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1. Supranationale Regelungen
a) WTO, GATT, GATS, TRIPS

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Völkerrechtliche Vorgaben für außenhandelspolitisch motivierte Eingriffe in den Außenhandelsverkehr enthalten vor allem die durch die World Trade Organisation (WTO) verwalteten Abkommen. Die WTO wurde am 1.1.1995 gegründet und hat über 160 Mitglieder, die 98 % des Welthandels repräsentieren Deutschland ist neben der Europäischen Gemeinschaft Gründungsmitglied.18 Zweck der WTO ist eine schrittweise Liberalisierung des internationalen Wirtschaftsverkehrs, die auf fünf Handelsprinzipien beruht:

 – Inländergleichbehandlung, d.h. ausländische Warenlieferungen und Dienstleistungen sowie deren Anbieter sollen keinen strengeren inländischen Regelungen unterworfen werden, als sie für gleichartige Angebote und Anbieter inländischen Ursprungs gelten;

 – Meistbegünstigung, d.h. ein Mitgliedstaat soll die Handelsvorteile, die er einem anderen Land gewährt, auch allen anderen Mitgliedstaaten einräumen;

 – Verbot von mengenmäßigen Handelsbeschränkungen, d.h. Quoten oder Kontingente sollten unterbleiben, zudem sollen Zölle zunehmend abgebaut werden;

 – Nicht-Diskriminierungsgebot, d.h. Ein- und Ausfuhrbeschränkungen, die aufgrund von Ausnahmebestimmungen noch zulässig sind, sollen nicht im Verhältnis zu verschiedenen Mitgliedstaaten diskriminatorisch angewandt werden;

 – Transparenzgebot, d.h. zu einschlägigen Vorschriften soll stets Zugang gewährt werden.

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Die vorstehenden Grundsätze sind im allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT = General Agreements on Tarifs and Trade) niedergelegt, welches in die WTO integriert wurde. Weitere Abkommen der WTO sind GATS (General Agreement on Trade in Services) sowie TRIPS (Agreement on Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights). Die WTO hat eine eigene Streitschlichtungsstelle (DSB), die aber seit Dezember 2019 mangels ausreichender Anzahl von Schiedsrichtern handlungsunfähig ist (bis zum Abschluss der Arbeiten an dem Manuskript); wohl wurde die Nachbesetzung gezielt von den USA unter der Regierung Trump behindert.

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Die WTO ist keine Freihandelsorganisation (dazu sogleich). Maßnahmen zum Schutz der nationalen Wirtschaft wie etwa Zölle sind nicht unzulässig; sie dürfen aber nicht diskriminatorisch angewandt werden.

b) Freihandelsabkommen und -zonen

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Freihandelszonen dienen dem zollfreien (tariffreien) Handel sowie der Vermeidung von nichttarifären Handelshemmnissen (wie Exportbeschränkungen, Importquoten, Embargos, nationale Normen, Subventionen, staatliche Beteiligungen an Unternehmen, Einsatz von Patentrechten, Umgang mit ausländischen Investitionen etc.) zwischen den Vertragspartnern des Freihandelsabkommens. Die Inhalte der Abkommen werden tendenziell immer „moderner“, d.h. sie gehen immer mehr über den bloßen Abbau von Zöllen hinaus.

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Freihandelsabkommen (Free Trade Agreements oder FTA) oder andere multilaterale Abkommen lassen Freihandelszonen entstehen. Sie haben – anders als eine Zollunion – keine einheitlichen Zölle gegenüber Drittstatten und brauchen zur Verhinderung von Verkehrs-, Produktionsverlagerungen (zur Ausnutzung unterschiedlicher Zölle) und Wettbewerbsverfälschungen Ursprungsregeln („Preferential“- und „Non-Preferential“-Rules of Origin). Danach sind bestimmte Waren präferenzberechtigt und somit zollfrei. Freihandelsabkommen mit einem höheren Integrationslevel sind z.B. Zollunionen, Gemeinsame Märkte, Wirtschafts- und Währungsunionen.

