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Mittwoch, 24. September 2014 13:12 Uhr

Bonnie war müde. Sie hatte zwar nur am Vormittag arbeiten müssen, aber die drei Kundinnen, die sie zu bedienen hatte, waren sehr anstrengend gewesen. Eine hatte fast eine halbe Stunde mitten im Laden gestanden und auf den Musterfächer gestarrt, bis sie sich schließlich nach viel Fragerei und zwei Gratis-Tassen Kaffee für eine Nagelfarbe entschieden hatte. Eine andere hatte während der Maniküre ohne Punkt und Komma über alles geredet, was ihr in den Sinn gekommen war: Ihre Enkel, den Hund der Nachbarn, die Katze ihres Vermieters, das Wetter, den Volksentscheid zu Abspaltung Schottlands und sogar über ihren Goldfisch, der bereits vor über zwanzig Jahren gestorben war. Bonnie hatte geglaubt, dass jeden Augenblick ihre Ohren zu bluten anfangen würden, während sie der Frau French Nails verpasste.

Die letzte Kundin, die sie an diesem Vormittag bedient hatte, hatte wenig gesprochen, dafür war Bonnie beinahe an dem schweren Parfum erstickt, das die Dame alles andere als dezent aufgelegt hatte.

Als es endlich 13 Uhr war, atmete Bonnie erleichtert auf. Sie hatte den Nachmittag frei und freute sich darauf, nach Hause zu kommen, um zu relaxen. Für den Abend hatte sie sich mit Freunden aus Wick in der dortigen Disco verabredet.

Sie packte ihre Sachen, verabschiedete sich bei ihrer Chefin und verließ das Studio. Dann ging sie zum Schnellimbiss und holte sich eine große Portion Fish und Chips mit viel Essig, die sie auf dem großen Parkplatz am Hafen, an ihren Nissan Micra gelehnt, verdrückte. Anschließend machte sie sich auf den Heimweg.

Nach ereignislosen fünfundvierzig Minuten Fahrt, während der sie den MP3s ihrer Lieblingsband One Direction gelauscht hatte, kam sie Zuhause an. Die Stellfläche neben dem Haus, das zwei Autos Platz bot, war leer. Ihre Mutter war bereits seit über einer Stunde weg, wie Bonnie die Uhr am Armaturenbrett verriet. Sie arbeitete als Stationsschwester im Krankenhaus von Wick, gerade einmal ein paar Minuten zu Fuß von ihrem Nagelstudio. Ironischerweise sahen sie sich aber, seit Bonnie einer regelmäßigen Arbeit im Studio nachging, wesentlich seltener als früher. Meist lagen die Schichten ihrer Mutter und ihre eigene Arbeitszeit so, dass sie sich unter der Woche knapp verpassten. Doch das störte Bonnie nicht; denn es kaschierte für sie die Tatsache, dass sie mit neunzehn Jahren immer noch in ihrem Elternhaus wohnte. Obwohl ›Elternhaus‹ ja schon lange nicht mehr richtig war. Seit der Scheidung ihrer Eltern vor drei Jahren, war es eigentlich nur noch ein Mutter-mit-Tochter-Haus. Aber gab es so was überhaupt? Bonnie jedenfalls war ganz froh darüber, dass sie ein wenig Freiheit genießen konnte und Halbsätze wie ›So lange du deine Füße unter meinen Tisch steckst‹ eher Seltenheitswert hatten.

Sie schloss ihren babyblauen Nissan, ein großzügiges Geschenk ihres Vaters zum achtzehnten, ab und ging zur Haustür. Sie warf einen kurzen Blick in den Briefkasten, aber er war leer. Dann schloss sie auf und ging hinein.

