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II. Ordnungsgemäße Klageerhebung

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Ein Zivilprozess setzt eine Initiative des Klägers voraus (Dispositionsgrundsatz). Der Prozess wird durch die Erhebung der Klage in Gang gesetzt (§ 253 ZPO). Die Klage wird bei Gericht eingereicht; damit wird sie anhängig. Das Gericht stellt die Klage dann dem Beklagten zu; damit wird sie rechtshängig (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO). Ab diesem Zeitpunkt existiert ein Prozessrechtsverhältnis. Bei der Ausarbeitung einer Klageschrift sind Kreativität und handwerkliches Können der Anwälte gefragt. Da es keine Vordrucke gibt, kann die Klage lang oder kurz, schnörkelig oder sachlich, ironisch oder zynisch, mit oder ohne Rechtschreibfehler formuliert sein. Für jede Klage gibt es aber gesetzliche Mindestbedingungen. Jede Klage muss den Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO genügen. Hierzu gehören die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts, die Angabe des Klagegegenstands und des Klagegrunds, ein bestimmter Antrag sowie die Unterschrift der Partei bzw. des Rechtsanwalts. Sind die Angaben nach § 253 Abs. 2 ZPO lückenhaft und wird auch nicht nachgebessert, ist die zugestellte Klage als unzulässig abzuweisen.[4] Außerdem sollte die Klageschrift nach § 253 Abs. 3 ZPO weitere Angaben enthalten. Diese Förmlichkeiten dienen dazu, dass sich der Beklagte gegen die klägerische Forderung verteidigen kann.[5] Der Richter/die Richterin prüft nun anhand der Klageschrift, ob die Förmlichkeiten eingehalten wurden.


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1. Parteien

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Kläger und Beklagter sind in der Klageschrift zu bezeichnen (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Vorschrift wird durch die Sollbestimmung des § 130 Nr. 1 ZPO konkretisiert, wonach die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand, Gewerbe, Wohnort und Parteistellung bezeichnet werden sollen. In jedem Fall muss eine ladungsfähige Anschrift angegeben werden.[6] Wird diese Mitteilung verweigert, ist die Klage unzulässig. Kleinere Mängel bei der Parteibezeichnung (z.B. falscher Vorname) können später noch im Wege der Parteiberichtigung (§ 319 ZPO) korrigiert werden. Ausreichend ist jedenfalls eine Individualisierung der Parteien derart, dass es nicht zu Verwechslungen kommt.

2. Gericht

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Des Weiteren muss der Kläger das Gericht angeben (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), das nach seiner Meinung örtlich und sachlich für den Fall zuständig ist. Dieses Gericht hat den „Erstzugriff“ auf die Klage und ist zunächst verpflichtet, seine Zuständigkeit und die ordnungsgemäße Klageerhebung zu prüfen.

3. Angabe des Klagegegenstandes und des Klagegrundes

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Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind der Gegenstand und der Grund des erhobenen Anspruchs anzugeben. Der Begriff „Anspruch“ ist hier nicht im Sinne des § 194 BGB zu verstehen. Vielmehr geht es um die Festlegung des Streitgegenstands, so dass der zugrunde liegende Lebenssachverhalt (das tatsächliche Geschehen) anzugeben ist.[7]

4. Bestimmter Antrag

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Die Klageschrift muss nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 a.E. ZPO einen bestimmten Antrag enthalten. Der Kläger muss dem Gericht deutlich machen, was er will. Je nach Streitgegenstand variieren die Anforderungen an die Genauigkeit.[8] Gegebenenfalls ist der Antrag auszulegen und das als gewollt anzusehen, was nach dem Gesetz vernünftig ist und der Interessenlage der Partei entspricht (s. auch Rn. 169).[9] Das Gericht ist an diesen Antrag gebunden (§ 308 ZPO). Der Kläger kann auch mehrere Anträge stellen (§ 260 ZPO) oder seinen Antrag später unter bestimmten Voraussetzungen abändern (§ 263 ZPO). Die Vielfalt von möglichen Anträgen ist groß. In Betracht kommen Anträge auf Leistung, Gestaltung oder Feststellung (= Klagearten).

a) Leistungsklage

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Die Leistungsklage ist im Zivilprozess die Regel. Damit möchte der Kläger einen Anspruch (i.S.d. § 194 BGB = Tun oder Unterlassen) durchsetzen. Mit der Leistungsklage kann der Kläger beispielsweise die Zahlung einer Geldsumme, die Herausgabe einer Sache, die Vornahme einer Handlung, die Unterlassung einer Handlung, die Abgabe einer Willenserklärung, den Widerruf einer Behauptung oder die Duldung der Zwangsvollstreckung begehren. Gewinnt der Kläger den Prozess, hat er einen Vollstreckungstitel (§ 704 ZPO) in der Hand. Das Urteil kann er dann im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen.

