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Neustart und wie man dazu kommt

Es war Mitte April und ich hatte das dringende Bedürfnis, meinen derzeitigen Wohnort – auch Lebensmittelpunkt genannt – jaul - mal eine Weile nicht zu sehen. Fast ein Jahr ist es her, dass Bargteheide meine Hacken betrachten durfte. Dauernd fragte ich meinen Mann: Was wollen wir denn im Mai machen? Als Antwort erhielt ich: Weißnich. Wo, wer oder was ist bloß “Weißnich“? Ist es ein Land, ein Ort oder ein Mensch? Nein, es war das von mir überaus Geliebte: Ich weiß es nicht. Die Standardantwort auf jegliche Fragen des Lebens, sie quält mich seit Jahrzehnten.

Damit wir nicht im “Weißnich“ landeten und lange herumlamentierten, zog ich den Joker und bemerkte: Jeder schreibt fünf Urlaubswünsche auf ein Blatt Papier. Diese Blätter wurden geschnitten und die Streifen zusammengefaltet, ohne dass der andere die Wünsche des Partners erfuhr. Dieser Joker hatte vor Jahren auch schon gestochen. Gesagt – getan. Mit den in einer Mütze versteckten Zetteln liefen wir über den Rasen zu unseren Nachbarn Gisela und Gerhard. Die Beiden waren im Garten mit dem Bau ihres neuen Hauses beschäftigt. Gerhard schwitzte über dem Gestänge und den Schräubchen des Glashauses und Gisela wuselte hin und her. Ihre Augenpaare signalisierten: Hehey, wir haben keine Zeit! Wir erklärten ihnen, dass wir für die Auswahl unseres Urlaubs einen neutralen Schiedsrichter benötigten.

Nun war auch bei unseren Nachbarn Interesse geweckt. Gisela machte die Glücksfee und zog einen Zettel aus der Mütze. Vier neugierige Köpfe ruckten über dem gezogenen Schnipsel. Ach mahan – toll, schon wieder verloren! Ich erkannte sofort Wolfgangs Schrift. Natürlich forderte ich ihn immer auf, auch mal Ideen zu haben und unserem Leben ein büsschen pepp zu geben. Heißt ja noch lange nicht, dass das dann auch gemacht werden muss. Hatte ich selber Schuld? – na ja – wenn man das so betrachtet – mh – ja!

Gewonnen hatte: Radtour Rhein/Mosel/Main. Suppa, das hatte ich auch aufgeschrieben. Damit kann man leben. Der Klopfer aber war, dass wir so viele Übereinstimmungen hatten. Unsere Urlaubswünsche:

Wolfgang Marge

Radtour Radtour

Rhein/Mosel/Main Mosel/Main

Sylt oder Nordsee Sylt

Jakobsweg zu Ende Laufen Jakobsweg Spanien.

Bergwandern Laufen von zu Hause.

Toskana Faulurlaub Amara Beach/Türkei

Bergwandern – Bergwandern, das geht ja mal gar nicht. Aber sonst – erstaunlich – sehr, sehr erstaunlich.

Nun konnte ich planen. Ich mache gerne Pläne, oft nur im Kopf ohne Realisierung. Also mein Tagträumwünschichwillwegandersleben-Trauma, erregt oft Kopfschütteln.

Irgendwo in unserem Haus musste der Radtouren-Katalog sein. Ich fand ihn ganz hinten in der Wohnzimmertischschublade, er ist von 2011, aber das machte nix. Schlug die Seiten Main und Mosel auf. Suchte mir die Strecke von Bamberg nach Aschaffenburg in zehn Tagen aus. Begann zu rechnen und war entsetzt. Ohne Bahnfahrt und Verpflegung kam ich auf stolze 1.898,00 €, für zehn Tage.

Ich ging zu Wolfgang in sein Arbeitszimmer. Platzierte mich so auf seinem Schreibtisch, dass er seine PC-Tastatur nicht benutzen konnte. Mach ich immer so, wenn ich was will. Beschwerte mich über die Preise und meinte, dann fahren wir einfach mit der Bahn, leihen uns dort vor Ort wochenweise Fahrräder und suchen uns selbst Unterkünfte, fertig. Er schaute mich lange – sehr lange - durchdringend an. Meinte dann zu mir: „Du möchtest doch etwas ganz anderes machen nicht? Du möchtest doch den Jakobsweg zu Ende laufen”. Meine Gegenfrage lautete: „Und du? Möchtest du es nicht auch?” „Ja schon”, antwortete er „aber ich weiß nicht ob mein Bein diese Anstrengungen mitmacht. Geh doch alleine”. Nein, ich möchte nicht alleine gehen. Wir waren zusammen losgezogen und sollten gemeinsam ankommen.

