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Kapitel 4

„Ups, da bin ich wohl eingenickt.“ Arabella schreckte hoch und wusste im ersten Moment nicht, wo sie war. Aber dann fiel es ihr wieder ein. Sie saß bei Theobalds Oma in der Küche. Ihr Bauch war noch gut gefüllt von dem herrlichen nachmittäglichen Zimtschneckenschmaus. Es war schon fast dunkel draußen. Die Vögel hatten ihr Gezwitscher eingestellt. Sie waren wohl schlafen gegangen, dachte Arabella. Vögel stehen früh auf und müssen daher natürlich auch früh wieder ins Bett. „Ist ja logisch“, sagte sie zu sich selbst. Dann horchte sie auf. Nebenan hörte sie, wie sich Theobald und seine Oma unterhielten. Ein paar Wortfetzen konnte sie aufschnappen, denn die Türen waren nur angelehnt. „Muss arbeiten … zu viel alleine … nicht aufpassen … Langeweile“, hörte sie von Theobald und dann Anastasias leise Stimme: „nicht genug unternehmen … zu alt … Kontakt zu Kindern … Abwechslung … Goethe … um Tiere kümmern …“ Wer oder was war denn nun schon wieder Goethe?, fragte Arabella sich. Sie machte sich auf den Weg ins Wohnzimmer.

Da stieß sie mit ihrem Fuß an etwas Weiches und sehr Pelziges. Dieses Etwas sprang mit einem lauten Fauchen und Miauen auf und baute sich mit einem großen, runden Buckel vor Arabella auf. Grüne Augen blickten sie skeptisch fragend, aber auch etwas neugierig an. Arabella hatte sich so sehr erschrocken, dass sie mit einem Satz wieder auf die Küchenbank gesprungen war und sich vorsichtshalber in die hinterste Ecke am Fenster verkroch. Ein Kissen von der Bank hielt sie als Schutz vor sich. Man konnte ja nicht wissen, was dieses Wesen so vorhatte. „Goethe? Was machst Du denn schon wieder für ein Getöse und Gewese?“ Anastasias Stimme ertönte im Flur. Bald darauf ging auch schon die Küchentür auf und sie kam herein, gefolgt von Theobald. „Was ist denn hier los?“, fragten sie beide gleichzeitig. Das klang komisch. Theobalds Stimme so tief und die von Anastasia sehr hoch und etwas schrill. „Goethe, das ist Arabella – entschuldige, dass ich Euch nicht schon früher vorgestellt habe. Aber zuerst hast Du geschlafen und dann Arabella, so hatte ich noch keine Gelegenheit.“ Aha, dachte Arabella, Goethe musste also die Katze – vielmehr der Kater – sein, das machte Sinn.

„Also“, sagte Anastasia „darf ich also feierlich vorstellen: Arabella –Goethe – Goethe – Arabella.“ Sie machte bei dieser Vorstellung entsprechende Handbewegungen von einem zum anderen, um ihre Worte zu unterstreichen, obwohl natürlich jeder selber wusste, wer er war, und dass der andere der mit dem anderen Namen sein musste – auch logisch. Die Menschen schienen etwas komplizierter zu sein, als es auf den ersten Moment schien, dachte Arabella. Sie legte das Kissen zur Seite, machte eine Verbeugung in Richtung des Katers – so majestätisch sie das nur eben konnte mit ihrem Luftballonkörper.

Dann rutschte sie von der Bank, stellte sich vor Anastasia und Theobald und fragte mit beleidigtem Tonfall: „Und was hattet Ihr beiden überhaupt so Wichtiges zu besprechen, dass Ihr mich mit diesem Ungeheuer allein in der Küche gelassen habt?“ Betreten schauten sich Anastasia und Theobald an. Dann guckten beide zu Arabella herunter. Theobald setzte sich auf den Küchenboden und Anastasia auf die Bank. „Hör mal“, begann Theobald, „wir haben darüber gesprochen, was mit Dir werden soll.“ „Wie jetzt, was mit mir werden soll? Wer oder was soll denn mit mir werden sollen? Ich bin doch schon da?“, fragte Arabella verständnislos. „Jaja, natürlich bist Du da und das ist auch sehr schön!“ Theobald kratzte sich am Kopf, auf dem die noch wenigen Haare kreuz und quer durcheinander standen. „Aber das Problem ist, dass ich als Clown jeden Tag woanders arbeite – mal im Kindergarten, mal im Krankenhaus, dann in der Schule und im Arbeitsamt.“