Beispiele

Formulierungen für einen Klageantrag auf Leistung

„Der Beklagte wird verurteilt, 30 Fliesen der Marke XY an den Kläger zu übereignen.“

„Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2400 € zu zahlen.“

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Eine Klage auf Zahlung muss grundsätzlich exakt beziffert werden. Der Kläger muss den Umfang seines Begehrens genau festlegen. Ausnahmsweise ist allerdings auch ein unbezifferter Antrag erlaubt. Die nötige Bestimmtheit wird im Ergebnis dadurch erreicht, dass der Kläger die Schätzungsgrundlagen im Einzelnen darlegt.[10] Ob der Kläger zumindest eine Größenanordnung vorgeben muss (zwischen 100 000 € und 150 000 €), ist streitig. Der BGH verlangt jedenfalls dann einen Schätzwert, wenn der Kläger ein Rechtsmittel gegen die richterliche Entscheidung einlegen möchte.[11] Denn die Einlegung eines Rechtsmittels ist nur möglich, wenn das Urteil von den (geäußerten) Vorstellungen des Klägers negativ abweicht. Unbezifferte Zahlungsanträge sind vor allem bei Schmerzensgeldklagen erlaubt, in denen das Gericht bei der Festsetzung der „billigen Entschädigung“ (§ 253 Abs. 2 BGB) einen Spielraum hat. Außerdem wird der unbezifferte Klageantrag in den Fällen für zulässig erachtet, in denen das Gericht einen eingetretenen Schaden schätzen darf (§ 287 ZPO), wie beispielsweise bei Entschädigungsklagen nach dem AGG.[12] Auch bei der sog. Stufenklage (§ 254 ZPO) darf der Kläger einen Auskunftsantrag mit einem unbezifferten Leistungsantrag verbinden. Eine besondere Fallgruppe bilden Klagen, die auf eine zukünftige Leistung lauten. Unter bestimmten Voraussetzungen sind derartige Klagen zulässig (§§ 257–259 ZPO). Dies ist beispielsweise bei Unterhaltsansprüchen der Fall (§ 258 ZPO).

b) Feststellungsklage

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Grundsätzlich gilt der Vorrang der Leistungsklage.[13] Eine Feststellungsklage kann daher nur erhoben werden, wenn eine Leistungsklage mangels Bezifferung noch nicht möglich ist. Wurde beispielsweise Mona von einem Auto angefahren und steht noch nicht fest, welche Operationen nach dem Unfall nötig sind, kann Feststellungsklage erhoben werden.

Beispiel

Formulierung eines Feststellungsantrags

„Es wird festgestellt, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin für alle Folgeschäden aus dem Unfall vom 1.2.2018 haftbar ist.“

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Mit der Feststellungsklage begehrt der Kläger lediglich die Klärung der Rechtslage. Festgestellt werden kann nach § 256 ZPO das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses (positive und negative Feststellungsklage). Rechtsverhältnis ist jede rechtliche Beziehung zwischen Personen oder Personen und Sachen (z.B. Eigentum an einer Sache oder Vertragsschluss zwischen zwei Personen).[14] Bloße Tatsachen (z.B. die Mangelhaftigkeit der von Mona gekauften Fliesen) oder abstrakte Rechtsfragen sind kein „Rechtsverhältnis“. Im Gegensatz zur Leistungsklage enthält die Feststellungsklage keinen Leistungsbefehl an den Beklagten. Dementsprechend hat das Feststellungsurteil keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Die ZPO geht daher vom Vorrang der Leistungsklage aus. Um die Gerichte vor überflüssigen Feststellungsklagen zu schützen, bedarf es für deren Zulässigkeit eines besonderen Feststellungsinteresses.

c) Gestaltungsklage

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Mit der Gestaltungsklage wird die Umgestaltung eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses durch richterliches Urteil angestrebt. Eine Gestaltungsklage kann nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen erhoben werden. Das materielle Recht erlaubt es vor allem in bestimmten handelsrechtlichen und familienrechtlichen Konstellationen nicht, dass das Rechtsverhältnis durch einseitige Willenserklärung aufgelöst wird. Vielmehr ist hierzu ein richterlicher Gestaltungsakt erforderlich.

