Читать книгу: «Der Omega und das Tier», страница 6

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10. Cian

Was erzählte dieses Tier da? Hitze schoss in Cians ganzen Körper. Ganz bestimmt würde er nicht den Platz dieses Lustknaben einnehmen. Dieses alten Lustknaben.

Seit Logan ihn erwähnt hatte, tobten Bilder durch Cians Kopf. Logan, der stolzen Schrittes nach Lobdhain marschierte. Logans Kilt, unter dem sich eine vorfreudige Ausbuchtung abhob. Logan, der den Samtvorhang eines Zimmers öffnete, in einem sündig beleuchteten Freudenhaus.

Ein wunderschöner Omega, die Haut duftend von teuren Ölen, erhob sich von seinem Himmelbett, das von Kissen übersät war.

Logan, rief der Omega in Cians Fantasie und ließ den letzten Rest seiner sowieso viel zu unzüchtigen Kleidung fallen. Logan, endlich bist du wieder da! Ich habe mich nach dir verzehrt. Jede Nacht habe ich mich in meine Laken ergossen und an deinen mächtigen Körper gedacht.

Dieser Körper ist hier, brummte Logan schmierig und ließ seinen schäbigen Kilt fallen. Kerzenlicht beschien seine mit Narben übersäten Muskeln.

Der Omega seufzte lüstern. Dieser Körper gehört nun mir, säuselte er und spreizte die Schenkel.

Logan durchquerte den Raum mit drei Schritten und warf sich auf den Omega. Ihre Lippen fanden sich, heiß und sündig, und Logan versenkte seine Rute in einer fließenden Bewegung im nassen Loch des Omega. Der jauchzte entzückt. Die Kerzenflammen flackerten von seinen spitzen Schreien.

Oh, Logan, wimmerte er. Wie schön, dass du wieder in Lobdhain bist. Und in mir.

Ja, knurrte Logan und stieß den Omega so gut, dass der sich brüllend auf seinen harten Bauch ergoss. Gut, dass du kein unschuldiger Jüngling bist und genau weißt, wie man einen Alpha in sich aufnimmt. Nicht, wie dieser MacKay, den ich auf dem Weg getroffen habe. Stell dir vor, der hatte keine Ahnung, wie man lüsterne Unzucht treibt. Er war sogar noch unberührt.

Was für ein Torfkopf, lachte der Omega und ergoss sich erneut.

»He.« Das zerstörte Gesicht des Tiers erschien vor Cians Nase. »Das war ein Witz, Kleiner. Gehen wir.«

»Nein«, fauchte Cian. Und schüttelte sich. Die furchtbare Fantasie fiel von ihm ab. Nichts blieb, bis auf einen winzigen Nachhall. Er stand wieder im Wald, schmutzig, stinkend und verkratzt. Logan war bei ihm und nicht bei diesem vermaledeiten alten Lustknaben. Über ihm stimmten die Vögel ein Hohnlied an. »Ich werde nicht die Stelle dieses Kerls einnehmen. Ich bin verlobt!«

»Ja, das hast du erwähnt.« Logan wirkte müde. »Und ich habe dir gesagt, dass das ein Witz war. Wenn ich dich stoßen würde, würdest du schreien vor Schmerzen.«

»Das würde ich nicht!« Cian richtete seinen Kilt und versuchte, Logan mit einem Blick zu erdolchen. Klappte nicht. »Ich bin nicht, also, ich weiß genau, wie man lüsterne Unzucht treibt.«

»Wie man was treibt? Was laberst du?«

»Nichts.« Cian räusperte sich. Warum wollte er ausgerechnet Logan beweisen, dass er kein Anfänger war? Das war er und es war richtig so. Schließlich musste er für Jaxson rein und unschuldig bleiben.

»Gehen wir jetzt? Du wolltest doch unbedingt ins Kloster.« Das Tier sah ihn fragend an.

Cian schluckte. »Ja, das wollte ich. Will ich. Gehen wir.« Er marschierte in die ungefähre Richtung, in der sich das Kloster befinden musste. Logan holte ihn ein und korrigierte seine Richtung, indem er ihn an den Schultern packte und eine Vierteldrehung nach rechts vollführen ließ.

