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Читать книгу: «Winnetou 4», страница 29

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»Old Shatterhand ist nicht gekommen, um zu reden, sondern um zu kämpfen. Wenn die Gefahr naht, reißt nur die Furchtsamkeit den Mund weit auf; der Mutige aber schweigt und handelt. Von all diesen Reden ist zwischen mir und Pida kein Wort erwähnt worden. Ich gestatte nur das, worauf ich eingegangen bin!«

Da vollführte der »erste Vorsitzende des Komitees« eine große, imponierend sein sollende Armbewegung und begann:

»Es wurde vom Komitee beschlossen, daß ich zu sprechen habe, und was vom Komitee beschlossen worden ist, das werde ich – – —«

»Schweig!« donnerte ich ihn an. »Beschlossen worden ist nur zwischen Pida und mir! Euer Komitee ist für mich nicht vorhanden. Dich dulde ich nur. Ich habe erlaubt, daß du die Schüsse der Häuptlinge und genau eine Minute darauf auch die meinigen kommandierst. Mehr ist dir nicht gestattet!«

»Aber ich stehe doch nicht etwa hier, um – —«

»Wenn du nicht stehen willst, so setz dich!« unterbrach ich ihn, indem ich schnell auf ihn zuschnitt und ihn mit einem Griff und einem Druck auf die Erde niedersetzte, wo er ganz erschrocken eine Weile sitzen blieb. Dann fuhr ich in demselben lauten, energischen Ton fort:

»Ich habe mit Pida meine berühmten Brüder Schahko Matto und Wagare-Tey gewählt, sich die Bedingungen des Kampfes genau zu merken und darauf zu sehen, daß sie ehrlich eingehalten werden. Sie mögen jetzt sprechen und diese Bedingungen aufzählen!«

Sie standen von ihren Sitzen auf und taten dies. Zwar hatten meine vier Gegner ihren William Evening und ihren Antonius Papper zu dem gleichen Zweck gewählt, aber es fiel mir gar nicht ein, dazu beizutragen, daß diese überhaupt in Aktion zu treten hatten. Darum ließ ich durch Schahko Matto und Wagare-Tey auch gleich die Lose besorgen, und die vier Häuptlinge fügten sich dem allem mit innerem Behagen, weil sie überzeugt waren, daß dies doch sicher meine allerletzte Willensverschwendung in diesem Leben sei. Das Los ergab, daß meine Gegner in folgender Reihe auf mich zu schießen hatten: Tusahga Saritsch, To-kei-chun, Kiktahan Schonka und Tangua. Sie nahmen in dieser Reihenfolge in einem Halbkreis meinem Sitz gegenüber Platz. Sie waren alle mit Doppelgewehren versehen, und in ihren Minen glänzte das Bewußtsein des sicheren Sieges. Ehe ich meinen Platz einnahm, ging ich nach der Stelle, wo Avaht-Niah, der hundertundzwanzigjährige Häuptling der Schoschonen, saß. Ich beugte mich zu ihm nieder, küßte ihm die alte Hand und sprach:

»Du bist der Älteste von allen, die hier atmen. Auf deinem Haupt ruht der Segen und die Liebe des großen Geistes, der dich nicht hierher geleitet hat, um das Blut derer, die dir lieb sind, fließen zu sehen. Du bist der Weiseste und der Erfahrenste von uns allen. Du wirst der erste sein, der aus dem Kampf, zu dem ich hier gezwungen werde, ersieht, daß jeder Kampf zwischen den Menschenkindern nichts weiter als eine Torheit ist, über die man lachen könnte, wenn ihre Folgen nicht so traurig wären.«

Er zog als Gegengruß nun auch meine Hand an seine Lippen und antwortete:

»Old Shatterhand mag uns diese Torheit zeigen, damit die, welche nach uns kommen, nicht mehr tun, was ihre Ahnen taten. Der Sieg sei dein! »

Nun ging ich zu der mir angewiesenen Stelle und setzte mich. Das Herzle ließ sich neben mir nieder. Da brauste Kiktahan Schonka zornig auf:

»Was soll die Squaw unter Kriegern? Fort, fort mit ihr!«

»Fürchtest du dich vor einer Squaw?« antwortete ich. »Dann geh! Sie aber fürchtet sich nicht; sie bleibt!«

»Ist Old Shatterhand ein Weib geworden, daß er die Beleidigung nicht fühlt, die ich als Krieger fühle?« fragte er.