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Zur Klärung von Streitigkeiten der Partner eines solchen Abkommens (auch treaty genannt), sind meist spezielle Schiedsgerichte eingerichtet, in die die Partner spezielle Schiedsrichter entsenden.

aa) EU

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Die EU bspw. hat eine ganze Reihe von solchen Abkommen abgeschlossen,19 unter anderem mit Albanien, Algerien, Andorra, Ägypten, Bosnien und Herzegowina, Chile, Kolumbien, Costa Rica, Ecuador, El Salvador, Färöer, Guatemala, Honduras, Island, Israel, Japan, Jordanien, Libanon, Liechtenstein, Mazedonien, Mexiko, Montenegro, Marokko, Nicaragua, Norwegen, Palästinensische Autonomiegebiete, Panama, Peru, Republik Korea (Südkorea), San Marino, Serbien, Südafrika, Schweiz, Singapur, Tunesien, Türkei. Weitere Abkommen der EU mit Drittländern befinden sich in Planung, Vorbereitung oder Verhandlung; so etwa mit:

 – den ASEAN-Staaten.

 – Singapur. Am 18./19.10.2018 wurde bereits ein Freihandels- und ein Investitionsschutzabkommen unterzeichnet; das EU-Parlament hat beiden Abkommen im Februar 2019 zugestimmt. Die Ratifizierung des Freihandelsabkommens wurde am 8.11.2019 durch Ratsbeschluss abgeschlossen und am 21.11.2019 ist das Abkommen in Kraft getreten. Das Investitionsschutzabkommen muss jedoch noch von allen EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet werden.

 – Vietnam. Am 30.6.2019 wurde ein Freihandels- und ein Investitionsschutzabkommen unterzeichnet. Das Europäische Parlament hat beiden Abkommen am 12.2.2020 zugestimmt. Das Freihandelsabkommen ist am 1.8.2020 in Kraft getreten. Das Investitionsschutzabkommen muss aber noch durch die EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden.

 – Malaysia. Es finden Verhandlungen statt, die seit 2012 ruhen (MEUFTA II – siehe unten).

 – Thailand. Die Verhandlungen ruhen seit 2014.

 – Philippinen und Indonesien haben die FTA-Verhandlungen mit der EU in 2016 aufgenommen. Textbasierte Verhandlungen haben im Jahr 2017 begonnen.

 – Australien. Verhandlungen laufen seit Juni 2018.

 – Neuseeland. Verhandlungen laufen seit Juni 2018.

 – Indien. Verhandlungen sind seit 2012 unterbrochen.

 – Mexico Mexico-European Union Free Trade Agreement (MEUFTA I) vom 8.12.1997 zwischen der EU und Mexico.20 Die EU und Mexiko haben am 28.4.2020 ihre Verhandlungen über den Handelsteil eines modernisierten EU-Mexiko-Globalabkommens abgeschlossen.

 – Seit Ende 2013 ist das Assoziierungsabkommens mit Zentralamerika (Belize, Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Panama) vorläufig in Kraft.

 – Seit 2013 wird das Multiparteienabkommen der EU und der EU-Mitgliedstaaten mit Kolumbien und Peru vorläufig angewendet. Seit Januar 2017 ist auch Ecuador dem Abkommen beigetreten.

 – Mit den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) wurden am 28.6.2019 nach fast 20 Jahren die Verhandlungen über den Freihandelsteil eines Assoziierungsabkommens erfolgreich abgeschlossen.

 – Ukraine. Es gibt das 1998 in Kraft getretene Partnerschafts- und Kooperationsabkommen und 2014 wurde ein Assoziierungsabkommen unterzeichnet, das das bestehende Partnerschafts- und Kooperationsabkommen ersetzen soll und in seinen in EU-Kompetenz liegenden Teilen seit dem 1.1.2016 vorläufig angewendet wird.

 – Trade in Service Agreement (TiSA). Das TiSA ist ein geplantes, plurilaterales Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen mit 23 WTO-Staaten, die insgesamt etwa 70 % des weltweiten Dienstleistungshandels abdecken.

