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Anmerkungen

[1]

Vertiefend zu diesem Thema: Schwarz/Fuchs Die Assoziationsfreizügigkeit türkischer Staatsangehöriger, ZAR 2016, 217.

2. Teil Das allgemeine Ausländerrecht › C. Beendigung des Aufenthalts

C. Beendigung des Aufenthalts

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Neben der Einreise und dem Aufenthalt regelt das Aufenthaltsgesetz auch die Beendigung des Aufenthalts. In diesem Abschnitt wollen wir uns daher abschließend mit den gesetzlichen Vorgaben zur Beendigung des Aufenthalts, der Zurückweisung und den staatlichen Instrumenten der Durchsetzung entsprechender Entscheidungen vertraut machen, die das Aufenthaltsgesetz bietet. Im Bereich des Asylrechts bietet das AsylG zusätzliche Instrumente zur Beendigung des Aufenthalts. Eine vertiefende Betrachtung der einzelnen Instrumente und deren Voraussetzungen erfolgt an gegebener Stelle (Rn. 169 ff.). Hier soll nur ein kurzer Überblick über die grundsätzlichen Instrumente des Aufenthaltsrecht verschafft werden.

2. Teil Das allgemeine Ausländerrecht › C. Beendigung des Aufenthalts › I. Beendigung bei Besitz eines Aufenthaltstitels

I. Beendigung bei Besitz eines Aufenthaltstitels

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Wie wir bereits weiter oben erörtert haben (Rn. 25), erfolgt die Erteilung eines Aufenthaltstitels grundsätzlich lediglich befristet. Aus diesem Grund ist eine Beendigung des Aufenthaltsrecht durch aktives staatliches Handeln in der Regel entbehrlich. Allerdings kann ein einmal erteilter Aufenthaltstitel auch wieder entzogen werden, bevor die Dauer seiner Wirksamkeit abläuft. Darüber hinaus können die zuständigen Behörden einen Ausländer auch trotz gültigem Aufenthaltsrecht unter bestimmten Voraussetzungen ausweisen.

1. Das Erlöschen

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Wird ein Aufenthaltstitel entzogen, bevor seine Wirksamkeit auf Grund einer Befristung abläuft, so spricht das Aufenthaltsgesetz von einem „Erlöschen“. Für ein Erlöschen kommen mehrere Gründe in Betracht. Zunächst einmal erlischt ein befristeter Aufenthaltstitel mit Ablauf seiner Geltungsdauer. Da es sich bei einem Aufenthaltstitel um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 VwVfG handelt, kommt auch eine Rücknahme (§ 48 VwVfG) oder ein Widerruf (§ 52 AufenthG als lex specialis zu § 49 VwVfG) in Betracht. Darüber hinaus kann der Aufenthaltstitel auch mit Nebenbestimmungen versehen sein, sodass zum Beispiel auch der Eintritt einer auflösenden Bedingung vorliegen könnte. Es geltend die allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundlagen.

Hinweis

Wir werden weiter unten (Rn. 169 ff.) noch auf die Details von Rücknahme und Widerruf zu sprechen kommen.

Beispiel

Stellt die zuständige Behörde nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis fest, dass die vom Antragsteller gemachten Angaben nicht der Wirklichkeit entsprachen, sodass von vornherein kein Aufenthaltstitel hätte erteilt werden dürfen, so kann sie die Aufenthaltserlaubnis unter den Voraussetzungen des § 48 VwVfG zurücknehmen.

Hinweis

Erlischt ein Aufenthaltstitel, so befindet sich der Ausländer unerlaubt in der Bundesrepublik und ist gem. § 50 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet.

2. Die Ausweisung

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Der zuständigen staatlichen Stelle steht darüber hinaus das Mittel der Ausweisung nach § 53 AufenthG zur Verfügung.


Die Ausweisung ist die Pflicht, die Bundesrepublik zu verlassen, trotz gültigen Aufenthaltstitels oder gesetzlichem Aufenthaltsrecht.[1]

Lesen Sie die zitierten Normen im Gesetz nach. Es handelt sich um sehr ausführliche Kodifikationen, die größtenteils selbsterklärend sind.

