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Читать книгу: «Befreite Schöpfung», страница 6

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Die von den Befürwortern der Entwicklung verschriebene „Heilkur“ besteht also in Megaprojekten, in Feldfrüchten für den Export, in der Verstärkung der Ausbeutung natürlicher Ressourcen. All diese Maßnahmen vermehren den Geldfluss, doch sie berauben die Armen auch ihrer Lebensmöglichkeit. Frauen sind oft die am stärksten Betroffenen eines solchen Wandels. „Diese Armutskrise trifft die Frauen am härtesten, erstens, weil sie unter den Armen die Ärmsten sind, und dann weil sie von Natur aus die Hauptstützen der Gesellschaft sind.“ (Shiva 1989 b, 5)

So werden zum Beispiel Subsistenzbauern, oftmals Frauen, häufig von der kommerziellen Landwirtschaft verdrängt und verlassen ihre Familien ohne irgendein Einkommen. Dies beschleunigt oft den Prozess der Urbanisierung, da die Familien, die aus ihrer traditionellen Wirtschaft herausgerissen werden, in den Städten auf Jobsuche gehen. Diese Jobs finden sich häufig im Niedriglohnsektor wie etwa in den Maquilas von Mexiko und Zentralamerika. Gleichzeitig geraten die lokalen Ökosysteme unter Druck, da Wälder abgeholzt und Pestizide eingeführt werden und da Fabriken und Minen das Land, das Wasser und die Luft verschmutzen. David Korten schließt daraus:

„Nach mehr als dreißig Jahren in der Entwicklungshilfe habe ich erst vor Kurzem das Ausmaß erkannt, in dem das Entwicklungsprojekt des Westens den Leuten die traditionellen Mittel für ihr Leben genommen und die von den Familien und den Gemeinden geschaffenen Sicherheitsnetze zerstört hat, um eine Abhängigkeit von den Jobs und Produkten der Konzerne zu erzeugen. Es ist die Fortsetzung jenes Prozesses, der mit der Einzäunung bzw. Privatisierung von Land in Gemeineigentum in England begann, um die Gewinne der Produktion in den Händen einiger weniger anstatt der Vielen zu konzentrieren […] Landwirtschaft, Verwaltung, ein Gesundheitswesen und Erziehung unter lokaler Kontrolle und in gegenseitiger Unterstützung [werden ersetzt] durch Systeme, die für eine zentrale Kontrolle besser handhabbar sind.“ (1995, 251)

Anpassung an die Fehlentwicklung

Vor mehr als einem Jahrzehnt haben Forscher der Yale University und zweier größerer botanischer Gärten in den USA eine Studie über den Wert der sogenannten kleineren Waldprodukte veröffentlicht, die in einem intakten Regenwald geerntet werden. Im Durchschnitt belief sich der Wert von Naturkautschuk, essbaren Früchten und anderen Gütern pro Hektar auf etwa 6000 US-Dollar. Das ist mehr als das Doppelte dessen, was man mit Viehwirtschaft auf durch Rodung gewonnenem Weideland oder mit Holz aus schnell wachsenden Baumpflanzungen erzielen kann.

Und dennoch werden zehn Millionen Hektar Regenwald jedes Jahr abgeholzt oder einfach abgebrannt. Oftmals bieten Regierungen wie etwa die von Brasilien oder Indonesien direkte oder indirekte Anreize dafür. Warum? Im Gegensatz zu traditionellen Produkten aus dem Regenwald, die weitgehend auf lokalen Märkten feilgeboten werden, kann Großvieh, Soja und Bauholz auf dem Weltmarkt verkauft werden, wo sie „bedeutende Mengen an Devisen“ einbringen. Es sind „herausragende Exportgüter, die von der Regierung kontrolliert und mit großzügigen Bundesmitteln unterstützt werden“ (zitiert bei Adams 1991, 36). Diese Fähigkeit, auf dem Weltmarkt Devisen zu erwirtschaften, ist entscheidend, denn man braucht harte Währungen, um die riesigen Auslandsschulden zu bedienen.