»Als Krieger? Pshaw! Du fragst, was meine Squaw unter Kriegern solle? Glaubst du wirklich, daß ihr Krieger seid? Alte Weiber seid ihr, weiter nichts! Darum habe ich alle eure Bedingungen angenommen, ohne sie genauer zu betrachten. Es fällt Old Shatterhand nicht ein, mit euch zu kämpfen, denn er ist ein Mann. Er brachte euch seine Squaw, von der eine einzige Handbewegung genügt, einen jeden von euch zu vernichten. Fürchtet ihr euch vor ihr, so geht!«

»Sie bleibe!« rief Kiktahan Schonka ergrimmt. »Aber meine erste Kugel gilt dir, meine zweite ihr!«

»Ja, sie bleibe, sie bleibe! Sie falle und sterbe mit ihm!« stimmten die drei anderen bei. »Der Kampf beginne!«

Wir fünf Duellanten saßen in der Mitte des abgesteckten Platzes. Unsere Beigeordneten befanden sich in nächster Nähe. Tatellah-Satah saß, wie schon erwähnt, direkt hinter mir. Den ersten großen Kreis um uns bildeten die anwesenden Häuptlinge. Auch die zwölf Apatschenhäuptlinge waren da. Hinter ihnen kamen die Unterhäuptlinge und sonstigen Personen, welche eine Art von Rang besaßen. Und weiter hinaus gab es die gewöhnlichen Leute. Unter diesen fielen besonders die schon einmal erwähnten Arbeiter auf, welche in den Steinbrüchen und am Denkmalbau beschäftigt waren. Sie hatten ihre Arbeit verlassen, um das Schauspiel des Kampfes zu genießen, und betrugen sich als echte Rowdies, obgleich sie in Gegenwart so vieler Häuptlinge es nicht wagten, besonders laut zu werden. Bei den Häuptlingen saßen neben Kolma Putschi und den beiden Aschtas noch zwei andere Frauen, deren Gegenwart mir wichtig war, nämlich Pidas Frau und ihre Schwester, die jetzt weibliche Kleidung trug. Beide hatten es also durchgesetzt, mit nach dem Mount Winnetou genommen zu werden. Daß sie sich mit hier befanden, war für mich der sicherste Beweis, daß die viertausend Reiter sich unten in dem »Tal der Höhle« eingestellt hatten.

Daß die Augen aller dieser Menschen mit größter Spannung auf uns gerichtet waren, versteht sich ganz von selbst. Der Herr »Vorsitzende des Komitees«, den ich niedergesetzt hatte, besann sich jetzt seines Amtes. Er stand auf und stellte sich bereit, die Schüsse zu kommandieren. Schahko Matto und Wagare-Tey zogen ihre Revolver, spannten sie und versicherten drohend, daß sie jeden meiner vier Gegner, der etwas Nichterlaubtes tue, augenblicklich niederschießen würden. Sie waren fest entschlossen, diese Drohung auszuführen. Und nun ergriff auch Tatellah-Satah das Wort. Er sprach:

»Jeder Teil des vierfachen Kampfes kann erst dann beginnen, wenn ich die Hand erhebe, eher nicht. Wer die Schüsse kommandiert, darf dies nicht eher tun, als bis er mein Zeichen gesehen hat. Der erste ist Tusahga Saritsch, der Häuptling der Kapote-Utahs. Ist er bereit?«

Der Gefragte spannte sein Gewehr und antwortete:

»Ich bin bereit. Nun mag Old Shatterhand beweisen, daß eine einzige Handbewegung seiner Squaw genügt, einen jeden von uns zu vernichten. Sie tue das!«

Ich nickte dem Herzle zu. Schnell nahm sie die Medizin dieses meines ersten Gegners aus dem Reisepompadour und hing sie mir um den Hals. Mein Herz wurde von ihr bedeckt. Hierauf meldete ich dem »Bewahrer der großen Medizin«:

»Auch ich bin bereit. Der Kampf kann beginnen. Tusahga Saritsch mag schießen! Eine Minute später dann ich!«

Alles war still. Jedermann schaute auf den Beutel, den meine Frau mir umgehängt hatte. Niemand wußte sogleich, warum dies geschehen war. Da befahl Tatellah-Satah:

»Die Zeit ist da. Es beginne!«

Sofort erscholl das Kommandowort des Komiteevorsitzenden. Aber Tusahga Saritsch schoß nicht. Er hatte das Gewehr zur Hand, aber er hielt es gesenkt. Seine weit aufgerissenen Augen waren mit dem Ausdruck des Schreckens und der wachsenden Angst auf meine Brust gerichtet.

»Meine Medizin! Meine Medizin!« stammelte er.

»Schieß!« rief ich ihm zu.

»Auf meine eigene Medizin schießen?« jammerte er. »Wo hast sie her? Wer gab sie dir?«

»Frag nicht, schieß!« forderte ich ihn zum zweiten Mal auf.

