Читать книгу: «Pamela, oder die belohnte Tugend», страница 5

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Da riss mir die Geduld.

"Haltet ein, guter Herr! Lastet mir vor allem keine Verkleidung und keine Heuchelei an, denn beides ist mir verhasst, trotz meiner Armut! Ich habe mich nicht verkleidet."

"Was zum Henker", sagte er (denn das war sein Wort), "hat diese Kleidung dann zu bedeuten?"

"Euer Gnaden, sie bedeutet das Ehrenwerteste in der Welt. Ich habe mich in Wahrheit verkleidet, seit meine gute Herrin, Eure Mutter, mich aufnahm. Ich kam in Armut zu ihrer Gnaden in Kleidern, mit denen verglichen die Sachen, die ich in diesem Augenblick trage, fürstlich sind. Dann wurde ich von ihrer Güte mit teuren Kleidern und anderen Geschenken überhäuft. Und da ich nun bald zu meinen armen Eltern zurückkehre, kann ich diese schönen Sachen nicht tragen, ohne ausgelacht zu werden. Also habe ich mir etwas gekauft, das besser zu meinem Stand passt und auch an Feiertagen getragen werden kann."

Da nahm er mich in seine Arme und stieß mich sofort wieder von sich.

"Mrs. Jervis, schafft mir die kleine Hexe aus den Augen, ich kann sie nicht ertragen und auch nicht von ihr loskommen!" (Was für seltsame Worte!) "Doch bleibt, Ihr sollt nicht gehen! Verschwindet aber! Nein, kommt wieder her!"

Ich dachte, er hätte den Verstand verloren; denn er wusste nicht mehr, was er wollte. Ich ging hinaus, aber er folgte mir und ergriff meinen Arm und zog mich wieder zurück; mein Arm ist jetzt noch schwarz und blau.

"Sir, Sir", sagte ich, "bitte habt Gnade; ich komme ja herein!"

Er setzte sich und starrte mich an; im Nachhinein scheint es mir, als hätte er so dumm dreingesehen wie ein schlichtes Mädchen von meiner Art.

"Nun gut, Mrs. Jervis", sagte er endlich. "Wie ich Euch schon sagte, könnt Ihr ihr erlauben, hierzubleiben, bis ich erfahre, ob meine Schwester Davers sie haben möchte. Sie soll diese Gunst aber erbitten und Demut bezeugen und die Frechheit bereuen, die sie sich bei mir herausgenommen hat, sowohl im Haus als auch außerhalb."

"Ja, Euer Gnaden sagten es mir", sagte Mrs. Jervis. "Sie hat aber, so viel ich weiß, nie eine Schuld bei sich gesehen."

"Hochmütig und verdreht ist sie, und rachsüchtig! Dennoch ist sie Euer Liebling! Ich will mich aber noch einmal dazu herablassen, Ihr Luder, Euch einen Verbleib für weitere vierzehn Tage zu gestattten, bis ich meine Schwester Davers gesehen habe. Hört Ihr überhaupt, was ich Euch sage, Ihr Bildsäule? Könnt Ihr nicht sprechen und keinen Dank zeigen?"

"Euer Gnaden erschrecken mich so", sagte ich, "dass ich kaum sprechen kann. Ich getraue mich aber doch um die Gunst zu bitten, zu meinen Eltern zurückkehren zu dürfen."

"Was für eine Närrin", sagte er. "Würdet Ihr nicht gerne bei meiner Schwester Davers dienen?"

"Sir, vor einiger Zeit war mir diese Ehre noch eine Freude, dann aber wart ihr so gütig, darauf hinzuweisen, dass der Neffe von ihrer Gnaden mir gefährlich werden könne, oder ich ihm."

"Zum Teufel, Ihr Unverschämte!", sagte er. "Hört Ihr das, Mrs. Jervis, hört Ihr, wie sie meine Worte gegen mich wendet? Eine Frechheit ohnegleichen!"

Da begann ich zu weinen, denn Mrs. Jervis sagte:

"Pfui, Pamela, pfui!"

"Mein Schicksal ist wirklich sehr bitter!", sagte ich. "Sicher wollte ich niemanden kränken, und doch werden mir Torheiten angelastet, die mich meinen Dienst und die Gunst meines Herrn gekostet haben, und man schickt mich deswegen fort. Und wenn die Zeit gekommen ist, zu meinen armen Eltern zurückzukehren, darf ich das nicht in Frieden tun. Gütiger Herr, was habe ich getan, dass ich schlimmer behandelt werde, als wenn ich Euch bestohlen hätte?"

"Mich bestohlen!", sagte er, "Ja, das habt Ihr ja getan, bestohlen habt Ihr mich."