Tatsächlich wird auf verschuldete Länder immenser Druck ausgeübt, damit sie ihren Schuldendienst leisten. Internationale Finanzinstitutionen wie der Internationale Währungsfond (IWF) und die Weltbank verhängen harte Maßnahmen – die sogenannten Strukturanpassungsmaßnahmen – als Bedingung für neue Kredite. Ziel dieser Strukturanpassungsmaßnahmen ist es, die Devisenerwirtschaftung für den Schuldendienst sicherzustellen. Zu diesem Zweck müssen die Regierungen der betroffenen Länder die Inflation unter Kontrolle halten (durch die Beschränkung des Konsums im eigenen Land), Regierungsausgaben kürzen, eine exportorientierte Landwirtschaft und Industrien fördern, die Ressourcen ausbeuten, die Position der Arbeiter schwächen und den Schutz der Umwelt begrenzen, sowie Auslandsinvestitionen (meistens vonseiten transnationaler Konzerne) erleichtern. Kurioserweise kann die Auslandsverschuldung, deren Bekämpfung ja das erklärte Ziel der Strukturanpassungsmaßnahmen ist, weitgehend auf diese Art von Mammutprojekten zurückgeführt werden, die mit der Praxis der „Fehlentwicklung“ zusammenhängen. Dazu kommen die Auswirkungen schlechter Kreditbedingungen und hoher Zinssätze.

In der Praxis führen die Strukturanpassungsmaßnahmen selten zu einer Verringerung der Schuldenlast, wie sie es eigentlich sollten. In Wirklichkeit können sie das Problem sehr wohl verschärfen. Die Strukturanpassungsmaßnahmen führen oftmals durch die Erhöhung der internen Zinssätze zwecks Eindämmung der Inflation zu einer Rezession. Da der Konsum im Land, die Beschäftigungsrate und die Löhne sinken, verringern sich auch die Steuereinnahmen. Da immer mehr Länder die Produktion derselben Exportgüter steigern, wachsen Angebot und internationaler Wettbewerb, was die Preise, die Einkünfte und die Löhne letztlich nach unten drückt. Man benötigt neue Kredite, lediglich um die Zinsen für die alten Schulden zu bezahlen (was oft mit weiteren Strukturanpassungsmaßnahmen verbunden ist), und oftmals müssen die Zinsen im Land noch stärker erhöht werden, um noch mehr Geld anzulocken.

Als Strategie, um die Rückzahlung der Schulden zu gewährleisten, haben Strukturanpassungsmaßnahmen also hoffnungslos versagt. Und dennoch haben die Gläubiger aus dem Norden als Bedingung für neue Kredite darauf bestanden, dass sie durchgesetzt werden. Warum? Die tatsächliche Absicht hinter den Strukturanpassungsmaßnahmen scheint es gewesen zu sein, ein billiges Heer von Arbeitern zu schaffen, das verzweifelt um Jobs bettelt, billige Rohstoffe für den internationalen Markt sicherzustellen und den transnationalen Konzernen neue Märkte zu erschließen. Diesen Prozess bezeichnet man üblicherweise als die Durchsetzung der „neoliberalen Wirtschaft“. Das ist ein Modell eines ungezügelten Kapitalismus, das den Wohlstand der großen Mehrheit der Menschen genauso opfert wie die Erde, nur um einige Wenige reicher zu machen. In vieler Hinsicht kann man die Strukturanpassungsmaßnahmen als eine Art moderne Schuldnerhaft betrachten, die ganze Völker und Ökosysteme gefangen nimmt.

In einem Interview mit dem New Internationalist im Jahr 1999 beschrieb der frühere Präsident von Tansania, Julius Nyerere, kurz vor seinem Tod, auf welche Weise die Strukturanpassungsmaßnahmen zur Verarmung von Millionen geführt und die tatsächlichen Fortschritte einer echten menschlichen Entwicklung zunichte gemacht haben.

„Im vergangenen Jahr war ich in Washington. Bei der Weltbank war die erste Frage, die sie mir stellten: ‚Wie kam es zu Ihrem Scheitern?‘ Ich antwortete, dass wir ein Land übernommen hatten, dessen Bevölkerung zu 85 % Analphabeten waren. Die Briten hatten uns 43 Jahre lang regiert. Als sie abzogen, gab es zwei ausgebildete Ingenieure und zwölf Ärzte. Das war das Land, das wir geerbt hatten. Als ich abtrat, gab es eine Alphabetisierungsrate von 91 %, und fast jedes Kind ging zur Schule. Wir bildeten Tausende Ingenieure, Ärzte und Lehrer aus. Im Jahr 1988 betrug das Pro-Kopf-Einkommen in Tansania 280 US-Dollar. Jetzt, im Jahr 1998, ist es auf 180 US-Dollar gesunken. Also fragte ich die Leute von der Weltbank, was falsch gelaufen war. Denn in den letzen Jahren hatte Tansania formell seine Zustimmung gegeben und alles getan, was der IWF und die Weltbank wünschten. Der Schulbesuch fiel auf 63 % zurück, und die Bedingungen im Gesundheitswesen und anderen sozialer Einrichtungen haben sich verschlechtert. Ich gab die Frage nun an sie zurück: ‚Was lief schief?‘“ (Bunting 1999, http://www.newint.org/features/1999/=1/anticolonialism/)