 – Environmental Goods Agreement (EGA). Das EGA ist ein geplantes Abkommen zur Liberalisierung von Umweltgütern mit WTO-Mitgliedstaaten.

bb) WTO

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Die WTO zählt im Moment über 300 regionale Handelsabkommen (Regional Trade Agreements, RTAs) und sie bietet dazu einen RTATracker an.21

cc) EFTA

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Liechtenstein und die Schweiz sind, zusammen mit Norwegen und Island, Mitglieder der EFTA (European Free Trade Association). Durch die EFTA-Konventionen richteten die Vertragsstaaten untereinander eine Freihandelszone im Sinne des GATT22 ein. Der Gründungstext der EFTA aus dem Jahr 1960 wurde durch das Vaduzer Übereinkommen vom 21.6.2001 grundlegend erneuert.23 Ziel war es, das Verhältnis der EFTA-Vertragsstaaten untereinander weiterzuentwickeln, so dass es dem Integrationsstand entspricht, den die Schweiz durch die vielen bilateralen Verträge mit der EU (siehe unten Rn. 25) im Verhältnis zu den EU-Mitgliedstaaten verwirklich hat. Die EFTA ist jedoch anders als die EU keine Zollunion – zum Unterschied zum EWR (siehe unten Rn. 25). Die Vertragsstaaten haben aber die EFTA genutzt, um gemeinschaftliche Freihandelsabkommen mit Drittstaaten auszuhandeln.24 Im Zuge der Diskussionen um den Brexit wurde der Gedanke eines Wiedereintrittes von Großbritannien besprochen (1970 war Großbritannien in die EG übergetreten). Dies bleibt vermutlich jedoch ein Gedankenspiel, da die Regierung des Vereinigten Königreichs der EFTA signalisiert hatte, sich nicht für einen Beitritt zu bewerben.25 Nichtsdestotrotz stehen die EFTA Staaten im Austausch mit Großbritannien, um Regelungslücken nach dem vollzogenen Brexit zu schließen.

dd) CETA

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Zwischen der EU und Kanada wurden 2009 die Verhandlung für ein Freihandelsabkommen aufgenommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA). Am 30. Oktober 2016 wurde es vom Europäischen Rat, der Europäischen Kommission und der kanadischen Regierung nach Zustimmung aller Mitgliedstaaten unterzeichnet. Am 15.2.2017 stimmte auch das EU-Parlament zu. Allerdings bedarf es noch der Ratifizierung durch die EU, Kanada und die EU-Mitgliedstaaten. Aktuell haben 14 Mitgliedstaaten das Abkommen ratifiziert.26 Insbesondere aufgrund der Regelungen zum Investitionsschutz und der Durchsetzung durch Schiedsgerichte ist das Abkommen nicht unumstritten.27 Der EuGH bestätigte diese Regelungen im Grundsatz, schwächte die Schiedsgerichtsbarkeit aber insofern, als dass dieser das Recht zur Anwendung und Interpretation von EU-Recht abgesprochen wurde.28

ee) TTIP

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Zwischen der USA und der EU wurde 2013 mit den Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP) begonnen. Insbesondere der Aushandlungsprozess wurde dabei vielfach als intransparent kritisiert, aber auch die vermeintliche Aufweichung bestehender europäischer (Verbraucher-)Schutzrechte wurde beklagt. Die 15. Verhandlungsrunde fand vom 3. bis zum 7.10.2016 statt. Seit der Ablösung der Regierung Obama im Januar 2017 durch die Regierung Trump ruhen die Verhandlungen.29 Es ist unklar ob und wann die Verhandlungen unter dem neuen US Präsidenten Biden wieder aufgenommen werden.30

ff) Weitere

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Es gibt eine Reihe weiterer interessanter und teilweise ganz neuer Abkommen:

 – North American Free Trade Agreement (NAFTA) von 1992, dem Kanada, Mexiko und die Vereinigten Staaten von Amerika angehören;31 2017 begannen Neuverhandlungen für ein Nachfolgeabkommen, das sogenannte United States Mexico Canada Agreement (USMCA). Es trat zum 1.7.2020 in Kraft, ist zunächst auf 16 Jahre beschränkt und soll das NAFTA ersetzen. Wesentliche Änderungen sind insbesondere die Erhöhung von Arbeits- und Umweltstandards sowie die Förderung der Inlandsproduktion von PKW und LKW.32