Unter welchen Voraussetzungen eine Ausweisung erfolgt, ist in § 53 Abs. 1 AufenthG geregelt. Das Gesetz geht dabei von einer Abwägungsentscheidung zwischen Ausweisungsinteresse (§ 53 AufenthG) und Bleibeinteresse (§ 55 AufenthG) aus. Auf der einen Seite muss der Ausländer die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitlich demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik gefährdet haben. Diese Worthülsen werden sodann in § 54 Abs. 1 AufenthG mit Leben gefüllt. So wiegt das Ausweisungsinteresse unter anderem dann besonders schwer, wenn der Ausländer bereits wegen mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig verurteilt wurde (§ 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Demgegenüber ist das Bleibeinteresse unter anderem dann höher zu bewerten, wenn der Ausländer bereits im Besitz einer Niederlassungserlaubnis ist (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG).[2]

Beispiel

Ein Drittstaat-Ausländer, der als Student in Deutschland wohnhaft ist, kann trotz Aufenthaltserlaubnis nach §§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 7 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 16 Abs. 1 AufenthG auf Grund mehrerer rechtskräftiger Verurteilungen im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG über § 53 Abs. 1 AufenthG ausgewiesen werden, sofern er kein mindestens genauso schwerwiegendes Bleibeinteresse i.S.d. § 55 AufenthG nachweisen kann.

Hinweis

Das Regelungssystem der Ausweisung wurde mit Wirkung zum 1.1.2016 grundlegend geändert. Entsprechend ist die Lektüre von Rechtsprechung und Literatur, die vor diesem Datum veröffentlicht wurde, hinsichtlich dieses Themas nur eingeschränkt nutzbar.

2. Teil Das allgemeine Ausländerrecht › C. Beendigung des Aufenthalts › II. Zurückweisung bereits an der Grenze

II. Zurückweisung bereits an der Grenze

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Die Bundespolizei kann gem. § 15 Abs. 1 AufenthG einem Ausländer bereits die Einreise an der Grenze verweigern und ihn damit zurückweisen. Die Gründe für die Zurückweisung sind in § 15 Abs. 2 AufenthG und § 18 Abs. 2 AsylG gesetzlich normiert. Die Zurückweisung ist neben der Ausweisung (§§ 53 ff. AufenthG) auch von der Zurückschiebung (§ 57 AufenthG) zu unterscheiden. Bei letzterer ist der Ausländer bereits unerlaubt in das Bundesgebiet eingereist und wurde in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit der Einreise aufgegriffen (sog. Schleierfahndung). In diesem Fall soll der Ausländer innerhalb von sechs Monaten zurückgeschoben werden.

JURIQ-Klausurtipp

Das Aufenthaltsgesetz verfolgt demnach folgende Systematik: Ein Ausländer kann unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 AufenthG bereits an der Einreise gehindert werden. Verschafft er sich Zugang zur Bundesrepublik, ohne eine Grenzkontrolle zu passieren, kann er unter den Voraussetzungen des § 57 AufenthG zurückgeschoben werden. Zuletzt kann ein Ausländer, der rechtmäßig nach Deutschland eingereist ist und ein entsprechendes Aufenthaltsrecht innehat, nach §§ 53 ff. AufenthG ausgewiesen werden.

2. Teil Das allgemeine Ausländerrecht › C. Beendigung des Aufenthalts › III. Instrumente zur Durchsetzung

III. Instrumente zur Durchsetzung

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Wurde einem Ausländer, ob mit Aufenthaltstitel oder ohne, eine Ausreisepflicht auferlegt, so muss er dieser Folge leisten. Tut er dies nicht, steht mit der Abschiebung gem. § 58 AufenthG ein Instrument zur Verfügung, mit dem die Ausreisepflicht zwangsweise vollzogen werden kann.


Die Abschiebung (§ 58 AufenthG) ist der zwangsweise Vollzug der Ausreisepflicht durch Verbringung des Ausländers über die Grenze in ein Land, in das er einreisen kann (i.d.R. das Land seiner Staatsangehörigkeit).[3]

Demnach ist zwingende Voraussetzung für die Abschiebung, dass eine Ausreisepflicht nach § 50 AufenthG vorliegt. Diese kann sich aus den oben genannten Gründen des Erlöschens einer Aufenthaltserlaubnis ergeben oder aus einer Ausweisung (§§ 53 ff. AufenthG). Darüber hinaus muss die Ausreisepflicht auch vollziehbar sein (§ 58 Abs. 1 AufenthG). Zudem dürfen keine Abschiebungsverbote (§ 60 AufenthG) vorliegen. Mit den Einzelheiten dieses Instrumentariums werden wir uns an späterer Stelle aus der Sicht des Asylrechts näher beschäftigen (Rn. 280 ff.).

Beispiel

Fortsetzung des vorigen Beispiels: Mit der Erklärung der Ausweisung nach § 53 AufenthG erlischt der Aufenthaltstitel des Studenten nach § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG. In der Folge ist er wegen § 50 Abs. 1 AufenthG unverzüglich zur Ausreise verpflichtet. Kommt er dieser Pflicht nicht freiwillig nach, kann er über die §§ 58 AufenthG abgeschoben werden.