„Ach, im Arbeitsamt auch? Seit wann arbeitest Du denn im Arbeitsamt?“, wollte Anastasia wissen. „Na ja, seit einigen Wochen – ist eine längere Geschichte, erzähl ich bei Gelegenheit, tut jetzt nichts zur Sache“, sagte Theobald. Arabella schaute von einem zum anderen. „Was ich damit sagen will“, fuhr Theobald fort, „ist, dass ich jeden Tag morgens aus dem Haus gehe und erst abends nach Hause komme. Dann muss ich ja auch noch üben zu Hause und Sport machen und natürlich schlafen, da habe ich doch überhaupt gar keine Zeit mich um Dich zu kümmern. Und außerdem vergesse ich sehr viel.“

„Stimmt!“ Anastasia lachte: „Das kann ich bestätigen. Wenn ich nur daran denke, dass Du Deinen Terminkalender drei Wochen lang gesucht hast, weil Du vergessen hattest wo Du ihn hingelegt hast und dann hast Du so viele Auftritte natürlich vergessen. Das war eine Katastrophe!“

„Jaja, genau das zum Beispiel“, sagte Theobald ungeduldig. Es war ihm gar nicht so recht, dass Anastasia gleich alles erzählte. Wie stand er denn dann da? Wie ein Volltrottel und das war er gewiss nicht! „Ach, Theobaldus“, sagte Anastasia und strich Theobalds Haarsträhnen auf dem Kopf glatt, so gut es eben ging, „jeder hat doch seine Schwächen, und alle sind wir gut so, wie wir sind. Stell Dir vor, alle wären gleich, wie langweilig das doch wäre.“ Das besänftigte Theobald. Nachtragend war er nicht – ging auch nicht –weil er ja so schnell vergaß. „Also, um auf Deine Frage zurückzukommen“, sagte er nun erneut zu Arabella gewandt, „wir haben uns Gedanken darüber gemacht, wo Du in Zukunft wohnen kannst. Ich denke, es ist das Beste, Du bleibst hier bei Anastasia. Da bist Du gut versorgt, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Sie ist ohne Zweifel die weltbeste Oma mit den weltbesten Pfannkuchen. Und ich kann Dich besuchen, wenn ich Zeit habe“, fügte er noch hinzu. „Moment mal, Moment mal.“ Anastasia stand mit erhobenem Zeigefinger vor Theobald: „Dagegen spricht eindeutig Goethe, und dass ich schon ein bisschen älter bin und nicht mehr so viel unter die Leute gehe, Dir, Arabella, also wenig Abwechslung bieten kann und wenig Kontakt zu Kindern habe. Nicht, dass ich Dich nicht gern hier hätte, aber etwas anstrengen würde es mich auf meine alten Tage schon, das gebe ich zu.“

„Alten Tage, alten Tage, papperlapapp, so einen Quatsch hab ich selten gehört“, fiel Theobald seiner Oma ins Wort. „Ich kenne keinen Menschen, der mit 137 Jahren noch jeden Tag auf dem Trimm-Rad fährt, Yoga macht und täglich im Meer schwimmt, egal was für ein Wetter und was für eine Jahreszeit ist und außerdem ständig irgendwelche neuen Kuchen und Plätzchenrezepte ausprobiert …“

„Jaja stopp, ist ja schon gut. Trotzdem ist Arabella bei Dir besser aufgehoben! Ich glaube, es ist für Euch beide sehr gut, wenn ihr zusammen wohnt, denn Arabella scheint nicht vergesslich zu sein. Sie könnte Dich also an Deine Auftritte erinnern und Du könntest Dich revanchieren, indem Du sie in Kontakt mit Kindern bringst. Das ist für die Kinder bestimmt schön und für Arabella auch. Ich glaube nämlich nicht, dass jemand jemals schon mal eine sprechende blaue Luftballonschlange erlebt hat. Du würdest ein noch berühmterer Clown sein, und Arabella würde gleich mit berühmt.“

„Berühmt? Was bedeutet das denn, berühmt sein?“, wollte Arabella wissen. „Na ja“, sagte Theobald „das bedeutet, dass einen viele Leute kennen, weil man etwas Besonderes ist oder macht.“