"Wer? Ich? Herr! Ich habe Euch bestohlen? Dann könnt Ihr mich als Friedensrichter, wenn es Euch gefällt, ins Gefängnis stecken und mich vor ein Gericht stellen! Wenn Ihr einen Diebstahl beweisen könnt, dann sollte ich sicher sterben!"

Ich wusste in diesem Moment überhaupt nicht, was er meinte, obgleich ich es auch nicht verstand, als ich später die Erklärung hörte. Und ich dachte: Wo wird das alles hinführen, wenn die arme Pamela für eine Diebin gehalten wird?

Dann fragte ich mich, wie ich unter diesem Verdacht vor meine armen ehrbaren Eltern treten sollte.

"Lasst mich Euch nur eine Frage stellen, Sir", sagte ich, "und beschimpft mich bitte nicht dafür, denn ich meine es nicht unhöflich. Wenn ich etwas Falsches getan habe, warum werde ich nicht von Euer Hausdame entlassen, wie es mit anderen Dienerinnen geschehen ist? Und wenn Jane oder Rachel oder Hannah ihre Pflichten missachtet hätten, würdet Ihr Euch dazu herablassen, Euch darum zu kümmern? Warum aber entwürdigt Ihr Euch, indem Ihr Euch um mich bekümmert? Bitte, Sir, wenn ich nicht Schlimmeres getan habe als andere, warum soll ich mehr als andere leiden, und warum werde ich nicht einfach weggeschickt, und die Sache hat ein Ende? Ich bin für meinen Herrn doch wahrhaftig nicht so bedeutend, dass er sich um mich sorgen und meinetwegen in Zorn geraten sollte."

"Hört Ihr, Mrs. Jervis", schrie er wieder, "mit welcher Unverschämtheit dieses dreiste Luder mich ins Verhör nimmt? Hat meine gute Mutter nicht gewünscht, dass ich mich um Euch kümmere, Ihr kecke Göre? Und seid Ihr von mir nicht immer vor den gewöhnlichen Dienern bevorzugt worden? Und nun werft ihr mir das vor, Ihr Undankbare?"

Ich murmelte ein paar unverständliche Worte, woraufhin er verlangte, dass ich sie laut wiederhole. Ich bat um Verzeihung, aber er bestand darauf.

"Wenn Euer Gnaden es denn wissen wollen", sagte ich. "Meine gute Herrin hat von Euch nicht gewünscht, dass Ihr Euch auch im Gartenhaus und in ihrem Ankleideraum um mich kümmert."

Nun, liebe Eltern, ihr werdet sagen, das war allzu frech! Er geriet in eine solche Wut, dass ich genötigt war, aus dem Saal zu laufen. Nachher sagte Mrs. Jervis, dass ich gut daran tat, ihm aus dem Weg zu gehen.

Warum hat er es auch so herausgefordert? Es tut mir fast leid darum. Ich wäre aber nun allemal froh, von hier wegzukommen. Denn ich beginne mich wieder zu fürchten.

Gerade jetzt hat mir Mr. Jonathan diese Zeilen geschickt (Gott segne mich! Was soll ich nur tun?):

´Liebe Mrs. Pamela! Nimmt Euch in Acht, denn Rachel hörte meinen Herrn zu Mrs. Jervis sagen, als diese für Euch eintrat: Sagt nichts mehr, Mrs. Jervis, denn bei Gott, ich muss sie haben! Verbrennt diese Nachricht sofort.´

Ach, betet für Eure arme Tochter! Ich werde von Mrs. Jervis zu Bett gerufen, denn es ist nach elf. Sicher teile ich ihr das mit, denn sie hat es verursacht, wenn auch nicht in böser Absicht. Doch ich war in großer Verwirrung und bin es immer noch. Vermutlich wird sie sagen, ich sei allzu forsch gewesen.

Ach, meine lieben Eltern, Macht und Reichtum brauchen keinen Beistand. Die arme Dame aber! Sie ist auf meinen Herrn angewiesen. Und er war immer gütig zu ihr.