Als wenn ich eine Spritze mit dem Serum "Camino laufen“ bekommen hätte, sprudelte es aus mir heraus. „Wenn wir am 16.05., einen Tag vor Himmelfahrt, abfliegen würden und ich danach drei Wochen Urlaub bekommen würde, wäre genug Zeit um den Camino bis Santiago de Compostela zu laufen. Flüge gibt es von Air Berlin nach Asturias-Oviedo, von dort fährt ein Bus nach Oviedo und weiter ab dem Busbahnhof geht alle zwei Stunden ein Bus nach León”. Ach – wieso wusste ich das alles? Ich plane nun mal gerne.

Wir einigten uns darauf, dass die Chefetage im Büro entscheidet, was wir im Urlaub machen. Durch die Absegnung von drei Urlaubswochen hatte meine Chefin uns unbewusst den Wanderstab in die Hand gedrückt. „Wo wollt ihr denn hin?”, fragte sie mich. Ich antwortete: „Wir machen eine Fahrradtour an der Mosel von Bamberg nach Aschaffenburg”. Sie sah mich verwirrt an und fragte: „Kommt ihr nicht auch an Koblenz vorbei?” Hätte ich vielleicht einen genaueren Blick auf die Fahrradrouten werfen sollen, bevor ich nun jedem erzählte, ich fahr an die Mosel, von Bamberg bis Aschaffenburg. Ständig wollte unser Nachbar Claus die Route wissen. Dann sah ich doch nochmal in dem Katalog nach. Mist - was bin ich denn für ein Löffel. Die Orte liegen am Main!!

Wir blieben offiziell bei der Fahrradtour-Version. Jeder der uns fragte, bekam sie als Antwort. Natürlich berichtigte ich ab Anfang Mai meine Aussage von Mosel auf Main. Im Vorjahr waren wir so voller Aufregung, dass der Camino ständig in unseren Hirnen spukte. Wir überall ausplauderten, was wir vorhatten. Diese Jahr nix, kein Wort. Wir hielten so was von dicht. Stimmt nicht ganz, da fällt mir mein Frauenarzt ein. Sein Wartezimmer war wie üblich rappeldicke voll. Er fragte mich vor der Untersuchung, ob ich denn auch mal in Urlaub fahre. Ihm erzählte ich von unserem Vorhaben und beschrieb ihm unsere Vorjahreserfahrungen. Fasziniert hörte er mir zu. Das wurde der längste Arztbesuch in den 27 Jahren, seit ich seine Patientin bin.

Neuanfang

Womit? Na, Vorbereitungen was sonst.

Der Start für den Camino war freigegeben, so konnte ich die Flüge für den 16.05.2012 nach Asturias/Oviedo und eine Hotelübernachtung für die erste Nacht in León buchen. Ich nahm das Hotel Q!H, es befindet sich hinter der Kathedrale. Es war die Unterkunft, die uns im Vorjahr ein Zimmer mit einem 120-Bett für 75,00 € angeboten hatte, was mir zu teuer war. Wo wir dann, nach gefühlten Suchstunden, im La Posada Regia abgestiegen waren. Teurer natürlich. Aber der Betrag für 66,00 € für Übernachtung und Frühstück war in Ordnung. Und wir wussten, wo sich das Hotel befindet. Suppa – ging ganz schnell.

Wir Globetrottel überfielen den Outdoor-Laden in Hamburg mit unserem Besuch, um unsere Ausrüstung zu verfeinern. Neue Sandalen, für mich eine neue Regenjacke und Trinkschläuche mussten es sein. Bei jeder Sandale, die der Verkäufer anschleppte, fragte ich ihn, wie schwer sie sei. Mit dieser Frage wurde ich nicht zu seiner Lieblingskundin. So holte ich dann meine Kofferwaage aus der Tasche und zog piepend durch das Geschäft. Bei jedem Teil, dass wir kaufen wollten, hörte man: piep on – piep 0 – piep Gewicht. An der Kasse war ich doch überrascht, dass wir fast eine halbe Fahrradtour ausgegeben hatten. Ich glaubte bei mir piepts.