Ihre Mutter und sie wohnten in einem unauffälligen, nicht sonderlich attraktiven Haus mit weiß verputzten Wänden und einen grauen Dach. Es war im Ort das einzige, das in den letzten sechzig Jahren neu gebaut worden war; ihre Eltern hatten es 1997 an der Stelle errichtet, wo früher das Elternhaus von Bonnies Vater gestanden hatte. Dieses war, als es darum ging, zusammenzuziehen, viel zu klein und auch so baufällig gewesen, dass ein Abriss und Neubau die beiden günstiger gekommen war, als eine Sanierung. Natürlich hatten die Nachbarn, allesamt alteingesessen, ihre Nasen über den schmucklosen und viel zu modernen Neubau gerümpft, ebenso wie über ›die Neue‹ im Ort, Bonnies Mutter Lily. Aber das war ihren Eltern egal gewesen und irgendwann, sie hatten nur genug Geduld aufbringen müssen, war dann doch eine Art stille Akzeptanz eingekehrt.

Als sich ihre Eltern dann hatten scheiden lassen, war für Bonnie die Frage im Raum gestanden, bei welchem Elternteil sie leben wollte. Sie war immerhin schon fast sechzehn und ihre Eltern hatten ihr zugetraut, diese, zumindest für die nächsten paar Jahre einschneidende Frage, selbst zu beantworten. Ihr Vater Stuard hatte ihrer Mutter großzügiger Weise das Haus überlassen und war in ein Apartment nach Wick gezogen. Und auch wenn Bonnie es reizvoll gefunden hätte, mit ihrem Vater zu wohnen, noch dazu in einer im Vergleich zu Gleann Brònach richtigen Stadt, hatte sie sich dagegen entschieden. Der einzige Grund dafür war allerdings, dass sie ihrer Mutter nicht das Herz brechen wollte, denn Gleann Brònach selbst übte auf sie keinerlei positiven Reiz aus. Es war nicht mehr als eine kleine, weit ab von jedem Spaß gelegene Siedlung, bewohnt von verschrobenen Menschen, die zum Lachen in den Keller gingen.

Zum Glück hatte sie ja ihr kleines Auto und war unabhängig. Sie konnte jederzeit nach Wick fahren, ob nun zum Arbeiten, um ihrem Vater zu besuchen oder mit ihrer Clique in den einzigen Club der Stadt, das ›Ghost‹ zu gehen.

Wenn Bonnie Zuhause war, verbrachte sie ihre Zeit meist mit Fernsehen oder schlafen. Und beides würde sie jetzt, ungeachtet der Tatsache, dass es erst Nachmittag war, ausgiebig tun. Sie warf ihre Tasche vor die Garderobe, schlüpfte aus ihren Sneakers und ließ ihre Steppjacke auf den Boden fallen. Sie ging in die Küche und dort direkt zum Kühlschrank. Sie holte die angefangene Flasche Orangensaft heraus und trank sie beinahe in einem Zug leer. Während sie den letzten Schluck ihre Kehle herunterlaufen ließ, fiel ihr Blick auf die Fensterfront, die in den rückwärtigen, seit dem Auszug ihres Vaters recht vernachlässigten, Garten zeigte. Sie erschrak.

Auf einem der verwitterten, weißen Plastikstühle, die eigentlich mit einer Plane abgedeckt sein sollten, saß jemand und starrte sie direkt an.

Unwillkürlich überkam Bonnie Verärgerung. Wie konnte es diese Person wagen, einfach so ihren Grund und Boden zu betreten? Bonnie stellte ihr Glas ab, ging zum Fenster und öffnete es.

»He du!«, rief sie hinüber. »Was suchst du da? Verschwinde gefälligst von unserem Grundstück!«

Doch der Eindringling blieb unbeeindruckt; im Gegenteil. Er erhob sich von seinem Platz und kam mit stoischer Ruhe auf sie zu. Was die Person dann tat, ließ Bonnie entsetzt zurück taumeln.