Beispiele

Handelsrechtliche Gestaltungsklagen sind:

die Klage auf Ausschließung eines Gesellschafters (§ 140 HGB), die Klage auf Entziehung der Vertretungsmacht (§ 127 HGB) sowie die Nichtigerklärung eines Gesellschafterbeschlusses (§ 241 Nr. 5 AktG). Beispiele für familienrechtliche Gestaltungsklagen sind der Ehescheidungsantrag (§ 1564 BGB) oder der Antrag auf Vaterschaftsfeststellung (§ 1600d BGB). Beispiele für prozessuale Gestaltungsklagen sind die Abänderungsklage (§ 323 ZPO), die Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) oder die Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO).

5. Unterschrift

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Die Klageschrift muss eigenhändig unterschrieben sein (§§ 253 Abs. 4, 130 Nr. 6 ZPO). Obwohl § 130 Nr. 6 ZPO lediglich eine Soll-Vorschrift enthält, verlangt die ganz h.M. für bestimmende Schriftsätze (Klage, Berufungseinlegung) zwingend die Unterschrift. Die Unterschrift beweist dem Gericht, dass es einen bestimmten Urheber gibt, der die Verantwortung für den Prozess übernehmen wird.[15] In Prozessen mit Anwaltszwang (§ 78 ZPO) muss daher der Anwalt die Klage unterschreiben, da nur er berechtigt (= postulationsfähig) ist, vor dem Gericht Prozesshandlungen vorzunehmen. Andernfalls ist die Klage nicht wirksam erhoben (siehe sogleich unter Postulationsfähigkeit). Aber selbst dann ist Unterschrift nicht gleich Unterschrift. Die Gerichte lassen beispielsweise eine unleserliche Unterschrift nicht genügen![16] Die Technik stellt die Gerichte vor neue Herausforderungen. Bei Telefax und Computerfax wird im Interesse moderner Kommunikationsmittel auf das Erfordernis der Originalunterschrift verzichtet.[17]

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Eine weitere Erleichterung ist die elektronische Kommunikation mit den Gerichten. So besteht mittlerweile die Möglichkeit, die Klage (bzw. andere Dokumente etc.) als elektronisches Dokument (§ 130a ZPO) einzureichen. Die Norm wurde zum 1.1.2018 neu gefasst (Rn. 14). Um eine Authentifizierung des Absenders zu gewährleisten, kann das elektronische Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden oder signiert und über einen sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (§ 130a Abs. 3 ZPO). Als sicherer Weg gilt nach § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO insbesondere das beA (besondere elektronische Anwaltspostfach gem. § 31a BRAO). Die jeweiligen Dateien sind in einem zulässigen Format (PDF) einzureichen (§ 130a Abs. 2 S. 2 i.V.m. ERV-VO).[18] Falls das elektronische Dokument für die gerichtliche Bearbeitung nicht geeignet ist, wird der Absender darüber informiert und die „Nachreichung auf normalem Weg“ gestattet (§ 130a Abs. 6 ZPO). Spätestens ab 2022 besteht für Anwälte die Pflicht zur elektronischen Einreichung (§ 130d n.F.).[19] Der Begriff „Schriftsatz“ (körperliches Papierdokument) ist damit am Aussterben.