Ich wünsche Euch eine gute Nacht. Vielleicht schicke ich diesen Brief morgen ab, vielleicht auch nicht, ich beende ihn also noch nicht, bin aber

Eure gehorsamste Tochter

Brief XXV

Lieber Vater und liebe Mutter,

ach! lasst mich meine Klage fortführen und sagen: Nie war ein Geschöpf so unglücklich und wurde so schlecht behandelt wie Eure Pamela! Ach, meine lieben Eltern, mein Herz ist am Verzweifeln! Ich kann weder schreiben, wie ich sollte, noch darauf verzichten, denn bei wem als Euch kann ich meinen Kummer klagen und mein armes Herz vor dem Zerbersten bewahren! Dieser böse, böse Mann! Ich kann es nicht länger ertragen! Habt aber keinen Schrecken – denn – ich hoffe – ja, ich hoffe, meine Tugend bewahrt zu haben. Wenn meine Kraft dazu reicht, werde ich Euch alles sagen. Gibt es denn keinen Polizisten, der mich aus diesem Haus befreien könnte? Denn ich kann aufrichtig schwören, dass ich bei ihm nicht in Sicherheit bin; aber leider! hat er mehr Macht als jeder Polizist, denn er ist selbst Friedensrichter. Bewahre mich Gott vor einem solchen Friedensrichter! Doch er in seiner Allmacht, so hoffe ich, wird mir Gerechtigkeit bringen! Denn er weiß um die Unschuld in meinem Herzen!

John ist am Morgen in Eure Gegend gegangen, ich war aber zu aufgewühlt, um ihm den Brief mitzugeben, und habe niemanden außer Mrs. Jervis und Rachel gesehen sowie jemanden, den ich sehr ungern sehe. Und wahrhaftig, ich will überhaupt niemanden mehr sehen. Ich muss Euch seltsame Dinge berichten, die sich seit der letzten Nacht ereigneten, als der Brief des Mr. Jonathan und die Grobheit meines Herrn mich in Verwirrung stürzten. Doch genug der Andeutungen.

Ich ging zu Mrs. Jervis´ Kammer, und ach! liebe Eltern, mein schändlicher Herr hatte sich in ihrem Kabinett versteckt, dieser Niederträchtige!, wo ein paar Bücher und ein Kasten und andere Sachen stehen. Ich hatte keinen Argwohn, obgleich ich bis zu diesem traurigen Abend immer einen Blick in dieses Kabinett und die daneben liegende Kammer und unter das Bett geworfen habe, seit ich im Gartenhaus bedrängt worden war, doch nie fand ich etwas und unterließ nun diese Gewohnheit, denn ich hatte mir vorgenommen, Mrs. Jervis meinen Ärger über sie spüren zu lassen, und dachte deshalb an nichts anderes.

Ich setzte mich auf die eine Seite des Bettes und sie auf die andere, und wir begannen uns auszuziehen. Im Kabinett aber, nahe an ihrer Seite, lag das schändlichste Herz von der Welt auf der Lauer.

"Ihr wollt", sagte Mrs. Jervis, "also nicht mit mir sprechen, Pamela! Ihr seid wohl wütend auf mich."

"Ja, Mrs. Jervis, das bin ich wahrhaftig ein wenig. Es wäre töricht, das abzustreiten. Ihr habt gesehen, was ich erleiden musste, weil Ihr mich zu meinem Herrn zu gehen genötigt habt! Eine Dame in Euren Jahren und mit Eurer Erfahrung müsste doch wissen, dass es sich weder für mich noch für meinen Herrn schickt, dass ich mich für jemand anders ausgebe."

"Wer hätte aber gedacht", sagte sie, "dass sich die Sache so entwickelt?"

"Ja", sagte ich, ohne zu wissen, wer in diesem Moment zuhörte. "Luzifer ist alle Zeit dabei, sein Werk zu tun und seine Gehilfen anzutreiben. Ihr habt heute gesehen, wie er eine Gelegenheit genutzt hat, sich ungebührliche Freiheiten zu nehmen, indem er vorgab, mich nicht zu erkennen. Und dass er, nachdem er seine Verstellung aufgab, mich beschimpfte und übel behandelte; und dass auch Ihr geschrien habt: Pfui, pfui, Pamela, das hat mir ins Herz geschnitten, denn ihn hat es noch ermutigt."

"Glaubt Ihr denn wirklich, meine Liebe", sagte sie, "dass ich ihn ermutigen wollte? Ich habe es Euch nie gesagt, aber da Ihr mich jetzt zwingt, muss ich Euch sagen, dass ich, seitdem ich Euch mit Rat zur Seite stehe, immer nach Kräften bemüht war, ihn von seinen schändlichen Zielen abzuhalten. Er hat mir auch die besten Versprechungen gegeben. Um es aber in Kürze zu sagen. Er liebt Euch leidenschaftlich, und mir wird nun klar, dass er nicht die Kraft hat, dagegen anzugehen."

Zum Glück habe ich die Nachricht von Mr. Jonathan nicht erwähnt, denn mir schien, als könne ich kaum noch jemandem vertrauen. Doch ich sagte, um Mrs. Jervis auf die Probe zu stellen:

"Was würdet Ihr mir nun raten zu tun? Wie Ihr wisst, will er, dass ich zu Lady Davers gehe."

