Читать книгу: «Pamela, oder die belohnte Tugend», страница 3

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"Kommt herein, Närrin", sagte er grimmig, als er mich erblickte (und packte grob meine Hand). "Ihr solltet Euch vor mir schämen, nach all dem Lärm, den Ihr gemacht, und der Schande, der Ihr mich ausgesetzt habt."

Ich soll mich vor ihm schämen!, dachte ich. Das ist ja herrlich!

Ich schwieg aber.

"Mrs. Jervis", sagte er, "nun seid Ihr beide beisammen. Setzt Euch hin, aber lasst sie stehen, wenn sie möchte."

Ja, wenn ich kann, dachte ich, denn meine Knie zitterten.

"Glaubtet Ihr nicht, Mrs. Jervis", sagte er, "als Ihr das Mädchen im Zimmer vorfandet, dass ich ihr den größten Grund zur Klage gab, den man einer Frau nur geben kann? Und dass ich sie wirklich ins Unglück gestürzt habe, wie sie es nennt? Sagt mir, konntet Ihr an irgendetwas Geringeres denken?"

"Wahrhaftig habe ich dies zunächst befürchtet."

"Hat sie Euch gesagt, was ich ihr angetan habe, das dieses törichte Verhalten hervorgebracht hat, wodurch mein Ruf Euch gegenüber gelitten hat und damit der des ganzen Hauses? So sagt mir, was hat sie Euch erzählt?"

Sein Grimm hatte sie, wie sie mir nachher gestand, sehr eingeschüchtert, so dass sie sagte:

"Sie erzählte mir, Ihr hättet sie nur auf die Knie genommen und geküsst."

Ich gab mir einen Ruck.

"Nur, Mrs. Jervis? Zeigte das denn nicht zu Genüge, was ich zu befürchten hatte? Wenn ein so ehrenwerter Herr sich im Umgang mit einer Dienerin derart erniedrigt, was ist dann als nächstes zu erwarten? Ihr, gnädiger Herr, gingt aber noch weiter und drohtet mir an, was Ihr tun würdet, und spracht von Lucretia und ihrem harten Schicksal. Ihr, gnädiger Herr, gingt weiter, als es einem Herrn gegenüber einer Dienerin geziemt und auch gegenüber einem Gleichgestellten. Ich kann das nicht ertragen!"

Und so brach ich überaus traurig in Tränen aus.

Mrs. Jervis fing an, um Verzeihung für mich zu bitten und um Mitleid für ein armes Mädchen, das so viel Wert auf ihren Ruf lege. Er sagte:

"Ich spreche es offen aus, ich halte sie für sehr schön, und ich hielt sie für demütig und für eine, die meine Gunst und Aufmerksamkeit nicht ausnützt. Ich verabscheue aber den Gedanken, sie zu irgendetwas zu zwingen. Ich kenne mich besser und weiß, was sich für mich gehört. Und ganz sicher habe ich mich erniedrigt, wenn ich einer wie ihr meine Aufmerksamkeit schenkte. Ich war von ihr so bezaubert, dass ich mir mehr Freiheiten nahm als mir zustehen. Ich hatte aber nicht vor, den Scherz noch weiter zu treiben."

Wie armselig das doch ist, liebe Mutter, für einen Mann mit seinem Verstand! Daran seht Ihr, wie ein lasterhafter Grund und lasterhafte Handlungen die größten Geister in Verwirrung bringen. Ich schöpfte daraus wieder mehr Mut, denn Unschuld hat auch bei einem schwachen Geist, so finde ich, viele Vorteile gegenüber einer Schuld, die mit Reichtum und Klugheit einhergeht.

Also sagte ich:

"Ihr, gnädiger Herr, mögt dies einen Scherz oder Sport nennen oder wie immer es Euch beliebt. In Wahrheit aber ist es ein Scherz, der sich angesichts des Abstandes zwischen einem Herrn und einer Dienerin nicht geziemt."

"Hört Ihr das, Mrs. Jervis? Hört Ihr das lose Mundwerk dieses Früchtchens? Ich musste mir im Gartenhaus und auch gestern davon schon eine Menge anhören, weshalb ich gröber zu ihr war, als ich im anderen Fall gewesen wäre."

Da sagte Mrs. Jervis:

"Pamela, seid nicht so vorwitzig zu dem gnädigen Herrn und bedenkt immer Euren Abstand zu ihm. Ihr seht ja, dass der gnädige Herr nur einen Scherz gemacht hat."

"Ach, liebe Mrs. Jervis, klagt mich nicht auch noch an. Es ist sehr schwer, den Abstand zu den Vornehmsten einzuhalten, wenn sie es gegenüber den niedersten Dienern selbst nicht tun."

