Читать книгу: «Der Omega und das Tier», страница 3

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»Verräter«, hauchte Jaxson. »Unreines Stück.«

Angewidert erhob er sich. Er trug seine offizielle Kleidung, den MacGregor-Tartan, und hielt sein Schwert in der Hand. Cian versuchte, sich hochzustemmen, aber er war zu schwach. Zu nackt und erbärmlich. Und er stank.

Das Metall der Klinge wirkte schwarz, als Jaxson die Schwerthand hob. »Verräter«, zischte er. »Ich wollte dich zu meinem Partner machen. Ich wollte, dass du an meiner Seite bist. Mein Omega.« Seine Züge verzerrten sich, wurden scharfkantig wie Messer. »Ich muss dich bestrafen, Cian.«

»Ja«, schluchzte Cian. »Es tut mir leid. Es tut mir so leid, Jaxson. Ich bin deiner unwürdig. Ich bin eine Scheußlichkeit, ein Stück Dreck, ein«, er schluckte, »ekelhaftes Vieh. Ich verdiene dich nicht.«

Jaxson nickte. Dann hob er das Schwert. Schatten krochen über die Klinge. Der Wald zog sich um sie herum zusammen und Cian schrie.

»Nein!«

Das Schwert bohrte sich in seinen Bauch. Blut floss über die harten Muskeln, über die hässlichen Brandnarben, über seinen gigantischen Prügel. Schreiend sah er auf seine Hände, aber es waren nicht länger seine. Es waren die Pranken eines Tiers.

***

»Nein!« Cian fuhr hoch. Und stöhnte. Sein Körper war steifgefroren und fühlte sich an, als würde er bei jeder Bewegung splittern. Leises Wimmern kroch durch die Dämmerung. Sein Wimmern. Sein Körper, in dem er immer noch steckte, fror. Cian sah sich um.

Der Waldweg war leer. Nebel verdeckte alles, das mehr als ein paar Schritt weit entfernt war. Dornen und krallenartige Zweige stachen aus dem Grau. Kälte kroch über Cians Haut. Es war Morgen.

Er unterdrückte ein Schluchzen. Niemand war gekommen, um ihm zu helfen. Niemand hatte ihn gefunden. Er fror so sehr, dass er glaubte, nie wieder warm zu werden. Seine Zunge klebte am Gaumen, ihm war schwindlig vor Durst und die verkrustete Wunde in seinem Nacken brannte. Tau und Regen durchnässten seine Kleidung. Samen rann seinen Oberschenkel hinab und erinnerte ihn an den grauenvollen Alptraum der letzten Nacht. Sein ganzer Körper schmerzte und seine Blase drückte. Er hatte Hunger. Er stank.

»So ein Mist«, murmelte er und hustete. Hoffentlich hatte er sich in diesem höllischen Wald keine Lungenentzündung geholt. Die konnten nicht einmal die Mönche mit all ihrem Wissen über Kräuter kurieren. Er sah sich um, lauschte. Aber keine Schritte waren zu hören. Bei seinem Glück hätten die auch nur zu weiteren Sutherlands gehört.

Die Sutherlands. Immer wieder kehrten sie in sein Gehirn zurück, während er den Kilt hob und sich wie ein Tier am Wegesrand erleichterte. Warum hatten sie ihn mitgenommen? Was hatten sie mit ihm gewollt? Hatte Jaxson wirklich nach ihm geschickt? Wussten die Sutherlands, dass er Jaxson versprochen war? Hatten sie versucht, die Verbindung zu verhindern? Die Allianz zwischen den MacKays und den MacGregors war alt und stark. Cians und Jaxsons Verbindung war nur ein weiterer Stein, der die Burgmauer verstärkte. Allerdings ein großer. Sein Erzeuger war sehr glücklich gewesen, als Jaxson um Cians Hand gebeten hatte.

Das habe ich gehofft, hatte er gesagt.

Hatte er Cian zu den MacGregors mitgenommen, damit der sich in Jaxson verlieben würde? Oder Jaxson in ihn? Natürlich hatten sein Vater und sein Erzeuger ihm vorher erklärt, dass Jaxson MacGregor eine gute Partie war. Aber die Wahl war Cians gewesen. Und dann wieder nicht. Sein Herz hatte schon kapituliert, als Jaxson ihm das erste Lächeln geschenkt hatte.

Gut gemacht, Sohn, hatte sein Erzeuger Cian zugeflüstert, als sie abends beim Bankett zusammengesessen hatten. Ich wusste, dass du diese Beute erlegen würdest.