"Ich rede offen mit Euch", sagte sie, "und verlasse mich darauf, dass Ihr nichts weitererzählt: Mein Herr hat oft den Wunsch zu mir geäußert, dass ich Euch dazu bringe, ihn um die Erlaubnis zu bleiben zu bitten."

"Gestattet mir, Mrs. Jervis, Euch zu unterbrechen. Ich erkläre Euch, warum ich an so etwas nicht denken kann: Es ist nicht mein Herz, sondern meine Tugend, die mich daran hindert. Mein Herr hat sich zwei Mal gegen mich vergangen. Nach Euren Worten gibt er zu, nicht dagegen angehen zu können. Wie kann ich ihn also noch bitten, hierbleiben zu dürfen, wohl wissend, dass er mich wieder versuchen wird? Denn alles, was Ihr mir versichern könnt, ist, dass er keine Gewalt anwenden würde. Ich, ein armes Mädchen, hätte ihm also nichts als meine schwachen Kräfte entgegenzusetzen. Wäre das aber nicht eine Einladung an ihn, mich zu versuchen? Und würde es ihn nicht ermutigen, seine boshaften Ziele weiter zu verfolgen? Wie also, Mrs. Jervis, könnte ich unter diesen Umständen wünschen, hierzubleiben?"

"Das ist alles richtig, liebes Kind", sagte sie. "Euer Urteilsvermögen geht weit über Euer Alter hinaus, und wegen dieser Überlegungen und dem, was ich heute gehört habe, nachdem Ihr davonlieft (und ich bin froh, dass Ihr das tatet), kann ich Euch nicht mehr zum Bleiben überreden. Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen würde, aber ich freue mich, dass ihr bei Euren Eltern in Sicherheit seid. Und wenn Lady Davers Eure Dienste wünscht, könnt ihr ebenso gut von dort zu ihr gehen wie von hier." "

"Das ist meine gute Mrs. Jervis!", sagte ich. "Gott segne Euch, dass Ihr ein armes Mädchen, dem schlimm mitgespielt wird, so gut beratet. Doch sagt mir bitte, was waren seine Worte, nachdem ich gegangen war?"

"Er war voller Zorn auf Euch."

"Er wollte es aber wissen", sagte ich. "Ich sprach in der Tat ziemlich dreist, aber er hat mich dazu gedrängt. Ich hätte mich auch niemals so erkühnt, wenn es nicht um meine Tugend gegangen wäre. Und abgesehen davon bedenkt bitte, Mrs. Jervis, dass ich nur die Wahrheit sprach. Wenn er nichts über das, was im Gartenhaus und im Ankleideraum geschah, hören möchte, warum sollte er sich nicht schämen, wenn er im gleichen Sinne fortfährt?"

"Aber", sagte sie, "da Ihr nur zu Euch selbst gemurmelt habt, hättet ihr ihm doch irgendetwas anders sagen können!"

"Ich kann nicht mit Absicht lügen, also sprechen wir nicht weiter davon. Ich sehe aber, dass Ihr nicht mehr für ihn haltet, sondern denkt, dass mein Verbleiben in diesem Haus mich in Gefahr bringt! Ach, gütiger Gott, ich wünschte, ich wäre weit weg von hier, und sei es in einem Wassergraben in der verlassensten Gegend von England!"

"Es bringt nichts", sagte sie, "wenn ich Euch jedes seiner Worte wiederholen. Sie lassen mich aber um Eure Sicherheit fürchten. Und wahrhaftig, Pamela, es wundert mich nicht, dass er Euch liebt, denn ganz ohne Schmeichelei, Ihr seid ein bezauberndes Mädchen, und nie erschient Ihr mir lieblicher als in Euren neuen Kleidern. Es hat uns alle auch sehr überrascht! Ich denke ernsthaft, dass dies die Gefahr verstärkt, in der Ihr seid."

"Dann möchte ich die Kleider ins Feuer werfen", sagte ich. "Diese Wirkung habe ich nicht erwartet, eher das Gegenteil... Schschsch!... Habt Ihr nicht auch etwas im Kabinett gehört, Mrs. Jervis?"

"Nein, dummes Mädchen, immer seid Ihr in Furcht."

"Aber doch, ich glaube, da war ein Geräusch."

"Vielleicht ist die Katze dort. Ich höre aber nichts."

Ich war ganz still. Sie aber sagte:

"Geht bitte zu Bett, meine Gute. Seht vorher nach, ob die Tür verschlossen ist."