Anmerkungen

[1]

Tiedemann S. 23.

[2]

Vertiefend: Göbel-Zimmermann/Eichhorn/Beichel-Benedetti Rn. 963 ff.

[3]

Tiedemann S. 25.

3. Teil Das materielle Asylrecht

Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung

B. Asylrecht für politisch Verfolgte

C. Asylrecht für Flüchtlinge

D. Der subsidiäre Schutz

E. Abschiebungsverbote

F. Familienasyl

G. Beendigung des Schutzstatus

3. Teil Das materielle Asylrecht › A. Einleitung

A. Einleitung

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Nachdem wir uns sowohl mit der Geschichte des Ausländerrechts als auch mit den Grundzügen des heutigen Aufenthaltsrecht in Deutschland und auf völkerrechtlicher Ebene beschäftigt haben, soll in diesem Kapitel nun auf das materielle Asylrecht eingegangen werden. Wir werden sehen, dass das Asylrecht auf verschiedenen Rechtsquellen aufbaut und dass demnach auch verschiedene Asylrechte nebeneinander existieren, die zum einen sehr unterschiedliche materielle Anforderungen aufweisen und zum anderen sehr unterschiedliche Rechte und Pflichten begründen. Die ebenfalls wichtigen formellen Anforderungen an die Gewährung der jeweiligen Asylrechte bleiben hierbei noch außen vor und werden im nächsten Kapitel gesondert behandelt.

3. Teil Das materielle Asylrecht › A. Einleitung › I. Überblick

I. Überblick

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Kennen Sie noch die Unterscheidung von Territorialhoheit und Personalhoheit? Nutzen Sie die Gelegenheit und wiederholen Sie die Rn. 2 ff.

Wie wir bereits in der historischen Einführung näher erörtert haben, meint Asyl seit der Antike Schutz vor Verfolgung. Wie man diesen Schutz erlangen kann, wo dieser gewährt wird und durch wen sind Fragen, deren Antworten sich im Laufe der Geschichte immer wieder verändert haben. Allerdings ging und geht das Asylrecht stets von einer Institution aus. Denn nur wer die Souveränität über ein Gebiet innehat, kann auf diesem auch Asyl gewähren. Daraus ergibt sich, dass auch heute noch das Asylrecht in erster Linie eine nationale Angelegenheit ist und bis dato kein europarechtliches oder gar völkerrechtliches Asylrecht existiert.

Hinweis

Es sei noch einmal gesondert verdeutlicht, dass ein Asylrecht nur von Staaten ausgehen kann. Zwar existieren auch europäische und andere völkerrechtliche Kodifikationen, die sich dem Asylrecht widmen. Diese verbriefen aber (mit Ausnahme von EU-Richtlinien) gerade kein eigenes subjektives Recht, auf das sich ein Betroffener berufen kann. Diese Kodifikationen wirken sich in der Regel nur mittelbar über eine nationale Norm auf das Asylrecht des Einzelnen aus. Daraus folgt, dass die EU zwar asylrechtlich relevante Kodifikationen erlassen kann, jedoch nur mit dem Ziel, das Asylrecht in den einzelnen Mitgliedstaaten mittelbar zu steuern.

41

Wie bereits in den vorangegangenen Kapiteln erwähnt, hat sich nach den Weltkriegen parallel zum nationalen auch ein völkerrechtliches und später auch ein europäisches Asylrechtsregime entwickelt. Dieses gilt es unter bestimmten Voraussetzungen auch im nationalen Recht zu beachten und zu gewährleisten. Das europäische Asylrechtsregime dient dabei dem Zweck der Harmonisierung und der Sicherung von grundsätzlichen Standards in den nationalen Rechtssystemen der Mitgliedstaaten. Daraus ergibt sich aber auch, dass das nationale Asylrecht nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern dass es beeinflusst wird von supranationalen Normen, unabhängig davon, ob dies nun europarechtliche oder sonstige völkerrechtliche Normen sind. Aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Rechtsquellen hat sich dadurch mit der Zeit ein komplexes nationales Asylrechtsregime entwickelt, welches vom Schutz vor politischer Verfolgung auf Grund des Asylgrundrechts aus Art. 16a Abs. 1 GG bis hin zum sogenannten internationalen Schutz, der als Ausfluss des Völkerrechts in § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG einfachgesetzlich normiert ist, reicht. Letzterer unterteilt sich dabei in den Schutz von Flüchtlingen i.S.d. Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und den subsidiären Schutz i.S.d. Art. 15 RL 2011/95/EU (sog. Qualifikationsrichtlinie).