Zu Hause wurden die Englischbücher und CDs, leider bereits leicht staubig, vom Schreibtisch entfernt. Spanisch war wieder angesagt. Ein büsschen in dem Lehrbuch geblättert. Donnerwetter, die ersten drei Seiten beherrschte ich ja noch perfekt. Sonnte mich in meinem “Wissen“ und packte eine der CDs in mein Laufwerk des PCs. Super Sprach-Kurs. Mit Spracherkennung. Nur mir ging es zu langatmig. Meine Stimme – Aussprache – wurde nicht, entsprechend der von mir gesagten Worte, gewürdigt. Ich hörte dann zum 10. Mal das Gleiche, wurde immer gereizter, bis ich in das Mikrofon brüllte: …… Nein das kann ich hier mal nicht so schreiben, das gehört sich nicht.

Blickte dann lächelnd von meinem PC zum Laptop – nach dem Motto: Dir werd ich´s aber jetzt mal zeigen – wieder bei besserer Laune schob ich die CD in meinen Laptop. Die exe Datei gespeichert, Soundprogramm befummelt bis das Mikrofon endlich reagierte und zwischendurch auch noch ein Schüsselchen Chips organisiert, als Belohnung für die gute Aussprache. Nun aber mal los.

Fand ich meinen acht Jahre alten PC zu schneckig, sollte nicht alles besser und schneller funktionieren? Das wollen wir aber mal ganz – ganz schnell vergessen. Die Aufnahme meiner Wiedergabe ging noch verzögerter ab. Hörte das Wort, sprach es nach – nix – schob mir Chips in den Mund. Siehe da, das Chruschen der Chips wurde aufgenommen und der Regler der Scala schoss auf 80 % - alles korrekt. Hm – sollte ich auch eine Tüte Chips mitnehmen, vielleicht werde ich dann in Spanien besser verstanden? Reumütig stöpselte ich alles wieder an meinem lieben alten PC an. Nun hatte ich auch begriffen, dass es völlig egal war, was ich in das Mikrofon sagte. Es musste nur eine bestimmte Tonlage und ungefähr die Länge haben, schon ging es weiter. Aha!

Es blieb auch keine Zeit mehr zum Lernen. Ich war mit anderen Dingen, die unbedingt noch erledigt werden mussten, beschäftigt. Alles eine Frage der Organisation. Erkundigte mich bei meinem Mann, ob er denn schon mit seinem, am oberen Schnürteil eingebeulten, Wanderschuh bei unserem Schuster war. Na gut denn eben nicht. Freitagnachmittag vor unserem Abflug brachten wir den besagten Stiefel endlich zum Schuster. Auf die Frage der Frau in der Annahme: „Ja wann brauchen sie den denn?” Und die Antwort: „Montag”, runzelte sie missbilligend die Stirn. Aber Wolfgang bekam Montag seinen Stiefel, dazu Einlagepads, die seine Hacke im Schuh erhöhten. Hatte da jemand die Hoffnung nicht laufen zu müssen? Pech gehabt – er musste mit.

Mit einem Aufschrei der Entzückung, wieso drehten sich die Leute alle um – man wird sich doch noch freuen dürfen, hatte ich in einem Drogeriemarkt Minidosen Tigerbalm mit 4g Inhalt entdeckt. Später saß ich bewaffnet mit der Kofferwaage zwischen all den einzupackenden Sachen und kratzte mit einem Picknickmesser den weißen Tigerbalm aus zwei Döschen und befüllte sie mit dem höher dosierten Roten aus dem Glastopf. Der Raum stank hinterher wie "Iltis“. Glücklich legte ich für die ersparten 130 Gramm ein T-Shirt mehr auf meinen Stapel. Schnitt noch aus dem alten Outdoor-Führer die "abgelaufenen“ Seiten heraus. Den neuen Rother ordnete ich Wolfgang zu, er war halt schwerer. Nicht nur der Reiseführer.

Alles war bereit. Am Vorabend des Abflugs kamen wir überein, dass wir lieber doch unsere Kinder und unsere Nachbarn Gisela und Gerhard informieren. An ihren positiven Reaktionen, merkten wir, dass wir richtig gehandelt hatten. Sie freuten sich mit uns. Natürlich trafen wir auch noch Claus, er fragte witzelnd nach unserer Mosel-Rad-Tour: Wo fahrt ihr nochmal hin? Ihm erzählten wir es nicht.

Was für ein Anflug

Am 16.05.2012 schnallten wir uns unsere Rucksäcke um und liefen, mit reichlich eingeplanter Zeit, zum Bahnhof. Ungewohntes Gewicht lastete auf meinen Schultern. Hatte ich vergessen, wie schwer 9 kg sind – ja – hatte ich und war froh mein Gepäck in der Bahn abzulegen. Dass der Zug pünktlich war, hätte mich misstrauisch machen sollen. Auch später im Flughafen lief alles wie geschmiert. Bei Wolfgang piepte bei der Personenkontrolle nix, wir hatten genug Zeit, um unseren Rucksäcken die Schutzhüllen anzulegen. Die Sticks legten wir mit hinein und keiner meckerte: Das geht so nicht.