 – Mercado Común Del Sur (MERCOSUR) von 1991, dem Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela (allerdings seit dem 1.12.2016 unter anderem wegen Menschenrechtsverletzungen suspendiert) angehören; Bolivien, Chile, Peru, Kolumbien, Guyana und Suriname und Ecuador sind assoziiert; Venezuela hat 2006 unterzeichnet, die offizielle Annahme erfolgte jedoch erst im Juli 2012; Bolivien befindet sich bereits im Beitrittsverfahren – ein EU-Beitritt wird dazu seit langem verhandelt.33

 – Association of South East Asian Nations (ASEAN), der Brunei Darussalam, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam angehören.34

 – Asia-Pacific Economic Cooperation (APEC), der 21 Staaten in Asien, dem Pazifik, Nord- und Südamerika angehören.35

 – Southern African Development Community (SADC), welcher 16 Staaten angehören.36

 – Communauté Économique des États de l’Afrique de l’Ouest/Economic Community of West African States (CEDEAO/ECOWAS), dem 15 westafrikanische Staaten angehören.37

 – Freihandelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Republik Korea, KORUS. Der Vertrag wurde am 30.6.2007 unterzeichnet und später neu gefasst. Die letzte Neuverhandlung fand von Ende 2017 bis Ende März 2018 statt.

 – Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP), entstand durch den Austritt der USA aus der Trans-Pacific Partnership (TPP). Mitgliedstaaten sind Australien, Brunei, Kanada, Chile, Japan, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam. Es trat am 30.12.2018 in Kraft. Die USA erwägt einen Wiedereintritt. Im Kontext des Brexits wurde und wird vielfach über einen Beitritt Großbritanniens nachgedacht bzw. geschrieben, ohne dass dies konkret wurde.

 – African Continental Free Trade Agreement (AfCFTA), ein durch die Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union (Ägypten, Algerien, Angola, Äquatorialguinea, Äthiopien, Benin, Botswana, Burkina Faso, Burundi, Dschibuti, Elfenbeinküste, Eritrea, Eswatini, Gabun, Gambia, Ghana, Guinea, Guinea-Bissau, Kamerun, Kap Verde, Kenia, Komoren, Demokratische Republik Kongo, Republik Kongo, Lesotho, Liberia, Libyen, Madagaskar, Malawi, Mali, Marokko, Mauretanien, Mauritius, Mosambik, Namibia, Niger, Nigeria, Ruanda, Sambia, São Tomé und Príncipe, Senegal, Seychellen, Sierra Leone, Simbabwe, Somalia, Südafrika, Sudan, Südsudan, Tansania, Togo, Tschad, Tunesien, Uganda, Westsahara) und Zentralafrikanische Republik getragenes Abkommen. Es trat am 30.5.2019 in Kraft und stellt nach der WTO das an Unterzeichnern zahlenmäßig größte Freihandelsabkommen der Welt (52 Mitgliedstaaten – alle in der Afrikanischen Union außer Benin, Eritrea, Nigeria) dar. Ziel ist es die Zollbelastungen für den über 1,2 Milliarden Einwohner und 2,5 Billionen USD BIP großen afrikanischen Raum zu senken.38 Nach Corona-bedingten Verschiebungen startet die AfCFTA wohl zum 1.1.2021.

 – Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP), ist ein seit 2020 bestehendes Freihandelsabkommen zwischen 15 Staaten in der Region Asien-Pazifik. Es ist wirtschaftlich die größte Freihandelszone der Welt mit über 15 Billionen USD BIP; der Vertrag wurde am 15.11.2020 unterzeichnet zwischen den zehn ASEAN-Mitgliedern (Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam) und allen ASEAN+3-Mitgliedern (Volksrepublik China, Japan, Südkorea) sowie zwei ASEAN+6-Mitgliedern (Australien, Neuseeland). Es dürfte vielleicht noch ein oder zwei Jahre dauern bis es ausreichend ratifiziert ist und in Kraft treten kann.

 – Das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und dem Vereinigten Königreiche Großbritannien und Nordirland vom 24.12.2020 [Draft] als Ergebnis der Brexit Gespräche ist ein Freihandelsabkommen in den Bereichen Handel mit Waren und Dienstleistungen, Investitionen, Wettbewerb, staatliche Beihilfen, Steuertransparenz, Luft- und Straßenverkehr, Energie und Nachhaltigkeit, Fischerei, Datenschutz und Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Es sieht Nullzollsätze und Nullkontingente für alle Waren vor, die den entsprechenden Ursprungsregeln genügen. Nach Unterzeichnung am 30.12.2020 trat es zum 1.1.2021 in Kraft.

