Читать книгу: «Der Omega und das Tier», страница 2

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Doch als der Graue knurrte, geschah etwas Seltsames: Cian spürte ihn. Über die Entfernung hinweg füllte die Anwesenheit des riesigen Wolfs seinen ganzen Geist.

Ihn habe ich vorhin gespürt, dachte Cian und schluckte. Panisch robbte er rückwärts, stieß mit dem Rücken gegen einen Baumstamm und schaffte es doch nicht, den Blick von den beiden Wölfen zu reißen, die sich vor ihm umkreisten.

Der Ochse duckte sich und sprang. Der Graue ebenfalls. Er war so schnell, dass er wie ein Schemen in der Luft wirkte. Seine Kiefer schnappten zu. Blut spritzte. Blätter stoben auf. Der Ochse fiel zu Boden. Und in seiner Kehle klaffte ein dunkles Loch. Ein entsetzliches Pfeifen erklang, als er Luft holte, die nassen Ränder zitterten. Ein weiteres Pfeifen, ein Aufbäumen, ein Zittern. Dann erschlaffte sein Körper.

Cian starrte. Panik schnürte seine Kehle zu. Der Graue schüttelte sich, knurrte durch rote Zähne hindurch und dann wandte er den Kopf. Sein Blick war das Kälteste, das Cian je erlebt hatte. Kälter als die Klostermauern bei Nacht, wenn sie im Winter zu Eis gefroren. Er wimmerte.

Es hatte keinen Sinn: Bebend warf er sich vor dem Grauen auf den Rücken und bot ihm seine Kehle an. Der Wolf in ihm wusste wieder, was zu tun war. Wenn das Monster auch nur einen Funken Anstand besaß, würde er einen Omega verschonen, der sich freiwillig unterwarf. Nun, er würde ihn nicht töten. Ein Schluchzen drängte Cians Hals hoch, als der Graue näherkam. Er würde ihn schänden. Das wusste er. Der Graue würde seine Hinterläufe auseinanderdrängen, so wie der Alpha vorhin und diesmal würde niemand ihn aufhalten. Er würde sich das nehmen, was Jaxson gehörte. Cian schluchzte verzweifelt.

Der Graue wandte sich ab.

Bebend sah Cian zu, wie der gigantische Wolf im Unterholz verschwand. Er richtete sich langsam auf. Verwandelte sich wie in Trance, zitternd und schluchzend. Ungläubig betrachtete er die Lichtung.

»Ich lebe«, flüsterte er. Der Ochse und Gelbzahn waren tot. Ihre schlaffen Leiber lagen auf verrottenden Blättern. Cian stand auf, wankte und betrachtete sie. Weiße Augen starrten ins Nichts. Blut befleckte den Boden. Nicht nur Blut. Alle Körperöffnungen hatten ihren Inhalt freigegeben und der Gestank war unbeschreiblich. Cian würgte trocken und stolperte von der Lichtung. In die Richtung, aus der er gekommen war. In der der Pfad lag und seine Kleidung.

Und der graue Wolf. Der sich in einen Mann verwandelt hatte. Struppige schwarze Haare hingen über den gigantischen Rücken des Riesen. Cian zögerte, als er ihn hinter den Baumstämmen erblickte. Ein Riese, der auf dem Boden hockte und die Kilts der Sutherlands durchwühlte. Die Kilts in MacGregor-Farben. Was war hier los?

Cian ballte die Fäuste. Sie waren kalt und nass. Eisige Luft quälte seine nackte Haut.

Es wäre klüger, stehenzubleiben. Zu warten, bis der vernarbte Wolf mit seiner Plünderung fertig war und ging. Als Mann waren seine Narben noch grauenerregender. Sie zogen sich über das halbe Gesicht. Tiefe Schnitte verunstalteten Lippen und Nase und ein Ohr fehlte. Da er nackt war, konnte Cian alles sehen. Die unregelmäßigen Schnittnarben auf dem Rücken und die Brandnarben auf der Vorderseite. Was war mit dem armen Mann geschehen?

Der Mann richtete sich auf und Cian sah noch mehr. Mehr als er geglaubt hatte, dass möglich sei. Zwischen den Schenkeln des Riesen baumelte das größte Gemächt, das er je erblickt hatte. Er schluckte. Versuchte, den Blick von der fleischigen Masse abzuwenden, aber es ging nicht. Beschämt spürte er, dass seine eigene Rute prall wurde.

Jaxson, dachte er verzweifelt, aber es half nicht. Er spürte den Riesen. Als würde ein Abbild seines Geistes in Cians Körper fahren.