„Aha“, sagte Arabella „aber das macht doch jeder jeden Tag, oder nicht?“ Darauf wussten weder Anastasia noch Theobald eine gute Antwort. Alle drei nickten versonnen vor sich hin. Goethe hatte sich wieder auf den bunten Sessel im Wohnzimmer zurückgezogen. „Also ich schlage vor“, unterbrach Anastasia die Stille, „heute Nacht schlaft Ihr beide bei mir im Gästezimmer und morgen sehen wir weiter. Wie findet Ihr das?“ Und dann fügte sie begeistert und mit einem Leuchten in ihren kleinen freundlichen Augen hinzu: „Ich backe uns Pfannkuchen und wir könnten noch eine Runde Mensch- ärgere-Dich-nicht spielen“… Erwartungsvoll machte sie eine Pause. „Nun ja“, Theobald rieb sich seinen großen Bauch in voller Vorfreude, „das hört sich nach einem sehr guten Plan an. Ich habe Urlaub bis übermorgen, glaube ich. Das heißt, ich habe Zeit genug! Und Du Arabella? Hast Du noch irgendetwas Wichtiges vor, das Dich davon abhält, die weltbesten Pfannkuchen zu essen und gegen den weltbesten Mensch-ärgere-Dich-nicht-Spieler zu verlieren?“ Er freute sich sehr auf einen schönen, gemütlichen Abend.

Und den hatten sie dann auch in Anastasias Küche, die mit herrlichem Pfannkuchenduft erfüllt war. Nach 46 Runden Mensch- ärgere-Dich-nicht, in denen Arabella sich doch geärgert hatte – aber sie war ja auch kein Mensch – gingen sie zu Bett. Anastasia nach oben in ihr Schlafzimmer und Theobald und Arabella ins Gästezimmer unten hinter dem Wohnzimmer. Die Tür machten sie vorsichtshalber zu, man konnte ja nie wissen, was Goethe so in den Kopf kam. Satt, müde und zufrieden schliefen alle vier bis zum nächsten Morgen, ohne ein einziges Mal aufzuwachen.

Kapitel 5

„Ach Du grüne Neune, Autsch, so was Dummes.“ Ein ziemlich lautes Poltern, gefolgt von ziemlich lautem Gejammer, weckte Arabella und Theobald am nächsten Morgen. Die Sonne schien schon ins Zimmer und die Vögel im Garten waren auch schon sehr geschäftig von Vogelhaus zu Vogelhaus unterwegs. Theobald sprang aus dem Bett und stieß mit seiner rechten großen Zehe an die Kommode, die gegenüber dem Bett an der Tür stand.

„Au, au, au“, jammerte nun auch er und hüpfte auf einem Bein durchs Zimmer. Arabella rieb sich die Augen. Das machte ein etwas quietschend, knatschiges Geräusch. „Was ist denn hier los?“, fragte sie noch leicht verschlafen. Sie hatte von einem Land geträumt, in dem es nur Luftballons gab in jeder Form und jeder Farbe und alle konnten sprechen, so wie Arabella. So fiel sie gar nicht auf, weil alle so waren wie sie. Aber das war im Traum gewesen, jetzt war sie in Anastasias Haus und hörte lautes Jammern und Zetern und schon sprang sie aus dem Bett. „Hey, Theobald, lass mal sehen! Was ist los?“ Theobald rieb sich seinen dicken großen Zeh mit zusammengekniffenen Augen. Er versuchte, Luft auf den Zeh zu pusten.

Aber er kam nicht nah genug an seinen Zeh heran. Sein Bauch war im Weg. Sehen konnte man nichts. Der Zeh sah aus wie immer. Als Arabella ein wenig Luft auf den Zeh pustete, öffnete Theobald die Augen und sagte: „Ohhh, das hilft sehr gut. Das hat Anastasia früher auch immer gemacht, wenn ich mich gestoßen hatte.“ Der Schmerz schien bald vergessen, das Gejammer und Geschimpfe aus der oberen Etage war jedoch immer noch lautstark zu hören. Schnell machten Arabella und Theobald sich auf den Weg nach oben, um nachzuschauen, was passiert war. „Oh je“, riefen beide, als sie oben ankamen wie aus einem Mund. Da lag Anastasia auf dem Boden im Badezimmer und das linke Bein lag unter dem Trimmrad. Anastasia versuchte, das Trimmrad zur Seite zu schieben, aber offensichtlich war es sehr schwer und es ließ sich von ihr keinen Millimeter bewegen. „Ach du grüne Neune, ach du grüne Neune“, jammerte sie in einem fort. Es klang aber eher ärgerlich als wirklich jammerig. „Hey, was hast Du denn gemacht?“, fragte Theobald. „Ja, wonach bitte schön, sieht es denn aus?“ Anastasia reagierte ziemlich unwirsch. „Ich war gerade dabei, mir die Haare zu kämmen und Kuchen zu backen.“ Theobald legte seinen Zeigefinger auf seinen Mund. Das tat er gerne, wenn er nachdachte. Dann sagt er: „Das ist aber überhaupt nicht logisch. Wieso liegst Du denn dann hier oben unter deinem Trimmrad?“

„Oh, du meine Güte, Theobald, finde den Fehler! Ich habe einen Witz gemacht! So war es natürlich nicht!“

„Aha“, sagte Theobald „und wie war es dann“?

