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Einige Monate später, die Hilfsaktionen waren angelaufen, erhielt ich aus Indonesien einen Brief. Ich musste zweimal hinschauen. Da klebte doch tatsächlich eine Briefmarke mit meinem Foto auf dem Umschlag!

Was für eine Überraschung, dass mein Bild eine ganze Serie Postwertzeichen in Indonesien ziert.

Ein ganz besonderes Geschenk.


Hochzeitsfoto mit Sari und Sapto


Abendessen am Straßenrand mit Sampurni und (Kus) Hardy


Zusammentreffen mit dem Mönch mit den weisen Worten


Das Badezimmer


Banyumas / Zentral-Java

Land und Leute

„Wo die Erde betreten wird,

da wird der Himmel geehrt.“

(Indonesische Weisheit)

Bevor sich weitere Reiseberichte anschließen, möchte ich gern noch einiges Wissenswertes über Indonesien erzählen.

Es ist unmöglich, den größten Inselstaat der Welt in seiner ganzen Mannigfaltigkeit zu beschreiben. Wer es versucht, der scheitert schon an der schieren Größe des Landes, dessen Ausmaße, auf Europa übertragen, vom Nordkap bis Süditalien reichen.

Doch nicht nur die gewaltige Größe stiftet Verwirrung, es sind vielmehr die über einhundert Völker, die so unterschiedlichen Kulturen angehören.

Wie soll man ein Land beschreiben, dessen Menschen im Millionenmoloch Jakarta als Computerspezialisten in klimatisierten Wolkenkratzern arbeiten, als Straßenhändler am Strand von Bali ihr Glück versuchen, als Reisbauer ihr Dasein fristen oder als Jäger und Sammler im Regenwald von Irian-Jaya um ihre nackte Existenz kämpfen?

Indonesien, das ist der Widerspruch zwischen absoluter Abgeschiedenheit und boomenden Großstadtmetropolen, zwischen Tradition und Moderne.

Laut literarischer Quellen leben aktuell etwa 250 Millionen Menschen auf den indonesischen Inseln. Damit zählt das Land zu den bevölkerungsreichsten Staaten der Erde. Indonesien verteilt sich auf etwa 17.500 Inseln und ist damit der weltgrößte Inselstaat.

Wollte man alle Inseln besuchen und auch nur einen Tag auf jeder dieser einzelnen Inseln verbringen, würde man 48 Jahre für diese Reise benötigen.

In der Hauptstadt Jakarta, die sich auf der Insel Java befindet, lebten im Jahr 1945 gut 600.000 Menschen, aktuell sind es etwa 16 Millionen. Bezieht man sich auf die Metropolregion Jabodetabek, also den Großraum der Hauptstadt, so wird eine Einwohnerzahl von 30,5 Millionen genannt. Damit zählt diese Stadt zu den bevölkerungsreichsten Städten der Erde. Es gibt Stadtbezirke mit einer Bevölkerungsdichte zwischen 15.000 bis 42.000 Einwohnern je Quadratkilometer. In einigen Slumgebieten liegt diese beachtliche Zahl sogar noch weit darüber.

Indonesien grenzt im Norden, auf der Insel Borneo, an Malaysia, auf der östlichen Insel Neuguinea an Papua-Neuguinea und auf der südlichen Insel Timor an Osttimor. Indonesien gehört zu seinem größten Teil zum asiatischen Kontinent; nur sein Landteil auf Neuguinea gehört zu Australien. Die Hauptinseln Sumatra, Java, Sulawesi, Borneo/Kalimantan und Neuguinea liegen am Äquator.

Die Distanz zwischen dem westlichsten Punkt Indonesiens (Sabang) und dem östlichsten Ort des Inselreiches (Merauke) beträgt circa 5.300 Km. Das entspricht der Strecke zwischen Berlin und Adis Abeba (Äthiopien). Der Archipel erreicht mit seiner etwa 81.000 Km langen Küstenlinie den zweifachen Erdumfang.

Durch die geographische Lage ergibt sich ein ausgesprochen tropisches Klima mit Monsunwinden, die von Juni bis September ein trockenes Klima mit wenig Regen und von Dezember bis März feuchte Luftmassen und viel Niederschlag mit sich bringen. Die Durchschnittstemperatur liegt bei etwa 25 bis 27 Grad Celsius.

In den ersten Jahrhunderten n.Chr. entstanden unter dem Einfluss der indischen Kultur auf den Hauptinseln kleinere Königreiche.