Sein Vater, sanfter Omega, der er war, hätte das ganz anders ausgedrückt als sein Erzeuger. Aber Cian hatte stolz gelächelt. Lob von seinem Erzeuger war so selten wie ein regenloser Tag im November.

Ich weiß gar nicht, wie ich das den anderen beibringen soll, hatte Fraser gesagt. Der Alpha war Teil der Gesellschaft gewesen, mit der sie die MacGregors besucht hatten. Cian, dir ist klar, wie viele Herzen du mit deiner Verbindung brichst, oder? Jeder Alpha auf Burg MacKay ist in dich verliebt, mein Schöner. Ich auch. Fraser hatte die Hand aufs Herz gelegt und so getan, als wäre er den Tränen nah.

Cians Wangen waren heiß geworden. Hör auf, mir zu schmeicheln, hatte er gesagt. Ich bin ein vergebener Mann.

Fraser hatte gelacht.

Cians Herz trauerte, wenn er an diese Zeit zurückdachte. Hatte Fraser überlebt? Was war mit seinen Omega-Brüdern? Und was zum Halbmond hatten diese Sutherlands mit ihm gewollt?

Kälte kroch in seinen Magen. War es eine Racheaktion gewesen? Hatten die Sutherlands in ihrer Wut über die Niederlage beschlossen, den ältesten Omega der MacKays zu schänden? Oder den zukünftigen ersten Omega der MacGregors? Jaxson würde ihn nicht mehr wollen, wenn er nicht mehr unschuldig war. Die MacGregors waren sehr strikt, so viel wusste Cian. Aber nicht viel mehr. Er brauchte Informationen.

Zehn Tage, dachte er. In zehn Tagen wäre ich bei Jaxson, das haben die beiden gesagt. Er könnte mir erklären, was hier vor sich geht. Er würde mich beschützen. Er liebt mich. Sicher hat er auf mich gewartet, während all dieser furchtbaren Kämpfe. Sicher hat er sich ebenso nach mir verzehrt wie ich mich nach ihm.

Aber zehn Tage auf diesem Weg? Weiter durch den Wald stolpern, über die Highlands, durch noch mehr eisige Nächte? Das würde er nicht überleben. Er würde verdursten. Und so ungern er es sich eingestand, er wäre leichte Beute für jeden, der vorbeikam. Was, wenn er endlich jemand traf und der ihm gar nicht half? Wenn er stattdessen zu Ende brachte, was die beiden Sutherlands angefangen hatten? Jaxson würde ihn nicht mehr wollen.

Cian zitterte, noch mehr als vorher. Nein, er war nicht stark genug. Resigniert strich er seinen Kilt glatt, straffte die Schultern und setzte sich in Bewegung. Nur noch wenige Stunden bis zum Kloster. Nicht mehr allzu lange bis zur Brücke. Endlich würde er etwas trinken. Sein Mund verzehrte sich danach, befeuchtet zu werden. Ja, die Tränen drängten wieder hinaus, wenn er daran dachte, wie lange es noch dauern würde. Aber er weigerte sich, jetzt zu heulen. Er war der älteste Omega der MacKays. Außerdem konnte er es sich nicht leisten, noch mehr auszutrocknen.

Der Weg zur Brücke war länger als er ihn in Erinnerung hatte. Müde schleppte er sich vorwärts. Über Blätter und Steine, durch den dichten Nebel, der sich immer noch nicht verzog, obwohl die Sonne längst schien. Theoretisch. Sie drang nur stellenweise durch das dichte Blätterdach. Immerhin wurde es wärmer. Cian war nicht mehr durchgefroren, ihm war nur noch kühl. Die Gänsehaut verzog sich von seinen Armen, nur die bloßen Beine blieben von ihr bedeckt.

»Gleich«, sagte er sich und tätschelte den leeren Wasserschlauch an seiner Hüfte. »Gleich gibt es etwas zu trinken und dann bin ich stark genug, den Rest des Weges zu gehen. Zurück ins Kloster. Und von dort aus schicke ich eine Nachricht an Jaxson, damit er mich persönlich holt.« Seine Wangen brannten, ob dieser Worte. Jaxson hatte bestimmt Besseres zu tun als ihn holen zu kommen. Cian war nur ein Omega. Das konnte er wirklich nicht von Jaxson verlangen. »Aber ich kann ihn wenigstens darum bitten. Schließlich bin ich der Omega, den er liebt«, flüsterte er und fühlte sich gleich etwas besser.

