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d) Wohnungseigentümergemeinschaften

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Wohnungseigentümergemeinschaften wurde lange Zeit die Parteifähigkeit abgesprochen. Mittlerweile ist der Gesetzgeber tätig geworden und hat im Jahr 2007 die Parteifähigkeit von Wohnungseigentümergemeinschaften ausdrücklich in § 10 Abs. 6 S. 5 WEG verankert. Damit kann nun die „Wohnungseigentümergemeinschaft Birkenweg 1, Köln, diese vertreten durch den Verwalter XY“ klagen und verklagt werden.[77]

e) Nicht rechtsfähige Vereine

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Vereine, die nicht im Vereinsregister eingetragen sind, sind nicht rechtsfähig und können daher eigentlich keine Träger von Rechten und Pflichten sein. Nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 50 Abs. 2 ZPO sind nicht rechtsfähige Vereine seit 2009 aber sowohl aktiv als auch passiv parteifähig und können daher Kläger und Beklagte sein. Ebenso wie die GbR kann der nicht eingetragene Verein nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden, sondern nur die Mitglieder als Gesamthand.

f) Zusammenfassung

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Ausgangsfall

Mona ist als natürliche Person parteifähig, § 1 BGB. Die beklagte Firma V-GmbH ist eine GmbH und damit als juristische Person des Privatrechts ebenfalls parteifähig (§ 13 Abs. 1 GmbHG).

3. Prozessfähigkeit

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Die Prozessfähigkeit ist Prozessvoraussetzung. Fehlt sie, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.[78] Die Prozessfähigkeit ist zugleich Prozesshandlungsvoraussetzung. Prozesshandlungen der prozessunfähigen Partei (Klage, Klagerücknahme, Anerkenntnis etc.) sind ohne Wirkung. Erlangt eine Partei im Lauf des Prozesses Prozessfähigkeit (z.B. der Minderjährige wird volljährig), kann der Prozess „pauschal“ genehmigt werden.[79]

a) Natürliche Personen

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Unter Prozessfähigkeit versteht man die Fähigkeit, einen Rechtsstreit selbst oder durch einen selbst bestellten Vertreter führen zu können (§ 51 Abs. 1 ZPO). Prozessfähig ist, wer „sich selbst durch Verträge verpflichten kann“ (§ 52 ZPO). Gemeint sind die voll Geschäftsfähigen (§§ 104 ff. BGB). Nur Volljährige können daher selbstständig Prozesse führen. Kinder unter 7 Jahren (= geschäftsunfähige Personen nach § 104 BGB) und Minderjährige zwischen 7 und 18 Jahren (= beschränkt Geschäftsfähige nach §§ 106, 114 BGB) sind nicht prozessfähig. Ausgenommen sind Rechtstreitigkeiten im Rahmen der Erwerbstätigkeit von Minderjährigen gem. §§ 112, 113 BGB (volle Geschäftsfähigkeit).[80]

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Fraglich ist, wer anstelle der Prozessunfähigen den Prozess führt. Dies ist in § 51 Abs. 1 ZPO geregelt. Eine prozessunfähige Partei muss sich durch ihren gesetzlichen Vertreter im Prozess vertreten lassen. Minderjährige werden durch ihre Eltern vertreten (§ 1629 Abs. 1 BGB). In den Fällen der §§ 112, 113 BGB dürfen sie ausnahmsweise selbst tätig werden. Unter Betreuung stehende Personen werden durch ihren Betreuer vertreten (§ 1902 BGB). Zustellen muss man immer an den gesetzlichen Vertreter (§ 170 Abs. 1 ZPO). Erhält er das an den Prozessunfähigen gerichtete Schreiben zufällig, ist eine Heilung nach § 189 ZPO möglich.[81] Die Zustellung eines Urteils an den Prozessunfähigen selbst lässt allerdings die Rechtsmittelfrist laufen.[82]