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Zudem hat Großbritannien eine Reihe von weiteren Abkommen im Plan, die als „Roll Over“-Abkommen Handelsabkommen der EU replizieren sollen. Ein solches namens CEPA (UK-Japan Comprehensive Economic Partnership Agreement) wurde am 23.10.2020 unterzeichnet. Das UK-Canada Trade Continuity Agreement (TCA) hat zumindest Eingang in ein MoU (Memorandum of Understanding) gefunden. Weitere 14 solche Abkommen hat das Königreich noch auf seiner Liste, einige davon sind unterzeichnet, andere noch in Verhandlung, viele gelten schon seit Jahren.39

c) EU

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Die Europäische Union ist ein Staatenverbund, dessen Ziel es ist, u.a. einen Binnenmarkt zu schaffen, der von nationalstaatlichen Beschränkungen weitgehend befreit ist.40

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Die Grundlage für die EU in ihrer heutigen Form wurde nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen. Seit dem ersten Vertrag von 1951, der sich nur auf die Kohle- und Stahlindustrie bezog, wurden mehrere nachfolgende Verträge unterschrieben, um die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten auf weitere Bereiche auszudehnen. Mittlerweile ist die EU eine einzige und einheitliche Rechtspersönlichkeit in der Form eines Staatenverbundes, der sich durch seine Überstaatlichkeit auszeichnet und über Kompetenzen in vielen Bereichen verfügt.41 Die EU ist gleichzeitig auch eine Zollunion. Angefangen mit ursprünglich nur 6 Staaten, hat die EU nach Austritt des Vereinigten Königreichs am 31.1.2020 heute 27 Mitgliedstaaten. Nachfolgend ein kurzer Überblick über die wichtigsten Verträge, die zu der heutigen Union geführt haben:42

 – Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) vom 18.4.1951, in Kraft getreten am 23.7.1952: Die EGKS (auch Montanunion genannt) ist auf einen Plan des französischen Außenministers Robert Schuman und seines Mitarbeiters Jean Monnet von 1950 zurückzuführen43 (Schuman-Plan). Ziel der neu gegründeten Gemeinschaft war, im Verhältnis zwischen Frankreich und Deutschland Sicherheitsgarantien im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der Schlüsselindustrien in Deutschland und gleichzeitig auch eine Integrationsordnung auf partnerschaftlicher Grundlage zu schaffen. Der Vertrag wurde zwischen Deutschland, Frankreich, Italien und den Benelux-Staaten geschlossen.

 – Verträge von Rom – Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG, Euratom) vom 25.3.1957, in Kraft getreten am 1.1.1958: Mit dem EWG-Vertrag (später EG-Vertrag genannt) wurde die europäische Integration durch Einbeziehung einer allgemeinen wirtschaftlichen Zusammenarbeit ausgebaut, der Vertrag enthielt erste Regelungen zum gemeinsamen Binnenmarkt. Ziel der Euratom war die Regelung der friedlichen Nutzung von Kernenergie.

 – Fusionsvertrag – Vertrag von Brüssel vom 8.4.1965, in Kraft getreten am 1.7.1967: Schaffung einer einheitlichen Kommission und eines einheitlichen Rates für die drei Gemeinschaften.

 – Einheitliche Europäische Akte (EEA) vom 17./28.2.1986, in Kraft getreten am 1.7.1987: Die EEA ist die erste grundlegende Reform des EWG-Vertrages.44 Sie umfasste den Binnenmarkt, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik und in anderen Bereichen. Die Zuständigkeiten der Gemeinschaft wurden erweitert; die EEA institutionalisierte die Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ), und der Entscheidungsprozess in den Institutionen der EU wurde reformiert.