Er hätte die Brücke beinahe nicht erkannt. Im Nebel wirkte sie wie ein krummes Tier, eine schräg zusammengezimmerte Schlange. Gestern hatte er sich davor gefürchtet, über die Planken zu gehen. Aber natürlich hatte er es Gelbzahn und dem Ochsen nicht gezeigt. Nun schenkte er dem krummen Gebilde nur einen Blick, bevor er die Böschung hinunterkletterte. Zum Wasser.

Dichter Nebel hing über dem gluckernden Bach, verwirbelte, wo das Wasser rissige Steinbrocken umspülte. Der klare Geruch ließ Cians Speichel fließen. Alle Vorsicht vergessend krabbelte er über Steine, rutschte im Schlamm aus, riss sich die Hand an einer Brombeerranke auf und kümmerte sich nicht darum. Sein Kilt flatterte, als er auf dem nackten Hintern die letzten Meter hinunter glitt.

Platsch! Seine Stiefel standen im seichten Wasser des Ufers. Kälte kroch in seine Zehen, aber auch das war egal. Wasser! Cian hockte sich hin und schöpfte es mit beiden Händen. Schlürfte und hustete, als es in seine Nase drang und trank und trank, bis er nicht mehr trinken konnte. Mittendrin holte er den Wasserschlauch raus, füllte ihn, trank ihn leer, füllte ihn wieder. Sah zu, wie sein Bauch voll und rund wurde. Und lachte.

»Wasser!«, rief er grinsend. »Danke, Mond!«

»Ja«, sagte eine Stimme vom gegenüberliegenden Ufer. »Danke, Mond.«

Cian schreckte zurück. Wasser spritzte. Nicht nur um seine Stiefel herum. Jemand kam auf ihn zu, durch den Bach. Schemen lösten sich aus der trüben Suppe vor ihm. Mehrere Schemen, deren Reißzähne größer wurden. Raubtiere. Alphas. Und sie trugen die Farben der Sutherlands.

Cian schrie.

5. Logan

Er erwachte und hatte noch schlechtere Laune als sonst. Knurrend verließ er den Felsüberhang, unter dem er geschlafen hatte, die Wolldecke in der Hand. Logan streckte sich, um die Morgenkälte aus den Knochen zu vertreiben. Nahm einen großen Schluck aus seinem Wasserschlauch. Leerte seine Blase am nächstbesten Stamm. Und packte sein Schwert.

Seine Klinge durchschnitt den Nebel. Amseln kreischten über ihm, als wollte er ihnen ans Leder und mit jedem Schritt wirbelten seine Füße graubraune Blätter auf. Erde und Staub füllten seine Nase, während er die ersten Übungen absolvierte.

Er wurde ruhiger. Machte einen Schritt nach vorn, stach einem unsichtbaren Gegner in den Bauch. Wich ihm aus, parierte einen imaginären Schlag und stach wieder zu. Es war wichtig, zu üben.

Mit einem echten Gegner wäre es einfacher gewesen. Mit Angus und Niall hatte er üben können. Damals war er besser in Form gewesen als je zuvor. Aber die beiden waren tot und er musste sich mit eingebildeten Gegnern zufriedengeben.

Er stellte sich die beiden Sutherlands von gestern vor und zerlegte sie. Dann alle anderen, der Reihe nach. Jeder, dem er die Kehle aufgeschlitzt hatte, jeder, der sein Rudel überfallen hatte. Den Mann, der ihn ins Feuer getreten hatte und den Goldenen, der sich lustvoll unter Logan wand.

Was?

Logan verharrte. Warum hatte er an den Kleinen gedacht?

Muss der verdammte Traum sein, dachte er und spuckte aus. Sein Schwanz hatte sich immer noch nicht vollends beruhigt. Er war mit dem härtesten Rammbock aufgewacht, der je morgens einen Kilt gehoben hatte. Und nur wegen dieses seltsamen Traums. Er konnte sich nicht an viel daraus erinnern. Nur daran, dass der Goldene in einem Zuber gelegen hatte. Nass und glücklich und unendlich begehrenswert. In den Armen eines anderen, was Logan so wütend gemacht hatte, dass er in ihr Badewasser geschifft hatte. Nur, um das blöde Gesicht des Jungen zu sehen.

Kalte Angst rann durch seinen Magen. Dieser Traum war anders gewesen. Viel zu echt. Er hatte den Jungen gerochen, das Salz auf seinen Lippen geschmeckt. Irgendwie war der Traum so weitergegangen, dass der Junge Logan an sich gezogen hatte. Dass weiche Finger sich auf seine blutenden Wangen gelegt hatten. Die Blutung war versiegt.