Da ging es wie ein lauter, erlösender Atemzug über die Menge hin, in deren Mitte wir saßen. Man konnte zwar noch nicht begreifen, aber man sah nun doch, daß ich keineswegs so schutzlos war, wie man angenommen hatte. Die Gesichter meiner Freunde erhellten sich zusehends. Und die Stimme Tatellah-Satahs klang hell und froh, als er, die Hand zum zweiten Mal erhebend, sagte:

»Warum schießt Tusahga Saritsch nicht? Und warum wird das Kommando für Old Shatterhand nicht gegeben? Er hat nur eine einzige Minute zu warten, länger nicht! Beginnen wir noch einmal! Old Shatterhand ergreife sein Gewehr!«

Das tat ich. Das Kommando für meinen Gegner erscholl zum zweiten Mal. Er schrie auf:

»Ich kann nicht schießen! Ich darf nicht schießen! Wer seine eigene Medizin erschießt, erschießt sein ewiges Leben!«

»Die Minute ist vorüber!« rief Tatellsah-Satah.

Da ertönte das Kommando für mich. »Tusahga Saritsch, fahre in die ewigen Jagdgründe! » sagte ich und richtete den Lauf meines Stutzens auf seine Brust.

»Uff, uff!« brüllte er, so laut er brüllen konnte, sprang auf und rannte davon.

»Gott sei Dank!« raunte mir das Herzle zu. »Nun wird mir erst wieder wohl! Ich glaubte an dich und hatte trotzdem Angst!«

Es war lächerlich, den alten Häuptling mit der Schnelligkeit eines jungen Burschen davonspringen zu sehen; aber niemand lachte. Nach den alten, früher geltenden Gesetzen der Prärie war er nun ehrlos. Er hätte sich von mir erschießen lassen müssen.

Mein nächster Gegner war To-kei-chun. Der machte ein ganz eigenartiges, gar nicht zu beschreibendes Gesicht. Er wußte, daß und wo die vier Medizinen zusammengelegen hatten. Hatte ich die eine, so hatte ich höchstwahrscheinlich auch die andern, also auch die seine. Ich ließ ihn auch gar nicht lange in Ungewißheit. Ich ließ mir vom Herzle seine Medizin über die vorige hängen und meldete dann:

»To-kei-chun, der Häuptling der Racurrah-Komantschen, ist am Schuß. Ich bin bereit!«

Ich sah, daß ihm vor Entsetzen der Atem ausging, Er schnappte nach Luft. Seine Augen wurden klein und naß.

»Ist To-kei-chun fertig?« fragte Tatellah-Satah.

»Nein! Ich bin nicht fertig!« schrie der Gefragte, sprang auf und eilte ebenso schnell davon wie Tusahga Saritsch vorher.

Jetzt begann man schon zu lächeln.

»Nun kommt Kiktahan Schonka, Häuptling der Sioux«, sagte ich.

Der aber fuhr mich in seinem grimmigsten Ton an:

»Old Shatterhand ist ein räudiger Hund, ein Schuft, ein Schurke. Er stiehlt Medizinen! Hat er auch die meine?«

»Ja«, antwortete ich und ließ sie mir von meiner Frau auf die beiden anderen hängen, doch nur den Gürtel.

Er sah das, grinste mich höhnisch an und fragte:

»Glaubt Old Shatterhand etwa, daß auch ich ausreiße? Meine Kugel wird ihn sicher treffen, denn halbe Medizinen wirken nicht. Die Hälfte fehlt.«

»Die Medizinen, die ich habe, sind nicht halb, sondern ganz«, behauptete ich.

»Nein!« widersprach er. »Sie fehlt!«

»Sie fehlt nicht! Sie ist hier! Kiktahan Schonka mag sich überzeugen! »

Ich ließ mir die Hundepfötchen geben, hielt sie so, daß er sie deutlich sehen konnte, und hing sie dann dahin, wohin sie gehörten.

Er war zunächst starr vor Schreck. Dann zischte er mich in unbeschreiblich gehässiger Weise an:

»Sind räudige Hunde allmächtig? Wer gab dir das, was ich verloren habe?«

»Niemand gab es mir. Ich habe es gefunden.«

»Wo?«

Auf der Teufelskanzel, auf welcher die Häuptlinge der Sioux und der Utahs sich über ihren Zug nach dem Mount Winnetou besprachen. Sie warteten dort auf Old Shatterhand, um ihn zu fangen. Während sie miteinander sprachen, erscholl die Stimme des großen Geistes. Sie erschraken und ergriffen die Flucht. Auf dieser Flucht verlorst du deine Skalpperücke und deine halbe Medizin. Die Perücke wurde dir nachgetragen. Die halbe Medizin aber steckte ich zu mir, um sie nun jetzt zur anderen Hälfte zu fügen.«

»So hast du uns belauscht? Dort auf der Teufelskanzel?«

»Ja.«

»Uff, uff!«

Er sah aus, als ob er sterben wolle. Er sank in sich zusammen, zwar so sehr, daß sein Gesicht auf die Kniee zu liegen kam.