Ich tat das und dachte auch daran, einen Blick in das Kabinett zu werfen, unterließ es aber, weil kein Geräusch mehr zu hören war, und setzte mich auf meine Bettseite, um mit dem Auskleiden fortzufahren. Mrs. Jervis, die sich schon ausgezogen hatte, legte sich hin und drängte mich zur Eile, weil sie schläfrig war.

Ich weiß nicht, wieso, doch mein Herz bebte vor Furcht. Mr. Jonathans Nachricht und Mrs. Jervis´ Worte hatten aber ihren Teil dazu getan. Ich nahm meine Schnürbrust ab und zog meine Strümpfe und mein Kleid aus und trug nur noch den Unterrock. Dann hörte ich wieder ein Geräusch aus dem Kabinett, und ich sagte:

"Gott beschütze uns! Bevor ich meine Gebete spreche, muss ich in das Kabinett sehen."

Ich schlüpfte in meine Schuhe und ging dorthin, als, ach! welch ein Schrecken! mein Herr heraussprang, bekleidet mit einem silbernen Morgenmantel aus Seide.

Ich schrie und lief zum Bett, wo auch Mrs. Jervis schrie. Er aber rief:

"Ich werde Euch nichts tun, wenn Ihr keinen Lärm macht! Sonst müsst Ihr die Folgen tragen!"

Er näherte sich gleich dem Bett, in das ich, in Unterrock und Schuhen, zu Mrs. Jervis hineingekrochen war, und nahm mich in seine Arme.

"Steht auf, Mrs. Jervis", sagte er, "und geht die Treppe hinauf, damit die Mägde wegen des Lärms nicht herbeikommen. Ich werde dieser Rebellin nichts antun."

"Ach, um Gottes Willen!", rief ich, "Mrs. Jervis, wenn Ihr mich nicht verraten habt, dann lasst mich nicht allein und weckt das Haus auf, ich bitte Euch ganz inständig!"

"Nein, mein liebes Lämmchen, ich rühre mich nicht vom Fleck und lasse Euch nicht allein. Ich wundere mich sehr über Euch, Sir!"

Sie setzte sich auf meinen Unterrock und umfasste mich fest.

"Ihr werdet dieser Unschuldigen kein Leid zufügen. Ich werde sie schützen, und wenn ich mein Leben dabei verliere. Gibt es für Eure schändlichen Zwecke denn nicht genügend Luder auf der Welt, dass Ihr diesem unschuldigen Geschöpf nachstellen müsst?"

Er wurde schrecklich wütend und drohte, sie aus dem Fenster zu werfen und am nächsten Morgen aus dem Haus zu jagen.

"Das ist nicht nötig, Sir", sagte sie, "denn ich werde hier nicht bleiben. Gott beschütze meine arme Pamela bis zum morgigen Tag, dann werden wir zusammen fortgehen."

Da sagte er:

"Lasst mich mit Euch etwas bereden, Pamela."

"Bitte", sagte Mrs. Jervis, "hört ihm nicht zu, Pamela, solange er das Bett nicht verlässt und zum anderen Ende des Zimmers geht."

"Ja, ganz aus dem Zimmer heraus!", sagte ich. "Redet morgen mit mir, wenn Ihr unbedingt müsst!"

Erst jetzt bemerkte ich in meinem Schrecken, dass seine Hand in meinem Busen steckte. Mir war nach Sterben zumute, ich schluchzte und schrie und fiel in eine Ohnmacht. Nachher erfuhr ich von Mrs. Jervis, dass er seine Arme um meinen Hals hielt, während sie auf meinen Füßen und auf meinem Unterrock lag und ich über und über von kaltem Schweiß bedeckt war.

"Pamela, Pamela!", hatte sie gerufen, und dann, nach einem weiteren Schrei:

"Meine arme Pamela ist tot!"

Und das war ich eine Zeitlang wohl auch, denn ich habe keine Erinnerung daran; und fiel in eine Ohnmacht nach der anderen, bis ich nach drei Stunden in meinem Bett erwachte und Mrs. Jervis im Schlafrock auf einer Seite des Bettes sitzend fand und Rachel auf der anderen. Meinen liederlichen Herrn sah ich nicht, denn er war gegangen. Ich fühlte ein Glück, das ich kaum fassen konnte, und meine ersten Worte waren:

"Mrs. Jervis, Mrs. Rachel, seid ihr es wirklich? Gott sei gepriesen! Gott sei gepriesen! Wo bin ich gewesen?"

"Schschsch, meine Liebe", sagte Mrs. Jervis. "Ihr seid immer wieder ohnmächtig geworden. Nie habe ich jemanden so verängstigt erlebt."