_____

Das Schicksal hat sehr viele, allesamt unberechenbare Facetten. Es konnte sich langsam ankündigen; so wie bei der Scheidung ihrer Eltern, der fast anderthalb Jahre stetiger Streitereien, Vorwürfe und verbaler Tiefschläge vorausgegangen waren. Aber ebenso konnte es sich innerhalb eines Wimpernschlags erfüllen; so wie jetzt gerade.

Bonnie hatte keine Ahnung, warum sie plötzlich philosophische Gedanken hatte; das war eigentlich gar nicht ihre Art. Aber bis vor zwei Minuten war ihre Welt auch noch in Ordnung gewesen. Sie hatte Orangensaft getrunken und sich überlegt, ob sie Fernsehen oder eine DVD schauen sollte. Doch jetzt saß sie zusammengesunken und zitternd auf einem der Küchenstühle und hielt einen Schokoriegel in ihrer Hand. Tränen und ihr eigener Handrücken hatten ihr Make-up, auf das sie immer großen Wert legte, verwischt. Und trotz der eigentlich angenehmen Temperatur, die in der Küche herrschte, war ihr eiskalt. Sie hatte Angst; Todesangst. Wie würde das Schicksal entscheiden? Es lag bei ihr, das wusste sie, denn sie hatte die Wahl: Entschied sie sich für die erste Option, die ihr genannt worden war, war die Konsequenz daraus klar und unumkehrbar. Lediglich Option zwei bot ihr eine klitzekleine Chance, aus dem unvermittelt über sie hereingebrochenen Albtraum wieder zu erwachen.

Fordernde Augen blickten sie an. Sie wurde verbal und mit Gesten bedrängt. Bonnie musste sich jetzt entscheiden, sonst würde ihr Gegenüber es für sie tun. Also traf sie ihre Entscheidung. Sie wählte die zweite Option. Mit zitternden Fingern riss sie die Verpackung des Schokoladenriegels auf und drücke ihn ein Stück heraus. Sie führte ihn langsam an den Mund, roch den süßlichen Duft, der von ihm ausging. Sie schloss die Augen. Sie biss ab.

Montag, 06. Oktober 2014 16:55 Uhr

Bericht aus den Caithness News vom 28. Mai 1951

UNGLÜCKSSERIE IN GLEANN BRÒNACH FORDERT VIERTES TODESOPFER – EINHEIMISCHE SPRECHEN VON DÄMON

Nachdem in den vergangenen zwei Wochen bereits drei Menschen in der lediglich neunundsiebzig Einwohner z ählenden Siedlung Gleann Brònach auf mysteriöse Weise gestorben waren, gibt es nun ein viertes Opfer zu beklagen: Ein achtundfünfzigjähriger Schafzüchter wurde mit einer t ödlichen Kopfverletzung inmitten seiner Schafherde gefunden. Die Polizei geht davon aus, dass der Mann unglücklich gestolpert und mit dem Kopf auf einem Stein aufgeschlagen war.

Zur Erinnerung: Vor knapp drei Wochen begann die Unglücksserie in Gleann Brònach, als die Tochter eines Farmers ihren Vater morgens tot im Schweinestall fand. Der Arzt hatte Herzversagen als Todesursache angenommen, konnte dies aber aufgrund des Zustands des Körpers, der von den Schweinen schon sehr entstellt worden war, nur vermuten.

Eine siebenunddreißigjährige Einwohnerin war in der darauf folgenden Woche aus noch ungeklärten Umständen im nahegelegenen Fluss Dubh Nathair ertrunken. Die Polizei vermutet auch hier ein Unglück. Möglicherweise hatte die Frau versucht, im Fluss zu baden, hatte aber dessen Strömung unterschätzt. Sie war leblos, zwischen den Ästen eines abgestorbenen Baumes eingeklemmt, gefunden worden.

Das dritte Opfer hatte eine Bauernfamilie zu beklagen, deren Sohn in der eigenen Scheune, von einer Heugabel aufgespießt, gefunden worden war.