Im ersten Jahrtausend nach Christus gewannen der Buddhismus und der Hinduismus Einfluss auf Indonesien und verschmolzen mit Glaubensvorstellungen der ursprünglichen Bauernkultur. Wegen der günstigen Lage an der Seehandelsroute von China nach Indien blühte der Handel und es entstanden mehrere Handelsreiche.

Ab dem 15. Jahrhundert besuchten immer mehr arabische Händler Indonesien und eine Konvertierung zum Islam begann. Hinduismus und Buddhismus überlebten, jedoch nicht mehr in dem Maße wie zuvor; eine Mischkultur bildete sich heraus.

Nach der Entdeckung des Seeweges nach Indien (1498) stießen die Europäer in den südostasiatischen Raum vor, um den bisher von Orientalen unterhaltenen Gewürzhandel zu übernehmen. Die im Jahr 1602 gegründete Niederländische Ostindien-Kompanie legte den Grundstein für das spätere Kolonialreich Niederländisch-Indien. Während des 2. Weltkrieges beendete die japanische Invasion die niederländische Herrschaft. Am 17.08.1945 rief Staatspräsident Sukarno die Unabhängigkeit aus.

Mit Beginn der 70er Jahre erlebte Indonesien einen großen wirtschaftlichen Aufschwung, der dann jedoch mit der einsetzenden Finanz- und Währungskrise ins Stocken geriet und das Land in die schwerste Wirtschaftskrise seit der Unabhängigkeit führte.

Beinahe die Hälfte der erwerbstätigen Bevölkerung ist in der Landwirtschaft tätig. Im Vordergrund steht der Anbau von Reis, Kokosnüssen, Palmöl, Kautschuk und Kaffee.

Auf der Inselwelt herrscht ethnische Vielfalt, verschiedene gesellschaftliche Strukturen leben nebeneinander. Besonders in den ländlichen Gebieten stellen die Familienverbunde und die Dorfverbände eine entscheidende Einheit und Struktur im alltäglichen Leben dar. Die ländliche Bevölkerung zeigt Besonderheiten im wirtschaftlichen und sozialen Leben und insbesondere auch in ihren traditionellen Formen.

Durch seine vielfältige Kultur ist Indonesien reich an Traditionen und Zeremonien. Kulturelles Zentrum ist Zentraljava.

Typisch indonesische Musik definiert sich durch Gamelan und Angklung. Gamelan bezeichnet nicht nur die Musikrichtung, die vor Jahrhunderten in den alten Fürstenhöfen der indonesischen Inseln Java und Bali entstanden ist, sondern auch das aus traditionellen Instrumenten bestehende Orchester. Gamelanmusik, die für unsere Ohren fremd klingt, wird noch immer zu religiösen Festen, Hochzeiten und Tänzen gespielt. Das Ensemble eines Gamelanorchesters besteht in der Regel aus Bronzegongs, Metallophone, Xylophone, Trommeln, Saiteninstrumenten, Flöten und Gesangsstimmen. Das Angklung ist ein Musikinstrument aus Java. Es besteht zumeist aus zwei (mitunter bis zur vier) Klangkörpern aus Bambus, die in einem Holzgestell aufgehängt sind. Die unteren Enden der Klangkörper werden zudem durch ein Bambusrohr geführt. Ähnlich einer Orgelpfeife ergibt sich hier ein Ton. In den Grundschulen, speziell in Westjava, selbst in unserem Kindergarten in Zentraljava, ist Angklung nach wie vor Bestandteil der musikalischen Erziehung.

Ein traditioneller Zeitvertreib ist das indonesische Schattenspiel Wayang. Wayang bedeutet im übertragenen Sinn: Schatten, Ahne, Geist. Eine große Leinwand wird gespannt. Dahinter sitzen die Vorführer, die mit ihren kunstvoll handgefertigten Figuren und mittels hinter sich aufgestellter Laternen einen Schatten auf die Leinwand werfen. Die ledernen Puppen sind flach und an Bambusstöcken befestigt. Durch die Kunst der Vorführer erzählt das Schattenspiel überlieferte Geschichten. Begleitet wird die Vorführung, in der Götter und Dämonen die Hauptrolle spielen, meist von einem Gamelan-Orchester.