»Was war das?«, brummte er. In seinen Träumen blutete er immer. In seinen Träumen waren die Narben frische Schnitte, frische Verbrennungen. In seinen Träumen waren sie so frisch, wie sie es tief in ihm waren und nicht von außen, wo sein verdammter Körper sie längst geheilt hatte. Wo er weiter atmete, obwohl alle, für die er kämpfte, längst zu Asche und Erde geworden waren.

Aber sein Körper gab nicht auf. Der tötete, pisste, schiss und fickte weiter, als gäbe es eine Zukunft. Ficken. Gutes Stichwort. In vier Tagen war Vollmond, und bis dahin musste er in Lobdhain sein. Bei der letzten Nutte, die sein Gesicht ertrug und keine Angst vor seinem Prügel hatte.

Logan senkte die Hand. Betrachtete sein Schwert. Es war nicht das, welches er als Junge gehabt hatte. Das war in einem Kampf kaputtgegangen. Es war Angus' Schwert. Der hatte es nicht mehr gebraucht, nachdem der Hexer ihn erwischt hatte. Also hatte Logan es genommen.

Aber die beiden gestern hatte er als Wolf erlegt. Auf die alte Art. Die, die ihm am meisten lag. Klauen und Zähne, Kehle und Blut. Der Goldene hatte ihn angeschaut, als sei er der Hölle selbst entsprungen.

Logan fuhr sich durch das Gestrüpp auf seinem Kopf. Spürte den knorpeligen Stummel des verbrannten Ohrs. Schaffte es nicht, den Anblick aus seinem Kopf zu verdrängen, den er gestern vor sich gehabt hatte. Die goldglänzenden Locken. Die Sahnehaut der schlanken Gliedmaßen. Die pralle Rute zwischen zitternden Schenkeln. Die feuchten Augen. Der sündige Mund. Kein Wunder, dass der hübsche Mistkerl sich in seine Träume geschlichen hatte. Noch Stunden nach ihrer Begegnung hatte Logan sich gefragt, wie der Goldene aussehen würde, wenn er keine Angst hatte. Wenn der bebende Mund sich zu einem Lächeln verzog.

»Das wirst du nie herausfinden, alte Hackfresse«, sagte er zu sich selbst. »Selbst wenn du den Kleinen wiedersehen würdest, bei deinem Anblick vergeht jedem das Lachen.«

Er schlitzte imaginäre Sutherlands auf, bis sein Körper schweißüberströmt war. Bis jeder Muskel schmerzte und das Brennen alle Gedanken an die Toten verdrängt hatte. Erst dann trottete er zu seinem Unterschlupf zurück und öffnete die Lederbeutel, die er den beiden Sutherlands abgenommen hatte. Trockenfleisch und altes Brot. Eine willkommene Abwechslung zum rohen Fleisch der Tiere, die er sonst jagte. Es war schwer, ohne Rudel zu jagen. Oft genug entwischte ihm die Beute. Aber es reichte immer, um zu überleben.

Logan verschlang das Brot und knabberte am Trockenfleisch. Ärgerlich bemerkte er, dass ein Gefühl zurückgeblieben war: Das der weichen Handflächen auf seinen Wangen. Dabei hatte er es nur geträumt. Was war das? Frost schlängelte sich durch seine Gedärme. Furcht breitete sich dort aus, wie sie nur eins hervorrufen konnte.

»Magie«, knurrte er und schüttelte sich. »Verdammte Kackmagie.«

Es gab nichts, was er mehr hasste. Seit der Hexer ihn erwischt hatte, seit er Angus und Niall umgebracht hatte, fürchtete er die Magie wie nichts anderes. Seit sie ihn zwang, bei jedem Vollmond bedauernswerte Nutten zu besteigen.

Es gibt nur einen Weg, den Fluch zu brechen, höhnte der Hexer in seinem Kopf.

Er hielt es hier nicht mehr aus. Wütend packte er sein Zeug zusammen und sprang auf. Durchstreifte den feuchten Blätterwald, in dem er übernachtet hatte und erklomm einen rissigen Felsen. Dann noch einen. Der einzige Berg in der Gegend würde ihm einen guten Überblick verschaffen. Wie ein Riese ragte der graue Brocken in den Himmel.

Logan verjagte zwei Krähen, die sich mit blechernem Gekreische davonmachten. Kletterte eine fast senkrechte Felswand empor. Seine Finger schmerzten von der Anstrengung, sein Körpergewicht hochzuziehen. Aber als er den Gipfel erreichte, fühlte er sich fast erhaben. Beinahe weitete sich seine Brust, als er über die Wälder zu seinen Füßen blickte. Als er die Krähen davonfliegen sah, über ein Meer dunkelgrüner Baumspitzen, durchsetzt mit grauen Nebelschwaden. Als der Wind über seine nasse Haut strich und die Hitze milderte.