Daraus schloss ich, dass Mrs. Rachel nichts von dem wusste, was geschehen war, und wie sich nachher herausstellte, war mein Herr nach Mrs. Jervis´ zweitem Schrei aus dem Zimmer entwichen und, als wäre er von den Schreien aufgeweckt worden, die Treppe zu den Mägden hinaufgegangen (die wegen der Schreie zitternd vor Angst sich nicht rührten), wo er ihnen befahl, nach unten zu gehen, um nachzuschauen, was mit Mrs. Jervis und mir geschehen war. Dann hatte er Mrs. Jervis eingeschärft, den Vorfall für sich zu behalten, und ihr im Gegenzug versprochen, über das, was sie getan und zu ihm gesagt hatte, hinwegzusehen. Also waren die Mägde heruntergekommen, die Männer schlafen nämlich den Außenhäusern, und sie gingen wieder hinauf, als ich zu mir gekommen war, außer Rachel, die bei mir sitzen blieb und Mrs. Jervis Gesellschaft leistete. Ich glaube aber, dass sie einen schlimmen Verdacht haben, nur wagen sie nicht, darüber zu sprechen.

Wenn ich an die Gefahr denke und an die Freiheiten, die er sich nahm, obgleich ich glaube, dass Mrs. Jervis, wie sie selbst sagt, mich vor Schlimmerem bewahrt hat, (allerdings war ich ohnmächtig und weiß nicht sicher, was währenddessen wirklich geschah), dann bin ich nahe daran zu verzweifeln.

Anfangs hatte ich Mrs. Jervis im Verdacht, jetzt bin ich aber überzeugt, dass sie ehrenhaft ist und ich ohne sie verloren gewesen wäre. Sie nimmt sich diese Sache auch sehr zu Herzen. Was wäre mit mir geschehen, wenn sie das Zimmer verlassen hätte, um die Mägde zu beruhigen, wie er ihr aufgetragen hatte? Er hätte sie gewiss ausgesperrt, und dann, der Himmel sei mir gnädig!, was wäre aus Eurer armen Pamela geworden?

Ich muss ein wenig ausruhen, denn meine Augen und mein Kopf schmerzen. Ach, was für eine furchtbare Prüfung dies war! Die Schlimmste von allen! Gott möge mich vor diesem schrecklichen Mann erretten! Betet für

Eure unglückliche Tochter

Brief XXVI

Lieber Vater und liebe Mutter,

ich bin erst um zehn Uhr aufgestanden. Alle Bediensteten haben mir ihre Anteilnahme und ihre guten Wünsche ausgesprochen und sich nach meinem Zustand erkundigt. Mein schändlicher Herr war früh zur Jagd aufgebrochen und hatte eine Nachricht hinterlassen, dass er zum Frühstück zurück sei. Und so war es auch.

Er kam um elf zu unserer Kammer herauf und zeigte gar keine Reue, sondern gab sich ärgerlich, denn er war unser Herr.

Ich war sehr aufgewühlt, als er das Zimmer betrat, und bedeckte meinen Kopf mit der Schürze. Dann weinte ich, als wolle mein Herz zerbrechen.

"Mrs. Jervis", sagte er, "da wir uns beide so gut kennen, weiß ich nicht, wie wir in Zukunft miteinander leben können."

"Sir", sagte sie, "ich bekenne ganz frei, was ich für das Beste halte. Es bekümmert mich dermaßen, dass Ihr, und das auch noch in meiner Kammer, versucht habt, diesem armen Mädchen ein Leid zuzufügen, dass ich mir mitschuldig vorkäme, wenn ich mich aus der Sache heraushielte. Obgleich es meinen Ruin bedeuten könnte, habe ich nicht den Wunsch, hier zu bleiben, sondern möchte, wenn Ihr erlaubt, zusammen mit Pamela fortgehen."

"Von Herzen gern", sagte er, "und je eher, desto besser."

Da kamen ihr Tränen.

"Ich finde", setzte er hinzu, "dass dieses Mädchen das ganze Haus zu seinen Gunsten gegen mich eingenommen hat."

"Ihre Unschuld verpflichtet uns dazu", sagte sie, "und nie hätte ich gedacht, dass der Sohn meiner guten seligen Herrin sich derart entwürdigt und das zu zerstören sich bemüht, was er doch schützen sollte."

"Genug davon, Mrs. Jervis, ich halte das nicht mehr aus. Was Pamela angeht, hat sie ein großes Geschick, nach Belieben ohnmächtig zu werden. Durch Euer verfluchtes Geschrei war ich nicht mehr Herr meiner selbst. Ich hatte keine Absicht, ihr wehzutun, was ich Euch ohne Euer Schreien auch gesagt hätte. Ich schadete nur mir selbst, denn wie aufgescheuchte Hornissen haben diese Schreie meine Ehre totgestochen."