Die indonesische Kultur wurde im 9. und 10. Jahrhundert zuerst vom Buddhismus und ab dem 13. Jahrhundert zunehmend vom Hinduismus geprägt. Eine weitere hochentwickelte Kunst ist die Batik, die in Indonesien seit Jahrhunderten beheimatet ist. Heute ist die Batik ein Exportprodukt Indonesiens und zugleich als Kulturgut von der UNESCO eingestuft. Durch die Vielzahl der Völker Indonesiens bestehen jedoch große Unterschiede zwischen den Kulturen der einzelnen Regionen. Java beheimatet das Weltkulturerbe Borobudur (die größte buddhistische Tempelanlage der Welt) sowie den großartigen hinduistischen Tempelkomplex Prambanan.

In keinem anderen Teil der Erde findet man eine derartige Sprachenvielfalt. Allein in Neuguinea wurden ungefähr eintausend verschiedene Sprachen nachgewiesen. Auf der übrigen Inselwelt gibt es mehr als 250 Volkssprachen und dazu kommen noch mehr Dialekte. Als Landessprache wurde im Rahmen der Unabhängigkeitserklärung im Jahre 1945 `Bahasa Indonesia` eingeführt. Dies hat erheblich und unumstritten zu einer Einheit auf dem sprachlichen Gebiet beigetragen und damit zu einer deutlich besseren Kommunikation. Obwohl es ein Vielvölkerstaat ist, aber vielleicht auch gerade deshalb, steht auf dem Staatswappen der Republik auf Altjavanesisch: `Bhinneka Tunggal Ika`, was übersetzt bedeutet: `Einheit in der Vielfalt`. Dieser Slogan steht für einen Wunsch, ein Ziel, aber der Weg dahin ist noch lang.

Die Hauptreligion ist der Islam. Dieser ist jedoch fortschrittlich und von Toleranz gekennzeichnet. Das zeigt sich insbesondere in der Stellung der indonesischen Frau innerhalb der Gesellschaft. Sie genießt erheblich mehr Rechte und begleitet auch hohe Ämter, als zum Beispiel in vielen arabischen Ländern.

Indonesien ist das größte muslimische Land der Welt und es zeigt uns auch, dass neben der Hauptreligion Islam auch die anderen Religionen, wie Buddhismus, Hinduismus und Christentum friedlich nebeneinander existieren können. Glaube und Spiritualität zeigen sich im Streben der Indonesier nach Gerechtigkeit, Achtung und Respekt untereinander und gegenüber Fremden.

In Indonesien, genau wie in allen anderen islamischen Staaten, wird der Ramadan jährlich von den Moslems zelebriert. Durch die Berechnung nach dem sogenannten Mondkalender verschiebt sich der Monat Ramadan pro Jahr 10 oder 11 Tage nach vorn und durchläuft allmählich alle Jahreszeiten.

Das Fasten im Fastenmonat Ramadan ist eine der im Koran verankerten religiösen Pflichten der Muslime und eine Form des Gottesdienstes. Es gehört zu den fünf Säulen des Islam, also zu den Hauptpflichten. Allerdings besteht die Verpflichtung zum Fasten nur, wenn dieses ohne gesundheitlichen Schaden zu nehmen durchgeführt werden kann. Deshalb sind Kinder unter 15 Jahren, Kranke, Altersschwache, Schwangere, stillende Mütter und Frauen während der Menstruation von dieser Pflicht ausgenommen.

Das Fasten im Islam bedeutet, vom Beginn der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang keine Nahrung zu sich zu nehmen. Der Fastenmonat endet mit dem dreitägigen Fest des Fastenbrechens `Idul Fitr`. Hierzu gehört nicht nur das Fest, sondern auch eine spezielle Abgabe an Arme, die `Zakat-ul-fitr`.

Noch immer leben unzählige Familien in Bambushütten, primitiven Bretterbuden und anderen Notunterkünften. Sie verfügen oftmals über kein fließendes Wasser, keine oder kaum Elektrizität und keinerlei sanitäre Anlagen. Der Wasserbedarf wird nach wie vor von den Flüssen, die auch verunreinigt sind, gedeckt. Eine zentrale und lückenlose Müllentsorgung fehlt ebenso. Krankheiten und Epidemien können sich so leicht und ungehindert ausbreiten. Eine große Dunkelziffer an Menschen hat sogar nicht einmal ein Dach über dem Kopf. Ihr Schlafplatz ist unter den Brücken, in Pappkartons, neben Müllhalden oder auf dem Gehweg, direkt an den Straßen. Selbst viele Kinder kennen nur dieses Leben.