Hier oben schien die Sonne. Hier fühlte der Sommer sich fast wie ein Sommer an. Nun, da er dem Schatten der Bäume entkommen war. Hier und da durchbrachen kleine Siedlungen den Wald, mischten sich rote Ziegeldächer mit dem überwältigenden Grün der Blätter. Der Himmel, der sich über Logan spannte, war milchig blau. Zerrissene Wolken hingen in der Luft, reglos wie Wasserleichen.

Der Pfad, auf dem die beiden Alphas und der Goldene gegangen waren, war von oben kaum zu erkennen. Nur hier und da verriet eine Öffnung in den Baumkronen seinen Verlauf. Wie weit der Kleine wohl gekommen war? Wohin waren sie gegangen? Woher gekommen? Lief er zurück?

Logan schüttelte den Kopf.

Raus aus meinem Kopf, du Hundesohn, dachte er. Geh dahin zurück, wo du hingehörst.

Aber der Hundesohn hörte nicht. Unsichtbare Hände legten sich auf Logans ruinierte Wangen. Der Geist der lustverhangenen Augen blickte ihm entgegen. Schmale Hüften bockten gegen Logans Unterleib.

Küss mich endlich, hatte der Goldene gestöhnt. Schnell.

Logan hatte ihn geküsst. Im Traum. In der Realität hatte sein Mund seit acht Jahren niemanden mehr berührt. Das Tier küsste nicht. Es hätte ihn geschwächt. Hätte etwas in dem Kerker belebt, der ihn zusammenhielt.

»Lass mich in Ruhe, Cian MacKay«, knurrte er. »Sofort.«

Doch wieder weigerte der kleine Mistkerl sich. Ein Schrei hallte durch die Wälder. Weit entfernt und doch drang er bis zu Logan hinauf.

Das war die Stimme des Goldenen, oder? Logan sah hinunter, zu der Stelle im Wald, wo die Vögel aufstoben. Zwischen den Baumkronen glitzerte es. Wasser. Das musste da sein, wo die Brücke sich über den kleinen Bach spannte.

Nicht mein Problem, dachte er. Ist der Kleine halt schon wieder in Gefahr. Bis ich da unten bin, ist er dreimal geschändet worden.

Er zögerte. Katzenaugen unter wilden Locken erfüllten seine Erinnerung. Die Angst im Blick des Goldenen bohrte sich wie ein Dolch in seine Brust. Was, wenn es wieder die Sutherlands waren? So, wie die in letzter Zeit durch die Wälder krochen, wäre es kein Wunder, ihnen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen zu begegnen.

Der Schrei war verstummt. Die Vögel kreisten über die Brücke, dann senkten sie sich nieder, verschwanden zwischen den Blättern.

Logans Magen krampfte sich zusammen. Er packte die Kante des Felsens und ließ sich hinab. Angst rumorte in seinem Bauch. Nein, schalt er sich. Wut. Hass. Hass auf die Sutherlands, die er gleich abschlachten würde.

6. Cian

Er versuchte zu fliehen, aber schon in der Böschung überwältigten sie ihn. Harte Hände packten seine Schulter, schleuderten ihn herum, rissen ihn zu Boden. Sein Gesicht knallte in den Schlamm. Er fuhr auf, trat aus, doch ihre Klauen packten seine Beine. Dornen schlitzten seine Haut. Heißer Schmerz schoss in die Glieder. Gehetzte Mienen, verzerrt vor Gier, hingen über ihm, wurden immer mehr.

»Umdrehen!«, kommandierte jemand und Cian wurde herumgeschleudert.

Knie und Brust landeten in weichem Morast, die Arme wurden ihm auf dem Rücken verdreht. Fauliger Schlick drang in seine Nasenlöcher. Er schaffte es, den Kopf so weit zu wenden, dass er nicht erstickte. Er spuckte Schlamm und versuchte, den widerlichen Geschmack loszuwerden. Stoff raschelte. Kalte Luft drang an seine Beine. An seinen Hintern.

»Nein!«, brüllte er entsetzt. »Nein, tut das nicht!«

Stille breitete sich aus. Im Schweigen seiner Angreifer konnte er sein eigenes Keuchen hören, und das Kreischen der Vögel, irgendwo über ihm. So hoch, herrlich weit weg vom Boden.

»Heilige Hinterpfoten«, murmelte einer der Alphas und klang beinahe andächtig. »Das ist mit Abstand der schönste Arsch, den ich je gesehen habe.«

Raue Pranken berührten Cians linke Backe, streichelten darüber, als wollten sie ihre Echtheit prüfen. Dann packten sie zu, dass Cian aufschrie.