»Da entlang«, knurrte er und ging wieder voraus. Cian folgte ihm, schäumend vor Wut. Im Gehen merkte er, wie feucht er zwischen den Backen war, und ärgerte sich gleich doppelt.

»Viel Spaß in Lobdhain«, sagte er hoheitsvoll. »Ich hoffe, du amüsierst dich aufs Köstlichste, während mein Rudel geschlachtet wird.«

»Cian«, begann Logan und stockte. Er schwieg, den Blick starr geradeaus gerichtet. »Was habe ich mit deinem Rudel zu schaffen?«

»Nichts«, gab Cian zu. Er ballte die Hände zu Fäusten. »Gar nichts. Du bist ein Wolf ohne Rudel. Natürlich verstehst du meine Sorge nicht.«

Logan schwieg. Den ganzen Weg über, durch den Wald, über vermodernde Baumstämme hinweg, unter dichtem Gestrüpp hindurch. Wahrscheinlich lief er diesen Weg normalerweise als Wolf. Aber Cian wollte sich nicht verwandeln. Nicht noch einmal bloß und schutzlos vor dem Tier stehen. Vorhin am Eisenstein war es schlimm genug gewesen.

Er hatte so eine Angst gehabt. Obwohl er wusste, dass er keinen magischen Knochen im Leib hatte, hatte er sich gefürchtet. Und als Logan ihn an den Stein gefesselt hatte, war noch etwas anderes hinzugekommen. Etwas, an das er nicht einmal denken wollte. Und doch vermochte er nicht, es vollkommen abzuschütteln.

Die Fantasie hielt sich. Die, wie er hilflos zusah, als Logans harte Hände über seinen Körper strichen. Wie er an seinen Fesseln riss und protestierte und doch wusste, dass er es wollte. Dass er sich danach verzehrte, diese rauen Fingerspitzen zu fühlen. Auf der zarten Haut seines Bauchs, auf seinen bebenden Schenkeln. Um seine Rute, so wie vorhin, als Logan ihm beim Wasserlassen assistiert hatte. Er wünschte, diese Pranken würden sich noch einmal um seinen Stab schließen, seine Bälle kneten und ihn in den Himmel reiben.

Aber der Mistkerl vergnügt sich ja lieber mit alten Lustknaben in Lobdhain, dachte Cian und sah Logans Rücken böse an. Wenn der sich umdrehte, traute er sich nicht. Und ich bin verlobt. Und mein Rudel ist in Gefahr.

Endlich wurde der Wald lichter. Ein wenig Sommerwärme drang durch die Baumkronen und tanzte über Logans düstere Gestalt. Seine kräftigen Beine, die Stiefel, den schmutzstarrenden Kilt. Erst jetzt war es hell genug, dass Cian das Muster darauf erkennen konnte.

»Ist das ein Sutherland-Kilt?«, fragte er. »Du hasst die Sutherlands. Warum trägst du so etwas?«

»Der, dem er gehörte, braucht ihn nicht mehr«, brummte das Tier. »Und mein alter war kaputt.«

»Ah.« Cian schluckte. »Ich schätze, wir sind gleich da. Danke für alles, Tier.« Er zögerte, doch die helle Landschaft, die er hinter den Baumstämmen sah, verlieh ihm ungeahnten Mut. »Wie ist dein voller Name? Würdest du ihn mir sagen?«

»Du solltest nicht einmal meinen Vornamen kennen.« Das Tier deutete auf eine Lücke zwischen zwei Baumstämmen. »Geh in die Richtung. Sobald du den Wald verlässt, wirst du das Kloster sehen. Das kannst nicht mal du verfehlen.«

Enttäuschung machte sich in Cian breit. Nicht, dass er die verdrießliche Anwesenheit des Tiers vermissen würde. Aber er hatte es nicht geschafft, ihn zu überreden. Nichts getan, sein Rudel zu retten. Nicht herausgefunden, wer dieser seltsame Kerl war, mit dem er den Wald durchquert hatte.

Cian ging ein paar Schritte, ließ das Tier hinter sich. Mit jedem Aufsetzen seiner geschundenen Sohlen auf dem weichen Waldboden fühlte er sich elender. Was war los? Er hatte das Gefühl, seine Stärke hinter sich zu lassen. Alles, was ihm geholfen hatte, die furchtbaren Ereignisse zu überleben.