Wie groß die Rute des Grauen wohl war, wenn er erregt war? Cian schockierte sich selbst mit dem Gedanken.

Sei froh, dass er kein Interesse an dir gezeigt hat, dachte er. Das hättest du nicht überlebt.

Der Riese erhob sich, schnupperte und wandte den Kopf. Und in diesem Moment wurde Cian klar, wen er vor sich hatte.

»Was willst du?«, fragte das Tier.

3. Logan

Der Junge verharrte. Hinter den dichten Büschen sah Logan nur wenige helle Flecken. Milchweiße Haut und goldblonde Locken. Ängstliche, feuchte Augen, umgeben von dichten Wimpern. Der Geruch der Angst wehte zu ihm herüber. Fast unriechbar, in der schwachen Brise voll Moder und Borke.

Logan wandte sich ab, klaubte seinen Kilt vom Boden auf und band ihn sich um. Er hatte sich hier verwandelt, hatte alles abgestreift und war den beiden Mistkerlen gefolgt. Er war nicht sicher gewesen. Sie hatten gerochen wie Sutherlands, waren aber gekleidet gewesen wie Mac Gregors, also hatte er abgewartet. Bis sie sich verraten hatten. Bis sie versucht hatten, den Jungen zu schänden und enthüllt hatten, dass sie zu dem Clan gehörten, den Logan jagte.

Flüchtig fragte er sich, wer der Kleine war. Warum die Mistkerle ihn dabei gehabt hatten und warum sie die falschen Kilts trugen. Aber es war unwichtig. Er jagte Sutherlands. Er tötete sie. Das war alles, was zählte. Der Kleine war kein Sutherland, also war er bedeutungslos.

»Du wirst mir nichts tun, richtig?« Die Stimme des Jungen war rau, und gleichzeitig süß wie Honig. »D-du wirst nicht das versuchen, was sie versucht haben, oder?«

Logan knurrte abfällig. Als ob er Jung-Omegas schänden würde. Als ob er wie diese Dreckskerle wäre.

Der Junge, offenbar ermutigt, trat vor. Ein Sonnenstrahl traf auf nackte Haut und Logan verharrte in der Bewegung. Seine Kehle zog sich zusammen.

Das Schönste, das er je gesehen hatte, stand vor ihm. Er hatte nicht auf den Jungen geachtet, als er den dreien gefolgt war. Als Einziger roch er nicht nach Sutherland. Aber nun, da die Jagd vorbei war, konnte Logan ihn nicht mehr ignorieren.

Zarte Haut, weiß wie frische Sahne. Glieder, schlank wie die eines Rehs, schmale Hüften und goldblondes Haar, das dem Jungen in großen Locken über die Augen fiel. Augen, grün wie dunkles Moos und schräg wie die eines Luchses. Und ein Mund. Ein Mund, der nicht sein durfte. Nichts konnte so prall sein wie die glänzenden Lippen, nichts so verführerisch, kein Schwung so sündig wie die Linie zwischen den weichen Bögen. Wie eine Woge hob sich die Oberlippe, wölbte sich schmollend über ihr schmaleres Gegenstück, zog Logans Blick an wie ein Magnet.

»Wer bist du?«, fragten diese Lippen.

Bei den Hinterpfoten des weißen Wolfs, dachte Logan. Das darf nicht wahr sein.

Wie konnte der Mond es zulassen, dass so ein Geschöpf frei herumlief? Wie konnte er Logan so eine Versuchung vor die Füße spülen? Logan, der selbst für die abgewrackteste Nutte noch zu hässlich war?

Ihm wurde bewusst, dass er die Erscheinung anstarrte. Stumm und verdattert wie ein Jungwolf.

Du Vollidiot, dachte er. Du weißt, wer du bist. Das Tier. Das Monster, das diesen Wald bewacht. Hör auf, dich wie ein Kalb im Frühling aufzuführen.

Vermutlich wirkte sein erstauntes Starren ohnehin wie eine Drohung, bei seinem Gesicht.