Das Versagen der Strukturanpassungsmaßnahmen drückt sich nicht nur in der Verarmung eines großen Teils der Menschheit aus, sondern auch in der Verwüstung der Erde selbst. Die landwirtschaftliche Exportproduktion erfordert den massiven Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden; Regenwälder werden für den Holzexport abgeholzt; empfindliche Mangrowensümpfe werden in Garnelenzüchtungen verwandelt; Bergbau und Schmelzöfen erzeugen ein tödliches Gebräu giftiger Chemikalien.

Die Strukturanpassungsmaßnahmen setzen tatsächlich auch den einzigen Marktmechanismus außer kraft, der die Erhaltung des natürlichen Reichtums der Erde fördern könnte. Wenn Waren knapper werden, dann sollte theoretisch der Preis steigen und die Produzenten zwingen, effizienter zu werden und nach ökologisch sinnvolleren Alternativen zu suchen. Genauso sollte bei steigenden Preisen der Konsum abnehmen und so für die Erhaltung sorgen.

Doch die Strukturanpassungsmaßnahmen haben leider diese Art von Regulierung auf der Basis von Marktbeziehungen schwer beeinträchtigt. Das neoliberale Modell, das mittels Strukturanpassungsmaßnahmen durchgesetzt wurde, zwingt die Länder in einen Wettbewerb der Exportprodukte hi­nein, um Devisen zu erwirtschaften. Da Holz, mineralische Rohstoffe, Öl und landwirtschaftliche Produkte in einem nicht nachhaltigen Ausmaß exportiert werden, entsteht vorübergehend ein künstliches „Überangebot“, und die Preise werden niedrig gehalten. Auf diese Weise können Marktmechanismen, die ansonsten die Erhaltung oder ökologisch verträglichere Alternativen fördern würden, nicht mehr effektiv wirken. Es sieht so aus, als würden die Preise erst dann steigen, wenn viele der Ressourcen der Erde praktisch erschöpft sind, was tatsächlich die Gefahr eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs anstelle eines allmählichen Übergangs zu einer nachhaltigeren Wirtschaft heraufbeschwört.

Entwicklung neu denken

Sowohl die Strukturanpassungsmaßnahmen als auch die Praktiken einer fehlgeleiteten Entwicklung erzeugen eine riesige und nicht abtragbare Schuld gegenüber der armgemachten Mehrheit der Menschheit und gegenüber der gesamten Lebensgemeinschaft, welche die Erde mit uns teilt. Wenn wir diese Schuld sühnen sollen, dann müssen wir vieles von dem, was heute unter dem Namen Entwicklung geläufig ist, neu überdenken und infrage stellen. Insbesondere müssen wir alles in hinterfragen, was traditionelle Kulturen und traditionelles Wissen gefährdet, alles, was Teilhabe und Demokratie schwächt, alles, was die Gesundheit der Ökosysteme untergräbt.

Selbst Projekte, die menschliche Grundbedürfnisse zum Ziel haben, müssen von Zeit zu Zeit hinterfragt werden. So kann zum Beispiel der Bau von Schulen schlechte Auswirkungen haben, wenn das Erziehungssystem die Menschen dazu verleitet, ihre traditionelle Lebensweise zugunsten von Konsumismus und Geldwirtschaft aufzugeben. Krankenhäuser und Kliniken können dazu benutzt werden, um eine Medizin nach westlichem Vorbild durchzusetzen und traditionelle Heiler und Heilverfahren zu verdrängen. Straßen können die Abhängigkeit vom Öl vergrößern und die Produktion von Lebensmitteln für den Export fördern.