»Nein!«, brüllte er. »Bitte! Ich bin jemandem versprochen! Er wird mich nicht mehr wollen, wenn ihr meine Unschuld raubt!«

Wieder Schweigen. Die Luft war schwer vom Gestank der Paarungsbereitschaft.

»Deine Unschuld?« Ein anderer Alpha. Klang wie ein erkälteter Ziegenbock. »Du bist noch unschuldig, kleines Häschen?«

Panik krallte sich in Cians Körper, zog alles zusammen. Nein. Bitte. Bitte nicht. Jaxson. »Bitte, ihr dürft mich nicht schänden. Ich flehe euch an.«

»Unschuldige Omegas sind mir die liebsten«, schnarrte eine andere Stimme. »Schön eng.«

»Ja, aber nachher bluten sie. Der hier wird nicht lange durchhalten.« Eine ziemlich hohe Stimme für einen Alpha.

»Ich kriege ihn zuerst.« Klang wie ein Befehl. Das war der Ziegenbock.

»Vergiss es.« Endlich löste sich der Druck auf Cians Backe. Der Scheißkerl hatte zugepackt als wären seine Finger Krallen. »Ich steche das kleine Fass hier an. Zur Seite, MacDonnell.«

Leises Knurren. Der Ziegenbock hob die Stimme. »Das Fass gehört mir. Ihr Sutherlands müsst nicht den ganzen Spaß haben.«

»Ich bin der Anführer dieses Haufens.« Krallenhand wurde noch lauter. »Also besteige ich dieses Häschen als Erster.«

»Du bist ein ganz gewöhnlicher Krieger«, meckerte der Bock. »Ich bin der Cousin des Rudel-Chiefs der MacDonnell!«

»Die MacDonnells sind ein mieses Zwergenrudel«, grollte Krallenhand.

»Warum braucht ihr dann unsere Hilfe gegen die MacKays?« Der Bock lachte. »Überlass mir diesen Omega oder ihr könnt die Burg allein stürmen.«

»Wir brauchen euch nicht!« Eine andere Stimme. »Wir haben genug Rudel versammelt, um die MacKays dreimal abzuschlachten.«

Cian sah nichts als den Schlamm vor seine Nase, verschwommen durch seine Tränen. Wimmerte, weil seine Gelenke unter den harten Griffen schmerzten. Roch seine eigene Angst durch den Moder. Spürte den kalten Wind an seinen Weichteilen. Und doch nahm sein Gehirn jedes einzelne Wort auf, das seine Angreifer sagten.

»Die MacKays haben euch schon zweimal den Arsch versohlt, Sutherlands«, höhnte ein weiterer Alpha. »Ihr braucht uns.«

Stille. Schien, als würde Krallenhand zögern. »Na und? Davor haben wir ihre Burg gestürmt und ihren Omegas gezeigt, was echte Alphas sind. Und dem Sohn des Rudel-Chiefs auch.« Lachen.

»Ja, und jetzt braucht ihr uns. Hör auf zu labern und geh zur Seite.«

»Schwachsinn.« Krallenhand klang nicht mehr so sicher. Nicht so kämpferisch wie zuvor. Mehr wie ein murrendes Kind, das nicht ins Bett wollte.

Entsetzen lähmte Cians Körper. Selbst seine Gedanken froren ein. Er spürte an ihren Stimmen, was hinter ihm geschah. Krallenhand würde aufgeben. Der Bock würde ihn besteigen und Jaxson würde ihn fallenlassen wie einen verfaulten Apfel.

»Geh endlich zur Seite«, drängte der Ziegenbock. »Mein Schlauch ist nicht mehr geleert worden, seit wir in dem schäbigen Dorf in Buiseid waren.«

Schmatzende Schritte. Ging Krallenhand wirklich?

»Ja, ja, MacDonnell. Aber wenn du mit ihm fertig bist, bin ich dran, klar?«

Panik fuhr in Cians Bauch.

»Du hässlicher Sutherland!«, rief er und es war, als würde sein Wolf ihm die nächsten Worte zuflüstern. »Du elender Feigling! Kuschst vor einem Jämmerling wie dem MacDonnell? Erbärmlicher Hund! Ihr Sutherlands seid solche Schwächlinge! Es ist kein Wunder, dass mein Rudel euch den Arsch versohlt hat!«

»Ist er etwa ein MacKay?«, fragte jemand.

»Hast du seinen Kilt nicht gesehen, du Torfkopf?«, fragte ein anderer.