»Wer bist du?«, knurrte Logan. Seine Stimme klang ungelenk und eckig. Es war lange her, dass er sie benutzt hatte. Der letzte Mann, mit dem er gesprochen hatte, war die verräterische Nutte gewesen. »Warum warst du mit den Sutherlands unterwegs?«

»Ich w-wusste nicht, dass sie Sutherlands sind.« Die Erscheinung zitterte. »Ich dachte, Jaxson hätte sie geschickt. Jaxson MacGregor. Sie tragen seine Farben.«

Logan sah auf die abgelegten Kilts hinab. Er nickte. »Ja. Zieh dich wieder an und geh.«

»Was?«

»Hörst du schlecht? Hau ab.«

Die Augen des Jungen fuhren über die umliegenden Bäume und quollen über. Tränen tropften über bartlose Wangen. »Ich weiß den Weg nicht. Ich weiß nicht, wie – wie ich zurück auf den Pfad gelange. Ich bin gelaufen, als sie – als sie mich –« Er schniefte. Flehend sah er Logan an. »Du wirst es nicht tun, oder? Du willst mich wirklich nicht schänden?«

Logans Finger zuckten vor Verlangen, über die weiße Haut zu fahren. Zu spüren, ob sie so samtig war, wie sie aussah. Seine Rute drohte, den Kilt zu heben, und sein Hals wurde eng.

»Du stinkst nach Pisse«, knurrte er.

Die Wangen des Blonden färbten sich rosa. Er hatte kein Recht, hier zu sein. So entzückend zu sein, in diesem düsteren Wald, der getränkt war mit dem Blut unzähliger Schlachten, der Wald, der die Wurzeln durch so viele Leichen geschlungen hatte.

»I-ich hatte Angst«, sagte der Junge und sah auf seine feuchten Schenkel. »Ich wollte, also, es ist halt passiert. Sie wollten mich –« Sein Kehlkopf hüpfte. »Hast du es gesehen? Als ich –«

»Als du den Sutherland vollgepisst hast?« Logan hätte beinahe gelacht. »Ja. Sei froh, dass du es getan hast. Sonst hättest du nicht abhauen können.«

»Hat nicht lange funktioniert«, murmelte der Kleine. »Hättest du mich nicht gerettet –«

Logan stockte. »Ich hab dich nicht gerettet, du dämliche Pissnelke. Ich habe zwei Sutherlands umgebracht. Du bist mir egal.«

»Oh.« Der Junge atmete tief ein. Der blöde Sonnenstrahl tanzte über seine Locken und ließ sie wie Gold erscheinen. »Trotzdem. Ich verdanke dir mein Leben.«

Logan zuckte mit den Achseln und wandte sich ab. »Gern geschehen.« Er marschierte durch ein Büschel Farne. Außer Sicht. Weg von diesem goldenen Knaben, der nicht in den Wald gehörte und der hier wie durch ein Wunder mehrere Stunden überlebt hatte.

Dachte Logan zumindest. Er war kaum ein paar Meter weit gekommen, als er Schritte hinter sich hörte.

»Warte«, rief der Junge. Er hatte seine Kleidung aufgehoben, war aber immer noch nackt. Sein halbsteifer Pimmel hüpfte auf und ab, als er Logan hinterherrannte. Logan fragte sich, was an dieser ganzen Angelegenheit den Kleinen erregte. Nun, er war jung. Vermutlich hatte er eine Wurzel gesehen, die ihn entfernt an eine harte Rute erinnerte.

»Was willst du?«, fragte Logan und ging weiter.

»Zeig mir den Weg«, bat der Goldjunge.

»Da hinten.« Logan deutete mit dem Finger in die Richtung, in der der Pfad lag. Aber der Goldene war nicht zufrieden.

»Bring mich hin«, baten die sündigen Lippen. Die Katzenaugen flehten. »Bitte. Kannst du mich nicht den ganzen Weg zurück begleiten? Bis zum Kloster?«

»Nein.« Logan wandte sich ab.

»Tier«, sagte der Junge und klang ziemlich herrisch für einen, der nackt und bepisst durch den Wald stolperte. »Ich bin Cian MacKay. Der zukünftige erste Omega des MacGregor-Rudels. Ich verlange, dass du –«

Logan fuhr herum und packte die Kehle des Jungen. Drängte ihn gegen einen Baum und kam ihm so nahe, dass er den hektischen Atem auf seinen vernarbten Lippen spürte. Süß und feucht. Panik schwamm in den Augen des Goldenen.

»Du verlangst gar nichts, Kleiner«, knurrte Logan. »Nicht von mir. Weißt du, wer ich bin?«

»D-das Tier«, flüsterte der Junge. Cian MacKay. »Du bist das Tier, das in diesem Wald lebt, nicht wahr? Die beiden – die Sutherlands haben von dir gesprochen.«

»Und ich wette, sie hatten Angst.« Logan grinste freudlos. »Sehe ich aus wie einer, der Befehle entgegen nimmt?«

»N-nein.«

»Genau. Und erst recht nicht von kleinen Jungs.« Logan ließ los, wandte sich ab und stapfte davon. Hinter sich hörte er ein dumpfes Geräusch. Der Junge musste zu Boden gesunken sein.