Entwicklung muss daher ebenso wie Wachstum eher in qualitativer denn in quantitativer Hinsicht neu bewertet werden (besonders wenn die zu messenden Einheiten, sofern Geld und das BIP als Maßstab gelten, in sich fragwürdig sind). Auf diese Weise muss Entwicklung dazu übergehen, nicht mehr kurzfristige Zwecksetzungen und Profit für wenige zu bewerten, sondern langfristige Verbesserungen der Lebensqualität aller und der Kreaturen der Erde. Möglicherweise finden wir sogar zu einer neuen Ausdrucksweise, welche nicht mehr mit dem negativ aufgeladen ist, was wir heute mit „Entwicklung“ verbinden. Manche sprechen jetzt von „nachhaltiger Entwicklung“. Theoretisch meint dies eine Entwicklung, welche das Wohl der kommenden Generationen nicht gefährdet. In der Praxis jedoch scheint der „Entwicklung“ immer der Vorrang vor der „Nachhaltigkeit“ eingeräumt zu werden. Eine weitere Alternative ist „nachhaltige Gemeinschaft“. Diese scheint insofern besser zu sein, als sie das anzustrebende Ziel beschreibt (besonders wenn wir Gemeinschaft in dem umfassenden Sinn verstehen, dass sie andere Kreaturen mit einschließt), doch sie ist möglicherweise zu statisch. Wir könnten es mit „Ökoentwicklung“, „nachhaltige Gemeinschaftsentwicklung“ oder sogar mit „partizipative Koevolution“ als geeignetere Bezeichnungen versuchen.

Um wirklich nachhaltige Gemeinschaften aufzubauen, müssen wir von der Weisheit gesunder Ökosysteme lernen, in denen der Abfall von anderen Organismen dem Kreislauf wieder zugeführt wird, um von Neuem Leben hervorzubringen. Ein faszinierendes Beispiel dafür ist die Aigamo-Methode, um Reis anzubauen. Sie wurde von Takio Furuno aus Japan entwickelt: In den gefluteten Reisfeldern werden Enten gehalten, die für die Reispflanzen eine Quelle natürlichen Düngers darstellen. Zusätzlich fressen die Enten das meiste Unkraut (nicht die Reispflanzen, denn diese schmecken ihnen nicht) und machen damit eine Menge schwerer, den Rücken belastender Handarbeit überflüssig. Auch ein im Wasser wachsendes Farnkraut wird benutzt, um zusätzlichen Stickstoff und zusätzliches Futter für die Enten zu liefern. Mehr als 75.000 Reisbauern in Asien wenden diese Methode an. Durchschnittlich nahmen dadurch die Ernteerträge um 50 bis 100 % zu, ohne dass chemische Substanzen verwendet werden mussten. Und die Enten sind für die Bauern eine zusätzliche Eiweißquelle bzw. tragen zusätzlich zum Lebensunterhalt bei (Ho 1999).

Überall auf der Welt findet man zahlreiche andere Beispiele für ein solches schöpferisches ökologisches Denken. Diese Art von „Ökoentwicklung“ zeigt, dass es möglich ist, das Leben der menschlichen Gemeinschaften zu verbessern und dabei die Erde gesund zu erhalten. Wenn wir irgendeine Form der Ökoentwicklung in Angriff nehmen, sollten wir in der Tat von der Weisheit vieler autochthoner Völker in Amerika lernen, die die Folgen ihrer Handlungen für die sieben folgenden Generationen in den Blick nehmen. Mike Nickerson sagt es pointiert: „Mehr als siebentausend Generationen haben sich darum gesorgt und sich abgeplagt, um uns das Leben zu ermöglichen. Sie haben uns die Sprache, Kleidung, Musik, Werkzeuge, Ackerbau, Sport, Wissenschaft und ein umfassendes Verständnis der Welt in und um uns herum gegeben. Wir sind gewiss dazu verpflichtet, Wege zu finden, um wenigstens weiteren sieben Generationen all dies zu ermöglichen.“ (1993, 12)

Herrschaft der Konzerne

Wir können nicht hoffen, von einem unbegrenzten, unqualifizierten Wachstum und einer fehlgeleiteten Entwicklung wegzukommen, wenn wir uns nicht den entscheidenden Mächten auf Weltebene stellen, welche diese Erkrankungen weiter gedeihen lassen: die transnationalen Konzerne. Die fünfhundert größten Konzerne der Welt beschäftigen 0,05 % der Bevölkerung, aber sie kontrollieren 25 % der weltweiten Wirtschaftsleistung (gemessen am Maßstab des BIP) und wickeln 70 % des Welthandels ab. Die Hälfte der einhundert führenden Ökonomien der Welt sind keine Länder, sondern Konzerne. Die dreihundert führenden Konzerne (dabei sind die Finanzinstitute nicht mit berücksichtigt) besitzen etwa ein Viertel des weltweiten Produktivvermögens, und die fünfzig größten Finanzgesellschaften kontrollieren 60 % allen Produktivkapitals. (Korten 1995, 222) Tom Athanasiou schreibt:

„Die transnationalen Konzerne sind sowohl die Architekten als auch die Gebäudeteile der Weltwirtschaft [… Sie] diktieren die allgemein geltenden Maßstäbe […]. Sie sind regionale und globale Akteure in einer Welt, die in Nationen und Stämme aufgesplittert ist. Sie spielen ein Land gegen das andere, ein Ökosystem gegen das andere aus, einfach deshalb, weil das ein gutes Geschäft ist. Niedrige Löhne und Sicherheitsstandards, Ausplünderung der Umwelt, endloses Wachsen der Bedürfnisse – all das sind Symptome wirtschaftlicher Kräfte, die in den transnationalen Konzernen Gestalt gewinnen und so mächtig sind, dass sie alle Beschränkungen einer Gesellschaft, der sie angeblich dienen, durchbrechen.“ (1996, 196)

Transnationale Konzerne haben zielstrebig daran gearbeitet, die Regeln der globalen Ökonomie zu ihren Gunsten zu gestalten. In großen wie kleinen Ländern sind sie in der Lage, beträchtlichen Einfluss auszuüben:

 – durch die Pflege „freundschaftlicher Beziehungen“ mit politischen Parteien;

 – durch das Versprechen (bzw. die Drohung), Investitionen und damit Arbeitsplätze zu schaffen bzw. abzuziehen;

 – indem sie auf die globalen Finanzmärkte Druck ausüben, über die Politik einer Regierung faktisch durch Machenschaften wie Währungsspekulation „abzustimmen“.

Gemessen an ihrer Kontrolle der Weltwirtschaft ist dieser politische Einfluss in den letzten fünfundzwanzig Jahren wirklich massiv geworden. So überrascht es nicht, dass die Politik der Strukturanpassungsmaßnahmen großen Konzernen gegenüber extrem wohlwollend ist. Darüber hinaus sind wirtschaftliche Regeln, wie sie in Verträgen und Institutionen verankert sind, die über Handel und Investitionen bestimmen – wie zum Beispiel die WTO (Welthandelsorganisation), die NAFTA (nordamerikanisches Freihandelsabkomen) oder das (wenigstens vorläufig gescheiterte) Multilaterale Abkommen über Investitionen (MAI) (oder in jüngster Zeit TTIP, Ceta, etc.; d. Übers.) – weitgehend „Freibriefe“ für transnationale Konzerne. Martin Khor, der Leiter des Third World Network, stellt fest, dass die Welthandelsabkommen als „Weltwirtschaftspolizei fungieren, um neue Regeln durchzusetzen, die die außerhalb jeder politischen Einbindung vonstatten gehenden Operationen der transnationalen Konzerne in höchstem Maß steigern“ (Khor 1990, 6).

Dieser neue globale Rahmen macht es für Bürger und Regierungen zunehmend schwerer, das Wohl der Menschen und der Natur zu schützen. So wurde zum Beispiel die kanadische Regierung dazu gezwungen, ihr Verbot des provinzübergreifenden Handels mit dem Treibstoffzusatz MMT, der sich als ein starkes Nervengift erwiesen hatte, aufzuheben, denn die Regeln der NAFTA untersagen solche Beschränkungen. Ironischerweise ist MMT in den USA, dem Land, in dem die Ethyl Corporation die Chemikalie produziert, nicht zugelassen. Ein anderes Beispiel findet sich in den der WTO vorgeschlagenen Veränderungen, die Zölle auf alle Waldprodukte aufzuheben und Investoren den ungehinderten Zugang zu den Wäldern anderer Länder zu gestatten. Sie hätten keinerlei Verpflichtungen, sich an im betreffenden Land geltende Arbeits- und Umweltgesetze zu halten.

