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Читать книгу: «Der Minnesänger», страница 5

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V

Während der Nacht konnte Wilfried kein Auge schließen, unaufhörlich schwebte seinem Geiste die Frage vor, was wohl der Grund von Edithas unbegreifliches Benehmen gegen ihn sein möchte. Das leidige Räthsel folterte ihn so sehr, daß er sich in seinem Bette wälzte, als ob er auf glühendem Eisen läge.

Gegen Morgen übermannte ihn endlich die Müdigkeit und er fiel in einen tiefen Schlaf.

Als er erwachte, war es schon heller Tag. Er nahm alle Kraft zusammen um zu verbergen was in ihm vorging und eilte hinunter.

Im Saal fand er den Ritter mit seiner Tochter beim im Frühstück, sie hatten offenbar auf ihn gewartet. Nachdem er ihnen feinen Morgengruß dargebracht, fragte er schüchtern, oh die Jungfrau wohl geruht habe und sich besser befinde. Zu seiner Verwunderung antwortete sie ihm unbefangen und freundlich, so daß er glaubte annehmen zu dürfen, ihre Freundschaft für ihn sei dieselbe geblieben.

Er fühlte sich dadurch so ermuthigt, daß er ihr vorschlug, nach dem Frühstück den Unterricht im Saitenspiel wieder aufzunehmen und einige Lieder zu wiederholen, die er sie gelehrt hatte. Editha aber schien über diesen Vorschlag zu erschrecken und entschuldigte sich indem sie vorgab, daß ihre Nerven noch sehr angegriffen seien und sie keine lauten Töne vertragen könne; besonders würde das Saitenspiel ihr peinlich sein.

Gleich darauf verließ sie den Saal und ging in ihr Gemach.

Der Schloßherr und Wilfried sprachen nicht ohne Sorge über ihren leidenden Zustand, hofften jedoch Beide, daß er bald vorübergehn werde, da er seit gestern doch sichtlich besser sie geworden. Sie wollten, wenn Editha wieder herunterkam, einen Spaziergang machen, wie an jenem ersten Tage, das würde sie ohne Zweifel erquicken.

Da sie indessen eine Weile über Dieses und Jenes sich unterhalten hatten, erschien eine Magd und meldete, daß die Jungfrau ihren Vater und den Meister Wilfried bitten ließe, nicht auf sie zu warten, weil sie Kopfschmerzen habe und gern einige Stunden allein in ihrem Zimmer bleiben wolle, um sich in Ruhe und Einsamkeit zu erholen.

Sie sahn sich also genöthigt, ihre Wanderung ohne Editha zu unternehmen.

Beim Mittagsmahle war sie wieder anwesend. Anfangs schien es ihr viel besser zu gehen, sie war heiterer und freundlich, doch bald stellte der alte Zustand sich neuerdings ein, sie wurde trauriger und trauriger, je mehr Wilfried sie zu ermuthigen versuchte und zog sich nach kaum beendetem Mahle zurück.

So ging es während der ersten Tage; wenn Editha mit ihrem Vater allein war, ließ sich wohl eine gewisse Niedergeschlagenheit an ihr bemerken, doch zeigte sie dann kein Verlangen allein zu sein. Sobald aber Wilfried sie anredete, wurde sie unruhig und aufgeregt und verließ unter einem oft sehr unwahrscheinlichen Vorwande das Gemach, so daß Wilfried nicht länger darüber in Zweifel sein konnte, daß sie seine Gegenwart floh. Auch bei ihm begann sieh eine unwiderstehliche Neigung zur Einsamkeit fühlbar zu machen; nur in seinem Zimmer konnte er ungestört an Editha denken und ihre veränderte Gesinnung gegen ihn beklagen.

Ein Tag noch, dann sollte er abreisen. Der Gedanke beruhigte ihn diesmal nicht, im Gegentheil, er zitterte vor dem unvermeidlichen Abschied. Wenn die arme Editha von einer schweren Krankheit bedroht wäre? Wenn sie dahinsiechen sollte? O Himmel, welch’ schrecklicher Gedanke!«.