Am Gate waren wir die Einzigen in Wanderstiefeln. Wir hatten einen Gabelflug über Mallorca. So sehen auch die meisten Fluggäste im Warteraum C 04 aus. Nach Malle. Die Fußball-Saison war beendet, die für die Reise gedruckten T-Shirts übergezogen und ab nach Malle. Dazu kommen die Gegerbten. Piz-Buin-Öl-Verbraucher, die Immerbraunen. Ein älterer Mann im Blockstreifen-Polo und den unvermeidlichen beigen Schuhen paradierte das Gate ab. Eine kleine Bauchkugel beulte das Shirt nach vorne aus. Er war bestimmt kein Pilger, sondern übte für seine Strandspaziergänge – hin – her – hin – her. Schaute an mir herunter. Na klar ich sah mit den Wanderstiefeln auch nicht besser aus. Aber den Zeitpunkt wo man sich diese beigen Schuhe kauft, den möchte ich mein Leben lang verpassen.

Nach dem Aufruf des Fluges dauerte es wie üblich, bis endlich alle ihr kofferartiges ”Handgepäck” verstaut und sich platziert hatten. Ich sah auf meine Uhr und stellte fest, dass unsere Abflugzeit bereits verstrichen war. Während sich das Flugzeug Richtung Startbahn in Bewegung setzte, blätterte ich in den Angeboten von Air Berlin. Man, das dauerte aber heute. Sah aus dem Fenster, den Ausblick kannte ich schon. Das Flugzeug stand wieder vor dem Flughafengebäude, nur etwas entfernter. Der Pilot meldete sich zu Wort: „Leider hätten sie einen Systemabsturz und so verzögere sich der Start”. Ob man dieses Wort Absturz in einem Flugzeug erwähnen sollte? Wie feinfühlig.

Es regnete. Von meinem Fensterplatz aus beobachtete ich, wie Fahrzeuge über den Platz huschten. Eines wurde an das Flugzeug gefahren, ein Mann stieg aus, er stellte rot-weiße Hütchen auf. Markierte so den Umriss der Maschine. Stieg wieder ein, fuhr mit dem Wagen 50 Meter weiter und blieb dort stehen. Es passierte nix. Es regnete weiter, der Hütchenmann wartete – wir natürlich auch. Auf Mallorca hatten wir 50 Minuten zum Umsteigen, die waren leider schon abgelaufen. Der Pilot meldete sich wieder, der Techniker hätte den Schaden behoben und wir könnten nun losfliegen. Hey – das stehen doch noch die Hütchen, eines genau vor einem Rad. Ganz langsam fährt der Hütchenmann zum Flugzeug und sammelte seine Markierungen ein. Schnecke.

Donnerwetter es ging mit über einer Stunde Verspätung los. Ich blätterte gelangweilt in den Air Berlin Prospekten. Dabei gab es auch eine Speisekarte der Sansibar. Mir fällt die Curry-Wurst ins Auge, mein Magen meldete, die will ich. Das Flugzeug hatte seine Flughöhe erreicht. Die Stewardessen begannen mit einem Bestellzettel die Essenswünsche zu notieren. Sie erreichten schleppend die Reihe 9, dort saßen wir. Ich äußerte meinen Wunsch und erhielt die Antwort: Leider ging die letzte Curry-Wurst an jemanden in der Reihe 8. Degradierung zu Saftschubsen - fertig.

Sie waren fertig mit der Bestellaufnahme, holten ihren Getränkewagen und begannen Getränke und die üblichen Pappbrötchen auszuteilen. Wenn ein Gast ein Essen bestellt hatte, liefen sie zurück um das in der Mikrowelle Erhitzte zu holen. Von den Reihen vor uns stieg ein widerlich leckerriechender Duft nach Curry-Wurst auf. Dreist. In Reihe 8 kommen die Saftschubsen ins Stocken. Es gab Probleme mit dem Essen. Es wurde sich gefühlte 1000. Mal entschuldigt. Bla-bla-bla und so weiter.