»Tier?«, fragte er leise. »Würdest du mich noch ein Stück weit begleiten?«

Es war ein beschämendes Eingeständnis seiner Schwäche. Allein weiterzugehen machte ihm so eine Angst, dass selbst die Anwesenheit eines Mörders erträglicher war. Aber der Mörder antwortete nicht. Als Cian sich umdrehte, war er allein. Nur die dunklen Baumstämme blickten zurück, ihre rissige Rinde moosbedeckt, ihre Wurzeln von Tüpfelfarn überwuchert.

»Tier?«

Das Tier war noch in der Nähe, das spürte er. Doch er hörte nur das Rauschen der Blätter über ihm. Er schluckte. Trauer machte sich in ihm breit. Es war vorbei. Er spürte Logans Anwesenheit, irgendwo zwischen dem Ligustergestrüpp und den eng stehenden Baumstämmen zu seiner Linken. Doch das Tier zeigte sich nicht mehr. Erstaunlich, dass ein so schwerer Mann so leise verschwinden konnte.

»Mach’s gut, Tier!«, rief Cian in den Wald hinein und wandte sich ab.

Das Kinn in die Luft gereckt marschierte er aus dem Wald hinaus.

Logan hatte recht gehabt. Er sah das Kloster, noch bevor er die Bäume hinter sich gelassen hatte. Wie ein rechteckiger Fels lag es auf einem grünen Hügel, umgeben von sanft geneigten Wiesen und nah des Greumach-Sees, auf dessen Wasser sich der blaugraue Himmel spiegelte.

Wolken schoben sich vor die Sonne, während Cian den ersten Hügel hinunterstieg. Wind kam auf und riss an seinen verklebten Locken. Er ballte die Fäuste, als das Kloster immer größer wurde. Als er bereits den mit krummen Holzlatten umzäunten Garten erkannte, in dem Bruder Ailig seine Experimente durchführte.

Als Erstes muss ich dafür sorgen, dass ein Bote zu meiner Familie geschickt wird. Ein Gedanke schoss in sein Gehirn und er kam sich dumm vor, weil er ihn nicht gleich gehabt hatte. Und ein Bote zu Jaxson. Die MacGregors werden uns helfen. Wenn es schnell genug geht, können sie ihre Krieger losschicken. Die Sutherlands sind nicht die Einzigen, die Bündnisse eingehen. Die Verbindung zwischen den MacGregors und den MacKays reicht bis zur Schlacht bei Ullapool zurück.

Vielleicht würde Jaxson sogar selbst kommen, um Cians Rudel beizustehen. Cian wurde ganz warm, wenn er daran dachte. Wenn er sich vorstellte, wie sein Verlobter den MacKays zur Hilfe eilen würde. Mit wehendem Haar und gezücktem Schwert.

Er hielt inne. Dachte an den Sutherland, der ihn angegriffen hatte. Der sich auf ihn geworfen und seine Schenkel auseinandergedrängt hatte. Das Schwert des Tiers hatte den Sutherland durchbohrt wie ein warmes Messer durch Butter schnitt. Blut war auf Cians Brust gesprudelt. Er presste die Zähne aufeinander und wollte sich nicht mehr vorstellen, dass Jaxson die Sutherlands tötete. Nur, wie er danach vor Cian auf die Knie fiel und den Kopf neigte.

Das habe ich für dich getan, Cian, würde er sagen. Nun können wir uns verbinden.

Ja, würde Cian sagen. Trotz aller Schwierigkeiten bin ich rein und unschuldig geblieben. Für dich, Jaxson.

Er seufzte leise. Die Träumerei zauberte ein winziges Lächeln auf sein Gesicht. Es würde alles gut gehen. Schon war er fast beim Garten und von da aus würde er ins Kloster eilen und mit dem Abt, Bruder Ringean sprechen. Trotz seiner schmerzenden Füße rannte er, bis er das krumme Gartentor erreicht hatte. Der Duft von Sternanis und Lavendel lag in der Luft, würzig und süß. Es war so still hier, so friedlich.

