Читать книгу: «Der Theatermonolog in den Schauspielen von Hans Sachs und die Literarisierung des Fastnachtspiels», страница 33

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2.1.3 Fastnachtspiel

1

Röcke 2000, S. 98, sieht die Änderungen mit Blick auf den risus paschalis, der vorreformatorisch ein „Akt ritueller Komik“ war: „In der Reformation ist dieser zentrale Aspekt des Ostergelächters, so scheint es, nicht mehr verstanden oder von vornherein abgelehnt worden. Dafür spricht […] auch die Art und Weise, wie Hans Sachs diese Inszenierung rituellen Gelächters in seinem Fastnachtspiel vom ‚Kälberbrüten‘ aufgegriffen, zugleich aber entscheidend verändert hat. Die wichtigste Veränderung sehe ich darin, daß er die Körperlogik des risus paschalis, also die Demonstration des Körpers und die weitestgehende Beschränkung der Spieler auf Gesten und andere Formen der Körpersprache zwar noch zitiert, zugleich aber dem Spiel einen didaktischen und moralischen Zweck unterlegt, der in Form eines Handlungsspiels, und d.h. in Gestalt eines komplexen Bühnengeschehens, entfaltet und vor allem aufgeschrieben wird.“ Vgl. zum vorreformatorischen Fastnachtspiel grundlegend Röcke 2004.

2

Dabei handelt es sich nicht nur um eine Verkehrung, wie sie die hierarchische Ordnung der Ehe verlangt, sondern ebenso die oiconomia christiana oder die christliche Haußhaltung. Vgl. Röcke 2000, S. 98.

3

Eine Gegenüberstellung der Anfänge verdeutlicht die Änderungen, die sich jedoch nicht in einer Änderung des Endes widerspiegeln, wie das im Fastnachtspiel der Fall ist:


Meisterlied Spruchgedicht
Ein pauer sas zu Popenreut, Zu Poppenrewt ein pawer saß,
Der seiner sin war halb zerstrewt Der toll und gar einfeltig was.
Schickt sein weib frw int state, Frü vor tags trug das weybe sein
Das sie aus milch gelt losen solt, Milch und milchraum int stadt hinein,
Die weil da haim er kochen wolt. Das sie ein badgelt lösen wolt,
Dieweil der pawer kochen solt.

4

Röcke 2000, S. 99f., fasst es mit Blick auf den risus paschalis wie folgt zusammen: „Damit aber wird das rituelle Lachen der ‚besiegten Furcht‘ (Warning), das für die Spielszene des risus paschalis charakteristisch ist, zur komischen Inszenierung eines moralischen Falls, der für Sachs die Grundlage der gesellschaftlichen Ordnung überhaupt berührt: Ehe und Familie bilden für ihn […] den Mikrokosmos der gesellschaftlichen Ordnung, dem der gesellschaftlichen Makrokosmos (‚Politik‘) entsprechen muß.“

5

Kartschoke/Reins 1978, S. 122, bemerken, dass die Betonung des falschen Verhaltens der Bäuerin „nicht den Herrschaftsanspruch des unfähigen Mannes“ rettet, es aber aus dem „geschlechterspezifischen Erziehungskonzept Sachsens“ resultiert. Classen 2004, S. 35f., vergleicht das Frauenbild im Spruchgedicht mit dem im Fastnachtspiel G 22: „Während in ‚Der farendt schuler im paradeis‘ die Frau als eine, wenngleich sympathische, Törin auftritt, begegnet uns in ‚Das kelberbruten‘ der Mann als eine abstoßende und erstaunlich dumme Gestalt, während seine Frau zu derb und grob herumkommandierend das Geschehen bestimmt. Bemerkenswert dürfte aber vor allem sein, daß der Pfarrer das traditionelle, von der Kirche so gern gehegte Urteil über die Geschlechterrollen evoziert, doch vertreibt ihn die Bäuerin gerade deswegen durch Gewaltandrohung und macht damit das Stereotyp als einen läppischen Versuch, ungeachtet der Realität rein aus der Tradition heraus zu leben, lächerlich.“

6

Glier 1990, S. 59 (im Original mit Sperrung).

7

Dass diese Aussage nicht zu generalisieren ist, aber zumindest eine Tendenz aufzeigt, macht die Analyse von Henkel 2014, deutlich. Er vergleicht die Bearbeitung von Dekameron VII, 5 im Meisterlied, Spruchgedicht und Fastnachtspiel und betont, dass Sachs die Moral im Spruchgedicht verstärkt.

8

Zur Verteilung der Rezipienten auf die Stände vgl. Müller 1985, S. 44ff.

9

Vgl. Spriewald 1990, S. 187, die eine ähnliche Einordnung von Sachs’ Werk in der Übergangsperiode zwischen Hören und Lesen vornimmt: „In seinem Gesamtwerk sind zugleich die Spielarten der Übergangsperiode zwischen der Lesekultur und ihren Vorstufen noch neben- bzw. nacheinander enthalten: das Hörbarmachen von Literarisch-Schriftlichem im gesanglich umgesetzten Meisterlied; das Sichtbarmachen von gedruckter Mitteilung im illustrierten Einblattdruck, wobei der zu lesende oder vorzulesende Begleittext z.T. die Funktion der Bildinterpretation übernahm; die Übergänge zur erzählend-mitteilenden (Vor-)Leseliteratur im Sprechspruchtext mittleren Umfangs bzw. auch in Sammeldrucken, die drei oder vier inhaltlich verwandte Reimpaartexte in einem (Flugschriften) Bändchen vereinigten; die Zusammenfassung des Œuvres als Leseliteratur in der ab 1558 erscheinenden (bildlosen) Folioausgabe.“

10

Spriewald 1990, S. 126.