Das Wasser der Flüsse, Kanäle und Seen wird zum Waschen, Baden und zur Verrichtung der Notdurft genutzt. Cholera, Tuberkuloseerkrankungen waren schon oftmals die Folge dieser erbärmlichen Lebensumstände. Durch diese unmenschliche hygienische Situation, die eklatanten Missstände und ständig größer werdende Slumviertel, ist auch die Säuglingssterblichkeit hoch.

Genau wie in vielen anderen asiatischen Ländern, sind auch in Indonesien vielschichtige Infrastrukturprobleme eine wesentliche Ursache der sehr langsam voranschreitenden Entwicklung.

Mit Beginn der Unabhängigkeit hat Indonesien zwar große Anstrengungen unternommen, das Bildungssystem als Basis und Inbegriff einer politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zukunftsgestaltung zu integrieren, doch durch die zuvor herrschende Kolonialzeit wurde über Generationen hinweg dieses so wichtige Bildungssystem vernachlässigt und dem überwiegenden Bevölkerungsanteil vorenthalten. Im Jahr 1945 waren fast 93 Prozent der über 70 Millionen Indonesier Analphabeten. Mit Beginn der Unabhängigkeit fehlte es an Schulen und Hochschulen, somit auch an Lehrern und Akademikern. Es gab gerade einmal drei Universitäten. Das Agrarland Indonesien hatte im Jahr 1949 gerade einmal drei Agronomen, mit Uniabschluss. Als größter Bergbauproduzent in Südostasien verfügte das Land über lediglich einen Geologen. Auf 60.000 Indonesier entfiel ein Arzt. Das indonesische Inselreich verfügt zwar über eine der längsten Küstenlinien der Welt, hatte aber zu dieser Zeit keinen einzigen ausgebildeten Kapitän. Die Grundvoraussetzungen waren zu Beginn somit äußerst unzureichend. Es fehlte an Fach- und Führungskräften, an Erfahrung. Das zeigt deutlich die Bildungs- und Entwicklungsproblematik auf. Dies muss man bei der Betrachtung und bei aller Kritik der langsamen Entwicklung berücksichtigen. Hier galt es speziell anzusetzen. Durch staatliche Unterstützung und Regierungsprogramme, aber auch aufgrund von Initiativen und durch Selbsthilfe der Bevölkerung konnten schon bald beachtliche Erfolge erzielt werden. So konnten im Jahr 1961 bereits circa 40 Prozent der Bevölkerung lesen und schreiben. Die Anzahl der Schulen und Universitäten stieg Jahr für Jahr. Die Analphabetenquote konnte jedoch nie und somit auch bis heute nicht, auf Null gebracht werden. Zu vielfältig sind noch die Unterschiede zwischen Stadt- und Landbevölkerung, zu weitläufig ist das Land, um alle Strukturen aufzubauen, gerade in den abgelegensten Teilen des Archipels. Der Hauptgrund, dass Eltern ihre Kinder nicht zur Schule schicken oder Kinder die Schulzeit vorzeitig abbrechen, liegt noch immer in der Armut der Eltern begründet, die die Schulgebühren nicht alleine aufbringen können.

Mehr als 300 Vulkane, darunter mindestens 76 aktive, sind über den Archipel verstreut. Heiße Erde im doppelten Sinne; von Sumatra über Java, weiter über die Molukken bis hin nach Nord-Sulawesi. Die Vulkankegel strecken sich meist über 2.000 Meter in die Höhe, mitunter auch über 3.000 Meter. Die `längste Vulkanreihe der Welt` war in der Vergangenheit Schauplatz schwerer Ausbrüche und damit verbundener Katastrophen. Der Ausbruch des Krakatau im Jahre 1883, bekannt aus diversen Verfilmungen, forderte circa 36.000 Menschenleben. Der aktive Vulkan Gunung Agung auf Bali zerstörte bei seinem Ausbruch im Jahr 1963 ganze Dörfer und über 2.000 Menschen fielen ihm zum Opfer. Im Jahr 1979 brach der Vulkan Sinila im Dieng-Plateau auf Zentral Java aus. Neben der meterhohen Überflutung mit Eruptionsmaterial und heißer Lava, was Ortschaften begrub und Landwirtschaft vernichtete, verloren auch etwa 200 Menschen ihr Leben.

Die fruchtbaren Vulkanböden prägen das Wesen und das Bild der Inseln, aber auch die Einflüsse der verschiedenen Völker.