»Ich bin bereit zum Kampf«, meldete ich dem »Bewahrer großen Medizin«.

Dieser fragte:

»Ist Kiktahan Schonka auch bereit?«

Da hob der Genannte den Kopf empor, schaute nach seinen Leute aus und gab ihnen einen Wink. Zwei von ihnen kamen herbei.

»Hebt mich auf und führt mich fort!« befahl er ihnen.

Sie taten es, halfen ihm auf sein Pferd und schritt nebenher, um ihn zu stützen.

Nun war nur noch Tangua, der Vater Pidas, übrig, der allergrimmigste und unversöhnlichste meiner Feinde. Er saß gelähmt an der Erde und hielt die Augen geschlossen, das Doppelgewehr in der Hand.Kein Zug seines Gesichtes verriet, was er dachte. Da sagte ich:

»Tangua, der älteste Häuptling der Kiowa, ließ mir schreiben: ,Hast Du Mut, so komm herüber nach dem Mount Winnetou! Meine einzige Kugel, die ich noch habe, sehnt sich nach Dir!‘ Ich bin gekommen. Hier sitze ich. Wo ist deine Kugel?«

Während ich das sagte, ließ ich mir vom Herzle seine Medizin umhängen. Er öffnete die Augen, schaute sie an und sprach:

»Ich dachte es! Auch die meinige ist da! Ich schieße nicht auf sie! Laß kommandieren! Ich verzichte auf meinen Schuß. Dich aber bitte ich: Gib mir nach deiner Minute eine Kugel in das Herz! Und bin ich tot, so leg mir meine Medizin in das Grab! Willst du das tun?«

»Nein!« antwortete ich.

»So habe ich mich in dir geirrt. Ich hasse dich, wie ich nie einen andern Menschen haßte. Ich will deinen Tod. Ich würde alles tun, alles, alles, ihn herbeizuführen. Aber ich habe dich für einen ehrlichen Feind gehalten!«

»Du irrst. Ich bin ehrlich, aber nicht dein Feind. Ich werde nicht auf dich schießen. Ich will nicht deinen Tod. Ich habe also nichts in dein Grab zu legen, auch nicht deine Medizin.«

»Was hat du mit ihr vor? Was soll mit ihr geschehen? Willst du sie vernichten?«

»Nein. Eure Medizinen gehören mir nicht. Ich behalte sie nicht. Aber wem ich sie gebe, das kann ich jetzt noch nicht sagen. Das werdet ihr selbst entscheiden.«

»Wir selbst? Wir vier?«

»Ja. Ich werde euch prüfen. Seid ihr es wert, so bekommt ihr eure Medizinen wieder. Seid ihr es nicht wert, so übergebe ich sie Tatellah-Satah. Er ist der Bewahrer der Medizinen und wird sie seinen Sammlungen einverleiben, damit die Kinder eurer Kindeskinder erfahren, was ihre Urväter für töricht böse Menschen waren. Also: Ich schenke dir dein Leben; aber ich schenke dir nicht deine Medizin. Verdiene sie dir! Ich habe gesprochen. Howgh!«

Ich stand auf. Das Herzle ebenso. Da erhob sich auch Tatellah-Satah und verkündete laut:

»Der Kampf ist zu Ende! Old Shatterhand hat gesiegt! Ein Sieg ohne Blut! Und darum ein zehnfacher Sieg!«

Wir gingen zu unsern Pferden und stiegen auf. Doch ehe wir den Platz verließen, ritt ich noch mal zu Tangua hin und sprach zu ihm:

»Ich bin der Freund von Tangua, dem Häuptling der Kiowa, ganz gleich, ob er mich haßt oder mich liebt. Aber um seinetwillen wünsche ich, daß er mir freundlicher gesinnt werde, als er es bis heute gewesen ist. Hat er mir hierüber nichts zu sagen?«

»Ich hasse dich und werde dich hassen, ohne aufzuhören!« antwortete er. »Ich werde dich verfolgen bis zu deinem Ende!«

»Oder bis zu dem deinigen!«

»Ganz gleich!«

»So bitte ich dich, auch wieder nur um deinetwillen, wenigstens nicht mit dem Komitee zum Denkmal verbunden zu bleiben und nichts gegen die, welche es bekämpfen, zu unternehmen!«

»Das verspreche ich nicht, sondern grad das Gegenteil!«

»Ich sage dir, das führt zu deinem Verderben und zum Untergang deines Stammes!«

Da richtete er sich so hoch auf, wie er konnte, nahm sein Gewehr zur Hand und rief in drohendem Ton:

»Schweig! Und entferne dich! Wenn du das nicht sofort tust, jage ich dir beide Kugeln durch den Kopf!«

»Wage es, das Gewehr nur anzuschlagen, so bist du eine Leiche!« antwortete ich, auf Pappermann deutend, der schnell zu ihm getreten war und ihm den Lauf seines Revolvers vor die Nase hielt. »Erst habt ihr euch untereinander verbunden, um gegen das Denkmal zu sein, und nun gesellt ihr euch zu dem Komitee, um gegen dessen Gegner zu sein. Ist das eines Häuptlings würdig? Handelt so ein ehrlicher Mensch? Du willst mein Verderben; ich aber warne dich trotzdem in herzlicher Aufrichtigkeit: Hüte dich vor dem ,Tal der Höhle‘ und vor allen Dingen vor der Höhle selbst!«

Da duckte er sich zusammen wie eine Katze, fauchte mich mit flackernden Augen an und fragte:

»Was ist mit der Höhle? Und was ist mit ihrem Tale?«

»Frage dich selbst. Du bist mir einst entgegengetreten und hast es büßen müssen, durch eigene Schuld! Dein Leben ist das eines Krüppels gewesen, nicht das eines Häuptlings, durch eigene Schuld! Nun trittst du mir am Schluß dieses deines elenden Lebens wieder entgegen, um Schuld zur Schuld zu häufen. Bedenke die Folgen! Du bist nicht Herr für dich! Die Folgen, welche deine Person treffen, magst du verantworten können; aber die Folgen, welche deinen Sohn, deine Familie und deinen Stamm treffen, wird Manitou dir vorhalten, wenn du in jenem anderen Leben erscheinst, welches ihr die ewigen Jagdgründe nennt. Man wird dich dort nach deiner Medizin fragen. Was kannst du antworten? So! Nun bin ich fertig. Howgh!«

Nun ritt ich fort, in derselben Begleitung, in der ich gekommen war. Die Freunde riefen mir von allen Seiten jubelnd zu. Die Feinde verhielten sich still. Nur als wir an der Menge der Arbeiter vorüberkamen, hörte ich Worte erklingen, welche sehr geeignet waren, meine Aufmerksamkeit zu erregen.

»Old Shatterhand! Schuft! Eindringling! Hund! Coyote! Feind! Rache! Erwürgen! Totschlagen!« das waren so einige der Drohungen, die ich da zu hören bekam.

Das verwundene mich. Das hatte ich nicht für möglich gehalten. Ich ersah keinen Grund zu solchem Haß. Als ich mich hierüber zu Tatellah-Satah und dem »jungen Adler« äußerte, erklärte unser alter Pappermann:

»Ja, die Arbeiter hassen Euch, Mr. Shatterhand. Sie sind ergrimmt über Euch, vom ersten bis zum letzten. Und sie machen gar kein Hehl daraus. Sie wissen, daß besonders Ihr gegen den Bau des Denkmales seid. Sie behaupten, daß Ihr sie um ihre lohnende Arbeit, um ihre Existenz bringen wollt. Sie halten seit einigen Tagen heimliche Versammlungen ab, in denen beraten wird, in welcher Weise man sich von Old Shatterhand und Tatellah-Satah befreien kann. Und bei diesen Versammlungen sind die Herren vom Komitee zugegen!«

»Ah! So! Das ist wichtig, hochwichtig! » gestand ich ein. »Woher wißt Ihr das?«

»Von Sebulon Enters!«

»Nicht von Hariman?«

»Nein, von Sebulon. Ich weiß, Ihr traut diesem noch viel weniger als seinem Bruder. Aber seit er erfahren hat, daß er nur betrogen werden soll, ist er Euch sicherer als jeder andere. Die Brüder kommen des Abends heimlich zu mir. Ich berate mit ihnen – –«

»Ohne mich zu fragen?« fiel ich ein.

»Habt keine Sorge!« antwortete er. »Es gilt jetzt nur, Fühlung mit ihnen zu behalten. Sobald ich etwas Positives oder überhaupt Wichtiges höre, stelle ich mich ganz von selbst bei Euch ein. Am meisten wird über Euch in der Kantine gesprochen.«

»In welcher Kantine?«

»Ein Blockhaus bei den Steinbrüchen, in dem sich die Arbeiter verpflegen.«

»Kennt Ihr es, Mr. Pappermann?«

»Ja.«

»Ich noch nicht. Ich muß es sehen, und zwar sofort, noch ehe es Nacht wird. Reiten wir miteinander hin!«

»Im Häuptlingskostüm?« fragte das Herzle.