»Halt dein Maul, dreckiger MacKay«, grollte Krallenhand. »Ich stopf dein Maul mit meiner Rute und piss dir in die Kehle, wenn du so weitermachst.«

»Wenn du das versuchst, beiß ich sie dir ab«, würgte Cian hervor und schockierte sich selbst damit.

»Ich schlag dir die Zähne aus, dann hast du nichts zum Beißen.«

»Ein MacKay beißt auch ohne Zähne zu«, schnappte Cian. »Für deinen schlaffen Wurmpimmel reicht das.«

»Sutherland!«, meckerte der Bock. »Geh endlich zur Seite.«

»Er gehört mir!«, brüllte Krallenhand. »Fass ihn an und du verreckst!«

Ein tiefes Grollen überdeckte das Gluckern des Bachs. Der Bock klang endlich wie ein Wolf. »Letzte Warnung, Sutherland. Das Häschen besteige ich.«

»Hol ihn dir.«

Nichts als Knurren war mehr zu hören. Aus zwei Kehlen, zwischen zwei Paar Reißzähnen hindurch. Cian schaffte es, den Kopf so weit zu wenden, dass er etwas erkennen konnte. Sie hatten sich verwandelt.

Zwei Wölfe standen sich gegenüber, einer dunkel- einer hellgrau. Neben einem lag ein Sutherland-Tartan, neben dem anderen einer in den Farben der MacDonnells. Cian hatte alle Muster lernen müssen, damals, in einem anderen Leben. Selbst die, die es nicht mehr gab. Das Nackenfell der beiden Wölfe sträubte sich. Geifer lief aus ihren Lefzen, tropfte auf den Schlamm der Böschung. Cian roch den scharfen Duft der Mordlust. Gänsehaut bedeckte seine Glieder.

Die beiden Tiere umkreisten sich. Alle anderen schauten zu. Als Männer. Es war eins dieser Alpha-Rituale, von denen Cian bisher nur gehört hatte. Ein Kampf auf die alte Art. In Wolfsform, obwohl Schwerter schneller und effizienter waren.

Das Knurren der Bestien strich über die Böschung, streifte Cians nackte Beine. Er wurde nur noch von zwei Alphas gehalten und schaffte es, sich soweit zu drehen, dass er alles beobachten konnte. Übelkeit stieg in ihm auf. Die Lautstärke stieg, die Augen der Anwesenden wurden starr.

Der hellgraue Wolf fletschte die Zähne und schnappte nach dem Dunklen. Der wich aus. Der Hellgraue setzte nach, erwischte die Schulter seines Gegners. Fleisch riss. Der Dunkle jaulte und warf sich herum. Rutschte im Schlamm aus, was der Hellgraue nicht erwartet hatte. So wurde er mitgerissen.

Zwei haarige Körper rollten die Böschung hinab. Wasser spritzte. Nasses Fell blitzte auf, Reißzähne schnappten. Hektisches Atmen erklang und dann ging alles viel zu schnell. Ein Wirbel aus Wasser, Krallen und Beißen explodierte und dann färbte der Bach sich rot. Ein ekelhaft nasses Geräusch ertönte. Blut schoss in die Strömung.

Jubel ertönte ringsum. Die MacDonnells. Die Sutherlands sahen mit steinernen Mienen zu, wie der dunkle Wolf davontrieb. Langsam, mit weißen Augen und einem erstarrten Lächeln im Maul. Der Hellgraue erhob sich. Wurde zu einem nackten Mann mit roten Haaren und einem sorgfältig gestutzten Bart.

Der Bock lächelte. Wasser rann über seinen nackten Körper, verfing sich in seiner Körperbehaarung, tropfte von seinem baumelnden Gemächt. Nicht nur Wasser. Verwundert schaute der Bock an sich herunter. Zuckte, als er das Loch in seinem Bauch bemerkte. Die Gedärme, die heraushingen, glänzend wie Schlangen. Er keuchte. Krümmte sich und schrie.

Krallenhand muss ihn mit dem Hinterlauf erwischt haben, dachte Cian.

Galle drängte seinen Hals hoch. Würgend erbrach er sich, immer noch zu Boden gepresst von den beiden Alphas. Er erstickte fast, als es sauer durch seine Nase schoss. Hinter sich hörte er das Brüllen des Bocks. Wasser platschte. Die Luft war erfüllt von Blut und Moder.