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3. Teil Das materielle Asylrecht › A. Einleitung › II. Rechtsquellen

II. Rechtsquellen

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Zu den Einzelheiten des europäischen Rechtssystems wird auf das JURIQ-Skript „Europarecht“ verwiesen.

Bevor wir in das materielle Asylrecht tiefer einsteigen, soll vorab noch auf das eben angesprochene Verhältnis der verschiedenen Rechtsquellen etwas näher eingegangen werden. Hierbei sei vorweg darauf hingewiesen, dass die nationalen Normen, wie z.B. das Asylgesetz und das Aufenthaltsgesetz, selbstredend unmittelbar Anwendung finden. Als einfaches Recht stehen diese Regelungen allerdings unter dem Rang des Grundgesetzes und damit auch unter Art. 16a GG. Dem Asylgrundrecht kommt demnach eine vorrangige Rolle gegenüber dem internationalen Schutz zu. Dieser Systematik entspringt auch die inhaltliche Struktur des § 1 Abs. 1 AsylG.

43

Näherer Betrachtung bedürfen aber auch die europäischen und sonstigen völkerrechtlichen Normen, die Regelungen bezüglich des Asyls treffen. Denn diese haben, wie wir erörtert haben, wesentlichen Einfluss auf die nationalen Asylrechte. Allen voran ist im sogenannten Unionsasylgrundrecht, dem Art. 18 ChGrEU, die Gewährleistung von Asyl festgeschrieben.

Hinweis

Die EU-Grundrechtecharta beanspruchte zunächst keine rechtliche Bindung der Mitgliedstaaten der Union. Dies änderte sich im Jahre 2009 mit dem Vertrag von Lissabon. Mit diesem wurde in Art. 6 Abs. 1 EUV ein direkter Verweis auf die EU-Grundrechtecharta aufgenommen. In der Folge entfalten die Grundrechte der Charta grundsätzlich auch für die Mitgliedstaaten der Union unmittelbare Wirkung.

Darüber hinaus hat die EU zahlreiche Verordnungen und Richtlinien das Asyl- und Ausländerrecht betreffend erlassen, die hohe Praxisrelevanz aufweisen. Sofern es sich hierbei um Verordnungen, wie z.B. die Dublin-III-VO handelt, finden diese auf nationaler Ebene unmittelbar Anwendung, wie sich aus Art. 288 Abs. 2 AEUV ergibt. Daraus folgt, dass die durch europäische Verordnungen festgelegten Rechte und Pflichten unmittelbar für jedermann in den europäischen Mitgliedsstaaten Geltung beanspruchen. Richtlinien hingegen, wie die Qualifikationsrichtlinie (RL 2011/95/EU), sind nur an die Mitgliedstaaten gerichtet und müssen von diesen erst in nationales Recht transformiert werden. Insoweit geben Richtlinien das erstrebte Ziel lediglich vor und dienen vor allem der Harmonisierung der verschiedenen nationalen Asylrechte der Mitgliedstaaten. Die Form und die Mittel der Umsetzung liegen in der Hand der Mitgliedstaaten, vgl. Art. 288 Abs. 3 AEUV. Entsprechend entfalten Richtlinien keine unmittelbare Wirkung für und gegen jedermann.

JURIQ-Klausurtipp

Merken sollten Sie sich an dieser Stelle, dass Europäische Verordnungen in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht darstellen, auf die sich der Einzelne direkt berufen kann. Europäische Richtlinien bedürfen dagegen eines nationalen Umsetzungsaktes, sodass sich der Einzelne grundsätzlich nicht auf diese direkt berufen kann.

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Über das europäische Recht hinaus muss wegen Art. 25 GG auch das allgemeine Völkerrecht beachtet werden. Dem Wortlaut des Art. 25 GG folgend ist entsprechendes Völkerrecht Bestandteil des Bundesrechts und geht den (einfachen) Gesetzen vor.[1] Eines besonderen Umsetzungsaktes bedarf es hier also gerade nicht. Sofern Völkerrecht darüber hinaus in nationales Recht umgesetzt wurde, wie dies beispielsweise bei den Regelungen der GFK oder der EMRK geschehen ist, so gehen die nationalen Umsetzungsakte im Wege der Spezialität den völkerrechtlichen Regelungen vor. Allerdings ist dann aber eine völkerrechtsfreundliche Auslegung des nationalen Rechts nötig, um ein Zurückbleiben des nationalen Regelungsgehaltes hinter dem des Völkerrechts zu vermeiden.


