen. Transparenz birgt zwar Risiken – aber eben auch große Chancen. Man kann den alten Spruch „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ nämlich auch umdrehen: „Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser.“

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