„Vielleicht befreist Du mich erst mal freundlicherweise und dann können wir gerne den gesamten Tatbestand erörtern.“ Anastasias Tonfall wurde nun doch sehr ernst. „Aber ja, natürlich, ich Schusseldussel“, sagte Theobald, trat einen Schritt vor und hob das Trimmrad auf, um es wieder an seinen ursprünglichen Platz vor dem runden Fenster zu postieren. „Ahh, was für eine Wohltat, ich dachte schon, ich müsste die nächsten 137 Jahre so verbringen.“ „Was für ein Quatsch, ich bin doch hier“, sagte Theobald.

„Oh man, Theobald, das war, glaub ich, auch nicht so ernst gemeint“, mischte Arabella sich nun ein, „vielleicht musst Du nicht immer alles so wörtlich nehmen.“

„Genau mein Reden“, sagte Anastasia, nun mit schon fast normaler Stimme. Wenn Ihr mir jetzt noch aufhelfen könntet, wäre ich Euch ewig zu Dank verpflichtet.“ Mit vereinten Kräften stellten sie nun auch Anastasia wieder auf die Beine. „Und? Tut irgendetwas weh?“, wollte Arabella wissen. „Ja, mein Knie tut mir weh“, sagte Anastasia und rieb sich das linke Knie. „Aber es geht schon, es geht schon wieder.“ Das Knie war rot und dicker als das andere, sonst konnte man nichts sehen. „Versuch doch mal ein paar Schritte“, forderte Theobald seine Oma auf. Anastasia humpelte durchs Schlafzimmer. Sie trug eine Sporthose, ein T-Shirt und Turnschuhe. Darin sah sie ziemlich gut und sportlich aus, fand Arabella.

Kurz überlegte sie, ob sie schon jemals einen 137 Jahre alten Menschen in Sportkleidung gesehen hatte. Spontan fiel ihr da keiner ein. Aber das war jetzt ja auch gar nicht wichtig. Wichtig war Anastasias Bein. „Was können wir tun?“, fragte Theobald, als hätte er Arabellas Gedanken lesen können. Konnte er vielleicht auch, wer weiß das schon, dachte Arabella. „Helft mir bitte die Treppe herunter und seht zu, dass Goethe nicht auf irgendeiner Treppenstufe im Weg steht. Er macht seinen Frühsport nämlich immer auf der Treppe, während ich auf dem Trimmrad sitze.“ Anastasia setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen, gestützt auf der einen Seite von Theobald, auf der anderen Seite hielt sie sich selbst am Treppengeländer fest. Arabella lief vorweg und hielt sozusagen den Weg frei. Es war kein Goethe in Sicht, er war entweder schon fertig mit seiner Frühgymnastik oder hatte sich von dem Lärm und der Unruhe vertreiben lassen.

So kamen sie ohne Komplikationen unten an. „Ich setz mich erst mal in der Küche auf die Bank“, sagte Anastasia, während sie in Richtung Küchenbank humpelte. Arabella und Theobald folgten ihr. „Was sollen wir denn jetzt machen? Soll ich vielleicht einen Arzt rufen?“, fragte Theobald etwas unsicher. Er wusste in Wirklichkeit gar nicht, wie das geht, weil er das ja noch nie gemacht hatte. Brauchte er auch jetzt nicht, weil Anastasia sehr bestimmt und energisch verlauten ließ: „Was denn, so weit kommt das noch. Einen Arzt, wer braucht bei so was schon einen Arzt, noch nie im Leben bin ich bei irgendeinem Arzt gewesen. Wenn jeder mit solchen Lappalien zum Arzt ginge, wäre der ja vollkommen überlastet und hätte keine Zeit mehr für die wirklich kranken Menschen.“

„Na ja“, Theobald wurde nachdenklich, „aber wer sagt schon, ob man wirklich krank ist? Das bestimmt ja jeder selber für sich. Der eine ist doch bestimmt schneller krank als der andere, oder?“

„Ja, ja, kann ja jeder machen, wie er lustig ist“, entgegnete Anastasia, „aber ich geh da jedenfalls jetzt nicht hin und es kommt auch keiner her. Ihr besorgt mit bitte zwanzig große Pakete Quark, damit mache ich mir Quarkwickel um das Knie und in ein paar Tagen bin ich wieder topfit.“ Das klang nach einem guten Plan, fand Arabella.