b) Juristische Personen und Personengesellschaften

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Auch juristische Personen und Personengesellschaften können nur durch ihre gesetzlichen Vertreter handeln. Sie selbst sind nach h.M. nicht prozessfähig. Juristische Personen des Privatrechts werden durch ihre vertretungsberechtigten Organe vertreten. Eine AG wird durch ihren Vorstand vertreten (§ 78 Abs. 1 AktG), ein Verein wird ebenfalls durch den Vorstand vertreten (§ 26 Abs. 1 S. 2 BGB) eine GmbH oder eine UG (haftungsbeschränkt) durch ihren Geschäftsführer (§ 35 Abs. 1 GmbHG). Die Personengesellschaften werden durch ihre vertretungsberechtigten Gesellschafter vertreten. Bei der OHG besteht Einzelvertretungsbefugnis (§ 125 HGB), bei der GbR Gesamtvertretungsbefugnis (§§ 709, 714 BGB), soweit keine anderweitige Regelung im Gesellschaftsvertrag getroffen wurde. Bei der KG sind nur die Komplementäre vertretungsbefugt, nicht die Kommanditisten (§ 170 HGB). Partnerschaftsgesellschaften und PartmbB werden durch die vertretungsberechtigten Gesellschafter vertreten (§ 7 Abs. 3 PartGG i.V.m. § 125 HGB).

Ausgangsfall

Mona ist volljährig und damit prozessfähig (§§ 51, 52 ZPO mit §§ 104 ff. BGB). Die Firma V-GmbH ist als juristische Person nicht prozessfähig, sie muss sich durch ihren Geschäftsführer (G) gem. § 35 GmbHG vertreten lassen.

c) Zulassungsstreit

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Wird die Prozessfähigkeit einer Partei bestritten (dem 90-jährigen Kläger wird seitens des Beklagten völlige Demenz vorgeworfen), gilt die Partei für diesen Zwischenstreit (Zulassungsstreit) als prozessfähig.[83] Bei Zweifeln an der Prozessfähigkeit muss das Gericht von Amts wegen mit Hilfe des Freibeweises ermitteln. Bleiben danach Unklarheiten (Demenz ja oder nein), geht dies zu Lasten der betroffenen Partei. Das Gericht muss dem Prozessunfähigen aber Gelegenheit geben, einen (vorläufigen) Betreuer zu bestellen, statt die Klage sofort als unzulässig abzuweisen.[84] Notfalls ist nach § 57 ZPO ein Prozesspfleger zu bestellen.

4. Postulationsfähigkeit

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Neben der Partei- und Prozessfähigkeit ist die Postulationsfähigkeit zu prüfen (näher Rn. 75). In Verfahren mit Anwaltszwang (§ 78 ZPO) ist die Partei nicht postulationsfähig. Sie benötigt einen Rechtsanwalt, der sie vor Gericht vertritt.[85] Anders ist es im Parteiprozess (§ 79 ZPO), also bei Prozessen vor den Amtsgerichten (Ausnahme Familiensachen). Hier ist die Partei postulationsfähig und kann den Rechtsstreit ganz alleine führen.

5. Prozessführungsbefugnis
a) Eigenes und fremdes Recht

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Die Prozessführungsbefugnis ist nicht explizit in der ZPO geregelt. Sie ist ohne weiteres gegeben, wenn der Kläger ein (behauptetes) eigenes Recht im eigenen Namen vor Gericht einklagen will. Das Gericht muss sich bei der Zulässigkeitsprüfung keine weiteren Gedanken machen. Ob dem Kläger der geltend gemachte Anspruch dann tatsächlich gegen den Beklagten zusteht, wird im Rahmen der Begründetheit der Klage untersucht (sog. Aktivlegitimation des Klägers und Passivlegitimation des Beklagten).[86]

Ausgangsfall

Vorliegend verklagt Mona die Firma V-GmbH auf Ersatzlieferung und Zahlung der Austauschkosten nach § 437 BGB wegen eines Mangels der von ihr gekauften Fliesen. Damit macht Mona vor Gericht ein eigenes Recht (sie schildert eigene Gewährleistungsansprüche) im eigenen Namen (Klägerin ist „Mona“) geltend. Das ist der Normalfall bei Gericht. In derartigen Fällen muss die Prozessführungsbefugnis in der Prüfung nicht extra angesprochen werden.