Bruder Ailig beugte sich über ein Beet mit Monddisteln, der Rücken krumm vom Alter. Seine milchweißen Haare berührten die violetten Blüten, so lang waren sie. Ein kurzer Bart zierte das faltige Gesicht des altes Omegas. Von den anderen Mönchen war nichts zu sehen.

»Bruder Ailig!«, rief Cian und sprang über ein Beet. »Weißt du, ob Bruder Ringean in seiner Schreibstube ist? Ich muss sofort mit ihm reden.«

»Cian?« Die trüben Augen des alten Mönchs weiteten sich. »Was machst du hier?« Er schnüffelte. »Und warum riechst du wie ein toter Biber?«

»Ich war im Wald.« Cian sah sich um. Niemand außer ihnen war hier. Er hatte den Alten als seltsamen, aber freundlichen Mann kennengelernt. Jemand, dem man Dinge anvertrauen konnte. »Ich, also, die Männer, die mich geholt haben, waren keine MacGregors. Es waren Sutherlands. Und sie wollten mich, also, sie wollten Dinge mit mir tun, die«, plötzlich kroch ein Schluchzen seinen Hals hoch und krampfte seinen Hals zusammen, »die unsagbar sind. Sie wollten mir nehmen, was Jaxson zusteht. Also bin ich geflohen.«

»Durch den Wald?« Die spärlichen Augenbrauen hoben sich. »Erstaunlich, dass du dich nicht verlaufen hast.«

»Habe ich«, würgte Cian heraus. »Hätte ich. Ich hatte Hilfe. Bruder Ailig, ich hatte so eine Angst.« Seine Sicht verschwamm. »So eine Angst. Ich hätte sterben können.«

»Armer Kleiner.« Bruder Ailig bot ihm seine Arme an. Und obwohl Cian wusste, dass er stank wie ein Waschbärkadaver, ließ er sich hineinsinken. Der vertraute Geruch von Bruder Ailigs Johanniskraut-Rheumatinktur ließ ihn nur noch lauter schluchzen. Mit einem Mal war es ihm alles zu viel.

»Ich hätte sterben können. Fast hätten sie mich geschändet. Zweimal. Es war entsetzlich.« Er versuchte, sich zu beherrschen. Sein Rudel brauchte ihn und er konnte jetzt nicht zusammenbrechen. »Bruder Ailig, wann kommt der nächste Bote? Ich muss eine Nachricht an mein Rudel schicken.«

»Der letzte war gestern hier«, sagte Bruder Ailig und rieb ihm mit verkrümmten Fingern über den Rücken. »Also kommt der nächste in zwei Wochen.«

»Zwei Wochen?« Entsetzen schlug über Cian zusammen. »Bruder Ailig, ich muss meiner Familie sagen, dass die Sutherlands sie überfallen werden. Sie sind schon unterwegs zu unserer Burg. Sie«, er machte sich von dem alten Mönch frei und wischte sich über das Gesicht, »werden in wenigen Tagen da sein. Ich habe keine Zeit, auf einen Boten zu warten. Ich muss zu Bruder Ringean.«

»Ah.« Hinter den Augen des alten Mönchs schienen sich Zahnräder zusammenzufügen und zu drehen. »Jetzt macht alles Sinn. Cian, du kannst auf keinen Fall zu Bruder Ringean.«

»Warum nicht?«

»Weil die Sutherlands bei ihm sind.«

Cian taumelte mehrere Schritte zurück. »Was?«

Bruder Ailig sah ihn ernst an. »Nicht so laut. Sie kamen bei Tagesanbruch. Bruder Ringean konnte ihnen das Gastrecht nicht verwehren. Unser Bündnis mit ihnen ist so alt wie das mit deinem Rudel. Wann immer einer von ihnen um Brot und Wasser bittet, müssen wir es ihnen geben. Sie haben nach dir gefragt. Bruder Fearchar, der Holzkopf, hat sich verplappert und erzählt, dass du bis gestern bei uns warst. Das hat sie sehr interessiert.«

Die Kraft verließ Cians Körper. Seine Beine gaben auf und seine Knie sanken in weiche Erde. Verzweifelt starrte er den schmalen Weg an. Löwenzähne blühten zwischen den Steinplatten, im Beet links davon wuchs Goldrutenkraut. Beide halfen gegen Rheuma. Er stöhnte leise.