"Schon wieder!", sagte er. "Würdet Ihr das von diesem Luder glauben, wenn Ihr es nicht gehört hättet?"

"Gütiger Herr", sagte die wohlmeinende Dame, "habt Mitleid und Vergebung für das arme Mädchen. Sie ist noch jung, und ihre Tugend ist ihr überaus teuer. Ich verpfände mein Leben dafür, dass sie nie wieder zu Euch frech sein wird, falls Ihr die Güte habt, sie nicht mehr zu bedrängen oder zu erschrecken. An ihrer Ohnmacht habt Ihr ihren Schrecken gesehen, Sir. Sie konnte nichts dafür, und obgleich Ihr nichts Schlechtes im Sinn hattet, war der Schrecken fast tödlich für sie, und ich hatte viel Mühe, sie wieder zu sich zu bringen."

"Ach, die kleine Heuchlerin!", rief er. "Sie beherrscht alle Künste ihres Geschlechts, sie sind ihr angeboren, und ich sagte Euch schon vor einiger Zeit, dass Ihr sie nicht wirklich kennt. Das war aber nicht der eigentliche Grund, warum ich Euch beide hierher gerufen habe. Ich denke, dass mein Ansehen durch die törichte Verdrehtheit dieses Mädchens leidet. Sie hat Euch alles und vielleicht noch mehr erzählt, ich zweifle nicht daran. Sie hat auch Briefe an ihren Vater und ihre Mutter und, soviel ich weiß, an andere geschrieben (denn ich stelle fest, dass ihr Briefverkehr sehr umfangreich ist!), in welchem sie sich selbst als einen Engel des Lichts präsentiert und ihren gütigen Herrn und Wohltäter als leibhaftigen Teufel."

(Ach, dachte ich, wie die Menschen sich manchmal beim rechten Namen nennen!)

"Und von alldem habe ich genug", fügte er hinzu. "So habe ich beschlossen, sie in das Elend und die Armut zurückzuschicken, aus der sie gekommen ist. Sie soll aber sehr darauf achten, wie sie über mich redet, wenn sie von hier fort ist."

Meine Stimmung hellte sich bei diesen Worten sofort auf, und mit frohem Herzen sank ich vor ihm auf die Knie.

"Möge der gnädige Herr allzeit für diesen Entschluss gesegnet sein! Nun bin ich glücklich. Erlaubt mir, hier auf meinen Knien mich für die Wohltaten und die Gunst zu bedanken, womit Ihr mich überhäuft habt, und für die Gelegenheiten, die Ihr und meine selige Herrin mir gabt, mich zu bilden und zu vervollkommnen. Ich werde vergessen, was Ihr mir angetragen habt, und verspreche, Euren Namen stets in Achtung und Dankbarkeit auszusprechen. Der allmächtige Gott möge Euch für immer segnen! Amen."

Ich erhob mich und ging viel freudiger davon, als ich gekommen war, und setzte mich daran, diesen Brief zu schreiben. Nun ist also alles glücklich vorüber.

Und so werdet Ihr, meine liebsten Eltern, Eure arme Tochter bald mit demütigem und gehorsamem Herzen zu Euch zurückkehren sehen. Seid unbekümmert, ich werde bei Euch so glücklich sein wie einst und wieder auf dem Dachboden schlafen. Bitte macht mein kleines Bett bereit. Ich habe etwas Geld, um mir einige Kleider zu kaufen, die besser zu mir passen als die, welche ich jetzt habe. Ich werde Mrs. Mumford bitten, mir Arbeit als Näherin zu verschaffen. Und habt keine Sorge, dass ich Euch zur Last falle, sofern ich gesund bleibe. Ich bin mir Gottes Segen gewiss, wenn nicht um meinetwegen, dann um Euretwegen, die Ihr in all Euren Prüfungen und Eurem Unglück Anstand bewahrt habt, so dass jedermann nur Gutes über Euch redet. Ich hoffe, dass er Mrs. Jervis ein Zeugnis für mich ausstellen lässt, da die Leute sonst, so fürchte ich, denken könnten, ich sei wegen Unredlichkeit entlassen worden.

Und so, liebe Eltern, mögt ihr um Eurer Liebe für mich und ich um meiner Liebe für Euch gesegnet sein! Ich werde auch immer für meinen Herrn und für Mrs. Jervis beten. Also gute Nacht, denn es ist schon spät, und ich werde bald zu Bett gerufen werden.