Sie gelangten zur Reihe 9. Ein Ehepaar, die die Innensitze besetzten, flogen wohl oft nach Mallorca. Ihre Haut hatte bereits im Mai den Piz-Buin-Öl-Ton – tiefbraun. Sie hätten bereits online zwei Sansibar-Essen bestellt. Nun kam aber wieder Bewegung in den Hühnerhaufen. Es wurde nach vorne gerannt, zurück, berichtet was denn noch da sei, wieder zurück, Essen in die Mikrowelle, wieder zurück, es dauere leider noch mit dem Essen und Entschuldigung – Entschuldigung. Schenkten ihnen Rotwein und Wasser in die Becher ein. Und trotteten mit ihrem Getränke- und Gummibrötchen-Wägelchen weiter zur Reihe 10. Wir – wir die nicht Curry-Wurst-Bekommer bekamen nix. Sie hatten uns schlichtweg übersehen - vergessen.

Von mir kam ein brassiges – ey Hallo!! Unwillig zerrten sie den Wagen zurück und ich bestellte Kaffee und Tomatensaft sowie die Gummipappe. Wolfgang will nun nix, meinte, er würde gleich in Palma essen und trinken. Die Show war beendet und ich konzentrierte meine Aufmerksamkeit auf die Anzeige des Monitors. Na da kam Freude auf. Das Flugzeug hatte eine Stunde aufgeholt und sollte um 14.54 Uhr in Palma landen. Die Maschine nach Asturias/Oviedo sollte um 14.45 Uhr starten. Eine Frau in der Sitzreihe vor uns(keine Curry-Wurst Esserin), erkundigte sich, ob ihr Weiterflug gesichert ist. Das befragte Uniformmädel nickte mit ihrem gutfrisiertem Köpfchen. Ja, unsere Verspätung wurde weitergegeben, es würde auf die Transfergäste gewartet. Palma ist das Drehkreuz für Air Berlin, man kenne das schon.

Beim Anflug wurde vom Piloten darauf hingewiesen, dass erst die Transfergäste aussteigen dürfen. Ich pulte die Tickets für Asturias heraus und war nach der Landung zum Flitzen bereit. Ausgerollt, die Fluggastbrücke wurde angedockt. Der Pilot meldete sich wieder: „Leider dauere es noch, die Tür geht nicht auf”. Nach einigen Minuten öffnete sich endlich die Tür und wir sprinteten aus dem Flugzeug. Rannten durch die vielen Gänge des Flughafens. Wurden von einer Air Berlin Mitarbeiterin abgefangen. Flug nach Asturias? Bitte kommen sie mit. Vier Frauen, die nach Santiago de Compostela wollten, standen bei einer anderen Frau. Ich fragte Eine im Vorbeigehen: Wie geht es bei euch weiter? In dem Moment sprinteten alle los. Sie drehte sich im Laufen um und meinte – nach Madrid.

Mit uns wurde ein Mann, ca. Ende dreißig abgefangen. Die nette Air-Berlin Mitarbeiterin teilte uns mit, dass wir erst den nächsten Tag weiterfliegen könnten, da unsere Zielorte nur einmal am Tag angeflogen wurden. Aber uns wurde im Flugzeug gesagt, dass die Weiterflüge warten würden. Sie lachte, ja damit wäre das Kabinenpersonal fein raus. Wenn alle Flugzeuge warten würden, dann ginge hier gar nichts mehr. Es war eben 20 Minuten zu spät. Dadurch wurde uns ein Lauftag geklaut und das gebuchte Hotel in León konnten wir auch mal vergessen.

Die Mitarbeiterin geleitete uns zum Schalter der Fluggesellschaft. Die Flüge mussten umgebucht werden. Air Berlin werde uns mit einem Taxi in ein für uns gebuchtes Hotel bringen und die Kosten übernehmen. Mit unserem Begleitschutz liefen wir weiter durch die nicht enden wollenden Gänge, sammelten unsere Müllsäcke am Gepäckband ein. Natürlich waren sie eingesaut – wie immer. Auch wenn die Schutzsäcke albern aussehen, nützlich sind sie schon. Kann man nicht mal die Gepäckräume der Flugzeuge säubern? – oder schmeißen sie extra Schmiere hinein.

Die Air Berlin Lady wartete zusammen mit uns und dem jungen Mann vor dem Flughafen auf das Taxi. Der Mann aus Celle war groß, schlank und jaaah, man könnte gut aussehend durchgehen lassen. Ruhig und gelassen versuchte er telefonisch weiterzugeben, dass er erst den nächsten Tag in Alicante ankäme. Toi-toi-toi. Es war schwülwarm, auch in meinen Wanderstiefeln stieg die Temperatur. Taxis müssen auf Mallorca sehr selten sein. Wir warteten fast eine Stunde. Da kam unser ”Taxi” ein 50-Personen Bus. Na toll!! Nun durften wir bestimmt noch auf andere Reisende warten.