»Sie sind hier.« Er versuchte, sich zu konzentrieren. »Ob Jaxson das wusste? Hat er deshalb die Männer geschickt, die mich holen wollten? Wurden sie überfallen und ersetzt?« Er sah Bruder Ailig an. »Wie kann ich meinem Rudel eine Nachricht überbringen?«

»Indem du läufst, schätze ich.«

Der alte Knacker war überhaupt keine Hilfe. Sofort tat es Cian leid, ihn in Gedanken so bezeichnet zu haben.

»Ich kenne den Weg nicht. Und ich bin zu langsam. Ich würde nie vor ihnen ankommen.« Er betrachtete seine Hände, die sich öffneten und schlossen. Nutzlos.

Aber du kennst jemand, der es kann, flüsterte sein Wolf. Und du kennst seinen Preis.

Nein, dachte Cian. Kälte floss durch seine Adern. Das war nur ein Witz. Er hat es nicht ernst gemeint.

Aber es würde funktionieren. Wenn er sich von diesem verfluchten Wolf besteigen ließ, könnten sie es schaffen, vor den Sutherlands bei seinem Rudel zu sein.

Nein, dachte er. Bei Jaxson. Das ist näher und mein Rudel braucht Verstärkung. Was nützt es, wenn sie gewarnt sind und doch überrannt werden? Sie brauchen Hilfe, um gegen die Sutherlands zu gewinnen.

Jaxson wird dich nicht mehr wollen, wenn das Tier dich hatte, flüsterte sein Wolf.

Aber mein Rudel ist in Gefahr.

Er dachte an Marc, Brian und den kleinen Asgall. An Caelan und seinen Omega. An seinen Erzeuger und seinen Vater. Welches Leid hatten sie alle erdulden müssen? Welches Leid drohte ihnen?

Wankend erhob Cian sich. Klopfte die dunkle Erde von seinen Beinen.

»Danke, Bruder Ailig.« Er versuchte, sein hämmerndes Herz zu beruhigen. Aber es ging nicht. Was er im Begriff war, zu tun, war ungeheuerlich. Vermessen für einen schwachen Omega, der nichts im Kopf hatte als seinen Verlobten und Kräuter.

Was hatte er dem Tier entgegenzusetzen? Was, wenn der doch beschloss, sich zu nehmen, was er wollte? Was, wenn er Cian unterwegs angriff?

»Hast du ein Messer, Ailig?«, krächzte er. »Irgendetwas, um mich zu verteidigen?«

»Willst du die Sutherlands angreifen?« Der alte Mönch schwankte und hob die Hände. »Tu das nicht, Cian. Ihr Anführer ist ein Monster. So skrupellos, dass selbst die Sutherlands ihn verbannt haben.«

»Was? Nein.«

Cian sah sich um. Er sah kleine Gartenwerkzeuge. Schaufeln, Holzrechen. Feuchte Erde. Pfefferminzblätter, die frisch duftend neben großen Königskerzen wuchsen. Und einem Strauch Mondrebe. Er schloss die Finger zu einer Faust.

»Ich werde gehen und sie warnen. Aber ich brauche etwas, mit dem ich mich notfalls verteidigen kann. Gegen ein Monster.«

Er ging zu dem Busch, zwischen dessen runden Blättern winzige weiße Punkte leuchteten. Mondrebenbeeren. Er pflückte so viele er konnte, verstaute sie in seiner Gürteltasche und wusch sich die Hände in dem alten Holzeimer, mit dem Ailig die Pflanzen bewässerte.

»Cian, du weißt, dass diese Beeren hochgiftig sind?«

»Ja.«

»Du weißt, dass drei Beeren einen Mann töten?«

»Ja.« Er hoffte, dass sie das nicht mussten. Aber er fürchtete das Monster. Fürchtete, was der tun würde, wenn Cian ihm seinen Vorschlag unterbreiten würde. Wenn er sich in dessen Klauen begeben würde. »Wer sind die Sutherlands, Bruder Ailig?«

»Cormac Sutherland und seine Alphas«, sagte der alte Mönch und Cian keuchte auf.

»D-dann sollte ich wohl gehen.« Alles, was er über Cormac Sutherland wusste, machte ihm Angst. Er musste weg von hier. Dem Schlächter der MacEalars wollte er bestimmt nicht in die Hände fallen.