Ich hoffe, dass Mrs. Jervis nicht böse auf mich ist. Sie hat mich nicht zum Abendessen gerufen, auch wenn ich nichts hätte essen können, hätte sie es getan. Ich zweifle aber nicht daran, dass ich heute Nacht ruhig schlafen werde und davon träume, bei Euch zu sein und glücklich auf meinem lieben, lieben Dachboden zu weilen.

Also nochmals gute Nacht, meine lieben Eltern, sagt

Eure arme tugendsame Tochter

Vielleicht komme ich in dieser Woche noch nicht, denn ich muss die Wäsche besorgen und alles, was mit meiner Arbeit zusammenhängt, geordnet hinterlassen. Sendet mir also, wenn Ihr könnt, durch John eine Nachricht, ob ich willkommen bin. Er wird auf seinem Rückweg bei Euch vorbeischauen. Sagt ihm aber noch nichts über meinen Fortgang, sonst heißt es wieder, dass ich alles ausplaudere.

Brief XVII

Liebste Tochter,

wir heißen dich tausend Mal willkommen, weil du unschuldig, glücklich und tugendhaft zu uns kommst. Du bist die Stütze und der Trost unserer alten Tage. Und obgleich wir nicht so viel für dich tun können, wie wir gerne wollten, sei unbesorgt, denn wir werden glücklich miteinander leben. Mit meiner Arbeit und der Webarbeit deiner Mutter und deiner Näherei zweifle ich nicht daran, dass es uns besser gehen wird. Nur die Augen deiner armen Mutter fangen an, nachzulassen. Gott sei gelobt, dass ich so stark und tüchtig und fleißig bin als je, und, ach, mein liebes Kind!, deine Tugend hat mich, so meine ich, stärker und besser gemacht als zuvor. Welchen Segen bringen doch Prüfungen und Versuchungen, wenn wir die Kraft haben, ihnen zu widerstehen!

Ich habe aber kein gutes Gefühl wegen dieser vier Guineen. Ich denke, du solltest sie deinem Herrn zurückgeben. Allerdings habe ich sie schon angebrochen. Es sind nur noch drei übrig, aber ich werde den vierten ausborgen, wenn es geht, teils auf meinen Lohn und teils von Mrs. Mumford, und dir die ganze Summe, wenn John wieder vorbeikommt, zukommen lassen, damit du sie zurückgeben kannst.

Ich würde gerne wissen, wie du zu uns gelangst. Ich glaube, dass John mit Freuden bereit wäre, dich einen Teil des Wegs zu begleiten, falls nicht dein Herr es ihm aus übler Laune untersagt. Wenn wir es rechtzeitig erfahren, wird deine Mutter dir fünf Meilen entgegenkommen und ich zehn Meilen, oder bis ich dich treffe, sofern es auf einen Feiertag fällt, denn die Möglichkeit dafür habe ich nur dann.

Wir werden dich mit noch mehr Freude empfangen als bei deiner Geburt, als das Schlimmste überstanden war, oder als wir überhaupt jemals in unserem Leben empfunden haben.

Und Gottes Segen sei mit dir, bis die glückliche Zeit gekommen ist, sagen dir deine Mutter und ich.

Deine dich wahrhaft liebenden Eltern

Brief XVIII

Lieber Vater und liebe Mutter,

ich danke Euch tausendfach für die Güte, die aus Eurem letzten Brief spricht. Es drängt mich nun, meine restlichen Arbeiten zu erledigen, um zu meiner neuen und alten Bestimmung zurückzukehren, wie ich es nennen möchte. Ich habe mich sehr verändert, seit mein Herr mich entlassen hat. Was für eine Freude es ist, als ehrbare Tochter zu Euch zu kommen und nicht als schuldige. Meine Zeit zum Schreiben ist bald vorbei, ich will sie also nutzen und Euch berichten, was seit meinem letzten Brief geschehen ist.

Ich wunderte mich, dass Mrs. Jervis mich nicht zum Essen gerufen hatte, und war in Sorge, sie könnte verärgert sein, und sehnte mich danach, dass sie zum Schlafen kommt, nachdem ich meinen Brief beendet hatte. Endlich kam sie herauf, verhielt sich aber scheu und zurückhaltend. Ich sagte:

"Liebe Mrs. Jervis, ich bin erfreut, Euch zu sehen. Hoffentlich seid Ihr nicht wütend auf mich."

Sie sagte, es täte ihr leid, dass die Dinge so gelaufen waren, und dass sie lange mit meinem Herrn gesprochen habe, nachdem ich gegangen war, und dass er gerührt zu sein schien von meinen Worten und meinem Kniefall und meinem Gebet für ihn bei meinem Weggang. Er sagte, ich sei ein seltsames Mädchen, und er wüsste nicht recht, was er von mir halten solle.