Ihr Vater war nicht minder besorgt und hatte schon davon gesprochen, nach einem berühmten Arzte zu senden, doch davon wollte Editha nichts wissen. Endlich versprach sie, keine Einwendung mehr dagegen zu erheben, falls sie Übermorgen nicht genesen sei. Die auf diese Weise bestimmte Zeit fiel mit dem Tage nach Wilfrieds Abreise zusammen, was diesen, wie auch den Schloßherrn, in nicht geringes Staunen setzte.

Der Ritter wußte überhaupt nicht mehr, was er denken sollte. Edithas Antworten auf seine bekümmerten Fragen waren so eigenthümlich, daß er nicht zweifelte, ihre Krankheit müsse eine besondere Ursache haben. Diese Ursache war aber nach den ritterlichen Sitten der damaligen Zeit eine so unwahrscheinliche, unmögliche, daß er sie nicht vermuthen konnte.

Es war am Tage vor Wilfrieds Fortgehn; man hatte verabredet, einen letzten gemeinschaftlichen Spaziergang zu machen. Editha ließ sich aber wieder entschuldigen und blieb zu Haus.

Als der Schloßherr von seinem Gange mit Wilfried heimgekehrt war begab er sich in das Gemach seiner Tochter und fand sie, in Thränen zerfließend, vor ihrem Betstuhle knieend; ihren rothen Augen sah man es an, daß sie schon sehr lange geweint hatte. Bei dem unerwarteten Erscheinen ihres Vaters fuhr sie erschreckt zusammen und barg das Gesicht in beiden Händen.

Graf Günther trat auf sie zu und sagte in ernstem Ton:

Editha, Dein Betragen während der letzten Tage ist durchaus unverständlich und bereitet mir großen Kummer. Ein Geheimniß lastet auf Deinem Herzen, Du suchst die Einsamkeit und vergießest bittere Thränen, während Dein armer Vater, der Dich so gern trösten möchte, nicht weiß, was Dich betrübt. Ist denn Etwas zwischen uns getreten, das mir Dein Vertrauen entzogen hat? Soll ich die Liebe meines Kindes verlieren, noch ehe der Tod mich ruft? Wie freudlos werden dann meine letzten Lebenstage sein! Du meinst, Editha? Ach, armes Kind, mein Mitleiden ist größer als mein Verdruß; sage mir, was Dich quält, damit ich Dir beistehe, und womöglich den Frieden der Seele wiedergeben kann. Vertraue Deinem Vater, der Dich so innig liebt und der das Unmögliche versuchen würde, Deinen Schmerz zu lindern, sage mir, was Dich drückt, mein Kind.«

»Gnade, Vater, Gnade!« rief sie, »um Gottes willen, frage mich nicht.«

»So muß es ja ganz schrecklich sein.«

»Ja schrecklich, entsetzlich; es würde Dich mit Abscheu erfüllen und Dir das Leben vergiften. Laß mich allein leiden, ich will suchen, allmählig wieder die Alte zu werden.«

Von einer plötzlichen Angst befallen sagte der Burgherr ernst:

»Editha, sieh mir in die Augen, – sieh mir in die Augen, hörst Du nicht?«

»Ich kann nicht,« flüsterte sie unter Thränen.

»Du kannst nicht? was bedeutet das? Hast Du etwas so Strafbares begangen, daß das Bekenntnis; nicht über Deine Lippen will? O mein Gott, wenn ich die Reinheit ihres Herzens nicht kännte, ich müßte mein eigenes Kind eines Verbrechens schuldig wähnen! – Sag mir, daß ich mich irre, Editha sag mir, daß Du noch meine gute, unschuldige Tochter bist.«

Die Jungfrau schüttelte schweigend den Kopf und verharrte in ihrem Schweigen.

Mit gesteigertem Schrecken sah er einige Augenblicke auf sie nieder, dann übermannte ihn der Aerger und er sagte plötzlich hart und fest:

»Editha, Du sollst sprechen! Kraft meines väterlichen Ansehens befehle ich Dir zu sagen, was Dich krank macht. Du bleibst stumm? Im Namen meiner endlosen Liebe, im Namen Deiner seligen Mutter verlange ich, daß Du gehorchst.«

Die arme Editha zitterte an allen Gliedern und ließ den Kopf noch tiefer sinken.