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Problematisch sind für die Gerichte allerdings Situationen, in denen der Kläger offensichtlich ein fremdes Recht im eigenen Namen einklagen will, ohne Inhaber des Rechts zu sein.

Beispiel

Mona klagt im eigenen Namen beim AG Köln den Unterhaltsanspruch ihres Freundes Thomas ein, weil Thomas sich nicht traut, einen Prozess gegen seinen Vater zu führen.

Die Rechtsprechung lehnt derartige „Popularklagen“ grundsätzlich ab. Grund ist der Schutz des Beklagten. Dieser darf grundsätzlich darauf vertrauen, nur von dem Rechtsinhaber in einen Prozess verstrickt zu werden, nicht aber von einer ihm völlig fremden Person. Nur ausnahmsweise wird diese Vorgehensweise gestattet. Ein solches Prozessführungsrecht wird als Prozessstandschaft bezeichnet.

b) Prozessstandschaft

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Werden fremde Rechte im eigenen Namen geltend gemacht, ist auf die Prozessführungsbefugnis näher einzugehen. Die Berechtigung, (als Partei des Prozesses) ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen, kann sich nur aus Gesetz oder aus der Ermächtigung des wahren Rechtsträgers ergeben. Dementsprechend wird zwischen gesetzlicher und gewillkürter Prozessstandschaft unterschieden.

aa) Gesetzliche Prozessstandschaft

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Hauptfallgruppen der gesetzlichen Prozessstandschaft sind die Prozessführung kraft Amtes und kraft gesetzlicher Ermächtigung.

Die Partei kraft Amtes stellt nach überwiegender Auffassung einen Unterfall der gesetzlichen Prozessstandschaft dar. Hauptbeispiel ist der Insolvenzverwalter. So darf der Insolvenzverwalter eines Unternehmens (z.B. der Insolvenzverwalter von Schlecker, Quelle oder Air Berlin) als sog. Partei kraft Amtes die Forderungen des Unternehmens gegen säumige Kunden im eigenen Namen einklagen (§ 80 Abs. 1 InsO). Wesentliches Merkmal einer Partei kraft Amtes ist, dass sie fremdes Vermögen verwaltet und darüber verfügt. Im Prozess spiegelt sich diese Rechtsmacht wider. Statt des Rechtsträgers ist die Partei kraft Amtes prozessführungsbefugt. Parteien kraft Amtes sind außerdem der Nachlassverwalter (§§ 1984 Abs. 1 S. 3, 1985 Abs. 1 BGB), der Testamentsvollstrecker (§§ 2212, 2213 Abs. 1 S. 1 BGB) sowie der Zwangsverwalter (§ 152 Abs. 1 ZVG).

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Lesen Sie zunächst § 265 ZPO in Ruhe durch. Der Gesetzestext enthält alle wesentlichen Informationen!

Den Hauptfall der Prozessstandschaft kraft gesetzlicher Ermächtigung regelt § 265 ZPO, der die Veräußerung der streitbefangenen Sache während eines laufenden Prozesses betrifft. Tritt der Kläger während des Prozesses die streitgegenständliche Forderung an einen Dritten ab, hat er seine Stellung als Rechtsinhaber verloren (materiell verfügungsbefugt ist nun der Dritte).[87] Dennoch darf er nach § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO weiterhin in der Klägerrolle bleiben. Grund ist, unnötige Doppelprozesse zu vermeiden.[88] Die Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Er darf das fremde Recht im eigenen Namen geltend machen. Trotz Verlustes der Aktivlegitimation bleibt der Veräußerer prozessführungsbefugt. Der neue Rechtsinhaber kann daran wenig ändern. Er kann nur dann anstelle des Klägers in den Prozess eintreten, wenn der Prozessgegner hierzu seine Zustimmung erklärt (§ 265 Abs. 2 S. 2 ZPO).