Konzerne und ökologische Zerstörung

Zusätzlich zur Förderung von weltweiten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die einen effektiven Schutz von Natur und Arbeitern nahezu unmöglich macht, spielen transnationale Konzerne eine direkte Rolle bei vielen der ökologisch zerstörerischen Aktivitäten. Die transnationalen Konzerne produzieren mehr als die Hälfte aller fossilen Brennstoffe und sind direkt für mehr als die Hälfte der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Darüber hinaus produzieren die transnationalen Konzerne fast alle die Ozonschicht zerstörenden chemischen Substanzen. Sie kontrollieren auch 80 % des Landes, das der exportorientierten Landwirtschaft gewidmet ist. Bloß zwanzig transnationale Konzerne stehen für 90 % aller Pestizidverkäufe (Athanasiou 1996). Des Weiteren spielen transnationale Konzerne wie General Electric, Mitsubishi und Siemens eine größere Rolle bei Atomkraftwerken.

In jüngerer Zeit haben transnationale Konzerne eine wachsende Kontrolle über das Saatgut der Welt, ja sogar über das genetische Material selbst, erlangt. Sie haben sich Lebensformen und sogar einzelne Gene patentieren lassen. Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen, wie sie von transnationalen Konzernen wie Monsanto und Aventis produziert und kontrolliert werden, hat sich seit 1995 stark ausgebreitet und betrifft heute mehr als hundert Millionen Hektar (das ist ungefähr die Größe Boliviens oder Frankreichs und Deutschlands zusammengenommen). Bereits 60 % der Sojabohnen weltweit und 25 % der Maispflanzen enthalten Gene aus anderen Arten.

„Transgene“ Feldfrüchte bergen eine doppelte Gefahr in sich. Da das Saatgut dem produzierenden Konzern gehört, entzieht es den Bauern die Kontrolle über die Versorgung mit Saatgut (dieser Prozess begann in kleinerem Maßstab bereits mit den Hybridpflanzen im Zuge der „grünen Revolution“ im letzten Jahrhundert). Um dieses Saatgut verwenden zu dürfen, sind die Bauern gezwungen, einen „Vertrag über die Verwendung der Technik“ zu unterzeichnen, der es verbietet, Saatgut aus der Ernte für die Aussaat im kommenden Jahr aufzuheben. Die Konzerne haben sogar daran gedacht, in das Saatgut selbst genetische Kontrollen einzubauen, die es faktisch steril machen würde. Doch bislang fand diese „Terminator“-Technik noch keine Billigung.

Beunruhigender aber ist vielleicht die Tatsache, dass transgene Pflanzen das Ergebnis einer künstlichen Übertragung von Genen von einer Art auf eine andere sind, indem man die DNA manipuliert. Dieser im Wesentlichen zufallsgesteuerte Prozess der Einbringung fremder Gene kann unbeabsichtigte Auswirkungen auf das Genom einer Pflanze haben. Tatsächlich ist nur ein verschwindender Teil genetischer Experimente erfolgreich. Doch Gene vermehren sich und breiten sich aus, und jeder unbeabsichtigte Effekt ‒ darunter spätere Mutationen aufgrund eines weniger stabilen Genoms – könnte sich sehr rasch durch Pollen auf wichtige Arten von Feldfrüchten übertragen.

Warum verbietet man angesichts der potenziellen Risiken gentechnisch veränderte Organismen nicht einfach? Große Chemie- und Agrokonzerne behaupten, transgene Pflanzen seien notwendig, um die Nahrungsmittelproduktion zu steigern und sogar, um den Einsatz von chemischen Substanzen in der Landwirtschaft zu verringern. Doch keines der Argumente scheint wirklich zu tragen. Wie wir gesehen haben, ist die Hauptursache für Hunger und Armut die unzulängliche Verteilung des Wohlstands und die Verschlechterung der Ökosysteme. Transgene Pflanzen werden, indem sie den Konzernen die Kontrolle über das Saatgut sichern und die Ökosysteme genetisch kontaminieren, diese Probleme nur noch verschlimmern. Selbst wenn die Nahrungsmittelproduktion bedeutend gesteigert würde, hätte das höchstwahrscheinlich keine Auswirkungen auf die Armut. Tatsächlich führen höhere Erträge oft zu niedrigeren Preisen, was bedeutet, dass die Kleinbauern faktisch verarmen.