Da setzte sich unser ”Taxi” in Bewegung und fuhr uns Drei nach Palma. Mühsam quälte sich der Bus durch die engen Straßen von Palma. Blieb stehen. Ein Hotel war nicht zu sehen. Aha – wir durften, mit unseren immer noch eingepackten Säcken unter dem Arm, zwei Straßen weiter den Abhang hinunter laufen. Für so ein großes Taxi waren die Straßen eben zu eng.

Wir Gestrandeten landeten im ****Hotel Majorica. Grün war hier mal aus, es ist ein Stadthotel – also ohne Strand und Garten. Wir standen an der Rezeption an und ich suchte die ”Vier Sterne”. Augenscheinlich waren sie nicht da. Ein ca. 65-jähriger Mann stand zum Einchecken vor uns. Der Hotelmitarbeiter fragte den sächselnden Deutschen auf gemischtem Deutsch-Spanisch nach dem Namen usw. Der Gast hatte volles, graues Haar, es wippte auf dem Kopf, wenn er sprach. Einen Mors hatte er nicht in der Hose – er ist ein dünner Mann. Er wollte sein gebuchtes Zimmer ändern, statt im vierten Stockwerk möchte er ein Zimmer in der obersten Etage, dem siebten Stock. Das verstand der Spanier am Empfang nicht, schließlich könnte man auch von dem Vierten alles sehen. Entnervt, sein Grauhaarschopf wippte dabei intensiver, meinte der Hotelgast: „Ich will jemanden, der deutsch spricht”. Der nun angespannte Körper des Spaniers drohte seinen gut sitzenden Anzug zu sprengen. Unter seinem gegeelten, leicht gewellten, schwarzen Haaren leuchtete ein wutrotes Gesicht auf, aus dem zwei schwarze Augen Blitze abfeuerten. Er meinte zornig: „Sie sind hier in Spanien und in Spanien wird immer noch spanisch gesprochen”. Man pinkelt einem stolzen Spanier eben nicht ans Bein.

Der Deutsche wurde dann von einer anderen Mitarbeiterin abgefertigt. Und uns übernahm der angefressene Spanier. Ohne viel Gezeter erhielten wir die Schlüssel für unsere Zimmer. Der andere Gast stand immer noch dort und buchte noch dieses und jenes. In unserem Zimmer suchte ich wieder die ”Vier Sterne”, komisch hatten sie die bei der Einrichtung in den Siebzigern versteckt? Wollten sie die bei einer Umdekorierung nicht wiederfinden? Dafür gab es einen geräumigen Balkon. Als ich mich weit über die Brüstung lehnte, hatte ich sogar Meerblick – oder auch mehr Blick auf den Hafen. Auch nett!!

Nachdem ich unsere Säcke, leider brauchten wir sie noch, vorsichtig entknotet hatte und das Nötigste herausnahm, mussten wir unbedingt Flüssigkeiten zu uns nehmen. Suchten die riesige Hotelterrasse auf. *****Ausblick auf den Hafen von Palma. In der Ferne gegenüber sah man die Kathedrale von Palma. Wir setzten uns zu dem sympathischen Mann aus Celle. Direkt an der Balustrade konnten wir ein Stockwerk tiefer auf die Gäste am Pool sehen. Die Liegen waren in exakten Reihen aufgestellt. Das da mal keiner aus der Reihe tanzt – diese Sonnenhungrigen. Mein Wunschurlaub wäre es nicht, in einem Stadthotel mein Fell zu verbrennen.

Wir Drei saßen alleine auf der großen Terrasse in der mehr als molligen Spätnachmittagssonne. Mit Blick auf zwei Costa Kreuzfahrtschiffe und schmucke Yachten. Es dauerte lange, bis die Getränke gebracht wurden. Ich hatte meine Cappuccino-Tasse noch nicht an die Lippen geführt, da waren die Biere in den Schlünden versiegt.

Fehlt ein ”Tagespensum”? Ja, leider hatte ich gestern verschlafen. Ich kann nur morgens schreiben. Am Abend kommen die Gedanken nicht bis zu den tippenden Fingerspitzen durch. Nun wollen wir mal wieder zu dem noch nicht begonnenen Weg kommen.