 – Vertrag über die Europäische Union (EUV) – Vertrag von Maastricht vom 7.2.1992, in Kraft getreten am 1.11.1993:45 Mit diesem Vertrag wurde die Europäische Union als Dach46 über die Europäischen Gemeinschaften, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und die Polizeiliche und Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZ) geschaffen (zusammen die „Drei Säulen der Europäischen Union“ genannt, die so entwickelte Struktur trägt auch den Namen „Tempel-Modell“). Die Europäischen Gemeinschaften setzten sich aus den EKGS, EAG und EG (Europäische Gemeinschaft als „Nachfolgerin“ der EWG) zusammen; die GASP und die PJZ stellen dagegen intergouvernementale Formen der Zusammenarbeit dar. Es wurden Vorbereitungen für die Europäische Währungsunion getroffen und die Unionsbürgerschaft mit aktivem und passivem Kommunalwahlrecht wurde eingeführt.

 – Vertrag vom Amsterdam vom 2.10.1997, in Kraft getreten am 1.5.1999: Neben einer Umnummerierung und Konsolidierung der EU- und EWG-Verträge förderte und erweiterte der Vertrag weiterhin die Zusammenarbeit und die Integration.

 – Vertrag von Nizza vom 26.2.2001, in Kraft getreten am 1.2.2003: Mit diesem Vertrag bereitete sich die Gemeinschaft auf die bevorstehende Erweiterung um 10 neue Mitgliedstaaten vor; die Zusammensetzung von Kommission, Rat und Parlament wurde neu geregelt47 und auch der Europäische Gerichtshof und das Europäische Gericht waren von der Reform mitumfasst.

 – Vertrag von Lissabon vom 13.12.2007, in Kraft getreten am 1.12.2009: Nachdem die Versuche für eine Verfassung gescheitert sind, wurde die Europäische Gemeinschaft mit dem Vertrag von Lissabon erneut grundlegend reformiert. Der EU-Vertrag wurde neu strukturiert. Der EG-Vertrag wurde durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)48 ersetzt. Der EUV und der AEUV sind nunmehr die Grundordnung für eine einheitliche und einzige Rechtspersönlichkeit, die die Bezeichnung „Europäische Union“ trägt; es wurden zahlreiche institutionelle Änderungen vorgenommen, darunter insbesondere Erweiterung der Befugnisse des Parlaments und Aufnahme des Europäischen Rates in den Kreis der Unionsorgane; die Charta der Grundrechte der Europäischen Union erhielt denselben Rang wie der EUV und der AEUV.49

 – Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und dem Vereinigten Königreiche Großbritannien und Nordirland vom 24.12.2020 [Draft] beendet die „no-Deal-Übergangsphase“ nach dem EU-Austritt Großbritanniens zum 31.1.2020 (siehe den Beschluss (EU) 2020/135 des Rates vom 30.1.2020 über den Abschluss des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft).

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Im Verhältnis zu Drittstaaten hat die EU nach Art. 207 AEUV die Kompetenz für eine gemeinsame Handelspolitik. Hierzu gehören alle Maßnahmen, deren primärer Zweck die Beeinflussung von Handelsvolumina und Handelsströmen ist, bzw. Instrumente, durch die typischerweise Handelsvolumina und Handelsströme beeinflusst werden. Die Europäische Gemeinschaft hat in Ausübung dieser Kompetenz mit einer großen Zahl von Drittstaaten Handelsabkommen, Kooperations-, Präferenz- oder Zollabkommen abgeschlossen.

24

Embargomaßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sind nach Art. 215 AEUV möglich. Der Rat fasst die entsprechende Maßnahme. Dies erfolgte bislang (nach dem EGV ohne die Einflüsse des Vertrages von Lissabon) zumeist im Rahmen einer Verordnung. Die für die Regulierung des Außenhandels wohl wichtigste Verordnung ist die sog. Dual-Use-Verordnung (VO (EG) 428/2009 des Rates vom 5.5.2009) über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck, die in der aktuellen Fassung seit August 2009 in Kraft ist.50 Es gibt eine Neufassung von Oktober 2020. Sie dient der Kontrolle der Ausfuhr von Gütern, die sowohl zivil als auch militärisch benutzt werden können. Erfasst wird auch der nicht verkörperte Transfer von Software oder Technologie. Die Dual-Use-Verordnung schafft Ausfuhrlisten, die für alle Mitgliedstaaten gelten. Zudem enthält sie eine Catch-all-Klausel, um Exporte von Gütern zu erfassen, die nicht explizit in den Ausfuhrlisten enthalten sind.

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