Die Einwohner der Siedlung leben seit diesen schrecklichen Vorfällen in großer Angst. Nicht erst seit dem j üngsten Todesfall machen vermehrt Gerüchte über einen Dämon oder gar den Teufel persönlich die Runde, der das Dorf heimsuchte und sich seiner Opfer bem ächtigt e. Anzeichen oder konkrete Hinweise darauf gibt es laut dem zuständigen Detective Inspector Murtagh Hill, natürlich nicht. Wir halten unsere Leser auf dem Laufenden.

Jack ließ den Zeitungsausschnitt sinken und warf einen Blick aus dem kleinen, ovalen Fenster. Durch das schlechte Wetter war außer den Regentropfen, die sich unruhig zitternd an der Scheibe entlang schlängelten, und einer einzigen, grauen Wolkenmasse, nichts zu erkennen. Ein paarmal war das Flugzeug aufgrund von Windturbulenzen leicht abgesackt. Jack war kein Angsthase, was das Fliegen anging, aber zusammen mit der düsteren Lektüre verursachte ihm dieser Trip doch ein wenig ein flaues Gefühl in der Magengegend. Waren das etwa dunkle Vorzeichen?

Jack konnte sich in jedem Fall jetzt, nachdem er sich in die Materie eingelesen hatte, gut vorstellen, was Felix daran gereizt hatte. Die mysteriöse Geschichte über den Dämon von Gleann Brònach passte wunderbar in sein nächstes Buch, denn tatsächlich erweckten die tragischen Todesfälle den Eindruck, als hätte damals eine dem Höllenschlund entstiegene, dunkle Macht ihre Finger im Spiel gehabt. Es hatte seinerzeit weder Zeugen, noch entsprechende Spuren gegeben, die auf Fremdverschulden und damit auf Verbrechen hingedeutet hatten. Heute, mit den modernen Methoden wie der DNA-Analyse, wäre das natürlich leichter zu überprüfen gewesen. Um ungelöste Fälle mit diesen neuen Techniken neu aufzurollen, wurden ganze Sonderkommissionen eingerichtet. Aber die Ereignisse in Gleann Brònach würde wohl ewig auf eine Aufarbeitung warten; eben weil damals keine offensichtlichen Verbrechen stattgefunden hatten.

»Okay, genug davon«, rief Jack sich selbst zur Ordnung. Er musste sich auf das konzentrieren, was vor ihm lag: Klassische Detektivarbeit. Was war mit Felix passiert? Wo hatte er sich aufgehalten, mit wem hatte er gesprochen und wer hatte ihn zuletzt gesehen? Vor seinem Abflug hatte Jack mit Hilfe des Passworts, das ihm Alice gegeben hatte, noch Felix‘ E-Mail Account überprüft, der auch mit seinem Smartphone synchronisiert wurde. Aber wie seine Lebensgefährtin ihm schon prophezeit hatte, hatte Felix nach der E-Mail an Jack selbst keine weitere mehr versendet. Auch unter den Eingängen waren keine brauchbaren Hinweise zu finden gewesen. Lediglich die Online-Reservierungsbestätigung der Autovermietung ›Highlands Car Rental‹ hatte überhaupt etwas mit seiner Reise zu tun gehabt.

Von seinem eigenen E-Mail Account aus hatte Jack dann noch einmal eine Nachricht an seinen Freund geschickt:

Hallo Rumtreiber!

Alice macht sich große Sorgen. Bin jetzt auf der Suche nach dir. Komme heute um 16:30 Uhr in Wick an. Würde mich über ein Lebenszeichen von dir freuen!

Jack

Er wusste, dass Felix seine Mails immer auf seinem Smartphone las. Es war ein mehr als dünner Strohhalm, noch zumal er auf keine seiner bisherigen Nachrichten reagiert hatte, aber Jack wollte nichts unversucht lassen. Die Stimme der Stewardess riss ihn aus seinen Gedanken.