2.2 Mediale Vermittlungsformen

1

Vgl. Rettelbach 1994 a, S. 111, der zu den Unterschieden des Publikums festhält: „Was der Öffentlichkeit der Fastnachtgesellschaft nicht zuzumuten ist, kann im internen Kreis der Meistersinger schriftlich verbreitet und gelegentlich auch gesungen werden.“ Daraus lässt sich seine Überlegung für das Zechsingen als „tabufreie Zone“ erklären (S. 109): „Im Schwankhaften Meisterlied war also im 16. Jahrhundert noch möglich, was im 15. Jahrhundert im Fastnachtspiel üblich war. Offensichtlich hat sich vom 15. zum 16. Jahrhundert der Raum der tabufreien Zone verändert von der tabufreien Fastnachtzeit zum tabufreien sozialen Raum des Zechsingens.“

2

Müller 1985, S. 66.

3

Müller 1985, S. 68.

4

Vgl. Spriewald 1990, S. 7 und 187; Müller 1985, S. 73–84. Die doppelte Rezeption kann zwar für alle Gattungen in den Spruchbüchern gelten, das Spruchgedicht zielt jedoch am meisten auf eine individuelle Lektüre, denn die dramatischen Texte sind vorrangig zur Aufführung konzipiert.

5

Glier 1993, S. 64.

6

Müller 1985, S. 83.

7

Vgl. Glier 1993, S. 66.

8

Weshalb Glier 1990, S. 66, in den beschließenden Worten eine Moral sieht, bleibt unklar. Zutreffend hingegen ist ihre Einschätzung, dass der Dichter Mitleid mit dem Bauern zeigt.

9

Bausinger 2007, Sp. 323.

10

Vgl. Müller 1985, S. 81.

11

Epping-Jäger 1996, insb. ab S. 193.

12

Epping-Jäger 1996, S. 382.

13

Epping-Jäger 1996, S. 382.

14

Vgl. Epping-Jäger 2002, S. 188.

15

Vgl. Epping-Jäger 2002, S. 181f.

16

Epping-Jäger 1996, S. 45.

17

Mögliche Gründe finden sich in seiner finanziellen Unabhängigkeit, da Sachs nicht auf den Verdienst aus der Dichtung angewiesen war. Vgl. Müller 1985, S. 46f.

18

Kästner 1998, S. 348.

19

Vgl. Epping-Jäger 1996, S. 490–522, und Kästner 1998, S. 350ff.

20

Vgl. Epping-Jäger 1996, S. 446.

21

Epping-Jäger 1996, S. 450.

22

Vgl. Kästner 1998, S. 352f., 375f.

23

Vgl. Kugler 2004, S. 418, der von einem „poetischen Überschuß“ in den Texten spricht, „der zweifellos vom zeitgenössischen Publikum gewünscht und gewürdigt worden ist“.

Schluss

1

Füssel 1995, S. 8.

2

Einzig den Stoff die ungleichen Kinder Evas gibt es in einer Vierfachbearbeitung. Hier fällt die Comedi jedoch nach der Exposition stofflich aus der Reihe (vgl. die möglichen Vorlagen bei Winzer 1908). Sehr wahrscheinlich ist Agricolas Sprichwort, das als Vorlage für das Fastnachtspiel, Spruchgedicht und Meisterlied diente, nicht die Vorlage für die Comedi. Die Expositionen von Fastnachtspiel (G 52) und Comedi (KG I, S. 53–87) sind inhaltlich indes derart ähnlich konstruiert, dass von einer formalen Gleichheit ausgegangen werden kann. Vgl. dafür die Expositionsmonologe Evas und die anschließende Rede Adams im Fastnachtspiel (v. 1–23) und der Comedi (KG I, S. 54 v. 25 – S. 55 v. 20).

3

Röcke 2008, S. 109.

4

Unter den Doppelbezeichnungen finden sich zwei Texte ohne genaue Jahresangabe, die Sachs im Generalregister vor ein Spiel von 1538 ordnet. Nimmt man die ersten drei Fastnachtspiele hinzu, ließe sich mutmaßen, dass Sachs die Gattung Fastnachtspiel im Jahr 1517 aufgegriffen hat, um in Anlehnung an die Humanisten Dramen zu dichten, dieses Ziel jedoch nicht im Fastnachtspiel verwirklichen konnte – möglicherweise wegen der Reformation – und deshalb dazu übergegangen ist, sich den neuen Gattungen Tragedi und Comedi zuzuwenden. Für eine humanistische Beschäftigung in der Gattung Fastnachtspiel spricht der antike Versatzstücke aufweisende Inhalt der ersten drei: So werden im Spiel G 1 bekannte antike Liebespaare aufgezählt, in G 2 ist Venus und in G 3 Pluto die Hauptfigur. Die Doppelbennennungen aus den 1530er Jahren lassen sich, anders als die aus dem Jahr 1560, einer Phase zurechnen, in der Sachs für die dramatischen Gattungen noch keine klaren Kriterien und Funktionen definiert hatte.

Anhang: Auflistung aller Monologe

1

Ausgenommen sind die Monologe, die sich mit direkter Ansprache an das Publikum wenden.

1. Von der Eygenschafft ...

1

Es ist in diesem Fall nicht zu klären, ob es sich wirklich um einen Monolog handelt.

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9783772000911
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