"Ist sie gegangen?", fragte er dann. "Ich wollte ihr noch etwas sagen, aber sie benahm sich so merkwürdig, dass ich sie nicht aufzuhalten vermochte."

Sie fragte, ob sie mich wieder rufen solle. Er sagte:

"Ja."

Und dann:

"Nein, lasst sie gehen; das ist für sie und auch für mich am besten. Und sie soll, nun da ich sie entlassen habe, auch fortgehen. Ich habe keine Ahnung, woher sie diese Dinge kennt, von denen sie gesprochen hat. Nie in meinem Leben aber habe ich jemanden wie sie gekannt, gleich welchen Alters."

Sie sagte, er hätte ihr befohlen, mir nicht alles weiterzuerzählen, sie glaube aber, dass er mich niemals wieder bedrängen würde, und dass ich bleiben könne, wenn ich ihn um diesen Gefallen bäte, obgleich sie dessen nicht sicher sei.

"Ich bleiben, liebe Mrs. Jervis?", sagte ich. "Warum denn? Ich hätte keine bessere Nachricht bekommen können als die, dass er mich fortgehen lässt. Mich verlangt nach nichts anderem als in meine Armut und mein Elend zurückzukehren, wohin er mich, nach seinen Worten, geschickt hat. Denn die Armut wird für mich nicht halb so elend sein wie die vergangenen Monate hier, daran zweifelt nicht."

Mrs. Jervis, die liebe gute Seele, begann wegen mir zu weinen.

"Ach, Pamela, ich glaube nicht, dass ich Euch gegenüber so wenig Liebe zeigte, dass Ihr nun erfreut sein solltest, von mir zu gehen. Ganz gewiss habe ich nie ein Kind gehabt, das mir auch nur halb so lieb war wie ihr."

Ich weinte ebenfalls, als ich hörte, welche Freundschaft sie für mich empfand, die sie mir auch immer gezeigt hat, und sagte:

"Was soll ich Eurer Meinung nach tun, liebe Mrs. Jervis? Ich liebe Euch fast so sehr wie meine Eltern, und dass ich Euch verlasse, bedaure ich am meisten, wenn ich hier fortgehe. Sicher wäre es aber mein Verderben, wenn ich bliebe. Bedenkt man, wie er mich bedrängt und bedroht und wie er sich selbst mit einem bösen Schänder verglichen hat, und wie höhnisch er davon sprach, dass wir einen guten Stoff für einen Roman abgeben würden; kann ich denn unter solchen Umständen hier noch sicher sein? Hat er nicht zwei Mal all seine Würde vergessen? Ich muss mich nun gegen ein drittes Mal wappnen, da ich seiner Falle sonst vielleicht nicht entkomme, denn er hat, denke ich, nicht erwartet, dass eine Dienerin ihrem Herrn so beharrlich widersteht. Und erschiene es nicht wie eine Rechtfertigung seines Verhaltens, wenn ich danach noch bliebe? Denn, so meine ich, wenn eine von unserem Geschlecht von einem Mann angegangen wird, dann ermutigt es ihn zu weiteren Versuchen, wenn die Frau nichts unternimmt, um ihn abzuhalten. Es erscheint ihm dann, als würde ihm eine Tat vergeben, die keine Vergebung verdient. Viele schändliche Taten werden so angespornt, da könnt Ihr sicher sein."

Sie umarmte mich.

"Das ist sicher wahr! Woher, mein hübsches Kind, hast Du in so jungen Jahren dein Wissen und deine Gedanken? Du bist ein Wunder für dein Alter, und ich werde Dich immer lieben. Doch seid Ihr wirklich entschlossen, Pamela, uns zu verlassen?"

"Ja, liebe Mrs. Jervis. Was kann ich, so wie die Dinge stehen, denn anderes tun? Ich werde aber vorher meine Pflichten hier erledigen, und hoffe, Ihr schreibt mir ein Zeugnis für meine Rechtschaffenheit, damit niemand denkt, ich sei wegen eines Frevels entlassen worden."

"Ja, das mache ich", sagte sie. "Ich werde Euch ein Zeugnis schreiben, wie es sich ein Mädchen in Eurem Alter noch nie verdient hat."

"Und ich werde Euch gewiss immer lieben und ehren als die beste Freundin nach meinen Eltern, gleich wo ich hingehe und wie es mir ergeht."

Dann legten wir uns schlafen, und ich erwachte erst, als es Zeit zum Aufstehen war. Ich tat dies so beschwingt wie ein Vogel und machte mich freudig an meine Arbeit.