Dieser einfache Grundsatz wirft dann Probleme auf, wenn sich bereits bei der Auslegung des Völkerrechts selbst Fragen ergeben. In diesem Fall muss zunächst geklärt werden, nach welchen Kriterien dieses auszulegen ist. Zur Auslegung völkerrechtlicher Verträge ist grundsätzlich das Wiener Vertragsrechtsabkommen (WVRK) vom 23.5.1969 heranzuziehen. Problematisch ist insoweit jedoch, dass nach Art. 4 WVRK diese selbst nur auf Verträge anwendbar ist, die nach seinem Inkrafttreten vereinbart wurden. Hiervon müssten sowohl die GFK als auch die EMRK ausgenommen sein, da sie vor 1969 vereinbart wurden. Allerdings könnte die WVRK über Art. 25 GG als allgemeines Völkerrecht zu beachten sein, und somit trotz des Art. 4 WVRK anwendbar sein. Nach der Rechtsprechung des BVerfG[2]sind allgemeine Regeln des Völkerrechts dann solche i.S.d. Art. 25 GG, wenn sie von wenigstens der überwiegenden Mehrheit der Völkerrechtssubjekte anerkannt wurden. Da die WVRK von 114 der 193 UN-Mitgliedern (= 59 %) ratifiziert wurde, stellt diese somit ein Bestandteil des allgemeinen Völkerrechts i.S.d. Art. 25 GG dar. Somit sind die Auslegungsregeln der WVRK auch auf die GFK und EMRK anzuwenden.

Anmerkungen

[1]

Vgl. BVerfGE 6, 309 (363).

[2]

BVerfGE 23,288 (317); 96, 68 (86); vgl. insgesamt zu diesem Thema: Deutscher Bundestag WD 3 – 3000 – 020/16.

3. Teil Das materielle Asylrecht › B. Asylrecht für politisch Verfolgte

B. Asylrecht für politisch Verfolgte

3. Teil Das materielle Asylrecht › B. Asylrecht für politisch Verfolgte › I. Allgemeines

I. Allgemeines

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Das Asylgrundrecht gewährt seinem Wortlaut nach Asyl für politisch Verfolgte. Entsprechend der Gesetzeshierarchie und der bereits angesprochenen Systematik des nationalen Asylrechts (Rn. 41) wird zunächst das Asylgrundrecht näher untersucht, bevor wir uns anschließend auch der internationalen Schutzgewährung bestehend aus dem Asylrecht von Flüchtlingen (Rn. 95 ff.) und dem subsidiären Schutz (Rn. 128 ff.) widmen. Bevor wir uns aber mit den materiell-rechtlichen Einzelheiten des Asylrechts aus Art. 16a Abs. 1 GG befassen, soll auf die rechtlichen Grundlagen dieses Artikels sowie seiner Einordnung in das nationale und das internationale Asylrechtsregime näher eingegangen werden.


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1. Asylrecht als subjektiv-öffentliches Recht

46

Das Asylgrundrecht aus Art. 16a Abs. 1 GG ist, wie die anderen Grundrechte auch, ein subjektiv-öffentliches Recht. Ein Betroffener im Anwendungsbereich des Grundgesetzes kann sich also gegenüber dem Staat auf die Gewährleistungen der Norm stützen. Zu diesem Ergebnis muss man bereits auf Grund der Auslegung des Wortlautes der Norm gelangen. So spricht Art. 16a Abs. 1 GG davon, dass der Betroffene Asyl „genießt“.

Beispiel

Demnach kann sich jede Person, die sich auf dem Territorium der Bundesrepublik aufhält oder an den deutschen Grenzen einreisen möchte, vor staatlichen Stellen auf sein Asylrecht berufen. Ob dieses dann auch einschlägig ist, gilt es in der Folge zu prüfen.

Mit Blick auf die historische Entwicklung des Asylrechts, nicht nur in Deutschland, ist dies keine Selbstverständlichkeit. Insbesondere im Streit um den Asylkompromiss in den Neunziger Jahren hat man sich aber bewusst für eine Fortgeltung des Art. 16a Abs. 1 GG im Sinne einer subjektiv-öffentlichen Regelung entschieden. Dafür wurden aber, wie wir noch sehen werden, die Voraussetzungen der Asylgewährung deutlich verschärft.

Hinweis

Die Transformation des Art. 16 Abs. 2 GG a.F. in den Art. 16a Abs. 1 GG im Wege des Asylkompromisses hat inhaltlich keine nennenswerten Veränderungen gebracht, sodass insbesondere die Rechtsprechung zu Art. 16 Abs. 2 GG a.F. auch auf den Art. 16a Abs. 1 GG weitestgehend anwendbar bleibt.

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9783811491724
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