»Ich flehe dich an«, rief der Goldene. »Bitte bring mich zurück!«

Logan ging weiter. Etwas zerrte an ihm. In ihm. Eine kleine Stimme aus der Vergangenheit, die meinte, er sei immer noch ein Teil seines Rudels. Aber das war er nicht. Also ging er weiter. Vorbei an dunklen Stämmen, in die beginnende Dämmerung. Ein letztes Mal hörte er den Jungen hinter sich.

»Dann halt nicht, du Köter!«

Logan lachte leise. Es fühlte sich falsch an, wie der Phantomschmerz eines Körperteils, das schon lange verrottet war. Hinter ihm verklangen die Geräusche des Jungen, seine Flüche und Beschimpfungen. Herrliche Ruhe umfing Logan. Die Einsamkeit, die er kannte, die dunklen Schatten, die ihn stets begleiteten. Kühle Waldluft strich über sein juckendes Gesicht.

Der Junge würde zurechtkommen.

4. Cian

Er hasste den Wald. Hasste sämtliche Eichen, Birken und Fichten darin, alle Vögel, die über seinem Kopf kreischten und alles Getier, das raschelnd durch das Unterholz schlich. Und er hasste den Pfad, den er schnell wiedergefunden hatte. So schnell, dass es überhaupt keine Mühe bereitet hätte, ihn dorthin zu bringen. Oder ein wenig weiter.

»Dieser Kerl war ein unhöflicher Klotz«, erklärte er dem dichten Gestrüpp am Wegesrand. Sein Nacken brannte, da, wo der Ochse ihn gebissen hatte. Die Muskeln in seinen Beinen brannten. Seine Fersen brannten. Er stolperte über einen kantigen Stein unter den Blättern und jaulte auf. Schriller Schmerz zuckte durch seinen großen Zeh. »Verdammt!«

Das war nur die Schuld des Tiers. Wenn der ihn sicher zurück zum Kloster begleitet hätte – Cian seufzte. Nein, war es nicht. Und immerhin hatte der Kerl ihn gerettet. Unabsichtlich, aber es war eine unbestreitbare Tatsache. So wie die Tatsache, dass es dunkel wurde. Dass aus langen, blauen Schatten längst graue Dämmerung geworden war und der Weg immer schlechter zu erkennen. Die Finsternis hinter den Baumstämmen kroch über den Pfad und hüllte alles in Dunkelheit.

Cian hielt an. Kälte schlängelte sich über seine Haut, drang unter die Kleidung. Den viel zu dünnen Stoff. Er hatte den Umhang nicht mehr gefunden, den er bei der Flucht verloren hatte. Er hätte einen der Umhänge mitnehmen sollen, den die Sutherlands getragen hatten. Sie brauchten sie nicht mehr und er fror.

Immerhin hatte er daran gedacht, sich den Wasserschlauch zu nehmen, den Gelbzahn am Gürtel getragen hatte. Er trank einen Schluck und merkte, dass der Behälter fast leer war.

Wo würde er mehr Wasser finden? Weit und breit gab es nur Dunkelheit. Und die Bäume, die links und rechts von ihm aufragten wie Monster.

Wir sind über eine Brücke gegangen, dachte er. Aber das ist Stunden her. Ich bin so durstig. Und hungrig.

Sehnsüchtig dachte er an die Abendessen im Kloster. Einfache Suppen, selten mit Fleisch, aber stets gut gewürzt. An seine karge Zelle, die doch ein Bett hatte und Zuflucht bot. An den Kräutergarten, der trotz des verregneten Sommers üppig grünte. Und an Jaxson. Der hatte mit dem Kloster nichts zu tun, Cian dachte einfach gern an ihn. Es linderte den Schmerz. Er versuchte, sich an jede dunkle Locke auf Jaxsons Kopf zu erinnern, als er weiter stolperte.

Du kannst nicht schnell genug volljährig werden, hatte Jaxson ihm ins Ohr geflüstert, als seine Hand unter Cians Kilt gewandert war. Ich habe so viel, das ich dir zeigen will.

Cian schluckte trocken. Er hatte es geschafft, sich zu beherrschen. Sich nicht über Jaxsons Finger zu verströmen. Aber seit diesem Abend beherrschten die warmen Handflächen all seine Träume. Seit diesem Abend, an dem Jaxson ihn zu seinem Zimmer begleitet hatte und sie in dem kleinen Erker Halt gemacht hatten, um ihren ersten Kuss zu teilen, schlug sein Herz schneller. Immer, wenn er sich daran erinnerte, wie Jaxson roch. Nach Kaminasche und Hirschbraten. Seine Lippen schmeckten nach Pilzsoße. Cian war so hungrig.