„O. k., brauchst Du sonst noch irgendwas?“ Theobald war froh, etwas tun zu können, anstatt dumm in der Küche herumzustehen. „Ein bisschen Vogelfutter und Zimt, ansonsten brauch ich nichts“, sagte Anastasia und deutete auf den Korb, der in der Ecke stand, „den könnt Ihr mitnehmen zum Einkaufen. Theobald, ich bitte Dich, schreib Dir lieber auf, was Du einkaufen sollst, sonst hast Du alles vergessen, wenn Du im Laden stehst. Dann kaufst Du bestimmt Möhren und Lakritz, statt Quark und Vogelfutter. Ich kenn Dich doch.“

„Ach papperlapapp, die paar Sachen auf dem kurzen Weg, das wäre ja wohl gelacht“, prahlte Theobald. Er nahm den Korb und wollte gerade die Haustür öffnen, da rief Anastasia hinter ihm her: „Willst Du denn Arabella gar nicht mitnehmen? Dann kann sie schon mal ein kleines bisschen von der Insel sehen und kommt unter die Leute.“

„Ach ja, natürlich Arabella! Dich hätte ich jetzt doch fast vergessen.“ Theobald kratzte sich verlegen am Kopf. „Siehst Du, genau das meine ich“, witzelte Anastasia, „aber wenn Arabella dabei ist, besteht eine gute Chance, dass wirklich auch Quark bei mir ankommt.“ Sie zwinkerte Arabella zu. „Viel Spaß Ihr zwei. Du wirst sehen, die Insel ist wunderschön. Ich wohne hier schon mein ganzes Leben und würde nie woanders leben wollen. Dies ist mein Zuhause und wird es immer bleiben, weil es sich gut anfühlt, hier zu sein.“ Glücklich schaute sie aus dem Fenster in ihren Garten. „Theobald, bevor ihr geht, macht doch bitte noch die Tür zum Garten auf, dann duftet es hier drin nach Sommer, Sonne und Meer.“ Theobald schob die Terrassentür weit auf. Sofort war die Küche erfüllt mit einem unbeschreiblich schönen Gemisch aus Vogelgezwitscher, Meeresrauschen und dem Duft aus Sommerblumen und Gras.

„Ahhh, wie herrlich!“ Ganz verträumt, weil das alles so schön war, stand Theobald in der Küche und wollte sich gerade auf die Bank setzen, als Anastasia und Arabella einstimmig lachend riefen: „Nein, nein, Theobald, jetzt steht Einkaufen auf dem Plan, schon vergessen?“

„Ups.“ Theobald setzte sich schnell in Richtung Haustür in Bewegung. „Nein, nix vergessen, klar, einkaufen! Komm Arabella, los geht’s.“

„Der Korb, Theobald“, erinnerte Anastasia geduldig.

„Ach ja klar, selbstredend! An was man alles denken muss schon am frühen Morgen“, murmelte er, holte den Korb aus der Küche, setzte Arabella hinein und wollte ihr gerade die Baseballkappe aufsetzen, da rief Anastasia empört: „Theobald, halt! Was machst Du denn? Wie soll sie denn darunter was sehen von der schönen Insel? Und außerdem ist die Kappe doch viel zu warm. Wir haben Sommer!“

„Ja, aber wenn uns jemand sieht und merkt, dass ich mich mit einer Luftballonschlange unterhalte, dann denken doch die Leute, ich bin plemplem.“ Theobald wirkte sehr verunsichert. “Aha, das war also auch gestern Abend der Grund der Maskerade“, sagte Anastasia. Arabella verstand nur Bahnhof. „Ja klar“, sagte Theobald, „ich habe schließlich einen sehr guten Ruf hier auf der Insel.“

„Dein Ruf kann durch Arabella nur noch besser werden.“ Wieder zwinkerte Anastasia fröhlich Arabella zu: „Also Kappe ablassen und loslegen, lautet die Devise, glaub mir, die Menschen werden Arabella lieben und Dich lieben sie sowieso schon.“

„Na, wenn Du meinst?“ Theobald war noch nicht ganz überzeugt, aber er glaubte seiner Oma alles, denn alles was sie ihm bisher beigebracht und gesagt hatte, stimmte, also war dies hier jetzt bestimmt auch richtig. Theobald hängte die Baseballkappe wieder zurück an den Garderobenhaken und platzierte Arabella so im Korb, dass sie gut herausgucken konnte. So machten sie sich auf den Weg zum Einkaufen. „Ohne Einkaufszettel, na, da bin ich mal gespannt“, murmelte Anastasia etwas skeptisch, als die beiden das Haus verließen, aber Arabella war ja dabei.