»Ladies und Gentlemen, wir werden in wenigen Minuten in Wick landen. Bitte schalten sie alle elektronischen Geräte aus, klappen Sie die Tische vor sich hoch und bringen Sie ihre Sitze in eine aufrechte Position.«

Jack packte seine Unterlagen zusammen und verstaute sie in der Umhängetasche auf dem freien Sitz neben sich. Es folgte noch eine kurze Durchsage des Captains bezüglich des vor Ort zu erwartenden Wetters. In der kleinen Hafenstadt Wick regnete es demnach stark, bei heftigem Wind, was Jack mit einem leisen Seufzen zur Kenntnis nahm.

Nach einer Landung ohne Zwischenfälle konnte er das nur mit etwas über einem Dutzend Passagieren besetzte Flugzeug schnell verlassen. Er hatte neben der Umhängetasche nur eine weitere Reisetasche mit etwas Wechselkleidung mitgenommen, die er zügig in Empfang nehmen konnte. Nach der obligatorischen Passkontrolle begab er sich direkt zum Schalter der Autovermietung. Dieser bestand aus nicht mehr, als einer breiten Öffnung in der Wand, direkt neben einer Wechselstube und einem Kiosk. Darüber prangte in leuchtenden, blau-weißen Buchstaben ›Highlands Car Rental‹. Das runde Firmenlogo links daneben zeigte die Silhouette eines Autos in den Farben der schottischen Flagge.

Als Jack an den Tresen trat und sich räusperte, sah die junge Frau mit der rotbraunen Ponyfrisur am Schreibtisch von ihrem Handy auf.

»Kann ich Ihnen helfen?«

»Guten Abend. Calhey ist mein Name. Ich habe einen Mietwagen reserviert.«

Erst, nachdem sie noch ein paarmal auf dem Display ihres Mobiltelefons herumgedrückt hatte, legte sie das Gerät beiseite und stand auf. Sie rückte den grauen Rock ihrer Dienstkleidung zurecht und trat an den Computer hinter dem Schalter. Ihre flinken, mit milchig-glänzenden Kunstnägeln geschmückten Finger wanderten klackend über die Tastatur.

»Ah, hier. Mister Calhey. Sie haben einen Geländewagen bestellt, richtig?«

Jack bejahte und kam der Bitte der Kaugummi kauenden Frau, auf deren Namensschild er ›Hier bedient Sie freundlich Jennifer Knox‹ lesen konnte, nach seinem Führerschein zuvor.

Nachdem alle Formalitäten erledigt waren und er die Wagenschlüssel bekommen hatte, zog er das Foto von sich und Felix aus der Innentasche seiner Jacke. Grace hatte es im Sommer aufgenommen; es zeigte die beiden in voller Ledermontur mit ihren Bikes vor Felix‘ Werkstatt. Jack hielt der jungen Frau das Bild vor die Nase.

»Sagen Sie, haben Sie diesen Mann hier zufällig schon mal gesehen?«

Sie beugte sich kurz vor, dann lächelte sie schräg. »Das sind Sie!«

Jack zwang sich ebenfalls ein Schmunzeln ab. »Hm, ja. Ich meinte eigentlich den Herrn links auf dem Bild.«

Jennifer Knox sah noch einmal hin und kniff dabei leicht die mit breitem Eyeliner geschminkten Augen zusammen. Nach einem kurzen Brummen folgte ein zögerliches Kopfschütteln.

»Nein, tut mir leid. Den kenne ich nicht.«

»Er war Kunde bei Ihnen«, erklärte Jack. »Vor nicht einmal zwei Wochen.«

»Ach so? Er war doch hoffentlich nicht unzufrieden mit unserem Service?« Sie klang fast etwas besorgt.

»Das weiß ich leider nicht. Aber ich bin auf der Suche nach ihm. Sein Name ist Felix Byrne.«

Die Angestellte verzog die Mundwinkel. »Sagt mir nichts.« Dann bedachte sie Jack mit einem argwöhnischen Blick.