Es war kurz nach dem Abendessen gewesen, als ihre Münder sich in der Dunkelheit gefunden hatten. Als Jaxsons Zunge sich zwischen Cians Zähne gedrängt hatte und er dessen Härte durch ihre Kilts gespürt hatte. Sie war ihm riesig vorgekommen. Ja, er hatte sich gefragt, wie Jaxson es schaffen wollte, in ihn einzudringen, wenn sie sich endlich verbanden. Wenn er endlich volljährig war.

Und nun war er es und war immer noch unberührt. Seinen Geburtstag hatte er im Kloster verbracht, verborgen vor der Welt. Vor den Sutherlands, die in seinem Rudel gewütet hatten. Wie viele seiner Verwandten wohl noch lebten? Der Bote, den sein Erzeuger geschickt hatte, hatte es ihm nicht sagen können.

Er dachte an Myles, Fraser und Hugo. Die Alphas, die sich gern bei ihnen herumgetrieben hatten, die mit den Omegas gescherzt und gelacht hatten. An seinen Bruder Connor, der vor dem Omegaturm auf seinen Gefährten wartete, einen Strauß Wiesenblumen in der Hand. An Caelan, der den Großteil seiner Zeit auf dem Übungsplatz verbrachte und den Rest im Wald. Oft hatte er sogar dort geschlafen. Unter den Alphas galt es als Mutprobe, möglichst viel Zeit außerhalb der Burgmauern zu verbringen.

»Ich wünschte, ich wäre ein Alpha«, murmelte Cian. Dann müsste er sich jetzt nicht so fühlen. So hilflos und zerbrechlich. Jedes Kaninchen im Unterholz war stärker als er. Oder kannte sich in diesem blöden Wald wenigstens aus. Der Mond blitzte nur selten aus dem dichten Blätterdach und Cians Zähne klapperten. Was für ein beschissener Sommer. Er stolperte erneut, fiel der Länge nach hin und landete ihn etwas Weichem. Matsch und Moder drangen durch seine dünnen Kleider.

»Mist«, rief er.

Ein Kreischen erklang über ihm. Flügel flatterten. Ihm wurde kalt. Jede Gruselgeschichte, die er je gehört hatte, drang in seinen Schädel und lief dort Amok. Geschichten von geflügelten Monstern, die allein reisende Männer verspeisten. Von den Ghoulen, die unter der Erde lebten und auf Schritte lauerten. Omegas, die noch unschuldig waren, fraßen sie angeblich nicht. Aber das konnte eine dieser Schauergeschichten sein, die Omegas dazu bringen sollten, rein und keusch zu bleiben.

»Vermutlich fressen Ghoule alles, was ihnen zwischen die Hauer kommt«, murmelte Cian und schauderte.

Er erhob sich ächzend und versuchte, den Schlamm von seiner Vorderseite zu wischen. Der Gestank war entsetzlich. Aber er hatte schon vorher nicht gut gerochen. Hitze stieg in seine Wangen, als er daran dachte, was dieses blöde Tier gesagt hatte. Nun, immerhin hatte der Geruch ihn davon abgehalten, Cian zu schänden. Das war es gewesen, oder?

Natürlich war es das, dachte er.

Als ob das Tier einen Funken Anstand gehabt hätte. Der hatte genauso respektlos mit ihm gesprochen wie die beiden falschen MacGregors. Das Tier hatte es sogar gewagt, ihn gegen einen Baum zu drängen und seine Kehle zu packen. Ekelhaft.

Seltsam, dass dieser Moment die entgegengesetzte Wirkung gehabt hatte, die er hätte haben sollen. Gut, Cian hatte sich gefürchtet. So sehr, dass er Angst gehabt hatte, dass sein Brustkorb platzen würde. Aber etwas anderes war geschehen. Seine Rute hatte sich mit Blut gefüllt und aufgerichtet. Sein ganzer Unterleib hatte gekribbelt. Aus Angst, dass das Tier etwas merken könnte, hatte Cian sich gleich zu Boden sinken lassen, als er ihn endlich losgelassen hatte. Doch der Dreckskerl hatte sich nicht mal umgedreht. Sein breiter Rücken war zwischen den Bäumen verschwunden und nun war Cian allein.