Ich glaube jedoch, dass mein Herr fürchterlich zornig auf mich ist, denn er ging zwei oder drei Mal wortlos an mir vorüber; und gegen Abend begegnete er mir in einem Durchgang, der zum Garten führt, und sagte ein Wort, wie es ich von ihm noch nie zu jemandem, gleich ob Mann, Frau oder Kind, gehört habe. Zuerst sagte er:

"Dieses Ding kommt mir ständig in den Weg."

Ich antwortete, wobei ich mich so dicht wie möglich an die Seite drückte (und der Gang ist so breit, dass eine Kutsche hindurchfahren kann):

"Ich hoffe, ich werde Euer Gnaden nicht mehr lange im Wege stehen."

"Hol Euch der Teufel!" (das ist das heftige Wort) "Ihr kleine Hexe, meine Geduld mit Euch ist am Ende."

Ich gestehe, dass ich bei diesen Worten zitterte. Ich merkte aber, dass er verärgert war, und machte mir nicht viel daraus, denn mein Abschied steht kurz bevor. Es kann ja, liebe Eltern, nicht verwundern, dass ein Mensch, der böse Taten tut, auch böse Worte spricht. Möge Gott mich von beidem verschonen!

Eure gehorsamste Tochter

Brief XIX

Lieber Vater und liebe Mutter,

da John die Möglichkeit hat, bei Euch vorbeizuschauen, schreibe ich nochmals und sende Euch zwei Briefe gleichzeitig. Noch kann ich nicht sagen, wann ich fortgehe und wie ich zu Euch komme, denn Mrs. Jervis hat meinem Herrn die Weste gezeigt, die ich für ihn sticke, und er sagte:

"Sie sieht recht schön aus. Ich denke, das Mädchen bleibt am besten noch solange, bis die Weste fertig gemacht ist."

Es hat ein geheimes Gespräch zwischen ihm und Mrs. Jervis gegeben, über das sie mir nichts sagt. Sie ist aber herzlich zu mir, und ich hege gar kein Misstrauen gegen sie, was andernfalls sehr gemein von mir wäre. Sie muss aber Gehorsam zeigen und alle seine rechtmäßigen Befehle ausführen. Andere als solche würde sie nicht ausführen, das kann ich wohl sagen, dafür ist sie zu rechtschaffen und liebt mich zu sehr. Wenn ich fort bin, muss sie aber bleiben und darf also keine Missgunst auf sich ziehen.

Sie hat mich nochmals gebeten, nicht fortzugehen und Demut zu zeigen.

"Was habe ich denn getan, Mrs. Jervis?", sagte ich. "Wenn ich frech und unverschämt war, wie er es nennt, hatte ich dann keinen Grund dafür? Denkt Ihr, ich hätte mich jemals vergessen, wenn er nicht vergessen hätte, was sich für einen Herrn gehört? Redet offen mit mir, Mrs. Jervis, wenn Ihr glaubt, ich könne in Sicherheit hier weilen. Was würdet Ihr dann denken und wie würdet Ihr Euch an meiner Stelle verhalten?"

"Liebe Pamela." Sie küsste mich. "Ich weiß nicht, was ich denken und wie ich mich verhalten würde. Ich hoffe, ich würde so handeln wie Ihr. Aber ich kenne sonst keine, die das täte. Mein Herr ist ein gutaussehender Edelmann, er hat viel Witz und Verstand und genießt, soviel ich weiß, die Bewunderung von einem halben Dutzend Damen, die sich glücklich schätzen würden, wenn er ihnen den Hof machte. Er hat ein vornehmes Anwesen. Und doch glaube ich, dass er mein gutes Mädchen, obgleich sie seine Dienerin ist, mehr liebt als all die Damen auf dem Land. Er hat versucht, über seine Liebe hinwegzukommen, weil sie so sehr unter seinem Stand steht, aber, so finde ich, es gelingt ihm nicht, und das ärgert sein stolzes Herz dermaßen, dass er beschlossen hat, Euch fortzuschicken. Und deshalb spricht er so missgelaunt zu Euch, wenn Ihr ihm zufällig begegnet."