So gibt es noch immer Völkergruppen und Stämme, die ihre Traditionen, wie vor Hunderten von Jahren erhalten haben und noch heute danach leben, wie die Batak auf Sumatra, die Toraja auf Sulawesi und auch die unterschiedlichen Stämme auf Irian Jaya.

Aber...Indonesien ist noch soooo viel mehr...

Indonesien ist Steinzeit und technisches Zeitalter zugleich, ein Kontinent der Inseln, eine asiatisch-pazifische Region, Schnittpunkt zwischen Pazifischem und Indischem Ozean, zwischen asiatischem Festland und Australien, ein bunter Mix aus Tradition und Moderne. Und: Indonesien bewahrt seine Identität!




Reisebericht 2006

„Man kann dem Leben nicht mehr Tage geben,

aber den Tagen mehr Leben.“

(aus China)

Auf meinem Flug von Berlin nach Katar mit Anschlussflug nach Jakarta ist mein Sitznachbar ein weiß gekleideter, feiner Herr aus dem Emirat Dubai. Er ist sehr aufgeschlossen, weltoffen und intelligent. Wir sprechen über viele Dinge, über unser Leben, unser Land und die Kindheit und Familie. Irgendwann ergibt es sich, dass ich ihm schildere, wie ich als typisch deutsches Kind in einer Sandkiste gespielt habe. Nach seiner Frage nach der Größe der Sandkiste und meiner Antwort, dass diese vielleicht zwei mal zwei Meter betrug, blitzen seine strahlend weißen Zähne auf und er sagt mit einem Lächeln, das aber nicht überheblich ist, dass seine Sandkiste bis zum Horizont reicht. Nun muss auch ich lachen – Völkerverständigung über Kindheitserinnerungen. Es dämmerte mir – neben mir scheint ein Scheich zu sitzen.

Ankunft in Jakarta – sechs Jahre nach meiner ersten Begegnung mit dem Inselreich Indonesien. Der erste Eindruck ist erdrückend. Solch ein Gewusel war ich schon einige Zeit nicht mehr gewohnt. Auf den Straßen vom Flughafen zur Innenstadt geht es nur langsam und chaotisch voran. Nachdem ich das Hotel erreicht habe, nehme ich rasch eine Dusche. Den Koffer lasse ich noch zu, schnappe meinen Rucksack nebst Kamera und stürze mich in das Geschehen. Es ist mir einfach wichtig, keine Zeit zu verlieren und das Leben auf den Straßen, aber vor allem auch abseits der ausgetretenen Pfade zu sehen und zu erleben. Draußen, vor dem klimatisierten Hotel, ist es schwül. Die Dusche hätte ich mir sparen können, denn der erste Schweiß läuft mir bereits über den Rücken. Es ist später Nachmittag und schon recht bald wird die Abenddämmerung einsetzen. So ziehe ich durch die Straßen, über Plätze, einen Park, sehe Hinterhöfe, schieße ein paar Fotos und bin immer wieder begeistert vom Treiben auf den Straßen. Erst als dann die Nacht hereinbricht, die feuchtschwüle Luft noch immer jede Bewegung schwer macht und mir langsam die Füße vom langen Herumlaufen weh tun und auch allmählich die Augen schwer werden nach dem langen Flug und Tag, zieht es mich zum Hotel zurück. Ich kaufe mir noch etwas zu trinken und schlafe dann geschafft, aber mit einem Lächeln im Gesicht, ein.

Doch allein der Eindruck dieser Stadt Jakarta ist noch lange nicht stellvertretend für das Inselreich. Zu verschieden, ja sogar gegensätzlich sind die einzelnen Inseln und selbst auf der Hauptinsel Java zeigen sich deutliche Unterschiede. Man braucht nur ein paar Meter abseits der Hauptstraßen zu schauen. Und weiter im Inselinneren, fernab von der Hektik der Großstadt und Tourismus, sieht man das wirkliche Leben. Und dieses Leben, mag es auch noch so einfach und ärmlich sein, fasziniert auf seine Weise. Man sollte nie ein Land nur nach seiner Hauptstadt beurteilen.