Es hatte keinen Sinn. Er konnte die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Wenn er weiterginge, würde er nur wieder stolpern. Wenn er Pech hätte, würde er sich den Schädel dabei anschlagen und der Mond wusste, wann hier jemand vorbeikam, um ihm zu helfen. Seit Stunden hatte er niemanden mehr getroffen. Niemand wusste, dass er hier war. Die Mönche dachten, er wäre auf dem Weg zu Jaxson und Jaxson – Hatte der jemand geschickt, um ihn zu holen? Wusste er überhaupt, wo Cian war? Hatten die Sutherlands Jaxsons Männer überfallen?

Zitternd vor Kälte sah Cian sich nach einem geeigneten Schlafplatz um. Schwer, in der Dunkelheit. Er betastete den nächsten Strauch und erwischte Dornen. Fluchend zog er die Finger zurück.

Wo schlief man im Wald? Schließlich rollte er sich einfach in der Mitte des Weges zusammen. Da, wo der Boden am trockensten war. Da, wo die toten Blätter ihn ein wenig vor der Kälte schützten, vor dem eisigen Boden, dessen frostige Finger bis auf seine Knochen drangen.

Wenn jemand vorbeikommt, wird er mich finden, dachte Cian. Und mir helfen, zurück ins Kloster zu kommen.

Er stellte sich vor, dass es ein freundlicher Mensch sein würde, der Wasser dabei hatte. Und frisches Brot. Und der ihm helfen würde, zu verstehen, warum die Sutherlands sich als MacGregors ausgaben. Ach, warum sollte es nicht gleich Jaxson selbst sein, der sich zu ihm hinunterbeugte und ihm Zärtlichkeiten ins Ohr flüsterte? Der ihn umarmte, um die Kälte zu vertreiben. Der seine harte Rute an ihn presste, die zwar nicht so groß wie die des Tiers war, aber – Warum dachte er jetzt an den Mistkerl?

»Ich hoffe, ich sehe ihn nie wieder«, flüsterte Cian, die Wange in knisternde Blätter gepresst.

Angst flatterte in seinem Bauch, als er daran dachte, dass das Tier irgendwo durch diese Wälder schlich. Leise und tödlich. Bestimmt konnte er im Dunkel sehen. Was, wenn er es sich anders überlegte und Cian gefolgt war? Wenn seine rauen Krallen über Cians Schenkel streichen würden und – Cian schluckte. Zwischen seinen Schenkeln zuckte es. Sein Schwanz kribbelte, wenn er an die Berührung des Tiers dachte.

Nein, dachte er. Hör auf, du blödes Stück. Wenn der Mistkerl mich anfassen würde, würde ich mich nur fürchten. Ich hätte furchtbare Angst. Ich HABE furchtbare Angst. Nicht nur, dass ich allein im Wald bin, es ist auch kalt und –

Er lauschte angestrengt. Der Wald bei Nacht war lauter als er geglaubt hatte. Eulen schrien. Überall raschelte es. Er schluckte trocken. Vielleicht doch lieber an etwas Angenehmes danken. Nur zur Ablenkung. Zum Beispiel an Jaxson, der ihn zu einem Badezuber trug. Ein Zuber, gefüllt mit dampfendem Wasser, auf dem duftende Kräuter trieben. In Cians Fantasie waren sie beide nackt und endlich verbunden. Für immer.

Jaxson würde ihn in das Wasser lassen und ihm den Gestank des Waldes vom Leib waschen, mit sanften Fingern. Er würde Cian ins Ohr flüstern, dass das alles nur ein furchtbarer Traum gewesen war. Er war nie vor den Sutherlands geflüchtet und hatte nie eine Nacht auf dem kalten Waldboden verbringen müssen.

Cians Rechte fuhr zwischen seine Schenkel. Er biss die Zähne zusammen, als kalte Nachtluft an seine Haut drang. Aber er musste sich ablenken. Langsam umfassten seine Finger den prallen Schwanz und rieben darüber. Nur ein wenig. Genug, um die Panik zu vertreiben, die sich in ihm breitmachen wollte.

Jaxson, dachte er. Er würde mit nassen Fingern durch meine Haare fahren und mich küssen und ich würde den Kopf in den Nacken legen und – und die Schenkel für ihn öffnen. Ich würde endlich erkennen, dass er mein Gefährte ist. Ich würde das Zeichen bekommen, wenn wir uns lieben. Bestimmt.

Es waren die Omegas, die ihre Alpha-Gefährten erkannten. An einem Zeichen, das bei jedem anders war, also konnte niemand Cian sagen, was es war. Aber Jaxson war sein Gefährte. Bestimmt. Wenn sie sich liebten, würde er es wissen.