"Das mag sein, Mrs. Jervis", sagte ich. "Ich habe aber diese Frage: Wenn er sich dazu erniedrigen kann, ein armes Mädchen wie mich zu lieben, was ja auch stimmen mag (denn ich habe über Sachen gelesen, die fast ebenso wundersam sind, über vornehme Herren, die arme Jungfrauen lieben), was kann er damit bezwecken? Er könnte sich vielleicht dazu herablassen, mich für gut genug zu befinden, seine Gespielin zu sein. In diesem Fall wahren Männer ihre Ehre, Frauen aber verlieren sie, denn so ist die Welt. Und wäre ich lasterhaft genug, dann würde er mich so lange unterhalten, bis ich ganz verderbt wäre oder er seine Vorliebe wechselt, denn selbst schlechte Menschen, so habe ich gelesen, werden des liederlichen Umgangs mit der gleichen Person bald überdrüssig, weil sie die Abwechslung auch im Laster lieben. Die arme Pamela würde dann fortgeschickt und als abscheuliche und verlassene Kreatur angesehen und von allen verachtet werden; ja, und das zu Recht, Mrs. Jervis; denn sie hat ihre Tugend nicht bewahrt und verdient also ein Leben in Schande. Aber, Mrs. Jervis, erlaubt mir Euch zu sagen, dass ich, wie ich hoffe, seine Versuchungen sogar verabscheuen und ihnen widerstehen würde, wenn er nicht nur mein Herr, sondern mein König wäre und sich immer freundlich zu mir verhielte und mich niemals fortschicken würde; es wäre sonst eine Sünde. Das haben mich meine armen geliebten Eltern immer gelehrt; und ich wäre in der Tat eine traurige und schändliche Kreatur, würde ich des Reichtums oder der Gunst wegen meine Tugend drangeben, ja, und ich wäre auch noch die schlimmste von meinem Geschlecht; denn ich kann mit Freude in meine Armut zurückkehren und sehe es als ein geringeres Unglück, in Lumpen zu gehen und von Roggenbrot und Wasser zu leben, wie ich gewohnt war, als dem vornehmsten Mann der Welt als Gespielin zu dienen."

Mrs. Jervis hob ihre Hände und sagte unter Tränen:

"Gott segne Euch, meine Liebe! Ich bin begeistert und entzückt von Euch. Wie kann ich mich jemals von Euch trennen!"

"Liebe Mrs. Jervis, so frage ich Euch jetzt: Ihr hattet mit ihm ein Gespräch, und es ist Euch vielleicht nicht erlaubt, mir davon zu berichten. Denkt Ihr aber, dass er seine Taten bedauerte und sich auch deren schämte, wenn ich darum bäte, hier bleiben zu dürfen? Denn gewiss sollte er dies tun, in Anbetracht seines hohen und meines niederen Rangs. Und weil meine Tugend das einzige in der Welt ist, das für mich einen Wert hat: Glaubt Ihr nach Eurem Gewissen (bitte antwortet mir aufrichtig), dass er mich nie wieder in irgendeiner Weise bedrängen würde und dass ich hier sicher wäre?"

"Ach! liebes Kind, stellt mir mit Eurem schönen ernsten Blick nicht solch unangenehme Fragen. Ich weiß nur, dass er sich ärgert über das, was er getan hat, sowohl beim ersten Mal als auch, noch mehr, beim zweiten Mal."

"Ja", sagte ich, "und so wird er sich vermutlich auch beim dritten und beim vierten Mal ärgern, bis Euer armes Mädchen gänzlich verderbt ist. Wer wird dann Grund haben, sich zu ärgern?"

"Nein, Pamela, glaubt nicht, dass ich um irgendetwas in der Welt zu Eurem Ruin beitragen würde. Alles, was ich sagen kann, ist, dass er Euch noch kein Leid zugefügt hat. Dass er Euch liebt, ist kein Wunder, so schön wie Ihr seid. Obgleich Euer Stand weit unter dem seinen ist, würde er, das wage ich zu beschwören, Euch niemals Gewalt antun."

"Nach Euren Worten", sagte ich, "hat er seine erste Tat im Gartenhaus bedauert. Gut, aber wie lange währte dieses Bedauern? Nur so lange, bis er mich alleine vorfand und noch schlimmer als zuvor an mir handelte, nur um dies wieder zu bedauern. Und wenn er mich seiner Liebe würdigt, von der er, wie Ihr sagt, gar nicht loskommen kann, dann wird er die Gelegenheit nutzen, mich auch ein drittes Mal zu peinigen. Ich habe gelesen, dass viele Männer sich ihrer schändlichen Annäherungen schämen, wenn sie zurückgewiesen werden, aber keine Scham empfinden, wenn sie Erfolg haben. Abgesehen davon, Mrs. Jervis: Wenn er wirklich keine Gewalt gegen mich im Sinn hat, was würde das bedeuten? (Wobei Ihr sagt, dass er nicht umhin kann, Gefallen an mir zu finden, denn Liebe kann man das nicht nennen.) Nicht dies, dass er hofft, mich mit meinem Einverständnis zu verderben? Ich denke (und hoffe auf die Gnade, dass es mir gelingt), dass ich auf keinen Fall seinen Versuchungen nachgeben werde. Es wäre aber sehr anmaßend von mir, mich auf meine eigene Stärke zu verlassen gegenüber einem Edelmann, der über Reichtum und viele gute Eigenschaften verfügt und mir als mein Herr gebietet und sich für berechtigt hält, mich Unverschämte zu nennen und was sonst noch alles, nur weil ich mich in gebotener Weise zur Wehr setzte. Bei all dem geht es um das Heil meiner Seele und meines Körpers und um meine Pflicht gegenüber Gott und meinen Eltern. Wie, Mrs. Jervis, kann ich unter diesen Umständen bleiben wollen oder darum bitten?"