Am nächsten Tag geht mein Zug nach Zentral Java. Entlang der Bahngleise sieht man die unschönen Seiten des Landes. Einzelne zusammengeschusterte Notunterkünfte, die lediglich aus Abfallbrettern, kaputten Plastikplanen und Wellblechplatten bestehen, dann sogar ganze Slumgebiete. Ich sehe Kinder, die im Müll nach Verwertbarem wühlen, Plastik und Essensreste sammeln und diese `Trophäen` auch noch gegen herumstreunende, abgemagerte Hunde verteidigen müssen. Viele Menschen sind mit der Hoffnung auf Arbeit in die Großstädte gekommen, wurden enttäuscht und leben, besser gesagt, hausen jetzt hier am Rande des Lebens.

In Purwokerto werde ich bereits am Bahnhof von meinem indonesischen Freund Hardy erwartet. Trotzdem wir uns jetzt einige Zeit nicht gesehen haben, stimmt die Chemie gleich wieder von Anfang an, so, als ob wir uns erst gestern getroffen hätten. Wir hatten die ganze Zeit über in Verbindung gestanden und uns ausgetauscht, wie wir die Kinderhilfe in dieser Region organisieren und welche Projekte wir starten könnten. Hardy wird in Zukunft ein wichtiger Mitarbeiter und der Leiter unseres Teams in Indonesien sein. Sein indonesischer Name lautet Kus Hardiyanto. Für Freunde einfach: Hardy. Er hat nach der Schule eine Ausbildung zum Bäcker absolviert und besitzt nun ein kleines Warung (ein typisch indonesisches Straßenrestaurant). Hardy wohnt, da er noch nicht verheiratet ist, gemeinsam mit seinen Eltern in deren Haus in Purwokerto. Die kommenden Tage bestehen aus wunderbaren Gesprächen, Besichtigungen und wir besuchen viele Freunde, die ich von meiner ersten Reise noch kenne.

Und wie schon bei meinem ersten Besuch vor sechs Jahren reichte man mir in beinahe jedem Haus auch dieses mal schon zur Begrüßung ein Handtuch und ein Glas Wasser oder bot mir eine Dusche an. Offenbar sah man es mir, dem `Bleichgesicht` an, dass die senkrecht stehende Sonne und die schwüle Luft mir echt zu schaffen machten.

Auf jeden Fall war es eine willkommene Wohltat, auch wenn die Dusche nur aus einem gefüllten Wasserbecken besteht, aus dem man sich mit einem Topf das kühle Nass über den Kopf und Körper schüttet. Jeder, der schon mal in Indonesien war, kennt sicher diese Prozedur. Ein Problem, na ja kein wirkliches Problem, aber zumindest eine logistische Herausforderung ist eigentlich immer, wo ich meine Sachen beim Duschen hinhängen bzw. hinlegen kann, denn es gibt meist weder einen Schrank, noch irgendwelche Ablagemöglichkeiten. Indonesische Bäder sind eben nicht mit unseren deutschen Einrichtungen vergleichbar. Meist rettet mich ein Nagel in der Wand und meist hält er auch.

Während meines Aufenthalts verbringe ich die meisten Nächte bei `meiner indonesischen Familie` in Banyumas, dort wo ich auch sechs Jahre zuvor eingeladen war. Ich werde bereits erwartet. Sari kommt mir entgegen, als ich, in Begleitung von Hardy, auf den Hof einbiege. Es ist so schön, sie wieder zu sehen. Sie schaut sehr glücklich aus und das macht mich glücklich. Auch Saris Eltern und ihre Schwester Sampurni begrüßen mich freudig. Selbst Nofera, eine weitere Schwester, ist mit ihrer Familie extra aus dem circa 30 Kilometer entfernten Purbalingga gekommen. Sechs Jahre hat es gedauert, ehe ich wieder hier sein konnte. Das Gefühl ist gerade so, als wäre ich nie weg gewesen. Sie haben mir mein Zimmer hergerichtet. Die Matratze auf dem Boden ist frisch bezogen. Auch ein Handtuch liegt bereit. Wir plaudern noch bis spät in die Nacht. Auf meine Frage, wie es Sari geht, erzählt sie mir, dass sie sehr zufrieden ist. Ein Jahr nach der Hochzeit wurde ihre Tochter Sinta geboren. Sari ist momentan noch Hausfrau und kümmert sich um die Kindererziehung. Ihr Ehemann Sapto ist Alleinverdiener, doch sie kommen gut zurecht. Sie selbst möchte jedoch in der Zukunft auch wieder arbeiten. Dann wird es Zeit – das Bett ruft.