»Ja. Ich kann nicht erst mit nach dem Schloß, um mich umzukleiden. Den Federschmuck lege ich ab. Du nimmst ihn mit heim. Auch den Henrystutzen.«

»Ich denke, ich reite mit?«

»Diesesmal nicht, liebes Kind. Es handelt sich um eine kurze, sehr schnelle Rekognoszierung, die dich zu sehr anstrengen würde.«

»Ist Gefahr dabei?«

»Keine Spur!«

»So sei es dir erlaubt!«

Sie sagte das so ernst, daß ich diese »Erlaubnis« fast selbst auch ernst genommen hätte. Ich gab ihr den Federschmuck, dem »jungen Adler« das Gewehr, verabschiedete mich von Tatellah-Satah und bog dann mit dem alten Pappermann von unserem Weg ab, um an dem Schleierfall vorüber auf einem wenig betretenen Umweg nach den Steinbrüchen zu reiten.

Die Sonne war längst hinter dem Mount Winnetou verschwunden, doch hatte es noch nicht begonnen, zu dunkeln. Wir ritten Galopp, kamen durch ein Seitentälchen aus dem Innental heraus und ritten dann am äußeren, nördlichen Fuß des Mount Winnetou Steinbruchs- und verschiedenen anderen Anlagen dahin, mit denen der herrlichen Natur hier so rücksichtslos Gewalt angetan worden war. Die Brüche sahen wie unheilbare Wunden aus, die man dem Brerg geschlagen hatte. Und die häßlichen Gerüste, Mauern, Drahtseile und Balken, mit denen man den jugendlichen Wasserfall eingefangen und gefesselt hatte, um seine Kraft in Elektrizität zu verwandeln, konnten nichts als nur das Gefühl des Bedauerns erwecken. Dort standen schmutzige Pferdeschuppen mit Reihen von schweren Lastwagen. Eine tannenmörderische Sägemühle kreischte. Zerfetzte Zelte krochen an der Erde hin. Niedrige Baracken lagen ordnungslos umher gestreut. Pappermann zeigte mir ein großes, langgestrecktes Blockhaus.

»Das ist die Kantine«, sagte er. »Der Wirt ist ein Riese. Er wird ,der Nigger‘ genannt.«

»Das ist für einen Indianer ein Schimpfwort, eine Beleidigung!« bemerkte ich.

»Er ist es gewohnt. Er nimmt es nicht übel, ist aber sonst ein sehr roher, gewalttätiger Mensch. Er ist kein reiner Indianer. Man sagt, daß seine Mutter eine Negerin gewesen sei. Die Brüder Enters verkehren bei ihm.«

»O weh! Warum?«

»Um ihn auszuhorchen. Er ist der eigentliche Führer der hiesigen Arbeiterschaft. Man sagt, daß sogar gewisse Häuptlinge ihm ihr Vertrauen schenken. Gewiß aber ist, daß er ein Liebling der Herren ,vom Komitee‘ ist. Man sagt, daß Mr. William Evening und Mr. Antonius Paper ganze Nächte lang im Trunk und Spiel bei ihm sitzen. Wollt Ihr ihn vielleicht einmal sehen?«

»Wenn es möglich wäre, ja.«

»Es ist möglich. Nur noch einige Minuten, dann ist es dunkel, und ich führe Euch an die besondere Stube, zu der nur seine Vertrauten Zutritt haben. Lassen wir uns nicht sehen! Reiten wir diese kurze Zeit spazieren!«

Wir waren bisher einem Gebüsch gefolgt, welches uns sehr gut verbarg. Wir konnten sehen, ohne selbst gesehen zu werden. Nun ritten wir unter derselben Deckung weiter, doch nicht, um noch ferneres zu entdecken, sondern nur, um die Zeit bis zur Dunkelheit vergehen zu lassen. Das dauerte nicht mehr lange. Die Dämmerung kam schnell. Sie ging ebenso schnell vorüber. Dann war es dunkel, vollständig dunkel, denn wir standen im neuen Mond, und die Sterne besaßen jetzt, so kurz nach Tag, noch keine leuchtende Kraft. Wir lenkten nach der Gegend um, in welcher die Baracke lag. Bei den letzten Büschen hielten wir an, stiegen ab, hobbelten unsere Pferde fest und geboten ihnen, sich zu legen. Sie taten es. Dann gingen wir vorsichtig dem Blockhaus zu, um unbemerkt an seine hintere Seite zu gelangen. Das war nicht schwer.