"Nun gut", sagte sie. "Wie es scheint, wünscht er sehr, dass Ihr fortgeht. Ich hoffe, aus einem ehrbaren Grund, nämlich dass er befürchtet, Euch wie auch sich selbst zu entwürdigen."

"Nein, nein, Mrs. Jervis, daran habe ich auch gedacht. Ich wäre ja froh, wenn ich ihn so hochschätzen könnte, wie es meine Pflicht ist. Dann aber hätte er mich zu Lady Davers gehen lassen, statt zu verhindern, dass sich meine Umstände verbessern. Und er hätte nicht gesagt, ich solle in meine Armut und mein Elend zurückkehren, aus der ich durch die Güte seiner Mutter erhoben worden war. Stattdessen wollte er mich in Schrecken versetzen und glaubte, mich dafür zu bestrafen, dass ich mich seiner Bosheit nicht fügte. Das zeigt mir zur Genüge, was ich von seiner Güte zukünftig zu erwarten hätte, es sei denn, ich verdiente sie zu dem hohen Preis, der er festsetzt."

Sie schwieg, und ich sprach weiter:

"Es gibt nichts weiter dazu zu sagen als: Ich muss fortgehen. Das ist sicher. Meine einzige Sorge ist, wie ich mich von Euch und, hernach, von den anderen Bediensteten trennen soll, denn sie alle haben mich geliebt. Ihr und sie alle werdet mich sicherlich manchen Seufzer und manche Träne kosten."

Daraufhin konnte ich mich nicht zurückhalten und begann zu weinen. Es ist wohltuend, in einem Haus unter Bediensteten zu leben und von ihnen allen geliebt zu werden.

Ich hätte Euch schon längst von Mr. Longman, unserem freundlichen und anständigen Haushofmeister, erzählen müssen, der bei allen Gelegenheiten immer sehr liebenswürdig ist. Einmal sagt er zu Mrs. Jervis, er wünsche sich, um meinetwegen, jünger zu sein, damit er mich heiraten könne, und würde mir dabei sein ganzes Vermögen überschreiben. Dazu müsst Ihr wissen, dass er als sehr reich gilt.

Ich bin darüber nicht stolz, aber dank Gott und Eurem guten Vorbild, liebe Eltern, kann ich die Zuneigung aller Menschen erlangen. Nur unsere Köchin, die manchmal etwas bissig und mürrisch ist, sagte einmal so, dass ich es hörte:

"Warum führt sich unsere Pamela so fein wie eine Dame auf? Was es doch ausmacht, ein schönes Gesicht zu haben! Ich frage mich, wohin das Mädchen es noch bringen wird?"

Sie war sehr mit ihrer Arbeit beschäftigt, und ich ging leise weg, denn ich hielt mich nur selten in der Küche auf. Da hörte ich den Kellermeister sagen:

"Was ist mit Euch, Jane? Ihr sprecht über alle nur schlecht. Was hat Pamela Euch getan? Sie beleidigt niemanden, da bin ich mir sicher."

"Was habe ich denn gesagt, Ihr Dummer", antwortete sie gereizt, "außer dass sie schön ist?"

Dann hörte ich noch, wie sie miteinander stritten. Das tat mir leid, aber ich kümmerte mich nicht weiter darum. Vergebt mir dieses törichte Geplapper.

Eure gehorsame Tochter.

Oh! Ich vergaß Euch mitzuteilen, dass ich hierbleibe, bis die Weste fertig gestickt ist. Noch nie habe ich etwas Schöneres gemacht. Ich arbeite von früh bis spät daran, damit ich endlich zu Euch kommen kann.