Durch ihren Widerstand zum Aeußersten getrieben, ergriff der Ritter ihre Schulter, schüttelte sie und rief:

»Sprich, sprich! Ich bin Dein Vater und ich will es!«

Da fiel Editha ihm zu Füßen, hob flehend die Hände empor und bat:

»Verzeih’ mir, Vater, verzeih Deinem armen Kinde.«

»Was? warum?

O, es ist schrecklich, ich liebe ihn, ich liebe ihn bis zum Wahnsinn, zum Sterben.«

Der Ritter fuhr zurück, starrte sie schweigend an und schlug sich mit der Hand vor die Stirn, er glaubte zu träumen. Endlich fragte er mit heiterer Stimme:

»Du liebst ihn? Wen liebst Du?«

»Ihn, den Minnesänger,« antwortete sie kaum hörbar.

»Großer Gott, das ist unmöglich!« rief Graf Günther in der äußersten Verzweiflung.

»Meine Tochter-, die Erbin des edlen Hauses von Felsenburg sollte dem Sohne eines Pferdehändlers Liebe schenken! Ach, ich sollte es erleben, das Wappenschild meiner Ahnen mit einem Schandfleck besudelt zu sehn?«

Und von Schmerz und Scham überwältigt fiel er in einen Sessel und rang verzweifelt die Hände.

Editha lag mit dem Kopf auf der Bank ihres Betstuhles und schluchzte laut.

Allmählig gewann dass Mitleiden in dem Ritter wieder ganz die Oberhand; er näherte sich seiner Tochter, hob sie von Erde auf und sagte traurig:

»Unglückliches Kind, wie konntest Du so Deiner edlen Geburt vergessen? – Komm, setze Dich neben mich . . . Du sagst, daß Du ihn liebst, den Minnesänger . . . Weiß er es?

»Nein, Vater, er weiß es nicht,« antwortete sie.

»Und hat er etwa selbst die Unverschämtheit gehabt, Dir von Liebe zu sprechen?«

»Niemals, Vater.«

»Hältst Du ihn denn für vermessen genug, Dich zu lieben, sei es auch nur im Verborgenen P«

»Ich weiß es nicht, Vater, – ich glaube es nicht.«

Ein Seufzer entrang sieh der Brust des Ritters; er athmete auf, als fiele ihm ein Stein vom Herzen.

»Deine Liebe zu einem unedlen Mann ist allerdings eine kaum zu entschuldigende Schwäche,« sagte er, »aber wenn Niemand als Dein Vater darum weiß und Du sie fortan zu ersticken und zu vergessen suchst, so kann noch Alles gut werden.«

Fasse Muth, mein Kind, Dein Leid wird bald endigen: morgen früh verläßt er uns und wir sehn ihn dann nicht wieder . . . Was muß ich sehn? Wie der Gedanke an seine Abreise macht Dich zittern?«

»Vater, o Vater, hab Erbarmen!« rief sie, »halte ihn zurück, laß ihn bleiben!«

»Ihn zurückhalten soll ich? Bist Du toll?«

»Ach, sonst bricht mir das Herz, ich sterbe«.

»Editha, unseliges Kind, Du bist von Sinnen,« rief er bestürzt.

Wieder hob sie die Hände flehend zu ihm empor und sagte, die in Thränen schwimmenden Augen niederschlagend:

»Laß mich meinen Kummer ganz Dir vertrauen, Vater, – ich will Dir nichts verbergen, aber höre mich ohne zu zürnen an. Wenn ich schuldig bin, so blieb doch mein Wille dem Unrecht fern. Ach, warum mußte dass Geschick diesen Minnesänger hierherführen! . . . Schon ehe ich ihn sah, nahm der liebliche Klang seiner Stimme mich für ihn ein; seine ganze Erscheinung machte dann einen tiefen Eindruck auf mich, ich hegte eine warme Freundschaft für ihn, am Morgen der Jagd aber empfing ich die Todeswunde, an der ich sterben werde; mir wurde plötzlich klar, daß ich ihn liebte, ihn bewunderte. Und hast Du nicht selbst, haben nicht die Ritter ihn gleichfalls bewundert, als er dass wilde Thier seinem Willen beugte? Ist nicht uns Allen der Gedanke gekommen, er müsse, wo nicht ein Fürst, so doch ein edler Graf sein, der gewohnt ist zu befehlen? Gestehe es, lieber Vater,«

»Freilich, das ist wahr,« mußte er zugeben.