Dort angekommen, bemerkten wir Kisten und Fässer, welche längs der Hinterwand standen. Das gab uns gute Gelegenheit, uns, wenn es sein mußte, zu verstecken. Aber es wurde glücklicherweise nicht nötig. Im Innern der Baracke brannte Licht. Das ließ erkennen, daß sie aus mehreren Räumen bestand, einem sehr großen und mehreren kleinen. Nach einem der letzteren wurde ich von Pappermann geführt. Es gab da nur eine einzige Fensterluke, die nicht zu war, sondern offen stand. Unter ihr gab es eine schwere, starke Kiste, auf die man getrost steigen konnte, ohne befürchten zu müssen, daß sie ein verräterisches Geräusch von sich gebe oder gar zusammenbreche. Im Innern erklangen Stimmen.

»Das ist die Stube des Niggers«, sagte Pappermann leise. »Ich kenne sie. Die Enters haben sie mir genau beschrieben. Hört Ihr, daß man drin spricht?«

»Ja. Ich steige auf die Kiste und schaue nach.«

»Gut. Ich halte Wacht!«

Als ich mich hinaufgeschwungen hatte, konnte ich ganz bequem in die Stube sehen. Da standen zwei rohe Brettertische mit ebenso rohen Sitzen. Die Sprechenden waren fünf Männer, von denen ich vier sofort erkannte, nämlich die beiden Enters, Tusahga Saritsch und To-kei-chun. Man denke sich mein Erstaunen darüber, daß auch diese beiden letzteren sich hier befanden; der fünfte war jedenfalls der Wirt. Ein Riese von Person, mit indianischen Gesichtszügen, aber aufgestülpter Negernase und echter Mohrenhaut. Einen treffenderen Typ der Brutalität als ihn konnte man sich wohl kaum denken! Das Gespräch war ein sehr lebendiges, erregtes. Grad als ich den ersten Blick vom Fenster hinunter in die Stube warf, sagte der Nigger:

»Ich glaube, sie wissen es da oben selbst jetzt noch nicht, daß die beiden Medizinmänner entflohen sind. Verdammt sei dieser Old Shatterhand, daß er die Karte der Höhle erwischte! Glücklicherweise aber brauchen wir sie nicht. Die Medizinmänner wissen genug, um den Weg zu finden. Dieser Shatterhand ist trotz alledem ein Dummkopf. Als er nach dem Kampfplatz kam und sich mit den gestohlenen Medizinen brüstete, ahnte er nicht, daß seine Gefangenen sich schon wieder in Freiheit befanden und daß der Plan für morgen schon fertig war. Sein angeblicher Sieg heute nützt ihm nichts. Er hat einen Tag Zeit gewonnen, weiter nichts! Morgen abend ist er mit seinem Weib tot! Ihr haltet doch Wort?«

Diese Frage war an die Brüder Enters gerichtet.

»Was wir versprochen haben, geschieht!« antwortete Hariman.

Und Sebulon fügte hinzu:

»Eine größere Rechnung, als wir mit diesem Mann und seiner Frau haben, kann es gar nicht geben. Es fällt uns gar nicht ein, sie ihnen zu schenken!«

»Würde euch auch keinen Segen bringen!« drohte der Nigger. »Denn ich sage euch: Zwei sterben morgen ganz unbedingt, entweder dieses deutsche Ehepaar oder die Brüder Enters! Darauf könnt ihr euch verlassen! Ich traue euch nämlich noch nicht ganz! Es handelt sich um unsere Arbeit, um unsere Existenz, um die vielen Tausende, die wir hier verdienen wollen und können. Darum habe ich den Häuptlingen meine ganze Arbeiterschaft für morgen zur Verfügung gestellt, und darum drücke ich darauf, daß alles ganz genau so geschieht, wie wir besprochen haben. Wer sein Wort nicht hält, wird abgeschossen oder abgestochen! Dabei verbleibt es!«

Da stand To-kei-chun, der Häuptling der Racurreh-Komantschen, auf und sprach:

»Ja, dabei bleibt es! Wir sind alle zum Fest geladen. Wir kommen. Wir kennen die Plätze, die uns angewiesen werden. Unsere viertausend Krieger werden von den Medizinmännern durch die Höhle geführt. Sie werden nicht reiten, sondern gehen. Sie werden ihre Pferde im Tal zurücklassen, weil wir nicht wissen, ob der letzte Teil des unterirdischen Weges auch wirklich geritten werden kann.«

,.Inzwischen stelle ich hier oben meine Arbeiter auf«, fiel der Nigger ein, und die beiden Enters haben sich an Old Shatterhand und seine Frau gemacht. Sobald eure Krieger den Schleierfall hier oben erreicht haben, zeigen sie uns durch einen Schuß, daß sie da sind. Sobald dieser Schuß fällt, wird Old Shatterhand mit seiner Frau von den Enters abgestochen, und ich werfe mich mit meinen Arbeitern auf die ganze andere Bande, um euren Kriegern freien Weg und freie Arbeit zu machen.«

Jetzt stand auch Tusahga Saritsch auf und sagte:

»So ist es richtig! So hat es zu geschehen! Soll etwas hieran geändert werden. so sagen wir es dir oder senden einen Boten. Wir gehen.«

Sie entfernten sich, und der Wirt geleitete sie hinaus. Die beiden Enters waren allein. Sie sahen einander bedenklich an.