»Sind Sie von der Polizei?«

Er schüttelte den Kopf. »Nicht ganz. Privatdetektiv. Aus London.«

Jennifer Knox schob ihr Kinn etwas vor und sah ihn, nach wie vor skeptisch, an.

»So, aha. Und hat der Mann was ausgefressen?« Sie deutete auf das Foto, das Jack inzwischen etwas hatte sinken lassen. Er hielt es ihr erneut hin.

»Allerdings. Es handelt sich um einen mehrfachen Versicherungsbetrüger«, log er. »Ich wurde von Lloyds engagiert, ihn zu finden.«

Das klang hoffentlich glaubwürdig und auch wichtig genug, um die Unterstützung der jungen Dame zu gewinnen. Sie nickte verstehend.

»Okay…«

»Sie könnten mir meine Arbeit sehr erleichtern, wenn Sie mir ein paar Auskünfte geben würden.«

»Tja, gerne. Wenn ich kann.«

Jetzt lächelte sie geschmeichelt, wie Jack erleichtert zur Kenntnis nahm.

»Also, Sie können sich an den Herrn wirklich nicht erinnern?«, fragte er.

Sie griff nach dem Foto, stützte sich auf den Tresen und besah es sich eine Weile. »Tja, ich weiß nicht. Wann soll er hier gewesen sein?«

»Laut meinen Informationen soll er am fünfundzwanzigsten September den geliehenen Wagen wieder hier abgegeben haben.«

Jennifer Knox schloss die Augen und schien sich einen Kalender vor ihrem geistigen Auge vorzustellen.

»Das war ein Donnerstag. Da hatte mein Kollegin Dienst.« Ihr schien ein Gedanke zu kommen, denn sie hielt nun den Kopf leicht schräg. »Da fällt mir ein, dass mir mein Chef vor ein paar Tagen erzählt hat, dass die Polizei sich nach einem bestimmten Mietwagen erkundigt hatte.«

»Das wird wohl derselbe sein«, mutmaßte Jack. »Können Sie in ihrem System vielleicht mal für mich nachschauen?«

Sie zögerte. »Ich weiß nicht. Sie sind ja nicht von der Polizei…«

Jack beugte sich etwas nach vorne und machte ein unterwürfiges Gesicht. »Sie würden mir wirklich sehr helfen. Und ich würde Sie für ihre Unterstützung auch nachher zum Essen einladen.«

Das Lächeln der jungen Frau wich einer eisigen Miene.

»Danke, aber nein danke.« Sie sah zum Bildschirm. »Also, wie hieß der Kunde, den Sie suchen, nochmal?«

Jacks Rechnung war aufgegangen; mit der unterschwelligen Anmache hatte er erreicht, dass sie ihn so schnell wie möglich loswerden wollte.

»Felix Byrne«, antwortete er zufrieden.

Die junge Frau tippte etwas in die Tastatur und fuhr dann mit der Plastiknagelspitze ihres Zeigefingers über den Bildschirm. »Ja, hier ist er. Was wollen Sie wissen?«

»Wenn möglich alles, was Sie mir anbieten können.«

Sie brummte missmutig. »Naja, ich habe seine Führerscheindaten, die Daten zu dem Wagen, den er von uns bekommen hat und die Abhol- und Bringzeiten.«

Jack überlegte kurz, welche dieser Informationen für ihn von Relevanz waren; Führerscheindaten sicher nicht.