"Sir", sagte sie, "ich werde Mr. Longman bitten, meine Rechnungen durchzugehen, und so bald als möglich dieses Haus verlassen. Pamela kann, wenn es ihr, wie ich hoffe, freisteht, am nächsten Donnerstag gehen."

Ich saß ruhig da, denn ich vermochte, ganz verstört durch seine Gegenwart, weder zu sprechen noch meinen Blick zu heben.

Es tat mir aber leid, dass Mrs. Jervis um meinetwegen ihre Stelle verlor. Ich hoffte sehr, das würde sich wieder zum Guten wenden.

"Also gut", sagte er, "lasst Mr. Longman Eure Rechnungen regeln, sobald Ihr es wünscht. Mrs. Jewkes" (seine Hausdame in Lincolnshire) "wird hier Eure Stelle übernehmen und dies, wovon ich überzeugt bin, nicht weniger dienstfertig erledigen als Ihr."

Da sagte sie:

"Ich habe meine Pflichten bisher nie vernachlässigt. Lasst mich Euch sagen, Sir, wenn Ihr Euch darüber im Klaren wärt, was Eurem Ruf oder Eurer Ehre geziemt, dann –"

"Genug, genug von diesen veralteten Phrasen. Ich bin Euch kein schlechter Freund gewesen und werde Euch immer in Achtung halten, obwohl Ihr meine Geheimnisse nicht so gut bewahrt habt, wie ich es wünschte, sondern vor diesem Mädchen ausgeplaudert habt, was sie in größere Angst vor mir versetzte, als wirklich begründet war."

"Sir", sagte sie, "nach allem, was gestern und in der letzten Nacht geschehen ist, bin ich Euren Anordnungen eher zu gehorsam gefolgt als umgekehrt. Und jeder Mensch hätte ein Recht, mich als die niederste aller Kreaturen zu verachten, hätte ich Eurem gesetzlosen Vorhaben willentlich beigestanden."

"So zerbrecht Ihr Euch immer noch den Kopf über mich, Mrs. Jervis, und das nur wegen eingebildeter Vergehen? Denn was habe ich dem Mädchen Übles getan? Ich kann das wirklich nicht mehr hören. Aus Achtung vor meiner Mutter möchte ich mich aber in Frieden von Euch trennen. Dennoch solltet Ihr beide Euch Gedanken machen über die Freiheit, mit der Ihr über mich gesprochen habt. Ich sollte darüber ungehaltener sein, als es der Fall ist. Ich bin mir aber bewusst, dass es sich nicht gehört, mich so weit herabzulassen, dass ich mich in Eurem Kabinett verstecke. Dass ich dort allerhand Frechheiten zu hören bekäme, hätte ich mir freilich denken können."

"So hoffe ich, Sir", sagte sie, "dass ihr nichts dagegen einzuwenden habt, dass Pamela am nächsten Donnerstag fortgeht?"

"Ihr macht Euch mächtig Sorgen um Pamela", sagte er. "Aber nein, ich lasse sie gehen, sobald sie will. Sie ist ein missratenes Mädchen und kann sich all das selbst zuschreiben. Sie hat mir mehr Ärger verursacht als ich ihr, doch ich bin darüber hinweg und mache mir keine Gedanken mehr über sie."

Dann fügte er hinzu:

"Man hat mir eine Heirat vorgeschlagen, als ich heute Morgen bei der Jagd war. Ich werde darauf wohl eingehen und wünsche daher, dass über die geschehenen Dinge nichts nach außen dringt. Was mich angeht, ist Pamela kein Thema mehr, das versichere ich Euch."

Ich schlug vor Freude die Hände hinter meiner Schürze zusammen, auch wenn ich so bald hier fortgehen würde, denn, so abscheulich er auch zu mir gewesen war, ich wünschte ihm, meiner seligen Herrin zuliebe, von Herzen alles Gute.

"Pamela", sagte er, "Ihr müsst nun keine Angst mehr haben, mit mir zu reden. Sagt mir, warum habt Ihr die Hände unter der Schürze hochgehoben?"

Ich sprach kein Wort.

"Wenn ihr mit dem einverstanden seid, was ich soeben sagte, dann gebt mir Eure Hand darauf", sagte er.

Ich steckte meine Hand durch die Schürze, denn ich konnte kein Wort hervorbringen, und er nahm und drückte sie, aber nicht so fest wie meinen Arm am gestrigen Tag.