Kapitel 6

Theobald und Arabella gingen rechts die Straße hinunter in Richtung Stadtzentrum. Dort befand sich am Anfang der Fußgängerzone ein kleiner Supermarkt. Der hatte eigentlich alles vorrätig, was man so zum Leben brauchte. Ja und war mal etwas nicht da, konnte man es beim Supermarktbesitzer bestellen und bekam es meistens schon am nächsten Tag. Die Straße führte am Strand entlang. Das Wetter war seit gestern wieder gut. Nach einer Woche Dauerregen und Sturm schien jetzt die Sonne und der Himmel war blau, ohne eine einzige Wolke. So waren sehr viele Menschen am Strand zum Schwimmen und Sonnenbaden. Etwas weiter hinten sah man Surfer und Stand-up-Paddler. Es war eine sehr schöne, entspannte Stimmung, man hörte Musik von irgendwo her, ein Eiswagen fuhr langsam an der Promenade entlang und klingelte ab und zu mit einer kleinen Glocke, um sich auch bei allen bemerkbar zu machen. Arabella genoss ihren Ausflug mit Theobald und guckte hin und her, um nichts zu verpassen. Sie stellte Theobald tausend Fragen, die er erst etwas verhalten, aber dann immer selbstverständlicher beantwortete. „Was machen denn die ganzen Menschen hier am Strand?“, wollte Arabella wissen.

„Ist hier jeden Tag so viel los? Warum sind denn da gar keine Hunde am Strand? Was ist das denn da? „Sie zeigte auf einen großen Lenkdrachen, der die Form einer bunten Mickey Mouse hatte. Theobald wusste auf jede ihrer Fragen eine Antwort. Arabella war sehr zufrieden und wurde nach einiger Zeit etwas ruhiger, als ihre Aufregung sich legte. Sie atmete die frische Meerluft ein und fühlte sich pudelwohl in ihrem Korb.

Da hatten sie auch schon den Supermarkt erreicht. Theobald nahm einen von den Einkaufswagen, die vor der Tür standen, stellte den Korb mit Arabella hinein und fuhr in den Laden. Arabella staunte mit offenem Mund über die vielen Sachen, die sich in den Regalen befanden. Direkt am Eingang befand sich die Obst- und Gemüseabteilung. Da brauchten sie nichts, also fuhr Theobald weiter und blieb am Milchregal stehen. Er nahm drei Liter Milch und 5 Pakete Butter. Dann fuhr er weiter zum Gewürzregal. Hier suchte er nach Koriander, fand es und packte es ein. Arabella schaute seinem Treiben zu und fragte dann vorsichtig: „Theobald ist das denn Quark und Zimt, was Du hier in den Wagen getan hast?“ Theobald kratzte sich am Kopf, wie er es ja immer tat, wenn er nachdachte. „Nein, das ist es natürlich nicht. Ich wollte Dich auf die Probe stellen, ob Du Dir gemerkt hast, was wir einkaufen sollen“, sagte er schelmisch. In Wirklichkeit wollte er damit vertuschen, dass er komplett vergessen hatte, was er für Anastasia im Supermarkt einkaufen sollte. „Aha, verstehe“, sagte Arabella, die das Ganze schnell durchschaute. „Na, dann ist es ja gut, dass ich dabei bin. Also mach ’ne Kehrtwende zum Milchregal und such den Quark. Den anderen Krempel kannst Du wieder wegstellen, braucht kein Mensch … obwohl … warte mal… Milch braucht man für Kakao und Pfannkuchen, oder?“

„Ja, ich glaub schon, dass Oma Milch in den Pfannkuchenteig getan hat“, pflichtete Theobald ihr bei, „also nehmen wir die auf jeden Fall mit.“ Schnell hatte er den richtigen Quark gefunden, den, den seine Oma immer aß, der mit dem roten Deckel nämlich. Nun konnte er umdrehen wieder in Richtung Gewürzregal. Dort räumte er den Koriander wieder ins Regal, nachdem er kurz daran gerochen hatte und sich naserümpfend fragte, wofür man den wohl brauchte. Gerade wollte er weiterfahren, als eine quäkende Stimme sich aus dem Korb meldete: „Theobald, wo bleibt der Zimt?“