Dazu kommt, dass keine der bislang in den Handel gebrachten transgenen Pflanzen die Ernteerträge oder die Ernährung verbessern sollte. Fast alle Veränderungen zielten auf eine Herbizidtoleranz (die es Farmern ermöglicht, Unkraut auszutilgen, ohne die Feldfrüchte dabei zu schädigen) oder Insektizidresistenz ab. Sie erleichtern es Konzernen und Großgrundbesitzern auch, ihre bebauten Flächen zu erweitern. Tatsächlich haben Großgrundbesitzer in Argentinien und Paraguay Herbizide auf benachbarte Grundstücke versprüht, um die Feldfrüchte der kleineren Bauern zu vernichten und sie zum Landverkauf zu zwingen.

Die beste Art, Nahrungssicherheit zu gewährleisten, ist es, eine große Bandbreite von pollenbefruchteten Pflanzen zu verwenden. Dies garantiert eine genetische Vielfalt und damit eine Kombination von Eigenschaften, die die Anpassung an Wetter und Bodenbedingungen ermöglichen. Lovins und Lovins schreiben: „Die neue Pflanzenkunde zielt darauf ab, die Entwicklung der Pflanzen nicht an ihrem evolutionären, sondern an ihrem wirtschaftlichen Erfolg auszurichten: Überleben nicht der am besten Angepassten, sondern der Fettesten, derer, die am besten geeignet sind, vom Verkauf monopolisierter Produkte in großem Stil zu profitieren.“ (2000)

Aufgrund der massiven Investitionen transnationaler Konzerne in ökologisch zerstörerische Technologien sind sie zu einem mächtigen Faktor geworden, der sich ökologisch vernünftigeren Vorgehensweisen widersetzt. Wesentlich mehr Geld wurde in den letzten zwanzig Jahren in Atomenergie als in Sonnen- und Windenergie gesteckt, vor allem, weil es für die transnationalen Konzerne leichter war, aus dieser zentral kontrollierten Technik (und deren militärischen „Spin-off-Effekten“) Profit zu schlagen. Gleichzeitig haben Ölkonzerne massive Werbekampagnen gestartet, um Zweifel an der Wissenschaftlichkeit der Annahme von der globalen Erwärmung zu streuen, obwohl es unter Wissenschaftlern Konsens ist, dass die Aktivität des Menschen einen deutlichen (und die meisten würden sagen: einen bei Weitem vorherrschenden) Einfluss auf die globale Erwärmung hat.

Natürlich gibt es Konzerne, die tatsächlich die Ökologie fördern. Große Versicherungsgesellschaften machen sich Sorgen über Sturmschäden aufgrund der globalen Erwärmung und betreiben deshalb seit einiger Zeit Lobbyarbeit für eine Reduktion der Treibhausgase. Es gibt viele Konzerne – meist kleinere ‒, die ökologisch besser verträgliche Technologien entwickeln, wie zum Beispiel Solarmodule, Windgeneratoren und Brennstoffzellen. Doch insgesamt widersetzen sich die größten und mächtigsten transnationalen Konzerne alternativen Technologien, wenn sie keine Mittel finden, sie um ihres Profits willen zu kontrollieren und zu beherrschen.

Es ist also klar, dass große transnationale Konzerne immer noch den Hauptteil der Verantwortung für die ökologische Zerstörung tragen, die wir derzeit erleben. Dies wird sich wahrscheinlich nicht ändern, wenn nicht die Art und Weise, wie Konzerne strukturiert und gelenkt sind, einem radikalen Wandel unterzogen wird. Paul Hawken (1993) schreibt, dass Unternehmen von ihrer Bilanz her besser dastehen, wenn sie die Tatsache, dass sie um des heutigen Profits willen die Zukunft bestehlen, einfach ignorieren. Wenn ein Konzern versucht, wirklich ethisch, gerecht und ökologisch zu werden, dann bedingt das Ausgaben, die andere nicht haben. Langfristig gesehen, untergraben viele Konzerne ihre eigene Profitabilität, doch Aktienkurse berücksichtigen selten langfristige Perspektiven.