Die durstigen Männer orderten weitere Biere, ich schloss mich ihnen an. Der junge Mann, aus Celle, hatte zwei Tage für seine Reise geplant. Er wollte seinen Onkel zurück nach Deutschland holen. Der 81-Jährige lebte in einem Altenheim, das ca. eine Stunde von Alicante entfernt lag. Nun hatte er aber einen Oberschenkelhalsbruch und sollte in ein Altenheim in Deutschland verlegt werden. Vor zehn Jahren hatte sich sein Onkel in Spanien in eine Engländerin verliebt und war dorthin gezogen. Die Britin sei aber auch schon siebzig und nun funktionierte das Leben hier nicht mehr so wie gewünscht. Meine Augen wanderten zum Hafen. Ein Kreuzfahrtschiff hatte, von mir unbemerkt, abgelegt. Dabei funkte mein Kopf Bilder eines älteren Paares, das zehn unerwartet schöne Jahre verlebte. Liebe hat eben nichts mit dem Alter zu tun, man muss sie nur erkennen und zulassen.

Ich fragte den Mann aus Celle, ob er verheiratet ist. Ja, ist er. Fragte auch, ob sie Kinder haben. Ja, sie haben zwei Jungs. Der Große ist vier Jahre alt und der Kleine ist zwei. Er holte tief Luft und sein Gesicht nahm eine schmerzliche Traurigkeit an. Er sagte, dass der kleine Junge schwerstbehindert ist. Ich fragte ihn: Saugglocke oder Zange. Er antwortete: Alles. Bei der Geburt hatte der Kleine zwanzig Minuten keinen Sauerstoff erhalten. Irgendwie ging die Geburt nicht voran. Komplikationen waren erkennbar. Die Hebamme und Schwestern hätten auf dem Bauch der Mutter gelegen und wie wild gedrückt. Er hätte hilflos dabei gestanden und gedacht, die wissen schon, was sie tun. Dann riefen sie endlich nach dem Arzt, der sieben Minuten später vor Ort war. Zu spät. Und das Kind hatten sie da schon aus dem Mutterleib gezerrt gehabt. Warum der Arzt nicht früher gerufen wurde, verstand er immer noch nicht.

Mit einem Schlag war das Leben der Familie anders. Das Kind muss fast rund um die Uhr betreut werden, das wird auch so bleiben. Der Kleine kann nicht richtig schlucken und wird über eine Bauchsonde ernährt. Er wird nicht laufen, sprechen oder etwas anfassen können. Dazu kämen die ständigen Auseinandersetzungen mit der Krankenkasse. Für jedes benötigte Hilfsmittel entstünden Papierberge und erfolgten diverse Telefonate. Vielleicht erwarteten die Krankenkassenmitarbeiter, dass man aufgibt. Der lange rechtliche Prozess, mit dem Krankenhaus, steht auch weiterhin noch an. Zu allen Sorgen kam die finanzielle Belastung. Viele Aufwendungen, die durch die Behinderung entstanden, wurden nicht ersetzt.

Mit jedem Satz des Mannes wuchs ein Kloß in meinem Hals. Ich spürte, dass es meinem Mann genauso erging. Angst um das Kind, dabei stehen und diese schmerzliche Hilflosigkeit. Nach Bangen und Hoffen auf Besserung, hatten wir das Glück, unser Kind wurde wieder gesund. Ich sandte ein Stoßgebet nach ”oben”, bitte um Gesundheit für unsere Kinder. Wollte ich auf dem Weg nicht Wichtiges von Unwichtigem trennen? Ich war noch keinen Schritt gelaufen und wurde mit der Nase drauf gestippt. Gesundheit ist das Wertvollste im Leben.

Ich vergaß, meine Stornierungsversuche des gebuchten Hotels in León, zu erwähnen. 1. Versuch; in der Rezeption des Hotels. Ob sie für uns in León anrufen würden. Wir möchten die Buchung auf den nächsten Tag verlegen lassen. Die Dame hinter dem Tresen telefonierte mit dem Hotel. Teilte uns mit, eine Änderung ginge nur über booking.com. Fragte nach Internet: „Ja, dort hinten”. Suppa. Nein nicht wirklich suppa. 2. Versuch; Internet. Im hinteren Teil des Empfangs stand ein Tower – ein sehr veralteter Tower. Mit noch älterem Röhrenmonitor. Ich steckte einen Euro in den Schlitz des Towers und hatte 30 Minuten Zeit ergattert. Dafür erhielt ich eine schwammige Bildschirmanzeige. Für jeden Seitenwechsel benötigte der PC eine Minute. Leicht grummelig stand ich wieder auf. Einfach zwecklos.

3.-100. Versuch; auf dem Buchungsformular standen zwei Rufnummern. Diese wählte ich ständig mit 0049 vorweg, ohne Vorwahl, ich bekam nicht eine einzige Verbindung. Die Mühe hätte ich mir auch sparen können. Hier zu Hause entdeckte ich auf der Buchung, dass wir nur bis zum 13.05. die Buchung stornieren konnten. Tja, leider war aber schon der 16.05.