„Uiuiui, stimmt ja! Wo Du recht hast, hast Du recht.“ Schnell schwenkte er zurück und stolperte dabei über seine viel zu großen Schuhe. Theobald hielt sich am Einkaufswagen fest und hätte diesen beim Stolpern fast umgeworfen. Der Wagen stand schon auf 2 Rädern und kippte bedrohlich zur Seite. Arabella sah sich bereits kopfüber auf den Boden purzeln. „Nein, nein, nein, Theobald, was machst Du denn da“, rief sie panisch. „Hilfe!“. Sie sah sich unter der Milch und dem Quark auf dem Boden begraben und wollte sich gar nicht ausmalen, was dann passieren konnte.

Sie hielt sich vorsichtshalber die Augen mit beiden Händen zu und ließ nur einen kleinen Schlitz zwischen zwei Fingern frei, um doch noch ein bisschen sehen zu können. Sie war eben eine sehr neugierige kleine Luftballonschlange. Plötzlich kam der Wagen mit einem Ruck wieder auf 4 Rädern zum Stehen und eine freundliche ältere, dunkle Stimme sagte lachend: „Hey, Theobald Grossfuß, das hätte auch schiefgehen können. Habe ich nicht schon oft gesagt, dass Deine Schuhe ein kleines Stück vielleicht zu groß sind? Und hab ich recht? Natürlich habe ich das, wie immer, ich hab immer recht!“ Arabella guckte vorsichtig aus dem Korb heraus und sah einen kleinen, ziemlich dicken, gutmütig blickenden, weißhaarigen Mann, der Theobald auf die Beine half. Der Mann musste dem Aussehen nach schätzungsweise 170 Jahre alt sein, wenn man ihn mit Anastasia verglich, dachte Arabella. Er war viel kleiner als Theobald.

Er musste nach oben schauen, um ihm ins Gesicht zu blicken, als Theobald wieder sicher auf zwei Beinen stand. Theobald hatte seinen Schreck schnell überwunden. Er zog seine Hose und sein Hemd gerade und guckte sich um, wer ihn denn da gerade gerettet hatte und ob ihm irgendetwas aus der Hosentasche gefallen war bei dem Sturz. Auf diese Art und Weise hatte er nämlich auch schon mal seinen Kalender verloren. Als er nichts fand, schaute er den kleinen Mann an, der mit triumphierendem Blick vor ihm stand. „Ach Du bist es, Markus! Dich habe ich ja ewig und drei Tage nicht mehr gesehen.“ Lachend umarmten sich beide. Sie waren so laut, dass alle Leute in dem sonst eigentlich immer sehr ruhigen Supermarkt sich mittlerweile umgeschaut hatten, wer da so ein Spektakel machte. „Sag an, wie geht’s Dir“, fragte der Mann, der Markus hieß. „Gut, gut! Danke, Danke!“, erwiderte Theobald. Lächelnd und staunend und wortlos standen sie sich gegenüber.

„Und mir ginge es dann auch gut. Wie schön, dass auch einer nach meinem Befinden fragt“, kam es aus dem Korb im Einkaufswagen.

Beide Männer schauten wie auf Knopfdruck in die Richtung aus der die Stimme kam. Theobald verlegen und Markus verwundert. „Na, wen haben wir denn da?“, fragte Markus, „willst Du uns nicht mal vorstellen Theobald?“ Und zu Arabella gerichtet sagte er: „Sie müssen entschuldigen, aber Höflichkeit war noch nie Theobalds Stärke.“ Theobald trat einen Schritt auf den Einkaufswagen zu und sagte: “Na gut, also darf ich vorstellen: Arabella – Markus – Markus – Arabella“, wieder mit der jeweiligen Handbewegung von einem zum anderen, damit man auch wusste, dass man nicht der andere war. Den Sinn dieses Vorstellungsmanövers würde sie wohl nie verstehen, dachte Arabella, aber so war das wohl bei den Menschen. Sie schüttelte den Kopf und dann die Hand, die Markus ihr entgegenstreckte. „Sehr erfreut“, sagte Markus.

„Ebenfalls super sehr und ganz doll erfreut“, sagte Arabella höflich und versuchte, eine Verbeugung hinzubekommen inmitten von umgekippten Milchflaschen und Quarktöpfen. Es gelang ihr scheinbar recht gut, denn Markus sagte erstaunt. „Oh, eine Dame von Welt. Was macht Ihr beiden denn im Supermarkt? Da hätte ich Dich gar nicht vermutet, sonst kauft doch immer Anastasia für Dich ein“, wunderte sich Markus.