»Nur eine halbe Stunde blieb ich in der Ueberzeugung, daß er ein vornehmer Ritter sei,« fuhr sie fort, »aber diese kurze Zeit genügte, um meine Freundschaft für ihn in eine alles nicht« besiegende, unwiderstehliche Liebe zu verwandeln. Dann kam er selbst und bewies uns Allen, daß wir uns getäuscht hatten.

»Wilfried der Sohn eines Pferdehändlers! Ach, wie habe ich da gelitten! Wie nagte die Scham mir am Herzen. Du hast es selbst gesehn, Vater, ich zitterte, ich wurde krank, ich wich seiner Gesellschaft aus und vergrub mich in die Einsamkeit meines Zimmers, dem Retter meines Vaters spendete ich nur kärglichen Dank. Mit Aufbietung aller Kraft, mit Verzweiflung kämpfte ich gegen mich selbst, vom Morgen bis in die Nacht flehte ich zu Gott um Stärke, meine unglückliche Neigung zu bezwingen . . . Alles, Alles war vergebens! Ach und nun geht er fort! Der Abschied schreckt mich wie ein Todesurtheil, eine Stimme in meinem Herzen sagt mir: »Wenn er Dich verläßt mußt Du sterben.«

Graf Gunther war tief bewegt, er erkannte, daß seine arme Tochter ohne ihre Schuld in diese Lage gerathen war. Er nahm ihre Hand und sagte sanft:

»Das Uebel ist so groß nicht, als Du glaubst, liebes doch Kind, Du bist weniger strafbar als unglücklich. Meister Wilfried ist ohne Zweifel ein hochbegabter Jüngling, sein Verstand, seine Bildung, sein Muth, seine ganze Erscheinung berechtigt zu der Annahme, dass er edlem Blute entsprossen sei. Da er aber selbst das Gegentheil versichert, so können ihn alle diese Vorzüge nicht adeln, auch der Umstand nicht, daß er Deinem Vater dass Leben gerettet hat. Laß uns diesen traurigen Fall mit Ruhe erwägen und der Vernunft gemäß handeln. Du sagst, Du würdest erkranken, wenn der Minnesänger uns verläßt? Mein Kind, das bilden alle jungen Leute sich ein, deren Liebe auf ein Hinderniß stößt, aber man genest leichter von diesem Weh als man glaubt und die Trennung ist dazu das beste Mittel. Wenn Wilfried erst einige Tage fort ist . . . Du zitterst wieder? Denkst Du denn wirklich an eine Möglichkeit, ihn hier zu halten?

»Ach Vater, ich bin unglücklich, zu unglücklich,« klagte die Jungfrau.

»Urtheile einmal selbst, Editha,« fuhr der Ritter fort, »stelle dir vor, er bliebe, wie würdest Du Dich ihm gegenüber verhalten? Wolltest Du einem Sänger Liebe erweisen der von niedriger Herkunft ist und von dem Du nicht einmal weißt, ob er Deine Neigung erwidert? Dann, ja dann müßtest Du vergehen, hinsiechen vor Scham, und Dein alter Vater würde die Schande nicht lange überleben. Wie schwer es Dir auch werden mag, Du mußt Dich dem unerbittlichen Gesetze der Ehre unterwerfen und ihm gehorchen, dann wird kein Mensch von Deiner Verirrung etwas erfahren und Du wirst mir später danken für meinen guten Rath. Komm, sei verständig und muthig, sag’ mir, daß Du Deine Pflicht erkennst und sie erfüllen willst.«

Die arme Editha bot nur noch geringen Widerstand; mit blutendem Herzen gab sie endlich ihrem Vater das Versprechen, daß sie sich geduldig unterwerfen wolle. Wohl bebte sie noch zurück vor dem Abschied doch der Stimme der Pflicht mußte sie gehorchen.

Dem Rathe ihres Vaters gemäß sollte sie heute ihr Zimmer nicht mehr verlassen, aber man konnte den Meister Wilfried, der ja an Allem unschuldig war und von nichts wußte, doch nicht ohne Lebewohl abreisen lassen. Editha sollte also morgen, wenn er im Begriff stand fortzugehn, hinunterkommen und ihm einige Worte des Dankes und Abschieds sagen.