Beispiel

Mona tritt ihre Gewährleistungsansprüche gegen die V-GmbH im Laufe des Prozesses an ihre Mutter ab (§ 398 BGB). Ist die Klage von Mona noch zulässig? Die Partei- und Prozessfähigkeit von Mona stehen außer Frage. Problematisch ist die Prozessführungsbefugnis von Mona. Denn nun macht Mona ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend. Hier könnte ein Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft nach § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO vorliegen. Danach hat die Abtretung der streitbefangenen Sache auf den Prozess keinen Einfluss. Mona bleibt Partei des Rechtsstreits und ist hierfür prozessführungsbefugt. Die Klage ist demnach zulässig. Fraglich ist allerdings, ob die Klage begründet ist, da Mona nicht mehr Anspruchsberechtigte und damit nicht mehr aktiv legitimiert ist. Nach der Irrelevanztheorie, die sich am Wortlaut des § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO orientiert, ist die Veräußerung irrelevant, so dass Mona nach wie vor als Anspruchsberechtigte auftreten darf und Leistung an sich verlangen kann. Nach der herrschenden Relevanztheorie muss Mona ihren Klageantrag umstellen und Leistung an ihre Mutter verlangen. Die Änderung der materiellen Rechtslage wird als so relevant angesehen, dass sie auch im Klageantrag zum Ausdruck gebracht werden muss.[89] Versäumt Mona die Umstellung des Klageantrags, ist die Klage mangels Aktivlegitimation als unbegründet abzuweisen.

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Eine weitere Fallgruppe betrifft die Prozessstandschaft kraft gesetzlicher Ermächtigung des materiellen Rechts.[90] Hier stehen die Ansprüche eigentlich einer Gesamthand zu, aber der einzelne Mitberechtigte darf diese alleine einklagen. Beispiele sind Ehe-Gesamthandsgemeinschaften (§§ 1422, 1428, 1429 S. 2 BGB), Miteigentümer (§ 1011 BGB), Pfandgläubiger (§ 1281 BGB), Ehegatten (§§ 1368, 1369 Abs. 3 BGB) sowie Miterben (§ 2039 BGB). Macht die Wohnungseigentümergemeinschaft Unterlassungsansprüche oder Ansprüche wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums geltend, klagt sie in gesetzlicher Prozessstandschaft (denn Rechtsinhaber sind die einzelnen Wohnungseigentümer).[91]

bb) Gewillkürte Prozessstandschaft

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Liegt kein gesetzlicher Erlaubnistatbestand vor, ist noch die gewillkürte Prozessstandschaft zu prüfen. Hier wird der Prozessstandschafter von dem Rechtsinhaber ausdrücklich ermächtigt, das fremde Recht im eigenen Namen geltend zu machen. Die Rechtsprechung verlangt außer der Ermächtigung ein besonderes Interesse des Klägers an der Geltendmachung des fremden Rechts.[92] Die gewillkürte Prozessstandschaft kommt nur auf der Klägerseite vor.

Gewillkürte Prozessstandschaft:

I. Liegt eine Ermächtigung des Rechtsinhabers analog § 185 Abs. 1 BGB vor?

II. Ist der Anspruch abtretbar?

IIIa. Liegt ein schutzwürdiges Eigeninteresse des Prozessstandschafters vor?

IIIb. Ist die Prozessführung durch den Prozessstandschafter rechtsmissbräuchlich?

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Das Erfordernis eines eigenen schutzwürdigen Interesses dient dem Schutz des Beklagten. Dieser vertraut im Regelfall darauf, mit dem von ihm ausgewählten Vertragspartner vor Gericht „die Klingen zu kreuzen“. Taucht ein Dritter auf, muss der Dritte dafür Gründe = ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse haben. Dies wird bejaht, wenn der Ausgang des Prozesses die eigene Rechtslage des Prozessstandschafters beeinflusst. Ob allein ein wirtschaftliches Interesse reicht, ist strittig. Folgende Fallgruppen sind von der Rechtsprechung akzeptiert:[93] Sicherungsabtretung der Forderung (Sicherungsgeber darf als Prozessstandschafter klagen), Forderungsverkauf/-abtretung vor einem Rechtsstreit (Zedent = Verkäufer darf als Prozessstandschafter klagen), Drittschadensliquidation (geschädigter Käufer darf als Prozessstandschafter klagen), mangelhafte Leasingsache (Leasingnehmer darf als Prozessstandschafter klagen).