„Ja, das tut sie normalerweise“, bestätigte Theobald, „aber heute Morgen ist sie gestürzt. Nun hat sie ein dickes Knie und kann nur humpeln. Sie sitzt zu Hause auf der Küchenbank und möchte Quark haben, um sich Wickel zu machen.“

„Ah ja, sehr gut, sehr gut. Quarkwickel sind bei so was das Beste, ja, ja, empfehle ich auch immer gerne.“

„Du kennst Dich damit aus?“, fragte Arabella. „Ja, ich bin Markus Huflattich, der beste und einzige Heilpraktiker auf der Insel. Ich und mein Freund Antonius Sanguin, der beste und einzige Arzt der Insel, behandeln eigentlich alles, was behandelt werden muss. Wenn der eine nicht weiter weiß, hat der andere oft eine gute Idee. So können wir den meisten Menschen, die zu uns kommen, helfen.“

„Ja, das stimmt“, sagte Theobald, „ich habe noch nie wegen irgendwas ins Krankenhaus gehen müssen. Ihr habt immer alles hinbekommen.“ Arabella fand, dass Markus sehr sympathisch war. Daher fragte sie ihn, ob er sich nicht auch das Bein von Anastasia mal ansehen könne, irgendwann wenn er Zeit habe.

„Aber selbstredend“, erwiderte Markus eifrig. „Ich komme nachher mal vorbei. Vielleicht bringe ich Antonius mit. Vier Augen sehen mehr als zwei und vier Hände tasten mehr als zwei, sag ich immer. Also dann, eigentlich wollte ich ja jetzt auch einkaufen, hab aber gerade wieder einen Anruf bekommen.“ Er seufzte ein bisschen, weil sein Kühlschrank zu Hause schon ganz leer war. Ich muss nun erst noch zu einem Hausbesuch wegen Fieber und Hals- und Kopfweh, dann komme ich zu Euch und hol auf dem Weg Antonius ab.“

Er machte sich auf den Weg zum Ausgang. „Super, das ist nett“, sagte Arabella, Anastasia wird sich bestimmt freuen.“

„Na, da bin ich mir nun überhaupt nicht so sicher“, murmelte Theobald, sagte es aber nicht laut, um Arabella nicht zu verärgern. Er hatte nämlich mittlerweile mitbekommen, dass Arabella, wenn sie verärgert war, auch gerne sehr penetrant und laut sprach und das wollte er hier mitten im Supermarkt verhindern. Komisch fand er aber schon, dass Markus gar nicht erstaunt gewesen war über eine kleine, blaue, sprechende Luftballonschlange. Bei Anastasia war das nicht sonderlich verwunderlich. Anastasia guckte gar nicht auf Äußerlichkeiten und hieß erst mal jeden, so wie er war, willkommen. Wirklich eine schöne und liebevolle Angewohnheit, dachte Theobald, die nur wenige Menschen hatten. Offensichtlich gehörte Markus auch zu diesen Menschen.

Theobald wollte nun aber schnell wieder nach Hause zu Anastasia und schob den Einkaufswagen zur Kasse. „Hast Du Zimt und Vogelfutter?“, quäkte es genervt aus dem Korb. “Ups, vergessen“, entschuldigte sich Theobald. Er hatte wegen dem Beinahe-Sturz von vorhin Arabella gegenüber doch ein etwas schlechtes Gewissen. „Zimt steht hier im Gewürzregal“, sagte er und griff zielsicher hinein „und Vogelfutter gibt’s in der Getränkeabteilung.“

„Aha, na dann mal los“, sagte Arabella. Sie hatte sich wieder vollständig erholt und freute sich, dass Anastasias Knie nun doch noch fachmännisch angeguckt werden würde. Das Vogelfutter war nicht in der Getränkeabteilung – was sollte es auch dort – es war natürlich bei der Tiernahrung untergebracht, das fand Theobald dann auch logischer. Es gab aber fünf verschiedene Sorten. Theobald und Arabella standen ratlos vor dem Vogelfutterregal. Theobald holte eine Tüte nach der anderen heraus und gemeinsam lasen sie alles, was auf den Tüten stand. Nachdem sie alles gelesen hatten, waren sie genauso ratlos wie vorher. Da kam eine ältere Dame auf sie zu und blieb vor dem Regal stehen. Sie zog rasch eine Tüte Vogelfutter heraus, nickte Ihnen freundlich zu und wollte wieder gehen.

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Дата выхода на Литрес:
25 мая 2021
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9783962298791
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