Wenn wir uns lieben, wird es so schön, dachte er und rieb sich fester. So schön und ich werde das Zeichen erkennen. Vielleicht kann ich mehr Farben sehen, wenn wir es endlich tun. Oder mehr schmecken. Oder seine Gedanken lesen? Auf jeden Fall wird es wundervoll.

Es war schwer, nicht zu weit zu gehen. Aber Cian hatte sich im Griff. Immer, wenn das Drängen in seinen Lenden zu mächtig wurde, öffnete er die Faust und ließ die Kälte an seine Haut. Er seufzte leise. Rein und unschuldig musste er bleiben, bis er sich mit Jaxson verband. Nicht ganz so unschuldig, wie er es war. Doch er fürchtete sich. Vor dem Kontrollverlust, wenn er nicht aufhörte. Wenn er sich einmal bis zum Höhepunkt wichste, würde er nicht mehr damit aufhören können, richtig? Und dann wäre es nicht mehr weit, bis er sich dem nächstbesten Alpha an den Hals warf, oder gleich mehreren. Oder? Er war kurz davor, es trotzdem zu wagen, als die Müdigkeit ihn übermannte. Die Hand um sein bestes Stück geschlossen, schlief er ein.

***

Jaxson rieb mit einem weichen Lappen über Cians Rücken. Warmes Wasser lief über seine erhitzte Haut, zurück in den Zuber. Die Luft war feucht und schwer und duftete nach Lavendel. Jaxson saß hinter ihm und Cian spürte seine heiße Brust an der Wirbelsäule. Stöhnend lehnte er sich zurück.

»Das tut so gut«, murmelte er. »Das muss ein Traum sein.«

»Ist es auch«, flüsterte Jaxson in sein Ohr.

»Schade.« Cian wandte den Kopf und sah zu ihm hoch. »Aber es ist ein guter Traum.«

»Das finde ich auch«, sagte Jaxson. Weiße Zähne blitzten und Cians Magen kribbelte. »Ein ganz wunderbarer.«

»Es ist ein dummer Scheißtraum«, knurrte das Tier.

Was? Cian fuhr herum. Breitbeinig und scheußlich stand das Tier vor dem Zuber. Sein dreckiger Kilt spannte über mächtigen, haarigen Schenkeln. Der Kerl war so riesig, dass sein Kopf gegen die Decke stieß und sein Schatten über Cian fiel. Kalte Augen starrten auf ihn nieder. Alle Narben des Tiers waren zu frischen Wunden geworden und Blut strömte über sein Gesicht, tränkte seinen bloßen Oberkörper.

»Was tust du hier?«, fragte Cian. Das Wasser im Zuber schwappte. Er roch vermodernde Blätter.

Statt einer Antwort hob das Tier seinen Kilt. Seine fleischige Rute war noch riesiger geworden, lag wie ein Rammbock in den rauen Pranken.

»Lass das!«, fauchte Cian. »Was tust du in meinem Traum?«

Das Tier zuckte mit den Achseln. »Du konntest nicht aufhören, an meinen Prügel zu denken, also sind wir hier.«

»Konnte ich wohl!«, rief Cian. »Das hat nichts zu bedeuten. Was tust du?!«

Ein gelber Strahl schoss aus dem Schlitz in der Eichel. Urin plätscherte in den Zuber, in dem Cian saß. Der fuhr hoch.

»Hör auf, in mein Badewasser zu pissen!«, brüllte er und fuhr herum. »Jaxson! Sag ihm, dass er aufhören soll!«

Doch Jaxson war verschwunden. Und der Zuber auch. Hinter ihm war der dunkle Wald. Die Bäume ragten noch höher auf, der Mond war noch ferner. Und Cian war winzig. Auf einem trockenen Blatt sitzend, das von Rissen durchsetzt war, starrte er zu dem Tier auf, das den Mond verdunkelte. Das seine Rute rieb, bis sie über ihm aufragte wie ein Baumstamm. Angst schoss in Cians Bauch.

»Bitte«, flüsterte er.

»Bitte was?«, grollte das Tier.

»Bitte«, Cian breitete die Arme aus, »komm her. Ich brauche dich.«

Stumm sank das Tier auf die Knie. Es schien zu schrumpfen. Oder wuchs Cian? Raue Pranken packten seine Wangen. Raubtieraugen funkelten, direkt vor ihm. Die Angst raubte ihm den Atem. Oder war es etwas anderes? Bebend hob er eine Hand. Strich über die klaffenden Wunden. Fühlte heisses Blut über seine Finger strömen.