»Das kann schlimm werden«, sagte Sebulon.

»Wieso?« fragte Hariman. »Wir haben erfahren, was wir erfahren wollten. Morgen früh gehen wir beide zu Old Shatterhand, um es ihm zu erzählen und ihn zu warnen. Was kann da Schlimmes daraus werden?«

»O, um mich und dich ist es mir nicht; wir kommen durch. Aber dieses Blutvergießen dann hier oben! Denn einen solchen Angriff ohne Kampf abschlagen, das bringt selbst ein Shatterhand nicht fertig. Ich denke überhaupt weniger an ihn als vielmehr an seine Frau. Wenn alle sterben sollen, aber nur diese nicht!«

Ich wußte genug und sprang von der Kiste herab.

»Habt Ihr etwas Wichtiges gehört?« fragte Pappermann.

»Etwas unendlich Wichtiges!« antwortete ich. »Man müßte hier wohl an Wunder glauben. Es ist, als ob wir grad in diesem Augenblick hierhergeführt worden seien, um den Schluß dieses Gespräches hören zu müssen. Ich werde es Euch unterwegs erzählen. Eins aber muß ich Euch sofort sagen, nämlich, daß die beiden Medizinmänner, die wir am Eingang der Höhle gefangengenommen haben, entflohen sind.«

»Unmöglich!

»Ja, doch!«

»Wann?«

»Heut‘ früh wahrscheinlich! Ohne daß wir es wissen. Sie haben sofort ihre Häuptlinge aufgesucht und mit ihnen den Plan besprochen, den ich soeben erfahren habe. Kommt schnell! Wir müssen nach Hause!«

Wir schlichen nach unsern Pferden, hobbelten sie los, stiegen auf und ritten fort. Unterwegs erzählte ich dem alten, treuen Kameraden, was ich erfahren hatte. Er wußte, daß ein sehr zuverlässiger Indianer ganz ausschließlich mit der Bewachung der beiden Medizinmänner betraut worden war. Dieser wohnte im Parterre von Tatellah-Satahs großem Vorderhaus, und da lag auch der Raum, in dem die Gefangenen untergebracht worden waren. Wir gaben unsere Pferde ab und gingen zunächst nach seiner Wohnung. Er war nicht da. Er war ein alleinstehender Mann, wohnte allein, und niemand konnte Auskunft über ihn geben. Dann suchten wir das Gefängnis auf. Das lag weit ab, wo niemand wohnte und selten jemand hinkam. Es war eine Art von Keller. Wir fanden die Tür von außen verriegelt. Kaum schickten wir uns an, zu öffnen, so wurde von innen geklopft, und es erklang eine Stimme, die uns bat, ja möglichst schnell zu machen. Als wir die Riegel zurückgeschoben hatten – wer kam heraus? Der Gefängniswächter! Als er heut‘ früh den beiden Gefangenen das Essen und Wasser gebracht hatte, waren sie plötzlich über ihn hergefallen. Sie hatten ihm mehrere Schläge versetzt, die ihm die Besinnung raubten. Als er zu sich kam, fand er sich im finstern Keller eingeriegelt; sie aber waren weg. Er hatte dann fast ohne Unterlaß gerufen und Lärm gemacht, jedoch vergeblich. Es war niemand gekommen, der ihn hörte. Er befürchtete eine strenge Strafe und bat, mich bei Tatellah-Satah für ihn zu verwenden. Ich versprach es ihm und ließ ihn laufen.

Dann begab ich mich nach meiner Wohnung. Das Herzle war nicht da. Sie hatte einen Zettel zurückgelassen, durch den sie mir mitteilte, daß sie, weil ich mich nicht rechtzeitig eingestellt hatte, zu Tatellah-Satah gegangen sei und die Manuskripte mitgenommen habe. Wakon werde vorlesen; ich aber solle nachkommen. Das tat ich denn.

In der Wohnung des »Bewahrers« angekommen, ging ich bis in sein Schlafzimmer. In dem daneben liegenden Passiflorenraum war es Augenblick still. Darum öffnete ich die Tür nur leise. Grad als ich das tat, erklang die Stimme Old Surehands:

Возрастное ограничение:
12+
Дата выхода на Литрес:
30 августа 2016
Объем:
610 стр. 1 иллюстрация
Правообладатель:
Public Domain

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