Brief XX

Lieber Vater und liebe Mutter,

ich konnte meine letzten Briefe nicht so bald senden wie ich wollte, weil John (ob mein Herr ihm misstraut, weiß ich nicht) anstelle von Isaac zu Lady Davers geschickt wurde, der diesen Weg für gewöhnlich geht. Zu Isaac kann ich nicht so offen sein und ihm Vertrauen schenken, obgleich er sehr höflich zu mir ist. Ich war also gezwungen, auf Johns Rückkehr zu warten.

Ich werde vielleicht so bald keine Gelegenheit mehr haben, einen Brief zu senden. Ihr bewahrt aber, wie ich weiß, meine Briefe auf und lest sie (wie John mir gesagt hat) nach getaner Arbeit immer wieder aufs Neue (so sehr lässt Euch Eure Güte alles lieben, was von Eurer armen Tochter kommt). Es könnte mir vielleicht auch Freude bereiten, sie wiederzulesen, wenn ich bei Euch bin, um mich an das Durchgestandene und daran, wie groß Gottes Güte mit mir war, zu erinnern (was, wie ich hoffe, meine guten Vorsätze noch verstärken wird, so dass ich nachher keinen Grund habe, mich selbst für das zu verdammen, was ich in meinen Briefen geschrieben habe). Aus all diesen Gründen werde ich auch weiterhin alles, was mir widerfährt, schriftlich festhalten, wenn ich Zeit habe, und das Gekritzel zu Euch senden, wenn die Gelegenheit dazu besteht. Und wenn ich nicht jedes Mal förmlich unterschreibe, so wie ich sollte, dann werdet Ihr sicher nicht glauben, dass ich meine Pflicht vernachlässigt hätte. Also werde ich beginnen, wo ich zuletzt endete, als ich über mein Gespräch mit Mrs. Jervis berichtete, in welchem sie mich bat, meinen Herrn um mein weiteres Bleiben zu ersuchen.

Was Mrs. Jervis nicht weiß, ist der Plan, wie ich ihn nennen mag, den ich in die Tat umgesetzt habe. Vor einigen Tagen dachte ich bei mir selbst: Ich werde also zu meinen armen Eltern gehen und nichts am Leibe tragen, das zu meinem Stand passt; denn welchen Eindruck wird Eure arme Tochter machen mit einem seidenen Nachthemd, seidenen Unterröcken, Kopftüchern aus Batist, feinem holländischem Leinen, lackierten Schuhen, die meine Herrin trug, und schönen Strümpfen! Und wie abgetragen müssten diese Sachen in kurzer Zeit aussehen und wie lächerlich ich mit ihnen! Und die Leute würden sagen (denn arme Leute sind ebenso neidisch wie reiche): Seht die Tochter des guten Andrews, die aus ihrem feinen Haus zurückgeschickt wurde! Wie aufgedonnert sie daherkommt! Und wie gut die Kleider sich zur Armut ihrer Eltern machen!

Und wie würden sie über mich denken, dachte ich bei mir selbst, wenn die Kleider abgewetzt und abgetragen aussehen? Und wie würde ich erscheinen, wenn ich nach und nach in schlechteren Kleidern ginge, wie ich sie gerade in die Hände bekäme? Wenn ich, zum Beispiel, ein altes Seidenkleid mit einem billigen Unterrock zusammen trüge? Also, dachte ich, täte ich besser daran, mich gleich mit Kleidern auszustatten, die zu meinem Stand passen. Und obgleich das armselig aussehen mag im Vergleich mit dem, was ich in den letzten Jahren getragen habe, wird es mir doch, wenn ich bei Euch bin, für die Festtage und Sonntage dienen und, wenn mein Fleiß den Segen erhält, mir noch lange erhalten bleiben.

Ganz heimlich, wie ich schon sagte, kaufte ich von der Frau und den Töchtern des Pächters Nichols einen guten braunen Stoff, den sie selbst gesponnen haben. Es war genug, um mir einen Rock und zwei Unterröcke davon zu machen. Ich machte für das Kleid auch Aufschläge aus einem schönen Stück bedruckter Baumwolle, das ich noch hatte.

Ich hatte eine gute gesteppte Jacke aus Kamelhaar, die es, denke ich, noch ausreichend tun wird. Ich habe auch zwei Unterjacken aus Flanell gekauft, die nicht so gut sind wie meine Unterjacken aus Schwanenhaut und feiner Baumwolle, mich aber warmhalten werden, wenn ich hin und wieder einem Nachbarn beim Melken helfen muss, wie es früher der Fall war. Ich bin nämlich entschlossen, Euren guten Nachbarn jeden Gefallen zu erweisen, der mir möglich ist, und hoffe, von allen in Eurer Gegend so geliebt zu werden, wie ich es hier bin.

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