"Warum bedeckt diese Närrin ihr Gesicht?", sagte er. "Zieht Eure Schürze weg und lasst mich sehen, in welcher Stimmung Ihr seid, nachdem ihr gestern Abend so frei über mich geredet habt. Wen wundert´s, dass Ihr Euch in meiner Gegenwart schämt. Ihr wisst selbst, wie dreist Eure Umgang mit meinem Ruf ist."

In Anbetracht seines liederlichen Verhaltens empfand ich das als eine ungeheure Beleidigung, so dass ich mir einen Ruck gab und sagte:

"Ach, wie verschieden sind doch deine Geschöpfe, guter Gott! Die einen werden ohne Schuld gepeinigt, die anderen triumphieren in Schande!"

Mit diesen Worten ging ich die Treppe zu meiner Kammer hinauf und schrieb all dies nieder, denn obgleich sein Hohn mich gekränkt hat, so bin ich doch erfreut über seine baldige Heirat und darüber, dass er auf so glückliche Weise seine dunklen Absichten aufgegeben hat. Das macht es für mich etwas leichter. Ich hoffe, dass das Schlimmste hinter mir liegt, andernfalls wäre mein Schicksal nicht zu ertragen. In Sicherheit aber werde ich mich erst fühlen, wenn ich bei Euch bin. Denn mir scheint, dass sein Entschluss zur Reue und Besserung sehr plötzlich gekommen ist. Die himmlische Gnade kennt indes keine Grenze. Tief in seinem Herzen mag ihn, so hoffe ich, die Reue über die Kränkungen quälen, die er mir angetan hat. Sicher bin ich mir dessen aber nicht.

Die Gelegenheit ist da, Euch den Brief zu senden, der Euch, wie ich weiß, sehr bekümmern wird. Ich hoffe aber, mein nächstes Gekritzel selbst zu überbringen, und bin, obgleich mit halb gebrochenem Herzen,

Eure immer gehorsame Tochter

Brief XXVII

Lieber Vater und liebe Mutter,

ich bin froh, dass ich Euch nicht gebeten habe, mir entgegenzugehen. John hat mir gesagt, dass ihr nicht kommen werdet, weil er Euch versichert hat, dass ich entweder auf dem Pferd mit einem Bediensteten reise oder mit der Hilfe von Pächter Nichols, allerdings nicht in der Kutsche, von der er zu Euch gesprochen hat. Das bekümmert mich aber nicht, denn das würde sich mit meinem Stand nicht gut vertragen. Ich habe gehört, dass Pächter Brady eine Karriole mit einem Pferd hat, die ich hoffentlich borgen oder mieten kann, wenngleich mir das Geld allmählich knapp wird, nachdem ich schon einiges ausgegeben habe. Davon sage ich hier aber nichts, auch wenn mir Mrs. Jervis oder Mr. Jonathan oder Mr. Longman so viel gäben, wie ich wollte. Wie aber sollte ich es zurückzahlen, werdet Ihr fragen? Abgesehen davon bin ich nicht gerne jemandem verpflichtet.

Der eigentliche Grund aber, warum ich froh bin, dass wir uns nicht auf dem Weg treffen, ist die Ungewissheit. Anscheinend muss ich noch eine weitere Woche bleiben und hoffe auf den nachfolgenden Donnerstag. Die arme Mrs. Jervis ist vorher nicht für die Abreise bereit, wie sie sagt.

Möge Gott dafür sorgen, dass ich bald bei Euch bin! Mein Herr ist im Augenblick zwar sehr höflich und nicht so grimmig wie zuvor, er setzt mir aber auf andere Weise unangenehm zu, wie Ihr gleich lesen werdet. Gestern wurde ihm nämlich eine kostbare Robe gebracht, die man bei Hofe zum Anlass von Geburtstagen trägt. Denn er beabsichtigt, an des Königs nächstem Geburtstag zum Hof nach London zu reisen, um sich, wie die Leute hier reden, zum Pair erheben zu lassen. Ich wünschte eher, man würde ihn zu einem ehrbaren Menschen erheben, als der er immer gegolten hat, als den ich ihn aber nicht erfahren habe, Gott helfe mir!

Er hat diese Robe also erhalten und probierte sie an. Noch bevor er sie wieder abnahm, ließ er mich in den Saal rufen, wo sonst niemand zugegen war, und sagte:

"Pamela, Ihr kleidet Euch selbst so schön, dass ich Euer Urteil für meine Robe brauche. Was haltet Ihr davon? Wie macht sie sich an mir?"

"Ich kann darüber nicht urteilen, Euer Gnaden, aber ich halte sie für sehr schön."

Die Weste war ganz mit goldenen Spitzen besetzt, und er sah wunderbar aus in seinem neuen Gewand. Doch was dann geschah, hat mich so ernst gestimmt, dass es kein Kompliment verdient. So sagte er:

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