Früh am Morgen werde ich vom Hahnenschrei geweckt. Die Sonne schickt ihre ersten warmen Strahlen voraus, ehe sie den Horizont küsst. Ein neuer Tag beginnt. Hier steht man früh auf. Alle sind schon auf den Beinen. Es wird geputzt, die Kinder für die Schule fertig gemacht, der Reiskocher läuft auch schon. Doch alles geschieht ruhig, nicht hektisch. Es ist eine idyllische Atmosphäre. Ich sitze auf der Terrasse, trinke einen frisch gepressten Orangensaft und schaue ausgeruht und begeistert auf die Dorfstraße, auf der Schulkinder, Händler und Nachbarn winkend vorbei gehen. Manche von ihnen kenne ich bereits und winke zurück. Die Hektik und den alltäglichen Stress im Büro, denen ich vor meiner Abreise noch ausgesetzt war, habe ich längst weit hinter mir gelassen. Das fällt mir zum Glück ziemlich leicht, auch wenn ich meinen Bürojob gerne mache.

Mit dem Motorroller, den mir die Familie geliehen hat, fahre ich in das etwa 17 Kilometer entfernte Purwokerto, da wir uns mit Hardy verabredet haben, um eine Schule zu besuchen. Es scheint hier noch niemand auf die Idee gekommen zu sein, eine Straßenverkehrsordnung aufzustellen. Obwohl es meiner Ansicht nach nötig wäre, denn das Geschehen auf der Straße wirkt chaotisch und fremd, ja sogar gefährlich. Neben tellergroßen Schlaglöchern, die man, falls man sie überhaupt sieht, gekonnt umfahren sollte, muss man schon darauf achten, dass nicht der nachfolgende Verkehr einfach draufhält. Oder aber auch, was auch mir schon ein paar Mal passiert ist, einfach einer auf meiner Spur entgegenkommt. Das kann selbst bei Dunkelheit geschehen und ohne Licht des Entgegenkommenden. Doch durch die asiatische Gelassenheit, Rücksicht und vorausschauende Fahrweise passiert noch relativ wenig.

Man ist immer froh, mit heiler Haut anzukommen. Verkehrsregeln existieren oder auch nicht. Es funktioniert, und das ist wichtig. Auch pflegen viele Autofahrer den Brauch, genau auf der Straßenmitte zu fahren, warum auch immer. Das ist jedoch sehr unangenehm, gerade beim Überholen, denn linke und rechte Fahrspur sind damit belegt und man weiß nie, auf welche Seite der Vordermann nun ausweicht. Die Busse und LKWs sind meist in Staub gehüllt und ziehen eine stickige Rußwolke hinter sich her. Hier ist man gut beraten, einen Mundschutz oder Tuch über Mund und Nase zu tragen. Zu jeder Fahrt hier gehört etwas Mut, Glück und eine gute Portion Optimismus. Doch all dies wird wettgemacht durch die vorbeiziehende Landschaft. Die Natur ist bezaubernd und lädt zum Verweilen ein. Oftmals bin ich einfach nur an den Straßenrand gefahren, habe meinen Motorroller abgestellt und bin einige Schritte gelaufen, habe mich an ein Reisfeld gesetzt und den Reisbauern bei der Feldarbeit zugeschaut. Auch am Fluss finde ich Ruhe und Entspannung, einfach mal die Gedanken fliegen lassen, das gibt neue Energie.

Mancher Naturanblick scheint wie gemalt, einfach faszinierend. Gerade auch der Blick auf den Vulkanberg Slamet, der sich hinter den Feldern majestätisch in den Himmel erhebt, ist für mich auf meinem Weg zwischen Banyumas und Purwokerto immer einen Stopp wert. Die Friedlichkeit und Ruhe der Natur, verbunden mit der Gewissheit, dass dieser Vulkan jederzeit wieder ausbrechen könnte, ist unbeschreiblich und macht mich ehrfürchtig.

In Purwokerto stehen einige Termine bei Behörden an. Es heißt also `warten`. In meinen Bekannten habe ich ein gutes Vorbild dafür. Indonesier verstehen, geduldig zu warten. Sie leben noch nach dem Takt der Natur, nach Tag und Nacht, nach Trocken- und Regenzeit. Wir Deutschen dagegen schauen immer auf die Stunden- und Minutenzeiger unserer Uhr. Wir haben dadurch die Geduld verloren und Stress und Hektik gewonnen. Doch das ist kein wahrer Gewinn, eher ein Mangel an Lebensqualität. Wir gewinnen zwar durch effektive Zeitplanung etwas Zeit, verpassen aber oftmals wichtige neue Erkenntnisse und Eindrücke, weil wir zu sehr nach der Uhr leben.