6. Postulationsfähigkeit
a) Parteiprozesse und Anwaltsprozesse

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Postulationsfähigkeit bedeutet die Fähigkeit, vor Gericht wirksame Prozesshandlungen vornehmen zu können. Grundsätzlich sind die Parteien selbst postulationsfähig und können vor Gericht Erklärungen abgeben oder Anträge stellen. Falls sie keine Lust dazu haben, können sich die Parteien auch vertreten lassen (der „erlauchte“ Personenkreis steht in § 79 Abs. 2 ZPO). Anders ist es in Prozessen mit Anwaltszwang (§ 78 ZPO). Anwaltszwang besteht gem. § 78 Abs. 1 S. 1, 3 ZPO bei den Landgerichten, den Oberlandesgerichten und dem BGH. Die Parteien müssen sich von einem dort zugelassenen Anwalt vertreten lassen. Bei einem Anwaltsprozess muss bereits die Klage von einem zugelassenen Anwalt unterzeichnet sein (§§ 130 Nr. 6, 78 ZPO). Die Postulationsfähigkeit ist in diesem Fall Sachurteilsvoraussetzung.[20] Auch Berufungsschrift und Berufungsbegründung müssen von einem Anwalt unterschrieben sein.[21] In Familiensachen, die in erster Instanz vor den Amtsgerichten verhandelt werden, besteht ebenfalls Anwaltszwang (§ 114 Abs. 1 FamFG). Prozesshandlungen einer postulationsunfähigen Person sind unwirksam.

Ausgangsfall

Die Klage von Mona wird vor dem Amtsgericht erhoben. Hier könnte Mona ihre Klage auch ohne anwaltliche Vertretung erheben. Vor den Amtsgerichten besteht – außer in Familiensachen – kein Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 ZPO). Mona ist daher postulationsfähig und kann die Klage selbst unterschreiben. In der Praxis lassen sich die Parteien allerdings häufig auch bei den Amtsgerichten anwaltlich vertreten. Denn es ist nicht gerade einfach, als Laie einen „guten Antrag“ zu formulieren. Mona sieht das genauso, auch wenn die Einschaltung eines Anwalts mit Kosten verbunden ist. Bestellt Mona einen Anwalt, muss das Gericht alle Zustellungen an ihn bewirken (§ 172 ZPO).[22] Zustellen kann das Gericht ab 1.1.2018 an das beA des Anwalts (§ 174 Abs. 3 ZPO). Eine ganz andere Frage ist, welcher Anwalt für den jeweiligen Streitfall geeignet ist. Mittlerweile gibt es 23 Fachanwaltschaften (vgl. § 43c BRAO), die eine werbewirksame Spezialisierung für bestimmte Rechtsgebiete erlauben. Da es keinen „Fachanwalt für Kaufrecht“ gibt, wird Mona durch eine „normale“ Anwältin vertreten.

b) Anwaltsgesellschaften

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Eine Gesellschaft ist nur dann postulationsfähig, wenn das Gesetz diese Befugnis ausdrücklich verleiht. Bei der Partnerschaftsgesellschaft, der PartmbB (§ 8 Abs. 4 PartGG) und der Rechtsanwalts-GmbH wird verlangt, dass die Gesellschaft selbst durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt handelt.[23] Die Existenz der EU bringt es mit sich, dass auch in Deutschland zunehmend ausländische Anwälte bzw. Anwaltsgesellschaften auftreten. Der BGH musste folgenden Fall entscheiden.[24] Eine Partei hatte eine englische LLP (Limited Liability Partnership) mit Niederlassung in Deutschland bevollmächtigt, Berufung für sie einzulegen. Ein Anwalt der LLP unterschrieb die Berufungsschrift unter Hinweis auf seine Stellung als Partner, Rechtsanwalt und Solicitor. Der BGH ließ offen, ob eine englische LLP selbst postulationsfähig ist. Die Unterzeichnung durch den deutschen Anwalt der LLP sei jedenfalls so auszulegen, dass er nicht nur im Namen der LLP, sondern zugleich im eigenen Namen handelt. Dass die Vollmacht des Klägers nur auf die LLP lautete, war ohne Belang. Denn die fehlende Vollmachterteilung könne nachträglich geheilt werden.