Wir drei Gestrandeten beschlossen uns unten im Hafen ein nettes Lokal zu suchen, um gemeinsam zu essen. Das Hotel lag oberhalb des Hafens, mit einem schräg hinabfahrenden Fahrstuhl glitten wir hinunter zur Straße. Der junge Mann ist Architekt und war von dem Bau der Anlage begeistert – gute Idee – sehr, sehr gute Idee. So einen Fahrstuhl hatte er noch nie gesehen. Wir schon, in Pamplona, nur länger. Spazierten durch den Hafen von Mallorca und fanden ein nettes Restaurant. Wir nahmen Plätze im Außenbereich ein. Schnell wurde es dunkel und die Kathedrale erstrahlte in der Ferne. Ruhelose Malle Urlauber hasteten an uns vorbei, da kamen sie auch schon wieder zurück. Vielleicht versuchten sie dadurch ihre ”Bränding-Haut” zu kühlen. Schnell hatten wir uns Speisen und ein Fläschchen Rotwein geordert.

Immer wieder entschuldigte sich unser Begleiter, wenn sein Handy klingelte. Wir signalisierten ihm mit dem Kopf und den Augen, dass wir völlig unwichtig seien. Er erklärte uns, die Rückreise, gemeinsam mit dem Onkel, wollte er vor Ort organisieren. Durch die Verspätung um einen Tag hatte er die Möglichkeit nicht mehr. Nun musste die Britin diese Regelungen vornehmen. Was sich durch die schlechte Sprachverständigung schwierig gestaltete. Er könne sich durchaus in englischer Sprache unterhalten. Nur ihre Aussprache, dass muss irgendein Slang sein – Liverpooler oder so – er versteht sie einfach nicht. Und ob sie nun ein Fahrzeug, das den Onkel mit dem Rollstuhl zum Flughafen bringen würde, gefunden hatte, war noch nicht endgültig geklärt.

Der Camarero brachte die Rechnung. Über eine Drittelung waren wir uns einig. Nur der Kellner verstand nicht, wieso wir eine getrennte Rechnung brauchten. Entnervt brachte er beim dritten Anlauf drei Belege, Cena (Essen) 22,13 €, mit. Ich glaube nicht, dass Air Berlin die Rechnungen übernimmt, aber schauen wir mal. Zurück am Hotel nehmen wir Abschied von dem eher abfliegenden jungen Mann. Ich unterdrückte den mütterlichen Wunsch, diesen liebevollen Menschen in die Arme zu nehmen. Gab ihm die Hand und wünschte ihm Kraft. Er lächelte mich an und meinte, ja, das brauche er. Kann es sein, dass wir ihm begegnen sollten?

Am nächsten Tag sollten wir erst um 12:00 abgeholt werden. Mit einem geseufzten – ah - noch einmal schön ausschlafen und in Ruhe Frühstücken – gingen wir zu Bett. Genauso passierte es. Zogen morgens wieder unsere alten T-Shirts über, knüpfelten unsere Schutzsäcke zu. Und gingen in einem durch riesige Fenster erhellten, freundlich eingerichteten Raum genüsslich frühstücken. Lecker frühstücken, hier passte alles. Warteten nach dem Ausschecken geduldig auf unser Taxi. Andere Urlauber wurden direkt vor dem Hotel mit einem Auto abgeholt. Ein Mann betrat den Empfang, sagte nur: „Air Berlin?” Wir schnappten uns unser Gepäck und trotteten hinter ihm her. Natürlich wieder zwei Straßen weiter, denn da stand unser ”Taxi”. Diesmal hatten wir zu zweit den ganzen 50-Personenbus für uns alleine. Wie unschlau.

Am Flughafen angekommen fragte ich bei dem Air Berlin Schalter nach, ob sie uns für die Nacht in León ein Hotelzimmer besorgen könnten. Sie konnten nicht. Vor dem Eincheckbereich stehe ein Terminal fürs Internet, dort könnte ich buchen. Nach dem wir endlich diesen Internetbereich gefunden hatten und ich meinen Obolus im Schlitz des Terminals versenkt hatte, suchte ich mit flinken Fingern nach einer Unterkunft in León. Ach - nee, na das ist ja toll. Das La Posada Regia, dort waren wir doch im vorigen Jahr und nun auch noch 30,00 € billiger. Zack – hatte ich die Übernachtung gebucht. Drucken? Drucken! beantwortete ich mit ok. Nur leider war dieser PC wohl nicht an den Drucker angeschlossen. Na denn eben nicht. So schrieb ich mir schnell den Buchungscode auf. Wird schon schief gehen.

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9783752962598
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