Getröstet und beruhigt schloß Graf Günther seine immer noch weinende Tochter in die Arme und ermunterte sie zur Standhaftigkeit. Dann verließ er sie und ging die Treppe hinab.

Unten im Saal fand er den Minnesänger, der ihn zum Abendessen erwartete.

Der Jüngling grüßte ihn, sagte aber anfangs kein Wort, er schien sehr traurig zu sein. Auch der Graf hatte, nach den Mittheilungen seiner Tochter wenig Lust zu sprechen.

So nahmen denn Beide schweigend ihren Platz an der Tafel ein und das Mahl war beinah zu Ende, als Wilfried wirklich endlich zögernd fragte:

»Wie geht es doch der edlen Jungfrau, Herr Ritter; darf sie auch heut Abend nicht herunter kommen? Gott wolle verhüten, dass sie krank wird.«

»Sie hat Kopfschmerzen,« antwortete Graf Günther, »doch brauchen wir ihretwegen keine Sorge zu machen.«

»Laßt doch, ich bitte Euch, einen Arzt kommen; ihr Unwohlsein ist so seltsamer Art, es könnte der Vorbote schwerer Krankheit sein.«

»Nein, dass hat nichts zu sagen, ich bin ihretwegen ganz ruhig,« war die Antwort.

Beide schwiegen wieder.

»Immerhin könnte man ein Heilmittel anwenden,« begann Wilfried von neuem, »ich kenne Kräuter, die auf kranke Nerven eine unfehlbare Wirkung haben; wenn es Euch recht ist, so sammle ich morgen einige davon.«

»Morgen?« fragte der Schloßherr überrascht, »wollt Ihr denn nicht morgen fort?«

»Ach, wo waren meine Gedanken,« versetzte der Jüngling, »gewiß gehe ich morgen.

»Ist das unwiderruflich beschlossen?«

»Es muß sein; ich bitte Euch, Herr, sucht nicht mich zu halten.

»Nein, Meister, das habt Ihr diesmal nicht zu befürchten, ich gab Euch ja mein Wort. Geht Ihr schon früh?«

»Gleich nach dein Frühstück, Herr.«

Graf Günther stand vom Tische auf und schickte sich an, den Saal zu verlassen.

»Erwartet mich hier einen Augenblick, Meister,« sagte er, »ich habe noch etwas mit Euch zu ordnen und weiß nicht, ob ich morgen eine günstige Gelegenheit dazu bieten wird.«

»Er entfernte sich durch eine Thür, die in die Waffenkammer der Burg führte.

Verwundert blickte Wilfried ihm nach.

»Mit mir etwas zu ordnen? Was kann das sein?« dachte er. »Sollte er eine Ahnung von meinen Gefühlen für seine Tochter haben und mich deßhalb zur Rede stellen oder gar züchtigen wollen?«

Während der Jüngling in ängstlichem Zweifel die Augen stets auf der Thür haften ließ, trat Graf Günther in ein kleines am Ende des Waffensaales liegendes Gemach, öffnete dort eine Truhe, die mit schweren eisernen Riegeln verschlossen war und legte eine Handvoll Goldstücke in einen Beutel, den er dann in seine Tasche steckte. Darauf kehrte er in den Saal zurück.

»Meister Wilfried,« sagte er, »Ihr habt meine Gäste durch Spiel und Gesang erheitert und mir und meiner Tochter manche genußreiche Stunde verschafft. Es ist allgemeiner Brauch, daß man die Minnesänger nicht unbeschenkt weiter ziehen läßt, außerdem aber habe ich die Rettung meines Lebens Euch zu danken; nehmt daher diese Gabe als einen kleinen Beweis meiner Erkenntlichkeit.«

»Bei diesen Worten legte er die schwere Börse in des Jünglings Hand.

Von einem Gefühl der Neugierde getrieben, schüttelte Wilfried den Inhalt des Beutels auf den Tisch. Ein Häuflein glänzender Münzen leuchtete ihm entgegen, wahrlich ein einem großer Schatz für einen Minnesänger! Und dennoch blickte er das Geld mit einem traurigen, beinah verächtlichen Lächeln an.