»Sie haben dich getötet«, sagte er und das Tier nickte. Cian schnupperte, roch ihn. Eisen und Erde. Dunkle Erde, schwer, als würde sie ein Grab bedecken. »Deshalb kannst du ohne Rudel überleben. Du lebst gar nicht. Du bist tot.«

»Ja.« Das Tier regte sich nicht. Wie eine Statue kniete es über ihm, die behaarten Beine links und rechts von Cians zitternden Schenkeln. »Ich bin tot. Aber ich kann dir helfen, am Leben zu bleiben.«

»Du wolltest mich nicht einmal zurück auf den Weg bringen«, flüsterte Cian. »Du hilfst mir nicht.«

»Kleiner.« Das Tier klang, als würde es direkt aus dem Totenreich zu ihm sprechen. »Das hier ist ein Traum. Ich kann alles tun, das du willst.«

»Ich wollte nicht, dass du mir ins Badewasser pisst«, knurrte Cian. »Das warst ganz allein du.«

Das Blut lief schneller aus den Wunden. Es glänzte im schwachen Schein des Mondlichts. »Ich mochte es nicht, dass du mit dem Schönling gebadet hast.«

»Er ist mein Gefährte«, sagte Cian.

»Er ist ein Schönling.«

»Nein, er ist einfach schön.« Cians Kehle schnürte sich zu. Er versuchte zu schlucken, aber es ging nicht. »Und du bist ein Mistkerl. Ein Mörder. Du hast die Sutherlands getötet.«

»Ja, das habe ich.« Blut rann über Cians Hand, die immer noch auf der stoppeligen Wange des Tiers lag. »In Wahrheit bin ich ein Monster. Aber hier bin ich alles, was du dir vorstellst. Du hast die Kontrolle.«

Cian fühlte sich nicht, als hätte er irgendetwas unter Kontrolle. Sein Körper bebte, sein Magen flatterte und da, wo die nackten Beine des Tiers seine berührten, kribbelte alles. Furcht rann durch seine Adern. »D-dann hör auf zu bluten. Deine Wunden sind längst verheilt.«

Der warme Strom auf seinen Fingern versiegte. Schnitte verschlossen sich, wurden zu Fleischwulsten.

»Besser«, murmelte Cian. »Und jetzt komm her, Tier.«

Zitternd lehnte er sich zurück. Sein Körper war eine einzige Schwachstelle, jeder Muskel kurz davor, aufzugeben. Aber seine Rute war hart. Wie ein Dorn stand sie von seinem Körper ab, pochend und sehnend. Sie stach in den Bauch des Tiers, als es sich über Cian beugte. Als vernarbte Lippen sich öffneten und Raubtierzähne freilegten.

»Du kannst es kaum erwarten, was?« Das Tier leckte sich über die Lippen.

Cian konnte es nicht verneinen. Hilflos bebend lag er unter dem Tier. Spürte die Blätter in seinem Rücken, roch alte Erde im kalten Wind und konnte doch nichts anderes anstarren als den Mund des Biests. »Halt die Klappe«, krächzte er. »Ich habe die Kontrolle, nicht du.«

Das Tier verharrte. Abwartend sah es Cian an. Der bockte aufwärts, rieb sein Becken über die harten Muskeln des Tiers.

»Küss mich endlich«, stöhnte er. Er legte den Kopf in den Nacken, krallte die Finger in die steinharten Arme des Tiers und schlang die Beine um dessen Hüften. Das Rauschen in seinem Körper wurde lauter. Drängender. Er war fast soweit. »Schnell.«

Trockene Lippen senkten sich auf seine. Rissig strichen sie über seine Haut. Cian jaulte.

Mehr, dachte er, denn seine Stimme versagte. Mehr.

Die fleischige Zunge des Raubtiers drang in seinen Mund. Er spürte ihre glatte Unterseite, ihre Stärke, schmeckte Salz und Zimt. Aufschreiend schlug er die Krallen in den Nacken des Tiers, küsste ihn zurück, mit aller Kraft. Bäumte sich auf und rieb sich an dem Tier, dem Himmel entgegen. Zuckend verglühte die Nacht, spülte die Erlösung ihn den Sternen entgegen. Er verströmte sich unkontrolliert, beschoss das Tier mit seinem Samen und brüllte seinen Namen in dessen Mund.

Logan.

Als sie sich voneinander lösten, weinte Cian. Die Schluchzer schüttelten seinen Körper und verengten seinen Hals. »Es tut mir leid«, schniefte er. »Es tut mir so leid, Jaxson!«

Denn es war nicht mehr das Tier, das über ihm aufragte. Es war Jaxson. Dessen braune Augen sahen auf ihn hinunter, drangen bis tief in seine Brust.

399
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9783969693254
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