Am nächsten Tag steht ein Besuch bei einer Batikwerkstatt an. Wir kommen in einen dunklen Raum, spärliches Sonnenlicht lugt durch einige Löcher in der Decke, die gleichzeitig eine Art Dunstabzug sind. Die Wände und die Decke des Raumes sind rußverschmiert. Es ist heiß und schwül. Die Luft ist so beißend, dass man kaum atmen kann. Hier sind drei Arbeiter dabei, Batikstoffe herzustellen. Eine mühsame und schwere Arbeit, auch zu Lasten der Gesundheit. Die Körper der Arbeiter glänzen vor Schweiß. In einer Ecke des Raumes steht ein Ofen mit glühender Kohle, überall liegen Asche und Dreck. Vor der Hütte werden die gefertigten Batikstoffe im Wassertrog oder manchmal sogar im Fluss gewaschen. Der Farbgebungsprozess wiederholt sich mehrfach, je nachdem, wie viele Farben und Figuren bzw. Muster aufgetragen werden müssen. Die fertigen Stoffe, die auch verarbeitet werden zu Hemden, Blusen, Kleidern, Tischdecken, Taschen etc. sind traumhaft schön, doch extrem arbeitsintensiv.

Einer Einladung folgend reise ich mit einigen Freunden, darunter Hardy, Sampurni, Sari und Sapto und deren Tochter Sinta nach Yogjakarta. Sinta ist gerade fünf Jahre alt geworden und sie freute sich schon die Tage zuvor riesig auf diesen Ausflug. Saptos Eltern, die ich bereits zur Hochzeit von Sari und Sapto kennen lernen durfte, hatten ausrichten lassen, dass sie sich freuen würden, wenn wir ein Wochenende zu ihnen kommen würden. Gegen Nachmittag erreichen wir schließlich die Sultanstadt, das kulturelle Zentrum von Java. Yogjakarta ist eine imposante Stadt voller Historie und beeindruckender Kulturgüter. Nachdem wir uns alle begrüßt haben, unternehmen wir noch einen Spaziergang ins nahe Zentrum, schlendern die Hauptader `Malioboro` entlang, besuchen eines der Künstlerviertel und als dann die Händler und Garküchen langsam ihre Stände bzw. Wagen aufbauen und mit dem Brutzeln allerlei möglicher und unmöglicher kulinarischer Speisen beginnen, machen wir uns wieder auf den Heimweg. Der Duft der Leckereien macht hungrig. Doch mit dem Abendessen wird es noch ein klein wenig dauern. Der Grund ist der, dass sich die Familie gewünscht hat, dass ich heute Abend den Kochlöffel schwinge. Upps...ich!! Oh mein Gott, ich kann zwar einiges, jedoch ist die Küche nicht gerade mein Reich. Aber gut, ich hatte den Vorschlag schmunzelnd angenommen, aber auch sicherheitshalber gleich zu verstehen gegeben, dass ich kein Meisterkoch bin. Und ich hatte auch gleich noch gesagt, dass, wenn es nichts wird, ich die Familie dann zum Essen an eine der Garküchen einladen werde. Da haben dann alle gelacht. Nun gut, sie stellten mir also ihre Küche zur Verfügung und wünschten sich `Deutsche Küche`. Hmmm...da ging es mir erst mal durch den Kopf...was mache ich nur für ein Essen? Deutsche Küche...nun...ein Geistesblitz musste her...da ist er...ich mache typisch deutsche Küche: Spaghetti mit Tomatensoße. Das ist zwar keine typisch deutsche Küche, aber ein typisch deutsches Essen für mich und meine Landsleute.

Also gehe ich zunächst in einen kleinen Tante-Emma-Laden, der sich unweit des Hauses befindet. Dort überlege ich kurz, was ich wohl alles brauchen werde und kaufe ausreichend Spaghetti, dazu frische Tomaten, rote Paprika, als Gewürz Oregano, eine Zehe Knoblauch, ein Bund Zwiebeln, ein paar Flaschen Ketchup und als Dekoration die Sternfrucht, auch Karambole genannt.

865,78 ₽
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502 стр. 155 иллюстраций
ISBN:
9783753157122
Издатель:
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