Graf Günther wußte nicht, wie er dass deuten sollte.

»Ihr seid nicht zufrieden, Meister,« murmelte er, »wollt ihr mehr?«

»Geld, schnödes Geld,« seufzte Wilfried, »Ihr wollt mich bezahlen, mir das Gluck abkaufen, das ich in dem Gedanken genoß, Euch einen Dienst geleistet zu haben!«

»Aber was wollt Ihr denn?« fragte der Graf bestürzt, »wünscht Ihr einen andern Lohn, so sagt es; wenn es möglich ist . . . «

Wilfried sonderte drei oder vier Goldstücke von den übrigen ab und schob den Rest weiter auf den Tisch.

»Ich habe eine Bitte an Euch, edler Herr, die Ihr mir nicht versagen dürft. – Sehr schmerzlich ist es mir, daß ich eine Burg verlassen muß, in der ich die großmüthigste Aufnahme gefunden; muß ich doch jetzt wieder fern von meiner Heimath, meinen Eltern, von Allem, was mir lieb und werth ist, fremd und einsam in der Welt umherschweifen. Die Erinnerung, daß ich Euch aus reiner aufopfender Dankbarkeit einen Dienst erwiesen habe, wird mir ein Quell des Trostes sein . . . und ihr wolltet mich ablohnen? O, last mich daß Andenken an jenen Augenblick fleckenlos bewahren! Mit diesen vier Goldstücken bin ich auf lange Zeit gegen alle Noth gesichert, behaltet das Uebrige, Herr, ich bitte Euch dringend darum.«

»Ich sollte dass Geld zurücknehmen? Unmöglich!« rief der Ritter, »das wäre ja, als ob ich aus Euren Händen eine Gabe empfinge«

Ich aber, glaubt mir, rühre es nicht wieder an,« sagte Wilfried fest. »Mein ganzes Leben hindurch werde ich voll Dankbarkeit Eures Edelmuthes gedenken; dahingegen ist es mir aber auch ein Bedürfniß zu glauben, daß man auf Felsenburg dem Minnesänger eine dankbare Erinnerung bewahrt.«

»So wollt ihr mich zur Dankbarkeit zwingen?« sagte der Graf, durch den Blick edlen Selbstgefühls verwirrt, der aus des Jünglings Augen strahlte.

»Zwingen nicht, Herr, aber ihr seid zu edelmüthig, um einen unbezahlten Dienst zu vergessen, wenn er Euch auch von einem Mann von niedriger Geburt erzeigt worden ist.«

»Das Geld habe ich Euch gegeben, und Euch gehörte es zu.«

»Last uns denn gemeinschaftlich darüber verfügen,« sagte Wilfried; »Jungfrau Editha, die so gern den Nothleidenden zu Hilfe kommt, vertheile den ganzen Schatz unter ihre Armen. Ihr wird es eine Freude sein, solches Glück bereiten zu können, und mir mögen die Dankgebete der Unterstützten den Schutz des Himmels erwerben.«

»Aber Ihr selbst seid arm, und der Besitz dieses Goldes würde Euch reich machen.«

»O, ein viel größerer Reichthum, liegt für mich in der Hoffnung, daß die Jungfrau jedesmal, wenn sie ein Goldstück in die Hand eines Darbenden legt, meiner gedenken wird,« versetzte Wilfried mit einem wehmüthigen Lächeln.

So schmerzlich ihn diese Worte auch berührten, der Schloßherr konnte sich einer Anwandlung der Rührung nicht erwehren. Er willigte in den Vorschlag des Jünglings ein, nahm das Gold vom Tische und steckte es in seine Tasche zurück. Jedenfalls wollte er erst nach der Abreise des Minnesängers seiner Tochter die betreffende Mittheilung machen.

Unter dem Vorwande, ihr jetzt Gesellschaft leisten zu wollen, bot er seinem Gaste gute Nacht und verließ den Saal.

Den Kopf auf die Hand gestützt saß Wilfried noch lange da, Edithas und der Trennung von ihr gedenkend. Dann begab auch er sich hinauf, um in der Einsamkeit seines Zimmers die traurigen Betrachtungen fortzusetzen.

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Дата выхода на Литрес:
06 декабря 2019
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130 стр. 1 иллюстрация
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