Korporative Personen in großem Maßstab

Viele Analytiker stellen fest, dass unser derzeitiges Problem mit den Konzernen darauf zurückzuführen sei, dass Gerichte in den USA (und später die anderer Länder) den Konzernen das Recht zugesprochen haben, wie juridische Personen behandelt zu werden. Man hat eine ganze Reihe von Rechten auf sie ausgedehnt, darunter das Recht auf freie Meinungsäußerung und politische Teilhabe. Doch, so zeigt Kalle Lasn auf, Konzerne sind in Wirklichkeit gar keine Personen:

„Ein Konzern hat kein Herz, keine Seele, keine Moral. Er kann keinen Schmerz empfinden. Man kann mit ihm nicht streiten. Deshalb ist ein Konzern nichts Lebendiges, sondern ein Prozess, eine effektive Art und Weise, Einkünfte zu erzielen […]. Um weiter ‚am Leben‘ zu bleiben, muss er lediglich eine Bedingung vorfinden: Sein Einkommen muss seine Ausgaben langfristig übersteigen. Solange dies der Fall ist, kann er auf unbestimmte Zeit existieren. Wenn ein Konzern Menschen verletzt oder die Umwelt schädigt, wird er kein Bedauern und kein schlechtes Gewissen verspüren, denn von seinem inneren Wesen her ist er nicht dazu in der Lage […]. Wir dämonisieren Konzerne wegen ihres unerschütterlichen Strebens nach Wachstum, Macht und Wohlhaben. Doch sie erfüllen nur die Befehle, die ihrer inneren Anlage entsprechen. Genau dafür wurden Konzerne – von uns – geschaffen.“ (1999, 221)

In ähnlicher Weise behauptet Joel Bakan, dass die überdimensionalen korporativen Personen als kranke Wesen geschaffen wurden. Wir können von ihnen nicht erwarten, dass sie sich ethisch verhalten, solange sie in einer Weise strukturiert sind, dass sie wie Psychopathen denken und handeln:

„Von seinem Zuschnitt her schützt das Konstrukt der Korporative die Menschen, welche Konzerne betreiben, vor der gesetzlichen Haftung, indem man dem Konzern – einer ‚Person‘ mit einer psychopathischen Missachtung gesetzlicher Schranken – die Hauptlast der Strafverfolgung aufbürdet […]. Als Psychopath kann der Konzern moralische Gründe, anderen nicht zu schaden, weder anerkennen noch danach handeln. Von seiner rechtlichen Verfasstheit her gibt es nichts, was dem Grenzen setzen könnte, was er in der Verfolgung seiner eigennützigen Ziele anderen antut, und er ist dazu gezwungen, Schaden anzurichten, damit die Einnahmen die Kosten übersteigen. Lediglich die pragmatische Sorge um seine Eigeninteressen und die Gesetze eines Landes legen dem Raubtierinstinkt eines Konzerns Beschränkungen auf, und oftmals reicht das nicht aus, um ihn darin zu stoppen, Leben zu zerstören, Gemeinden zu schädigen und den Planeten insgesamt in Gefahr zu bringen.“ (2004, 79 und 60).

David Korten bemerkt, dass die Konzerne als „Super-Personen“ nun außer Kontrolle sind. Selbst diejenigen, die einen Konzern „betreiben“, wurden zunehmend überflüssig. Konzerne sind nun eine

„… ‚Größe für sich‘ mit keinen echten Verbindungen zu den Menschen oder dem Standort. Tatsächlich, so behauptet er, entfernen sich die Interessen von Konzernen zunehmend von denen der Menschen und der planetarischen Gemeinschaft insgesamt. Dennoch erlangen Konzerne weiterhin immer mehr Kontrolle über unser Leben. Es ist fast so, als erlebten wir eine Invasion von Außerirdischen, die unseren Planeten zu kolonisieren versuchen, uns zu Sklaven degradieren und so viele von uns wie möglich ausgrenzen.“ (1995, 74)

John Ralston Saul (1995) stellt fest, dass dieser Trend große Ähnlichkeit mit den Zielen korporativer Bewegungen wie etwa dem Faschismus der 1920er- und 1930er-Jahre aufweist. Diese strebten danach, a) die Macht den Menschen und Regierungen zu nehmen und sie wirtschaftlichen Interessengruppen zu übertragen; b) „unternehmerische Initiative in Bereichen zu fördern, die normalerweise öffentlichen Körperschaften vorbehalten sind“ (das nennen wir „Privatisierung“); und c) die Bindung des privaten an das öffentliche Interesse zu lösen.

Wenn man diese Aufzählung liest, dann bleibt der Eindruck zurück, dass der Korporatismus trotz des Zweiten Weltkriegs nun in einer neuen, subtileren und machtvolleren Weise triumphiert. Ein weniger demokratisches und weniger ökologisches Modell weltweiten Regierungshandelns ist kaum vorstellbar.

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9783766643049
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