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Ein schutzwürdiges Interesse ist bei erkennbarem Missbrauch der Prozessstandschaft abzuerkennen. Der Beklagte muss davor geschützt werden, dass seine berechtigten Belange durch die Einschaltung eines Dritten beeinträchtigt werden. Rechtsmissbräuchlichkeit wird vor allem dann bejaht, wenn der Prozessstandschafter eine juristische Person und vermögenslos ist.[94] Hier besteht die Gefahr, dass der Beklagte seinen Kostenerstattungsanspruch nicht realisieren kann und auf seinen Anwaltskosten „sitzen bleibt“.

Beispiel

Mona ermächtigt ihre gleichaltrige Freundin Sabine, die Gewährleistungsrechte gegen die V-GmbH im eigenen Namen bei Gericht einzuklagen. Sabine ist allerdings hoch verschuldet und hat vor kurzem die Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens beantragt. Sabine erhebt nun Klage bei Gericht (den Gerichtskostenvorschuss zahlt Mona). Ist die Klage von Sabine zulässig? Das ist der Fall, wenn alle Prozessvoraussetzungen vorliegen (Parteifähigkeit, Prozessfähigkeit, ordnungsgemäße Klageerhebung, zuständiges Gericht etc.). Problematisch ist hier die Prozessführungsbefugnis von Sabine. Sie macht ein fremdes Recht (Gewährleistungsansprüche von Mona) im eigenen Namen geltend. Dies ist nur möglich, wenn ein Fall der gesetzlichen oder gewillkürten Prozessstandschaft vorliegt. Hier kommt nur die gewillkürte Prozessstandschaft in Betracht. Voraussetzung ist zunächst eine Ermächtigung durch den Rechtsinhaber analog § 185 Abs. 1 BGB. Hier hat Mona ausdrücklich Sabine zur Prozessführung ermächtigt. Auch die Abtretbarkeit der Gewährleistungsansprüche aus § 437 BGB ist gegeben. Gewährleistungsansprüche sind grundsätzlich abtretbar. Des Weiteren müsste ein eigenes schutzwürdiges Interesse von Sabine vorliegen, den Prozess zu führen. Dies wäre beispielsweise bei einem Forderungskauf oder bei einer Sicherungsabtretung der Fall. Derartige Konstellationen liegen hier nicht vor. Ein rechtliches Interesse ist daher nicht erkennbar. Außerdem erscheint die Ermächtigung von Sabine rechtsmissbräuchlich. Verliert Sabine den Prozess, muss sie sämtliche Kosten, also auch die Anwaltskosten der V-GmbH, tragen (§ 91 ZPO). Da sie kein Geld hat und ein Verbraucherinsolvenzverfahren sechs Jahre[95] dauert, würde die V-GmbH höchstwahrscheinlich auf ihren Kosten sitzen bleiben. Derartige „Verschiebungen“ des Prozessrisikos zu Lasten einer Partei sind rechtsmissbräuchlich. Sabine fehlt daher die Prozessführungsbefugnis. Die Klage ist als unzulässig abzuweisen.

cc) Konsequenzen im Prozess

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Partei des Prozesses ist allein der Prozessstandschafter. Prozessfähigkeit und Prozessführungsbefugnis sind in seiner Person zu prüfen. Die Prüfung erfolgt von Amts wegen.[96] Fehlt die Prozessführungsbefugnis, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.[97] Der Klageantrag des Prozessstandschafters muss grundsätzlich auf Leistung an den (echten) Anspruchsinhaber lauten. Das fremde Recht ist somit offen zu legen. Ausnahmsweise darf der Prozessstandschafter Leistung an sich selbst verlangen (z.B. wenn der Beklagte nach § 362 Abs. 2 BGB befreiend an ihn leisten kann). Da allein der Prozessstandschafter Partei ist, kann der wahre Rechtsträger Zeuge sein. Eine parallele Klage des Rechtsinhabers ist nicht zulässig; der Gegner ist gegen eine zweite Klage durch die Einrede der Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) geschützt. Das Urteil entfaltet für und gegen den Rechtsinhaber Rechtskraft (s. Rn. 387). Der Beklagte muss also nicht Sorge haben, dass er von verschiedenen Parteien mehrfach verklagt wird.