Genau in diesem Moment erklangen Stimmen hinter der Mauer. Bruder Ringean und fremde. Tief und viel zu nah.

»Verschwinde«, flüsterte Bruder Ailig.

Cian rannte los, packte den Holzzaun und schwang sich hinüber. Er verschwand hinter einer niedrigen Mauer aus bröckelnden Steinen und duckte sich. Von hier aus konnten sie ihn nicht sehen. Aber vielleicht riechen? Er blickte hinter sich. Dort lagen hellgrüne Wiesen, unwirklich im milchigen Licht. Dahinter der Wald. Wenn er einen Bogen schlug, konnte er ihn erreichen, ohne dass sie ihn sahen.

Ob das Tier ihn beobachtete? Die dunkle Linie der Eichen wirkte, als würde Logan hinausschauen. Als würde er hinter den düsteren Stämmen lauern. Cian duckte sich tiefer. Vor ihm krabbelte eine rötliche Spinne über Stein. Dann hörte er die Stimmen.

»Und dies sind unsere Kräutergärten«, sagte Bruder Ringean. Er klang mild wie stets, allerdings etwas wacklig. Dabei war er sonst so ruhig und besonnnen. Was mochte ihn nervös machen?

»Interessant«, sagte eine Stimme und Cian gefror. Sie klang wie das Rascheln einer Kreuzotter im hohen Gras. Wie das Knurren eines Wolfs. Vorsichtig hob er den Kopf und spähte über die Mauer.

Es waren acht Sutherlands, ihre Kilts rotbraun wie getrocknetes Blut. Schwerter und Dolche hingen von ihren Hüftgurten. Der in ihrer Mitte war Cormac Sutherland. Cian hatte ihn noch nie gesehen, aber er wusste sofort, wen er vor sich hatte.

Weißblonde Haare hingen über einem Rücken, so breit wie der eines Stiers. Kalte Augen sahen aus einem Raubtiergesicht, über das vom Wangenknochen bis zum Kinn eine Narbe lief. Muskeln wölbten sich unter einem weißen Hemd und hell behaarte Beine schauten aus groben Lederstiefeln. Cormacs Zähne blitzten, als er sprach. Ja, der Mann war attraktiv, aber etwas in ihm machte Cian tödliche Angst.

Lauf, wisperte sein Wolf.

Cormac Sutherland hob den Kopf und schnupperte. Eis breitete sich in Cians Magen aus. So leise er konnte, kroch er fort von der Mauer. Krabbelte über Gras, um das Kloster herum, das Herz pochend wie das eines jungen Kaninchens.

Er rannte.

11. Logan

Er war weg. Cian fehlte ihm, kaum, dass er seine letzten Worte gerufen hatte.

Mach’s gut, Tier!

Und das war er wieder. Ein Tier, allein unter düsteren Baumkronen, allein im blaugrauen Schatten des Mittags. Tote Blätter raschelten unter seinen Füßen. Wisperten ein Lied von den Toten. Er roch die Fäule in der Luft, die Verwesung. Irgendwo in der Nähe war ein Tier verendet und verpestete die Waldluft.

Du bist ein Wolf ohne Rudel. Natürlich verstehst du meine Sorge nicht.

Er hätte sie verstanden, vor langer Zeit. Er hatte ein Rudel gehabt. Ein kleines Rudel. Manchmal glaubte er, das Lachen der Omegas zwischen den Bäumen zu hören. Die balgenden Welpen und die lauten Rufe der Alphas, wenn sie von der Jagd zurückkamen. Aber sie waren fort, ihre Stimmen nur das Flüstern des Windes.

»Mach’s gut, Cian«, raunte Logan und schlich doch näher an den Waldrand. Ein letzter Blick, das war alles, was er wollte. Und den bekam er.

Cians Haare leuchteten, selbst als Wolken sich vor die Sonne schoben und Schatten über die hellen Wiesen krochen. Er ging aufrecht, ein wahrer Sohn seines Rudels. Fast ein Prinz.