Das Brüllen schien ewig weiterzugehen. Als das Wasser aufhörte zu spritzen, hatte Cian seinen gesamten Mageninhalt in den Schlamm geleert und schluchzte nur noch. Tränenüberströmt wandte er den Kopf und sah den Bock im Wasser zucken. Einer seiner Verwandten erbarmte sich schließlich. Mit harter Miene packte der MacDonnell sein Schwert und kletterte zum Ufer hinunter. Die Klinge stieß in die Brust des Bocks und sein Körper erschlaffte. Die Strömung färbte den Schlamm rot.

Cian schluchzte.

Das wollte ich nicht, dachte er. Das wollte ich ganz bestimmt nicht.

»Und jetzt?«, fragte einer der Alphas. Ein MacDonnell. »Sie sind beide tot. Was machen wir nun?«

Weiße, harte Mienen wandten sich Cian zu. Es waren noch sieben Alphas. Fünf standen, zwei hielten Cian fest. Zu viele, um ihnen zu entkommen.

Einer der Sutherlands spuckte aus. »Jetzt ficken wir den kleinen MacKay so blutig, dass er daran verreckt.«

Cian wand sich, stemmte die Füße in den Schlamm und versuchte, den Klauen der Alphas zu entkommen. Es war sinnlos.

»Vorher sollten wir von der Brücke weg.« Einer der Alphas sah sich um. »Der Nebel verzieht sich. Nicht, dass noch einer vorbeikommt und uns sieht. Die MacKays dürfen nicht gewarnt werden.«

»Die MacKays werden nicht wissen, was sie erwischt, wenn wir ihre Burg stürmen.« Ein großgewachsener Sutherland rieb sich den Mund. »Und wer zum Mond soll vorbeikommen, auf diesem Weg? Hier ist niemand.«

»Das Tier lebt in diesem Wald«, sagte einer von ihnen. Cian sah ein winziges Zucken in seinem Kiefer. Hatte er etwa Angst vor dem Tier?

»Das Tier hat keine Chance gegen uns«, herrschte der Sutherland-Riese seinen Kameraden an. »Wir sind zu siebt!«

»Ja.« Der andere schluckte sichtbar. »Natürlich. Wir sind zu siebt.«

Wachsam sahen sich nun alle um. Alle sieben. Waren es wirklich zu viele, als dass das Tier sie bezwingen könnte? Es hatte unbesiegbar gewirkt. Stärker als jeder, den Cian je gesehen hatte. Nicht wie ein Wolfswandler. Wie ein Wolf, der sich die Menschenhaut nur übergestreift hatte.

»Ja.« Ein MacDonnell räusperte sich. »Trotzdem. Wir sollten wachsam sein. Eben beim Kampf haben wir nicht aufgepasst. Er hätte uns einfach von hinten aufschlitzen können.«

Schade, dass er es nicht gemacht hat, dachte Cian. Angst kroch in seine Glieder. Wer war er, dass er solche Gedanken hatte? Sicher nicht Cian MacKay.

In diesem Moment spürte er es. Als würde ein Geist durch ihn treten. Etwas Warmes breitete sich in ihm aus, wie das Blut im Wasser des Baches.

Er spürte IHN.

Er ist hier, dachte er. Sein Herz hämmerte. Das Tier war nah.

Irgendwo hinter den dunklen Baumstämmen schlich seine Rettung heran. Er spähte durch die Ginsterbüsche auf der anderen Seite des Ufers, sah aber nichts. Nur Dunkelheit und Dornen. Und doch wusste er, dass der verbrannte Riese da war.

Er beobachtet uns, dachte Cian. Er braucht nur eine Gelegenheit, dann schlägt er zu. Und ausgerechnet jetzt waren die blöden Sutherlands und die dummen MacDonnells so wachsam.

»Hauen wir ab«, sagte der Riese. Offenbar war er jetzt an der Macht, wo die anderen beiden tot waren. »Und nehmt den kleinen Prachtarsch mit. Ich ficke ihn, sobald wir außer Sichtweite sind.«

Diesmal protestierte niemand. Schade. Hätten sie jetzt gestritten, hätte das Tier die Gelegenheit gehabt, ihnen die Kehlen aufzuschlitzen.

Cian wurde auf die Beine gezerrt. Hungrige Blicke betrachteten ihn.

»Keine Sorge, kleiner Auerhahn.« Die Hand des Riesen verirrte sich unter Cians Kilt und tätschelte seinen Hintern. »Gleich werden deine Backen gespalten.«

Cian schnappte nach Luft. Nein. Nein, das wollte er nicht. Und doch war da diese winzige Stimme in seinem Kopf, die ihm zuflüsterte, wie abgelenkt die Alphas sein würden, wenn sie ihn schändeten. Wie leicht es für das Tier sein würde, sie umzubringen.

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