»Wann genau hat er den Wagen zurück gebracht?«

Erneut wanderte ihr Finger suchend über den Schirm. »Am fünfundzwanzigsten, wie sie schon gesagt haben. So war es auch vertraglich vereinbart. Wenn Sie es ganz genau wissen wollen: Der Wagen wurde um elf Uhr sechzehn wieder eingebucht.«

Jemand räusperte sich. Jack sah auf und die junge Frau drehte sich um. Ein Mann in einem durchnässten Regenmantel hatte den Raum betreten

»Oh, hallo Mister Hedren«, begrüßte ihn Jennifer Knox. Sie wirkte überrascht. »Ich dachte, Sie wollten heute gar nicht kommen.«

Während der hagere, fast kahlköpfige Mann seinen schwarzen Mantel abstreifte, von dem das Wasser auf den Boden tropfte und unter dem er einen Anzug mit einer blauen Firmenweste trug, antwortete er:

»Zuhause ist mir die Decke auf den Kopf gefallen. Ich will mich mit Arbeit ablenken.«

Jack erkannte sofort, dass es sich bei dem Neuankömmling um den Vorgesetzten der jungen Frau handelte; ein Umstand, den er nur als unglücklich werten konnte.

Nachdem er den Mantel über einen der Stühle gelegt hatte, kam Mister Hedren auf die beiden zu.

»Darf ich fragen, wozu Sie diese Auskünfte benötigen, Mister…?«

»Calhey. Jack Calhey.«

»Er ist Privatdetektiv und sucht nach einem Kunden von uns«, kam Jennifer Knox Jack zuvor. Mister Hedren rückte seine schmale, eckige Brille zurecht und sah Jack stirnrunzelnd und mit reichlich Skepsis an.

»Es geht doch wohl nicht um diesen Kerl, nach dem sich schon die Polizei erkundigt hat? Wie hieß er noch? Byrne?«

»Ich schätze doch, Sir. Felix Byrne.«

»Wir haben den Beamten bereits alle Informationen gegeben«, erklärte Hedren barsch. Dann musterte er Jack kritisch. »Und wir sind leider nicht befugt, Privatpersonen Auskunft über unsere Kunden zu geben.«

»Das verstehe ich voll und ganz«, entgegnete Jack einsichtig. »Aber eine Frage können Sie mir sicher beantworten: Haben sich die Beamten die Bänder Ihrer Überwachungskamera zeigen lassen?« Er deutete auf die kleine, dunkle Halbkugel an der Decke vor dem Schalter, die ihm schon zu Beginn aufgefallen war.

»Keine Ahnung. Wieso? Die Kameraüberwachung wird hier zentral gesteuert«, antwortete der Mann ungeduldig.

»Ah, ja.« Jack hatte es schon vermutet. Er nahm die Wagenschlüssel und die Papiere. »Dann bedanke ich mich recht herzlich und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.«

Mister Hedren und Miss Knox wechselten einen stummen Blick.

»Gute Fahrt!«, rief die junge Frau Jack noch, etwas perplex ob seines plötzlichen Abgangs, hinterher.

Als er sich noch einmal freundlich lächelnd umdrehte, sah er, wie Mister Hedren, den Blick nicht von ihm wendend, zum Telefonhörer griff.

Jack lief zum Informationsschalter und ließ sich dort den Weg zum Sicherheitsbüro zeigen. Als er gerade auf dem Weg dorthin war, kamen zwei uniformierte Beamte direkt auf ihn zu und stellten sich ihm in den Weg.

»Sieh mal an, was für eine Überraschung.«

»Guten Abend, Gentlemen«, sagte er höflich. »Kann ich Ihnen helfen?«

»Wir müssen Sie bitten, mit uns zu kommen«, erklärte der größere der beiden Männer mit tiefer Stimme, dessen rechte Hand locker auf dem Pistolenholster an seinem Gürtel ruhte.

»Darf ich fragen, wieso?« Jack zeigte kein allzu großes Erstaunen und er war auch in der Tat nicht sonderlich überrascht. Ganz offensichtlich hatte er bei Mister Hedren so großen Argwohn geweckt, dass dieser gleich eingegriffen hatte.

»Routinekontrolle«, war die knappe Antwort.

»Na dann.«

Jack nickte und folgte den beiden Sicherheitsbeamten, kritisch beäugt von mehreren Flugpassagieren, die sich ihren Teil dachten und ihn mit geringschätzigen Blicken belegten.

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