Logan wollte nicht zusehen, wollte sich losreißen. Endlich frei sein. Frei von der Bürde der Menschlichkeit, die Cians Gesellschaft ihm kurzzeitig auferlegt hatte. Er wollte durch die Wälder streifen, fressen, töten, jagen. Das Blut der Hirsche schmecken und sich nicht um die Einsamkeit scheren, die ihn langsam, aber sicher umbrachte.

Was denkst du für einen Scheiß?, dachte er. Du stirbst nicht. Das ist ein dummer Mythos. Ein Wolf lebt auch ohne Rudel weiter. Es sei denn, er dreht nicht um und verschwindet endlich nach Lobdhain. Die Zeit wird knapp, du hässliches Miststück. Reiß dich los.

Er wandte sich ab, als Cian auf halbem Weg zum Kloster war. Ging langsam los und schaffte es nicht, das Tempo zu steigern. Sein Körper war aus Blei. Cians Duft hing noch in seiner Nase und wollte nicht weichen.

Lange stapfte er so weiter, den Kopf voll mit unerwünschten Erinnerungen. Der Gestank des Todes verzog sich und wurde vom frischen Harzgeruch eines Kiefernwäldchens ersetzt. Bilder rauschten durch seinen Kopf, ohne, dass er sie stoppen konnte.

Sein Rudel hatte nahe eines ähnlichen Waldes gelebt. Als Knabe war er über den federnden Boden gerannt, hatte sich mit seinen Brüdern Kiefernzapfen zugeworfen. Er erinnerte sich an das Kratzen der Nadeln auf der Haut, wenn sie beim Balgen in seinen Kragen gerutscht waren.

Später hatten sein Erzeuger und er unter den schlanken Baumstämmen gekämpft. Selbst sein Übungsschwert war aus Kiefernholz gewesen.

Greif an, Logan, hörte er seinen Erzeuger rufen. Was bist du, ein Omega oder ein Wolf? Greif an, als wolltest du mich töten.

Aber das hatte er nicht gekonnt. Er war zögerlich gewesen. Langsam. Nicht, weil sein riesiger Körper ihn aufhielt. Sondern, weil er nicht töten wollte.

Dieser zögerliche Jungwolf war nicht länger ein Teil von Logan. Er war vor acht Jahren gestorben, zusammen mit seinem Rudel. Nur das Tier war übrig geblieben.

»Hör auf zu denken, Hackfresse«, brummte er. »Das kannst du nicht.«

Wenn er weiter so langsam war, würde er den halben Weg als Wolf zurücklegen müssen, um rechtzeitig in Lobdhain zu sein. Um sich aufzumuntern dachte er an die alte Nutte, die ihn stets einigermaßen freundlich aufnahm. Der Omega war über vierzig, hatte aber weit mehr Kunden, als man denken sollte. Viele Alphas schätzten seine Erfahrung. Und im Gegensatz zu dem Verräter in Halkirk soff er nicht. Baden tat er allerdings genau so selten.

Leider funktionierte die Ablenkung nicht. Immer wieder schob sich Cians flehendes Gesicht vor das des Omegas aus Lobdhain. Cians Augen, nass vor Sorge um sein Rudel. Cians weiße Haut. Der winzige Bauchnabel, die zarten Nippel und die rötliche Rute, die aus irgendeinem Grund meist halb aufgerichtet war. Vielleicht dachte der Kleine wirklich ständig an seinen Verlobten. Glücklicher Kerl. Ob der Verlobte so schön war wie Cian? Wie oft sie sich schon miteinander vergnügt hatten?

Eine Mischung aus Lust und Eifersucht schoss durch Logan, als er sich vorstellte, wie der Verlobte Cians Schenkel spreizte. Wie sie sich liebten, vielleicht auf einer lichtbeschienenen Wiese, vielleicht im dunklen Stall, gebettet auf duftendes Heu. Wie Cian wohl aussah, wenn er den Gipfel erreichte? Selbst die Vorstellung war so geil, dass Logans Rute prall wurde.

Er seufzte. Magie hin oder her, der Kleine hatte ihn verhext. Jedes Mal, wenn Logan auf seinem einsamen Lager liegen würde, würde er an ihn denken. Seine hässlichen Pranken um sein groteskes Gemächt legen und sich vorstellen, es wären die sanften Hände des Kleinen, die ihn wichsten. Ja, er bildete sich sogar ein, Cians Stimme zu hören, die seinen Namen rief.