2. Teil Erkenntnisverfahren › C. Die Zulässigkeit der Klage › V. Streitgegenstandsbezogene Prozessvoraussetzungen

V. Streitgegenstandsbezogene Prozessvoraussetzungen

1. Schlichtungsversuch vor Klageerhebung

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Wissen Sie noch, in welchen Fällen die Schlichtung vorgesehen ist? Andernfalls wiederholen Sie diese Zulässigkeitsvoraussetzung (Rn. 21 ff.).

Der Zivilprozess wird durch die Erhebung einer Klage eingeleitet. Diese muss den zwingenden Anforderungen des § 253 ZPO genügen (Rn. 63 ff.). Soweit dies landesrechtlich vorgeschrieben ist, muss vor der Klageerhebung eine Schlichtung durchgeführt worden sein (Rn. 21 ff.). Fehlt die Bescheinigung über den erfolglosen Einigungsversuch, ist die Klage unzulässig und durch Prozessurteil abzuweisen.[98]

2. Klagbarkeit des Anspruchs

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Kann ein Anspruch nach materiellem Recht nicht eingeklagt werden, ist eine trotzdem erhobene Klage unzulässig.[99] Die Fälle sind zwar nicht zahlreich, aber wichtig. Hat beispielsweise ein türkisches Mädchen auf Drängen ihrer Eltern die Eingehung der Ehe mit einem türkischen Mann versprochen, kann keine Klage auf Eingehung der Ehe erhoben werden (§ 1297 Abs. 1 BGB). Spiel- und Wettschulden (§ 762 BGB) begründen keine Verbindlichkeiten; wird dennoch Klage erhoben, ist diese zwar zulässig, aber unbegründet.

3. Rechtsschutzbedürfnis

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Zulässig ist eine Klage nur dann, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse daran hat, sein Recht vor einem Zivilgericht geltend zu machen. Da Selbsthilfe grundsätzlich verboten ist, ist ein Interesse des Klägers bei Leistungsklagen stets anzuerkennen. Bei einer klausurmäßigen Bearbeitung muss es daher nicht explizit erwähnt werden. Anders ist die Situation bei der Feststellungsklage. Hier verlangt § 256 ZPO ausdrücklich ein Feststellungsinteresse des Klägers. Dies ist zu bejahen, wenn dem Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht (z.B. Unklarheit, ob der Mieter zu Schönheitsreparaturen verpflichtet ist)[100] oder der Beklagte das Recht des Klägers ernstlich bestreitet.[101] Bei positiven Feststellungsklagen fehlt das Feststellungsinteresse, wenn der Kläger sofort eine Leistungsklage erheben könnte. Grund ist, eine doppelte Beanspruchung der Gerichte zu vermeiden. Da Feststellungsklagen keinen vollstreckungsfähigen Inhalt haben, müsste der Kläger häufig eine Leistungsklage „hinterher schieben“.

Beispiel

Mona hat ihrer Freundin Susi ihr Fahrrad verliehen. Susi behauptet nun, dass das Fahrrad ihr gehört. Eine Feststellungsklage („Es wird festgestellt, dass Mona Eigentümerin des Fahrrads XY ist“) wäre unzulässig, da Mona vorrangig Leistungsklage erheben könnte („Die Beklagte wird verurteilt, das Fahrrad XY an die Klägerin herauszugeben“). Mona fehlt das Feststellungsinteresse. Die Feststellungsklage wäre unzulässig. Feststellungsklagen sind vor allem dann erforderlich, wenn ein Schaden (z.B. Operationskosten nach Autounfall) im Ganzen noch nicht beziffert werden kann.

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902 стр. 38 иллюстраций
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9783811475212
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