7. Weiterer (Soll-)Inhalt

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Die Sollangaben finden sich in § 253 Abs. 3 ZPO. Die Vorschrift wurde durch das Mediationsgesetz (Rn. 12) neu gefasst. Nunmehr soll die Klageschrift die Angabe enthalten, ob zwischen den Parteien bereits ein Mediationsverfahren oder ein anderes Verfahren zur außergerichtlichen Konfliktlösung stattgefunden hat (§ 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Zudem soll die Klagepartei erklären, ob einem solchen gütlichen Verfahren Gründe entgegenstehen (§ 253 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Damit wird bezweckt, den Kläger (und die Anwaltschaft) frühzeitig für gütliche Lösungen zu sensibilisieren. Des Weiteren soll die Klage die Angabe des Wertes des Streitgegenstands enthalten (§ 253 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Das ist wichtig, weil hiervon die sachliche Zuständigkeit des Gerichts abhängt und sie Grundlage für den Gerichtskostenvorschuss ist. Die Klage soll außerdem eine Äußerung enthalten, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter (§ 348 ZPO) Gründe entgegenstehen (§ 253 Abs. 3 Nr. 3 ZPO).[25] Das Fehlen dieser Angaben macht die Klage aber nicht unzulässig. Der Kläger muss keinen Antrag zur Kostentragung und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit stellen, da das Gericht hierüber von Amts wegen entscheidet. In der Praxis werden derartige Anträge dennoch regelmäßig gestellt. Der Kläger braucht auch nicht vorzutragen, auf welche materiellen Anspruchsgrundlagen er seine Klage stützt. Es gilt der Grundsatz „iura novit curia“, d.h. das Gericht kennt das Recht. Dennoch ist es üblich, eine rechtliche Würdigung des Falls bereits in der Klage vorzutragen, um das Gericht von der eigenen Rechtsauffassung zu überzeugen. Auf die eigene rechtliche Beurteilung sollte man daher keinesfalls verzichten.[26] Das Gericht muss sich mit den vorgetragenen Standpunkten auseinandersetzen und gegebenenfalls rechtliche Hinweise (§ 139 ZPO) geben.

8. Beispiel für eine Klageschrift

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Mona fertigt zusammen mit ihrer Rechtsanwältin Roslinde Huber anhand der Vorgaben des § 253 Abs. 2, 3 ZPO folgenden Klageentwurf:


Huber & Kollegen Rechtsanwälte
Amtsgericht Köln – Zivilkammer – 50939 Köln Roslinde Huber Klaus Meier Mühlstr. 1 5000 Köln Telefon: 0815-2 E-Mail:info@ra-huber.de
Unser Zeichen: 112233/RH Datum: 28.2.2017
KLAGE in dem Rechtsstreit
Mona Moos, Burgstr. 1, 5000 Köln – Klägerin – Prozessbevollmächtigte: Huber & Kollegen, Rechtsanwälte, Mühlstr. 1, 5000 Köln
Gegen
VORORT Fliesen GmbH, gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer Gerald Grün, Kirchenweg 1, 5000 Köln – Beklagte –
wegen Forderung
Streitwert EUR 3000
Wir zahlen Gerichtskosten in Höhe von EUR 267,00 per Verrechnungsscheck ein. Wir zeigen an, dass die Klägerin uns zu ihren Prozessbevollmächtigten bestellt hat. In ihrem Namen und Auftrag erheben wir Klage zum Amtsgericht Köln mit dem
Antrag
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 30 Fliesen (Vario Premium weiß, Typ XY) zu übereignen sowie 2400 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Wir regen die Anberaumung eines frühen ersten Termins zur mündlichen Verhandlung an. Für den Fall des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen stellen wir hiermit ausdrücklich Antrag auf Erlass eines Anerkenntnis- bzw. Versäumnisurteils. Ein außergerichtliches Konfliktbeilegungsverfahren haben die Parteien nicht durchgeführt; aus Sicht der Klägerin stehen einem solchen Verfahren keine Gründe entgegen.
Begründung:
A. Sachverhalt Am 2.1.2017 kaufte die Klägerin bei der Beklagten 30 Fliesen der Marke „Vario Premium weiß Typ XY“ zum Kaufpreis von insgesamt EUR 600. Beweis: Vorlage des Kaufvertrags vom 2.1.2017 – Anlage K 1 –
Bei der Auswahl der Fliesen sicherte der Verkäufer gegenüber der Klägerin die herausragende Qualität der streitgegenständlichen Fliesen zu. Beweis: Volker Vossen, Verkäufer der Beklagten, zu laden über die Beklagte, als Zeuge
Zwei Wochen später wurden die Fliesen im Badezimmer der Klägerin durch den Fliesenleger Fromm fachgerecht verlegt. Beweis: Felix Fromm, Fliesenleger, Burgstr. 2, 5000 Köln, als Zeuge
Kurze Zeit später traten auf sämtlichen Fliesen dunkle Verfärbungen auf. Beweis: Lothar Moos, Steinweg 1, 5000 Köln, als Zeuge
Die Klägerin bat die Beklagte telefonisch um Abhilfe, was die Beklagte aber verweigerte. Beweis: Volker Vossen, b.b., als Zeuge
Daraufhin beauftragte die Klägerin den Sachverständigen Simon Sand mit der Begutachtung der Fliesen. Der Sachverständige kam in seiner Expertise zu dem Ergebnis, dass die Fliesen falsch geschliffen seien und Abhilfe nur durch einen Austausch der Fliesen möglich sei. Die Kosten des Austausches werden mit EUR 2400 beziffert. Beweis: Gutachten des Sachverständigen Simon Sand vom 31.1.2017 – Anlage K 2 –
Die Klägerin forderte daraufhin die Beklagte mit E-Mail vom 6.2.2017 zur Lieferung neuer Fliesen und Begleichung der Austauschkosten in Höhe von EUR 2400 auf. Beweis: E-Mail der Klägerin vom 6.2.2017 – Anlage K 3 –
Die Beklagte lehnte das Ersuchen der Klägerin mit Schreiben vom 14.2.2017 endgültig ab. Beweis: Schreiben der Beklagten vom 14.2.2017 – Anlage K 4 –
Aufgrund der endgültigen Verweigerung der Nacherfüllung ist daher Klage geboten.
B. Rechtliche Würdigung Die Klage ist zulässig. Das angerufene Gericht ist insbesondere sachlich und örtlich zuständig. Die Klage ist auch begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 1, 439 BGB zu. Die von der Klägerin gelieferten Fliesen weisen einen Sachmangel gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB auf, da sich die Fliesen aufgrund der aufgetretenen Verfärbungen nicht zur gewöhnlichen Verwendung eignen. Zudem haben die Fliesen nicht die vereinbarte Beschaffenheit nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB, da sie nicht die vereinbarte „hochwertige Qualität“ besitzen. Der Mangel lag bereits bei Gefahrübergang nach § 446 a.F.; § 477 BGB n.F. vor. Dies hat der Sachverständige zweifelsfrei bestätigt. Zudem ist die Beklagte in den ersten sechs Monaten beweisbelastet dafür, dass die Fliesen bei Gefahrübergang mangelfrei waren (§ 476 a.F.; § 477 n.F. BGB). Es handelt sich hier um einen Verbrauchsgüterkauf nach §§ 474 Abs. 1, 13, 14 BGB. Die Klägerin ist als Studentin Verbraucherin (§ 13 BGB), die Beklagte ist Unternehmerin (§ 14 BGB). Aufgrund der Lieferung mangelhafter Fliesen steht der Klägerin ein Anspruch auf Nacherfüllung gem. §§ 437 Nr. 1, 439 BGB zu. Die Klägerin hat die Wahl zwischen Beseitigung des Mangels und Ersatzlieferung. Die Klägerin hat sich für Ersatzlieferung entschieden, da eine Beseitigung des Mangels nach Aussagen des Sachverständigen nicht möglich ist. Der Umfang des Nachbesserungsanspruchs ergibt sich aus § 439 BGB. Er beinhaltet nicht nur die Lieferung neuer Fliesen, sondern auch die Kosten für den Austausch der Fliesen. Der Klägerin kann es nicht zugemutet werden, diese Kosten selbst zu tragen. Mit dem Nacherfüllungsanspruch muss die Klägerin so gestellt werden, dass sie kostenneutral die alten mangelhaften Fliesen gegen die neuen fehlerfreien Fliesen austauschen kann. Die Beklagte kann sich als Verkäuferin nicht darauf berufen, dass ihr der Austausch zu teuer ist. Hier ist zu berücksichtigen, dass dem Recht aus § 439 BGB eine EU-Richtlinie zugrunde liegt, worin die Unentgeltlichkeit der Nacherfüllung für den Verbraucher betont wird.
Sofern das Gericht in der einen oder anderen Frage noch weiteren Sachvortrag oder weitere Beweisangebote für erforderlich hält, bitten wir höflichst um einen richterlichen Hinweis gem. § 139 ZPO.
Roslinde Huber – Rechtsanwältin –

2. Teil Erkenntnisverfahren › C. Die Zulässigkeit der Klage › III. Gerichtsbezogene Prozessvoraussetzungen

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