Moment mal.

Logan hielt an. Lauschte. Einen Moment lang war da nichts außer dem allgegenwärtigen Zwitschern der Vögel. Dann hörte er wieder den Ruf, weit weg.

»Tier! Tier!«

Nein, dachte er.

Renn, flüsterte sein Wolf. Lass den Kleinen hinter dir und lauf, bis deine Füße wund sind. Du weißt, dass er gefährlich ist. Lass dich nicht von seinen großen Augen täuschen. Er hat Macht über dich. Und jeder, der ihm in die Quere kam, ist tot.

Logan weigerte sich, zu laufen. Er war das Tier. Das Monster, das in diesem Wald lebte. Er hatte keine Angst vor Cian MacKay, dem schwächlichen Omega. Außerdem würde es reichen, hier stehenzubleiben. Cian kannte den Wald nicht. Er hatte keine Ahnung, wie er Logans Fußabdrücke lesen sollte, falls er sie überhaupt fand. Er verstand die Warnrufe der Vögel nicht und sein Geruchssinn war ungeschult.

Warum kamen seine Rufe dann näher?

»Tier! Bitte bleib stehen!«, brüllte Cian, viel zu nah.

Logan zögerte. Nein, er würde sich nicht verstecken wie ein Feigling. Er würde nicht laufen. Er würde den Kleinen packen und zu Boden werfen und sich nehmen, was er brauchte. Er schüttelte den Kopf. Wo kam der Gedanke jetzt her?

»Tier!« Schon sah er Gold zwischen den Kiefern blitzen. Cians Locken. Noch hatte er Logan nicht gefunden.

Und Logan tat, was er nicht tun wollte: Er versteckte sich. Verbarg sich hinter einem der breiteren Stämme und ließ Cian an sich vorbeirennen. Nadeln stoben auf, als die Stiefel des Kleinen sie aufwirbelten. Er keuchte wie ein alter Mann und seine Wangen waren knallrot. Immer noch verdreckt, immer noch wunderschön. Japsend stolperte er weiter.

»Tier!«, rief er blind in den Wald hinein.

»Was willst du, MacKay?« Verdammt, warum hatte er gesprochen?

Cian wirbelte herum. Seine Augen weiteten sich, als er Logan erblickte. Der lehnte am Stamm der Kiefer, die Arme verschränkt. Er sah Cian so drohend an, wie er konnte. Was sehr drohend war: Cian erblasste und begann zu zittern.

»T-tier«, keuchte er. »Ich brauche deine Hilfe. Ich h-habe dich gesucht.«

»Du hast mich gefunden«, knurrte Logan und löste sich von dem Stamm. Langsam wie ein schleichender Luchs kam er auf Cian zu. »Wie hast du mich gefunden? Habe ich etwas übersehen, Hexenbalg? Kannst du Spuren lesen?«

»N-nein.« Cian wich zurück.

Logan setzte nach und sah die Furcht in den blattgrünen Augen lodern. »Dann erklär mir, warum du wusstest, wo ich bin.«

»I-ich wusste es einfach.« Cian sah aus, als würde er sich gleich einpullern. »Ich h-habe es gespürt.« Er konnte nicht mehr zurückweichen, weil sein Rücken gegen einen Stamm stieß. Logan setzte nach, kam so nah, dass seine Zehen Cians berührten. »Tier, bitte. Ich brauche dich.«

Die Worte waren wie dunkler Honig. Süß flossen sie zwischen den nassen Lippen hervor und ließen Logans Fantasie verrückt spielen.

Ich brauche dich, stöhnte Cian in seinem Kopf, auf dem Rücken liegend, die Beine angewinkelt. Bitte, Tier, flüsterte er, als er den Kilt hob, um Logan sein Loch zu zeigen.

Logan verscheuchte die peinlichen Jungwolf-Träume aus seinem Kopf und packte Cians Kehle.

»Woher wusstest du, wo ich bin?«

»Ich wusste es einfach.« Er sah Cians Kehle hüpfen, roch seine Angst. »Tier, bitte. Ich habe es mir überlegt. Führ mich zu den MacGregors und ich komme mit dir. Wenn Vollmond ist, dann b-bin ich da. Du kannst mich nehmen.«

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